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Korrektur zu Correktiv

Die Aufregung ist groß. Wie ein Paukenschlag wirkte die Meldung der öffentlich-rechtlichen Medien, aber auch nachfolgend der Tagespresse, von einem Geheimtreffen rechtsextremer Strippenzieher in einem Hotel nahe Berlin. Eine dubiose Gruppe finanzstarker Unterstützer der rechtsextremen Szene und natürlich auch der AfD, habe eine Art Konferenz zum Thema „Migration“ veranstaltet, das zum einen der Einwerbung von Spenden und zum anderen der Erarbeitung von Strategien dienen sollte, auf welche Weise man effektiv den Bevölkerungsanteil von Migranten in Deutschland nachhaltig senken könne. Dafür stehe der Begriff der „Remigration“. Dahinter stecke der rassistische Denkansatz, daß Menschen aus Afrika und dem Orient einfach nicht zu Deutschland gehörten, vielmehr der steigende Anteil dieser Menschen an der Bevölkerung unseres Landes letztendlich zum Verschwinden der Deutschen führen müsse. Deswegen könne man sich nicht darauf beschränken, lediglich ausreiseflüchtige Asylbewerber konsequent abzuschieben, sondern müsse auch möglichst viele legal hier lebende Flüchtlinge und Asylanten auch mitunter robusten Maßnahmen zur Ausreise bewegen, und zwar unabhängig davon, ob sie nun deutsche Staatsbürger sind oder nicht. „Deutschland den Deutschen“, so klingt es durch. Als Hauptreferenten zu diesem Thema habe man den Kopf der sogenannten Identitären Bewegung, den Österreicher Martin Sellner, eingeladen. Indessen seien aber auch hochrangige Vertreter der AfD gekommen, aber auch andere Personen aus dem als rechtsextrem beschriebenen Spektrum, darunter zwei Mitglieder der Werte Union und der Verfassungsrechtler Rechtsanwalt Dr. jur.habil. Ulrich Vosgerau.

Die Verschwörung der AfD zu Potsdam

Der Bericht auf der Internetseite des selbsternannten Recherche Netzwerks Correktiv und die darauf aufbauende Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien und der Tagespresse muten an wie ein Kolportageroman mit den Elementen einer reißerischen Kriminalstory. Andeutungen, Vermutungen und Unterstellungen werden geschickt mit bekannten Fakten vermengt und daraus ein journalistisches Bubenstück generiert und auf die Bühne gebracht. Die Verfasser konnten natürlich sicher sein, daß die dem „K(r)ampf gegen rechts“ verpflichteten Medien ebenso begierig zugreifen würden, wie die Politiker von CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne/Linke, und auch ihr gehorsamer Diener und Chef des Bundesoberverdachtsschöpfungsamtes namens Haltungszwang oder wie der auch immer heißt. In dieser Erwartung wurden sie nicht enttäuscht. Sie hatten einen Scoop gelandet, wie das im Mediensprech so heißt und träumen vermutlich bereits vom Pulitzerpreis, denn ihre Leistung als investigative Journalisten steht doch wohl auf der gleichen Stufe wie die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch die Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein von der Washington Post im Jahre 1972. Claas Relotius dürfte vor Neid erblassen. Vielleicht ist er aber bereits inoffizieller Mitarbeiter von Correktiv.

Wer ist eigentlich Correctiv?

Wer die Welt mit sensationellen Enthüllungen beglückt, muß sich gefallen lassen, daß man erst einmal überprüft, wer da auf dem Marktplatz der Medien so laut schreit. Das Unternehmen Correktiv wurde im Juni 2014 gegründet und stellt sich in seiner Eigenwerbung als gemeinwohlorientiertes Medienhaus dar, das die Demokratie stärkt. Tatsächlich handelt es sich um eine der vielen sogenannten NGOs, die von Stiftungsgeldern und staatlichen Zuwendungen am Leben gehalten werden und zwei Funktionen erfüllen. Zum einen treiben sie die linke Agenda voran, indem sie einschlägige Themen journalistisch und propagandistisch bearbeiten, zum anderen ermöglichen sie die Alimentierung ihrer durchweg linksradikalen Angestellten und Mitarbeiter durch die ihr gewogene und von ihnen unterstützte politische Kaste, die kraft ihrer Staatsämter Zugriff auf Steuergelder hat. Zu den Geldgebern gehören neben verschiedenen Einrichtungen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen diverse Stiftungen, darunter die Rudolf Augstein Stiftung, die Brost Stiftung, deren Vorstand von dem seinerzeitigen Vertrauten des damaligen SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzlers Bodo Hombach präsidiert wird, und, wenig überraschend, die Open Society Foundation des Milliardärs George Soros, deren Tätigkeitsschwerpunkt unter anderem die Förderung der Migration ist.

Was heißt Remigration und was ist das überhaupt?

Wörtlich übersetzt heißt Remigration Rückwanderung, also das Gegenteil von Einwanderung. Damit ist zunächst einmal nichts darüber gesagt, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen das stattfindet. Wer einmal eingewandert ist, und nach geraumer Zeit aus welchen Gründen auch immer in seine Heimat zurückkehrt – zurückwandert –, auf dessen Verhalten trifft der Begriff ebenso zu wie auf eine staatlich organisierte Rückführung von Ein- oder Zuwanderern. Der Begriff selbst ist also erst einmal neutral. Es gibt im rechtsextremen Spektrum, das streng vom politisch rechten Lager insgesamt zu unterscheiden ist, durchaus Überlegungen dahingehend, durch eine staatlich erzwungene Rückwanderung zu einer ethnisch/rassisch homogenen Bevölkerung zurückzukehren, so es diese überhaupt je gegeben haben sollte. Der sogenannten Identitären Bewegung wird genau das unterstellt, und nicht wenige ihrer Verlautbarungen gehen in diese Richtung. Indessen kann man unter diesen Begriff durchaus auch die Rückführung von solchen Menschen subsumieren, die sich illegal hier aufhalten, etwa, weil ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden und ihre Ausreise ebenso rechtsbeständig verfügt worden ist.

Die Rechtslage

Jedenfalls juristisch kann kein Streit darüber bestehen, daß von Behörden und Gerichten rechtskräftig zur Ausreise bestimmte und verurteilte Personen auch gegen ihren Willen außer Landes geschafft werden können. Das geschieht ja auch laufend, wenn auch leider in viel zu geringem Umfang. In viel zu geringem Umfang deswegen, weil ich es für eine nicht hinnehmbare Schwächung des Rechtsstaates halte, wenn Recht und Ordnung nicht durchgesetzt werden. und auch deswegen, weil diese Menschen uns Steuerzahler unglaublich viel Geld kosten. Gerade eben hat der Wirtschaftssachverständige Professor Raffelhüschen die Kosten der Migration für unser Land auf 5,8 Billionen € (!) beziffert. Auch politisch ist dieses Thema virulent. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen ist auch der Auffassung, daß insoweit das Gesetz in weitaus größerem Maße durchgesetzt werden müsste, als dies derzeit geschieht. Soweit gefordert wird, auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund müssten das Land verlassen, weil sie sich nicht einfügen bzw. weil sie jedenfalls aus der Sicht von rechtsextremen Zeitgenossen ethnisch und rassisch nicht hierher gehören, verstößt eine solche Forderung eindeutig gegen Art. 16 Abs. 1, Art. 3 GG und letztendlich gegen die Menschenwürdegarantie gemäß Art. 1 GG. Diese Verfassungsgrundsätze können bekanntlich nicht einmal mit verfassungsändernder parlamentarischer Mehrheit abgeschafft oder in ihrem Wesenskern beeinträchtigt werden. Alle Forderungen dieser Art sind deswegen niemals erfüllbar. Wer sie gleichwohl propagiert, muß sich fragen lassen, was er denn geraucht hat. Und deswegen sind solche Forderungen auch nicht ernsthaft als gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung geichtet einzustufen. Von solch abseitigen Spinnern kann keine wirkliche Gefahr für die Verfassungsordnung ausgehen. Allerdings ermöglicht gerade Art. 16 des Grundgesetzes für den Sonderfall, daß der Betroffene durch den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft nicht staatenlos wird, ihren Entzug. Also könnte durchaus ein Mensch mit deutscher und afghanischer Staatsangehörigkeit zunächst die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren und dann auch ausgewiesen werden, weil er etwa schwere Straftaten begangen hat. In dieser Richtung gibt es durchaus auch aktuell politische Initiativen, etwa aus den Reihen der CDU. Wir halten also fest, daß Remigration im Wortsinne in gewissen Fällen durchaus eine Option darstellt, natürlich im aufgezeigten Rahmen des Grundgesetzes. Also kann man seriös nur solche Akteure verurteilen, die unter Remigration verstehen, daß alle Nichtdeutschen das Land verlassen müssen, ob sie nun deutsche Staatsbürger sind oder nicht.

Was streben die Verschwörer an?

Correktiv weiß natürlich, daß es hier um eine Verschwörung finsterer rechter Gesellen geht, die den deutschen Volkskörper von fremdem Blut reinigen wollen, weswegen in ihrem Reportageknüller auch der Hinweis nicht fehlen darf, daß der Tagungsort nicht weit vom Schauplatz der berüchtigten Wannseekonferenz im Jahre 1942 entfernt liegt. Damit hat man dann ganz im Sinne des inoffiziellen Auftraggebers den parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus in den Augen der Öffentlichkeit erfolgreich gehitlert. Denn gefühlt beendet nahezu jeder Redner der sogenannten Altparteien seinen Debattenbeitrag mit der klassischen Wendung: ceterum censeo alternativam pro Germania esse delendam. Indessen hört man aus den Kreisen der Teilnehmer dieser Veranstaltung, nicht einmal Herr Sellner habe definitiv gefordert, unterschiedslos Migranten mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit außer Landes zu schaffen. Er selbst stellt das ebenfalls in Abrede. Die AfD ließ durch ihre Vorsitzende erklären, derartige Vorstellungen habe ihre Partei nicht. Im Gegenteil. In ihrem Programm sei ja nachzulesen, daß alle deutschen Staatsbürger gleich zu behandeln seien. Indessen behauptet Correktiv in verschwörungstheoretischer Argumentation, die AfD verstecke hinter diesen Programmsätzen ihre wahren Absichten. Der Wolf hat eben Kreide gefressen.Es ist auch zweifelhaft, ob der von Correktiv in das Tagungshotel eingeschleuste Journalist tatsächlich Protokoll geführt und die Wortbeiträge der Teilnehmer wenigstens in ihrem Kern aufgezeichnet hat.

Der Sidekick

Unter den Teilnehmern der Veranstaltung war auch, wie erwähnt, der Rechtsanwalt und Verfassungsrechtslehrer Dr. Ulrich Vosgerau. Der Mann ist in der linken Politikerblase außerordentlich unbeliebt, zum einen, weil er ein klassisch konservativer Jurist ist, und zum anderen, weil er derzeit die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung vor dem Bundesverfassungsgericht anwaltlich vertritt. Es geht dort ja bekanntlich darum, daß die Mehrheit des Deutschen Bundestages zum wiederholten Male dieser Stiftung die Fördergelder verweigert hat, die ihr nicht nur nach meiner Rechtsauffassung zweifellos zustehen. Hier geht also buchstäblich Macht vor Recht. Damit ist Herr Kollege Vosgerau in den Augen der politisch korrekten Gesellschaft eben weniger ein Rechtsanwalt, als ein rechter Anwalt. Konsequent wirft Korrektiv ihm vor, in seinem Tagungsbeitrag verfassungsfeindliche Positionen vertreten zu haben. Sein Thema war das Wahlrecht in verfassungsrechtlicher Hinsicht. Vosgerau hat bei dieser Gelegenheit die Briefwahl problematisiert. Damit stellt er sich nicht gegen die Verfassung, sondern liegt auf einer Linie mit dem Bundesverfassungsgericht, das unter Hinweis auf Art. 38 GG die Frage aufwirft, ob mit zunehmender Quote von Briefwählern nicht der Grundsatz der geheimen Wahl verletzt wird, wie er durch die klassische Urnenwahl gewährleistet ist. Im übrigen sei er von einem seiner Mandanten auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht worden, und es stehe ihm doch frei, mit jedem zu sprechen. Nun, das scheint in Deutschland nicht so zu sein. Wer mit dem Gottseibeiuns spricht, riecht künftig nach Schwefel.

Das Strafgesetzbuch gilt auch für investigative Journalisten

Correktiv berichtet nicht ohne Stolz über seine Ermittlungen, wobei der Begriff der Ermittlungen hier diese Tätigkeit durchaus in die Nähe der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit führen soll. Als quasi-staatlicher Akteur bekämpft man hier die politische Kriminalität, wo die Staatsanwaltschaften leider noch versagen. Den Damen und Herren privaten Kriminalbeamten sei indessen gesagt, daß das Strafgesetzbuch auch für sie gilt. Soweit, was allerdings auf der Hand liegt, Richtmikrofone zum Einsatz gekommen sind, liegt hier eine Straftat nach § 201 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB vor. Auch der Straftatbestand des § 201a StGB, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, dürfte hier erfüllt worden seien. Zu prüfen wird auch sein, ob § 206 StGB, Verletzung des Post-oder Fernmeldegeheimnisses erfüllt ist, denn es ist ja die Rede von „zugespielten Schreiben“.

Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!

Unsere tägliche Lüge gebe uns

könnten wir blasphemisch formulieren, wenn wir die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen einschalten und zum Frühstück die Tageszeitung aufschlagen. Meistens ist ein gewisser Rechercheaufwand notwendig, um festzustellen, daß man gerade wieder einmal belogen worden ist. Inzwischen scheint es unseren Politikern und ihren journalistischen Steigbügelhaltern jedoch gleichgültig zu sein, ob man ihnen nur mit Mühe auf die Schliche kommen kann, oder ob sie beim nächsten Mausklick am PC bereits ertappt werden.

Der jüngste Fall:

Am 4. Januar bestieg Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Fähre, um von seinem Urlaubsdomizil auf der Hallig Hooge aufs Festland zum Anleger in Schlüttsiel zu fahren. Das war den derzeit protestierenden Bauern bekannt geworden. Etwa 100 von ihnen fuhren mit ihren Treckern und Landmaschinen zum Anleger, um den Minister dort in Empfang zu nehmen und mit ihm zu sprechen. Der Vorgang ist glücklicherweise vollständig per Video dokumentiert worden. Es war auch Polizei anwesend, rund 30 Beamte. Die Polizei stellte sich vor den Anleger und es kam zu Gesprächen zwischen den Demonstranten und der Polizei. Dem Ansinnen, mit dem Minister auf der Fähre sprechen zu wollen, war der Einsatzleiter offenbar durchaus zugeneigt, erklärte jedoch den Demonstranten, daß aus Sicherheitsgründen vielleicht zwei oder drei Personen auf die Fähre kommen dürften, um mit dem Minister zu sprechen. Das war den Bauern offenbar nicht genug, sondern sie wollten halt alle den Minister sehen, weswegen die Sache dann scheiterte. Vor allem erbrachte die Anfrage des polizeilichen Einsatzleiters bei der Fährenbesatzung, daß auch von Seiten des Ministers keine Bereitschaft bestand, hier und heute mit des Demonstranten zu sprechen. Die Fähre legte dann wieder ab, wobei in der Tat dann einige Bauern auf den Anleger drängten, und von den Polizeibeamten aufgehalten wurden. Gewalttätig wurde offensichtlich niemand. Vielmehr hat man bei betrachten des Videos den Eindruck, daß sowohl die Demonstranten als auch die Polizei keinerlei Aggressivität zeigten, sondern freundlich miteinander umgingen.

Die Version der Medien

In den Nachrichten und den Tageszeitungen wurde das allerdings ganz anders dargestellt. Es war von Nötigung und Landfriedensbruch die Rede, unisono erklärten Politik und Medien, hier sei die Grenze zur Strafbarkeit überschritten worden, und die Diskussionskultur in Deutschland zeichne sich inzwischen durch Gewalttätigkeit aus. Natürlich muß nach Sachlage angesichts der Berichte die Staatsanwaltschaft erst einmal ein Ermittlungsverfahren einleiten, wenn behauptet wird, daß Straftaten begangen worden seien. Angesichts des im Internet von jedermann einzusehenden Videos dürften die Ermittlungen jedoch bald eingestellt werden.

Bemerkenswert ist natürlich, daß hier die Medien offenbar den Wünschen der Politik entsprechen, Demonstrationen gegen ihre Entscheidungen als gewalttätig, ungesetzlich und demokratieschädlich darzustellen. In keinem Medienbeitrag oder Presseartikel war zu lesen, daß das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG auch spontane Versammlungen ohne vorherige Anmeldung ermöglicht. Natürlich müssen alle Demonstrationen friedlich und gewaltfrei verlaufen. Das aber war hier offensichtlich der Fall. Nur freie Medien im Internet wie der Kanal des ehemaligen Bildchefs Julian Reichelt geben dem interessierten Bürger die Chance, sich selbst ein Bild von dem Vorgang zu machen. Wer indessen alleine auf die öffentlich-rechtlichen Medien und linientreuen Zeitungen angewiesen ist, muß davon ausgehen, daß hier in strafbarer Weise die Bewegungsfreiheit eines Mitgliedes der Bundesregierung eingeschränkt worden ist.

Vigilia pretium libertatis

Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit, diese Erkenntnis Thomas Jeffersons, die zum Wahlspruch der NATO geworden ist, gilt in dieser Zeit auch und gerade innenpolitisch. Leider ist die Berichterstattung rund um den Vorgang vom 4. Januar 2024 im Schleswig-Holsteinischen Schlüttsiel wohl keine Ausnahme. Daß die gewissermaßen amtlichen Medien selektiv berichten, und durchaus schon einmal faustdicke Lügen nicht zur Entschuldigung des betreffenden Presseorgans führen, sondern der Autor auch noch mit Preisen überhäuft wird, wenn es nur in die politisch erwünschten Narrative paßt, wissen wir seit der Affäre Spiegel/Relotius ja nun einmal zu gut. Um so wichtiger ist es, sich selbst ein Bild zu machen. Dem Titel dieses Blogs „sapere aude“ (wage es zu denken) wäre also inzwischen hinzuzufügen: dubitando ad veritatem pervenimus (durch Zweifeln gelangen wir zur Wahrheit).

Nachtrag:

Am 12.01.2024 meldet der NDR, es habe keine Erstürmung der Fähre, auch nicht den Versuch dazu gegeben. Das muß man nicht kommentieren.

Wie Irre zu Staatsfeinden mutieren

Nach der Tagesschau am 7.12.2022 konnten sich die Deutschen den Angstschweiß von der Stirn wischen, den dieser Bericht Ihnen zunächst auf die Stirn getrieben hatte. Unsere tüchtigen Sicherheitsbehörden hatten offensichtlich in letzter Minute einen gewaltsamen Umsturz, getragen von einer Gruppe von gefährlichen Reichsbürgern mit militärischer Eliteausbildung und Zugang zu Waffen verhindert. Rund 5.000 Polizeibeamte, davon ein beträchtlicher Anteil von Spezialkräften in Kampfausrüstung, drangen vor laufender Kamera in die Wohnungen der Verdächtigen ein und nahmen sie fest. Die Verstrickung der AfD in diesen Putschversuch schien wohl offensichtlich, weswegen die Bundesinnenministerin Faeser und andere Politiker auch als erste Konsequenz ankündigten, hier anzusetzen. Vor allem das Dienstrecht der Beamten und Soldaten sei zu ändern, um die Feinde des Rechtsstaates leichter und schneller aus dem Dienst entfernen zu können. Und es sei klar, daß die AfD nun ihr wahres Gesicht zeige. So kann man die diversen Statements der Politiker zusammenfassen. Nach den ersten 25 verhafteten Rädelsführern wurden dann noch weitere Verschwörer verhaftet. Nun hat letzte Woche der Generalbundesanwalt Anklage gegen27 Verschwörer erhoben. Unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB und Hochverrats nach § 83 StGB.

