Geschichte mit einer Prise Pazifismus

Das Bayerische Armeemuseum in Ingolstadt zeigt derzeit in der imposanten Kulisse des Neuen Schlosses eine Ausstellung über den deutschen Bruderkrieg von 1866. Die Ausstellung ist natürlich sehenswert, zum einen weil sie die Erinnerung an eine wesentliche, wenn auch unglücklich verlaufene Phase der deutschen Einigung wachruft, und zum anderen die Fülle der Exponate und erläuternden Texte geeignet ist, dem Besucher für kurze Zeit jene Epoche vor Augen zu führen.

Indessen wird natürlich auch das geschichtspolitische und museumspädagogische Konzept sichtbar, das heutzutage einer solchen Ausstellung wohl zu Grunde liegen muß, damit sie überhaupt dem Volk präsentiert werden darf. Dem Anliegen moderner Pädagogen, die Geschichte von der Höhe der Staatskunst herunter zu holen, Schlachtfelder, Operationen und Waffentechnik in den Hintergrund zu schieben und stattdessen das Erleben des einfachen Volkes und des gemeinen Soldaten in den Vordergrund zu stellen, wird natürlich mit der Schilderung von Erlebnissen einzelner Mannschaftsdienstgrade Rechnung getragen. Der Ausstellungsrundgang beginnt auch mit der Erinnerung an die große Zahl von Gefallenen. Eines der großflächigen Schlachtengemälde aus jener Zeit, das den preußischen König und späteren Kaiser in der Schlacht von Königgrätz inmitten seiner Generäle, aber auch einfachen Soldaten zeigt, kann denn auch nicht einfach unkommentiert dargeboten werden. Weil es nun ganz unverholen den heroischen Geist jener Zeit widerspiegelt, wird gewissermaßen als Gegengift eine Karikatur von Daumier hineinkopiert, die als der Traum des Erfinders jener Waffe betitelt ist, die in diesem Kriege tatsächlich maßgeblich das Geschehen auf den Schlachtfeldern bestimmt hat, und natürlich große Verluste verursacht hat: des Zündnadelgewehrs.

Transportiert wird damit vor allem die pazifistische Sicht der Dinge. Suggeriert wird, daß es den Erfindern und Konstrukteuren neuer oder auch nur verbesserter Waffen allein darum gehe, daß im nächsten Krieg möglichst viele Menschen getötet werden. Pazifisten glauben ja ohnehin, daß Menschen, die politische Krisen nur mit einem Krieg lösen können, oder dies jedenfalls glauben, von einem menschenfeindlichen Denken beseelt sind. Und auch diejenigen, die dann Operationen planen und Truppen in Gefechte führen, wollen nur Tod und Vernichtung. Dieser Pazifismus übersieht natürlich geflissentlich, daß die Menschen zu aller Zeit den Krieg immer nur als Mittel zum Zweck gesehen haben, ob dieser Zweck dann jeweils ehrenhaft war oder nicht, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Es liegt ja auch auf der Hand, daß Staatsmänner stets ihrem Volk die Früchte eines gewonnenen Krieges reichen wollten, unabhängig davon, ob es in der konkreten Situation klug oder gar sinnvoll war, zum Mittel des Krieges zu greifen. Für die Heerführer gilt nichts anderes. Gerade deswegen sehen gerade Soldaten unserer Tage militärische Entscheidungen wie die für den Abnutzungskrieg in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges als unvertretbar, ja gerade als Pervertierung der Kriegskunst an.

Hämische Kommentare zum historischen Geschehen, wie sie die erwähnte Karikatur Daumiers transportiert, mögen zwar unverbesserliche Pazifisten in ihrer Meinung bestärken. Das Wesen des Krieges wird damit nicht getroffen. Das Problem des Krieges ist vielmehr außerordentlich komplex. Die Motive der führenden und handelnden Personen changieren zwischen edelmütig und verwerflich, ihre Gemütslage zwischen Stolz und Trauer, ihr Handeln zwischen kühl kalkulierend und aufbrausend dumm. Schade, daß eine an sich nicht schlechte Ausstellung sich von politisch korrekter Volkspädagogik nicht frei machen kann.

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