Archiv für den Monat: März 2016

Alles Theater

Man hat die Szene noch vor Augen. Letzten Sonntag in Kassel, als ein Mann im Clownskostüm der AfD-Politikerin Beatrix von Storch eine Sahnetorte ins Gesicht warf. Der zweite Mann hatte das ja gefilmt und sofort ins Internet gestellt. Nun ist es das Verdienst der FAZ, die Hintergründe dieser Aktion aufgedeckt zu haben. Es handelte sich nämlich, man lese und staune, um ein Forschungsprojekt im Bereich der „Aktionskunst“. Die Täter, und angesichts einer Straftat ist diese Bezeichnung allein angemessen, waren Mitglieder des sogenannten „Peng! Collektive“. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein von der Kulturstiftung des Bundes gefördertes Projekt, bei dem es sich um folgendes handeln soll:

„Die Aktionskünstler/innen des Leipziger „Peng! Collektive“ gründen gemeinsam mit dem Schauspielhaus Dortmund die fiktive PR-Agentur ‚Die Populisten‘. In sechs Eskalationsstufen erforschen ‚Die Populisten‘ die Möglichkeiten politischer Aktionskunst im Stadtraum sowie im Netz, im Fernsehen und im Theater. Themen sind der Rechtsradikalismus in Dortmund sowie die nordrhein-westfälische Waffenproduktion für den internationalen Markt.“ Gefördert wird das Ganze offenbar aus einem Spezialfonds mit dem schönen Namen „Doppelpass“, der mit 2,25 Millionen € die „Kooperation von freien Gruppen und festen Tanz-und Theaterhäusern“ unterstützt. Derartiges Geschwurbel hätte man früher als höheren Blödsinn bezeichnet. Auf den Mülldeponien der mit öffentlichen Geldern hochsubventionierten Theater und ihrem Umfeld wachsen offenbar auch solche Sumpfdotterblumen.

Nun könnte man dieses Milieu, das sicherlich ein weites Forschungsfeld für Psychoanalytiker sein könnte, sich selbst überlassen. Wo ein paar bekiffte Möchtegernkünstler sich ihre bizarren Phantasien ausmalen, brauchte niemand anders hinzugehen. Leider wird dieses Milieu jedoch mit Steuergeldern finanziert. Ohne diese Gelder wäre es nicht lebensfähig. Das beweist zusammen mit anderen Abstrusitäten unseres Kulturbetriebes, daß Kunst und Kultur zu wichtig sind, um sie allein solchen Leuten zu überlassen, die aus diesem Milieu kommen. Wären in den Kultus- und Wissenschaftsministerien sowie den einschlägigen Stiftungen stattdessen Beamte mit einem akademischen Hintergrund als Juristen, Betriebswirte oder Naturwissenschaftler für diese Szene, insbesondere ihre Finanzierung zuständig, so würde allein schon diese Personalauswahl sicherstellen, daß für solchen Unfug kein Geld zur Verfügung steht. Das hätte zur Folge, daß dieser Quatsch völlig unterbleibt. Und Deutschland wäre ein kulturell höher stehendes Land als vorher.

Mia san mia

Der von Selbstzweifeln wenig angekränkelte Stamm der Bayern wird ob seiner zur Schau getragenen Eigenart vom übrigen Deutschland teils beneidet, teils belächelt. Wie auch immer, dieses Selbstbewußtsein gründet auf wirtschaftlichem Erfolg wie auch auf einem ausgeprägten Gefühl der Zusammengehörigkeit, das mit Abstrichen auch die fränkischen und schwäbischen Stämme innerhalb der Landesgrenzen einschließt. Allfälligen Moserern von außerhalb begegnet man gern mit dem Satz, daß man sich Neid natürlich verdienen muß, Mitleid hingegen geschenkt bekommt.

