Archiv für den Monat: Dezember 2015

Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand

ist ein alter Scherz, den man wohl in unseren Zeiten nicht gar für Ernst wird behaupten wollen.

Dieser Satz aus der Vorrede des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts kam mir in diesen Tagen immer wieder in den Sinn, wenn ich die Predigten und Ansprachen von Geistlichen hohen wie niedrigen Ranges beider christlichen Konfessionen hörte. Regelmäßig erklärten sie die Weihnachtsgeschichte gewissermaßen zur Urform der Flüchtlingskrise unserer Tage. Maria und Josef auf der Herbergssuche, denen hartherzige Hausbesitzer ihre Türen nicht öffnen wollen, die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten vor den Häschern des Herodes, das scheint ihnen offenbar Symbol wie Handlungsanleitung. Seht her, so wie es der Heiligen Familie ergangen ist, so ergeht es den Asylsuchenden und Bürgerkriegsflüchtlingen (vielleicht auch den Wirtschaftsflüchtlingen) unserer Tage. Ihr jedoch, ihr Christen werdet anders als jene hartherzigen Zeitgenossen Jesu Christi den Flüchtlingen und Verfolgten unserer Tage die Türen öffnen und die Tische decken.

An und für sich sollte man denken, daß Menschen mit der wirklich anspruchsvollen akademischen Bildung, die das erfolgreich absolvierte Studium der Theologie nun mit sich bringt, vor solchen Plattheiten, die dazu noch sachlich falsch sind, gefeit sein sollten. So fragt man sich doch angesichts der Geschichte von der Herbergssuche, wie viele Menschen denn da an die Türen der Bürger von Bethlehem geklopft haben. Man weiß natürlich, es waren gerade einmal zwei. Und man fragt sich, wo der Vergleich mit den Asylsuchenden und Flüchtlingen unserer Tage falsch ist und findet natürlich sofort die Antwort: Maria und Josef waren nicht auf der Flucht. Sie mußten nach Bethlehem reisen, um sich dort in Steuerlisten einzutragen, um dann wieder nach Nazareth zurückzukehren. Keine Flucht, sondern eine Reise. Die Flucht nach Ägypten war in der Tat eine Flucht, allerdings nicht vor Krieg und Verfolgung als Gruppe, etwa als Juden vor den Römern oder dergleichen. Nein, es ging lediglich darum, das neugeborene Kind vor den mörderischen Nachstellungen des wahnsinnigen Königs Herodes zu schützen, der alleine den angekündigten neuen König der Juden als seinen Konkurrenten und gefühlten Thronräuber beseitigen wollte, und deswegen mangels namentlicher Kenntnis alle neugeborenen Knaben töten ließ, die in den Wochen zuvor in seinem Reich zur Welt gekommen waren. Maria und Josef haben also lediglich ihr Kind vor einem wahnsinnigen Mörder in Sicherheit gebracht. Mit politischer, rassischer oder religiöser Verfolgung hatte das nichts zu tun. Sie mußten deswegen auch nicht auf Dauer in Ägypten bleiben und hatten es auch nicht vor.

Wie man sieht, haben alle diese Weihnachtsprediger gründlich daneben gegriffen, indem sie die Weihnachtsgeschichte als Erklärung und natürlich erst recht als Handlungsanleitung für ihre Gläubigen mißbraucht haben. Um nicht mißverstanden zu werden: selbstverständlich ist das höchste Gebot des Christentums das Liebesgebot. Der Christ soll natürlich Gott lieben und seine Mitmenschen ebenfalls. Er soll barmherzig sein, den Hungernden und Dürstenden Speis und Trank verabreichen, die Frierenden kleiden und die Kranken umsorgen. Das alles sind individuelle Handlungsanweisungen für ein christliches Leben. Somit wird man in der Tat als Christ, vor dessen Türe ein Fremder steht, der Hilfe braucht, ihn nicht zurückweisen dürfen, wenn man Gottes Gebote ernst nimmt. Indessen verlangt Gott nicht, dies über die eigenen Kräfte hinaus zu tun. Und er schreibt auch nicht vor, in welcher Weise dies zu geschehen hat. Der Mensch, der etwa durch seine Steuern und Abgaben die staatlich organisierte Hilfe für Verfolgte ermöglicht, hat damit sicherlich auch im Sinne dieser Gebote gehandelt. Und er wird auch als Christ guten Gewissens den Hilfesuchenden an die dafür eingerichteten Organisationen verweisen können.

Doch wir erleben in unseren Tagen ständig, daß die Vertreter der christlichen Religionsgemeinschaften sich nicht etwa darauf beschränken, ihre Gläubigen bei der Organisation konkreter Hilfen für Bedürftige anzuleiten, vielmehr unverblümt politische Forderungen in diesem Zusammenhang erheben. Ob es um Obergrenzen für Flüchtlinge, die Erklärung von sicheren Herkunftsländern, die Einrichtung von Transitzonen oder ähnliche politische Grundfragen wie auch verwaltungstechnische Detailfragen geht, stets fühlen sich die Vertreter der Religionsgemeinschaften berufen, hier ihre Stimme im Sinne einer möglichst grenzenlosen Aufnahme von Einwanderern zu erheben, die selbstverständlich stets mit dem christliches Mitleid erheischenden Begriff Flüchtlinge belegt werden, auch wenn es sich um Personen handelt, auf die etwa die Definitionen der Genfer Flüchtlingskonvention wie auch des Asylartikels im Grundgesetz keinesfalls zu treffen.

Auch hier fragt man sich, womit diese Anmaßung eines politischen Mandats überhaupt begründet werden kann. Aus der Bibel wohl nicht. Eher im Gegenteil. Selbst kirchenfernen Bürgern ist sicherlich der berühmte Ausspruch Jesu Christi bekannt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, gebt Gott, was Gottes ist“ (Lukas 20:25; Matthäus 22:21; Markus 12:17). Aber auch viele andere Zitate sowohl Jesu Christi selbst als auch der maßgeblichen Apostel Petrus und Paulus gehen in diese Richtung. So sprach Jesus bekanntlich zu Pontius Pilatus: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Johannes 18:36). Sein erster Stellvertreter auf dieser Erde, der Apostel Petrus, ermahnt die Gläubigen: „Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, sei es dem König, sei es dem Obersten“ (1. Petrus 2:13) und verlangt: „Tut Ehre jedermann, habt die Brüder lieb, fürchtet Gott, ehret den König“ (1. Petrus 2:17). Der im römischen Denken geschulte Apostel Paulus belehrt die frühen Christen: „Jedermann sei Untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet“ (Römer 13:1) und fährt fort: „Drum ist’s not, Untertan zu sein, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen“ (Römer 13:5).

Daraus wird deutlich, was die Aufgabe der Kirche ist: nicht die Ordnung dieser Welt soll sie kümmern, sondern das Seelenheil der Menschen. Christi Reich ist eben nicht von dieser Welt. Was diese Welt angeht, so ist ihre Ordnung Sache der Obrigkeit. Dies schien Christus und seinen Aposteln selbst in ihrer Zeit, wo die Obrigkeit niemals demokratisch legitimiert, sondern bestenfalls im Wege der allgemein akzeptierten Thronfolge, schlimmstenfalls im Wege der gewaltsamen Machtergreifung in ihr Amt gesetzt war, die von einem Christenmenschen zu akzeptierende Ordnung dieser Welt. Um wie viel mehr muß das heute Geltung beanspruchen, wo jedenfalls in unseren Breiten Demokratie und Rechtsstaat herrschen.

Mitgefühl und Mitleid haben Menschen füreinander, nicht aber Staaten für Völker und Gruppen. Wo sich der einzelne Mensch in freier Entscheidung anderen Menschen hilfreich zuwendet, auch unter Einsatz seines Vermögens, ist das seine Sache und berührt das Allgemeinwohl nicht. Jenes aber ist Sache des Staates, unter anderem auch in seiner Verantwortung sowohl für solche modernen Samariter, wie auch für diejenigen, die eher das eigene Wohl und Fortkommen im Sinne haben. In einer Demokratie muß der Staat auch den Willen der Mehrheit vollziehen. Das ist natürlich der Wille der Mehrheit der eigenen Bürger, und nicht etwa die Förderung der Interessen fremder.

Zu wünschen ist, daß auch Theologen zwischen dem Reich Gottes und der Organisation des Lebens auf dieser Erde, die man gemeinhin Staat nennt, zu unterscheiden wissen.