Wir werden also in den nächsten Monaten, voraussichtlich sogar in den nächsten Jahren, immer wieder mit diesen Mammutprozessen um die Bewältigung eines Umsturzversuches finsterer Mächte konfrontiert werden. Grund genug, einmal vorläufig einen Blick auf die Rechtslage zu werfen. Das bedingt natürlich auch, den bislang bekannten Sachverhalt wenigstens kursorisch darzustellen, denn die Arbeit des Juristen beginnt am Sachverhalt. Auf seiner Grundlage erfolgt die rechtliche Prüfung. Verändert sich auch nur ein Detail am Sachverhalt, führt dies regelmäßig auch zu einer veränderten rechtlichen Bewertung. Deswegen ist eben die Sachverhaltsermittlung ebenso wichtig, wie die anschließende juristische Prüfung der Rechtslage.

Der Vorgang muß auch vor dem Hintergrund des politischen Klimas in unserem Lande gesehen werden. Wenn man Politik und Medien glauben darf, gehört zu ihren wichtigsten Aufgaben der Kampf gegen rechts, unter anderem natürlich gegen den angeblichen parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus, die AfD. Und das erst recht, seit dem gut 20 % der Wahlberechtigten in den Umfragen konstant als Wähler dieser Partei geführt werden, was etwa 10 Millionen erwachsene Bundesbürger sind. Man braucht wenig Phantasie sich vorzustellen, daß etwa Frau Faeser angesichts der Berichte des Verfassungsschutzes, daß zu den Verschwörern auch Politiker der AfD, an der Spitze eine Bundestagsabgeordnete gehörten, ihrer Verzückung mit orgiastischen Schreien freien Lauf ließ.

Zu den bis jetzt bekannten Fakten:

Der Plan

Schlicht und einfach die Machtergreifung. Auf jeden Fall wollten die Verschwörer während einer Sitzung des Bundestages in das Reichstagsgebäude eindringen und mit einem Kommando von 16 bewaffneten Kämpfern einzelne Bundesminister und den Kanzler festnehmen. Die Macht im Staate sollte gleichzeitig mit Hilfe von bis zu 286 Heimatschutzkompanien gesichert werden. Nach einigen Angaben auch mithilfe von Außerirdischen, die Bestandteil einer Allianz von irdischen und außerirdischen Mächten sein sollte. Zu diesen irdischen sollte wohl auch Russland gehören. Überhaupt sollte das ganze erst umgesetzt werden, nachdem diese Allianz sich anschicken würde, Deutschland zu unterwerfen. Was etwas genauer geplant zu sein schien, war die Zusammensetzung der neuen deutschen Regierung mit dem Anführer, oder sollen wir sagen Führer, der Gruppe, Heinrich XIII. Prinz Reuß an der Spitze.

Die Rentnerbande

Die Verschwörergruppe besteht ersichtlich vorwiegend aus, sagen wir einmal, älteren Semestern. Sowohl Prinz Reuß als auch der als Führer des sogenannten militärischen Arms der Gruppe geführte Rüdiger von Pescatore sind über 70 Jahre alt. Aber auch die weiteren verhafteten ehemaligen Soldaten wie Maximilian Eder und Peter Wörner haben ihre Jugendjahre, ja sogar das sogenannte beste Alter schon hinter sich. Was sie allerdings in den Augen der Bürger dieses Landes so gefährlich machen soll, ist eben ihre Vergangenheit als Offiziere. Diese wird dann weit übertrieben als die von Elitesoldaten dargestellt. Tatsächlich hat der ehemalige Oberstleutnant Rüdiger von Pescatore ebenso wenig wie der ehemalige Oberst Maximilian Eder eine Ausbildung als Elitesoldat des KSK. Beide waren lediglich in der Aufstellungsphase des KSK als Planer im Aufstellungsstab tätig. Doch man kann der heutzutage der im wesentlichen militärfernen Öffentlichkeit sehr leicht die Vorstellung vermitteln, bei ehemaligen Soldaten handele es sich grundsätzlich um gefährliche, weil im Umgang mit Waffen und Kampftechniken geschulte Zeitgenossen. Das ist ungefähr so seriös, als wenn man Franz Beckenbauer heute noch die Fähigkeit zuschreiben würde, seine Gegenspieler auf dem Platz auszuspielen wie seinerzeit in den siebziger Jahren. Nach diesen naiven Vorstellungen bin auch ich selbst wohl ein ganz gefährlicher Zeitgenosse, denn ich bin nicht nur an den diversen Infanteriewaffen ausgebildet worden, sondern habe darüber hinaus den Umgang mit Sprengstoff und Minen erlernt. Difficile est, satiram non scribere!

Von einer militärischen Organisation kann auch nicht einmal in Ansätzen die Rede sein. Sie mag in den Köpfen dieser Leute herumgespukt haben, umgesetzt worden ist davon offenbar nichts. Das gilt vor allem für die geplanten Heimatschutzkompanien. Hat man sich tatsächlich vorgestellt, 286 dieser Kompanien aufzustellen, so wären das bei einer Stärke von nur 100 Soldaten pro Kompanie doch immerhin 28.600 Mann. Gut ausgebildet und zum Zusammenwirken im Kompanierahmen qualifiziert, was nun einmal gut und gerne ein Jahr dauert. Von der notwendigen Führungs- und Logistikstruktur ganz zu schweigen, für die man mehr als die doppelte Zahl braucht, um diese Kampfeinheiten einsetzen zu können. Bis zum 7.12.2022 existierte nicht eine dieser Kompanien. Von der erforderlichen übergeordneten Organisation mit entsprechenden Stäben, geführt von erfahrenen Stabsoffizieren, ganz zu schweigen. Wo sollten die auch herkommen? Rekrutierungsversuche, soweit es sie überhaupt gab, waren offensichtlich ohne jeden Erfolg. Was die Bewaffnung angeht, so sollen ja nun etwa an die 400 Schusswaffen sichergestellt worden sein, und auch einige 1.000 Schuss Munition. Dabei handelte es sich jedoch um Jagdgewehre und Sportwaffen. Von den Stichwaffen und Armbrüsten wollen wir einmal schweigen. Bei den sichergestellten Schusswaffen fanden sich keine Kriegswaffen und es gab nicht ein einziges Sturmgewehr, geschweige denn Handgranaten, Maschinengewehre, Granatmaschinenwaffen oder gar Maschinenkanonen, die doch zur Bewaffnung auch leichter Infanteriekräfte der Bundeswehr und anderer Armeen gehören.

Der „Feind“

Mit welchem Gegner wollte es diese „Truppe“ aufnehmen? Die 16 wackeren Kämpfer, die zur Erstürmung des Reichstages vorgesehen waren, wären dann zunächst einmal auf die Polizei des Bundestages getroffen. Diese besteht aus 187 Beamten, allerdings nur mit polizeitypischer Bewaffnung, im wesentlichen Pistolen, aber im Gegensatz zu den Eindringlingen mit bester Ortskenntnis. Natürlich wären auch tausende von Berliner Polizeibeamten sofort verfügbar gewesen. Doch ist auch die Bundespolizei mit ihren Einsatzkräften, darunter die GSG 9 ebenso wie die Landespolizeien einschließlich ihrer SEKs in Rechnung zu stellen. Vor allem aber wäre im Falle einer von der Polizei nicht mehr beherrschbaren nationalen Notlage die Bundeswehr einzusetzen. Ihre Stärke beträgt aktuell ca. 183.000 Soldaten, die man natürlich nicht alle im und rund um den Reichstag einsetzen kann, nicht nur, weil man sich dann buchstäblich gegenseitig auf den Füßen stünde. Ihre Panzer und Lkws müsssten sie ohnehin in den Kasernen lassen, denn dafür fehlt es schlicht am Platz. Doch schon der Einsatz etwa einer Heeresbrigade wie etwa der hier infrage kommenden Luftlandebrigade 1 mit ca. 4.400 Soldaten und entsprechender Bewaffnung und Ausrüstung wäre noch weit überzogen gewesen, um diese lächerliche Aktion abzubrechen. Schon ein Infanteriebataillon mit ca. 900 Soldaten, ausgerüstet mit Sturmgewehren, Maschinengewehren, Maschinenpistolen, Granatmaschinenpistolen, Maschinenkanonen 20 mm, Kampfmitteln wie Handgranaten usw. hätte genügt, diesem Spuk schnellstens ein Ende zu machen. Ganz zu schweigen von dem für solche Zwecke natürlich ausgebildeten KSK, das innerhalb 1 Stunde mit hunderten von erstklassig ausgebildeten und bewaffneten Elitesoldaten dort hätte eingesetzt werden können.

Die Rechtslage

Die Pläne der Beschuldigten, und seien sie noch so unausgegoren, kann man natürlich unter die Strafvorschriften der Gründung einer terroristischen Vereinigung und des Hochverrats subsumieren. Was sich diese Kandidaten für einen dauerhaften Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie vorgestellt haben, erfüllt objektiv diese Tatbestände. Das ist auch nicht das Problem.

Versuch versus straflose Vorbereitungshandlung

Der Staatsstreich ist ja nun nicht durchgeführt worden. Nicht einmal der Beginn der Ausführung ist festzustellen. Somit kommt der Versuch der Begehung dieser Delikte in Betracht. Geregelt ist der Versuch der Begehung einer Straftat in § 22 StGB. Die Vorschrift lautet: „Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt“. Davon abzugrenzen ist die sogenannte straflose Vorbereitungshandlung, die sich eben dadurch vom Versuch der Tatbegehung unterscheidet, daß der Täter zwar die Tat geplant, und dazu notwendige Vorbereitungshandlungen umgesetzt, jedoch die Tat selbst noch nicht begonnen hat. In der Rechtspraxis ist es häufig schwierig, das eine vom anderen zu unterscheiden. Juristen orientieren sich hier wie sonst natürlich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Sie ist gerade für dieses Problem verständlicherweise umfangreich. Ich will das einmal anschaulich an zwei Beispielen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erläutern. In einem Falle hatte sich ein Autodieb „in diebischer Absicht“, wie die Richter das formuliert haben, den Nachschlüssel für ein Kfz besorgt, das er vom Gelände eines Autohauses stehlen wollte. Die Sache flog auf, und die Polizei stellte den Nachschlüssel bei dem Angeklagten sicher. Entgegen der Vorinstanz, die bereits darin den Versuch des Diebstahls erblickt hatte, war der Bundesgerichtshof anderer Meinung und konnte darin eben nicht das unmittelbare Ansetzen zur Tat erkennen. Das sei erst dann gegeben, wenn der Täter in seiner Vorstellung mehr tut, und es nun für ihn heißt: „Jetzt geht’s los“. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn der Täter mit dem Nachschlüssel in der Hosentasche sich dem Auto nähert, das er nun auf diese Weise stehlen will. Ein anderer Fall: der Täter wollte eine Frau entführen, um von ihrer Familie ein hohes Lösegeld zu erpressen. Als er an der Haustür klingelte und die Frau mit ihrem Kleinkind auf dem Arm die Tür öffnete, gab er sein Vorhaben auf und verließ das Anwesen. Damit hatte er nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eben nicht zur unmittelbaren Verwirklichung seines kriminellen Vorhabens angesetzt.

Im vorliegenden Falle werden die Gerichte also zu entscheiden haben, ob die Angeklagten überhaupt schon zu der Tat, wie sie sich in ihren Planungen darstellte, unmittelbar angesetzt hatten. Das wäre etwa dann der Fall gewesen, wenn ihre – bis dato nicht einmal existenten – Kämpfer begonnen hätten, bewaffnet in das Reichstagsgebäude einzudringen. Man darf also gespannt sein, was die Hauptverhandlungen vor den drei mit dem Fall befassten Oberlandesgerichten Frankfurt, Stuttgart und München ergeben werden.

Der untaugliche Versuch

Sollten die Oberlandesgerichte dennoch zu dem Ergebnis kommen, die Täter hätten unmittelbar zur Tat angesetzt und daher sei auf jeden Fall der Versuch der Begehung jener Straftaten gegeben, wäre eine weitere rechtliche Prüfung anzustellen. Denn nicht jeder Versuch der Tatbegehung ist überhaupt geeignet, zum Erfolg zu führen und Rechtsgüter Dritter zu verletzen. Denn insoweit greift die Strafvorschrift über den untauglichen Versuch, § 23 Abs. 3 StGB. Diese Vorschrift lautet: „Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2)“. Letztere Vorschrift ermöglicht es dem Gericht die fällige Strafe bis zum gesetzlichen Mindestmaßzu reduzieren oder statt einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen. Dieser Fall wird vielleicht häufig vorliegen, aber wohl sehr selten überhaupt zur Anklage und Verurteilung führen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt der Täter aus grobem Unverstand nur dann, wenn er trotz ungeeigneten Mittels den Taterfolg für möglich hält, weil er bei der Tatausführung von völlig abwegigen Vorstellungen über gemeinhin bekannte Ursachenzusammenhänge ausgeht. Dabei muss der Irrtum nicht nur für fachkundige Personen, sondern für jeden Menschen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen offenkundig, ja geradezu handgreiflich sein. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Falle verneint, indem die Angeklagte ihren Ehemann mittels Insektengift, das sie aus einer Spraydose auf sein Vesperbrot gesprüht hatte, töten wollte. Indessen war das Insektengift in einer so starken Verdünnung in der versprühten Flüssigkeit enthalten, daß der Mann wohl 50 solcher Vesperbrote hätte vertilgen müssen, bevor er an dem Gift gestorben wäre. Dennoch verneinte der Bundesgerichtshof in diesem Falle den untauglichen Versuch im Sinne des Gesetzes, denn die Angeklagte habe hier nicht über die grundsätzliche Eignung von Insektengift zur Tötung irrige Vorstellungen gehabt, ihre Fehlvorstellung habe sich lediglich auf die tatsächliche Beschaffenheit des von ihr gewählten und in seiner giftigen Konzentration für ausreichend gehaltenen Mittels geirrt. Es habe sich um einen Irrtum über die erforderliche Dosis, nicht jedoch über die Eignung des Giftes überhaupt gehandelt. Grober Unverstand im Sinne dieser Vorschrift ist wohl nur dann gegeben, wenn man beispielsweise ein Tatmittel auswählt, das unter gar keinen Umständen zur Tatausführung taugt, etwa jemanden mit einer an der Spitze abgerundeten Nagelfeile erstechen will.

Im vorliegenden Fall indessen liegt der grobe Unverstand im Sinne des Gesetzes auf der Hand. Mit den wenigen Mitgliedern der Verschwörergruppe wäre es nicht einmal entfernt möglich gewesen, so etwas ähnliches wie einen Staatsstreich durchzuführen. Selbst wenn es möglich gewesen wäre, den Reichstag mit ein paar Bewaffneten zu stürmen und einige Politiker festzunehmen, so wäre man von der angestrebten „Machtergreifung“ immer noch Lichtjahre entfernt gewesen. Die gesamte Sicherheitsstruktur des Staates wäre damit immer noch intakt gewesen und imstande, diesem Spuk ein rasches Ende zu machen. Die erhoffte Auslösung und Unterstützung des Staatsstreichs durch die nur in der Pantasie kranker Hirne existierende Allianz aus außerirdischen und irdischen Mächten wie Russland, zu deren Machtmitteln dann auch eine Armee aus Außerirdischen gehören sollte (Klingonen, Orgs oder doch Luzifers unheilige Schar?), hatte sich noch nicht einmal gezeigt. Da ihr Eingreifen überhaupt Voraussetzung des Staatsstreichs gewesen sein soll, war seine Ausführung mindestens ungewiss, und hätte vielleicht das Anbrechen des jüngsten Tages vorausgesetzt. Aber solche Wahnvorstellungen passen natürlich zu Leuten wie den Beschuldigten, die ja absurde esoterische Vorstellungen von geheimnisvollen Mächten haben, die unterirdisch Kinder gefangen halten, um sie zu töten und von ihrem Blut zu trinken, wovon sie sich ewige Jugend versprechen. Mit grober Unverstand ist auch nur zurückhaltend umschrieben, was von den Vorstellungen der beteiligten ehemaligen Stabsoffiziere zu halten ist. Das gesamte Konstrukt des sogenannten militärischen Arms mit Heimatschutzkompanien ist so hanebüchen, daß man ernstliche Zweifel daran haben muß, ob diese ehemaligen Stabsoffiziere überhaupt nur noch einen Rest ihrer militärischen Kenntnisse in ihre Wahnwelt hinüber gerettet haben.

Hilfreich ist auch ein Blick in die Geschichte. Was ein wirklicher Putschversuch ist, wird am Beispiel des gescheiterten Putschs von Teilen der spanischen Streitkräfte im Jahr 1981 deutlich. Hier haben tatsächlich eine Reihe von höheren Offizieren bis hinein in die Generalität mit der Befehlsgewalt über tatsächlich existierende Truppen versucht, die Macht zu übernehmen. Sie scheiterten letztendlich daran, daß der junge König Juan Carlos sich ihnen entschlossen entgegenstellte und öffentlich seine Treue zur Verfassung bekundete, was dann die überwiegende Anzahl der spanischen Offiziere veranlasste, sich gegen die Putschisten zu stellen. Die Hoffnungen der Putschgeneräle, der von Diktator Franco erzogene König werde die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, die demokratische Verfassung zu suspendieren und statt als konstitutioneller als absoluter Monarch mit diktatorischen Vollmachten wie sein Mentor Franco regieren zu können, zerplatzten damit wie eine Seifenblase. Zwar gab es im Lande durchaus damals noch nicht wenige Anhänger des Franco-Regimes, doch war das die Minderheit im Volk wie in den Streitkräften. Die Putschisten hatten also zumindest aus ihrer Sicht reelle Aussichten, sowohl den König als auch einen nicht geringen Teil der Bevölkerung für ihre Sache gewinnen zu können, und sie verfügten zumindest über Teile der Armee und der Polizei. Das war also durchaus ernst zu nehmen, auch wenn die Fernsehbilder von den in das Plenum des Parlaments eingedrungenen Offizieren, die dann theatralisch Löcher in die Decke schossen, jedenfalls im Nachhinein eher tragisch-komisch wirken. Der Plan jener esoterischen Spinner um den merkwürdigen Prinzen Heinrich XIII. Reuß indessen mutet dagegen an wie der Fiebertraum eines Geisteskranken.

Warum dann aber eine Anklage?

