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Der gute Kamerad und der schlaue Fuchs

Der russisch/ukrainische Krieg hat viele Facetten. Unter anderem sollte man sich die Unterstützungsleistungen des Westens für die Ukraine einmal genauer anschauen. Natürlich haben alle Staaten der Vereinten Nationen das Recht, Waffen an andere Staaten zu liefern, auch in Kriegszeiten. Das war schon immer so. Und das macht den Lieferanten von Waffen nicht zur Kriegspartei. Ich habe das in meinem Buch „Tatort Ukraine“ auf Seiten 55 ff. im einzelnen dargelegt.

Historische Beispiele

Die USA haben historisch ein eindrucksvolles Beispiel mit dem sogenannten Lend-Lease-Act von 1941 gegeben. Großbritannien, aber auch die Sowjetunion, erhielten Waffen in großem Umfang, von Kriegsschiff bis zum Militär-Lkw. Die Schweiz belieferte sowohl die Achsenmächte als auch die Alliierten.

Wer bezahlt?

Eine ganz andere Frage ist, wer das alles bezahlt. Es geht ja um erhebliche wirtschaftliche Werte. So sollen die Waffenlieferungen der USA an die Ukraine derzeit einen Gegenwert von rund 47 Milliarden $ haben. Und auch die deutschen Lieferungen kosten sehr viel Geld. Und damit erhebt sich die Frage, wer das alles bezahlt. Historisch ist das so, daß die USA sich ihre Waffenlieferungen im Zweiten Weltkrieg von Großbritannien und der Sowjetunion bezahlen ließen. Die Rückzahlungen endeten erst 2006. Quelle:www.thegeopolitics.com/mythos-over-ukraine-military-aid-how-the-land-lease-act-works/. Autor Julian McBride. Aktuell ist das so, daß der Lend-Lease-Act Ukraine, den Präsident Biden am 09.05.2022 unterzeichnet hat, ebenfalls die Lieferung von Waffen und Ausrüstung gegen Bezahlung festlegt.

Der gute Mann aus Germany

Deutschland indessen stellt der Ukraine keine Rechnung. Vielmehr werden Waffen aus den Beständen der Bundeswehr ohne Berechnung abgegeben. Was zugekauft wird, wird aus dem für die Ukraine aufgelegten Hilfsfonds bezahlt. Das gilt etwa für das Iris T System. Vier dieser Systeme sollen geliefert werden, für jeweils 140 Millionen €. Aber auch die Lieferung gebrauchter Schützenpanzer des Typs Marder ohne Rechnung schont den Staatshaushalt der Ukraine. Vor Jahren verkaufte Deutschland gebrauchte Marder an Chile für immerhin 50.000 € pro Stück, was heute bei 40 gelieferten Schützenpanzern doch immerhin auch 2 Millionen € ausmachen würde. Vielleicht die sprichwörtlichen Peanuts. Doch hat die Bertelsmann-Stiftung 2017 ausgerechnet, daß die IT-Ausstattung einer weiterführenden Schule 1,5 Millionen € kostet. Aber wir haben es ja. Ob Frankreich für die nunmehr gelieferten Spähpanzer AM X-10 RC der Ukraine eine Rechnung stellt, ist bisher nicht bekannt. Allerdings handelt es sich um ein ausgemustertes Modell. Inzwischen läuft der Nachfolger EB RC 6 × 6 Jaguar der Truppe zu.

Der geschäftstüchtige Uncle Sam

Bedenkt man, daß der größte Profiteur des Wechsels der Ukraine aus dem russisch dominierten Wirtschaftsraum in den Westen ganz sicher die USA sein werden, die seit 2004 auch ganz offen diesen Prozess mit vielen Milliarden Dollar unterstützen, dann sieht man hier auch die Grenzen der Großzügigkeit. Wie schon im Zweiten Weltkrieg, so achten die USA auch hier stets auf ihren wirtschaftlichen Vorteil. Sie haben eben nichts zu verschenken. Der deutsche Michel indessen gefällt sich in der Rolle des guten Kameraden und des Spendier-Onkels, auch dann, wenn das mit Schulden finanziert werden muß. So dumm sind andere nicht.

Es ist sicher nicht nur rechtens, sondern auch geopolitisch vernünftig, einem außenpolitisch aggressiven Regime wie Russland, möglicherweise bald auch China, militärisch Grenzen zu setzen, mindestens aber denjenigen zu unterstützen, der sich gegen einen rechtswidrigen Angriff wehrt. Dies zum Nulltarif zu tun, ist indessen töricht. Die Ukraine ist auch kein armes Land, sie verfügt in großem Umfang über Bodenschätze und hat eine leistungsfähige Industrie aufgebaut. Man kann dort sogar Milliardär werden, was uns die dortigen Oligarchen immer wieder beweisen. Warum also nicht militärische Unterstützung leisten, ohne die Geschäfte aus den Augen zu verlieren? Von Uncle Sam kann man da etwas lernen.



Die Binde der heiligen Einfalt

Nun stehen sie da. Die wackeren Streiter für die Menschenrechte, für die Diversität, für die Werte unserer aufgeklärten Zivilisation. Zeigen wollte man es ihnen, den Zurückgebliebenen, den Verächtern der Menschenrechte, den Homophoben. In dem Land, in dem Homosexualität schlicht verboten ist, weil Allah das im Koran als Sünde mit Strafe belegt hat, in dem Land, dessen so genannter WM-Botschafter in erfrischender Ehrlichkeit vor laufender Kamera bekundet hat, das sei eben eine Geisteskrankheit, in genau diesem Land wollte man nun ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für Toleranz, Diversität und, na klar, die Menschenrechte.

Die Farben des Regenbogens sollten das finstere Mittelalter erleuchten

Die „One Love Binde“ sollte es sein, die während einer Fernsehübertragung gefühlt 100 mal sichtbare Kapitänsbinde, sie sollte das politische Signal sein. Seht her, wir sind die Verteidiger der Menschenrechte, wir treten für sie ein auch da, wo sie mit Füßen getreten werden, ja erst recht da wo man glaubt, mit Geld alles kaufen zu können, auch die Haltung.

Nun hat das nicht geklappt. Die FIFA hat – wen überrascht das eigentlich? – durchgesetzt, was sie dem mit unerschöpflichen Reichtum gesegneten Veranstalter selbstverständlich versprochen hat: Provokationen unterbleiben. Natürlich wäre es eine Provokation erster Güte gewesen, wenn die Mannschaftskapitäne einiger westeuropäischer Fußballverbände mit der sogenannten One Love Binde, also dem Symbol für sogenannte queere, transsexuelle und sonstige, sagen wir einmal sehr spezielle, Lebensweisen aufgelaufen wären. In der muslimischen Welt, gerade auf der Arabischen Halbinsel, wo der Koran das geistliche wie weltliche Gesetz ist, wäre das in der Tat ein unerhörter Affront gewesen. So kommt es nun nicht.

Wer wollte da die Welt an der Nase herumführen?

Der Vorgang löst Nachdenklichkeit aus. Was geschieht da tatsächlich? Beginnen wir mit dem aktuellen Hype um die sogenannte LGBTQ-Community, also die Leute, die aus ihrer sexuellen Veranlagung oder auch nur ihrer geistigen Nähe zu den politischen Forderungen dieser Gruppen eine gesellschaftspolitische Position gemacht haben, und zwar mit erheblicher Durchschlagskraft. Zu erinnern ist hier an die bevorstehende Änderung des Personenstandsgesetzes in Deutschland, wonach künftig jeder Mensch ab einem Alter von 14 Jahren nach Belieben erklären und verlangen kann, als Mensch mit einem anderen als seinem biologischen Geschlecht anerkannt und angesprochen zu werden, und das jährlich aufs Neue. Erinnern wir an das Husarenstück einer Mikrominderheit, die dem Gesetzgeber und dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich weisgemacht hat, ein erheblicher Prozentsatz der Bevölkerung sei psychisch und wohl auch physisch weder Mann noch Frau, weswegen beispielsweise Stellenanzeigen sich an Menschen nicht zweierlei, sondern dreierlei Geschlechter richten müssen (M/W/D). Eigentlich ist es eine Anmaßung sondergleichen, als Minderheit im allenfalls untersten einstelligen Prozentbereich, nimmt man alle Entitäten zusammen, die unter diesen Begriff fallen, der übergroßen Mehrheit seine Sicht der Dinge aufzwingen zu wollen.

Diese gesellschaftspolitische pressure-group kann als ihren ersten Erfolg verbuchen, daß Politik und Medien so tun, als gehöre jeder Mensch mit einer von der Norm abweichenden sexuellen Veranlagung zu ihr, und werde also auch von dieser pressure-group vertreten. Schon das ist eine glatte Lüge. So nimmt keineswegs jeder Homosexuelle, nicht einmal die Mehrheit der Menschen mit dieser Veranlagung, an dem Tuntenkarneval namens Christopher Street Day teil. Vielmehr ist es Menschen mit Bildung und Kultur, Menschen von vornehmer und zurückhaltender Lebensart, eher zuwider, sich in dieser häufig geschmacklosen, lächerlichen und nicht selten obszönen Art öffentlich zur Schau zu stellen. Es ist auch keineswegs der Wunsch aller Menschen mit dieser sexuellen Veranlagung, nach außen zu sein, was man von Natur eben nicht ist und die Travestie der Ehe zu leben. Auch eine feste Liebesbeziehung bedarf auch unter Heterosexuellen nicht immer und unbedingt der juristischen Bestätigung, welche die Menschheit über 100 tausende von Jahren als Keimzelle der Familie entwickelt hat.

Dabei sein ist alles

Der zweite Erfolg dieser lautstarken Minderheit ist die Verankerung ihrer Forderungen in Politik und Medien als gewissermaßen Lackmustest für Demokratie und Menschenrechte. Es ist gerade in Deutschland, aber auch etwa in den USA, schlechterdings nicht möglich, auch nur die Auswüchse dieser gesellschaftspolitischen Verirrungen zu kritisieren. Denn damit stellt man sich ins Abseits. Das Groteske daran ist, daß hier nicht die große Mehrheit den allgemeinen Konsens bestimmt, sondern vielmehr von einer Mikrominderheit ins Abseits gestellt wird. Da darf dann natürlich niemand sich den Forderungen der „woken“ Minderheit verschließen oder gar öffentlich entgegenstellen. Die Brandmarkung als „homophob“ ist ihm sicher. Und das ist heute ein Makel, der so schwer wiegt, wie noch vor Jahrzehnten die Beschuldigung, ein Kinderschänder zu sein. Letzteres ist heute wohl eher nicht mehr ganz so schlimm. Bei Teilen der linksgrünen Stichwortgeber scheint da immer noch nachzuwirken, was in der Gründungsphase der Grünen halt zu tolerieren war.

Da dürfen dann auch die Sportfunktionäre nicht fehlen. Meinen sie doch, auf jeden gesellschaftspolitischen Zug aufspringen zu müssen, weil sie fürchten, ansonsten nicht nur nicht ernst genommen zu werden, sondern möglicherweise die Gunst der Mächtigen in Politik und Medien zu verlieren. Somit werden sportliche Großveranstaltungen als Bühne für die Verkündung politischer Forderungen benutzt. Man gehört eben einfach dazu. Man ist eben Teil der woken Communities und kann sich dann nicht mit schnödem 1 : 0 begnügen. Also versucht man die Bühne der Fußballweltmeisterschaft zu nutzen, um durchzusetzen, was westliche Gesellschaften für die unabdingbaren Menschenrechte halten, was indessen anderswo, etwa im Veranstalterland, völlig anders gesehen wird.

Wie naiv dürfen Sportfunktionäre eigentlich sein?