Weihnacht 2015

Die Menschen unseres Kulturkreises haben im allgemeinen nur noch eine schwache Rückbindung an den christlichen Glauben oder überhaupt an Gewißheiten jenseits des Profanen. Ob wir die Bedeutung des Wortes Religion mit Cicero von relegere ableiten und damit die gewissenhafte Einhaltung überlieferter Regeln meinen oder mit Lactantius von religare und damit eine Rückbindung an Gott bezeichnen: Religion ist etwas, was über den Alltag mit seinem Kampf um die Existenz, dem Streben nach Wohlstand, der Sorge um die Gesundheit und all die anderen Dinge, denen wir verhaftet sind, hinausführt. Damit sind wir auch ausreichend beschäftigt, häufig mehr als das. Tod und Teufel, Himmel und Hölle, Gott und Jüngstes Gericht haben in der Hektik des täglichen Lebens, die uns immer mehr fordert, keinen Platz. Darum ist Religion für die meisten Menschen unseres Kulturkreises bestenfalls noch Nebensache, während das Leben unserer Vorfahren im vorindustriellen Zeitalter noch in erster Linie von der Religion bestimmt war. Davon zeugen heute noch Kathedralen und Klöster in großer Zahl und geben uns eine leise Ahnung davon, was für sie das wichtigste war.

Doch es gibt eine Ausnahme von diesem Befund. Weihnachten fasziniert selbst solche Menschen, die dem Christentum fern stehen, und zwar jenseits von allem Kitsch und Kommerz. Besinnliche Stunden im Kreise der Familie, zur Besinnung kommen, den Alltag einmal hinter sich lassen, mindestens das macht Weihnachten aus, und daran will man festhalten. Worin liegt nun der Zauber, der das bewirkt? Oder ist es vielleicht gar kein Zauber, sondern etwas ganz anderes, etwas, das dem Menschen unseres Kulturkreises eigen ist, gewissermaßen auf der DNA verankert?

Die Antwort kann uns vielleicht das Bild der Weihnachtskrippe geben. Die Sprache der Bilder ist wirkmächtiger als es Texte sein können. Sie vermögen offenbar Saiten in uns anzuschlagen, die sonst nicht berührt werden. Sie führen uns von der Oberfläche der visuellen Wahrnehmung in die Tiefen des Unbewußten und lassen uns fühlen, was wir kaum in Worte fassen können. Die mit handelnden Personen sparsam besetzte Weihnachtsgeschichte enthält in ihrer Bildsprache doch die Summe dessen, was das Leben eigentlich ausmacht, und was wir von ihm auch erwarten: Die Eltern mit dem Neugeborenen und die Hirtenfamilien in drei Generationen als Symbol des Lebens überhaupt, die Tiere und Feldfrüchte als Grundlage unserer Existenz, die Könige als Abbilder einer guten Regentschaft, der Soldat als Beschützer und der Engel als Künder der Botschaft, die weit über das irdische Leben in die Ewigkeit hinausweist: das alles rührt an die tiefe Sehnsucht der Menschen nach Geborgenheit und Sinnerfüllung, die sie sich selbst nicht geben können. Die Botschaft, die von diesem Bild ausgeht, sie rührt an unser Innerstes. Sie ist deswegen so eindringlich und hat die Kraft, uns jedenfalls die kurze Frist der Weihnachtstage gefangen zu nehmen, so daß wir alles andere einmal hinter uns lassen können. Sie bewirkt das offensichtlich auch bei der großen Mehrheit, die sonst nach innen eher taub ist.

Ich wünsche allen meinen Lesern frohe Weihnachten!

Hilfe! Der Nationalstaat kommt zurück!

Was in der Euro-Krise noch mit Billionenaufwand mühsam zu verdecken versucht wurde, wird nun in der Flüchtlingskrise offensichtlich: das Projekt Europa ist eine Schönwetterveranstaltung, jedenfalls in der Ausformung, welche die politisch-mediale Klasse in Europa sich vorstellt. Die Weigerung der meisten Staaten der Europäischen Union, Zuwanderer aus dem Orient und Afrika aufzunehmen, jedenfalls in dem Ausmaß, das sich Frau Merkel und ihre politischen Freunde vorstellen, bringt es an den Tag: das gemeinsame Haus Europa steht auf einem brüchigen Fundament. Deswegen reiten Europapolitiker wie Juncker und Schulz abwechselnd wütende Attacken gegen die angeblich unsolidarischen Staaten vor allem Osteuropas, aber auch zum Beispiel Großbritannien, oder lamentieren über das angeblich bevorstehende Auseinanderbrechen der Europäischen Union.

Als Schreckgespenst aus angeblich überwundener Vergangenheit, gewissermaßen als Zombie der Geschichte, muß dabei der Nationalstaat herhalten, dessen Wiederauferstehung zu nichts als Krieg und Elend führen kann. Dabei wird zunächst einmal völlig übersehen, daß der Nationalstaat selbstverständlich immer noch existiert, ja die völkerrechtliche Grundlage für supranationale Bündnisse und Vereinigungen wie die Europäische Union, die NATO oder die UNO darstellt. Daran wird deutlich, daß diese Klageweiber der Europapolitik den Tod eines Gebildes bejahen, das es tatsächlich nie gegeben hat, nämlich eines europäischen Bundesstaates.

Es mag ja sein, daß nach dem Zweiten Weltkrieg der Wunsch nach der Überwindung des Nationalstaates an der Wiege des Projektes einer europäischen Einigung gestanden hat. Indessen ging es doch zunächst einmal um eine vertiefte wirtschaftliche Zusammenarbeit, die selbstverständlich nur im Wege der Institutionalisierung und Schaffung verbindlicher Regeln, wie etwa einer Zollunion, zu haben war. In diesem Umfang waren natürlich auch nationale Souveränitätsrechte aufzugeben. Die Vorläuferin der Europäischen Union, die gute alte EWG, hatte eigentlich alle Regeln geschaffen, die zur Überwindung künstlicher Handelsschranken erforderlich waren. Sie war auch zunächst auf solche Mitgliedsstaaten beschränkt, deren Wirtschaftskraft und Gesellschaftsordnung gleichartig oder zumindest miteinander kompatibel waren. Der nach dem Zweiten Weltkrieg besonders verständliche Wunsch, daß europäische Völker niemals mehr gegeneinander zu den Waffen greifen sollten, fand seine Erfüllung in der Gründung der NATO. Die Struktur dieses Bündnisses mit ihren integrierten Kommandostäben und multinationalen Verbänden geht weit über das hinaus, was bis dahin Koalitionen in Kriegszeiten ausmachte. Die NATO ist eben kein anlaßbezogenes und zeitlich auf eine bestimmte Situation beschränktes Bündnis, in dem verbündete Staaten ihre Armeen Seite an Seite kämpfen lassen, sondern eben eine supranationale Organisation, auf unbefristete Zeit angelegt und mit einer eigenen militärischen Struktur ausgestattet. Allerdings tut auch ihr die uferlose Ausweitung nicht gut.

Damit war sowohl dem Wunsch nach einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die den allgemeinen Wohlstand der europäischen Völker heben konnte, als auch der Sehnsucht nach einem dauerhaften Frieden in Europa nachhaltig Rechnung getragen. Doch den Verfechtern eines europäischen Einheitsstaates, der die verhassten Nationalstaaten ablösen sollte, war das natürlich nicht genug. Diese Spezies von Politikern und Publizisten stürzte die Völker Europas in das Abenteuer einer nahezu unbegrenzt erweiterten Europäischen Union mit einer gemeinsamen Währung. Das konnte nicht gut gehen. Diese Veranstaltung lieferte den Fernsehzuschauern zwar beeindruckende Bilder von immer prächtigeren Kongressen und gab den Politikern Stichworte für immer blumigere Sonntagsreden. Als jedoch die ersten wirklichen Belastungen dieser Konstrukte auftraten, begann sich das Bild zu verdüstern. Schon die Bankenkrise von 2008 konnte nur mit einer abenteuerlichen Verschuldungspolitik mehr verkleistert als gelöst werden. Die sogenannte Eurokrise, tatsächlich die Erkenntnis, daß die südeuropäischen Länder (und auch Frankreich) wirtschaftlich mit den mittel- und nordeuropäischen Ländern nicht mithalten können, brachte bereits an den Tag, daß Eurozone und Europäische Union jedenfalls in der heutigen Gestalt eine Fehlkonstruktion sind. Endgültig aus dem Rausch erwacht sind die Hohen Priester des vereinten Europa nun in der Flüchtlingskrise. Sie zeigt schonungslos die Fehlkonstruktion dieses Gedankengebäudes auf, gegen das ein Luftschloß als ein Musterbeispiel solider Statik erscheint. In ihrer Panik rufen sie nun: „Haltet den Dieb!“

