Wer wird arbiter elegantiarum?

Es ist natürlich ärgerlich, welche regelmäßig anonym abgesonderte Parolen durch die sozialen Netzwerke im Internet geistern. Politik und Medien sprechen hier von Hassmails. Damit wird aus dem ganzen unappetitlichen Gebräu herausgefiltert, was im weitesten Sinne politisch ist. Nun glaubt unser Ministerlein Mittelmaß die Lösung gefunden zu haben. Die sozialen Netze wie Facebook, Twitter und Co. sollen eine Art Selbstverpflichtung eingehen, sogenannte Hassmails zügig zu löschen. Wie man hört, sind die einschlägigen Unternehmen damit auch einverstanden, auch damit, daß der Maßstab die Rechtslage in Deutschland sein soll.

Auf den ersten Blick klingt das nicht schlecht. Das Übel scheint man an der Wurzel zu packen. Wer aber genauer hinschaut und dann auch noch anfängt zu denken, dem kommen Bedenken. Internetunternehmen, auch solche, die die sogenannten sozialen Netzwerke betreiben, wollen und müssen wie alle Unternehmen Geld verdienen. Dazu gehört eine strikte Kostenkontrolle. Da trifft es sich gut, daß gerade in den sozialen Netzwerken eine anscheinend demokratische Kultur herrscht, eine Kultur, die eine Selbstverwaltung und damit Selbstkontrolle ohne Kostenaufwand für das Unternehmen möglich macht. Deswegen können diese Unternehmen einer Regierung leichten Herzens versprechen, für ein sauberes, sprich: politisch korrektes Erscheinungsbild zu sorgen, was die Veröffentlichung von Meinungsäußerungen betrifft.

Und damit ist man beim Problem. Wer ernennt eigentlich die Richter über die von den Usern eingestellten Texte? Niemand, denn das funktioniert doch sicherlich genauso, wie die Tätigkeit der unsäglichen Administratoren bei Wikipedia. Diese Leute, die ausweislich der veröffentlichten Administratorenliste zum großen Teil auch nicht ihren bürgerlichen Namen veröffentlichen, werden aus der Zahl derjenigen intensiven Wikipedia-Nutzer gewählt, die in vierstelliger Höhe Beiträge geleistet haben. Das sind natürlich Leute, die die Zeit dazu haben. Diese Zeit haben Leute, die den größten Teil ihrer Zeit eben nicht mit Geld verdienen verbringen müssen, sondern es sich leisten können oder wollen, ihre Ansichten möglichst zu verbreiten und zur Richtschnur für andere zu machen. Bei Wikipedia kann man sehr schön sehen, daß dies zum Beispiel im Falle der Naturwissenschaften einigermaßen erträglich ist, im Falle der Politik und Zeitgeschichte aber ganz und gar nicht. Hier hat kein Beitrag eine Chance, der nicht in das politisch korrekte, linksgewirkte Muster paßt. Und genau das ist zu befürchten, wenn diese Zensoren nun auf die sozialen Netze losgelassen werden. Es ist nicht schwer vorherzusagen, daß ihrer Schere nicht nur solche Beiträge zum Opfer fallen, die eindeutig nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern auch des Strafgesetzbuches überschreiten. Vielmehr werden auch solche Beiträge gelöscht werden, die schlicht und einfach gegen den Strom geschrieben sind, sich aber durchaus sowohl im Rahmen der Gesetze als auch des Anstandes bewegen.

Man sollte sich deswegen daran erinnern, daß von Rechts wegen Staatsanwälte und Richter dazu berufen sind, über den Mißbrauch der vom Grundgesetz prominent geschützten Meinungsfreiheit zu wachen und zu urteilen. Im Gegensatz zu den selbst ernannten bzw. sich selbst in den Vordergrund spielenden Administratoren und sonstigen Zensoren sind sie ordnungsgemäß in einem rechtsförmigen, vor allem politisch neutralen Verfahren in ihr Amt gesetzt worden. Sie üben es, um erneut eine Anleihe bei den alten Römern zu nehmen, sine ira ac studio aus. Ein persönliches Interesse haben sie an dem Fall, der ihnen auf den Tisch gelegt wird, überhaupt nicht. Sie beurteilen schlicht und einfach die Rechtslage.

Ob sich unser famoses Ministerlein, dem die Entwicklung unseres Rechts anvertraut worden ist, hierüber Gedanken gemacht hat, weiß ich nicht. Nach Sachlage allenfalls solche, die in die Richtung gehen, daß die Internetwirtschaft ihm, dazu noch kostenfrei, ein Instrument zur Verfügung stellt, das seine eigenen politischen Intentionen bedient. Hier wurde offensichtlich der Bock zum Gärtner gemacht. Nicht der Schiedsrichter des guten Geschmacks im Sinne des Römers Petronius, sondern der Zensor unerwünschter Meinungen wird auf den Plan treten. Die Frage in der Überschrift muß also mit „niemand“ beantwortet werden.

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