An und für sich sollte man bei dieser Sach- und Rechtslage annehmen, die Ermittlungen gegen die Möchtegern-Putschisten wären von der Staatsanwaltschaft mangels hinreichendem Tatverdachts eingestellt worden. Denn mit einer Verurteilung sei eben nicht ernsthaft zu rechnen. Ich lehne mich durchaus so weit aus dem Fenster zu sagen, daß dies geschehen wäre, wenn es sich dabei nicht um einen „rechten“ Putschversuch, besser gesagt, dessen schlechte Karikatur, gehandelt hätte. Man muß ja wissen, daß die Staatsanwaltschaften in Deutschland keine richterliche Unabhängigkeit besitzen, sondern den Weisungen der jeweiligen Justizminister Folge leisten müssen. Somit können Politiker auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Einfluss nehmen. Und sie widerstehen der Versuchung nicht, auch die Staatsanwaltschaften für ihre Strategie einzusetzen, den verhassten politischen Gegner von der Rechten mit administrativen Mitteln zu bekämpfen, statt auf die Kraft des besseren Arguments, jedenfalls in den eigenen Augen besseren Arguments, zu setzen. Es bedarf allerdings nur geringer Vorstellungskraft, auch zu erwarten, daß die angerufenen Oberlandesgerichte die jeweiligen Anklagen zur Hauptverhandlung zulassen werden. Zum einen besteht in dieser Phase des Verfahrens für die Staatsanwaltschaften und Gerichte ein relativ großer Beurteilungsspielraum dahingehend, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, der sich ja dann in der Hauptverhandlung bei sorgfältiger Tatsachenermittlung entweder bestätigt oder zerschlägt. Zum anderen sind auch Richter Kinder ihrer Zeit und von den gesellschaftlich vorherrschenden Meinungen geprägt. Man spricht insoweit auch vom Vorverständnis des Richters, das zum Beispiel bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe oder sprachlich mehrdeutiger Worte entscheidend ist. So wird der Begriff der Sitten heute anders verstanden als vor 100 Jahren. Und so wird das Selbstbestimmungsrecht des Bürgers heute auch in rechtlicher Hinsicht völlig anders gesehen, als in früheren Zeiten, als es diesen Begriff genau genommen nicht einmal gab. Und nicht zuletzt darf man die öffentliche, vor allem veröffentlichte Meinung und ihren Einfluss auch auf Richter nicht zu gering schätzen. Der Rechtsextremismus wird ja nun vielfach weit über seinen politisch-rechtlichen Gehalt hinaus dämonisiert. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, daß am Ende eine rechtskräftige Verurteilung im Sinne der Anklage stehen wird. Dazu ist das ganze doch zu grotesk.

Was uns aber blüht

Schon die medienwirksam zelebrierte Verhaftungsaktion, jeweils an Ort und Stelle mit rechtzeitig herangekarrten Kamerateams aufgenommen, läßt ahnen, worum es wirklich geht. Die Reaktionen der Politiker im unmittelbaren Anschluss sprechen schon Bände. Es geht um nichts anderes, als den allfälligen Kampf, besser Krampf, gegen rechts. Alle politischen Vorstellungen rechts von den Unionsparteien müssen den Wählern nachhaltig ausgetrieben werden. Die politische Schmutzkonkurrenz namens AfD muß nachhaltig diskreditiert werden, wenn man sie schon nicht verbieten lassen kann. Wenn die begriffsstutzigen Bürger schon nicht begreifen wollen, daß es sich dabei um die wiederauferstandene Nazipartei handelt, dann müssen sie jetzt endlich merken, daß es sich dabei um die Speerspitze des Rechtsextremismus handelt, mit der die Demokratie beseitigt und die rechte Diktatur installiert werden soll. Das hat man doch gerade noch verhindert. Und das muß man möglichst lange möglichst oft in den Medien breit treten wie Quark, insbesondere in den Zeiten vor den Wahlen. Und da passt es ja, daß in einem halben Jahr Europawahlen und in einem dreiviertel Jahr Landtagswahlen und dann im Herbst 2025 Bundestagswahlen stattfinden werden. Über diese Zeit hinweg muß den Bürgern stets das Gefühl vermittelt werden, in Deutschland drohe die Machtübernahme von Hitlers geistigen Enkeln. Und das möglichst Live aus dem Gerichtssaal. Doch wer übertreibt, erreicht nichts. Eine derart offensichtlich überzogene Inszenierung sollte das Gegenteil dessen bewirken, was die Mehrheit der Politiker und ihre medialen Propagandatruppen erreichen wollen.

Lagebeurteilung

Der Krieg in der Ukraine geht nun in den zweiten Kriegswinter. Grund genug, erneut in die Beurteilung der Lage einzutreten. Nicht in erster Linie hinsichtlich der Lage im Kriegsgebiet. Sondern in erster Linie hinsichtlich der Folgen dieses Krieges für Deutschland, seiner Handlungsoptionen und nicht zuletzt der Frage: was ist zu tun?

Das Bild des Krieges im Frühjahr 2022

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24.2.2022 war die politische wie auch die militärische Bewertung recht eindeutig. Es ließ sich auch ein weit überwiegender Konsens in Deutschland feststellen. Natürlich war und ist der Krieg Russlands gegen die Ukraine ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Natürlich ist es auch völkerrechtliche Verpflichtung unseres Landes wie aller anderen Staaten, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine vorübergehend aufzunehmen. Im vorliegenden Falle kam der allgemeine Konsens hinzu, daß die ausgebombten, vor Krieg und Zerstörung geflohenen Menschen aus der Ukraine auch unser Mitgefühl verdienten. Man sah es als selbstverständlich an, daß sie nicht den rechtlichen Beschränkungen unterliegen sollten, die für alle anderen Kriegsflüchtlinge und Asylsuchenden bei uns gelten, auch wenn diese Beschränkungen im internationalen Vergleich kaum spürbar sind. Die kulturelle Nähe der Ukrainer zu Mitteleuropa ganz im Gegensatz zur Kulturferne der Zuwanderer aus Schwarzafrika und dem muslimischen vorderen Orient und Nordafrika tat ein übriges. Man konnte davon ausgehen, daß sich diese neuen Bewohner unseres Landes sehr rasch integrieren würden.

Die Lage hat sich geändert

Nun, ein dreiviertel Jahr später, stellen wir ernüchtert fest, daß die kulturelle Integration der ukrainischen Flüchtlinge durchaus gelingt, die Integration in den Arbeitsmarkt indessen sehr zu wünschen übrig lässt. Lediglich knapp 20 % der zugewanderten arbeitsfähigen Ukrainer gehen einer Erwerbstätigkeit nach, gut 80 % beziehen Bürgergeld in gleicher Höhe wie deutsche Staatsbürger. Unter den nun hier vorübergehend (?) lebenden Ukrainern sind allem Anschein nach erstaunlich viele Männer im wehrfähigen Alter. Das verwundert jedenfalls auf den ersten Blick deswegen, weil man zu Beginn des Krieges hörte, daß Ukrainer im wehrfähigen Alter überhaupt nicht ausreisen dürfen, sondern in die ukrainischen Streitkräfte eingezogen werden. Dies scheint durchaus nicht der Fall zu sein. Das sollte uns jedenfalls nach der ersten Phase des Mitgefühls nicht weiter überraschen. Handelt es sich doch bei der Ukraine um eines der korruptesten Länder der Welt. Warum sollte nicht gerade in Kriegszeiten die Korruption bei den dortigen Wehrersatzbehörden blühen? ist es sehr überraschend, wenn Flüchtlinge aus diesem Land ihre Kultur des Abzockens mitbringen? Kann man sich dann noch darüber wundern, daß ein Großteil dieser Leute lieber die üppigen deutschen Sozialleistungen, die unter dem Strich ein Einkommen nahe am Erwerbseinkommen ermöglichen, für sich in Anspruch nehmen, als sich eine Arbeit zu suchen? Muß man dann nicht den Rechtsstatus dieser Kriegsflüchtlinge überdenken?

Die Kosten der Solidarität

Deutschland hat sich sehr rasch dazu entschieden, die Ukraine auch durch Waffenlieferungen und Ausbildung von Soldaten an modernen westlichen Waffen zu unterstützen. Diese Militärhilfe in Gestalt von Waffen, Gefechtsfahrzeugen und Munition beläuft sich im laufenden Jahr auf rund 5,4 Milliarden €. Für 2024 ist ein Betrag von rund 8 Milliarden € vorgesehen. Die Lieferung von militärischer Ausrüstung an die Ukraine hat Vorrang vor der Beschaffung für die Bundeswehr. Ähnlich engagieren sich die übrigen NATO-Länder, allen voran natürlich die USA. Daß letztere nota bene auch ein erhebliches Eigeninteresse daran haben, Russland an der Eroberung dieses Landes zu hindern und es in den eigenen Bündnisbereich und Wirtschaftsraum zu integrieren, liegt auf der Hand, ist jedoch weltpolitisch durchaus normal. Ebenso normal ist es, daß wir Deutschen als Verbündete in der NATO den USA in den Grundlinien der Politik folgen. Vernünftige Alternativen sind weit und breit nicht zu sehen.

Das Kriegsziel Russlands ist wohl nicht mehr das gleiche wie zu Beginn

Zu Beginn des Krieges schien es durchaus so, daß Russland sich eine blutige Nase holen würde. Das lag vor allem daran, daß die von Putin großsprecherisch als militärische Spezialoperation bezeichnete Besetzung und Unterwerfung der Ukraine sich sehr bald als stümperhaft durchgeführte Invasion einer Armee von Tölpeln herausstellte. Wir haben noch die Bilder von der endlosen Schlange der Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und sonstigen Gefechtsfahrzeuge von der russischen Grenze bis kurz vor Kiew vor Augen, die allenthalben von ukrainischen Panzern zusammengeschossen wurden. Bei dieser Sachlage schien es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Angriff völlig zusammenbrechen und anschließend von den ukrainischen Verteidigern über die Landesgrenze zurückgeworfen würde.

Der Stellungskrieg nach dem Muster des I. Weltkrieges

Inzwischen sehen wir ein anderes Bild. Aus dem verlustreich vorgetragenen Angriff einer Armee aus dem Kalten Krieg ist nun ein Stellungskrieg an den Grenzen der schon seit 2014 von nur schlecht aus solchen getarnten russischen Truppen besetzten östlichen Randgebiete der Ukraine mit russischstämmiger Bevölkerung geworden. Hier kommt man seit Monaten beiderseits nicht von der Stelle. Vielmehr bietet sich das Bild eines Stellungskrieges nach dem Muster des Ersten Weltkrieges in Frankreich. Keine der beiden Seiten kann mehr als bescheidene Frontkorrekturen im Bereich von wenigen Kilometern Tiefe, und das auch offenbar nur vorübergehend, erzielen. Russland ist von der Eroberung der Ukraine genauso weit entfernt wie die Ukraine von der Wiedergewinnung der besetzten Gebiete einschließlich der Halbinsel Krim. Offensichtlich ist Putin auch unter dem Zwang der Verhältnisse von der Vorstellung abgerückt, die Ukraine unterwerfen zu können. Vielmehr scheint das neue Kriegsziel darin zu bestehen, das seit Jahren besetzte Gelände nun endgültig in das russische Staatsgebiet einzuverleiben und das auch am Ende des Krieges in einem völkerrechtlichen Vertrag festschreiben zu können.

Bemerkenswert sind auch die Lagebeurteilungen westlicher Militärs, die von dem ursprünglichen Optimismus nur noch wenig übrig lassen, vielmehr davon ausgehen, daß auch die Ukraine ihre Kriegsziele nicht mehr erreichen kann. Noch bemerkenswerter ist nun ein Aufsatz des ukrainischen Oberkommandierenden, General Zaluzhnyi. Er beschreibt ausführlich die militärische Lage in diesem Stellungskrieg und zeigt dabei die Mängel an Waffen und Ausrüstung auf, die es unmöglich machen, vom Stellungskrieg zum Bewegungskrieg überzugehen, der allein ja zur Rückeroberung der russisch besetzten Gebiete führen könnte. Was nach wohl zutreffender Auffassung des Generals erforderlich wäre, wird die NATO wohl kaum liefern können, wohl auch nicht wollen.

Die personellen und militärischen Ressourcen

Hinzu kommt die Ungleichheit der Ressourcen auf beiden Seiten. Das beginnt bei der Einwohnerzahl der kriegführenden Parteien. Russland hat derzeit 143.556.000 Einwohner, die Ukraine 41.400.000. Der Angreifer kann also seine personelle Ergänzung aus einem mehr als dreimal so großen Bevölkerungsreservoir gewinnen, wie der Verteidiger. Das militärische Personal beider Seiten bietet ein ähnliches Bild. 1.330.900 Angehörigen der Streitkräfte einschließlich der Reserven in Russland stehen in der Ukraine ca. 500.000 gegenüber. Das ist deswegen so wichtig, weil natürlich die immensen Verluste in diesem Krieg einen erheblichen Ergänzungsbedarf im Personalbereich mit sich bringen. Es liegt auf der Hand, daß dies einem etwa dreieinhalb mal so viel Einwohner zählenden Lande wesentlich weniger Probleme bereiten wird, als dem so viel kleineren Gegner. Zu berücksichtigen ist dabei natürlich auch, daß für jeden gefallenen oder schwer verwundeten Soldaten ein gleichwertig ausgebildeter Soldat nicht sofort verfügbar ist, sondern eine Ausbildung schon als Mannschaftsdienstgrad mehrere Monate in Anspruch nimmt, bei Unteroffizieren und den unteren Offiziersrängen schon wenigstens eineinhalb Jahre, über die höheren Offiziersränge wollen wir gar nicht erst reden.

Lehren aus der Kriegsgeschichte

Das ist deswegen so wichtig, weil es ja nun offenbar darum geht, daß die Ukraine in der Position des Angreifers ist, der einen Feind, der sich hinter einem System von riesigen Minensperren und Feuerräumen seiner Artillerie verschanzt hat, angreifen und werfen will. Allgemein bedarf es dazu einer personellen Überlegenheit von wenigstens drei zu eins, wenn nicht mehr. Natürlich ist die Kriegsgeschichte voll von Beispielen, die es auf den ersten Blick auch möglich erscheinen lassen, daß der personell unterlegene Angreifer siegt. Denken wir etwa an Alexander den Großen, der die Schlachten von Gaugamela und Issos jeweils aus der Unterzahl beeindruckend gewonnen hat. Oder an Hannibal, der die berühmte Schlacht bei Cannae aus der Unterzahl ebenso wie seinen beeindruckenden Sieg am Trasimenischen See gewonnen hat. Auch der historische Sieg Friedrichs des Großen in der Schlacht bei Leuthen ist ein Beispiel dafür. Napoleon tat es ihm mehrfach gleich. Aus jüngerer Zeit wären der Frankreichfeldzug und die Eroberung Kretas zu nennen. Deutschland war in beiden Fällen personell nicht klar überlegen. Im Frankreichfeldzug war der Gegner bei der Artillerie im Verhältnis zwei zu eins, bei den Panzern im Verhältnis drei zu zwei und auch bei der Luftwaffe im Verhältnis 4,5 zu 3,5 überlegen. Natürlich war es in diesen Fällen regelmäßig dem militärischen Genie der jeweiligen Feldherren, aber auch der besseren Ausbildung und Disziplin der siegreichen Truppe geschuldet, daß dies gelingen konnte. Indessen zeigt der Blick auf den jeweiligen Krieg im ganzen, daß einzelne grandiose Siege letztendlich den Krieg nicht entschieden haben. Vielmehr setzte sich am Ende zumeist durch, wer über die deutlich größere Armee verfügte. Die Punier unterlagen deswegen letztendlich den Römern, Napoleon der Übermacht seiner verbündeten Feinde. Friedrich der Große obsiegte im Siebenjährigen Krieg allein deswegen, weil nach dem Tod der russischen Zarin Elisabeth am 5. Januar 1762 ihr Nachfolger Peter III. das Bündnis mit Österreich aufkündigte und von nun an Preußen unterstützte („Das Mirakel des Hauses Brandenburg“). Auch die deutsche Wehrmacht mußte letztendlich der zahlenmäßiegen Überlegenheit des zumeist schlechter kämpfenden Feindes unterliegen. Die Lehren aus der Kriegsgeschichte stehen der Erwartung eines ukrainischen Erfolges somit doch klar entgegen.

Eine neue Lage erfordert einen neuen Entschluß

Somit erhebt sich für die Unterstützer der Ukraine, auch Deutschland, die Frage, ob dieser Beurteilung der Lage nicht zwingend eine neue Bewertung des Verhältnisses zur Ukraine folgen muß und man nolens volens darauf dringen muß, das militärische Ergebnis des Krieges zu akzeptieren und die Grenzen neu zu ziehen. Zwar hätte sich damit der Aggressor letztendlich, wenn auch nur zum geringen Teil, durchgesetzt und das Völkerrecht wäre zum wiederholten Male der Gewalt gewichen. Indessen ist dies historisch der Normalfall. Gerade wir Deutschen wissen das doch nur zu gut.

Es erhebt sich aber auch schon jetzt die Frage, ob man nicht die Unterstützung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf eine neue, der Wirklichkeit angepasste Basis stellen muß. Es geht hier im laufenden Jahr um rund 2,75 Milliarden € nach rund 2 Milliarden € im vergangenen Jahr. Es geht aber auch darum, daß ein Großteil dieser Flüchtlinge durchaus beruflich qualifiziert ist und auf dem deutschen Arbeitsmarkt problemlos eingegliedert werden kann. Nettoausgaben in Milliardenhöhe könnten umgewandelt werden in Wertschöpfung durch diese Arbeitskräfte in mindestens gleichem Umfang.

Ändert sich die Lage, muß sich auch der Entschluß ändern, so lernt es der Offizier in seiner Ausbildung. Sollten unsere Politiker imstande sein, nüchtern und sachlich zu denken, müssten sie sich genauso verhalten.

Was darf Israel in Gaza?

Die Debatte nicht nur in Deutschland über die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten militärischen Mittel im Kampf gegen die Hamas ist weitgehend von Unkenntnis des Kriegsvölkerrechts geprägt. Es ist daher notwendig, die wesentlichen rechtlichen Grundlagen anzusprechen, die auch in einem solchen bewaffneten Konflikt gelten.

Anwendungsbereich der Haager Landkriegsordnung und des IV. Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949 und seiner Zusatzprotokolle I und II:

War noch das IV. Haager Abkommen von 18. Oktober 1907 mit seiner Anlage Haager Landkriegsordnung in seinem sachlichen Geltungsbereich noch auf Kriege zwischen Staaten beschränkt, so hat dieser Geltungsbereich durch die Genfer Abkommen vom 12.8.1949 eine Ausweitung erfahren. Das war notwendig, weil das Kriegsgeschehen nach dem Zweiten Weltkrieg im wesentlichen davon geprägt ist, daß nicht nur Staaten als vielmehr sogenannte Befreiungsbewegungen ohne die Qualität des Völkerrechtssubjekts kriegerische Akteure sind. Deswegen heißt es in Art. 2 des IV. Genfer Abkommens auch, daß es nicht nur Anwendung in allen Fällen eines erklärten Krieges, sondern auch in den Fällen eines anderen bewaffneten Konflikts findet. Dies unabhängig davon, ob eine der am Konflikt beteiligten Mächte Vertragspartei dieses Abkommens ist oder nicht. Gemäß Art. 3 des Abkommens gilt das auch für den Fall eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter hat und auf dem Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien entsteht. Somit gelten diese Regeln des Kriegsvölkerrechts auch in diesem bewaffneten Konflikt, denn der Gazastreifen wird nach allgemeiner Ansicht von Israel kontrolliert, unbeschadet dessen, daß seit 2005 dort keine israelischen Truppen mehr stationiert sind. Israel ist Vertragsstaat.Somit gelten die Regeln des Kriegsvölkerrechts auch für die auf dem Gebiet agierenden nichtstaatlichen Kräfte, über das es völkerrechtlich seine Hoheit hat. Auch Art. 1 Abs. 1 des II. Zusatzprotokolls stellt klar, daß seine Regeln auf alle bewaffneten Konflikte Anwendung finden, die vom I. Zusatzprotokoll nicht erfasst sind und die im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei zwischen deren Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten bewaffneten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebiets der Hohen Vertragspartei ausüben, daß sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen und dieses Protokoll anzuwenden vermögen. Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Falle zu. Ohnehin sind die wesentlichen Grundsätze des humanitären Kriegsvölkerrechts wohl auch als Gewohnheitsrecht im Sinne einer allgemeinen Überzeugung in den zivilisierten Staaten anzusehen.