Auch daran ist zweierlei zu bemerken. Zum einen hat man ja gewußt, an wen man die Ausrichtung der Fußball-WM 2022 vergeben hat. Man hätte es einfach bleiben lassen können. Aber es pfeifen ja die Spatzen von den Dächern, daß da viel Geld, sehr viel Geld im Spiel war. Wer hier mit welchen Summen bestochen worden ist, kann aber dahinstehen und ist nicht der Rede wert. Wenn man sich schon für moralischer hält als die FIFA, dann hätte man ja als Deutscher Fußballbund durchaus mit Blick auf die Lage der Menschenrechte in Katar von der Teilnahme an den Qualifikationsspielen absehen können, um eben nicht in einem solchen Land auftreten zu müssen und damit an der Verhöhnung der Menschenrechte mitzuwirken, jedenfalls so wie man es sieht. Sich aber vorzustellen, daß ausgerechnet ein absolutistischer muslimischer Herrscher es zulassen könnte, daß in seinem Land, in dem mit vielen Milliarden finanzierten Disneyland, gegen die Gebote seiner Religion vor den Fernsehkameras der Welt demonstriert wird, eine solche Vorstellung ist derartig naiv, daß man sie in der Tat nur als heilige Einfalt bezeichnen kann. Heilige Einfalt nannte man in früheren Jahrhunderten nun einmal den naiven Glauben, was man etwas flapsig auch mit treudoof übersetzen kann.

Was deutsche Bessermenschen nie begreifen werden

Zum anderen haben sich andere Sportverbände klüger verhalten. Der französische Fußballverband etwa hat von vornherein von derartigen Provokationen abgesehen. Die gleiche Empfehlung gibt bei uns in Deutschland auch ausgerechnet der Vorsitzende der Spielergewerkschaft, also der Interessenvertretung der Berufsfußballspieler. Die Begründung ist einfach. Wenn ich in einem Land zu Gast bin, beachte ich eben die Regeln, die dort gelten. Nur dann darf ich auch hier bei uns von jedem Gast verlangen, daß er eben unsere Regeln beachtet. Allerdings ist letzteres aus der Sicht unserer linksgrünen Bessermenschen natürlich wiederum ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Auch eine menschenrechtswidrige Ideologie wie der Islam ist in Deutschland eben willkommen, weil wir doch so tolerant sind, daß wir jede Intoleranz tolerieren, vorausgesetzt, sie kommt nicht aus Deutschland.

Doch wie gesagt. Die heilige Einfalt. Ob sie den Funktionären des DFB einen Platz im Himmel verschaffen wird, werden wir – hoffentlich – sehen, bzw. nicht sehen.


Es fällt auf

Zu den vielen personell üppig ausgestatteten und damit für den Steuerzahler teuren Organisationen ohne administrative Funktion gehören die diversen Aufklärungszentralen. Bekannt ist vor allem die Bundeszentrale für die politische Bildung. Sie hat 220 Mitarbeiter, ihr Haushaltsvolumen lag 2019 bei 64,19 Millionen €. Es gibt eine Bundeszentrale für die Ernährung mit einer nicht bekannten, sicherlich aber auch beeindruckenden Zahl von Mitarbeitern. Auch kleinere Organisationen dieser Art wie die Bundeszentrale für Kinder-und Jugendmedienschutz mit einem Haushaltsvolumen 2021 von 6,024 Millionen € sind auf dem jeweils namensgebenden Gebiet umfangreich tätig, ohne daß die jeweils zuständigen Ministerien etwa untätig wären. Nach oben ragt heraus die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit immerhin 350 Mitarbeitern und einem Jahresetat von 120 Millionen € (2021).

Amtspornos

Diese Organisation fällt derzeit besonders durch eine Plakataktion auf. Wer mit offenen Augen durch die Straßen unserer Städte und Gemeinden geht oder fährt, stößt allerorten auf Plakate, die Menschen bei sexueller Aktivität zeigen bzw. Menschen, auf deren Körper Texte geschrieben sind, die eindeutig sexuellen Bezug haben. Das ganze läuft bei dieser Zentrale als Liebesleben Kampagne „Hautnah“. Nun mag man es für notwendig oder weniger notwendig halten, die Leute auf die Gefahren sexuell übertragbarer Krankheiten aufmerksam zu machen. Erwachsene Menschen wissen jedoch in aller Regel, daß sexuelle Kontakte mit fremden Menschen, nicht nur solchen des horizontalen Gewerbes, die Gefahr von Ansteckungen mit Geschlechtskrankheiten mit sich bringen. Die Kinder werden in der Schule aufgeklärt, natürlich auch über diese Risiken. Die Art und Weise, in der dies von jener Bundeszentrale betrieben wird, ist jedoch kritikwürdig. Schließlich wird hier im öffentlichen Raum jeder, ob er will oder nicht, mit dem Anblick sexueller Aktivitäten konfrontiert und das zu jeder Zeit. Den Verantwortlichen für diese Kampagne kommt es offenbar nicht in den Sinn, daß längst nicht jeder wünscht, auf Schritt und Tritt mit sexuellen Dingen konfrontiert zu werden, vor allem, weil man ja in aller Regel mit anderen Dingen beschäftigt ist. Für normal denkende Menschen ist die Sexualität auch etwas sehr privates, ja intimes. Die meisten Menschen wollen sich deswegen auch mit anderen Leuten als ihren Ehe- oder sonstigen ständigen Sexualpartnern über derartige Dinge nicht unterhalten. Im öffentlichen Raum damit konfrontiert zu werden, finde ich jedenfalls lästig, ja übergriffig.

Darf aber nicht jeder!

Erstaunlich ist, daß dieselbe politische Klasse, die gegen das Absingen anzüglicher Liedtexte in der Öffentlichkeit (Donaulied, Layla) mit Verboten vorgeht, die Besetzung des öffentlichen Raums mit sexuellen Darstellungen jedoch fördert, wenn es dabei um den Schutz vor ansteckenden Krankheiten gehen soll. Abgesehen davon, daß man derartige Aufklärung durchaus dezent betreiben kann, ohne an Wirksamkeit einzubüßen, stellt sich schon die Frage der Proportionen.

Propaganda und Zahlenwirklichkeit

Es geht um Präventionsmaßnahmen gegen ansteckende Krankheiten, um das grob zu umreißen. Also sollte man das Problem auch in seiner Quantität erfassen. Hilfreich ist wie so häufig ein Blick in die amtlichen Statistiken. Die Fallzahlen übertragbarer Krankheiten in Deutschland für 2020 (Quelle statista, Abruf 25.09.2022) stellen sich wie folgt:

Gesamtzahl:        2.129.547

davon Covid-19:  1.785.656

ohne Covid-19:       343.889

Darunter Fallzahlen der sexuell übertragbaren Krankheiten:

Syphilis 7.374; Hepatitis B 6.798; HIV 2.454, zusammen 16.626.

Sexuell übertragbar waren also 0,78 % der Gesamtzahl und immerhin 4,83 % der Gesamtzahl ohne Covid 19.

Nun gibt es ja weitere übertragbare Krankheiten. So zum Beispiel:

Influenza 194.726. Dagegen kann man sich impfen lassen. Anders als bei Covid-19 ist das auch eine seit vielen Jahren bewährte Schutzimpfung. Campylobacter Enteritis mit 46.519 Fällen. Laut Robert-Koch-Institut erkranken hier etwa 60.000-70.000 Menschen jährlich. Damit ist dies die häufigste bakterielle meldepflichtige Krankheit in Deutschland. Hier sind die Schutzmaßnahmen Durchgaren von Speisen und Hygienemaßnahmen aller Art. Fälle von Novovirus-Gastroenteritis schlagen im Berichtsjahr mit 28.511 zu Buche. Es handelt sich dabei um eine hochinfektiöse, im wesentlichen durch Tröpfcheninfektion verbreitete Krankheit. Das RKI empfiehlt als Hygienemaßnahmen Desinfektion und dergleichen. Fälle von Windpocken werden mit 11.321 in der Statistik genannt. Auch diese Krankheit wird durch Tröpfcheninfektion, auch durch Schmierinfektion, übertragen. Die Prävention geschieht durch die bewährte Impfung.

Als Gesundheitsfürsorge getarnte Propagierung der Promiskuität

Diese vier Infektionskrankheiten machen insgesamt 281.077 Fälle aus, das sind 13,2 % der Gesamtzahl und 81,73 % der Gesamtzahl ohne Covid-19. Indessen sind diese im Vergleich zu sexuell übertragbaren Krankheiten um ein Vielfaches häufigeren Infektionskrankheiten  aus der Sicht der Bundeszentrale für die gesundheitliche Aufklärung offensichtlich nicht gefährlich genug, als daß man für Präventionsmaßnahmen öffentlich werben müsste. Man wird den Verdacht nicht los, daß hier bei Gelegenheit der Warnung vor übertragbaren Krankheiten die Vorstellungen des linksgrünen politischen Mainstreams über das erwünschte Sexualleben der Bevölkerung propagiert werden. Dazu paßt ja, daß von den derzeit vier Plakatmotiven eines zwei Männer zeigt, von denen der eine gerade ansetzt dem anderen in die Unterhose zu greifen. 25 % sind jedoch ein mehrfaches des tatsächlichen Anteils homosexueller Männer in der Bevölkerung. Doch man propagiert ja ganz offiziell LGBTQ und wie das alles heißt. Aber auch die anderen Plakatmotive spielen eindeutig auf ein promiskes Sexualverhalten an, das ganz sicher nicht das des überwiegenden Teils der Bevölkerung ist. Offenbar nimmt man damit auch in Kauf, daß Kinder angesichts dieser Plakate Erwachsenen Fragen stellen, die man in der Situation weder mit ein paar Worten beantworten kann noch in der Regel will. Vielmehr empfindet man die Situation doch als peinlich, es sei denn, man wählt Ampel. Vielleicht geht den Leuten aber auch langsam ein Licht auf.


Corona und kein Ende?

Seit dem 28. Januar 2020 diskutiert Deutschland über die Covid-19 Erkrankung, kurz auch Corona genannt. Wegen der schnellen Verbreitung des Virus und der vor allem in der ersten Variante durchaus großen Gefahr schwerer und tödlicher Erkrankung sprach man alsbald von einer Pandemie. Die Nachrichten waren voll von neuartigen Begriffen wie Inzidenz und Fallsterblichkeitsraten. Wir wissen alle, wie es seither weiterging.

Es erscheint angebracht, gerade im Hinblick auf die Ankündigung eines „heißen Coronaherbstes“ durch den Pharmavertreter im Bundesgesundheitsministerium, verbunden mit der Ankündigung erneuter Einschränkungen unserer Freiheitsrechte, sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht einige Dinge klarzustellen.

Ein Blick in das Grundgesetz

Die öffentliche Debatte ist davon bestimmt, daß gewissermaßen unausgesprochen allgemein vorausgesetzt wird, die Verfassung verpflichte den Staat, seine Bürger weitestgehend vor Krankheit und Tod zu schützen. Nun lautet Art. 2 Abs. 2 Satz 1 unseres Grundgesetzes tatsächlich: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“. Indessen besteht unter Juristen allgemein Klarheit darüber, daß dies nicht etwa eine Verpflichtung des Staates begründet, jedem seiner Bürger unter allen Umständen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu garantieren. Vielmehr handelt es sich bei den Grundrechten um Abwehrrechte gegen den Staat. Dieses Grundrecht steht auch in einem gewissen Spannungsverhältnis zum nach allgemeiner Ansicht vornehmsten Grundrecht der Verfassung, der Menschenwürde, die zu schützen Aufgabe aller staatlichen Gewalt ist, Art. 1 Abs. 1 GG. Zu diesem Spannungsverhältnis hat sich im Frühjahr 2019 Professor Udo Di Fabio, einer der angesehensten Verfassungsrechtslehrer unseres Landes und ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts geäußert. Auf die Frage, was den verfassunggebenden Gesetzgeber 1949 bewogen habe, dieses Grundrecht auf Leben und Gesundheit in das Grundgesetz aufzunehmen, antwortete er: „Eine Verfassung beschäftigt sich klassischerweise mit der staatlichen Ordnung und der individuellen Freiheit. Das tut unser Grundgesetz auch unter anderem mit Art. 2 Abs. 1, dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die Erfahrung mit der Naziherrschaft, dem Totalitarismus im 20. Jahrhundert, hat aber gezeigt, daß auch die physische Basis der Entfaltungsfreiheit durch den Staat bedroht werden kann. Der Lebensgarantie kommt vor diesem Hintergrund eine sehr hohe Bedeutung zu: Lebensanspruch und das Leben als Basis jeder Würde und Freiheit muß geachtet werden, zumal dort wo es verletzlich ist; es darf nie politisch oder wirtschaftlich zu einem bloßen Kalkulationsfaktor werden.“ Auf die weitere Frage, das Bundesverfassungsgericht habe das Recht auf Leben als die vitale Basis der Menschenwürde bezeichnet, manche sprächen von ihm als Höchstwert der Verfassung, ob damit das Leben funktionell sogar über der unantastbaren Würde stehe, kam dann die Antwort: „Nein, das Leben ist nicht der, sondern nur ein Höchstwert der Verfassung. Der Höchstwert, wenn man die superlative Ausdrucksweise denn unbedingt will, ist die Würde des Menschen, weshalb sie auch den Grundrechten vorangestellt wird. Anderenfalls könnten wir von den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr nicht die Aufopferung ihres Lebens im Einsatz verlangen.“