Müssen wir tatsächlich die Rückkehr des Nationalstaates fürchten? Abgesehen davon, daß er natürlich weiterhin existiert, denn den Staat Europa gibt es glücklicherweise nicht, ist er keineswegs das Erzübel, das Juncker, Schulz und Co. an die Wand malen möchten. Weder erdrosselt er die Wirtschaft, noch schürt er Aggressionen gegen andere Völker. Vielmehr ist er die natürliche Organisationsform eines Volkes. Auch wenn der Begriff des Volkes in Deutschland, jedenfalls in seiner politisch-medialen Klasse, verpönt ist, so hat er überall sonst auf dieser Erde keinen ranzigen Geruch und keinen bitterem Beigeschmack. Vielmehr verstehen sich alle Völker dieser Erde als natürliche, gewachsene Einheit. Solz, aber keineswegs überheblich pflegt man auch seine nationalen Symbole. Da man in Deutschland zu diesem Thema am besten immer Ausländer zitiert, lasse ich hier einen US-Amerikaner zu Wort kommen. Der Publizist und Politiker Patrick Buchanan formuliert in seinem Buch „Irrweg Einwanderung“ aus dem Jahre 2007:  „Sprache, Religion, Kultur und Geschichte sowie Blut und Boden sind es, die ein Staatsvolk hervorbringen und nicht eine Ideologie..“ Natürlich findet man auch anderenorts, selbst im Programm der Partei unserer europabeflissenen Kanzlerin, ähnliche Passagen. Neben gemeinsamer Sprache, im Lande vorherrschender Religion, gemeinsamer Kultur und Geschichte jedoch auf einen Begriff wie „Blut und Boden“ zurückzugreifen, scheint in Deutschland nicht (mehr) möglich zu sein. Denn dieser Begriff ist wegen seines Mißbrauchs durch die Nationalsozialisten vergiftet. Nun ist der Umstand alleine, daß irgendetwas auch den Nationalsozialisten gefallen hat, doch keineswegs Grund genug, das zusammen mit dem Nationalsozialismus auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Es gibt eben Dinge, die fernab dieser Ideologie für sich allein gut und richtig sind. In diesem Zusammenhang haben geschichtlich nicht sattelfeste Leute früher gern die Autobahnen genannt. Das war natürlich falsch, denn sie wurden schon gebaut, bevor ein gewisser Adolf Hitler in Deutschland die Macht ergriffen und gründlich mißbraucht hat. Allerdings wird heutzutage von geistigen Kleingärtnern jeder, der im Zusammenhang mit der jüngeren deutschen Geschichte das Wort Autobahn in den Mund nimmt, flugs zum Nazi ernannt. Aber nehmen wir doch einmal der Jahreszeit und dem Wohnort des Verfassers geschuldet den Nürnberger Christkindlesmarkt. Seine heutige Gestalt, insbesondere mit dem Christkind, das zur Eröffnung des Marktes den Prolog von der Empore der Frauenkirche spricht, hat er eben durch die Nationalsozialisten erfahren. Das war schon gleich zu Beginn ihrer Herrschaft 1933. Müssen wir also diese Tradition schleunigst in die Tonne treten? Das wäre doch genauso lächerlich wie die Ablehnung der vegetarischen Ernährung mit dem Argument, schließlich sei Hitler Vegetarier gewesen.

Kommen wir zurück auf die Flüchtlingskrise und ihre Auswirkungen auf die Europäische Union. Unsere Europapolitiker, aber auch Frau Merkel und ihre Knappen führen laute Klage darüber, daß die meisten europäischen Länder entweder gar keine Flüchtlinge, oder nur geringe Mengen, und dabei partout keine Muslime aufnehmen wollen. Das sei unsolidarisch, nationalistisch, unchristlich, rechtsextrem und was es sonst der einschlägigen Beschimpfungen noch gibt. Warum aber wollen außer den Deutschen, genauer gesagt ihrer politisch-medialen Klasse, alle anderen Völker mehrheitlich nicht noch mehr Fremde im Lande haben? Ich denke, daß es daran liegt, daß die Menschen Fremdes nur in einem überschaubaren Maß ertragen. Schauen wir zunächst auf die Familie. Die Familie ist nun einmal die Gemeinschaft, in die ein Mensch hineingeboren wird. Eltern und Geschwister sind eben in einem Maße vertraut, das gegenüber Familienfremden einfach nicht aufgebaut werden kann, mit Ausnahme natürlich des geliebten Partners mit oder ohne Ehering. Und das gilt unabhängig von den persönlichen Eigenschaften der Familienmitglieder. Man hat eben eine starke emotionale Bindung zu seinem Bruder oder zu seiner Mutter, auch wenn diese Eigenschaften haben, die man bei Fremden ablehnen würde und zu ihnen auf keinen Fall irgend eine nähere Beziehung aufbauen würde. Das gilt sogar dann, wenn Familienmitglieder erst nach Jahrzehnten zueinander finden, weil sie etwa als Babys von der Familie, in die sie hineingeboren waren, getrennt wurden. Wir hören und lesen doch immer wieder derartige Geschichten und sehen, daß diese Menschen eben doch Gefühle für einander haben, die sie für nicht blutsverwandte Personen kaum aufbringen würden. Der Volksmund kennt dafür die Redensart: „Blut ist dicker als Wasser.“ In abgeschwächter Form gilt das auch für das Volk. Denn wer in ein Volk hineingeboren wird, hat über die Generationen hinweg die gleichen Vorfahren wie seine Nachbarn und Mitbürger auch weit entfernter Städte und Landstriche. Sie sprechen natürlich die gleiche Sprache, haben die gleiche Geschichte und leben die gleiche Kultur. Teil dieser Kultur ist auch die Religion, ob sie nun intensiv gelebt wird, etwa durch den sonntäglichen Kirchgang oder letztendlich auf ein Kulturchristentum reduziert ist, das sich nur noch in der Aufrechterhaltung von Bräuchen und Ritualen wie dem Aufstellen der Weihnachtskrippe oder der Eheschließung im weißen Brautkleid und festlichen Anzug vor dem Priester äußert. Die Summe all dessen macht eben die Zugehörigkeit zu einem Volk aus. Die gemeinsame Abstammung ist ein untrennbarer Teil davon, auch dann, wenn der eine oder andere Vorfahr nicht etwa schon im Jahre 800 nach Christus, sondern erst im Jahre 1960 in Deutschland ansässig geworden ist. Denn nicht die Rasse macht das Volk, sondern es entsteht über die familiären Bindungen durch die Generationen.

Die Völker, die man auch mit dem lateinischen Begriff der Nationen bezeichnet, weil dieser Begriff eben die durch Geburt vermittelte Zugehörigkeit beschreibt, müssen sich natürlich nicht etwa genetisch spinnefeind sein, wie uns das die Leute weismachen wollen, die im Nationalstaat die Wurzel allen Übels sehen. Denn genauso wie man familienfremde Menschen schätzen und akzeptieren kann, ohne daß man sie als Teil der eigenen Familie sieht, ebenso kann man natürlich andere Völker bzw. ihre Angehörigen als Partner oder gar Freunde sehen. Aber es bleiben immer Fremde. Und wenn in der eigenen Umgebung zu viele Fremde dauerhaft existieren, entsteht ein Unbehagen. So sehr in der Familie der Besuch, auch von Verwandten, erwünscht ist, so wenig kann daraus ein Dauerzustand werden. Seinen Ausdruck findet das in dem Sprichwort: „Fisch und Besuch stinken nach drei Tagen.“ Ein zu viel ist immer ungut. Klassisch war dies formuliert in der Aufschrift über dem Eingang des Tempels zu Delphi, in dem das berühmte Orakel seine geheimnisvollen Prophezeiungen sprach: „Niemals zu viel.“ Und so ist es nun einmal auch mit der Zuwanderung. Der Anblick von Menschen, die ganz offensichtlich eine fremdartige Kultur leben, ruft Interesse hervor, wenn er nicht allzu häufig ist, er ruft Unbehagen hervor, wenn er überhand nimmt und man das Gefühl bekommt, so langsam nicht mehr zu Hause zu sein. Man kann auch von der Integrationskraft eines Volkes sprechen. Im Verhältnis zur eingesessenen Bevölkerung wenige Fremde können integriert werden, soweit sie das überhaupt wollen. Was uns derzeit jedoch zugemutet wird, ist die Integration von Millionen Menschen, die sich zum großen Teil selbst überhaupt nicht integrieren wollen, sondern ihre heimische Kultur bewahren und als Volk unseren Grenzen leben wollen. Wer das nicht will, der ist nicht rechtsextrem, der ist lediglich normal.