Die wesentlichen Regeln:

Der Schutz der Zivilbevölkerung wird bereits in der Haager Landkriegsordnung in verschiedener Hinsicht geregelt. Das gilt für das Verbot, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen (Art. 25), Städte oder Ansiedlungen selbst wenn sie im Sturm genommen sind, der Plünderung preiszugeben (Art. 28), und die Regelungen über die Ausübung militärischer Gewalt auf besetztem feindlichen Gebiet im III. Abschnitt der HLKO. Präzisiert und ausgeweitet wird das dann in den Zusatzprotokollen, insbesondere im Kapitel II des Zusatzprotokolls I, in Art. 57 Abs. 1, wonach bei Kriegshandlungen stets darauf zu achten ist, daß die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen und zivile Objekte verschont bleiben, sowie das präzisierte Verbot unverteidigte Orte anzugreifen in Art. 59 des ZP I. Indessen wird an mehreren Stellen festgelegt, daß dieser Schutz der Zivilbevölkerung auch verwirkt werden kann.

Verwirkung:

Gemäß Art. 59 Abs. 7 ZP I 1977 verliert ein Ort seinen Status als unverteidigter Ort, wenn er die Voraussetzungen des vorausgehenden Abs. 2 nicht erfüllt, nämlich, daß der Ort wirklich von bewaffneten Militär und militärischen Anlagen oder Einrichtungen frei ist. So wird gemäß Art. 19 des IV. Genfer Abkommens der den Zivilkrankenhäusern gebührende Schutz verwirkt, wenn sie außerhalb ihrer humanitären Bestimmung dazu verwendet werden, den Feind schädigende Handlungen zu begehen. Grundsätzlich dürfen gemäß Art. 12 Abs. 4 ZP I 1977 Sanitätseinheiten unter keinen Umständen für den Versuch benutzt werden, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen. Ggemäß Art. 51 Abs. 7 ZP I 1977 dürfen die Anwesenheit oder Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen nicht dazu benutzt werden, Kriegshandlungen von bestimmten Punkten oder Gebieten fernzuhalten, insbesondere durch Versuche, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken, zu begünstigen oder zu behindern. Die am Konflikt beteiligten Parteien dürfen Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen nicht zu dem Zweck lenken, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken. Unbeschadet der Zulässigkeit herkömmlicher Kriegslisten (Art. 24 HLKO) ist es nach allgemeiner Ansicht unzulässig, eine besondere Schutzsituation, etwa durch den Missbrauch des Rot-Kreuzzeichens, vorzutäuschen.

Leider müssen wir sehen, daß die Hamas sich an keine der geltenden kriegsvölkerrechtlichen Regeln hält. Vielmehr missbraucht sie die Zivilbevölkerung in ihrem Machtbereich als Schutzschild. Ihre militärischen Einrichtungen und Kampfverbände sind nicht nur in unmittelbarer Nähe von zivilen Wohnhäusern, sondern vielfach direkt in diesen Häusern disloziert. Nach unbestrittenen Berichten befindet sich zum Beispiel eine Kommandozentrale, im Sprachgebrauch der Bundeswehr Gefechtsstand, direkt unterhalb einem der größten Krankenhäuser der Stadt Gaza. Unter diesen Umständen ist auch die Angabe Israels glaubhaft, ein von seinen Soldaten beschossener Krankentransportwagen sei zum Transport von bewaffneten Kämpfern, im militärischen Sprachgebrauch also als Mannschaftstransportwagen, benutzt worden. Somit ist nach den zitierten wichtigsten Regelungen des aktuell geltenden internationalen Kriegsvölkerrechts die Bekämpfung solcher Ziele rechtmäßig.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Breiten Raum in der gegenwärtigen Debatte nimmt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein. Nun ist das zunächst einmal ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der bei jeder Anwendung staatlicher Gewalt zu beachten ist. Er besagt, daß auch im Kriege beim Einsatz von Machtmitteln und der Anwendung militärischer Gewalt stets geprüft werden muß, ob der angestrebte militärische Erfolg in einem angemessenen Verhältnis zu dem Schaden steht, der dadurch bei der unbeteiligten Zivilbevölkerung entsteht. Deswegen darf bei Angriffen gegen militärische Ziele die Zivilbevölkerung nicht unterschiedslos in Mitleidenschaft gezogen werden. Angriffe gegen militärische Ziele sind unzulässig, wenn der zivile Schaden außer Verhältnis zu dem zu erwartenden unmittelbaren militärischen Nutzen stehen würde. Das ist in ZP I 1977, Art. 48 ff. kodifiziert und in Einzelheiten weiter entwickelt worden. Indessen kann die Schonung der Zivilbevölkerung nur erwartet werden, soweit von ihr keine Schädigungshandlungen ausgehen. Die militärische Gewaltanwendung darf auch nicht unterschiedslos die Zivilbevölkerung und die feindlichen Soldaten bzw. Kämpfer treffen. So sind Flächenbombardements verboten, Angriffe müssen möglichst zielgenau durchgeführt werden. Soweit wegen der Nähe zu militärischen Objekten die Zivilbevölkerung unvermeidbar mit betroffen wird (Kollateralschäden), hindert das die Anwendung militärischer Gewalt nicht. Allerdings gilt auch hier das Verhältnismäßigkeitsprinzip.

Die Besonderheiten der Kriegführung auf Seiten der Terrororganisation Hamas bringen es allerdings mit sich, daß auch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kaum eine der israelischen Kampfhandlungen als Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht erscheinen lassen kann. Die Hamas benutzt offensichtlich planmäßig die Zivilbevölkerung als Schutzschild. Sie verhindert offenbar sogar, daß die Zivilbevölkerung vollständig aus dem Kampfgebiet abzieht, offenbar deswegen, weil sie sonst dieses Schutzschildes verlustig ginge. Auch die Einrichtung und Nutzung des weitverzweigten Tunnelsystems teilweise direkt unter den Städten und Dörfern lässt die darüberliegende Wohnbebauung als Schutzschild für diese unterirdischen Kampfeinrichtungen erscheinen. So ist es aus militärischer Sicht absolut verhältnismäßig, etwa eine sogenannte Kommandozentrale unter einem Krankenhaus durch den gezielten Beschuss mit Raketen hoher Durchschlags- und Sprengkraft auszuschalten. Denn eine führungslos gemachte Truppe hat dann nur noch einen sehr geringen Gefechtswert, was wiederum der angreifenden Truppe das Erreichen ihres militärischen Ziels sehr erleichtert. Die im Verhältnis dazu eingetretene Schädigung der Zivilbevölkerung ist dann eben nicht unverhältnismäßig, denn dieser Beschuss ist zur Erreichung des militärischen Ziels notwendig. Eine zumutbare, weil etwa ebenso sichere und das Leben der eigenen Soldaten schonende Alternative dazu gibt es leider nicht. Hinzu tritt, daß der Missbrauch eines Krankenhauses als Schutzschild darunter liegender militärischer Anlagen zur Verwirkung des völkerrechtlichen Schutzes führt. Dies ist allein von der Hamas zu verantworten. Diese Art von Kriegführung wird allgemein als Kriegsverbrechen der Seite angesehen, die ihre eigene Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht.

Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen kann sich dafür bei ihren Herren – man scheut sich, von einer demokratisch gewählten Regierung zu sprechen – bedanken. Daß diese Leute ihr verbrecherisches Handeln auch noch gottgefällig finden, macht die Sache nicht besser. Ob die von der Hamas unterjochte, geschundene und als Kanonenfutter missbrauchte Bevölkerung des Gazastreifens jemals erkennen wird, daß es sich bei ihren Herren nicht um Diener Gottes, sondern Kreaturen Beelzebubs handelt, und sich ihrer entledigt, ist leider wohl kaum zu erwarten.

Recht und Politik, zwei Welten

Wir lesen, daß Politiker, allen voran der amerikanische Präsident, Israel laufend an die Einhaltung des Kriegsvölkerrechts, insbesondere die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots, erinnern. Das mag den innenpolitischen Debatten und Verhältnissen geschuldet sein. Indessen handelt es sich beim Verhältnismäßigkeitsgrundsatz um eine juristische Binsenweisheit, von einer derartigen Selbstverständlichkeit, daß man darüber eigentlich nicht sprechen müsste. Es ist auch nicht ersichtlich, daß Israel bei seiner Kriegführung diesen Grundsatz nicht beachten würde. Allenfalls die kurzfristige Weigerung, die Belieferung mit Strom, Wasser und Lebensmitteln zuzulassen, kann unter diesem Gesichtspunkt geprüft werden. Aber auch hier muß dann in Rechnung gestellt werden, daß auch dies nur unter Beachtung der notwendigen Vorsichtsmaßnahmen geschehen kann. Schließlich kann man angesichts der Art und Weise, wie die Terrororganisation Hamas diesen bewaffneten Konflikt führt, nicht vorsichtig genug sein. Diesen Leuten ist ja zuzutrauen, daß sie auch Waffen und Munition in Lebensmitteltransporten verstecken und Lieferungen von Wasser und Energie an der Zivilbevölkerung vorbei an ihre bewaffneten Kämpfer lenken.

Auch wenn das Kriegsvölkerrecht die Hamas grundsätzlich nicht interessiert, entbindet dies Israel natürlich nicht von seiner Anwendung beim eigenen Vorgehen. Soweit ersichtlich, hält man sich daran auch. Daß man aber ausgerechnet die offenbar rechtstreuen israelischen Streitkräfte ermahnt, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, derartige Ermahnungen gegenüber der Hamas aber nicht zu hören sind, ist schon erstaunlich.

Die Schinderhütte am Mittelmeer

Die Nachrichten von den Ereignissen in Israel seit dem vergangenen Samstag lassen erschaudern. Eine Soldateska übelster Sorte, die Mordbrenner früherer Zeiten mühelos in den Schatten stellt, quält offenbar mit Inbrunst Menschen zu Tode, schreckt nicht davor zurück, kleinen Kindern die Köpfe abzuschneiden und junge Frauen zu Tode zu vergewaltigen. Die Mordlust dieser aufgeputschten Terroristen hat einen noch schlimmeren Charakter, als die leidenschaftslose Handwerklichkeit der Schergen des Hitler-Regimes und die zynische Kälte der Administratoren des Holodomor. In der metaphorischen Erzählung „Auf den Marmorklippen“ zeichnet Ernst Jünger das Grauen der nationalsozialistischen Vernichtungslager bildhaft als „Schinderhütte“. Den Menschentypus, der das Grauen produziert, läßt er bildhaft enstehen: „Stankhöhlen grauenhafter Sorte, darinnen auf alle Ewigkeit verworfenes Gelichter sich an der Schändung der Menschenwürde und Menschenfreiheit schauerlich ergötzt.“ Im aktuellen Falle der Hamas kommt hinzu, daß die Täter in blasphemischer Perversion einen göttlichen Auftrag zu erfüllen behaupten, denn sie berufen sich auf den Koran.

Was es festzuhalten gilt:

Angesichts eines Menschheitsverbrechens kann nur unmissverständlich Position bezogen werden. Die Dinge liegen, auch wenn manche Kommentare auch in Deutschland das anders darstellen, sehr klar. Ob man nun von einem Krieg spricht, den die Hamas begonnen hat, oder ob man von bloßem Terrorismus spricht, in beiden Fällen gibt es nicht den Hauch einer Berechtigung der Hamas, Israel überhaupt anzugreifen, geschweige denn in dieser Art und Weise. Selbst wenn die von palästinensischer Seite und ihnen sekundierend eine Reihe von arabischen Staaten vorgetragenen Gründe, vor allem die angebliche Notwendigkeit, die Palästinenser vom Joch Israels zu befreien, wenigstens in geringem Umfang begründet wären: das Gewaltverbot der UN-Charta und nicht nur das steht einem solchen Angriff grundsätzlich entgegen.

Wider die Geschichtsklitterung

Selbst wenn, wie die Palästinenser nicht müde werden zu behaupten, mit der Gründung des Staates Israel 1948 ihnen ihr Land weggenommen worden wäre, selbst dann könnte das heute, 75 Jahre später, nicht den Hauch einer Rechtfertigung dafür geben, nunmehr diesen Staat zu vernichten. Sicher war Palästina jahrhundertelang kein Staat der Juden. Im Jahre 70 nach Christus endete mit der Eroberung und Unterwerfung durch die Römer die eigene Staatlichkeit des jüdischen Volkes. An deren Stelle trat indessen kein Palästinenserstaat. Vielmehr war Palästina im Laufe der Jahrhunderte immer nur Bestandteil bzw. Territorium eines anderen Staates, zuletzt des osmanischen Reiches und dann britisches Mandatsgebiet. Mit der Balfour Erklärung vom 2. November 1917 erklärte sich dann Großbritannien bereit, dem Wunsch der Zionisten zu entsprechen und Palästina künftig zur nationalen Heimstätte der Juden zu machen. Das wurde dann bekanntlich 30 Jahre später umgesetzt. Ob es klug war, dabei nicht gleich auch einen Palästinenserstaat zu schaffen, kann dahinstehen. Denn die Palästinenser lehnten im Gegensatz zu den Israelis die Schaffung zweier Staaten in Palästina von vornherein ab. Man hat ihnen eben nicht ihr Staatsgebiet genommen, denn sie hatten keins. Vielmehr ist beginnend mit der Balfour Deklaration 1917 und dann der Gründung des Staates völkerrechtlich die Existenz Israels festgeschrieben worden. In der Folgezeit ist dann ja auch rasch die Anerkennung durch die Vereinten Nationen und nahezu alle Staaten der Erde erfolgt.

Alle haben sich mit dem Unrecht irgendwann arrangiert. Nur die Palestinenser nicht.

In der Geschichte sind immer wieder Staatsgrenzen verschoben, Staaten erheblich verkleinert, unterworfen oder sogar aufgelöst worden. In aller Regel nicht im Einvernehmen, sondern unfriedlich und mit Gewalt gegen alles Völkerrecht. Indessen ist das jeweils immer mit der Zeit als Rechtsänderung angesehen worden. Daher rührt ja der Begriff von der normativen Kraft des Faktischen. Die jeweils betroffenen Völker und Staaten haben sich dann eben mit der Situation abgefunden. Das kennen wir ja nun sehr gut aus unserer Geschichte. Die Gebietsverluste Deutschlands auf der Grundlage des Versailler Vertrages, den heute niemand mehr als ausgewogenen oder gar gerechten Friedensvertrag ansieht, noch mehr die Gebietsverluste Deutschlands nach dem Zweiten Weltkriege, zunächst ohne vertragliche Regelung bis zum 2 + 4 Vertrag 1990, waren zunächst nun wirklich himmelschreiendes Unrecht, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg einhergehend mit millionenfachem Mord an der deutschen Bevölkerung. Hätten sich die Deutschen dann ebenso verhalten wie die Palästinenser, dann säßen unsere Flüchtlinge und Vertriebenen immer noch in Lagern. Stattdessen ging man zügig daran, Flüchtlinge und Vertriebene in das verbliebene Deutschland zu integrieren. In der Regel fühlten sich schon die Kinder der Flüchtlinge und Vertriebenen nicht mehr als Ostpreußen, Schlesier oder Sudetendeutsche, sondern als Bayern, Schwaben oder Niedersachsen. Dies ungeachtet der Traditionspflege und der im Laufe der Jahrzehnte immer leiser werdenden Rufe ihrer Funktionäre nach Restitution. Was uns Deutschen gelungen ist, hätten die Palästinenser sicherlich ebenfalls erreichen können, wobei allerdings offensichtlich auch der Unwille der arabischen Brüder (die Schwestern haben ja nichts zu sagen), ihre Landsleute und Glaubensgenossen aufzunehmen und zu integrieren, ein übriges getan hat.

Verteidigung muß nachhaltig sein

Mit der Situation umzugehen, ist natürlich nicht unsere Sache, sondern allein Sache Israels. Wir hingegen können uns lediglich politisch positionieren und, soweit überhaupt erforderlich, logistische Hilfe leisten. Militärische Unterstützung braucht die beste Armee der Welt nicht. Was sie allerdings auch nicht braucht, sind Belehrungen und Ermahnungen, was die Kriegführung gegen die Hamas betrifft. Zum einen ist gerade nicht zu beanstanden, daß nun im dicht besiedelten Gazastreifen zivile Ziele bekämpft werden. Denn bei Lichte besehen handelt es sich nicht um zivile Ziele im Sinne des Kriegsvölkerrechts. Die Hamas hat Führungsstäbe und Munitionsdepots in Wohnblocks untergebracht, missbraucht also die Wohnbevölkerung als Schutzschild für ihre militärischen Einrichtungen. Das sind dann von Rechts wegen eben militärische Ziele. Zum anderen wird es unumgänglich sein, diesen Feind nicht lediglich niederzuwerfen, sondern zu vernichten. Diese fanatischen Terroristen, die noch das menschliche Niveau des Mordgesindels unterschreiten, das Ernst Jünger gleichnishaft beschreibt, haben sich ihrer Menschenwürde selbst entäußert, bis auf den in Art. 1 des Grundgesetzes festgeschriebenen Kernbestand, der zum Beispiel eine angemessen würdige Bestattung erheischt, und sich auf eine Gefahr, eine tödliche Gefahr für die israelische Bevölkerung reduziert. Eine solche Gefahr muß schlicht beseitigt werden, wie etwa ein Baum, der auf eine stark befahrene Straße zu stürzen droht, wie etwa ein Wolf, der die Kühe der Bauern auf den Almen und ihre Schafe auf den Weiden reißt. Die israelische Bevölkerung hat das Recht, künftig in Frieden ohne Furcht leben zu können, und ihr Staat hat die Pflicht, dies zu gewährleisten. Was von der Hamas nach den Kampfhandlungen noch übrig bleibt, wird man wohl so lange hinter Gitter bringen müssen, bis von diesen Terroristen aus Altersgründen keine Gefahr mehr ausgehen kann.