Hier kommt mir unwillkürlich Schillers Schlußszene der Braut von Messina in den Sinn, wo es am Ende heißt: „Das Leben ist der Güter höchstes nicht.“ Auch der große Verfassungsrechtslehrer Paul Kirchhof hat sich mit diesem Thema in einem Aufsatz für die Konrad-Adenauer-Stiftung vor einigen Jahren befasst und zu diesem Spannungsfeld erklärt: „Wenn die Würde des Menschen der oberste Wert der gesamten Rechtsordnung ist, sind ihm alle anderen Rechtsgüter zugeordnet. Auch das Leben ist damit nicht das höchste Gut…. Wenn der Staat die Würde des Menschen als unantastbar zu achten und zu schützen hat, wird er in einem ersten Schritt Vorsorge treffen, daß die Gesundheit der Menschen erhalten oder wiederhergestellt wird. Wenn wir allerdings fragen, was mit Gesundheit rechtlich gemeint ist, werden wir von der Weltgesundheitsorganisation im Stich gelassen. Diese Organisation versteht unter Gesundheit das vollständige körperliche, soziale und geistige Wohlbefinden. Diesen Auftrag, den die Politik Lebensqualität nennt, erfüllt die Familie, wenn sie einen jungen Menschen so erzieht, daß er sich gesund und sozial entwickelt, daß er seine Körperkraft und sein Wachstum entfaltet. Dieses Wohlbefinden ist auch Aufgabe des Versorgungssystems, das den Menschen so mit Gütern ausstattet, daß er keinen Mangel leidet. Insbesondere dem geistigen Wohlbefinden dienen auch die Schule und andere Bildungseinrichtungen, die dem Menschen fortschreitend intellektuelle Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Auch der Staat erfüllt diese Aufgabe, wenn er Frieden sichert und die Menschen vor Verletzungen schützt. Wäre dieses umfassende Wohlbefinden von der Krankenversicherung versichert, hätte sie einen Finanzierungs- und Leistungsauftrag, der ihren Haushalt sprengen und ihre Beitragsforderung zu einer Gemeinlast, also zu einer Steuer, machen würde. Würde der Staat diesen umfassenden Gesundheitsbegriff zur Grundlage rechtlicher Anordnungen machen, bewegte er sich in Richtung Diktatur. Der Mensch dürfte auch in seinem Privatbereich nicht mehr rauchen, müsste seine Essgewohnheiten vor dem Gesetz rechtfertigen, seine Sportlichkeit täglich nachweisen, seine Intimsphäre für staatliche Kontrollen öffnen. Er wäre gehalten, gesundheitspolitische, soziale aber auch berufliche und staatsbürgerliche Verhaltensweisen zu belegen und dem Staat – ähnlich der Steuererklärung – in einer jährlichen Gesundheitserklärung zu verantworten. (Anmerkung: In China ist man wohl schon so weit!) Letztlich müsste er sein Einkommen und Vermögen diesem umfassenden Gesundheitsziel widmen, sie vielleicht an eine Umverteilungsorganisation abgeben, die mit dieser Finanzmacht eine allgemeine Wohlbefindenspolitik organisierte. An einem solchen Gesundheitsdruck würden die Menschen leiden, an ihm erkranken, in Trauer über diese bedrückende und unterdrückende Entwicklung sterben.“

Einen alles garantierenden Staat kennt unsere Verfassung nicht

Die Verfassung verpflichtet den Staat also nicht, unter allen Umständen und weitestgehend die Bürger vor Krankheit und Tod zu schützen. Vor allem steht einem derart umfassenden und stringenten Betreuungsregime das erste Grundrecht unserer Verfassung entgegen, nämlich der Schutz der Menschenwürde. In der Tat fließt aus der Menschenwürde in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auch das Recht auf Unvernunft. Wir haben das Recht, eine lebensrettende ärztliche Behandlung auszuschlagen. Wir haben das Recht, riskant zu leben, sei es zu rauchen, zu trinken, sei es riskante Sportarten auszuüben. Natürlich haben wir das nicht, soweit wir damit gleichzeitig andere gefährden. Deswegen darf der Staat zum Beispiel das Rauchen in der Öffentlichkeit regulieren. Deswegen ist der Staat auch verpflichtet, Vorkehrungen gegen Lebensrisiken zu treffen, zu denen auch die Eindämmung ansteckender Krankheiten gehören kann. Indessen gilt auch hier der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wonach auch insoweit nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden darf, um ein altes Sprichwort zu zitieren. Denn wo die Freiheitsrechte mit den Schutzpflichten des Staates konkurrieren, gebührt den Freiheitsrechten, insbesondere dem Recht auf Wahrung der Menschenwürde, stets der Vorrang. Die Einschränkung der Freiheitsrechte erfordert stets eine Abwägung. Wenn etwa eine allgemeine Quarantäne geeignet wäre, sämtliche ansteckenden Krankheiten aus der Welt zu schaffen, dann wäre schon zu fragen, ob ein derart massiver Eingriff in das Leben der Bürger gerechtfertigt wäre. Die Frage wäre sicherlich zu verneinen. Denn es kann nicht angehen, daß wir alle eingesperrt sind und die Wirtschaft des Landes kollabiert, wir deswegen aber auch keinen Schnupfen mehr bekommen.

Das Strategiepapier den Innenministeriums

Als sich dann nach dem ersten bekannt gewordenen Fall Ende Januar 2020 zeigte, daß die Krankheit hoch ansteckend war und zu einem gewissen Prozentsatz auch tödlich verlief, wurden dann auch in den Ministerien, vor allem im Bundesinnenministerium, Überlegungen angestellt, wie man die sich abzeichnende Epidemie, später als Pandemie bezeichnet, eindämmen könne. Ein Expertengremium stellte dann am 18. März 2020 ein Strategiepapier vor, das ganz offensichtlich das Fundament ist, auf dem sämtliche später beschlossenen gesetzlichen und behördlichen Maßnahmen aufgebaut wurden. Es lohnt sich daher einen Blick in dieses Dokument zu werfen, dabei den Text vor dem Hintergrund unserer Verfassung zu betrachten und an den oben erwähnten Grundrechten zu messen. Nach einer Darstellung der Probleme, die eine derartige Epidemie aufwerfen kann, wobei nebenbei bemerkt, dort ein veritables Katastrophenszenario aufgebaut wird, das sich so auch nicht annähernd verwirklicht hat, machen die Autoren Vorschläge. Es heißt dort wörtlich:

Worst case verdeutlichen! Wir müssen wegkommen von einer Kommunikation, die auf die Fallsterblichkeitsrate zentriert ist. Bei einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate, die vor allem die Älteren betrifft, denken sich viele dann unbewusst und uneingestanden: Naja, so werden wir die Alten los, die unsere Wirtschaft nach unten ziehen, wir sind sowieso schon zu viel auf der Erde, mit ein bisschen Glück erbe ich so schon ein bisschen früher. Diese Mechanismen haben in der Vergangenheit sicher zur Verharmlosung der Epidemie beigetragen. Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:

Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien (mit Särgen beladene Armeelastwagen, wir erinnern uns an die Fernsehbilder) sind verstörend.

„Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden“: Falsch, Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, zum Beispiel bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, schuld daran zu sein, weil sie zum Beispiel vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist das schrecklichste, was ein Kind je erleben kann. (Dazu muß an dieser Stelle angemerkt werden, daß statistisch von Beginn der Aufzeichnungen an Kinder im Vergleich zu Erwachsenen nur selten infiziert waren und sind).

Folgeschäden: auch wenn wir bisher nur Berichte über einzelne Fälle haben, zeichnen sie jedoch ein alarmierendes Bild. Selbst anscheinend Geheilte nach einem milden Verlauf können anscheinend jederzeit Rückfälle erleben, die dann ganz plötzlich tödlich enden, durch Herzinfarkt oder Lungenversagen, weil das Virus unbemerkt den Weg in die Lunge oder das Herz gefunden hat. Dies mögen Einzelfälle sein, werden aber ständig wie ein Damoklesschwert über denjenigen schweben, die einmal infiziert waren. Eine viel häufigere Folge ist monate- und wahrscheinlich Jahrelang anhaltende Müdigkeit und reduzierte Lungenkapazität, wie dies schon oft von SARS- Überlebenden berichtet wurde und auch jetzt bei COVID-19 der Fall ist, obwohl die Dauer natürlich noch nicht abgeschätzt werden kann.

Außerdem sollte auch historisch argumentiert werden, nach der mathematischen Formel: 2019 = 1919 + 1929.

Das Jahr 2019 steht dabei für das erstmalige Auftreten des Virus in China, das Jahr 1919 für die sogenannte Spanische Grippe, die in der Zeit von Oktober 1918 bis März 1919 in Deutschland mindestens 260.000 Tote forderte. Das Jahr 1929 steht für die Weltwirtschaftskrise, die ja nun auch in Deutschland einen beispiellosen wirtschaftlichen Niedergang, verbunden mit einer Explosion der Arbeitslosenzahlen, mit sich brachte. Tatsächlich werden auch nach der Einschätzung des maßgeblichen Stichwortgebers unserer Politiker, des Gründers und Chefs des sogenannten Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab, die Folgen von Covid-19 in Bezug auf Gesundheit und Sterblichkeit im Vergleich zu früheren Pandemien relativ gering sein. Mitte 2020 lag die Corona-bedingte Sterblichkeit der Weltbevölkerung bei 0,006 % der Weltbevölkerung, aktuell sind es ca. 0,0875 %. An der Spanischen Grippe starben 2,7 % der Weltbevölkerung und an HIV/Aids 0,6 %. Die justinianische Pest hat von ihrem Ausbruch im Jahr 541 bis zu ihrem endgültigen Verschwinden im Jahr 750 verschiedenen Schätzungen zufolge fast ein Drittel der Bevölkerung von Byzanz – heute Istanbul – ausgelöscht, und dem Schwarzen Tod, wie man damals die Pest nannte, sollen von 1347-1351 zwischen 30 und 40 % der damaligen Weltbevölkerung zum Opfer gefallen sein. Soviel also zum Begriff der Pandemie im Zusammenhang mit Covid-19.

Das Persönlichkeitsbild des Angehörigen der „Elite“

Dieses Papier ist geprägt von einem Menschenbild, das mit unserer Verfassung nicht in Einklang gebracht werden kann. Es zeigt auch eine Überheblichkeit und ein Verständnis des Verhältnisses vom Staat zu seinen Bürgern, das man an und für sich nur in Diktaturen finden kann. Vor allem aber ist es von einer Menschenverachtung, die ihresgleichen sucht. Man will den Menschen ganz bewusst Angst machen, ja Panik erzeugen, um sie zu dem Verhalten zu bewegen, das man für zielführend im Rahmen der Bekämpfung einer ansteckenden Krankheit hält. Gerade die Bilder von dem Erstickungstod und den bei Nacht und Nebel mit Armeelastwagen abtransportierten Särgen, insbesondere jedoch das infame Spiel mit der Angst von Kindern, am Tod ihrer Eltern und Großeltern schuld sein zu können, zeugen von einem Zynismus, den man verantwortlichen Wissenschaftlern und Beamten in einem demokratischen Rechtsstaat bisher nicht zutrauen konnte. Allerdings muß man auch einräumen, daß die Verfasser dieses Papiers die kollektive Psyche der Deutschen sehr gut erkannt haben. Nicht umsonst sprechen die Amerikaner von der „german Angst“.