Was unterscheidet die Politik vom Fußball?

Auf den ersten Blick erscheint diese Frage so abwegig wie die nach dem katholischen Bahnhof. Doch die Ereignisse der letzten Tage rund um die noch junge Partei Alternative für Deutschland lassen es durchaus reizvoll erscheinen, Fußball und Politik miteinander zu vergleichen.

Vergleichbar sind allerdings derzeit wohl nur die negativen Erscheinungsformen.

Beginnen wir mit den Fans. Wer hin und wieder ein Fußballstadion besucht, dem wird auffallen, daß es dort keineswegs ausschließlich um den Sport geht. Vielmehr hat eine bestimmte Spezies der Anhänger dieser schönen Sportart Fußball sich eine ganz eigene Parallelwelt geschaffen. Diese sogenannten Fans, die sich selbst nicht selten Ultras nennen oder sogar in ihrer Namensgebung Anleihen im halbkriminellen Milieu machen, fallen nicht nur durch Dauergebrüll, höchst gefährliches hantieren mit Feuerwerkskörpern und wüsten Beschimpfungen von Schiedsrichtern, Spielern und vor allem natürlich gegnerischen Fans auf. Vielmehr tragen sie schon außerhalb der Stadien, manchmal sogar unabhängig davon, ob gleichzeitig Spiele ihrer Mannschaft stattfinden, Schlägereien untereinander aus, überfallen gegnerische Fans oder auch nur harmlose Zuschauer, wobei dann auch eine Reihe von Vorschriften des Strafgesetzbuches „abgearbeitet“ werden. Man hat nicht selten den Eindruck, daß es sich dabei um ein Milieu von intellektuell unterbelichteten Zeitgenossen, in jedem Fall aber um psychisch auffällige Personen handelt. Ein solches Milieu benötigt zwingend Einpeitscher und Anführer.

Ein ähnliches Phänomen findet man heutzutage in der Politik. Die Zeiten, in denen die Leute noch schlicht und einfach politische Parteien gewählt oder nicht gewählt haben, ausnahmsweise auch einmal eine Wahlkampfveranstaltung besucht und Politikern zugehört haben, diese Zeiten gehören wohl der Vergangenheit an. Natürlich gibt es das noch. Aber es gibt inzwischen auch Versammlungen und Aufmärsche, die damit kaum noch den äußeren Anschein gemeinsam haben. Ebenso wie in den Fankurven der Stadien werden dort Parolen skandiert, die in Inhalt und Diktion nur mit dem Prädikat „unterstes Niveau“ belegt werden können. Das gilt im übrigen für die Randbereiche des politischen Spektrums rechts wie links. Ebenso wie in den Fankurven der Stadien benötigt dieser Art von Publikum auch seine Einpeitscher. Diese Rolle scheint bei der AfD Björn Höcke übernommen zu haben, allerdings im Wege der „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Er scheint es zu genießen, die Stimmung seines Publikums mit offenbar „zündenden“ Parolen anzuheizen. Das ist an sich schon schlimm genug. Seriöse politische Arbeit sieht anders aus. Vor kurzem hat er sich jedoch selbst übertroffen und eine Reihe von Sentenzen abgesondert, die in der Tat jenseits von gut und böse sind. Über das angeblich genetisch bedingt unterschiedliche Reproduktionsverhalten von Afrikanern und Europäern zu schwadronieren, selbstverständlich ohne auch nur ansatzweise selbst eine Ahnung von humangenetischen Fragen zu haben, ist schlicht und einfach unter dem Strich. Man kann ja fast schon darauf warten, daß er als nächstes angebliche Forschungsergebnisse zu Durchmesser und Länge des erigierten Penis bei Europäern und Schwarzafrikanern referiert. Die nach berechtigter Kritik anschließend hilflos dahergestammelten Beteuerungen über sein vorgeblich christliches Weltbild belegen allenfalls, daß er nicht über die intellektuelle Ausstattung verfügt, die man bei einem Akademiker, einem Lehrer zumal, eigentlich voraussetzen sollte. Da nimmt es auch nicht Wunder, daß ihm nicht in den Sinn kommen konnte, mit derartigem Geschwafel dem politischen Gegner eine Steilvorlage gegeben zu haben, um erneut ein Bild aus dem Fußball zu bemühen.

Was das Sportliche angeht, so gelten allerdings im Fußball immer noch Regeln. Auf die Blutgrätsche folgt die rote Karte. In der Politik ist das ganz offensichtlich anders. Weil sich die AfD offenbar bei den Wählern so weit etabliert hat, daß flächendeckend Wahlergebnisse deutlich über der 5 % Marke erzielt werden und weiter zu erwarten sind, sucht man nach anderen Wegen, diese Partei zu bekämpfen als mit dem schlichten Argument in den fairen Wettbewerb zu treten, der die Demokratie überhaupt ausmacht. Nein, man geht zum einen den Weg der Verleumdung und unterstellt wahrheitswidrig rechtsextreme Bestrebungen. Eine wahlkämpfende Ministerpräsidentin entblödet sich nicht, Talkshows und Diskussionsrunden zu boykottieren, in denen Politiker eben dieser Partei ebenfalls zu Wort kommen (dürfen). Den Stein der Weisen glaubt man allerdings darin gefunden zu haben, daß man die Finanzierungsquellen der AfD trockenlegt. Diese Partei kann wie alle anderen auch staatliche Parteienfinanzierung nur in der Höhe in Anspruch nehmen, in der sie anderweitige Einnahmen hat. Die seit Jahrzehnten in den Parlamenten dominierenden Parteien haben sich, zum Teil seit 1949, zum Teil unter Rückgriff auf das Vermögen der Staatspartei der DDR (Linkspartei), ansehnliche Vermögen aufgebaut, die in gewinnbringenden Aktivitäten hohe Geldzuflüsse generieren, die zusammen mit erheblichen Spenden dann auch die Auskehrung von staatlichen Finanzierungsmitteln in gleicher Höhe bewirken. Ein Neuling auf dem politischen Parkett hat das alles nicht. Deswegen war die AfD auf die Idee gekommen, mit Gold zu handeln, was ansehnliche Umsätze mit sich bringt, und somit spiegelbildlich entsprechende Finanzmittel aus der Parteienfinanzierung generiert. Dem wollen die im Bundestag vertretenen Parteien, also die gesamte Konkurrenz, nun einen Riegel vorschieben. Mit einem genau auf diesen Fall zugeschnittenen Gesetz soll diese Quelle trockengelegt werden. Nicht mehr der Umfang der wirtschaftlichen Aktivitäten (Umsatz), sondern nur der im Goldhandel vergleichsweise äußerst geringe Gewinn soll der neue Maßstab sein. Damit fließt nicht nur künftig kaum noch Geld aus der Parteienfinanzierung, sondern es wird auch rückwirkend wieder einkassiert, was in den letzten Jahren bezahlt worden ist. Das ist so offensichtlich nicht nur unfair, sondern direkt unanständig, ja dreckig. Der Vergleich mit der Blutgrätsche beim Fußball liegt auf der Hand. Indessen gibt es in der Politik leider keine rote Karte. Ob eine Klage zum Bundesverfassungsgericht gegen ein derartiges Maßnahmegesetz, das die verfassungsgemäß garantierte Teilhabe einer politischen Partei am System der politischen Willensbildung in Frage stellt, am Ende die rote Karte aus Karlsruhe nach sich zieht, muß erst einmal offen bleiben. Noch viel mehr, ob dies im Wege einer einstweiligen Anordnung zeitnah geschehen wird. Denn ein Urteil, das erst nach Jahren ergeht, dürfte in einem solchen Fall wohl eher dem Insolvenzverwalter als einem noch aktiven Parteivorstand zugestellt werden.

