vox populi – vox plebis? vox regentium – vox sapientiae?

Vielleicht ein bisschen viel Latein. Deswegen erst mal die Übersetzung vorab. Stimme des Volkes – Stimme des Pöbels? Stimme der Herrschenden – Stimme der Weisheit? Wem die Kultur Deutschlands und Europas am Herzen liegt oder ganz einfach wichtig erscheint, der kann natürlich nicht übersehen, daß die europäische Antike und damit auch die lateinische Sprache zu Kernbestand unserer Kultur gehören. Unübersehbar ist aber auch, daß dies 99 % der Zuwanderer aus Afrika und dem Orient völlig schnurz ist. So viel zu dem geistigen Humus, auf dem unsere Identität gewachsen ist, und zu seinen Aussichten, weiter gepflegt zu werden.

Wir wollen uns heute jedoch nicht damit befassen, was uns alle eigentlich verbinden sollte, sondern Gegenstand unserer Betrachtung ist die tiefgreifende Divergenz zwischen den Herrschenden, wozu neben den Politikern natürlich auch die Journalisten gehören, und dem Volk, das sie regieren bzw. belehren. Besonders augenfällig ist dabei die Attitüde des Besserwissers, verbunden mit der Anmaßung des selbsternannten Richters. Immer häufiger schlüpfen sie in die Rolle des praeceptor Germanorum (des Lehrers der Deutschen), um dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern sich zum Richter über Anstand und Gesinnung aufzuwerfen.

Hat man in früheren Jahren noch wenigstens so getan, als wolle man in der Sache argumentieren und den Bürgern politische Entscheidungen erläutern, so ist das heute völlig anders. Wer die Entscheidungen der Politik zu wesentlichen Fragen wie den Milliardenzahlungen an Griechenland und der massenhaften unkontrollierten Einwanderung als unrichtig oder gar verhängnisvoll bezeichnet, der darf auf eine sachliche Diskussion mit Politikern und Journalisten nicht hoffen. Denn sie betrachten Menschen, die anderer Meinung sind als sie selbst, wahlweise als Kranke oder als Kriminelle. Als Kranke, wenn man ihnen Ängste, am besten noch diffuse Ängste, statt sachlicher Überlegungen unterstellt. Als Kriminelle, wenn man sie mit Verbalinjurien wie Idioten, Nazis oder Pack belegt. Wer etwa die sogenannte Flüchtlingspolitik der Bundesregierung für falsch hält, der steht anscheinend nicht unter dem Schutz des Strafgesetzbuches. Beleidigungen und Verleumdungen, die ansonsten den Staatsanwalt auf den Plan rufen, können Politiker und ihre medialen Büchsenspanner hier offenbar straflos in aller Öffentlichkeit vom Stapel lassen. Beleidigungen könnte man noch achselzuckend hinnehmen, weil sie ja regelmäßig auf den zurückfallen, der sie äußert. Bei Verleumdungen wird das schon schwieriger, denn insoweit gilt ja daß semper alequid haeret (es bleibt immer etwas hängen). Und genau deswegen machen die Sykophanten in Politik und Medien davon so heftig Gebrauch. Um die krassesten Fälle der jüngsten Vergangenheit noch einmal in Erinnerung zu rufen: Der Schriftsteller Akif Pirincci hatte auf einer Kundgebung der Pegida, die nun nicht unbedingt eine Zusammenballung von tiefen Denkern, aber auch nicht eine Ansammlung von Neo-Nazis ist, einen hessischen CDU-Politiker kritisiert, der seinerseits Kritiker der Berliner Asylpolitik dahingehend beschieden hatte, sie könnten ja Deutschland verlassen. Der Schriftsteller kleidete das in die rhetorische Frage an jenen Politiker, was er denn sonst noch so mit diesen Kritikern zu tun gedächte. Die KZs seien ja wohl leider außer Betrieb. Wer in seinem Hauptschulabschlußzeugnis eine bessere Note als „mangelhaft“ in Deutsch hat, kann diese Äußerung nicht mißverstehen, insbesondere nicht dahingehend, daß jener Redner die KZs der Nazis für Flüchtlinge wieder errichten will. Aber genau das wurde ihm in der Berichterstattung der Medien und den Kommentaren der Politiker unisono unterstellt. Wer sich erfrecht, gegen den Strom zu schwimmen, der wird über die Klippe gespült. Der AfD Politiker Pretzell hatte während einer Veranstaltung seiner Partei auf die Frage eines Zuhörers, was man machen solle, wenn Flüchtlinge die Grenzzäune einfach überrennen würden, ob er denn die Schusswaffe im Notfall einsetzen wolle, entgegnet, es gebe eine ganze Reihe von anderen Möglichkeiten, wie etwa den Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas. Die Verteidigung der deutschen Grenze mit Waffengewalt als ultima ratio sei eine Selbstverständlichkeit. Es denke jedoch kein vernünftiger Mensch daran, auf Flüchtlinge zu schießen. Ultima ratio heiße ja, es gebe keine andere Möglichkeit das zu stoppen. Daß dies im übrigen die Rechtslage im Falle von gewaltsamen Angriffen ist, scheint auch in diesem Falle niemanden zu interessieren. Vielmehr geht die Medienberichterstattung dahin, daß jener Politiker gefordert habe, auf Flüchtlinge zu schießen. Natürlich hätte ein routinierter Politiker den Fragesteller an die Polizei verwiesen, die mit einer solchen Situation im Falle eines Falles umgehen muß. Denn mit jeder Antwort auf eine solche fiktive Frage setzt man sich ja in die Nesseln. Auch hier haben wir es mit einer böswilligen Wortverdrehung zu tun, die jedoch von der Politik begierig aufgegriffen wird, gilt es doch, die ungeliebte Konkurrenz in die braune Soße zu tunken, damit sie für bürgerliche Wähler eben nicht die Alternative darstellen kann, als die sie angetreten ist.