Bezeichnend ist auch die Zusammenfassung am Ende dieses Papiers:

„Nur mit gesellschaftlichem Zusammenhalt und gemeinsam distanziert von einander kann diese Krise nicht nur mit nicht allzu großem Schaden überstanden werden, sondern auch zukunftsweisend sein für eine neue Beziehung zwischen Gesellschaft und Staat.“

Gerade dieser Satz sollte alarmieren. Der Regelungstsunami, wie er in den letzten zwei Jahren über uns hereingebrochen ist, soll also nun der Normalfall werden. Nicht die Freiheit des Bürgers, sondern der staatliche Anspruch, alles und jedes zu regeln, wird zur obersten Maxime. So ist ja auch der Titel des einschlägigen Buchs von Klaus Schwab und Thierry Malleret zu verstehen: Covid-19 – Der große Umbruch. Die Manipulation des Bürgers mit falschen Zahlen und Schreckensszenarien gilt als hohe Staatskunst. Man sollte gerade diesen Satz des ursprünglich nur für den internen Dienstgebrauch konzipierten Expertenpapiers stets vor Augen haben, wenn man Verlautbarungen der Politiker und ihrer Presseabteilungen, also der öffentlich-rechtlichen Medien und regierungsfrommen, also fast aller, Zeitungen hört und liest.

Der Maßstab der Verfassung

Prüfen wir nun die angekündigte Erneuerung der Corona-Regeln am Maßstab der Verfassung, indem wir erst einmal feststellen, wie sich das Krankheitsgeschehen entwickelt hat, heute zeigt und mit größter Wahrscheinlichkeit weiter entwickeln wird:

Wenn es um einschneidende Maßnahmen geht, dann kann der Maßstab hierfür nicht die Verbreitung der Krankheit an sich sein, und sei der Verlauf noch so schwer oder harmlos. Vielmehr können einschneidende Maßnahmen in die Lebensführung der Bürger und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nur begründet werden, wenn damit das Risiko, an Corona zu sterben, signifikant reduziert wird. Es geht also um die sogenannte Fallsterblichkeit. Das ist das Verhältnis der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus zur Zahl der beendeten Coronainfektionen, gleichgültig ob geheilt, oder verstorben. Aktuell beträgt diese in Deutschland 0,46 % (am 24.8.2022 kumuliert registrierte Infektionen 32.008.122 – registrierte Todesfälle 147.003), im weltweiten Durchschnitt 1,11 %. Dabei muß berücksichtigt werden, daß bis heute eine Unterscheidung zwischen Menschen, die an Corona verstorben sind, oder mit Corona, also an irgendeiner anderen Krankheit, und gleichzeitig infiziert waren, nicht getroffen wird. Kumuliert sind das in Deutschland seit dem 9.3.2020 bis  zum 24.8.2022 exakt 146.557 Todesfälle. Die aktuellste Erfassung für den 27.8.2022 ergibt keinen an oder mit Corona verstorbenen Menschen. Alle Zahlen dazu müssen natürlich stets in das Verhältnis zur Gesamtzahl der Einwohner unseres Landes gesetzt werden. Das sind derzeit 83,2 Millionen. Wissen muß man auch, daß im Jahr 2021 in Deutschland etwa 1,02 Millionen Menschen verstorben sind. Dem stehen allerdings nur 795.500 Neugeborene gegenüber. Die Zahl der Sterbefälle wird sich allerdings jährlich um etwa 2 % steigern, was allein der zunehmenden Alterung unserer Bevölkerung geschuldet ist, wie wir von den Statistikern der Ludwig-Maximilians-Universität in München hören. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß die derzeit absolut dominierenden Varianten des Corona-Virus, Omikron B4/5 zwar ansteckender sind, als ihre Vorläufer, aber die Fallsterblichkeit bedeutend niedriger liegt. Auch wenn die absolute Zahl der Todesfälle wegen der höheren Zahl von Infektionen moderat steigen könnte, die Gefahr für den einzelnen, an Corona nicht nur zu erkranken, sondern auch zu sterben, würde weiterhin abnehmen. Zwar steigt das Risiko der Ansteckung, das Risiko schwer zu erkranken oder gar zu sterben, steigt voraussichtlich eben nicht proportional, sondern sinkt überprportional.

Verfassungsgrundsatz Verhältnismäßigkeit

Das alles gilt es zu beachten, wenn man Maßnahmen zur Eindämmung des Krankheitsgeschehens ergreift, und sich dabei an unserer Verfassung orientiert. Die Einschränkung von Freiheitsgrundrechten muß eben nicht nur das letzte Mittel sein, um des Problems Herr zu werden. Das Ganze muß auch verhältnismäßig sein, verhältnismäßig im Hinblick auf den Gewinn an Sicherheit für den einzelnen Menschen einerseits und die Einschränkung seiner Freiheitsgrundrechte andererseits. Dabei sind die bekannten Maßnahmen wie Lockdown, Quarantäne, Maskenpflicht und auch die praktische Verpflichtung, sich impfen zu lassen, um dadurch keine unzumutbaren Einschränkungen seiner Freiheit hinnehmen zu müssen, eben daran zu messen. So ist es eben eine erhebliche und immer weiter steigende Gefahr für die Sicherheit der Bevölkerung, wenn wegen der Corona-bedingten Schließungen von Schwimmbädern immer weniger Kinder schimmen lernen. Auch das ist in die Abwägung einzustellen. Natürlich ist dabei zu beachten, daß die aktuell gebräuchlichen Corona-Impfstoffe ein vielfach höheres Risiko mit sich bringen, an den Folgen der Impfung und nicht an Corona zu erkranken. Das ist ja bekanntlich bei den bewährten Impfungen gegen die Grippe oder Kinderkrankheiten völlig anders. Hinzu kommt, daß entgegen der noch vor zwei Jahren berechtigten Erwartung, sich durch die Impfung sehr zuverlässig vor der Ansteckung schützen zu können, diese Erwartung heute nicht mehr begründet ist. Und hier heißt es auch in kleinen Dingen ehrlich zu sein. Selbstverständlich ist es eine schwerwiegende Einschränkung der persönlichen Freiheit, wenn man Gaststätten oder Ladengeschäfte nicht oder nur eingeschränkt besuchen kann, wie wir das ja schon hatten. Und selbstverständlich ist es eine Einschränkung der persönlichen Freiheit, wenn man eine angeblich nur in Grenzen lästige Pflicht beachten muß, wie das Tragen eines sogenannten Mund/Nasenschutzes. Wer behauptet, das sei nur eine ein wenig  unangenehme Sache, der lügt schlicht und einfach. Natürlich ist es äußerst unangenehm, ständig Mund und Nase bedecken und verbrauchte Luft einatmen zu müssen. Nicht von ungefähr schreiben die Berufsgenossenschaften auch vor, daß FFP-2 Masken nicht länger als 75 Minuten getragen werden dürfen, dann erneut nach einer Unterbrechung von 30 Minuten. Nebenbei bemerkt hat das ganze ja auch eine finanzielle Seite. Diese Masken müssen immer wieder gewechselt werden, für die Kochwäsche sind sie nicht geeignet. Also muß man immer wieder neue kaufen. Selbst wenn das Stück nur einen Euro kostet, geht das mit der Zeit ins Geld, für Geringverdiener ganz gewaltig.

Wem nützt das Ganze?

Wenn man indessen das Gebaren unserer Politiker betrachtet, dann muß man wiederum auf die Schlussfolgerung des eingangs zitierten Strategiepapiers denken. Die Coronamaßnahmen sind eben für Politiker mit einem Hang zu autoritärem Verhalten, und das scheinen die meisten zu sein, ich zitiere: „zukunftsweisend für eine neue Beziehung zwischen Gesellschaft und Staat.“ Und welch eine Verlockung für mittelmäßige Politiker, aus deren Reihen sich erfahrungsgemäß die Gesundheitsminister rekrutieren! War doch vor Corona der Gesundheitsminister in aller Regel eine politische Randfigur, dessen Namen die meisten Bürger nicht einmal kannten. Der Pharmareferent im Bundesgesundheitsministerium indessen ist ausweislich seiner Präsenz in den Talkshows von ARD und ZDF der wichtigste deutsche Politiker. Im Jahr 2021 erschien er dort 29 mal, danach folgten der Finanzminister Lindner mit 14 und der Wirtschaftsminister Habeck mit 11 Auftritten. Der Pharmareferent kam also auf mehr Auftritte als seine Kollegen auf den Plätzen zwei und drei zusammen. Kein Wunder, daß er nichts mehr herbeisehnt, als ein Virus, das sich mindestens dreimal so schnell verbreitet wie seine Vorgänger und mindestens zehn mal so gefährlich ist. Denn dann kann er den Traum aller Versager leben und seinen Mitmenschen (gefühlt: Untertanen) vorschreiben, wie sie zu leben haben.



 


Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt

Aiman al Sawahiri, Nachfolger Osama bin Ladens als Anführer der Terrororganisation Al Kaida, wurde nun wie sein Vorgänger auf Befehl des amerikanischen Präsidenten getötet. Der amerikanische Präsident und die amerikanische Presse erklären dies natürlich als gerechte Strafe für einen Terroristenanführer. In Europa sind die Reaktionen gemischt, es überwiegt jedoch die Genugtuung über den Tod des Mannes, an dessen Händen zweifellos Blut klebte, sehr viel Blut. Auch ich kann diesem Verbrecher keine Träne nachweinen. Indessen ist bei allem Abscheu vor der Person al Sawahiri und seinen Untaten doch die Frage zu stellen, ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Verbrecher werden von Gerichten abgeurteilt

Ein Gerichtsverfahren gegen den Terroristenchef gab es nicht. Dazu hätte man ja erst einmal dieses Verbrechers habhaft werden müssen. Auch in den USA ist ein Strafverfahren in Abwesenheit nur dann zulässig, wenn der Angeklagte zustimmt. In einem Verfahren wegen Mordes ist das nicht vorstellbar. Dennoch haben die USA wie im Falle Osama bin Laden für sich das Recht in Anspruch genommen, den Terroristenanführer zu liquidieren. Die USA berufen sich im wesentlichen darauf, mit Al Kaida im Kriegszustand zu leben. Deswegen sei der Führer der gegnerischen Kriegspartei natürlich auch juristisch ein ein legitimes Ziel der eigenen Waffen. Im Kriege Kombattanten zu töten, ist eben rechtens. Doch erhebt sich hier schon die Frage, ob das richtig sein kann. Wir sprechen ja in der Auseinandersetzung mit dem internationalen Terrorismus von einer asymmetrischen Kriegführung. Wir haben auf der einen Seite Terrororganisationen, denen die völkerrechtliche Zuordnung Kriegspartei wohl schwerlich gerecht wird, letztendlich aber jedenfalls bei gewisser Intensität der Kampfhandlungen zutreffend ist. Denn selbst dann, wenn man von Rechts wegen den Kampf gegen den Terrorismus als polizeiliche Aufgabe ansieht, schlägt das bei gewisser Quantität und Qualität schon in Kriegführung um. Das war wohl der Fall, als man sich nach dem 11. September 2001 entschlossen hatte, die Terrororganisation Al Kaida militärisch anzugreifen und auszuschalten. Indessen ist der Krieg in Afghanistan seit geraumer Zeit beendet. Der Rechtfertigungsgrund der Kriegshandlung, der jede ansonsten rechtswidrige Tötung im Kriegsfalle legalisiert, kann hier nicht mehr angeführt werden. Der Anführer der feindlichen Terrororganisation fällt gewissermaßen vom Status des Kriegsherrn auf den Status des Kriminellen zurück, und das ist eine Sache für Polizei und Justiz. Dann muß man ihn sich eben holen, und wenn das auch schwierig sein mag. Ein Auslieferungsantrag an die afghanischen Behörden wäre ja wohl kaum zielführend gewesen. Doch wen man per Drohne liquidieren kann, den kann man wohl auch gefangen nehmen, auch wenn das in einem fremden Land nicht einfach ist. Wozu hat man aber etwa die Navy Seals? Das wäre wohl auch völkerrechtlich nicht unproblematisch gewesen, aber bei weitem keine derartig krasse Mißachtung des Rechts wie im vorliegenden Fall. Und wenn das nicht möglich ist, dann stößt eben das Recht an seine Grenzen. Damit müssen wir ja auch sonst leider häufig leben. 