Wir sehen, daß die Parallelen zwischen Politik und Fußball nur im Bereich seiner unerfreulichen Randerscheinungen und Regelverstöße gefunden werden können. Im Bereich des FairPlay leider nicht.

Wer wird arbiter elegantiarum?

Es ist natürlich ärgerlich, welche regelmäßig anonym abgesonderte Parolen durch die sozialen Netzwerke im Internet geistern. Politik und Medien sprechen hier von Hassmails. Damit wird aus dem ganzen unappetitlichen Gebräu herausgefiltert, was im weitesten Sinne politisch ist. Nun glaubt unser Ministerlein Mittelmaß die Lösung gefunden zu haben. Die sozialen Netze wie Facebook, Twitter und Co. sollen eine Art Selbstverpflichtung eingehen, sogenannte Hassmails zügig zu löschen. Wie man hört, sind die einschlägigen Unternehmen damit auch einverstanden, auch damit, daß der Maßstab die Rechtslage in Deutschland sein soll.

Auf den ersten Blick klingt das nicht schlecht. Das Übel scheint man an der Wurzel zu packen. Wer aber genauer hinschaut und dann auch noch anfängt zu denken, dem kommen Bedenken. Internetunternehmen, auch solche, die die sogenannten sozialen Netzwerke betreiben, wollen und müssen wie alle Unternehmen Geld verdienen. Dazu gehört eine strikte Kostenkontrolle. Da trifft es sich gut, daß gerade in den sozialen Netzwerken eine anscheinend demokratische Kultur herrscht, eine Kultur, die eine Selbstverwaltung und damit Selbstkontrolle ohne Kostenaufwand für das Unternehmen möglich macht. Deswegen können diese Unternehmen einer Regierung leichten Herzens versprechen, für ein sauberes, sprich: politisch korrektes Erscheinungsbild zu sorgen, was die Veröffentlichung von Meinungsäußerungen betrifft.

Und damit ist man beim Problem. Wer ernennt eigentlich die Richter über die von den Usern eingestellten Texte? Niemand, denn das funktioniert doch sicherlich genauso, wie die Tätigkeit der unsäglichen Administratoren bei Wikipedia. Diese Leute, die ausweislich der veröffentlichten Administratorenliste zum großen Teil auch nicht ihren bürgerlichen Namen veröffentlichen, werden aus der Zahl derjenigen intensiven Wikipedia-Nutzer gewählt, die in vierstelliger Höhe Beiträge geleistet haben. Das sind natürlich Leute, die die Zeit dazu haben. Diese Zeit haben Leute, die den größten Teil ihrer Zeit eben nicht mit Geld verdienen verbringen müssen, sondern es sich leisten können oder wollen, ihre Ansichten möglichst zu verbreiten und zur Richtschnur für andere zu machen. Bei Wikipedia kann man sehr schön sehen, daß dies zum Beispiel im Falle der Naturwissenschaften einigermaßen erträglich ist, im Falle der Politik und Zeitgeschichte aber ganz und gar nicht. Hier hat kein Beitrag eine Chance, der nicht in das politisch korrekte, linksgewirkte Muster paßt. Und genau das ist zu befürchten, wenn diese Zensoren nun auf die sozialen Netze losgelassen werden. Es ist nicht schwer vorherzusagen, daß ihrer Schere nicht nur solche Beiträge zum Opfer fallen, die eindeutig nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern auch des Strafgesetzbuches überschreiten. Vielmehr werden auch solche Beiträge gelöscht werden, die schlicht und einfach gegen den Strom geschrieben sind, sich aber durchaus sowohl im Rahmen der Gesetze als auch des Anstandes bewegen.

Man sollte sich deswegen daran erinnern, daß von Rechts wegen Staatsanwälte und Richter dazu berufen sind, über den Mißbrauch der vom Grundgesetz prominent geschützten Meinungsfreiheit zu wachen und zu urteilen. Im Gegensatz zu den selbst ernannten bzw. sich selbst in den Vordergrund spielenden Administratoren und sonstigen Zensoren sind sie ordnungsgemäß in einem rechtsförmigen, vor allem politisch neutralen Verfahren in ihr Amt gesetzt worden. Sie üben es, um erneut eine Anleihe bei den alten Römern zu nehmen, sine ira ac studio aus. Ein persönliches Interesse haben sie an dem Fall, der ihnen auf den Tisch gelegt wird, überhaupt nicht. Sie beurteilen schlicht und einfach die Rechtslage.

Ob sich unser famoses Ministerlein, dem die Entwicklung unseres Rechts anvertraut worden ist, hierüber Gedanken gemacht hat, weiß ich nicht. Nach Sachlage allenfalls solche, die in die Richtung gehen, daß die Internetwirtschaft ihm, dazu noch kostenfrei, ein Instrument zur Verfügung stellt, das seine eigenen politischen Intentionen bedient. Hier wurde offensichtlich der Bock zum Gärtner gemacht. Nicht der Schiedsrichter des guten Geschmacks im Sinne des Römers Petronius, sondern der Zensor unerwünschter Meinungen wird auf den Plan treten. Die Frage in der Überschrift muß also mit „niemand“ beantwortet werden.

Die Beobachter der Völkischen

Die Hüter der political correctness sind außer sich.

Rechtes Gedankengut, Islamophobie, Rassismus, völkische Ideen und womit man sonst noch den braven Bundesrepublikaner erschrecken kann, sind offenbar salonfähig geworden. Die Alarmsirenen auf den Pressehäusern heulen im anschwellenden Dauerton. Selbsternannte Herolde des politischen Anstandes verkünden die bevorstehende Auferstehung des braunen Gottseibeiuns. Seine Jünger hat man schon identifiziert. Es sind alle, die rechts von Merkel stehen.

Dabei fällt es diesen Wutschreibern in ihrem Furor überhaupt nicht auf, daß sie Begriffe durcheinanderwerfen und damit ihres Sinnes berauben. Patriotisch zum Beispiel bedeutet eben nicht nationalistisch oder gar völkisch. Weil gerade der letztgenannte Begriff nun gerne mit „rechtspopulistisch“ – zu diesem unsinnigen Begriff wäre natürlich auch viel zu sagen – verknüpft oder gar gleichgesetzt wird, wollen wir uns diesen Begriff einmal näher ansehen. Der Große Brockhaus von 1957 erklärt: „völkisch, die seit etwa 1875 aufgekommene, um 1900 vor allem vom Alldeutschen Verband vertretene Verdeutschung des Wortes national im Sinne eines auf dem Rassegedanken begründeten und daher entschieden antisemitischen Nationalismus. An sich ist völkisch ein altgermanisches Wort: es konnte sich aber, ebenso wie volklich, in allgemeiner Bedeutung nicht durchsetzen.“ Der Duden von 1986 bringt knapp 30 Jahre später in der einem bloßen Wörterbuch geschuldeten lakonischen Kürze die Worterklärung: „völkisch; Völklein, Völkchen; volklich (das Volk betreffend)“.

Infolge seiner kostenlosen Allgegenwärtigkeit auf jedem PC beeinflusst Wikipedia das Denken der Zeitgenossen natürlich ungemein. Seine lexikalischen Definitionen werden vielfach für bare Münze genommen, auch wo sie, um im Bilde zu bleiben, tatsächlich Falschgeld sind. Das gilt besonders für alles irgendwie Politische. Wikipedia also definiert zur Zeit den Begriff so:

„Bei der Zuschreibung völkisch handelt es sich um eine alte Ableitung von Volk, die seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts in der Sprache des Alltags, der Medien und der Politik von Bedeutung wurde. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Wort dort seltener verwendet, wird aber seit dem Erstarken entsprechender Bewegungen in Deutschland zu deren Beschreibung in jüngster Zeit wieder vermehrt herangezogen. Völkisch transportiert in seiner modernen Variante einen rassistischen Volksbegriff und ist stark antisemitisch konnotiert. Es wurde im deutschsprachigen Raum als Selbstbezeichnung von der völkischen Bewegung angeeignet und zu einem Schlüsselbegriff des Völkischen Nationalismus.“