In diesen Tagen führt so viel kollektives Selbstbewußtsein zum Nachdenken darüber, wer wir sind, wie wir sind, warum wir sind wie wir sind, und vor allem darüber, ob das so bleiben muß, soll oder kann. Wie gehen wir damit um, daß in kurzer Zeit bislang schon rund 1,5 Millionen Zuwanderer aus unstrittig fremden Kulturkreisen zu uns gekommen sind, in den nächsten 2-3 Jahren sicherlich nochmal so viele dazustoßen werden, und zusammen mit den gefühlt oder geschätzt rund 4-5.000.000 Menschen aus anderen Kulturkreisen, die schon länger hier leben, doch an die 10 % der Wohnbevölkerung in diesem Lande ausmachen werden. Hilft uns da Multikulti weiter, oder die Integration, und wie soll diese dann aussehen? Wer über diese Fragen nachdenkt, vor allem öffentlich, begibt sich auf ein sehr glattes Parkett.

So hat vor kurzem ein Wissenschaftler die Frage aufgeworfen, wieso eigentlich wir Einheimischen, Biodeutschen oder Urdeutschen, wie man uns auch immer nennen will, von den Zuwanderern fremder Kulturen verlangen, sich uns anzupassen und unsere Kultur zu übernehmen. Es zeuge doch wohl von Überheblichkeit (gemeint ist wohl Rassendünkel), unsere Kultur Fremden als die überlegene und alleine in diesem Lande berechtigte aufzunötigen. Vielmehr bringe es uns doch weiter, wenn eine Vielfalt von Kulturen bei uns existiere und letztendlich die angekommene durchdringe. Zur richtigen Einordnung solcher Phantastereien ist es hilfreich, einen Blick zurück in die Antike zu werfen. Das Römische Reich dominierte und prägte über 1000 Jahre lang die Länder rund um das Mittelmeer, nach Norden und Osten weit darüber hinaus. Von Anfang an war Rom jedoch niemals ethnisch einheitlich strukturiert. Vielmehr wurden zuerst die umliegenden italischen Völker, unter anderem die Etrusker, integriert, man könnte auch sagen aufgesogen. Im Zuge der Eroberung von Provinzen außerhalb Italiens kamen natürlich viele Menschen aus diesen Regionen nach Rom bzw. in die römischen Städte und Provinzen innerhalb der Reichsgrenzen. Diese Menschen brachten zwar allerlei unterschiedliche Kulturen, darunter beispielsweise die griechische, in das Römische Reich. Die Römer übernahmen davon vieles, aber keineswegs alles. Philosophie und Kunst der Griechen wurden eins mit der römischen Kultur. Aberglauben, Barbarei und Despotie des Orients übernahm man nicht, sieht man von geduldeten religiösen Kulten ab, deren Anhängern man jedoch mit aller Strenge abverlangte, die römische Staatsreligion über die eigenen religiösen Überzeugungen zu stellen und dem Kaiser wie den römischen Göttern zu huldigen. Das ging über viele Jahrhunderte gut und tat dem römischen Volk auch gut. Die meisten der Kaiser nach den Juliern und Claudiern stammten nicht mehr aus dem römischen Adel, sondern waren zuvor Generäle aus den römischen Provinzen und damit aus unterworfenen fremden Völkern. Das änderte sich erst in der Spätzeit des Reiches, als im fünften Jahrhundert nach Christus germanische Völker unkontrolliert und in Massen in das römische Reich eindrangen und die alteingesessenen Römer verdrängten. Das römische Reich zerfiel.

Meden agan (von nichts zu viel) war über dem Eingang des Tempels von Delphi zu lesen. Das gilt ganz offensichtlich auch für die Zuwanderung. In Maßen und mit dem Ziel, in der Kultur der aufnehmenden Gesellschaft aufzugehen, nicht ohne dabei Spuren zu hinterlassen, wird daraus eine Erfolgsgeschichte. Das galt für das römische Weltreich wie auch für unser Land. Auch wir haben über die Jahrhunderte immer wieder Zuwanderer aus anderen Ländern aufgenommen, allerdings im wesentlichen nur aus Europa, aus ferneren Ländern nur in homöopathischen Dosen. Die Völker des amerikanischen Kontinents, Lateinamerika eingeschlossen, sind durch Zuwanderung entstanden, allerdings einhergehend mit mehr oder weniger brutaler Verdrängung der vorgefundenen Völker und Kulturen. Aus alledem kann nur der Schluß gezogen werden, daß eine kontrollierte und absichtsvoll gesteuerte Zuwanderung in einem Maß, das die Integration fördert, so daß ab der zweiten Generation schon nicht mehr von Zuwanderern gesprochen werden kann, sondern ungeachtet der Geschichte ihrer Vorfahren von Einheimischen gesprochen werden muss, stabilisierend wirkt. Wer sich in seinem beruflichen und privaten Umfeld umschaut, der wird nicht selten Landsleute sehen, deren Vorfahren zur Zeit Karls des Großen, Martin Luthers oder Otto von Bismarcks noch nicht in unserem Lande gelebt haben, jedoch nicht weniger deutsch sind, als ihre Nachbarn, deren Vorfahren in der Schlacht auf dem Lechfeld 955 unter Führung Ottos I. die Ungarn besiegt haben.