Staatlicher Mord ist eben auch Mord

Soweit erkennbar, ist auch in Deutschland die Rechtsauffassung insoweit eindeutig. Als Beispiel kann herangezogen werden der Fall Berlin-Tiergarten, in dem ein Georgier offensichtlich auf Befehl des russischen Präsidenten Putin von einem Agenten erschossen wurde. Nach deutschem Recht war das schlicht ein Mord. Und so wurde der Fall vom zuständigen Berliner Kammergericht auch behandelt. Keine Rolle kann dabei spielen, ob das Opfer dieses Mordes sich seinerseits möglicherweise in Russland oder überhaupt gegen den russischen Staat strafbar gemacht hat. Sollte das der Fall gewesen sein, hätte er dort juristisch zur Verantwortung gezogen werden müssen.

Der Starke ist am mächtigsten allein (Hitler), was kümmert ihn das Recht?

Indessen sind das sehr theoretische Überlegungen. Wo kein Kläger, da kein Richter. Es ist absolut unvorstellbar, daß etwa der amerikanische Präsident von irgend einem Gericht auf dieser Erde für den Mordbefehl verurteilt werden könnte, ebensowenig der russische Präsident für den Fall des Tiergarten-Mordes. Das hat ja auch eine lange Tradition. Napoleon wurde für den Justizmord an den elf Schill’schen Offizieren am 16.09.1809 ebensowenig verurteilt wie Stalin für die auf seinen Befehl geführten Schauprozesse mit bereits zuvor feststehenden Todesurteilen und deren Vollstreckung. Stalin indessen fand den Tod vermutlich von Mörderhand, wobei man von einem weiteren Scheusal der Geschichte als Täter ausgeht (Berija). Bei Napoleon wäre eine Anklage und Verurteilung nach Waterloo sogar möglich gewesen. Doch niemand hat ihn angeklagt. Wie schwer in solchen Fällen auch der Nachweis der persönlichen Verantwortung des jeweiligen Herrschers ist, zeigte auch der Mordfall Kashoggi vom 02.10.2018. Alle Welt geht davon aus, daß der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman den Mord befohlen hat. Im Gerichtsverfahren war davon jedoch keine Rede. Vielmehr leitete der Kronprinz die Ermittlungen selbst, womit gewährleistet war, daß seine Rolle in diesem Kriminalfall auf keinen Fall ausgeleuchtet werden würde.

Man kann sich auch nicht vorstellen, daß etwa der chinesische, der nordkoreanische oder etwa der weißrussische Diktator für irgend einen Mord an einer unliebsamen Person, und sei es als Vollstreckung eines Gerichtsurteils getarnt- was man gemeinhin Justizmord nennt -, zur Verantwortung gezogen werden könnte.

Das Staatsinteresse steht eben über dem Recht

Wer die absolute Macht in Händen hat, den interessieren Rechtsfragen nicht. Da findet sich dann der politische Gegner vor dem Erschießungskommando wie seinerzeit die von Hitler persönlich aus einer Liste ausgewählten sechs SA Führer am 30.06.1934 und hört vom Leiter des Exekutionskommandos die Erläuterung: „Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt!“ Die moderne Art der Exekution per Drohne und Rakete aus heiterem Himmel macht eine solche Erläuterung entbehrlich. Man steht ja nicht vor einem Exekutionskommando, sondern ahnungslos auf seinem Balkon. Vielleicht ist das ja sogar humaner als der klassische Justizmord.

Als Konstante der Weltgeschichte müssen wir wohl ansehen, daß ab einer gewissen Höhe der Macht das Recht keine Rolle mehr spielt. Das wussten bekanntlich schon die alten Römer. Quod licet iovi, non licet bovi.

Staatsvolk und Nation – eine Klarstellung

Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Köln und Magdeburg in Sachen AfD haben erneut die Debatte angeheizt, ob rechte Parteien und deren Umfeld einen sogenannten völkischen Begriff der Staatsbürgerschaft vertreten, der die Menschenwürde von Migranten missachtet. Dabei werden die Begriffe Staatsvolk und Volk nahezu beliebig durcheinandergewürfelt. Es ist daher erforderlich, die Begriffe klar zu definieren, damit man auch zu einer klaren rechtlichen Einordnung kommt.

Das Staatsvolk im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG

Für juristisch verfehlt halte ich die Behauptung, wonach die kategorische Differenzierung zwischen einem (ethnisch-kulturell zu definierenden) „deutschen Volk“ und dem Staatsvolk, dem eine Person qua Staatsangehörigkeit zugehörig ist, auch deshalb nicht verfassungskonform sei, weil das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland identisch mit dem deutschen Volk im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG sei. Dem steht der Wortlaut des zitierten Verfassungsartikels entgegen, denn Staatsvolk im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG sind nicht nur die deutschen Staatsbürger, sondern ausdrücklich auch andere Menschen deutscher Volkszugehörigkeit. Schon zu Zeiten der frühen Bundesrepublik war das offenbar Konsens im Verfassungsrecht. So heißt es in einem Standardkommentar zum Grundgesetz aus den sechziger/siebziger Jahren, den ich mir aus meiner Referendarzeit aufbewahrt habe: „Art. 116 Abs. 1 GG bestimmt den Begriff >Deutscher< im Sinne des Grundgesetzes unter Berücksichtigung ethnosoziologischer und ethnischer Gesichtspunkte …Dabei wird neben die Gruppe der deutschen Staatsangehörigen eine weitere Gruppe von Personen deutscher Volkszugehörigkeit gestellt.“ Daraus folgt denknotwendig, daß es einen rechtlichen, ja verfassungsrechtlichen Unterschied zwischen der Staatsangehörigkeit und der Volkszugehörigkeit geben muß.

Die deutsche Minderheitenpolitik

Anders wäre ja auch die offizielle Politik in Bezug auf deutsche und andere ethnische Minderheiten nicht möglich. Die deutsche Staatsangehörigkeit wurde bis zum Jahre 2000 allein durch Abkunft von Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit oder durch Einbürgerung erworben. Seit dem 01.01.2000 gilt das auch für Kinder von Eltern ausländischer Staatsangehörigkeit, wenn wenigstens ein Elternteil seit mindestens 8 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Mit anderen Worten: das bis dahin allein geltende ius sanguinis wird durch ein eingeschränktes ius soli ergänzt. Die Definition des Staatsvolkes als – im wesentlichen – Abstammungsgemeinschaft bis zum Jahre 2000 kann natürlich nicht gegen die Menschenwürde des Teils der Bevölkerung verstoßen haben, der eben nicht deutscher Abstammung war, gleichwohl aber eingebürgert wurde. Die seinerzeitige Rechtslage war also verfassungskonform, und das gut 50 Jahre lang. Es liegt außerhalb meines Vorstellungsvermögens, daß etwa eine Rückkehr zu dem vor dem 01.01.2000 geltenden Staatsangehörigkeitsrecht gegen die Verfassung verstoßen könnte. Denn auch dieses Staatsangehörigkeitsrecht schloß Bewerber anderer Volkszugehörigkeit nicht aus, sondern ermöglichte ausdrücklich auch deren Einbürgerung. Die weit verbreitete Auffassung, von Verfassungs wegen werde das deutsche Volk ausschließlich über die deutsche Staatsangehörigkeit definiert, was insbesondere von den Verfassungsschutzbehörden zum Dogma erhoben wird, ist also evident falsch, ungeachtet dessen, daß Artikel Abs. 1 Abs. 1 GG die prinzipielle Gleichheit aller Menschen postuliert, ohne Rücksicht auf alle tatsächlich bestehenden Unterschiede. Denn damit ist über das Thema Staatsangehörigkeit/Volkszugehörigkeit nichts gesagt.

Die Kategorien Recht und Gesellschaft

Die Diskussion um die Begriffe Staatsvolk (Demos) und Volk (Ethnos) ist an und für sich überflüssig. Staatsvolk ist ein allein verfassungs- und einfachgesetzlicher Begriff. Das Bundesverfassungsgericht befasst sich in der NPD-Entscheidung von 2017 deswegen auch ausschließlich mit dem Begriff des Staatsvolkes. Das Grundgesetz regelt als Gesetz im materiellen Sinn auch nur rechtliche Sachverhalte. Der Begriff des Volkes indessen ist ein rein soziologischer Begriff und entzieht sich daher der rechtlichen Beurteilung. Es ist daher ein Kategoriefehler, bei der Prüfung, ob jemand verfassungsfeindlich agiert oder nicht, über den Begriff des Volkes losgelöst vom rechtlichen Begriff des Staatsvolkes überhaupt zu sprechen.

Die Bundesregierung kennt den ethnischen Volksbegriff durchaus

Der Begriff des Volkes im Sinne von Ethnos und nicht im Sinne von Demos, also auch im Zusammenhang mit Abstammung und angestammten Siedlungsgebiet findet sich jedoch auch durchgängig in Publikationen der Bundesregierung. So zum Beispiel in der Broschüre des Bundesinnenministeriums: „Deutsche Minderheiten stellen sich vor“. Das Bundesinnenministerium legt in dieser Broschüre durchgängig einen ethnisch-kulturellen Begriff des Volkes, und gerade des deutschen Volkes zu Grunde. Sämtlichen dort vorgestellten deutschen Minderheiten in Staaten wie Belgien oder Usbekistan und vielen anderen wird als Unterscheidungsmerkmal von der umgebenden Mehrheitsbevölkerung ihre Abstammung, ihre spezifisch deutsche kulturelle Prägung und ihr angestammtes Siedlungsgebiet zugeschrieben. Die Bundesregierung misst dem Schutz und der Förderung dieser deutschen Minderheiten auch einen entsprechenden Stellenwert bei. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) förderte Deutsche Minderheiten in Europa in den Jahren 2017-2020 mit 91,45 Millionen €; im Jahr 2021 war eine Förderung in Höhe von 25,21 Millionen € vorgesehen. Ziele der Förderung sind die Stärkung der deutschen Gemeinschaften, die Verbesserung der Lebensperspektiven sowie der Erhalt der ethnokulturellen Identität durch insbesondere Sprach- und Jugendförderung (Bundestagsdrucksache 19/32556, S. 22 Nr. 28). Damit kommt sie dem Auftrag nach, den die Vereinten Nationen in ihrer Entschließung vom 18.12.1992 formuliert haben. Art. 1 Abs. 1 der UN-Deklaration über Minderheitenrechte vom 18.12.1992, A/RES/47/135 legt fest: „Die Staaten schützen die Existenz und die nationale oder ethnische, kulturelle, religiöse und sprachliche Identität der Minderheiten in ihrem Hoheitsgebiet und begünstigen die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität.“

Indigene Völker

Aus dem gleichen Grunde unterstützt sie indigene Völker auf der ganzen Welt beim Kampf um ihre Rechte. Ich verweise in diesem Zusammenhang beispielhaft auf die vom Auswärtigen Amt herausgegebene Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Heft 4/2021. Dort findet sich die Definition indigener Völker in einem Beitrag von Theodor Rathgeber. Es lohnt sich daraus zu zitieren: „Der Begriffsteil >indigen< beansprucht erstens, daß Menschen und Gemeinschaften die aus ihrer Herkunft stammenden (Kultur-)güter nach eigenem Ermessen für ihre Lebensentwürfe verfügbar machen und selbstbestimmt weiterentwickeln wollen. Bei Sprache, Religion oder Musik gilt das für ethnische und religiöse Minderheiten auch…. Zum anderen drückt >indigen< den Anspruch aus, über ein historisch verbürgtes Siedlungsgebiet und dort befindliche Ressourcen ein Eigentumsrecht ausüben zu können… Der Begriff fußt zweitens außerdem, neben anthropologischen und historischen Kriterien, auf dem Merkmal der – plausiblen – Selbstidentifikation…. Das Element der Selbstidentifikation enthält ebenso den Aspekt der offenen Entwicklung. Angehörige indigener Völker reklamieren für sich keine museale, anthropologisch-historisch fixierte Existenz, sondern beanspruchen eine Weiterentwicklung nach eigenem Ermessen…. Drittens enthält der Begriff >indigene Völker< den Anspruch auf die Selbstbestimmung der Völker entsprechend dem Völkerrecht.“

Der Schutz ethnischer Minderheiten in den Verfassungen der Bundesländer

Die Verfassungen der Bundesländer enthalten auch zum Teil Regelungen zum Schutze ethnischer Minderheiten. So lautet Art. 5 der Verfassung des Freistaates Sachsen: „Das Land erkennt das Recht auf Heimat an. Das Land gewährleistet und schützt das Recht nationaler und ethnischer Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege ihrer Sprache, Religion, Kultur und Überlieferung.“  Damit wird das Volk der Sorben davor geschützt, von der übergroßen Mehrheit der indigenen Deutschen zwangsassimiliert zu werden und so seine nationale Identität zu verlieren. Vor allem aber wird klar gesagt, daß es neben der deutschen Staatsbürgerschaft eine ethnische Identität gibt, in diesem Falle die sorbische. Staatsbürgerschaft und Volkszugehörigkeit fallen auseinander. Denknotwendig ist das also auch bei deutscher Volkszugehörigkeit so. Etwas polemisch formuliert: Ein deutscher Sorbe hat neben der deutschen Staatsbürgerschaft eine sorbische Identität, ein deutscher Deutscher hat neben der deutschen Staatsbürgerschaft jedoch keine deutsche Identität? Der klassische Fall des argumentum ad absurdum.

