Quod licet Iovi, non licet bovi

Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt. Dieses altrömische Sprichwort trifft auf die Diskussion über den Populismus, den Rechtspopulismus natürlich, zu. Es lohnt sich daher, einmal die programmatischen Aussagen von Parteien zu aktuellen Themen miteinander zu vergleichen. Hier natürlich insbesondere in den Fragen der Ausländer- und Flüchtlingspolitik. Die CDU ist insoweit die maßgebende Partei in Deutschland, als sie die größte Fraktion im Deutschen Bundestag stellt und die Regierungskoalition mit ihrer Kanzlerin anführt. Ihre programmatischen Aussagen sind damit über den Verdacht des Populismus weit erhaben. Die AfD gilt in Deutschland als die Inkarnation des Rechtspopulismus. Somit ist es wohl erhellend, die offiziellen Positionen dieser beiden Parteien einander gegenüber zu stellen. Die nachfolgenden Zitate und Zusammenfassungen sind aus den Beschlüssen des gerade zu Ende gehenden Bundesparteitages der CDU in Essen einerseits und dem Parteiprogramm der AfD andererseits entnommen.

Besonders heftig umstritten in der politischen Diskussion ist nach wie vor der Begriff der deutschen Leitkultur. Dazu heißt es im Programm der AfD:

„Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur deutschen Leitkultur, die sich im wesentlichen aus drei Quellen speist: erstens der religiösen Überlieferung des Christentums, zweitens der wissenschaftlich-humanistischen Tradition, deren antike Wurzeln in Renaissance und Aufklärung erneuert wurden, und drittens dem römischen Recht, auf dem unser Rechtsstaat fußt. Gemeinsam liegen diese Traditionen nicht nur unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu Grunde, sondern prägen auch den alltäglichen Umgang der Menschen miteinander, das Verhältnis der Geschlechter und das Verhalten der Eltern gegenüber ihren Kindern. Die Ideologie des Multikulturalismus, die importierte kulturelle Strömungen auf geschichtsblinde Weise der einheimischen Kultur gleichstellt und deren Werte damit zutiefst relativiert, betrachtet die AfD als ernste Bedrohung für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der Nation als kulturelle Einheit. Ihr gegenüber müssen der Staat und die Zivilgesellschaft die deutsche kulturelle Identität als Leitkultur selbstbewußt verteidigen.“

Im soeben beschlossenen Wahlprogramm der CDU heißt es zu diesem Thema unter anderem:

„Je vielfältiger und pluraler eine Gesellschaft ist, desto mehr bedarf sie eines einigenden Bandes – unsere Leitkultur in Deutschland –, das diejenigen miteinander verbindet, die in ein- und demselben Land leben und eine Schicksalsgemeinschaft sind.… Gelingende Integration und Parallelgesellschaften schließen sich aus. Wir wollen deshalb Parallelgesellschaften verhindern. Wer sich der Integration verweigert unsere Rechts- und Werteordnung missachtet, muß mit Sanktionen bis hin zu Leistungskürzungen und Ausweisungen rechnen.“

Heftige Diskussionen löst immer wieder das Thema Vollverschleierung (Burka, Niqab) aus. Dazu heißt es im Programm der AfD:

„Die AfD fordert ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit und im öffentlichen Dienst. Burka oder Niqab errichten eine Barriere zwischen der Trägerin und ihrer Umwelt und erschweren damit die kulturelle Integration und das Zusammenleben in der Gesellschaft.“

Genau dies hat der Bundesparteitag der CDU heute auch beschlossen.

Nahezu hilflos stehen die europäischen Staaten dem Schlepperunwesen gegenüber. Die Bilder von überladenen, seeuntüchtigen Booten, die von Kriegsschiffen der EU (!) aufgebracht werden, um die Menschen darin aus Seenot zu retten, sind alltäglich. Natürlich entsteht der Eindruck, daß Migranten aus Afrika nur derartige Seelenverkäufer besteigen müssen, um sicher zu gehen, daß sie von den Schiffen der Europäer aufgenommen und auf das sichere europäische Festland gebracht werden. Damit ist ein zumindest langjähriger, wenn nicht dauernder Aufenthalt in einem europäischen Land, vorzugsweise Deutschland, garantiert. Bekanntlich verfahren andere Länder, etwa Australien, anders. Vor der Küste Australiens ertrinkt kein Flüchtling mehr, weil es sich in Südostasien herumgesprochen hat, daß es sinnlos ist, auf dem Seeweg Australien erreichen zu wollen, weil man grundsätzlich aufgegriffen und auf eine der nördlich gelegenen Inseln verbracht wird. Wer das fordert, wird in Deutschland mindestens als herzlos, auf jeden Fall aber als Ausländerfeind, wenn nicht gar Rassist beschimpft. Schauen wir in die Parteiprogramme:

„In der Herkunftsregion von Flüchtlingsbewegungen, wie zum Beispiel Nordafrika, werden Schutz- und Asylzentren in sicheren Staaten eingerichtet. Vorrangiges Ziel ist, solche Aufnahmeeinrichtungen unter UN- oder EU-Mandat zu betreiben. Anträge auf Schutz sollen danach nur noch dort gestellt und entschieden werden. Antragsteller in Deutschland und Europa sind ausnahmslos zur Rückkehr in diese Zentren zu verpflichten.“