In diesen Tagen müssen wir allerdings auch feststellen, daß es im politisch-publizistischen Bereich Leute gibt, die uns Deutsche alleine über die Abstammung definieren, was man allgemein völkisch nennt, aber auch leicht als rassistisch eingeordnet werden kann. Wer allen Ernstes behauptet, daß jemand aus, sagen wir einmal, Syrien auf keinen Fall Deutscher werden könne, weil das eben biologisch nicht möglich sei, der stellt sich außerhalb unserer Verfassung. Denn eine solche Position ist weder mit dem unbedingten grundgesetzlichen Schutz der Menschenwürde noch mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung vereinbar. Deutscher ist eben wer deutscher Staatsangehöriger ist. Weil die Einbürgerung möglich ist, sind geborene und eingebürgerte Deutsche natürlich rechtlich gleich. Er befindet sich damit aber auch außerhalb des wissenschaftlichen Konsenses und schließt sich damit auch selbst aus dem Diskurs der ernst zunehmenden Gesprächspartner aus. Wer zielführend an der Debatte teilnehmen will, der muß sowohl eine Begrenzung der Zuwanderung auf ein die Integration überhaupt erst ermöglichendes Maß fordern, als auch diese Integration dadurch ermöglichen, daß er die Vermittlung unserer Kultur einschließlich Geschichte, Kunst und Rechtsordnung forciert. Das heißt, daß man uns erst einmal die Chance geben muß, die bereits eingewanderten Menschen, soweit sie bleiben dürfen (und das werden wohl die meisten), wirklich zu integrieren. Das schließt es aus, noch mehr herein zu lassen, und das schließt es aus, Ghettos nach dem Vorbild der unseligen französischen Banlieus zuzulassen. Nur dann wird die sprichwörtliche Kirche im Dorf bleiben, auch wenn beim Pfarrer drinnen nicht nur der Talar schwarz ist.

Noch eine gut bezahlte Null

Volker Beck ist mit Drogen erwischt worden. Jetzt versteht man vieles besser. Der Herr hat dann erklärt, seine Ämter umgehend niederzulegen. Die Ehrenämter hat er auch tatsächlich an den Nagel gehängt. Die Ehre, na ja. Aber das gut bezahlte Parlamentsmandat behält er natürlich. Wer viel Zeit hat, braucht auch viel Geld. Vor allem als Junkie. Als Trost bleibt uns, deren Steuergelder in seine Taschen fließen, nur die begründete Hoffnung, daß wir diesen widerlichen Kerl nicht mehr so oft auf der Mattscheibe sehen müssen. Nur noch hinten.

Ja, wo samma denn?

Bayern gilt in Deutschland in vielerlei Hinsicht als ganz besonderes Land. Unter anderen wird dort bekanntlich nicht selten eine deutliche, auch schon einmal derbe Sprache gepflegt. Je nach Betroffenheit und Standpunkt wird das dann begrüßt oder bekrittelt. Gleichgültig ist es den Leuten in der Regel nicht. Für Unterhaltung ist gesorgt. Diesen spezifischen Charakter der Menschen in seinem Sendegebiet abzubilden, ist natürlich auch eine der Aufgaben des Bayerischen Rundfunks. Eine gute Gelegenheit, diesen Auftrag zu entsprechen, hat er am 1. März dieses Jahres verpaßt.