Auf Art. 37 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt („Die kulturelle Eigenständigkeit und die politische Mitwirkung ethnischer Minderheiten stehen unter dem Schutz des Landes und der Kommunen“) ist ebenso hinzuweisen.

Es liegt nahe, daß die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein einschlägige Bestimmungen enthält. Denn in diesem Bundesland  leben gleich drei nationale Minderheiten, nämlich die Dänen, die Nordfriesen sowie die Sinti und Roma. Somit bestimmt die Landesverfassung:

 Art. 6  Nationale Minderheiten und Volksgruppen

(1)  Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist frei; es entbindet nicht von den allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten

(2)  Die kulturelle Eigenständigkeit und die politische Mitwirkung nationaler Minderheiten und Volksgruppen stehen unter dem Schutz des Landes, der  Gemeinden und Gemeindeverbände. Die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe haben Anspruch auf Schutz und Förderung.  

Bekanntlich zeichnet sich gerade die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein durch eine intensive Pflege ihres Nationalcharakters aus. Sie hat sogar das Privileg, daß die politische Partei, die ihre Interessen vertritt, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), bei Wahlen nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern kann, weil sie für diese Partei nicht gilt.

 Art. 2 Abs. 3 der Verfassung des Freistaates Thüringen enthält ebenfalls eine solche Schutzklausel, die allerdings neben ethnischen Minderheiten auch alle denkbaren anderen Aspekte berücksichtigt: „Niemand darf wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Orientierung bevorzugt oder benachteiligt werden.“ Also eben auch ausdrücklich die ethnische Zugehörigkeit als kollektives Identitätsmerkmal jenseits der Staatsangehörigkeit.  

Wenn indessen ethnische Minderheiten überhaupt als solche in dieser Weise definiert werden, und zwar gleichgültig, ob es sich um deutsche Minderheiten in anderen Ländern, ethnische Minderheiten wie etwa die Sorben oder die Friesen in der Bundesrepublik Deutschland, oder aber ethnische Minderheiten wie indigene Völker handelt, dann folgt daraus zwingend, daß es neben der staatsrechtlichen Kategorie des Staatsvolkes eine andere Kategorie von Volk gibt, eben eine Großgruppe, die über Abstammung, Kultur und Siedlungsgebiet definiert wird. Spitz gefragt: vertreten die Vereinten Nationen und die Bundesrepublik Deutschland einen menschenwürdewidrigen ethnischen Volksbegriff?

Nationale Interessen

Die Frage der nationalen Identität gewinnt insbesondere im Zusammenhang mit der Definition nationaler Interessen an Bedeutung. Jüngst hat sich damit Klaus von Dohnanyi in seinem Buch „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ beschäftigt. So nimmt er zustimmend Bezug auf das Buch der Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2018, Aleida Assmann „Die Wiedererfindung der Nation. Warum wir sie fürchten und warum wir sie brauchen“, indem er den Satz anfügt: „Ja, auch Deutschland braucht eine nationale Identität.“ (S. 22). Nationale Interessen in Europa sind für ihn auch kein Nationalismus. Vielmehr stellt er fest: „Nationale Interessen werden sich zwangsläufig der Internationalisierung und Europäisierung insbesondere dort entgegenstellen, wo der Nationalstaat nur selber die besonderen sozialen Antworten im Interesse der demokratischen Nation finden kann. Denn nur der einzelne Nationalstaat ist angesichts seiner gesellschaftlichen, demokratischen und immer auch besonderen kulturellen Strukturen in der Lage, die demokratische Feinsteuerung der oft schmerzhaften und unbeliebten sozialpolitischen Antworten auf die Folgen der Internationalisierung durchzusetzen. Nur der soziale Nationalstaat hat dafür die demokratische >Legitimation<“. Zum einen steht auch für Klaus von Dohnanyi außer Frage, daß der Nationalstaat, mit dessen legitimen Interessen er sich in diesem Buch beschäftigt, eine nationale Identität nicht nur hat, sondern auch braucht, und daß dies auch für Deutschland gilt. Und zum anderen hat dieser Nationalstaat eben auch besondere kulturelle Strukturen. All das ist jenseits der bloßen staatsrechtlichen Definition als Verband von Bürgern mit gleicher Staatsangehörigkeit.

Die Nation existiert unabhängig von der Staatlichkeit

Es ist eine Binsenweisheit, daß man durch Abstammung eben in ein Volk hineingeboren wird, und damit, ohne dies kraft eigenen Willens beeinflussen zu können, auch seine Geschichte gewissermaßen erbt, ihre Folgen, wie etwa die Vertreibung der Eltern aus ihrer Heimat, verbunden mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz, auch ganz konkret erlebt. Die Definition der Nation als Schicksalsgemeinschaft ist daher althergebracht. Das war jedenfalls für deutsche Politiker früherer Jahre nicht zweifelhaft. So erklärte Willy Brandt im Juni 1966: „Kein Volk kann auf die Dauer leben, ohne sein inneres Gleichgewicht zu verlieren, ohne in Stunden der inneren und äußeren Anfechtung zu stolpern, wenn es nicht ja sagen kann zum Vaterland. Wir Deutschen dürfen nicht die Geschichte vergessen. Aber wir können auch nicht ständig mit Schuldbekenntnissen herumlaufen, die junge Generation noch viel weniger als die ältere. Auch wenn der Nationalstaat als Organisationsform gewiss nicht das letzte Ziel politischer Ordnung bleibt, die Nation bleibt eine primäre Schicksalsgemeinschaft.“ In einer Rede vom 24.02.1972 wies Richard von Weizsäcker darauf hin, daß es einen spezifischen Nationalcharakter gebe, der das Deutschtum ausmache: „Ich meine, Nation ist ein Inbegriff von gemeinsamer Vergangenheit und Zukunft, von Sprache und Kultur, von Bewusstsein und Wille, von Staat und Gebiet. Mit allen Fehlern, mit allen Irrtümern des Zeitgeistes und doch mit dem gemeinsamen Willen und Bewusstsein hat diesen unseren Nationbegriff das Jahr 1871 geprägt. Von daher – und nur von daher – wissen wir, daß wir uns als Deutsche fühlen. Das ist bisher durch nichts anderes ersetzt.“ Noch am 23.06.1983 konnte Helmut Kohl im Bericht zur Lage der Nation vor dem Deutschen Bundestag erklären: „Es gibt zwei Staaten in Deutschland, aber es gibt nur eine deutsche Nation. Ihre Existenz steht nicht in der Verfügung von Regierungen und Mehrheitsentscheidungen. Sie ist geschichtlich gewachsen, ein Teil der christlichen, der europäischen Kultur, geprägt durch ihre Lage in der Mitte des Kontinents. Die deutsche Nation war vor dem Nationalstaat da, und sie hat ihn auch überdauert; das ist für unsere Zukunft wichtig.“ Die Diffamierung dieses Volksbegriffs als menschenwürdewidrig denunziert gleichzeitig Willy Brandt, Richard von Weizsäcker und Helmut Kohl als rechtsextreme Verfassungsfeinde. Die Unhaltbarkeit eines allein an der Staatsbürgerschaft festgemachten Volksbegriffs sollte damit offensichtlich sein.

Schicksalsgemeinschaft bedeutet eben nicht völkischer Kollektivismus

Die Betonung der Gemeinschaftsbelange im Gegensatz nicht zu den Rechten des Individuums, sondern zu individualistischen Ideologien ist Grundlage aller sozialstaatlichen Politik. In-dividualistische Ideologien indessen pervertieren die Freiheitsrechte des Individuums ebenso wie nationalistische Ideologien das Existenzrecht der Nationen. Wenn man jedoch  dem Begriff von der Nation als Schicksalsgemeinschaft eine Vorstellung unterschiebt, wonach die Interessen des Einzelnen nachrangig seien und diese pauschale Überbewertung der Interessen des Volkes zu einer Aushöhlung der Grundrechte führe, dann steht der so erkannte völkische Kollektivismus im Widerspruch zu dem im Grundgesetz formulierten Menschenbild, das die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie die Würde des Menschen ins Zentrum rückt. Die aus der seit Jahrzehnten gebräuchlichen Formulierung von der Nation als Schicksalsgemeinschaft abgeleitete angebliche kollektivistische Weltanschauung im Zusammenhang mit Staat und Nation wird dann sprachlich in die lingua tertii imperii, wie das Victor Klemperer so schön formuliert hat, überführt. 

Es ist verfassungskonform, den Erhalt der ethnokulturellen Identität anzustreben

Die Bewahrung des Eigenen, wie man die Bemühungen um den Erhalt der ethnokulturellen Identität auch nennt, kann nicht gegen die Menschenwürde der Angehörigen anderer Völker verstoßen. Denn diese Bestrebungen schließen eben nicht kategorisch aus, daß solchen Menschen die Zugehörigkeit zur eigenen Ethnie zugesprochen wird. Soweit dafür vorausgesetzt wird, daß diese Menschen sich der kulturellen Identität des aufnehmenden Volkes anschließen, kann auch dies nicht gegen die Menschenwürde verstoßen. Das Land, dem wir die Erklärung der Menschenrechte von 1789 verdanken, verlangt eben dies. Art. 21 – 24 des Code Civil qualifiziert die Assimilation des Einzelnen an die französische Gesellschaft als Voraussetzung für die Einbürgerung. Wann genau jedoch ein Mangel an Assimilation in diesem Sinne vorliegt bzw. was Assimilation voraussetzt, stellt das Gesetz nicht in jedem Falle klar. Nicht gemeint ist eine kulturelle Assimilation im Sinne einer erzwungenen „Französierung“ von Ausländern. Zwar verlangt das Gesetz eindeutig die Beherrschung der französischen Sprache in hinreichendem Maße. Ferner die Akzeptanz der französischen Sitten und Gebräuche. So stellt etwa die Polygamie des Ausländers einen Assimilationsmangel dar. Insbesondere die Befolgung der grundlegenden Werte und Prinzipien der französischen Gesellschaft wird verlangt. Das wird dann jeweils im Einzelfall geprüft. So hat in einem Falle die französische Regierung der Ehefrau eines französischen Staatsbürgers die französische Staatsangehörigkeit nicht verliehen, weil sie eine Burka trug. Dabei handelt es sich nach Auffassung der französischen Regierung um eine radikale Form der Ausübung ihrer Religion, die nicht mit den französischen Grundprinzipien, insbesondere der Gleichberechtigung von Mann und Frau, zu vereinbaren ist. Der französische Staatsgerichtshof hat das bestätigt.

Was Minderheiten recht ist, muß der Mehrheit billig sein

Es wäre auch mit den Gesetzen der Logik nicht zu vereinbaren, wenn Deutschland ganz hochoffiziell deutschen Minderheiten in anderen Ländern mit teilweise beträchtlichen Finanzmitteln dabei hilft, ihre ethnokulturelle Identität zu bewahren, indigene Völker rund um den Erdball bei diesen Bemühungen unterstützt, und auch den nationalen Minderheiten im eigenen Lande weitgehende Rechte gewährt, auf der anderen Seite der Mehrheitsethnie der Deutschen von der Abstammung her indessen genau dies verwehrte, ja  sie deswegen geradezu als Verletzer der Menschenwürde schelten wollte. Denn gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes sind ja nun einmal alle Menschen gleich zu behandeln, was selbstverständlich auch für alle Gruppen von Menschen gilt. Es kann der Mehrheit deswegen nicht verwehrt werden, was der Minderheit gewährt wird.