In existentieller Gefahr müssen alle zusammenstehen

Dieser Krieg wird viele Opfer kosten. Leider dürfte Israel keine andere Wahl haben. Die Zerstörung von Kommandozentralen und Munitionsdepots allein wird das Problem nicht lösen. Es wird wohl der Gazastreifen Haus für Haus zu erobern sein. Hinzu kommt, daß dieses Gelände untertunnelt ist wie ein Ameisenhaufen. Vor eine Aufgabe dieser Schwierigkeit ist bislang wohl noch keine Armee gestellt worden. Doch ich sehe keine andere Möglichkeit, die Gefahr nachhaltig und endgültig zu beseitigen. Wohl auch deshalb hat man ja nun eine Regierung der nationalen Einheit für die Dauer des Krieges gebildet. Denn was ein Staat in dieser Situation sicher nicht brauchen kann, sind politische Debatten über die Zweckmäßigkeit der Kriegführung, angebliche oder auch wirkliche Versäumnisse der Generalität und dergleichen Misshelligkeiten mehr. So jedenfalls hat sich die politische Lage zu Beginn des Ersten Weltkrieges in Deutschland dargestellt, als Kaiser Wilhelm II den berühmten Satz sprach: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“

Unsere Hausaufgaben

Natürlich ist zu wünschen, daß dieser Krieg sehr bald beendet wird, und damit die Zahl der Opfer, auch unter der Zivilbevölkerung im Kampfgebiet, begrenzt bleibt. Indessen muß leider mit Blick auf die palästinensische Bevölkerung gesagt werden, daß sie ja offenbar hinter ihrer fanatischen Führung steht. Das zeigen ja die unsäglichen Demonstrationen auch auf unseren Straßen. Ursache ist dabei nicht nur das verstockte Beharren auf angeblichen Rechtspositionen, sondern auch der Islam. Denn im Koran werden durchgängig die Juden als minderwertig, als Feinde der Rechtgläubigen dargestellt. Somit sind sie mindestens zu unterwerfen, wenn nicht mehr. Arabische Kinder lernen bereits in der Schule, daß Israel vernichtet werden muß. Wer das alles noch unter Religionsfreiheit im Sinne unseres Grundgesetzes rechnen will, dem ist nicht mehr zu helfen. Nur weil eine menschenverachtende Ideologie mit dem Etikett der Religion versehen ist, kann sie nicht den Schutz des Grundgesetzes genießen. Wir sollten daher von unseren Politikern erwarten können, daß sie dem in unserem Land entgegentreten. Indessen müssen wir erleben, daß Deutschland israelfeindliche Demonstrationen mit klar verfassungsfeindlicher Zielrichtung zuläßt, nach wie vor palästinensische Organisationen finanziell unterstützt, und auch die Europäische Union sich hier unrühmlich hervortut. Diese Finanzierung muß umgehend beendet werden. Wenn dagegen eingewandt wird, damit treffe man die Ärmsten der Armen in Palästina, dann geht das fehl. Diese Gelder fließen in erster Linie in die weiten Taschen der dortigen korrupten Politiker und Funktionseliten. Das was übrig bleibt, geht in die Rüstung und an die bewaffneten Kämpfer. Wer das anders sieht, ist entweder unglaublich naiv oder betreibt wissentlich das Geschäft der Hamas.

Denken führt zur Erkenntnis

Vielleicht öffnet dieser Krieg so manchen auch in Deutschland endlich die Augen. Vielleicht beginnt auch mancher darüber nachzudenken, warum das linke bis linksextreme Spektrum in Deutschland stets für Hamas, Hisbollah und ähnliche Terrororganisationen eintritt, die politische Rechte indessen nicht. Die angeblichen Nazis von der AfD zum Beispiel haben heute im Deutschen Bundestag verlangt, diese Terrorfinanzierung umgehend einzustellen.

Zweierlei Maß

Wir erleben derzeit ein Schauspiel auf der politischen Bühne, von dem wir noch nicht ganz genau wissen, ob man es als Posse oder Skandal einordnen muß. Die Rede ist von der sogenannten Flugblattaffäre um den bayerischen Politiker Hubert Aiwanger.

Der Sachverhalt

Zunächst einmal ist es immer hilfreich, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Und das können immer nur die wirklich feststehenden Tatsachen sein, insbesondere das, was der jeweils Beschuldigte bzw. an den Pranger gestellte einräumt, jedenfalls wenn nicht das Gegenteil mit gerichtsfesten Beweisen vorgetragen wird. Demnach hat der ältere Bruder des Politikers vor 35 Jahren ein Flugblatt verfasst und vervielfältigt, dessen Inhalt vor widerwärtigen antisemitischen Phrasen nur so strotzt. Der Text ist weithin öffentlich bekannt, sodaß er hier nicht wiederholt werden muß. Der Vorgang ist nun von einer oder mehreren anonym gebliebenen Personen über die Süddeutsche Zeitung an die Öffentlichkeit getragen worden. Zufällig wird in Bayern am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt und jetzt, sechs Wochen vorher, beginnt eben die heiße Phase des Wahlkampfs. Honi soit qui mal y pense. Natürlich haben sich sowohl der Politiker als auch sein Bruder entschieden von diesen Text distanziert.

Somit muß von einem Sachverhalt ausgegangen werden, wonach eine aktive Beteiligung des Politikers an dem Vorgang ausscheidet. Er hat allenfalls, soweit man das nach 35 Jahren überhaupt noch seinem Gedächtnis zuverlässig entnehmen kann, eine oder mehrere Kopien dieses Pamphlets in seiner Schultasche gehabt. Wie und aus welchem Grunde sie dort hinein gelangt sind, kann man heute nicht mehr feststellen. Spekulationen darüber werden indessen phantasievoll angestellt, wenig überraschend vom politischen Gegner und seiner Journaille, zu der natürlich die Süddeutsche Zeitung gehört. Vor allem muß man es auch beiden Herren abnehmen, daß sie sich wie hoffentlich jeder von uns auch persönlich weiter entwickelt haben und nicht auf der Stufe des unreifen Jugendlichen stehen geblieben sind. Auch das muß man wohl gewissen Politikern und Medienschaffenden in Erinnerung rufen. Zumal sie das in anderem Zusammenhang Politikern aus dem eigenen Lager gerne zubilligen, wie wir noch sehen werden.

Von Rechts wegen…

Natürlich muß bei einem solchen Sachverhalt auch die rechtliche Prüfung erfolgen. Nicht behandelt werden muß an dieser Stelle, daß die Verdachtsberichterstattung der Süddeutschen Zeitung angesichts der Substanzlosigkeit des Vorwurfs glatt rechtswidrig ist. Damit werden sich hoffentlich die Gerichte befassen müssen. Der Text dieses Flugblattes erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung, § 130 Abs. 1 StGB. Täter im Sinne dieser Vorschrift ist allerdings nur, wer einen solchen Text verfasst und/oder verbreitet. Beides trifft auf den Politiker Aiwanger nicht zu. Somit müssen wir auf der Grundlage des bekannten Sachverhalts als Zwischenergebnis festhalten, daß sich Herr Aiwanger nicht strafbar gemacht hat. Zur rechtlichen Einordnung ist indessen weiter hilfreich, gewissermaßen hilfsweise zu prüfen, was denn hätte geschehen müssen, wenn damals der 16-jährige Hubert Aiwanger wegen dieser Tat angeklagt worden wäre. Natürlich wäre Jugendstrafrecht zur Anwendung gekommen. Der bis dahin offensichtlich strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Jugendliche hätte vielleicht Jugendarrest bzw. eine Auflage, gemeinnützige Arbeit zu leisten, bekommen. Letztere hätte aus erzieherischen Gründen etwa darin bestehen können, Hilfsdienste bei der Instandhaltung und Pflege einer der KZ-Gedenkstätten zu leisten, um dem ausweislich seiner Tat offensichtlich unreifen Jugendlichen vor Augen zu führen, mit welchem Entsetzen er Scherz getrieben hat. Zu bemerken ist ferner, daß eine solche Straftat auch nach fünf Jahren verjährt. Wer auch immer der Täter war, seine Tat ist seit Ablauf des Jahres 1993, also seit 30 Jahren, verjährt.

Der Blick nach links

Wenn wir uns schon mit politischen Jugendsünden von Politikern befassen, dann müssen wir in alle Richtungen der politischen Landschaft schauen. Hubert Aiwanger und seine Freien Wähler werden grob dem konservativen Lager, also politikwissenschaftlich mitte/rechts eingeordnet. Blicken wir also nach links. Beginnen wir mit dem seinerzeit äußerst populären Außenminister Joschka Fischer von den Grünen. Vor seiner Laufbahn als Politiker hat er allerdings eine Laufbahn als politischer Straftäter hinter sich gebracht. Unbestritten war er in der Zeit von 1971-1976 Anführer einer gewalttätigen linksextremen Vereinigung, die sich selbst stolz „Putztruppe“ nannte. Man machte eben ordentlich Putz. Auf einem Foto aus dem April 1973 ist Fischer zusammen mit dem Terroristen Hans-Joachim Klein zu sehen, wie beide auf einen am Boden liegenden Polizisten einschlagen. 1975 ist Fischer am Angriff der Putztruppe auf das spanische Generalkonsulat beteiligt, bei dem Steine und Molotowcocktails geworfen werden. Am 10. Mai 1976 werden während einer von Fischer und seinen Mitstreitern geplanten Demonstration zugunsten der Terroristin Ulrike Meinhof unter dem Motto „Rache für Ulrike Meinhof“ schwere Gewalttaten begangen, unter anderem wird – um auch einmal den Namen eines unschuldigen Opfers zu nennen – der Polizist Jürgen Weber von Putztruppen-Aktivisten lebensgefährlich verletzt. Fischer selbst hat 2001 öffentlich zugegeben: „Ja, ich war militant, … wir haben Steine geworfen“. Nun ist Fischer am 12. April 1948 geboren, war also während der Begehung der geschilderten Taten zwischen 25 und 28 Jahre alt. Also erwachsen und strafrechtlich voll verantwortlich. Verurteilt wurde er deswegen nie. Offenbar war jedenfalls in unverjährter Zeit die Beweislage so schlecht, daß der Tatnachweis nicht in der zur Anklageerhebung erforderlichen Gewissheit geführt werden konnte. Die inmitten stehenden Straftaten indessen, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung, schwere Körperverletzung, Landfriedensbruch etc. haben auch entsprechend lange Verjährungsfristen, hier bis zu 10 Jahren.

Die kommunistische Vergangenheit, gern vergessen

Nicht nur die kriminelle Vergangenheit von Politikern ist interessant, auch sollte für den Wähler von Interesse sein, ob ein Politiker in seiner Jugend bereits fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stand, oder sich in extremistischen, verfassungsfeindlichen Kreisen bewegt hat. Da ist auf der linken Seite des politischen Spektrums in Deutschland doch einiges zu finden. Beginnen wir mit dem Herrn Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier war als Student Redakteur der linken Zeitschrift „Demokratie und Recht“, die im Pahl-Rugenstein Verlag – seinerzeit auch spöttisch „Pahl-Rubelschein Verlag“ genannt – erschien und zumindest geraume Zeit als Mitteilungsblatt der Vereinigung der Juristen in der DDR fungierte. Das Blatt wurde demgemäß auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Vielleicht deswegen forderte der Jurist Steinmeier schon damals eine Diskussion über eine linke Verfassungsinterpretation.

Betrachtet man unter diesem Aspekt die Vergangenheit einer Vielzahl von Politikern der Grünen, dann muß man zu dem Ergebnis kommen, daß starke Wurzeln dieser Partei die linksextremen kommunistischen Gruppen „Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW)“ und „Kommunistischer Bund (KB)“ sind. Diese jeweils maoistisch orientierten, teils straff organisierten und auch mit beträchtlichen finanziellen Mitteln ausgestatteten Organisationen spielten innerhalb der Linken in Deutschland vor allem in den siebziger Jahren eine große Rolle. Maßgebliche Funktionäre des KBW waren seinerzeit unter anderem die Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer, Ralf Fücks, Wilfried Kretschmann – ja, der volkstümlich schwäbelnde baden-württembergische Landesvater -, Joscha Schmierer, Freund und Günstling von Joschka Fischer und die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, allerdings nicht von den Grünen, sondern von der SPD. Funktionäre des KB waren unter anderem Angelika Beer, 2002-2004 Bundesvorsitzende der Grünen und der langjährige Parteivorsitzende und Bundesminister Jürgen Trittin. Aber auch „Die Linke“ ist prominent vertreten mit ihrer Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpcke.

Scheinheilig ist nun mal das Gegenteil von heilig

Es ist geradezu peinlich, wie nun vor allem das linke politische Lager in Deutschland von SPD bis Die Linke mit den Fingern auf Hubert Aiwanger zeigt. Die Bedeutung des Sprichworts, daß wer mit dem Finger auf andere zeigt, gleichzeitig mit drei Fingern auf sich selbst zeigt, kann kaum augenfälliger demonstriert werden, als an diesem Falle. Wenn etwa die bislang allerdings weder durch brillante intellektuelle Leistungen noch beruflichen Erfolg aufgefallene SPD-Vorsitzende Saskia Esken nun in dieser Geschichte herumwühlt, damit wenigstens irgendwelche Verdächtigungen die Nachrichtensendungen und Zeitungsartikel beherrschen, dann genügt natürlich ein Blick auf die derzeitigen Meinungsumfragen zur Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober. Da liegen die Freien Wähler bei 12,5 %, die SPD bei 10,2 %. Und, nebenbei bemerkt, die scheinheiligen Ermahnungen des CSU-Chefs Markus Söder, die Sache müsse sorgfältig aufgeklärt werden, obgleich alles aufgeklärt ist, lassen sich leicht mit dem Umfragewert seiner Partei erklären. Der liegt bei für CSU-Verhältnisse mageren 37,8 %.

Politisch‘ Lied

Es wird eben mit zweierlei Maß gemessen. Ein im linken Spektrum, das nun einmal seit der unseligen Ära Angela Merkel bereits bei den Unionsparteien beginnt und bei der Antifa endet, reichlich unbeliebter konservativer Politiker muß niedergemacht werden, egal wie, und egal was man gegen ihn anführen kann. Semper aliquid haeret wussten schon die alten Römer. Mit anderen Worten: es ist völlig gleichgültig, was wirklich passiert ist, maßgeblich ist allein, was in der Öffentlichkeit gesagt und geschrieben wird. „Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied!“ läßt Goethe in der Szene Auerbachs Keller im Faust I den Brandner sprechen. Betrachten wir die politischen Sitten zur Zeit Goethes und vergleichen wir sie mit Vorgängen wie der Affäre Aiwanger, überhaupt mit dem Verhalten von Politikern und Journalisten unserer Tage, dann fragen wir uns schon, welche Worte Goethe dafür fände, kehrte er auch nur für wenige Stunden auf die Erde zurück.

Der Ukraine-Konflikt – wer kann ihn wie lösen?

Seit nahezu eineinhalb Jahren tobt der Krieg in der Ukraine. Ein Ende erscheint nicht absehbar. Genauso lange währt die Debatte über, über ja was eigentlich? Die Ursache oder vielleicht die Ursachen? Wer hat Schuld? Wer ist im Recht? Kann sich der Konflikt ausweiten? Besteht die Gefahr des Atomkrieges? Kann Deutschland Kriegspartei werden oder ist es das bereits? Darf, soll oder muss Deutschland Waffen liefern? Soll die Ukraine Mitglied von NATO und/oder EU werden?

Was man dazu lesen kann, sei es in den großen Medien, sei es in den alternativen und sogenannten sozialen Medien, ist in aller Regel von unterkomplexer Problemerfassung und damit zwangsläufig intellektuell unzureichender Gedankenführung geprägt, was naturgemäß nicht zu brauchbaren Analysen oder gar Lösungsvorschlägen führen kann.

Ordnen wir also unsere Gedanken. Ein Konflikt wie dieser hat in aller Regel mehrere Dimensionen. Die geopolitische, die juristische, die militärische.

Die Rechtslage

Beginnen will ich mit der juristischen Dimension des Konflikts. Sie ist vergleichsweise einfach zu beurteilen. Hierzu verweise ich auf mein Buch „Tatort Ukraine“. Dort habe ich die völkerrechtliche Lage kurz erläutert. Davon habe ich jetzt nach einem Jahr seit Erscheinen nichts zurückzunehmen. Russland hat mit dem Angriff auf die Ukraine gegen Art. 2 Abs. 4 der Charta der Vereinten Nationen verstoßen. Dort ist ein unbedingtes Gewaltverbot festgelegt, das nur auf der Grundlage der Ausnahmetatbestände eben dieser Charta durchbrochen werden kann, insbesondere im Wege des Selbstverteidigungsrechts, des Rechts der Hilfe zur Selbstverteidigung und auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta, wo die kollektive Gewaltanwendung durch die Vereinten Nationen geregelt ist. Hinzu kommt die Verletzung mehrerer weiterer völkerrechtlicher Verträge und zwischenstaatlicher Verträge zwischen Russland und der Ukraine. Soweit ersichtlich, wird außer von Russland selbst und seinen Unterstützern nirgends die Auffassung vertreten, der Angriff sei juristisch gerechtfertigt gewesen. Hinzu tritt im vorliegenden Falle die Art und Weise der Kriegführung Russlands, die sich ganz offensichtlich auch gegen die Zivilbevölkerung richtet und damit gegen die einschlägigen Vorschriften des Kriegsvölkerrechts, vor allem in der nach wie vor geltenden Haaager Landkriegsordnung, verstößt. Es ist offensichtlich nur in wenigen Fällen so, daß die angegriffenen zivilen Ziele militärische Stellungen tarnen, was selbstverständlich deren Beschuss rechtlich zulässig macht. Und es ist offensichtlich auch nur in seltenen Fällen so, daß man von sogenannten Kollateralschäden sprechen kann. Insoweit bin ich auch der Auffassung, daß der Einsatz von Fernwaffen, die konstruktiv schon gar nicht dazu geeignet sind, Ziele präzise zu treffen, sondern bei deren Abschuss bereits als wahrscheinlich angenommen werden muß, daß sie weit abgelegene zivile Ziele treffen, selbstverständlich genauso zu beurteilen ist, wie der gezielte Angriff auf zivile Ziele. Was Kriegsverbrechen angeht, so dürften diese kaum auf die russische Seite beschränkt sein. Unbeschadet dessen, daß man bereits vereinzelt Bilder und Filme gesehen hat, die tatsächlich oder auch nur angeblich Kriegsverbrechen ukrainischer Soldaten zeigen, ist es nach aller Erfahrung ausgeschlossen, daß Kriegsverbrechen nur von einer Kriegspartei begangen werden. Insoweit wird sich – hoffentlich – nach der Durchführung von Verfahren vor unabhängigen Gerichten nach dem Kriege ein Erkenntnisgewinn ergeben.

Die Rechtslage ist auch letztendlich entscheidend. Denn keine geopolitische und keine militärische Überlegung kann Platz greifen, wenn sie dem Völkerrecht entgegensteht. Deswegen ist es völlig abwegig, etwa die Waffenlieferungen an die Ukraine mit dem Argument einstellen zu wollen, dann werde damit der Weg zu Friedensverhandlungen eröffnet. Denn dann könnte allenfalls ein Diktatfriede nach dem Muster von Versailles sei zulasten der Ukraine herauskommen. Und das wäre mit der Rechtslage unvereinbar.

Die geopolitische Bedeutung

Zumindest umstritten ist die geopolitische Beurteilung des Konflikts. Der Standpunkt Russlands ist, daß die Ausweitung der NATO bis an seine südwestlichen Grenzen durch Aufnahme der Ukraine in das westliche Bündnis die russischen Sicherheitsinteressen schwerwiegend berührt und nicht hingenommen werden kann. Die USA hätten seit 2004 daran gearbeitet, die Ukraine in das westliche Bündnis hinüber zu ziehen. Dieser Zeitpunkt habe nun kurz bevorgestanden. Man habe eben nicht anders gekonnt, als dem zuvorzukommen und das zu verhindern. Ein gewissermaßen präemptiver Angriff auf die Ukraine sei damit unausweichlich geworden. Der Standpunkt der USA und ihrer Verbündeten lässt sich dahingehend zusammenfassen, der Ukraine stehe wie jedem anderen Staat das Selbstbestimmungsrecht zu, was natürlich auch die Freiheit einschließe, sich um die Aufnahme in internationaler Organisationen und Bündnisse zu bemühen. Hinter dieser völkerrechtlichen Argumentation steht natürlich die geopolitische Erwägung, den Einflussbereich der USA zu erweitern, sowohl in politischer, als auch wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht. Tatsächlich ist es auch unstrittig, dass die USA seit 2004 erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Bevölkerung der Ukraine, vor allem ihre politische Klasse, davon zu überzeugen, daß ihre Zukunft im westlichen Bündnis liege, was für die Ukrainer einen erheblichen Gewinn an Wohlstand und Sicherheit mit sich bringen werde. Mit welchen Methoden dies teilweise geschehen ist, muß hier nicht weiter ausgebreitet werden. Seit ihrem Erscheinen auf der weltpolitischen Bühne handeln die USA robust und ohne Rücksicht auf das Recht allein in ihrem nationalen Interesse. Davon lassen sie sich bekanntlich nicht einmal durch eine Verurteilung durch den Internationalen Gerichtshof abbringen. Indessen muß dazu auch gesagt werden, daß alles unterhalb der Schwelle der Gewaltanwendung eben erlaubt ist. Bei aller berechtigten Kritik an diesem Verhaltensmuster der USA muss jedoch bemerkt werden, daß räsonieren nicht reicht. Man muß eben realistische, tragfähige Alternativen aufweisen können.