Ist diese Art und Weise des Umganges mit unerwünschten Meinungen als bloß unanständig zu qualifizieren, so ist die Suggestion des krankhaften, die in der behaupteten Analyse von Ängsten, diffusen zumal, zu Tage tritt, absolut hinterhältig. Denn abweichende Meinungen, auch angeblich radikaler Natur oder gar extremistischen Charakters, sind immerhin noch Meinungen, also Ergebnisse von Denkvorgängen, und seien sie aus der Sicht des Kritikers noch so fehlerhaft. Ängste hingegen – nicht zu verwechseln mit der Angst, die uns in der Gefahr Vorsicht walten lässt – Ängste gehören in den Bereich des Irrationalen. Sie finden eben nicht im Bereich des Argumentierens und Überlegens statt. Sie besetzen vielmehr Herz und Hirn des davon heimgesuchten Menschen und bedürfen daher der medizinischen Behandlung. Angstpatienten sind keine Teilnehmer am politischen Diskurs. Sind vielmehr Gegenstand der staatlichen Fürsorge. Was für sie gut ist, entscheidet die Politik. Den Medien kommt in diesem Zusammenhang die Rolle der Wissensvermittler zu. Mit dieser Sprachregelung wird ein großer Teil der Bürger, die von der Sorge um die Entwicklung unseres Landes erfüllt sind, ganz einfach aus dem Spiel genommen.

Alternativ zur Befüllung der psychiatrischen Anstalten mit kritischen Bürgern wird auch gerne das Bild des Stammtisches gezeichnet, an dem selbstverständlich „dumpfe Parolen“ über die Maßkrüge schallen. Da natürlich kaum jemand sich in dem Bild des bildungsfernen Bierdümpfels wiedererkennen möchte, hat auch diese Zuschreibung aus dem Wörterbuch des arroganten möchte gern-Intellektuellen die gewünschte Wirkung. Auch dieser Angriff kommt völlig ohne Argumente in der Sache aus.

Erfolg können Politiker und Journalisten mit derartigen Strategien bei Menschen haben, die unter Minderwertigkeitskomplexen leiden. Dazu hat jedoch nahezu niemand einen Grund. Denn Wissen und Lebenserfahrung gerade derjenigen Bürger, die dem Zeitgeschehen kritisch gegenüberstehen, und das Handeln unserer Politik gerade in unseren Tagen eben nicht für der Weisheit letzten Schluß halten, sind in der Regel dem Wissen und der Lebenserfahrung der Politiker und Journalisten wenn nicht überlegen, so doch in der Regel mindestens ebenbürtig. Wir sollten das auch kommunizieren, wo es eben geht.

Ein Gedanke zu „vox populi – vox plebis? vox regentium – vox sapientiae?

  1. Peter Baumann

    Lieber Rainer,
    gerade lese ich Deinen wieder einmal sehr treffenden Beitrag.
    Du hast recht, es gilt nicht vox populi – vox plebis, sondern vox populi – vox dei.

    Für die von Dir so genannten Herrschenden, als da sind neben vielen Politikern auch viele Journalisten, gilt sehr häufig:
    Quamquam sub aqua sunt, sub aqua maledicere temptant.

    Und wenn die Erkenntnis oculus vitae sapientia richtig ist, woran ich nicht zweifle, gehen viele der Genannten blind durchs Leben.

    Mach weiter so, denn Deine Stimme ist nicht vox clamantis in deserto, sondern erfreut sich großer Zustimmung.

    In diesem Sinne einen schönen Abend und Gruß
    Peter

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