In der wöchentlichen Münchener Runde moderierte Sigmund Gottlieb die Diskussion von vier Gesprächspartnern zum Thema Flüchtlingskrise: Schafft Merkel noch die Wende? Was denn sonst in diesen Tagen! Eingeladen waren der Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, der frühere griechische Außenminister Dimitris Droutsas, die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth und der Publizist Henryk M. Broder. Gerade das Aufeinandertreffen der, zurückhaltend formuliert, emotionsgesteuerten Claudia Roth und des scharfzüngigen Henryk M. Broder hätte ein unterhaltsames Wortgefecht garantiert. Indessen wurde Broder kurzfristig wieder ausgeladen. Seine Rückfrage bei der zuständigen Redakteurin des Bayerischen Rundfunks ergab, daß Claudia Roth sich geweigert hatte, an der Sendung teilzunehmen, wenn Broder mit am Tisch sitzen werde. Der Bayerische Rundfunk entschied sich dann dafür, Roth nachzugeben und Broder wieder auszuladen. An seiner Stelle wurde der Politik- und Medienwissenschaftler Norbert Bolz eingeladen, der zwar mit durchaus klugen Beiträgen das leistete, was man von einem seriösen Experten erwarten darf, aber doch etwas blaß blieb.

Der Vorgang ist erstaunlich und alarmierend zugleich. Merkmal einer freien und unabhängigen Presse, wozu sich gerade unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk gerne zählt, ist es unter anderem, Wünschen oder gar Pressionen von Politikern unter keinen Umständen nachzugeben. Die richtige Entscheidung in diesem Sinne wäre es natürlich gewesen, der Politikerin Roth zu bedeuten, daß die Zusammensetzung der Diskussionsrunde nun einmal Sache des veranstaltenden Senders sei. Geladene Gäste hätten natürlich die Möglichkeit, zu kommen oder auch nicht. Wenn die Frau Bundestagsvizepräsidentin sich mit Herrn Broder nicht an einen Tisch setzen wolle, dann sei das ihr gutes Recht, sie müsse dann aber auch nicht kommen. Und wenn die Frau Spitzentörin ihrer Partei dann bockig geblieben wäre, hätte man halt jemand anders eingeladen. So aber wurde der fatale Eindruck erweckt, daß jedenfalls höherrangige amtierende Politiker gewisse Sonderrechte genießen, hinter die das Informationsinteresse der Fernsehzuschauer ebenso zurücktreten muß, wie der Anstand gegenüber einem geladenen Gast, der eben keine Extrawurst gebraten haben will, auf der Strecke bleibt.

Henryk M. Broder ist nun einmal wie gesagt ein außerordentlich scharfzüngiger, aber auch scharfsinniger Teilnehmer am politischen Diskurs in diesem Lande. Nach eigenem Bekunden hätte er bei dieser Gelegenheit Claudia Roth gerne gefragt, was sie sich eigentlich dabei denke, wenn sie bei Demonstrationszügen hinter Parolen hergehe wie: Deutschland verrecke! Oder: Deutschland, du mieses Stück Scheiße! Eine solche Frage ist nicht nur berechtigt, sondern auch notwendig. Wer sich sonst vor Sorge über allgegenwärtige Verletzungen der Menschenwürde nicht einkriegen kann, der muß sich gerade solche Fragen gefallen lassen. Diese Fragen führen dann auch unausweichlich zu Überlegungen, wo und wie Claudia Roth ihre Abneigungen, ihr Mitgefühl und ihre Sympathie zu verteilen pflegt. Nach Sachlage jedenfalls am wenigsten zu Gunsten der inzwischen sogenannten „Urdeutschen“, die in unserem Lande immer noch und gottlob die erdrückende Mehrheit der Bevölkerung stellen. Das inoffizielle Amt der Bundesempörungsbeauftragten übt sie keinesfalls unparteiisch aus. Wenn Broder sie deswegen teils mit harschen Formulierungen an der Grenzlinie zwischen Unhöflichkeit und Flapsigkeit bedenkt, dann ist das vor diesem Hintergrund durchaus nicht unangebracht. Zieht man des weiteren in Betracht, daß die Lösungskompetenz dieses Parlamentspapageis – was sich nicht nur auf den von ihr bevorzugten Modestil bezieht – gegen null geht, dann liege ich wohl mit meiner Charakterisierung als hysterische Doppel-Null aus Babenhausen mit der Lizenz zum Dummschwätzen richtig. Auf ein Fernsehduell Henryk M. Boder gegen Claudia Roth müssen wir jedoch leider immer noch warten.