Soweit die einschlägige Passage aus dem Programm der AfD. Nun der einschlägige Text aus dem Programm der CDU:

„Unser Ziel besteht darin, die illegale Migration aus afrikanischen Ländern, die vielfach nicht durch Verfolgung und Bürgerkrieg, sondern durch wirtschaftliche und soziale Not bedingt ist, erfolgreich zu bekämpfen und damit zu verhindern, daß zehntausende weiterhin ihr Leben in Gefahr bringen. Zu diesem Zweck wollen wir weitere Abkommen nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens auch mit afrikanischen Staaten abschließen. Dafür brauchen wir in Zusammenarbeit mit den internationalen Flüchtlings- und Migrationsorganisationen (IOM, UNHCR) Fluchtalternativen und auf Fangmöglichkeiten „vor Ort“. Dies kann bedeuten, Menschen, die aus den Booten der Schlepper vor dem Ertrinken gerettet werden, zurück an die nordafrikanische Küste zu bringen und sie dort in Absprache mit den betreffenden Ländern, zum Beispiel in regionalen Aufnahmezentren, zu versorgen.“

Ein ständiges Ärgernis ist auch darin zu sehen, daß es kaum Rückführungen oder gar freiwillige Rückreisen rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber oder angeblicher Bürgerkriegsflüchtlinge gibt. Dazu erklärt die CDU in ihrem Programm nun:

„Zu oft scheitert der Vollzug der Ausreisepflicht an Abschiebungshindernissen. Wir wollen, wo notwendig, ergänzende Rechtsgrundlagen schaffen. Konsequente Abschiebungen führen auch zu mehr freiwilligen Ausreisen. Dazu wollen wir folgende Grundsätze möglichst rasch umsetzen:

Der Haftgrund für Abschiebehaft muß erweitert werden, wenn von dem Ausreisepflichtigen eine Gefahr ausgeht.

Die Möglichkeit für den Ausreisegewahrsam muß auf vier Wochen verlängert werden.

Mit vollzogener Abschiebung erfolgt eine Wiedereinreisesperre. In diesen Fällen muß an der Grenze zurückgewiesen bzw. sofort erneut abgeschoben werden können.

Wer falsche Angaben macht oder die Mitwirkung etwa bei der Identitätsfeststellung verweigert, muß den Status eines Geduldeten und die Erlaubnis zur Beschäftigung verlieren, Leistungen werden gekürzt; statt der Duldung gibt es nur noch eine Bescheinigung über die Ausreisepflicht. Das Asylverfahren ist beendet.

Wer in dem Land, aus dem er vor Krieg oder Verfolgung geflohen ist, Urlaub macht, verliert seinen Asylstatus und der Reisepaß wird entzogen.“

Inhaltlich gleich, sprachlich ähnlich formuliert die AfD:

„Der wichtigste (Fehl-) Anreiz, über das Asylrecht in das deutsche Sozialsystem einzuwandern, ist bereits seit Jahrzehnten die fehlende Durchsetzung der Ausreisepflicht gegenüber Ausländern, die unter keinem Gesichtspunkt bleibeberechtigt sind… Die AfD will diese Mißachtung des Rechtsstaats beenden. Sie fordert, das Abschieberecht zu ertüchtigen, zu vereinfachen und es konsequent anzuwenden; wo dies nicht geschieht, hat die Rechts- und Fachaufsicht des Bundes sofort einzugreifen.… Alle rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber sind unverzüglich außer Landes zu bringen, sofern sie nicht entsprechende Ausreiseaufforderungen freiwillig befolgen.… Vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern dürfen nicht gleichzeitig Anreize zum Bleiben gegeben werden. Unter anderem ist ihre Sozialhilfe dauerhaft auf ein rechtlich zulässiges Minimum in Sachleistungen zurückzuführen.“

Das große Thema im Ausländerrecht ist die Integration. Dazu aus dem Parteiprogramm der AfD:

„Die multikulturelle Gesellschaft ist gescheitert. Um mit Einwanderern in der Zukunft friedlich zusammen leben zu können, ist deren Integration unerlässlich. Nur so läßt sich auch das weitere Vordringen von Gegen- und Parallelgesellschaften in unserem Land verhindern.“

Bei der CDU heißt das so:

„Gelingende Integration und Parallelgesellschaften schließen sich aus. Wir wollen deshalb Parallelgesellschaften verhindern. Wer sich der Integration verweigert und unsere Rechts- und Werteordnung missachtet, muß mit Sanktionen bis hin zu Leistungskürzungen und Ausweisung rechnen.“

Höchst umstritten in Deutschland ist der sogenannte Doppelpaß, also die automatische Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern, auch wenn diese nach dem Recht des Heimatstaates ihrer Eltern deren Staatsangehörigkeit von Geburt an haben. Dazu erklärt die AfD in ihrem Programm:

„Die AfD lehnt den „Doppelpaß“, also den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bei gleichzeitigem Fortbestand oder Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit, grundsätzlich ab, was wohlbegründete Sonderfälle aber nicht ausschließt.“

Eben dies hat die CDU auf ihrem Essener Parteitag auch beschlossen.

Ich habe das einfach einmal nebeneinander gestellt. Kommentieren muß ich das nicht. Diese Internetseite hat den Untertitel „sapere aude!“. Deswegen ist auch hier jeder Leser und jede Leserin zum Selberdenken aufgefordert.

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