Der deutsche Mainstream entfernt sich von Volk und Verfassung

Es ist nicht zu übersehen, daß die Grundströmung in Deutschland, jedenfalls innerhalb der politischen Klasse, zu der die Medien als deren Propagandaabteilung gehören, dies völlig anders sieht und die Nation schon als Entität verneinen möchte. Neben dem von Rechts wegen existierenden Staatsvolk darf es nach Auffassung dieser Leute nicht noch ein ethnokulturell definiertes Volk geben. Das stünde der One-World-Ideologie entgegen, der sich die meisten dieser Leute als Jünger von Propagandisten wie Klaus Schwab und George Soros verschrieben haben. Nicht anders kann erklärt werden, daß die Verfassungsschutzbehörden, die ja schließlich den Willen der regierenden Politiker auszuführen haben, Parteien und Vereinigungen als verfassungsfeindlich oder zumindest im Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit stehend registrieren, die diesen Volksbegriff neben dem des Staatsvolkes propagieren und sich für die Erhaltung der ethnokulturellen Grundlagen des deutschen Volkes einsetzen. Indessen sind diese administrativen Bestrebungen bei Lichte besehen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Bei genauerem Hinsehen findet man auch, daß etwa im Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zur Beobachtung der AfD als Verdachtsfall vom Gericht Sachverhalte herangezogen werden, die kaum anders interpretiert werden können, als daß jedenfalls maßgebliche Funktionäre dieser Partei eingebürgerte Zuwanderer nicht als Teil des deutschen Volkes ansehen. Dabei vermengt das Gericht zwar die Begriffe Volk und Staatsvolk, stellt aber mindestens überzogene Vorstellungen von einer Gleichsetzung von Volkszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit fest. Etwa in programmatischen Äußerungen der Jugendorganisation JA. Dort heißt es unter anderem: „Die Migrationspolitik, die wir fordern, setzt an die erste Stelle den kulturellen und ethnischen Erhalt des deutschen Volkes.“ Das riecht dann schon etwas nach Staatsbürgern zweiter Klasse. Hinzu kommen natürlich Äußerungen von Parteifunktionären, die nur als ungehörig und pöbelhaft beschrieben werden können. Indessen leidet diese Entscheidung meines Erachtens vor allem daran, daß das Gericht nicht scharf genug zwischen Staatsangehörigkeit und Volkszugehörigkeit trennt, insbesondere übersieht, daß es durchaus eine Volkszugehörigkeit gibt, die auch von der Bundesrepublik Deutschland und den Bundesländern beachtet wird, ja sogar die Verteidigung der ethnokulturellen Identität nationaler Minderheiten und Volksgruppen gefördert wird. Ähnlich ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg zur Einstufung der AfD Sachsen-Anhalt als Verdachtsfall zu bewerten. Auch hier stößt sich das Verwaltungsgericht offenbar vor allem am Sprachgebrauch von Funktionären, der in der Tat eine generelle Geringschätzung des politischen Personals unseres Landes in einem Ausmaß zeigt, daß man es dem Gericht nicht verübeln kann, wenn das aus seiner Sicht gesehen in eine Verachtung der Demokratie überhaupt umschlägt. Was die hier behandelte Problematik des Volksbegriffs angeht, so bescheinigt das Gericht der Partei eine Überbetonung des Abstammungsprinzips. Auch der Vorrang einer ethnisch definierten Volksgemeinschaft ist seines Erachtens als Ablehnung des sich aus der Menschenwürde ergebenden Achtungsanspruchs jeder Person zu sehen und führt zur Verweigerung elementarer Rechtsgleichheit für alle, die nicht der ethnischen Volksgemeinschaft angehören. Dies folgt zum Beispiel daraus, daß Eingebürgerten mit Migrationshintergrund kein dauerhaftes Bleiberecht zugestanden wird. Das alles geht natürlich weit über die Verteidigung der gewachsenen nationalen Kultur hinaus.

Was ist zu tun?

Der AfD ist anzuraten, ihrerseits die klare Trennung zu formulieren zwischen Staatsangehörigkeit und ethnokultureller Volkszugehörigkeit, die man in ihren Grundlagen durchaus stärken darf und soll, aber nicht an die Stelle der rechtlichen Staatsangehörigkeit setzen darf. Es erscheint auch angebracht klar zu kommunizieren, daß eingebürgerte Ausländer keine Deutschen zweiter Klasse sind, unbeschadet dessen, daß man von ihnen verlangt, vor allem die Werte der Verfassung nicht  nur zu respektieren, sondern auch zu bejahen, unbeschadet dessen daß man bei der Einbürgerung natürlich auch die Interessen des Landes etwa an gut ausgebildeten Fachkräften an die erste Stelle setzt. Das tun zweifellos demokratische und den Menschenrechten verpflichtete Staaten wie die USA, Kanada und Australien auch, ohne daß irgendjemand das als menschenrechtswidrige „völkische“ Politik anprangern würde. Denn das sind keine Ausschlusskriterien, die allein an der Abstammung festgemacht werden.

Schlußbemerkung:

An und für sich sollte es das Merkmal juristischer Argumentation sein, auf der Basis präziser, trennscharfer Definitionen Sachverhalte aufzubereiten und an Rechtsvorschriften zu messen. Den Verfassungsschutzbehörden wie auch den Verwaltungsgerichten muß man leider attestieren, daß sie diesen Anforderungen derzeit nicht genügen. Vielleicht stört hier der politische Lärm bei der ruhigen Entscheidungsfindung. Nun ist ja nicht damit zu rechnen, daß die juristische Debatte und die gerichtlichen Verfahren sich innerhalb weniger Monate erledigen werden. Gerade wenn man an die juristischen Auseinandersetzungen um die wirkliche oder vermeintliche Verfassungsfeindlichkeit der Republikaner oder den geschlagene zehn Jahre dauernden juristischen Kampf der Wochenzeitung Junge Freiheit gegen die Verfassungsschutzbehörden betrachtet, der erst beim Bundesverfassungsgericht gewonnen werden konnte, dann wird man feststellen, daß zum einen viele Jahre ins Land gehen, bevor die Sache endgültig entschieden wird, und zum anderen dann, wenn sich der Pulverdampf der politischen Feuergefechte verzogen hat, endlich Recht gesprochen wird. Der merkwürdige Umgang der deutschen Eliten (Eliten?) mit ihrer eigenen Identität wird dann wohl eine Fußnote der deutschen Geschichte bleiben.

Corona und kein Ende?

Am 1. Juli 2022 veröffentlichte der Sachverständigenausschuß nach § 5 Abs. 9 IFSG – so die korrekte Bezeichnung dieses beim Bundesgesundheitsministerium angesiedelten vielköpfigen Gremiums von Wissenschaftlern mehrerer Diziplinen, darunter natürlich auch Virologen und Juristen – sein lange erwartetes Gutachten zur  Evaluation der bisherigen administrativen Maßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV-2 Pandemie, was wiederum die korrekte Bezeichnung der umgangssprachlich so bezeichneten Corona-Pandemie ist.

Das Gutachten ohne ausreichende Grundlage

Dieses Gutachten ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Auf 156 DIN A4 Seiten nähern sich die durchweg wissenschaftlich hochrangigen Experten der Aufgabenstellung. Mehr nicht, denn sie führen gleich zu Beginn in ihrer Zusammenfassung aus: „Die Erfüllung des Auftrags und Anspruchs durch die Evaluationskommission wurde erheblich dadurch erschwert, daß sie zur Bewertung der auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestützten Maßnahmen erst im Nachhinein aufgefordert wurde. Ferner fehlte eine ausreichende und stringente begleitende Datenerhebung, die notwendig gewesen wäre, um die Evaluierung einzelner Maßnahmen oder Maßnahmenpakete zu ermöglichen… Außerdem ist festzuhalten, daß die Evaluationskommission für eine umfassende Evaluierung dieser Fragestellung weder personell ausgestattet war, noch einen ausreichend langen Evaluationszeitraum zur Verfügung hatte.“

Bei Lichte besehen fehlt es in diesem Gutachten durchweg an belastbaren, auf Studien beruhenden Feststellungen, die den üblichen wissenschaftlichen Anforderungen genügen, so zum Beispiel randomisierte Doppelblindstudien und nach statistischen Standards festgestellten Kausalitätsregeln etwa für die Wirkungen von Lockdowns, Schulschließungen oder der Verpflichtung zum Tragen von Masken unter verschiedenen Bedingungen in Innenräumen wie auch außerhalb. Selbst letzteres gab es ja, sodaß man selbst in den Fußgängerzonen der Innenstädte eine FFP2-Maske zu tragen hatte.

Die Sachverständigen führen denn auch auf vielen Seiten aus, was alles erst einmal geschehen müsste, um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Evaluierung der Corona-Maßnahmen durchführen und ein entsprechendes Gutachten erstatten zu können. Ihre Feststellungen zur Sache sind demgemäß auch mit entsprechenden Vorbehalten versehen.

Die Maskenpflicht

Ich will mich im Folgenden mit einem Teilbereich des Maßnahmenspektrums befassen, das die Sachverständigen zu bewerten hatten, und das aktuell insofern von Bedeutung ist, als in Deutschland immer noch eine Verpflichtung zum Tragen von Masken im öffentlichen Personennahverkehr ebenso wie auf Bahnstrecken und im Flugverkehr besteht. Bekanntlich ist dies in anderen europäischen Ländern größtenteils nicht mehr so, und dies auch schon seit vielen Wochen. Auch darauf wird noch einzugehen sein.

Wirken die Masken denn überhaupt?

Ob das Tragen von Masken, auch Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) jeglicher Art, seien es einfache Stoffmasken, seien es sogenannte medizinische (OP-) Masken oder gar solche einer höheren Schutzstufe wie FFP2, generell geeignet ist oder wenigstens sein kann, die Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV2 zu verhindern, ist umstritten. Zwar scheint sich aus dem erwähnten Gutachten zu ergeben, daß insoweit allgemeinwissenschaftlicher Konsens bestehe. Die Recherche ergibt jedoch, daß dem nicht so ist.

Generell ablehnend äußert sich dazu die Krankenhaushygienikerin, Mikrobiologin, Virologin und Infektionsepidemiologen Prof. Dr. Ines Kappstein. Dieser Wissenschaftlerin kann man Fachkenntnis sicherlich nicht absprechen. Sie kommt zu dem Fazit: „Aus einer Maskenpflicht für viele Millionen Bürger in Deutschland können jeden Tag zig-millionenfache Kontaminationen resultieren, die zu einem wesentlichen Teil vermeidbar wären, weil die ohnehin schon häufigen Hand-Gesichts-Kontakte der Menschen durch die Maskenpflicht noch häufiger werden, Händewaschen unterwegs aber nur ausnahmsweise möglich ist. Dabei besteht das Risiko, daß der – schon zwangsläufig – unsachgemäße Umgang mit der Maske und die erhöhte Tendenz, sich selbst ins Gesicht zu fassen, während man die Maske trägt, tatsächlich das Risiko einer Erregerverbreitung und damit Erregerübertragung noch erhöht – ein Risiko, das man doch aber gerade durch die Maske reduzieren will. Eine Maskenpflicht vermittelt ein falsches Sicherheitsgefühl, und ein falsches Sicherheitsgefühl ist immer ein Sicherheitsrisiko.“

Dem stimmt mit vorsichtiger Formulierung auch der Sachverständigenausschuss zu, wenn er ausführt: „Die Kombination von epidemiologischen Erkenntnissen und tierexperimenteller Bestätigung lässt die Schlussfolgerung zu, daß das Tragen von Masken ein wirksames Instrument in der Pandemiebekämpfung sein kann. Eine schlecht sitzende und nicht eng anliegende Maske hat jedoch einen verminderten bis keinen Effekt… Die Schutzwirkung hängt davon ab, ob die Masken korrekt getragen werden, also Mund und Nase bedecken, passgenau sind und dicht anliegen. Ob das korrekte Tragen von Masken durch öffentliche Kampagnen gefördert und damit die Effektivität der Prävention gesteigert werden kann, ist plausibel, aber nicht untersucht. Bei mangelhafter Abdichtung besteht die Gefahr, daß mehr Aerosolpartikel austreten als bei korrekt getragenen Masken… Eine weitere Einschränkung ist, daß die meisten publizierten Studien von einem korrekten Tragen der FFP2-Maske durch die befragten Personen ausgehen. In der Praxis liegt die FFP2-Maske jedoch bei vielen Menschen häufig nicht eng genug an, sodaß die Luft beim Ausatmen wie bei einem Ausstrahlungsventil mit hohem Druck in die Umgebung gelangt. Eine schlecht sitzende Maske hat auch keinen, gegebenenfalls sogar einen negativen Effekt. Dies ist auch der Fall für medizinische Masken. Alle Maskenarten wirken auch schlechter bei starker Gesichtsbehaarung. In solchen Fällen können Masken eine Scheinsicherheit suggerieren.“

In diese Kerbe schlug der Mitautor der Studie, Prof. Dr. Hendrik Streeck, auch bei der Pressekonferenz am 1. Juli: „Es gibt deutliche Unterschiede bei der Evidenz der Masken aus Studien oder in der Praxis. Schlecht sitzende Masken haben keinen, wenn nicht sogar einen negativen Effekt, aufgrund der Scheinsicherheit. Wenn eine Maske richtig getragen wird, hat sie hohe Effekte. In der Praxis ließ sich das bisher nicht ableiten.“

Gefährden die Masken die Gesundheit ihrer Benutzer?