Wer also eine Person oder eine politische Meinung mit dem Begriff völkisch belegt, der tut das vor dem Hintergrund dieser Definition, die ja unmissverständlich auf das prägende Wesensmerkmal des Nationalsozialismus verweist. Nicht ohne Grund hieß das offizielle Parteiblatt der NSDAP „Der Völkische Beobachter“. Die Einordnung einer Partei, eines Politikers oder einer Meinungsäußerung als völkisch bedeutet also nichts anderes, als die Ausgrenzung aus der Gemeinschaft der Demokraten. Sie kann daher zu Recht nur und ausschließlich auf Gedankengut angewandt werden, das mit dem Hitlers und seiner geistigen Wegbereiter aus dem späten 19. Jahrhundert identisch ist. Das ist eben der Rassismus, der auf der Vorstellung beruht, Menschen hätten aufgrund ihrer Abstammung bestimmte Eigenschaften, wie Fleiß, Rechtschaffenheit, Redlichkeit und Tapferkeit oder aber Faulheit, Verschlagenheit, Unehrlichkeit und Feigheit. Natürlich schreiben Rassisten die erstgenannten guten Eigenschaften ihrem rassisch definierten Volk zu und erklären Angehörige anderer rassisch definierter Völker zu Menschen mit den letztgenannten schlechten Eigenschaften. Das sei auch durch Erziehung und Kulturvermittlung nicht zu ändern, liege vielmehr im Blut. Ein solcher Aberglaube kann im äußersten Fall zum Völkermord führen, wie wir das aus unserer Geschichte nur zu gut wissen. Aber dieser Aberglaube – von einer Theorie, die begrifflich wenigstens einen rationalen Kern haben soll, kann ja nicht die Rede sein -, dieser Aberglaube war Ende des 19. Jahrhunderts keineswegs nur in Deutschland verbreitet. Dies mag ein Zitat des englischen Politikers und Wirtschaftsmagnaten Cecil Rhodes aus seinem Werk „Draft of Ideas“ von 1877 verdeutlichen:

„Ich behaupte, daß wir die erste Rasse in der Welt sind und daß es für die Menschheit um so besser ist, je größere Teile der Welt wir bewohnen. Ich behaupte, daß jedes Stück Land, das unserem Gebiet hinzugefügt wird, die Geburt von mehr Angehörigen der englischen Rasse bedeutet, die sonst nicht ins Dasein gerufen worden wären. Darüber hinaus bedeutet es einfach das Ende aller Kriege, wenn der größere Teil der Welt in unserer Herrschaft aufgeht…. Die Förderung des britischen Empires, mit dem Ziel, die ganze zivilisierte Welt unter britische Herrschaft zu bringen, die Wiedergewinnung der Vereinigten Staaten, um die angelsächsische Rasse zu einem einzigen Weltreich zu machen. Was für ein Traum! Aber dennoch ist er wahrscheinlich. Er ist realisierbar. Da Gott sich die englisch sprechende Rasse offensichtlich zu seinem auserwählten Werkzeug geformt hat, durch welches er einen auf Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden gegründeten Zustand der Gesellschaft hervorbringen will, muß es auch seinem Wunsch entsprechen, daß ich alles in meiner Macht stehende tue, um jener Rasse so viel Spielraum und Macht wie möglich zu verschaffen.“

Würde jemand heute so etwas schreiben oder gar in Talkshows bzw. Parlamentssitzungen von sich geben, so müsste er sich fragen lassen, was er denn getrunken oder geraucht habe. Es sollte allerdings auch für ein zivilisiertes Volk selbstverständlich sein, das Andenken an Politiker mit einer solchen Überzeugung in den Mülleimer der Geschichte zu entsorgen. In diesem Falle bleibt es allerdings wohl beim Wunsch, denn mir ist bis heute nicht bekannt geworden, daß Cecil Rhodes in Großbritannien zur historischen Unperson geworden wäre.

Die Zuschreibung völkisch trifft jedenfalls zur Zeit auf keinen ernst zu nehmenden Politiker oder Journalisten in Deutschland zu. Nicht ernst zu nehmen sind in nazi-nostalgischen Szenen irrlichternde Figuren, deren Anhängerschaft sehr überschaubar und ohne politische Relevanz ist. Dennoch werfen verbohrte Journalisten wie Volker Zastrow und dubiose Politiker wie Jürgen Trittin einem zunehmend größer werdenden Teil unseres Volkes vor, eben „völkisch“ zu denken. Diese nur als Verleumdung zu qualifizierende Zuschreibung trifft vor allem jene, die den unkontrollierten und massenhaften Zustrom von „Flüchtlingen“ genannten Zuwanderern kritisieren und vor deren gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Folgen warnen. Ein beliebtes Argument jener Beobachter mit dem erhobenen Zeigefinger ist die Behauptung, wir Deutschen hätten ja schließlich über Jahrhunderte hinweg immer wieder Fremde aufgenommen, und das sei durchweg zu unserem Vorteil gewesen. Dieses Argument ist ein Musterbeispiel dafür, wie Halbwahrheiten wirken. Natürlich ist es so, daß im Laufe der Jahrhunderte viele Menschen aus fremden Ländern zu uns gekommen und hier heimisch geworden sind. Nicht erwähnt wird dabei allerdings, daß es sich bei diesen Zuwanderungen stets um solche gehandelt hat, welche die aufnehmende Mehrheitsgesellschaft vor keine Probleme gestellt hat. Denn diese Zuwanderer kamen immer aus Europa. Sie brachten stets eine Kultur mit, die entweder gleich oder doch sehr ähnlich war, wie die der aufnehmenden Gesellschaft. Ob dies nun französische Hugenotten, polnische Bergleute oder südeuropäische Gastarbeiter waren, sie alle haben sich innerhalb weniger Generationen vollständig integriert. Ihre Nachfahren sind regelmäßig nur noch an ihren Familiennamen als solche zu identifizieren. Selbst die vergleichsweise wenigen Zuwanderer aus ganz anderen Gegenden dieser Erde wurden regelmäßig wirklich heimisch, heirateten ein und übernahmen die Kultur unseres Landes. Wer kennt nicht den Zahnarzt mit persischem Vater oder den Manager mit vietnamesischen Eltern und deutscher Ehefrau? Und bezüglich der Juden, die völlig assimiliert in Deutschland lebten, und sich in patriotischem Geist ungern übertreffen ließen, mußten die Nazis ja nun wirklich alle Register der Demagogie ziehen, um dem Volk wenigstens in Ansätzen weiszumachen, es handele sich bei ihnen um fremdrassige, aber leider gut getarnte Volksschädlinge. Daraus kann man unter anderem lernen, wie abwegig alle völkischen Rassentheorien sind. Nach Auffassung der Nationalsozialisten hätten sich slawische Polen niemals mit germanischen Deutschen vermischen dürfen, weil das die rassischen Eigenschaften der Deutschen negativ beeinflusst hätte. Dabei ist diesen Hohlköpfen gar nicht aufgefallen, daß die vielen Tilkowskis und Schimanskis in der Wehrmacht genauso gut oder schlecht gekämpft haben, wie die vielen Meiers und Müllers. Und die vielen Nachfahren hugenottischer Flüchtlinge im Offizierkorps der Wehrmacht waren ja auch nicht von „welscher Falschheit“. Große Komponisten wie Gustav Mahler und Felix Mendelssohn-Bartholdy oder Leuchten der deutschen Literatur wie Heinrich Heine und Thomas Mann gehören zu unserer Kultur wie ihre „arischen“ Kollegen. Entscheidend für die gelungene Integration all dieser Zuwanderer war, daß ihre Religion sie nicht hinderte, in der einheimischen Gesellschaft aufzugehen. Ihre Kinder konnten ohne weiteres die Kinder ihrer Nachbarn heiraten. Dabei muß man nun einmal wissen, daß gerade in früheren Jahrhunderten, in denen die Gesellschaft noch nicht so religionsfern war wie heute, dieser Gesichtspunkt von größter Bedeutung war.

Soweit sogar mit den Flüchtlingen und Vertriebenen aus Deutschland und ihrer Aufnahme in Deutschland nach dem II. Weltkrieg argumentiert wird, ist das derart abwegig, daß man das nicht einmal kommentieren kann. Wer von Deutschland nach Deutschland fliehen mußte, der blieb eben in seinem Land und unter seinem Volk. Oder ist es das selbe, wenn ein Hamburger nach München zieht, wie wenn ein Eritreer oder Syrer nach Deutschland kommt?