Natürlich ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Westbindung der Ukraine im Interesse der Ukraine selbst, aber auch des westlichen Bündnisses ist, und ferner, welche gangbaren Alternativen dazu denkbar sind. Wie die Reaktion Russlands auf die Bestrebungen, die Ukraine in das westliche Lager zu ziehen, unübersehbar zeigt, scheint das zu einer Verschärfung der Konfliktsituation zu führen, jedenfalls im Vergleich zur Lage bis 2004. Offenbar scheint der russische Präsident auch davon überzeugt zu sein, daß die Ukraine ursprünglicher Bestandteil Russlands ist und er insoweit eine Art Befreiungsfeldzug führen muß. Es gibt ja mehrere Äußerungen von ihm, wonach es ein ukrainisches Volk weder im ethnischen noch im juristischen Sinne eigentlich gibt. Unabhängig davon, ob diese Auffassung abwegig ist oder wenigstens zum kleinen Teil zutrifft, zeigt das, wie essenziell das Thema für Russland, jedenfalls unter der Administration Putin ist. Auch dies gilt es in die Überlegungen einzustellen. Dies unabhängig von der insoweit eindeutigen Rechtslage.

Wenn der Eintritt der Ukraine in die NATO geopolitisch eher Instabilität als Stabilität auslöst – worüber man selbstverständlich auch debattieren kann – dann müssen Alternativen dazu geprüft werden. Angesichts der jahrzehntelangen Erfahrungen neutraler Staaten in Europa, auch mit kriegerischen Konflikten höchster Intensität wie die beiden Weltkriege, erscheint eine politische Neutralität unter Übernahme des westlichen Wirtschaftssystems und der parlamentarischen Demokratie westlicher Prägung durchaus eine Alternative zur Einbindung in den russischen Machtbereich oder in das westliche Bündnis zu sein. Die Beispiele der Schweiz und der bis dato neutralen skandinavischen Staaten Finnland und Schweden zeigen hier einen naheliegenden und gangbaren Weg auf. Gerade das Beispiel Finnland als unmittelbarem Nachbarn der früheren Sowjetunion und der heutigen russländischen Föderation zeigt, daß ein Land alle Vorteile eines marktwirtschaftlichen und demokratisch-rechtsstaatlichen Systems genießen kann, ohne formal Mitglied der NATO und/oder der Europäischen Union zu sein. Das ist natürlich eine souveräne Entscheidung der Ukraine. Die Frage wird allerdings auch sein, ob ihr eine solche Entscheidung von den großen Spielern dieses Konflikts, also Russland und den USA, ermöglicht wird.

Die militärische Lage

Es geht hier nun einmal leider um einen Krieg. Somit hängen alle weiteren Überlegungen und Entscheidungen von der militärischen Lage ab. Es ist für Außenstehende schlicht unmöglich, die militärische Lage überhaupt nur zutreffend erkennen zu können, sodaß die darauf fußende Lagebeurteilung nicht auf sicherer Grundlage erfolgen kann. Zwar erhalten wir eine Fülle von Nachrichten vom Kriegsschauplatz. Diese stammen entweder direkt von den Kriegsparteien, oder werden von ihnen ausgewählt und/oder zensiert. Das ist in einem Krieg auch völlig normal. Wir sollten daher alle Nachrichten vom Kriegsschauplatz mit der gebotenen Vorsicht und mit begründetem Misstrauen zur Kenntnis nehmen und bewerten. Indessen kann eines gesagt werden: dieser Krieg dauert nun schon eineinhalb Jahre an, obwohl zu Beginn nahezu einhellig die Auffassung vorherrschte, er werde in wenigen Wochen vorbei sein. Diese Einschätzung fußte natürlich auf dem Kriegsbild des Kalten Krieges, das vom Aufeinandertreffen der Massenheere und dem unbegrenzten Einsatz der verfügbaren Waffen gekennzeichnet war. Ein solcher Krieg wäre schon wegen des Munitionsverbrauchs tatsächlich in wenigen Wochen zu Ende gewesen. Indessen erleben wir nun eine völlig neuartige Kriegführung, die davon gekennzeichnet ist, daß nur in wenigen Regionen Kampfhandlungen stattfinden. Offensichtlich finden große Bewegungen nicht mehr statt, den Streitkräften der Kriegsparteien gelingen offenbar nur noch geringfügige Geländegewinne. Dennoch ist der Blutzoll auf beiden Seiten sehr hoch, der Ausfall von Waffen und Gerät sowie der Verbrauch von Munition sind ebenfalls so hoch, daß Zweifel aufkommen müssen, wie lange noch genügend Nachschub an die Front kommen kann. Die Vorstellung vor allem deutscher Politiker und Journalisten, die Ukraine könne diesen Krieg gewinnen, wobei das die Vorstellung ist, sie könne den Feind vollständig aus dem Land werfen, ist ersichtlich wirklichkeitsfremd. Ebenso wirklichkeitsfremd ist die Furcht, durch die von internationalem Recht, insbesondere dem Recht, dem angegriffenen Staat in seiner Verteidigung gegen die Aggression beizustehen, auch durch Waffenlieferungen, zur Kriegspartei zu werden und möglicherweise dann selbst unter Beschuss zu geraten.

Es spricht viel für eine Pattsituation. Man hört auch von teils hochrangigen amerikanischen Generälen, daß die Vorstellung, die Ukraine könne ihr Staatsgebiet vollständig von russischen Streitkräften befreien und die Grenzen vom 24. Februar 2022 wiederherstellen, illusorisch sei. Es bestehe eher die Gefahr, daß Russland dank seiner wesentlich größeren Ressourcen am Ende seine Kriegsziele erreichen könne. Inwieweit diese pessimistische Prognose sich als richtig erweisen wird, können wir heute nicht wissen. Natürlich wird die personelle und materielle quantitative Unterlegenheit der Ukraine laufend durch Waffenlieferungen und Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichem Gerät wenn nicht vollständig ausgeglichen, so doch gemindert. Wenig wissen wir über die Qualität der russischen Streitkräfte, insbesondere ihres Personalersatzes. Am Ende könnte durchaus ein Unentschieden stehen. Dann wären Friedensverhandlungen für beide Parteien unausweichlich.

Was tun?

Wie sollte sich Deutschland verhalten? Die Frage zu stellen, erscheint angesichts des geringen und weiter sinkenden Gewichts unseres Landes in der Weltpolitik, bedingt einerseits durch unsere schwindende Wirtschaftskraft, andererseits durch unsere weiter schwindende militärische Stärke, eigentlich frivol. In einem Konflikt, der maßgeblich durch die Großmächte, besser gesagt Weltmächte USA, Russland und auch China beeinflusst werden kann, kann ein Land wie Deutschland, boshaft formuliert, allenfalls Konferenzräume bereitstellen. Dennoch muß sich Deutschland in diesem Konflikt positionieren. Auch wenn es als Mitglied der NATO letztendlich nur im Rahmen der Einstimmigkeit des Bündnisses handeln kann, so kann es durchaus seine Gedanken in die Entscheidungsfindung einbringen. Was das geopolitische Argument angeht, so sollte Deutschland im Interesse größtmöglicher Stabilität dazu raten, die Ukraine nicht in die NATO aufzunehmen, ihr indessen alle Garantien zu geben, die sie braucht, um als neutraler Staat nach dem Muster der Schweiz und Finnlands auch in unmittelbarer Nachbarschaft mit einem wenig freundlich gesonnenen Russland leben zu können. Für die Menschen im Lande ist es offensichtlich relativ gleichgültig, gerade was die persönlichen Lebensumstände angeht, ob man in einem NATO-Land wie Deutschland oder in einem neutralen Land wie der Schweiz lebt. Davon dürften die Bürger und Wähler der Ukraine durchaus unschwer zu überzeugen sein. Was die Mitgliedschaft in der EU angeht, so gilt hier sinngemäß das gleiche. Der Wohlstand der Bevölkerung hängt nicht davon ab, ob ihr Land Mitglied der EU ist oder nicht, wie die Schweiz, Norwegen und seit dem Brexit trotz aller Probleme Großbrtannien beeindruckend zeigen. Aus unserer Sicht steht einer Mitgliedschaft der Ukraine insbesondere die ausgeprägte Korruption in diesem Lande entgegen. Insoweit sollten wir aus dem Fehler gelernt haben, so korrupte Länder wie Bulgarien und Rumänien in die EU aufzunehmen. Es wäre also gut, wenn Deutschland sich angesichts seiner nur geringen Möglichkeiten auf die Rolle beschränken würde, die es als Bauer auf dem internationalen Schachbrett alleine spielen kann. Die Vorstellung, daß etwa der Bundeskanzler zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten vermitteln könnte, ist doch reichlich abwegig.

Verfassungsfeind Verfassungsschutz

Ich stelle diesem Artikel ein Zitat aus einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts voran:

Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (un des droits les plus précieux de l“homme nach Artikel 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789). Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205]). Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt, „the matrix, the indispensable condition of nearly every other form of freedom“ (Cardozo).

Der Angriff auf die Verfassung

Das Juristeninformationsportal LTO meldete dazu vor einigen Tagen: Die Jugendorganisation der AfD wird vom Verfassungsschutz inzwischen als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ beobachtet. Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch mitteilte, werden neben der Jungen Alternative (JA) nunmehr auch zwei weitere Gruppierungen der sogenannten Neuen Rechten – das Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein „Ein Prozent“ – von der Behörde entsprechend eingestuft. Alle drei Vereinigungen waren bislang als rechtsextremistische Verdachtsfälle vom Inlandsnachrichtendienst bearbeitet worden. „Es bestehen keine Zweifel mehr, daß diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen“, sagte BfV-Präsident Thomas Haldenwang. „Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet.“

Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, dort würden menschenwürdewidrige und demokratiefeindliche Ideologien und Konzepte verbreitet. Man ziele auf die Ausgrenzung vermeintlich „Fremder“ und versuche diese Positionen gesellschaftlich anschlussfähig zu machen. Das gezielte Propagieren von Feindbildern und das Schüren von Ressentiments in der Bevölkerung seien zudem generell geeignet, den Boden für unfriedliche Verhaltensweisen gegenüber den Betroffenen zu bereiten. Deutlich werde dies insbesondere bei zahlreichen Äußerungen, die sich gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes) richteten. So verträten die Führungspersonen des IfS ein ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis und strebten ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk an. Die propagierte Vorstellung, daß es ein deutsches Volk jenseits des im Grundgesetz als der Gesamtheit der deutschen Staatsangehörigen definierten Staatsvolkes gebe, impliziere eine Herabsetzung von eingebürgerten Staatsangehörigen zu Deutschen zweiter Klasse. Diese Vorstellung werde durch das IfS nicht ausschließlich, aber insbesondere über das Ideologem des Ethnopluralismus transportiert. Darüber hinaus behaupteten die handelnden Akteure in einer die Menschenwürde verletzenden Weise eine drohende Auflösung des deutschen Volkes und einen angeblich stattfindenden „Bevölkerungsaustausch“, auch „Großer Austausch“, „Umvolkung“ oder „Ersetzungsmigration“ genannt.

Des weiteren lastet der Verfassungsschutz der nun so eingestuften, besser gesagt diskriminierten Jugendorganisation einer in nahezu allen deutschen Parlamenten vertretenen Partei an, sich „immer wieder demokratiefeindlich zu äußern“. Die Vielzahl von Verunglimpfungen politischer Gegner, aber auch des Staates und seiner Repräsentanten an sich zeige, daß es der Jungen Alternative nicht um den demokratischen Diskurs, „sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland“ gehe. Das ist letztendlich die Ausfüllung der vom Verfassungsschutz am Gesetz vorbei entwickelten Formel von der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates, was er sich als weiteres Aufgabengebiet selbst gestellt hat.

Wir wollen im folgenden zunächst einmal untersuchen, inwieweit diese Einstufung der genannten Organisationen nach geltendem Recht überhaupt zutreffend ist, und in einem weiteren Schritt herausarbeiten, um was es eigentlich geht.

Was schützt die Verfassung?

Unsere Verfassung wird gerade im Hinblick auf die Notwendigkeit, sie zu schützen, als freiheitliche demokratische Grundordnung bezeichnet. Die Grundrechte des Bürgers stehen in dieser Verfassung, anders als in ihren Vorläufern, prominent am Beginn des Textes. Sie sind ganz offensichtlich Freiheitsrechte, wie das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, der freien Meinungsäußerung, des Recht der Glaubens- und Gewissensfreiheit, das Recht, Vereinigungen zu bilden oder sich friedlich und ohne Waffen unter freiem Himmel zu Kundgebungen zu versammeln, um nur einige zu nennen. Sie sind Ausprägungen der in Artikel 1 umfassend formulierten Menschenwürde, die zu achten und zu schützen Aufgabe aller staatlichen Gewalt ist. Und daher nehmen sie allesamt jedenfalls in ihrem Kernbestand an der sogenannten Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG teil, die es nicht einmal der verfassungsändernden parlamentarischen Mehrheit ermöglicht, diese Grundrechte abzuschaffen, ebenso wenig wie die Grundzüge der demokratischen Ordnung als da sind freie Wahlen, Gewaltenteilung und eine unabhängige Justiz.

Der Verfassungsschutz und seine Aufgaben sind im Grundgesetz nicht beschrieben. Er ist von Verfassungs wegen nicht zwingend notwendig. Die dem Grundgesetz innewohnende Konzeption der wehrhaften Demokratie, wie sie sich aus der Möglichkeit des Verbots von Vereinigungen nach Art. 18 GG und dem Verbot von politischen Parteien nach Art. 21 GG für den Fall, daß diese eben jene Grundrechte, die nicht einmal der parlamentarische verfassungsändernde Gesetzgeber abschaffen darf, beseitigen wollen, setzt nicht zwingend die Existenz einer Behörde voraus, die solche Umtriebe nicht nur beobachtet und registriert, um sie dann der Bundesregierung zu melden. Noch weniger verlangt das Grundgesetz nach einer Behörde, die ihre Beobachtungen und Einschätzungen veröffentlichen darf, und so die betreffenden Beobachtungsobjekte an den Pranger stellt. In demokratischen Staaten ist eine solche Behörde auch im allgemeinen nicht existent. Deutschland und Österreich stellen hierAusnahmen von der Regel dar. In Diktaturen ist das naturgemäß anders.

Erwähnung im Verfassungsschutzbericht

Die Erwähnung einer Person oder Personenmehrheit in einem Verfassungsschutzbericht hat eine Prangerwirkung, und diese Prangerwirkung ist auch beabsichtigt. Denn aus der Sicht des Verfassungsschutzes ist es notwendig, die Bevölkerung vor solchen Personen bzw. Organisationen zu warnen, die er als Verfassungsfeinde einstuft. Der gewünschte Effekt ist, daß der Betroffene ausgegrenzt wird. Der Verfassungsschutz verhält sich wie die Eltern in dem bekannten Lied des seinerzeitigen Rechtsanwalts, Schriftstellers und Liedermachers Franz Josef Degenhardt „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!“ aus dem Jahr 1965. Indessen hat es damit nicht sein Bewenden. Der Verfassungsrechtslehrer Dietrich Murswiek stellt dazu fest: „Staatsbürgerliche Bewusstseinsbildung ist aber nicht die einzige Funktion des Verfassungsschutzberichts. Er ist zugleich ein äußerst wirksames Kampfinstrument. Er dient der Bekämpfung der von der Verfassungsschutzbehörde als Verfassungsfeinde identifizierten Organisationen, über die er berichtet. Indem die im Verfassungsschutzbericht erwähnten Organisationen und Personen als „Extremisten“ ausgewiesen werden, werden sie von Amts wegen zu Verfassungsfeinden erklärt. Das ist mehr als die Information der Öffentlichkeit darüber, daß die betreffenden Organisationen nach den Feststellungen und Wertungen der Verfassungsschutzbehörde verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Es ist eine Kampfansage des Staates: Der Staat betrachtet die von ihm als Extremisten eingestuften Organisationen als seine Feinde. Soweit sie gegen Gesetze verstoßen, werden sie mit den Mitteln des Strafrechts und des Polizeirechts bekämpft. Soweit sie sich legal verhalten, werden sie ebenfalls nicht in Ruhe gelassen, sondern politisch bekämpft. Die Feinderklärung im Verfassungsschutzbericht durch Einstufung als „extremistisch“ ist der erste und entscheidende Schritt dieses Kampfes“.

Verfassungsgerechte Arbeit des Verfassungsschutzes

Somit hat der Verfassungsschutz bei seiner Arbeit in erster Linie die Verfassung zu beachten, und hier zuvörderst die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger. Die Bewertung von Meinungsäußerungen und politischen Bestrebungen hat sich deswegen am Freiheitsgrundrecht des Art. 5 GG zu orientieren. Aus diesem Grund habe ich an den Anfang meiner Ausführungen die zitierte Passage aus dem grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit, dem, hier ist der Ausdruck angebracht, berühmten Lüth-Urteil vom 15.01.1958 vorangestellt. Die Meinungsfreiheit ist eben für eine Demokratie schlechthin konstituierend, ohne Meinungsfreiheit kann es eine Demokratie nicht geben. Die überragende Bedeutung dieses Freiheitsgrundrechts in den Augen der damaligen Verfassungsrichter zeigt sich an ihrer Bezugnahme auf die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1789 ebenso wie die Tatsache, daß die Verfassungsrichter hier zweimal aus einem fremdsprachigen Text im Original zitieren, einmal Französisch und einmal Englisch. Das hat das Bundesverfassungsgericht vorher und nachher nicht mehr getan. Weil das so ist, hat das Bundesverfassungsgericht dann auch immer wieder verlangt, daß Meinungsäußerungen grundsätzlich so auszulegen sind, daß ihnen der rechtlich unverfängliche Sinn beigemessen wird und nicht etwa ein rechtswidriger oder gar gegen die Rechtsordnung gerichteter Sinn hineininterpretiert wird. So findet sich in einem einschlägigen Verfassungsschutzbericht die Bewertung des Begriffs „Passdeutscher“ in einem inkriminierten Text als Beleg für eine völkisch/rassistische Haltung der Verfasserin. Indessen ist die naheliegende Interpretation des Begriffs doch die, daß sie Leute kritisiert, die nach Deutschland einwandern und sich nicht integrieren, auch nicht integrieren wollen, sondern nur die mit der deutschen Staatsbürgerschaft verbundenen wirtschaftlichen Vorteile, insbesondere die Segnungen des Sozialstaates, genießen. Die Unterstellung indessen, damit werde der betreffende Zuwanderer zu einem Deutschen zweiter Klasse herabgewürdigt, ist nur möglich, wenn man diesen Text böswillig interpretiert, um zum gewünschten Ergebnis der Verfassungsfeindlichkeit zu gelangen.

Auslegungsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts

Somit unterfällt alles, was über den Begriff des Volkes hier geschrieben wird, erst recht Art. 5 Abs. 1 GG. Bei der überragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit, wie aus dem Lüth-Urteil ersichtlich, und im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen ist, daß ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist, wobei stets von dem Wortlaut der Äußerung auszugehen ist, muß schon die Auslegung des Wortlauts verfassungskonform erfolgen. Der Wortlaut allein legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und ihren Begleitumständen bestimmt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind. Bei der Überprüfung zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Sanktionen geht das Bundesverfassungsgericht von dem Grundsatz aus, daß die Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zur Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher andere mögliche Deutungen, die nicht völlig fern liegen, mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen zu haben (vergl. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 25.03.2008, Az. 1 BvR 1753/03, RNrn. 32, 33 mwN, ferner Urteil vom 15.12.2004, NJW 2005, 1341 ff. [1343 l.Sp.], BVerfGE 94, 1 ff; BVerfGE 93, 266 ff; BVerfGE 86, 122 ff.; std. Rspr.). Allerdings fällt auf, daß diese Erkenntnis weder in der Verwaltungspraxis noch bei den Fachgerichten hinreichend internalisiert ist. Denn wie wäre es sonst erklärlich, daß das Bundesverfassungsgericht immer wieder daran erinnern muß, daß die Gewährleistung der Meinungsfreiheit nur dann gesichert ist, wenn bereits bei der Auslegung von Äußerungen ihre überragende Bedeutung für Demokratie und Rechtsstaat berücksichtigt wird. Die Auslegungsgrundsätze des Verfassungsschutzes hingegen nehmen sich bisweilen aus wie Verschwörungstheorien. Das Wesensmerkmal von Verschwörungstheorien indessen ist, daß nicht die offenkundigen
Tatsachen, sondern für gewöhnliche Menschen nicht erkennbare geheime Vorgänge dahinter in Wahrheit die Welt bewegen. Eine solche Argumentation entfernt sich weit von den klassischen Regeln des Textverständnisses. Es können wohl nur die Adepten des Meisters der Arkanwissenschaften Armin Pfahl-Traughber, der als Hochschullehrer den Nachwuchs der Verfassungsschützer ausbildet, in einem obskuren Labor um Mitternacht bei Mondschein jene Tinktur herstellen, die man über den inkriminierten Text streicht, um dann die darunter versteckte okkulte Botschaft ans Licht zu bringen. Derartige Wortverdrehung ist aber auch von Rechts wegen unzulässig, weil auch hier der allgemeine Rechtssatz Geltung beansprucht, der schon im römischen Recht gegolten hat: cum in verbis nulla ambiguitas est, non debet admitti voluntatis quaestio (wenn in den Worten keine Zweideutigkeit ist, kann die Frage nach dem Gemeinten nicht zugelassen werden). Indessen ist unter Bezugnahme auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darauf hinzuweisen, daß zugunsten der betroffenen Vereinigungen im Falle ihrer Auslegungsbedürftigkeit eine Auslegung ihrer Texte vorzunehmen ist, die jeweils die rechtlich unbedenkliche Bedeutung ergibt. Der Verfassungsschutz indessen wählt durchgehend die böswillige Interpretation der zitierten Texte zum Nachteil des jeweiligen Autors bzw. Redners.

Diese Grundsätze sind zu beachten, wenn man nun die zitierten Begründungen des Verfassungsschutzes für die Anprangerung der genannten Gruppierungen als verfassungsfeindliche Organisationen untersucht.

Liest man Verfassungsschutzberichte, in denen Vereinigungen rechtsextreme Bestrebungen im Sinne eines menschenrechtswidrigen völkischen Rassismus unterstellt werden, so findet man als Begründung regelmäßig zwar Texte der betreffenden Organisationen, in denen vom deutschen Volk ohne Beschränkung auf die Staatsbürgerschaft die Rede ist, und in denen die Verteidigung seiner spezifischen kulturellen Identität propagiert wird. Der Verfassungsschutz legt diese Texte dann aber stets in dem Sinne aus, der zur verfassungsfeindlichen Negierung der Menschenrechte führt, und nicht in dem Sinne, daß man durchaus verfassungskonform die Identität des eigenen Volkes fördern will.

Volk und Staatsvolk

Der Verfassungsschutz unterstellt den genannten Organisationen eine sogenannte völkische Einstellung dahingehend, daß sie deutschen Staatsbürgern, die keine ethnischen Deutschen, also über Generationen in Deutschland ansässigen Menschen sind, absprechen wollen, „richtige“ Deutsche zu sein. Dazu muß zunächst einmal offenbar unterstellt werden, daß es außer dem deutschen Staatsvolk kein deutsches Volk im ethnischen Sinne gibt. Die Vorstellung, daß es nur ein Staatsvolk und nicht etwa ein davon verschiedenes oder losgelöstes Volk an sich gebe, ist natürlich abwegig und findet sich ersichtlich nur in Deutschland. Etwa einem Kurden zu erklären, ein kurdisches Volk gebe es nicht, weil es keinen kurdischen Staat und damit kein kurdisches Staatsvolk gebe, würde bei ihm wohl mindestens die nonverbale Reaktion hervorrufen, den ausgestreckten Zeigefinger an seine Schläfe zu führen. Ebenso wenig würde es kein Jude akzeptieren können, die Existenz des jüdischen Volkes außerhalb der israelischen Staatsangehörigkeit zu verneinen. In konsequenter Fortführung des wirren Gedankenkonstrukts des Verfassungsschutzes hätte demgemäß auch ein polnisches Volk zwischen 1795 und 1918 nicht existiert, weil es in jener Zeit einen polnischen Staat nicht gab. Wie absurd das auch nach deutschem Recht und deutscher Staatspraxis ist, will ich nachfolgend an einigen Beispielen darstellen.

Volk in der Verfassung

Nun gibt schon unsere Verfassung in Art. 116 GG einen Hinweis darauf, daß es nicht nur deutsche Staatsbürger, sondern wohl auch sonstige Deutsche geben muß, denn es heißt dort: „Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.“ Also gibt es nach dem Grundgesetz eine deutsche Volkszugehörigkeit außerhalb der deutschen Staatsangehörigkeit. Das mag hinsichtlich der genannten Flüchtlinge und Vertriebenen heute nur noch von marginaler Bedeutung sein, zeigt aber, daß die Konzeption des Grundgesetzes bereits von einem Dualismus Volk/Staatsvolk ausgeht, mithin die Existenz eines deutschen Volkes über die Gesamtheit der Staatsangehörigen hinaus voraussetzt.

Doch auch die Verfassungen der Bundesländer sind insoweit aufschlussreich, als sie die Rechte nationaler Minderheiten schützen. Dies wiederum setzt denknotwendig voraus, daß es jenseits der Staatsangehörigkeit ethnische Zugehörigkeit gibt. Etwa Art. 37 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt:

(1) Die kulturelle Eigenständigkeit und die politische Mitwirkung ethnischer Minderheiten stehen unter dem Schutz des Landes und der Kommunen.

Oder Art. 6 der Verfassung des Landes Schleswig Holstein:

Nationale Minderheiten und Volksgruppen

(1) Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist frei; es entbindet nicht von den allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten.
(2) Die kulturelle Eigenständigkeit und die politische Mitwirkung nationaler Minderheiten und Volksgruppen stehen unter
dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der
deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe haben
Anspruch auf Schutz und Förderung.

Ebenso Art 5 der Verfassung des Freistaates Sachsen:

(1) Dem Volk des Freistaates Sachsen gehören Bürger deutscher, sorbischer und anderer Volkszugehörigkeit an. Das Land erkennt das Recht auf Heimat an.

(2) Das Land gewährleistet und schützt das Recht nationaler und ethnischer Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege ihrer Sprache, Religion, Kultur und Überlieferung.

(3) Das Land achtet die Interessen ausländischer Minderheiten, deren Angehörige sich rechtmäßig im Land aufhalten.

Art. 6 [Das sorbische Volk]

(1) Die im Land lebenden Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit sind gleichberechtigter Teil des Staatsvolkes. Das Land gewährleistet und schützt das Recht auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege und Entwicklung ihrer angestammten Sprache, Kultur und Überlieferung, insbesondere durch Schulen, vorschulische und kulturelle Einrichtungen.
(2) In der Landes- und Kommunalplanung sind die Lebensbedürfnisse des sorbischen Volkes zu berücksichtigen. Der deutsch-sorbische Charakter des Siedlungsgebietes der sorbischen Volksgruppe ist zu erhalten.
(3) Die landesübergreifende Zusammenarbeit der Sorben, insbesondere in der Ober- und Niederlausitz, liegt im Interesse des Landes.

Die ethnisch-kulturelle Identität gegen ihre Auflösung durch Einwanderung aus anderen Kulturen zu schützen, wird – wenn es um andere Völker geht – auch von Bundesregierung und Bundestag
anerkannt. So hat der Bundestag die Massenansiedlung von Chinesen in Tibet als Zerstörung der tibetischen Identität und Kultur kritisiert. (BT-Drucks. 13/4445; BT-Prot. 13/10086, 10107). Die Verfassungen der Bundesländer schützen, wie oben ausgeführt, die kulturelle Eigenständigkeit und politische Mitwirkung ethnischer Minderheiten. Dem trägt der Staat ja auch durch Fördermaßnahmen Rechnung, allerdings auch im Hinblick auf deutsche Minderheiten in anderen Ländern.

Das ist auch internationales Recht. Art. 1 Abs. 1 der UN-Deklaration über Minderheitenrechte vom 18.12.1992, A/RES/47/135 legt fest: „Die Staaten schützen die Existenz und die nationale oder ethnische, kulturelle, religiöse und sprachliche Identität der Minderheiten in ihrem Hoheitsgebiet und begünstigen die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität.“ Wenn es aber sowohl völkerrechtlich als auch verfassungsrechtlich festgeschrieben ist, daß ethnische Minderheiten einen Anspruch auf Wahrung und Förderung ihrer Identität haben, und dies auch in Deutschland traditionelle staatliche Praxis ist, wie Schutz und Förderung der Rechte alteingesessener ethnischer Minderheiten wie der Dänen, Sorben, Friesen, Sinti und Roma zeigen, dann ist die Förderung von Kultur und Traditionen der ethnischen Mehrheit zweifellos ebenso legitim. Soweit also diese Förderung von Kultur und Traditionen der ethnisch Deutschen eingefordert wird, kann dies nicht als Propagierung eines „völkischen“ Verständnisses der Nation gewertet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat im Maastricht-Urteil die relative Homogenität eines Volkes jedenfalls in kultureller Hinsicht als Voraussetzung für demokratische Legitimation bezeichnet.

Der hochangesehene ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Ernst-Wolfgang Böckenförde hat das Thema so umschrieben:
„Der spezifische Charakter der demokratischen Gleichheit… zielt – über die formelle rechtliche Zugehörigkeit, die die Staatsangehörigkeit vermittelt, hinausweisend – auf ein bestimmtes inhaltliches Substrat, zuweilen substantielle Gleichheit genannt, auf dem die Staatsangehörigkeit aufruht. Hier meint Gleichheit eine vor-rechtliche Gemeinsamkeit. Diese begründet die relative Homogenität, auf deren Grundlage allererst eine auf der strikten Gleichheit der politischen Mitwirkungsrechte aufbauende demokratische Staatsorganisation möglich wird; die Bürger wissen sich in den Grundsatzfragen politischer Ordnung ,gleich‘ und einig, erfahren und erleben Mitbürger nicht als existenziell anders oder fremd und sind – auf dieser Grundlage – zu Kompromissen und loyaler Hinnahme der Mehrheitsentscheidungen bereit“. (Ernst-Wolfgang Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II, 3. Aufl.2004, RNr. 47).
Demgemäß weist der Verfassungsrechtler Rupert Scholz auch auf die Notwendigkeit einer gewissen Identitätswahrung hin: „Sollte die Einwanderung solche Ausmaße annehmen, daß dessen (des
Staatsvolkes) Identität sich verändert, dann ist das mit dem Grundgesetz wohl nicht mehr zu vereinbaren.“ (Rupert Scholz, „Das schwächt die Verfassung“, Interview mit Moritz Schwarz, Junge
Freiheit 21.06.2019, S.3). Martin Wagener („Kulturkampf um das Volk“) zitiert den Verfassungsrechtslehrer und ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der seines Erachtens klarstellt, daß es im Rahmen der freiheitlichen Ordnung des Grundgesetzes natür-
lich zur Entfaltung unterschiedlicher Kulturen kommen könne. Kirchhof sieht allerdings auch eine Grenze, die zu beachten die Aufgabe des Staates sei: „Würde das Stichwort der Multikulturalität
hingegen als ein Wettbewerb gegenläufiger Kulturen gedeutet, dessen Ergebnis sich der nur beobachtende Staat zu eigen machte, so wäre die Freiheitlichkeit gelegen und missverstanden…. Zu der rechtlich vorgefundenen Wirklichkeit, die der Staat zu achten und auszugestalten hat, gehört das Staatsvolk, die Nation, die den konkreten Verfassungsstaat rechtfertigt, seine Aufgaben und
Maßstäbe bestimmt.“ (Paul Kirchhof, Der Staat als Organisationsform politischer Herrschaft und rechtlicher Bindung, DVBl 99, 642). Wagener leitet daraus ab, daß es im vorrechtlichen Raum
nicht nur eine kulturelle Identität gibt, sondern auch einen Ursouverän, der diese kreiert hat. Das deutsche Volk hat sich somit als Kulturnation nach den Einigungskriegen einen eigenen Staat ge-
geben. (Martin Wagener, Kulturkampf um das Volk, Lau Verlag, 2021, S. 114 ff.) Zu Recht zitiert er insoweit aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31.07.1973 zum Grundlagenver-
trag: „Mit der Errichtung der BRD wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert. Die BRD ist also nicht ,Rechtsnachfolger‘ des Deutschen
Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat ,Deutsches Reich‘, – in Bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings ,teilidentisch‘. Das historische deutsche Volk – der Ursouverän – von 1871 ist folglich mit jenem von 1949 kulturell und damit identitär verbunden (BVerfGE, 36, 1 ff.). Wagener weiter: „Zur Politik des Ursouveräns gehörte – abgesehen von den Jahren 1933-1945 – nie die Absicht, das friedliche Zusammenleben mit Menschen anderer Kulturen auszuschließen;
deutsche Staatsbürger konnten und können natürlich auch Menschen ohne deutsche Volkszugehörigkeit werden. Nicht vorgesehen waren dagegen eine sich ausbreitende Islamisierung in einem
christlich-abendländisch geprägten Land und die Entstehung ganzer Parallelgesellschaften.“
Eine gültige Definition hat seinerzeit Richard von Weizsäcker in einer Rede vom 24. Februar 1972 im Deutschen Bundestag gegeben: „Ich meine, Nation ist ein Inbegriff von gemeinsamer Vergangenheit und Zukunft, von Sprache und Kultur, von Bewusstsein und Wille, von Staat und Gebiet. Mit allen Fehlern, mit allen Irrtümern des Zeitgeistes und doch mit dem gemeinsamen Willen und Bewusstsein hat diesen unseren Nationbegriff das Jahr 1871 geprägt. Von daher – und nur von daher – wissen wir, daß wir uns als Deutsche fühlen. Das ist bisher durch nichts anderes ersetzt.“ (Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, 172. Sitzung, Bonn 24.02.1972, S. 9838).

Art. 21-24 des französischen Code Civil schreibt vor:
„Niemand kann eingebürgert werden, wenn er nicht seine Assimilation in die französische Gemeinschaft nachweist, insbesondere durch eine, je nach seinen Voraussetzungen, zureichende Kenntnis der französischen Sprache, Geschichte, Kultur und Gesellschaft, deren Niveau und Bewertungsmethoden per Dekret im Staatsrat festgelegt werden, sowie der Rechte und Pflichten, welche mit der französischen Staatsangehörigkeit verbunden sind, sowie durch die Einhaltung der Grundsätze und der wesentlichen Werte der Republik.“ Dieses Gesetz des Landes, dem die Welt die Erklärung der Menschenrechte von 1789 zu verdanken hat, tritt also in konsequenter Fortführung der Gedankenkonstrukte des Verfassungsschutzes die Menschenrechte mit Füßen.

Die zitierten Äußerungen des ehemaligen Verfassungsrichters Ernst Wolfgang Böckenförde, des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof und der übrigen zitierten Juristen sind zweifelsfrei
verfassungskonform. Ihnen „völkischen“ Rassismus zu unterstellen, wäre absurd.

Die Diskussion um die Begriffe Staatsvolk (Demos) und Volk (Ethnos) ist an und für sich überflüssig. Staatsvolk ist ein allein verfassungs- und einfachgesetzlicher Begriff. Das Bundesverfassungsgericht befasst sich im zweiten NPD-Urteil vom 17.01.2017 deswegen auch ausschließlich mit dem Begriff des Staatsvolkes. Das Grundgesetz regelt als Gesetz im materiellen Sinn auch nur rechtliche Sachverhalte. Der Begriff des Volkes indessen ist ein rein soziologischer Begriff und entzieht sich daher der rechtlichen Beurteilung. Es ist daher ein Kategoriefehler, bei der Prüfung, ob die JA, das IfS oder wer auch immer verfassungsfeindlich agiert oder nicht, über den Begriff des Volkes überhaupt zu sprechen.