Anders liegen die Dinge heute. Wir haben eine umfangreiche Zuwanderung aus völlig fremden Kulturen, insbesondere aus dem arabisch-islamischen Raum. Für diese Menschen ist auch heute noch die Religion das bestimmende Moment in ihrem Leben, anders als für die große Masse der einheimischen Deutschen. Hinzu kommt, daß der Islam patriarchalische Strukturen und die Überlegenheit der eigenen Kultur tendenziell festschreibt. Das erklärt auch, warum auch die Kinder der türkischen Einwanderer in unser Land auch in der dritten und vierten Generation so gut wie nie deutsche, nichtmuslimische Ehepartner wählen. Das wiederum führt zur Parallelgesellschaft, die ihre eigene Kultur aufrecht erhält und sich von den Deutschen, die inzwischen bereits relativierend „Herkunftsdeutsche“ genannt werden, abgekapselt. Natürlich bedeutet das nicht, daß keine wirtschaftlichen Verflechtungen und kein Umgang miteinander bestehen. Man arbeitet natürlich in deutschen Firmen, verkauft Gemüse auf deutschen Wochenmärkten und schickt seine Kinder in die deutschen Schulen. Aber der wirklich private Teil des Lebens bleibt in der eigenen Kultur verhaftet. Ob mit oder ohne deutschen Paß: gewinnt die türkische Fußballnationalmannschaft, fährt man im Autokorso unter türkischen Fahnen jubelnd durch die Innenstadt. Hat man es als türkischstämmiger Fußballer in die deutsche Nationalmannschaft geschafft, bewegen sich die Lippen nicht, wenn die Mannschaftskameraden links und rechts die deutsche Nationalhymne singen.

Inwiefern es rassistisch sein soll, die mit der unkontrollierten Massenzuwanderung einhergehenden wirtschaftlichen Probleme zu benennen, wird wohl auf immer das Geheimnis jener politisch korrekten Beobachter bleiben. Kein ernst zu nehmender Wirtschaftswissenschaftler, kein seriöses Forschungsinstitut stellt in Abrede, daß gerade mal höchstens 10 % der hereinströmenden Kriegs-und Wirtschaftsflüchtlinge überhaupt Arbeitsplätze finden werden, wobei dies in der Regel schlecht bezahlte Jobs sein werden. Die damit verbundenen Kosten für die Volkswirtschaft betragen nach seriösen Schätzungen jährlich 20-30 Milliarden €, ohne daß dem ein volkswirtschaftlicher Nutzen in Form von Steuern, Sozialabgaben oder irgendwelcher Wirtschaftsleistung gegenüber stünde.

Es zeugt also keinesfalls von völkischer Borniertheit, wenn man die Befürchtung äußert, die massenhafte Zuwanderung von Menschen aus dem arabisch-islamischen Kulturkreis führe zur Entwicklung von Ghettos und Parallelgesellschaften, die weit überwiegend von Sozialhilfeempfängern und Gelegenheitsarbeitern bewohnt werden, Stadtteilen wie wir sie schon heute in Berlin oder Duisburg und Bremen haben, in denen arabische Clans herrschen und die Polizei sich allenfalls mit gepanzerten Mannschaftswagen hineintraut. Handelt es sich dabei heute noch um einigermaßen überschaubare Ghettos mit jeweils nach wenigen tausenden zählenden Einwohnern, so muß angesichts des Zustroms von jährlich Millionen von Menschen aus jenem Kulturkreis, die sich jeglicher Integration verweigern, mit Ansiedlungen dieser Art gerechnet werden, welche die Größe von ganzen Städten erreichen. Wer derartiges bedenkt, ist kein Rassist, sondern Realist.

Daß viele Menschen in Deutschland nun befürchten, sich bald im eigenen Land nicht mehr zu Hause fühlen zu können, ist nicht  Ausfluß „völkischer“ Gesinnung, sondern nur allzu verständlich. Daß die Regierungen anderer europäischer Länder diesen Befürchtungen und Bedenken ihrer Bürger Rechnung tragen, ist eben nicht „völkisch“, sondern demokratisch. Daß deutsche Politiker und Journalisten insoweit von „Rechtspopulismus“ faseln, ist nicht Ausfluß intellektueller Überlegenheit, sondern schlicht hochnäsig. Franz Josef Strauß wurde seinerzeit für seine flapsige Äußerung „vox populi, vox Rindvieh“ zu Recht gescholten, denn wenn Demokratie Volksherrschaft bedeutet, dann bedeutet das zunächst einmal, dem Volk zuzuhören, um seinen wirklichen Willen zu erfahren, denn den und nichts anderes haben seine gewählten Politiker auszuführen. Wer indessen Populismus sagt, bekundet damit nur seine Arroganz. Die ist aber bekanntlich die Zwillingsschwester der Ignoranz, oder, mit einem schönen deutschen Sprichwort gesagt: „Dummheit und Stolz wachsen auf demselben Holz “

Gleichwohl wird mit rattenhafter Wut die Rassismuskeule gegen alles geschwungen, was rechts von Merkel wagt, überhaupt nur den Mund aufzumachen. Die intellektuelle Substanz dieses Geschreibsels ist keineswegs von besserer Qualität, als die der völkischen Trommler unseligen Angedenkens. Jene Beobachter der angeblich Völkischen füllen die Zeilen des modernen Völkischen Beobachters. Bezahlen wir sie also mit der Münze, die ihre Hervorbringungen angemessen vergütet: mit Missachtung.

Pasquino 2.0

„Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil“ habe ich meinen Kommentar zu dem unsäglichen Artikel von Volker Zastrow in der FAS vom 29.11.2015 überschrieben. Zur Erinnerung: Zastrow hat darin eine diffamierende Suada sondersgleichen über alle diejenigen ausgegossen, die mit der weltweit einzigartigen „Refugees Welcome Politik“ der Kanzlerin nicht einverstanden sind, in Sonderheit über die Anhänger der AfD. Natürlich hat diese Partei reagiert und nicht ganz unberechtigt FAS und die sie stützende Mutter FAZ in eine Reihe mit der linksradikalen Krawallszene gestellt. Nun wundert man sich dort, daß es aus dem Walde herausschallt, wie man hineingerufen hat. In einer Melange von Empörung, Weinerlichkeit und Frontberichterstattung dokumentiert und kommentiert man nun sowohl die harsche Reaktion der AfD als auch den begleitenden shitstorm im Internet.

Offenbar haben die meisten Journalisten und Politiker noch nicht verstanden, daß die sogenannten sozialen Medien wie Facebook und Twitter die Funktion des guten alten Pasquino übernommen haben. Vielleicht sollte ich das erläutern. Wenige Schritte südwestlich der Piazza Navona in Rom findet man auf einem über und über mit Pamphleten beklebten Sockel den Torso einer antiken Statue. Die Römer nennen sie Pasquino. Seit dem 16. Jahrhundert wird der Sockel mit Pamphleten beklebt, in denen – selbstverständlich anonym – die Obrigkeit geschmäht wird. Diese Zettel heißen im italienischen pasquillo oder pasquinata. Daher spricht man ja auch bei uns von einem Pasquill, wenn man eine Schmähschrift meint.

Nun liegt es in der Natur der Sache, daß die anonymen Verfasser von Schmähschriften nicht selten glauben, sich weder inhaltlich noch sprachlich Zurückhaltung auferlegen zu müssen. Ganz im Gegenteil. Berauscht von der eigenen -vermeintlichen- Sprachgewalt torkeln sie durch die virtuelle Welt der sozialen Netzwerke, vergessen alle Regeln des Anstandes und trampeln die Grenzen zu den Beleidigungsdelikten nieder. Daß sie sich selbst wie auch ihrem jeweiligen Anliegen damit einen Bärendienst erweisen, kommt ihnen dabei ebenso wenig in den Sinn, wie dem betrunkenen Autofahrer, daß er Gesundheit und Leben anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet. Leider kann man zwar ihm die Fahrerlaubnis entziehen, jenen Zeitgenossen jedoch, die sich an der Tastatur ihres PC nicht zu benehmen wissen, kann man eine Lizenz zur öffentlichen Meinungsäußerung nicht nehmen, weil es eine solche glücklicherweise (noch) nicht gibt.

Wer indessen diese elektronischen Pasquinaden ernst nimmt und sich darüber echauffiert, der macht sich genauso lächerlich, wie jener Papst, der seinerzeit über die ihn verhöhnenden Pamphlete so aufgebracht war, daß er den Pasquino am liebsten im Tiber hätte versenken lassen. Davon konnten ihn seine Berater gottlob abbringen, weswegen wir auch heute noch die zum Mißvergnügen der italienischen Obrigkeiten an seinem Sockel angebrachten Zettel lesen können. Wer allerdings diesen intellektuellen Müll im Internet dem politischen Gegner zuschreibt und ihn dafür verantwortlich macht, der diffamiert seinerseits. Er treibt es noch ärger als die anonymen Verfasser jener verbalen Flatulenzen. Denn damit beabsichtigt er ja ganz offensichtlich, die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten des politischen Gegners wegen deren vermeintlicher Anrüchigkeit unterlassen zu können. Gleichzeitig diffamiert er damit alle Bürger, die eben jenen ungeliebten Meinungen zuneigen.