Der Begriff des Volkes im Sinne von Ethnos und nicht im Sinne von Demos, also auch im Zusammenhang mit Abstammung und angestammten Siedlungsgebiet findet sich jedoch auch durchgängig in Publikationen der Bundesregierung. So zum Beispiel in der Broschüre des Bundesinnenministeriums: „Deutsche Minderheiten stellen sich vor“. Sie stammt aus dem Jahr 2018, ist allerdings derzeit nur noch als Datei auf der Internetseite des Ministeriums verfügbar. Das Bundesinnenministerium legt in dieser Broschüre durchgängig einen ethnisch-kulturellen Begriff des Volkes, und gerade des deutschen Volkes zu Grunde. Sämtlichen dort vorgestellten
deutschen Minderheiten in Staaten wie Belgien oder Usbekistan wird als Unterscheidungsmerkmal von der umgebenden Mehrheitsbevölkerung ihre Abstammung, ihre spezifisch deutsche kulturelle Prägung und ihr angestammtes Siedlungsgebiet zugeschrieben. Die Bundesregierung misst dem Schutz und der Förderung dieser deutschen Minderheiten auch einen entsprechenden Stellenwert bei. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) förderte deutsche Minderheiten in Europa in den Jahren 2017-2020 mit 91,45 Millionen €; im Jahr 2021 war eine Förderung in Höhe von 25,21 Millionen € vorgesehen. Ziele der Förderung sind die Stärkung der deutschen Gemeinschaften, die Verbesserung der Lebensperspektiven sowie der Erhalt der ethnokulturellen Identität durch insbesondere Sprach- und
Jugendförderung (Bundestagsdrucksache 19/32556, S. 22 Nr. 28). Damit kommt sie dem Auftrag nach, den die Vereinten Nationen in ihrer Entschließung vom 18.12.1992 formuliert haben. Art. 1 Abs. 1 der UN-Deklaration über Minderheitenrechte vom 18.12.1992, A/RES/47/135 legt fest: „Die Staaten schützen die Existenz und die nationale oder ethnische, kulturelle, religiöse und sprachliche Identität der Minderheiten in ihrem Hoheitsgebiet und begünstigen die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität.“

Aus dem gleichen Grunde unterstützt sie indigene Völker auf der ganzen Welt beim Kampf um ihre Rechte. In diesem Zusammenhang ist beispielhaft auf die vom Auswärtigen Amt herausgegebene Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen,
Heft 4/2021 zu verweisen. Dort findet sich die Definition indigener Völker im Beitrag von Theodor Rathgeber. Es lohnt sich daraus zu zitieren: „Der Begriffsteil >indigen< beansprucht erstens, daß Menschen und Gemeinschaften die aus ihrer Herkunft stammenden (Kultur)güter nach eigenem Ermessen für ihre Lebensentwürfe verfügbar machen und selbstbestimmt weiterentwickeln wollen. Bei Sprache, Religion oder Musik gilt das für ethnische
und religiöse Minderheiten auch…. Zum anderen drückt >indigen< den Anspruch aus, über ein historisch verbürgtes Siedlungsgebiet und dort befindliche Ressourcen ein Eigentumsrecht ausüben zu können… Der Begriff fußt zweitens außerdem, neben anthropologischen und historischen Kriterien, auf dem Merkmal der – plausiblen – Selbstidentifikation…. Das Element der Selbstidentifikation enthält ebenso den Aspekt der offenen Entwicklung. Angehörige indigener Völker reklamieren für sich keine museale, anthropologisch-
historisch fixierte Existenz, sondern beanspruchen eine Weiterentwicklung nach eigenem Ermessen…. Drittens enthält der Begriff >indigene Völker< den Anspruch auf die Selbstbestimmung der Völker entsprechend dem Völkerrecht.“

Angebliche Demokratiefeindlichkeit

Der Verfassungsschutz unterstellt der Jungen Alternative (JA) Demokratiefeindlichkeit. Denn die Parteijugend der AfD äußere sich immer wieder demokratiefeindlich. Die Vielzahl von Verunglimpfungen politischer Gegner, aber auch des Staates und seiner Repräsentanten an sich zeige, daß es der jungen Alternative nicht um demokratischen Diskurs, sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland gehe. Nun gibt es im Strafgesetzbuch bei uns keinen Straftatbestand, wie er sich im Strafgesetzbuch der DDR von 1984 fand. Diese Strafvorschrift hieß „öffentliche Herabwürdigung“ und war definiert wie folgt: „Wer in der Öffentlichkeit die staatliche Ordnung oder staatliche Organe, Einrichtungen oder gesellschaftliche Organisationen oder deren Tätigkeit oder Maßnahmen herabwürdigt“ wird…. bestraft“. Es geht eben hier um den im Verfassungsschutzgesetz überhaupt nicht beschriebenen Tatbestand der sogenannten verfassungsrelevanten Delegitimierung des Staates. Diese Aufgabe hat sich Herr Haldenwang zur Freude oder gar auf Befehl der Antifa-Freundin auf dem Stuhl des Bundesinnenministers selbst gegeben. Danach gerät in das Visier des Verfassungsschutzes, wer politische Amtsträger und ihre Arbeit kritisiert, weil darin angeblich die Delegitimierung, also der Wunsch nach Abschaffung des betreffenden Amtes in seiner verfassungsmäßigen Funktion und nicht eben die legitime Kritik an der Amtsführung liege. Von der intellektuellen Qualität einer solchen Argumentation her ist das so, als sei derjenige, der die Entfernung eines pädophilen Priesters aus der katholischen Kirche verlangt, ein Gegner der katholischen Kirche schlechthin. In Wahrheit will er aber seine Kirche davor schützen, wegen solcher krimineller Amtsträger in Verruf zu geraten. Wer die miserable Amtsführung und die staunenswerte Inkompetenz vieler Bundesminister kritisiert, ruft in den Augen der Verfassungsschützer nicht nach Besserung der politischen Verhältnisse, sondern will das demokratische System zugunsten einer mindestens autoritären, wenn nicht gar diktatorischen Staatsform abschaffen. Diese Gedankenführung ist so bizarr, grotesk, ja geradezu krank, daß sie nur damit erklärbar ist, daß es hier nicht um den Schutz des demokratischen Rechtsstaates vor einem Umsturz geht, sondern um die Ersetzung des politischen Diskurses durch Repression, mit anderen Worten, die Fortsetzung der Politik mit juristischen Mitteln. Die sog. Neue Rechte um Götz Kubischek versuche „den Bereich des Sagbaren“ nach rechts zu verschieben. Das gelte es zu unterbinden. Tatsächlich haben wir es hier mit dem Versuch der derzeitigen politischen Mehrheit zu tun, den Bereich des Sagbaren rechts zu beschneiden und somit insgesamt nach links zu verschieben.

Verfassungsschutz und Medien

Leider findet sich in den Mainstream-Medien nicht der Hauch einer Kritik am Vorgehen des Verfassungsschutzes, das Geist und Buchstaben der Verfassung krass zuwiderläuft. Im Gegenteil. Frau Faeser und ihr „Horch und Guck“ 2.0 werden über den Schellenkönig gelobt. Indessen ist gerade dieses Vorgehen gegen Bürger und Parteien, deren politische Einstellung den meisten Politikern und Journalisten nicht paßt, dazu geeignet, das Vertrauen der Bürger in die politische Klasse zu beschädigen. Das führt zur Spaltung der Bevölkerung und auf längere Sicht zur tatsächlichen Delegitimierung des Staates. Wer sich so verhält, verdient auch nicht das Vertrauen der Bürger, sondern ihre Verachtung.

Klimakleber – Widerstandsrecht?

Die Aktionen der selbsternannten „letzten Generation“, im Volksmund „Klimakleber“ genannt, zeigen sehr deutlich auf, wie gespalten unsere Gesellschaft tatsächlich ist. Auf der einen Seite die von der unumstößlichen Gewissheit, die Welt werde in Kürze untergehen, wenn nicht sofort und mit drastischen Maßnahmen der Ausstoß von CO2 verhindert werde, beseelten zumeist jungen, akademisch (ver-)bildeten „Aktivisten“, auf der anderen Seite die große Mehrheit der Bevölkerung, die deren Treiben verständnislos gegenüber steht.

Klimawandel – woher und wohin

An dieser Stelle soll nicht grundsätzlich auf die Problematik des Klimawandels, insbesondere die Frage, ob und in welchem Umfang er „menschengemacht“ ist, eingegangen werden. Lediglich die grundlegende und von diesen Zeitgenossen zur Begründung ihrer drastischen Aktionen angeführte Behauptung, die Welt stünde vor dem baldigen Untergang, wenn nicht sofort die Maßnahmen ergriffen würden, die sie fordern, soll kurz angesprochen werden. Tatsächlich haben sich diese Weltuntergangsszenarien, wie sie seit 1990 vom Weltklimarat vorhergesagt worden sind, allesamt nicht bestätigt. Diese – demokratisch im übrigen nicht legitimierte – Organisation hatte ja in ihrem ersten Report von 1990 prognostiziert, daß bis zum Jahr 2010 weltweit mindestens 50 Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen würden. Das hat sich eben nicht bestätigt. Der Weltklimarat ist dann auch 2014 zurückgerudert und hat davon abgesehen, derartig präzise Vorhersagen, auch bezüglich der Häufigkeit von Wirbelstürmen und Dürren, zu machen. Im Report 2007 war zu lesen, daß die Gletscher im Himalaja bis 2035 verschwinden würden, vielleicht schon früher, wenn die Erde sich weiterhin mit der aktuellen Geschwindigkeit erwärmte. Auch diese Aussage hat sich als falsch herausgestellt. Einige Gletscher im Himalaya wachsen sogar. Auch macht ein Blick in die Erdgeschichte nachdenklich. In der Kreidezeit vor etwa 65 bis 140 Millionen Jahren war das Erdklima tropisch warm. In der mittelalterlichen Warmzeit zwischen 1000 und 1300 n.Chr. war es 1,5-2° wärmer als im langjährigen Mittel von 1000-1800 n. Chr., nämlich zwischen 15,5 und 17,5°. Der Durchschnittswert im 20. Jahrhundert hingegen liegt bei 15,5°. Nun lebten die Menschen in der mittelalterlichen Warmzeit in Europa gut, Wälder und Wiesen waren grün, die Äcker fruchtbar. Daß also eine Erwärmung der Erde um rund 2° deren Untergang, oder mindestens katastrophale Naturereignisse einschließlich Hungersnöten nach sich ziehen könnte, muß doch sehr in Zweifel gezogen werden.

Die Einpeitscher der Klimakleber

Man muß allerdings auch fragen, woher diese geradezu hysterische Angst nicht nur der Klimakleber, sondern auch der Schulkinder kommt, die als Bewegung „fridays for future“ nicht nur die Schule schwänzen, sondern allenthalben Aufsehen erregen. Es sind doch verantwortungslose Wissenschaftler wie etwa die Professoren des Potsdamer Klimainstituts, die durch ständige Alarmmeldungen, vor allem die Behauptung, künftige Naturkatastrophen könnten nur verhindert werden, wenn auf der Stelle der Ausstoß von CO2 durch menschliche Aktivitäten aller Art drastisch eingeschränkt werde, diese hysterische Angst erst erzeugen. Daß auch unter ihnen Leute sind, die über das Vehikel des Klimaschutzes eine andere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung herbeiführen wollen, ist ja nun auch bekannt. Leider wird es rechtlich nicht möglich sein, diese Scharlatane als Anstifter im strafrechtlichen Sinne zur Verantwortung zu ziehen. Die moralische Verantwortung haben sie allemal.

Wo bleibt das Recht?

Doch wollen wir uns auf die Rechtslage konzentrieren. Denn die Aktionen der Klimakleber werden derzeit vor den Gerichten verhandelt. In aller Regel werden sie auch verurteilt, ungeachtet dessen, daß sie für sich in Anspruch nehmen, gewissermaßen in Notwehr das Widerstandsrecht aus Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes auszuüben. Das sei deswegen gerechtfertigt, weil Parlament und Regierung einfach nicht ihrer Verantwortung für die Menschen, vor allem mit Blick auf die Zukunft, gerecht würden. Damit stoßen sie – merkwürdigerweise, muß ich sagen – in Politik und Medien auf sehr viel Sympathie, teilweise sogar Zustimmung. Sogar ein Amtsrichter in Berlin hat sich ja dazu verstiegen, dieser Argumentation zu folgen und in einem Strafverfahren gegen einen dieser „Aktivisten“ auf Freispruch erkannt. Indessen hat das Landgericht auf die Berufung der Staatsanwaltschaft dieses Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an einen anderen Richter desselben Gerichts zurückverwiesen.

Die Anmaßung der „Erleuchteten

Nun ist durchaus bemerkenswert, mit welchem moralischen Anspruch und mit welcher geradezu manichäischer Glaubensgewissheit diese Leute argumentieren. In einem Schreiben an die Bundesregierung führt die sogenannte letzte Generation unter anderem aus: „Wir erachten es als unsere Pflicht, alles Gewaltfreie zu tun, was in unserer Macht steht, um dieses Unrecht zu beseitigen. Sollten wir bis zum 7.10.2022 keine Antwort erhalten,…. sehen wir keine andere Möglichkeit, als gegen Ihren aktuellen Kurs Widerstand zu leisten. Wir werden in diesem Fall ab 10.10.2022 erneut für eine maximale Störung der öffentlichen Ruhe sorgen..“ Abgesehen davon, daß von gewaltfreiem Widerstand nicht die Rede sein kann, was noch auszuführen sein wird, erstaunt die Überheblichkeit, mit der hier eine Gruppe von Menschen, die keinerlei demokratische Legitimation hat, – niemand hat sie gewählt – einem Verfassungsorgan vorschreiben will, was es zu tun hat, und ihm ein Ultimatum setzt.

Demokratie braucht Regeln – Besserwisser offenbar nicht

Entgegen der Einstufung solcher Aktionen als „fortgeschrittene Form der Demonstration“ (Jo Leinen) oder „Element einer reifen politischen Kultur“ (Jürgen Habermas) durch linke Denker muß man die Gesetzwidrigkeit der jeweiligen Aktion, die in aller Regel auch noch verharmlosend als „Regelverstoß“ bezeichnet wird, als das bestimmende Merkmal dieses zivilen Ungehorsams einstufen. Man stellt sich ja bewusst einer demokratisch und rechtsstaatlich zustande gekommenen Entscheidung entgegen, und zwar nicht auf dem dafür vorgesehenen Weg der demokratischen Meinungsbildung und Entscheidung oder durch Beschreitung des Rechtswegs zu den zuständigen Gerichten, sondern man setzt den Willen seiner Gruppe, die offensichtlich eine kleine Minderheit in der Gesellschaft ist, über Recht und Gesetz. Indessen ist es geradezu Wesensmerkmal des zivilisatorischen Fortschritts, der zur demokratischen Organisation der Macht geführt hat, daß die Bürger auf die Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen zugunsten der demokratischen Willensbildung verzichtet haben. Bestandteil dieses Gesellschaftsvertrages ist das staatliche Gewaltmonopol zur Einhegung individueller Machtausübung. Daraus folgt die Verpflichtung zum Rechtsgehorsam, wenn das Recht in den dafür vorgesehenen Kategorien herausgebildet wird. Ist Recht rechtsförmlich entstanden, so ist es zu befolgen; mag man dies hinterfragen, so stehen einem jeden Rechtsunterworfenen die entsprechenden verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Dies bedeutet dann aber auch, daß zivler Ungehorsam nicht zur eigenhändigen Durchsetzung bestimmter Ziele mit außergesetzlichen Mitteln instrumentalisiert werden kann, wenn mit gesetzlichen Mitteln der gewünschte Erfolg nicht erreicht werden kann, so der Würzburger Verfassungsrechtler Kyrill A. Schwarz.

Widerstandsrecht?

Abwegig ist in diesem Zusammenhang die Berufung auf das Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 GG. Schon der Wortlaut dieser Verfassungsbestimmung zeigt auf, daß es hier um einen ganz anderen Regelungsbereich geht. „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung (Demokratie und Rechtsstaat nach den Regeln dieses Grundgesetzes, Anmerkung des Verfassers) zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Historisch nimmt dieser Satz unausgesprochen auf den Widerstand Stauffenbergs und seiner Mitstreiter gegen die nationalsozialistische Diktatur Bezug. Und damit ist auch klar, was gemeint ist. Nicht gegen den demokratischen Staat, sondern gegen Umstürzler, die wie weiland Hitler und die Seinen sich des Staates bemächtigen wollen, um seine demokratische Ordnung zu beseitigen, ist dieses Recht in die Verfassung geschrieben worden. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer seiner grundlegenden Entscheidungen, nämlich dem KPD-Verbotsurteil vom 17.8.1956, dieses Widerstandsrecht als ein Notrecht zur Bewahrung und Wiederherstellung der Rechtsordnung qualifiziert, das nur in einem konservierenden Sinne ausgeübt werden dürfe. Dieses Widerstandsrecht zielt also auf die Bewahrung der Verfassungsordnung, nicht aber auf Veränderung und Verbesserung; Widerstand ist nicht Revolution. Und dies ist ausdrücklich beschränkt auf die Verfassungsordnung als solche, nicht aber berechtigt das Widerstandsrecht zur Verweigerung des Rechtsgehorsams aus Gewissensgründen oder berechtigt etwa allgemein zu zivilem Ungehorsam – was nichts anderes als schlichter Rechtsbruch wäre – gegenüber vorgeblich unmoralischen oder gefährlichen Emanationen der Staatsgewalt oder, wie im Fall des Klimaschutzes, angeblich pflichtwidrigen Unterlassungen der öffentlichen Gewalt, um erneut Schwarz zu zitieren.

Das Klimaschutzurteil aus Karlsruhe ist kein Ermächtigungsgesetz

Die selbsternannten Klimaschützer berufen sich somit auch zu Unrecht auf das sogenannte Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.3.2021. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar mit diesem Urteil beanstandet, daß die vom Gesetzgeber beschlossenen Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht ausreichend weit in die Zukunft gerichtet seien und damit die Rechte der jungen Generation auf ein Leben ohne die schädlichen Folgen des Klimawandels missachteten. Deswegen wurde dem Gesetzgeber aufgegeben, hier nachzubessern. Unbeschadet dessen, daß nach Meinung vieler Verfassungsrechtler das Gericht damit über seine Kompetenzen hinausgegangen ist, auch wenn Art. 20 a GG dem Staat die Aufgabe zuweist, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung“. Bei der Verwirklichung dieses Staatsziels hat ja sowohl die Legislative als auch die Exekutive einen Beurteilungs-, eigentlich auch einen Ermessensspielraum und es geht wohl nicht an, heute dem Gesetzgeber aufzugeben, Dinge zu regeln, die erst in Jahrzehnten Auswirkungen haben bzw. Regelungsbedarf hervorrufen. Indessen ist es aber klar, daß auch die Umsetzung dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf demokratischem und rechtsstaatlichem Wege zu erfolgen hat, und es nicht angeht, daß eine kleine Gruppe von Klimazeloten die demokratisch verfassten Staatsorgane zum Handeln nötigt.

Die Absicht hinter dem Klimaschutz

Hinzu kommt, daß es diesen Missionaren der Klimareligion ersichtlich nur vordergründig um den Naturschutz und die Lebensgrundlagen der Menschen geht. Vielmehr kommt hier erneut der Marxismus unter einer Maske daher, diesmal unter der Maske des Klimaschutzes. Die ursprüngliche Intention, über die Mobilisierung der sogenannten Arbeiterklasse den Sozialismus mit dem Endziel des Kommunismus aufzubauen, ist ja bekanntlich grandios gescheitert. Nun versucht man es heute einerseits über die Veränderung der überkommenen gesellschaftlichen Kultur (Stichwort gender and diversity) und andererseits über den Klimaschutz. Dankenswerterweise hat eine der Gallionsfiguren dieser Bewegung, und zwar eine der verzogenen Gören aus einem Hamburger Multimillionärsclan, neulich in einer Talkshow klipp und klar erklärt, daß man mit der Demokratie hier nicht weiter komme, vielmehr müssten da diejenigen das Sagen haben, die eben wissen, worum es geht. Es soll also wohl ihre kleine Gruppe von Erleuchteten in der Art des Politbüros einer kommunistischen Partei bestimmen, wie Staat und Wirtschaft zu funktionieren haben. Bei einer solchen Grundüberzeugung nimmt es natürlich nicht Wunder, wenn man solche Kleinigkeiten wie das Grundgesetz und das Strafgesetzbuch beiseite lässt.

Der Vorrang des Rechts

Natürlich machen sich die Klimakleber wegen Nötigung strafbar. Darauf hat der große Verfassungsrechtslehrer Rupert Scholz erst vor kurzem hingewiesen, und die Gerichte verurteilen ja auch die Klimakleber nach § 240 StGB, auch wenn vielfach beim Strafmaß zugunsten der Angeklagten keine verwerflichen Gründe, vielmehr beachtenswerte Motive unterstellt werden. Indessen rechtfertigen auch diese Motive keine Straftaten, können allenfalls als mildernde Umstände, wie das im Volksmund heißt, berücksichtigt werden. Nach Sachlage ist aber auch dies meines Erachtens verfehlt. Es gibt überhaupt keine achtenswerten Gründe, die den Frontalangriff auf Demokratie und Rechtsstaat entschuldigen könnten, den diese Klimazeloten führen. Denn wenn erst einmal zweierlei Recht gilt, dann dauert es nicht mehr lange, bis gar kein Recht mehr gilt.