Herrn Zastrow und seinen journalistischen Wasserträgern sei ins Stammbuch geschrieben, daß sie die Aufmerksamkeit und Intelligenz der Bürger gewaltig unterschätzen, von deren Geld sie leben.

Wunsch und Wirklichkeit

Heute Morgen fielen mir in der Tageszeitung zwei Berichte auf, die dem aufmerksamen Leser vermitteln konnten, worin unser Problem mit dem Islam eigentlich besteht. Vermitteln konnten, falls der Leser die nötige Aufmerksamkeit mitbrachte.

Das eine war ein Bericht über die Tagung von Theologen und Juristen bei der Eugen-Biser-Stiftung in München. Das andere war eine Meldung über den Versuch einer Lebensmittel-Kette, Fleisch von „halal“ geschlachteten Tieren in Österreich anzubieten. Um mit dem letzteren zu beginnen: Man hatte diese Fleischprodukte in das Sortiment aufgenommen und mit dem Hinweis darauf angeboten, daß die Tiere nach islamischem Ritus geschlachtet worden seien, mithin der Genuß dieser Produkte für den gläubigen Moslem „halal“ sei, was erlaubt bzw. rein bedeutet. Daraufhin erhob sich im Internet ein so genannter shitstorm, wobei der Sturm aus zwei verschiedenen Richtungen blies. Zum einen empörten sich Leute, die es einfach unerträglich fanden, daß derartige religiöse Vorschriften der Muslime nun auch von einer österreichischen Handelskette beachtet wurden. Zum anderen empörten sich Tierschützer darüber, daß Schlachttiere qualvoll bei Bewußtsein verbluten müßten, nur weil religiöse Vorstellungen, verbunden mit Geschäftsinteressen, das erforderten.

Die Handelskette nahm daraufhin das Produkt schleunigst aus dem Programm, nicht ohne die Tierschützer mit dem Hinweis zu besänftigen, man habe das Schlachtvieh keineswegs bei vollem Bewußtsein durch Kehlschnitt ausbluten (schächten) lassen, wie das der islamische Ritus vorschreibt, sondern die Tiere vor dem Kehlschnitt betäuben lassen. Eine Rückfrage bei islamischen Religionsgelehrten habe nämlich ergeben, daß dies durchaus genüge, vorausgesetzt, während der Schlachtung werde ein islamisches Gebet gesprochen. Dann sei der Genuß des so gewonnenen Fleisches durchaus „halal“. Allerdings, so der berechtigte Hinweis des Verfassers, hätte man wohl einen nur überschaubaren geschäftlichen Erfolg mit diesem Produkt gehabt, wenn man das mit der Werbung kommuniziert hätte. Denn, so die Lebenserfahrung, hielten sich viele Muslime nicht an die Empfehlungen solcher moderaten Theologen, sondern richteten sich nach den Vorschriften traditioneller, streng religiöser Geistlicher.

Die erwähnte Tagung der nach dem katholischen Religionsphilosophen Eugen Biser benannten Stiftung widmete sich dem Thema des Gewaltverständnisses in den drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Natürlich wurde herausgearbeitet, daß die Religionen den Frieden und nicht den Krieg, die Gewaltlosigkeit und nicht die Gewalt propagieren. Dies gelte nach dem Vortrag des islamischen Referenten, eines Professors der Goethe-Universität Frankfurt am Main, auch für den Islam, jedenfalls dann, wenn man die gewaltverherrlichenden Passagen im Koran nach der historisch-kritischen Auslegung aus den Umständen des frühen Islam erkläre. Diese Passagen dürften daher nicht den Blick auf das „Eigentliche“ im Islam verstellen. Allerdings seien sich die Tagungsteilnehmer auch einig gewesen, daß sich die Wirklichkeit von diesem Bild durchaus unterscheide. Hier herrsche doch weithin eine streng konservative, traditionelle Auslegung des Islam.

Eine Tagung in der akademischen Welt unseres Kulturkreises kann kaum ein anderes Bild des Islam zeichnen, als dies hier geschehen ist. Die akademische Atmosphäre ist von Sachlichkeit und Toleranz getragen, durch die Institute und Hörsäle weht der Geist der Aufklärung und der Freiheit. Hier kann sich der vorurteilsfreie Diskurs entfalten. Fanatismus und Unduldsamkeit haben hier keinen Platz. Hier fühlt sich der gebildete und kultivierte Mensch unseres Kulturkreises wohl. Aber genau deswegen können Angehörige dieses Milieus kaum Einfluß auf die Muslime haben, die sich dem ihres Erachtens wahren Glauben verpflichtet fühlen. Allein schon der Umstand, daß ein islamischer Theologe von den „Ungläubigen“ auf einen Lehrstuhl an einer nichtislamischen Universität gesetzt worden ist, läßt seine Autorität bei den wahren Gläubigen gegen Null sinken. Überdies gelten diesen Gläubigen die abendländischen Universitäten als Brutstätten von Dekadenz und Gottesferne. Höchste religiöse Autorität genießen hingegen solche Geistliche, die ungeachtet der wissenschaftlichen Qualität ihrer Ausbildung die meisten Anhänger finden. Und das sind häufig, leider zunehmend, intolerante, traditionalistische bis fundamentalistische Prediger. In deren Ausbildung und die Begründung entsprechend ausgerichteter Moscheevereine investiert vor allem Saudi-Arabien Unsummen, auch in Deutschland. Dort wird eine Ausprägung des Islam gelehrt und verbreitet, die eben zurück in die Zeit Mohammeds und der gewaltsamen Verbreitung des Islam führt. Die Zunahme des Salafismus und des Dschihadismus in Europa hat nicht zuletzt darin ihre Ursache.

Solange sich das nicht ändert, und der real existierende Islam in Europa sich weiter rückwärts entwickelt, gehört diese Religion auf gar keinen Fall zu Deutschland. Da mögen Politiker wie der frühere Bundespräsident Wulff oder die amtierende Kanzlerin Merkel noch so oft behaupten, der Islam gehöre zu Deutschland. Dieser Islam jedenfalls nicht. Solange diese Religion nicht die Tiefenreinigung der Aufklärung durchläuft, die das Christentum vor Jahrhunderten durchlaufen hat, so lange wird sie mit unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaftsordnung nicht kompatibel sein. Eine historisch-kritische Auslegung des Koran und der Hadithen, die tatsächlich all diese blutrünstigen Geschichten von Krieg und Vernichtung als bloße Geschichtserzählung und nicht als religiöse Inhalte behandelt, ein aufgeklärtes Verständnis von religiösen Verhaltensmaßregeln, das etwa Speisevorschriften und Fastengebote ähnlich wie im heutigen Christentum nicht als verpflichtende Gesetze, sondern als Beispiele religiöser Übungen auf freiwilliger Basis auffaßt, die eben dem Gläubigen das spirituelle Erlebnis größerer Gottesnähe geben können, ein historisches Verständnis von Rechtsvorschriften des Koran, das etwa ungleiche Erbquoten von Männern und Frauen oder den unterschiedlichen Beweiswert der Zeugenaussagen von Männern und Frauen eben als historische Erzählung von der seinerzeitigen Gesellschaftsordnung und nicht etwa als theologisch begründetes Menschenbild transportiert, eine Erklärung von Verhüllungsgeboten für Frauen aus historischen Rollenbildern, eine Deutung der im Koran und in den Hadithen geforderten Einheit von weltlicher und geistlicher Autorität als in der Kampfzeit des frühen Islam notwendigen Konzentration der Kräfte, alle solchen Bereinigungen der religiösen Vorstellungen mittels einer Theologie, die sich mit den abendländischen Vorstellungen von Wissenschaft vereinbaren läßt, alles das wäre erforderlich, um den Islam in unsere freiheitliche europäische Wertordnung einzufügen. Solange dies jedoch nicht geschieht, haben wir mit dem Islam und nicht nur mit dem Islamismus ein ernstes Problem.