Zumindest nicht auszuschließen ist, daß durch das Tragen derartiger Masken, zumindest über längere Zeit, für den Träger gesundheitliche Gefahren entstehen. Dies jedenfalls ergibt sich aus einer Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen, so etwa von Kisielinski et al. oder Wallach et al. Außer der auch von ihnen festgestellten sehr eingeschränkten Wirksamkeit des Maskentragens weisen sie auf die Nebenfolgen hin: „Ziel unserer Arbeit war Auffindung, Prüfung, Auswertung und Zusammenstellung wissenschaftlich belegter ungünstiger Begleiteffekte der Anwendung von Mund-Nase bedeckenden Masken. Für eine quantitative Auswertung fanden sich 44, größtenteils experimentelle Studien, für eine inhaltliche, 65 Publikationen. Die Literatur offenbarte relevante, ungünstige Phänomene von Masken in zahlreichen Fachgebieten. Die in Kombination beschriebenen, psychischen und körperlichen Beeinträchtigungen und Symptome bezeichnen wir wegen übereinstimmender und wiederkehrender Darstellung in Arbeiten aus unterschiedlichen Fachgebieten als Masken Induziertes Erschöpfungssyndrom (MIES). Wir objektivierten bei der Studienauswertung evidente Veränderungen der Atemphysiologie bei Maskenträgern mit signifikanter Korrelation von O2-Abfall & Erschöpfung (p<0.05), zudem ein gehäuftes, gemeinsames Auftreten von Atembeeinträchtigung & O2-Abfall (67 %), N95-Maske & CO-Anstieg (82 %), N 95-Maske & O2-Abfall (72%), N95-Maske & Kopfschmerzen (60 %), Atembeeinträchtigung & Temperaturanstieg (88 %), aber auch von Temperaturanstieg & Feuchte (100 %) unter den Masken. Ausgedehntes Masken-Tragen durch die Allgemeinbevölkerung könnte in vielen medizinischen Bereichen zu relevanten Auswirkungen und Konsequenzen führen.“

Nicht von ungefähr beschränkt daher die deutsche gesetzliche Unfallversicherung die Gebrauchsdauer von FFP2-Masken auf 75 Minuten und schreibt anschließend eine Erholungsdauer von mindestens 30 Minuten vor. Wie dieser Forderung etwa ein Bahnreisender auf einer Langstrecke oder auch das Zugpersonal des ICE Rechnung tragen könnten, ist eine Frage, die wohl auch Herr Lauterbach nicht beantworten kann.

Der Zusammenhang von Maskenpflicht und Inzidenz

Wenn es an faktenbasierten wissenschaftlichen Feststellungen fehlt, helfen natürlich auch Plausibilitätsüberlegungen. So sollte dann, wenn das Tragen von MNB tatsächlich in signifikantem Maße Auswirkungen auf die Verbreitung des Virus hätte, dies seinen Niederschlag in den Inzidenzwerten der Länder finden, die diese Verpflichtung unterschiedlich handhaben. Es ist allgemein bekannt, daß von den europäischen Ländern zum Beispiel Deutschland und Portugal nach wie vor das Tragen von MNB in Bussen, Bahnen und Flugzeugen verbindlich vorschreiben und auch in Innenräumen weitgehend praktizieren. Großbritannien, Dänemark und vor allem Schweden tun dies seit Anfang Mai überhaupt nicht mehr, Schweden von Anbeginn an nicht. Die Wirksamkeit von MNB vorausgesetzt, müssten somit die Inzidenzwerte in Deutschland und Portugal sehr niedrig sein, in Großbritannien, Dänemark und vor allem Schweden sehr hoch. Tatsächlich ist das genau umgekehrt. Nach den Feststellungen der auf diesem Gebiet sicherlich unanfechtbar führenden Johns Hopkins Universität sind die Inzidenzzahlen ab 01.05.2022 in Portugal zunächst einmal steil angestiegen, um dann bis zum 30.6.2022 abzufallen, in Deutschland war es umgekehrt. In beiden Fällen liegen sie jedoch weitaus höher, als in Großbritannien, Dänemark und vor allem Schweden. Hier die Zahlen pro 1 Mio Einwohner: Deutschland: 1.042,37; Portugal: 868,40; Großbritannien; 304,40; Dänemark: 269,61 und Schweden: 48,23. Ähnlich sieht es bei den Todesfallzahlen aus. Portugal: 2.16; Großbritannien: 0,99; Deutschland 0,92; Dänemark 0,81; Schweden 0,44.

Warum denn dann die Maskenpflicht?

Tatsächlich erscheint die von der Politik so sehr in den Vordergrund geschobene Maskenpflicht einen ganz anderen Sinn zu haben. Die Gutachter schreiben auf Seite 99 dazu: „Neben der allgemeinen und im Labor bestätigten Wirksamkeit von Masken ist nicht abschließend geklärt, wie groß der Schutzeffekt von Masken in der täglichen Praxis ist, denn randomisierte klinische Studien zur Wirksamkeit von Masken fehlen. Es ist zu beachten, daß das Tragen von Masken auch einen psychologischen Effekt hat, da durch Masken im Alltag allgegenwärtig auf die potentielle Gefahr des Virus hingewiesen wird. Die Maske ist daher zum immer sichtbaren Symbol der Infektionsprophylaxe (geworden) und stiftet damit Vigilanz bei den Menschen. Die daraus resultierenden Effekte  können nicht gemessen werden.“ Mit entwaffnender Ehrlichkeit äußerte sich zu diesem Thema die sächsische Staatskanzlei im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht: „Das Thema Maskentragen ist zwar überall jetzt als Maßnahme in der Umsetzung, dennoch sollte man nicht außer Acht lassen, daß das Tragen oder nicht-Tragen von Masken an Stellen, an denen es überprüft werden könnte, aus medizinischer Sicht eher ein Zeichen der Solidarität und Wahrnehmung der Problematik ist. Die Infektionen finden an anderen Stellen statt, an denen keine Masken getragen werden. Es ist zu vermuten, daß das die Bürger eher als weitere Schikane ansehen. Von daher sollte man auch verstärkt Aufklärung betreiben, damit der Bürger auch im privaten Umfeld Einsicht walten lässt.“

Etwas bissiger formuliert: die Machtfantasien mittelmäßiger Politiker lassen sich am besten umsetzen, wenn das regierte Volk den dazu nötigen Untertanengeist besitzt. Der wird nun deutlich manifestiert, wenn die Leute allüberall die befohlene Maske tragen, wie weiland in Schillers Drama Wilhelm Tell die Bürger von Altdorf in der Schweiz den Gesslerhut zu grüßen hatten. Auch beweist man mit einer derartig sinnfreien Maßnahme, die jedoch infolge ihrer Sichtbarkeit stets präsent ist, daß man seine Bürger vor Krankheit und Tod schützt. Der Tätigkeitsnachweis ist öffentlich sichtbar erbracht! Wen sonst sollen die Leute wählen, als uns wackere Streiter wider das Verderben!

Wann sind Eingriffe in die Grundrechte der Bürger rechtens?

Zweifellos handelt es sich bei nahezu allen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie um Eingriffe in die Grundrechte der Bürger. Ob der Bürger ein Lokal betreten darf, mit oder ohne aktuellen Test, ob er beim Besteigen der U-Bahn oder dem Betreten eines Ämtergebäudes eine Maske aufzusetzen hat, das alles greift in seine persönliche Freiheit ein, die nun einmal in Art. 2 des Grundgesetzes prominent geschützt ist. Daran besteht soweit ersichtlich unter Juristen, nicht einmal unter Politikern, ernsthafter Zweifel. Die Frage ist jeweils nur, ob diese Grundrechtseingriffe auch rechtlich zulässig sind. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu bekanntlich die Formel entwickelt, daß grundrechtsbeschränkende staatliche Eingriffe geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein müssen, um das angestrebte Ziel zu erreichen.

Nach den oben referierten Feststellungen bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, ob etwa die Maskenpflicht überhaupt geeignet ist, die Verbreitung des Corona-Virus zu behindern oder gar zu verhindern. Bei richtiger verfassungsgerichtlicher Bewertung müsste die Maskenpflicht bereits an dieser Stelle scheitern. Somit wäre schon gar nicht mehr zu prüfen, ob sie denn auch erforderlich ist, um dieser Gefahr zu begegnen. Denn eine Maßnahme die nicht geeignet ist, eine Gefahr zu bekämpfen, ist denknotwendig dazu auch nicht erforderlich. Aber auch bei Bejahung dieser beiden Kriterien wäre die Verhältnismäßigkeit zwischen Grundrechtseingriff und seiner Intensität einerseits und dem damit möglicherweise erzielten Erfolg sorgfältig zu prüfen. Wenn aber nicht nur die Sachverständigenkommission erhebliche Zweifel daran hat, ob zum Beispiel das Tragen eines MNP in Innenräumen, wozu natürlich auch Busse und Bahnen gehören, überhaupt die Verbreitung des Virus verhindern kann, dann ist es offensichtlich unverhältnismäßig, eine ohne weiteres feststellbare Einschränkung des Freiheitsrechts mit einer nicht feststellbaren Wirkung dieser Einschränkung auf die Infektionsgefahr zu begründen. Das gilt vermehrt, wenn nicht nur eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens, sondern sogar gesundheitliche Schäden dadurch auftreten können, weswegen ja die gesetzliche Unfallversicherung entsprechende Zeitgrenzen vorschreibt.

Ein Gesetz, das nicht durchgesetzt werden kann, ist verfassungswidrig

Doch auch ein anderer Gesichtspunkt ist rechtlich von erheblicher Bedeutung. Sowohl die Sachverständigenkommission als auch eine Vielzahl anderer Wissenschaftler und, wie dargelegt, sogar die sächsische Staatskanzlei gehen davon aus, daß das Tragen einer MNB nur dann die Verbreitung des Virus behindern oder gar verhindern kann, wenn dies ganz korrekt erfolgt, und gewissermaßen die Laborbedingungen in der Praxis auch eingehalten werden. Die Wissenschaftler der Kommission, insbesondere der zitierte Professor Streeck, räumen auch ein, daß dies praktisch nicht möglich ist und empfehlen daher, die Bürger entsprechend aufzuklären. Damit kommen wir jedoch zu einem Gesichtspunkt, der nun ebenfalls in den Grundrechtsbereich führt, nämlich den Gleichheitssatz. Ein Gesetz, das den Bürger in irgendeiner Weise belastet, ist dann verfassungswidrig, wenn es praktisch nicht durchgesetzt werden kann. Das ist eigentlich ein Grundsatz, den wir schon bei Immanuel Kant finden. Denn seines Erachtens kann es bei zwingendem Recht, anders als in der Ethik, nicht auf die Motive des Verhaltens ankommen, sondern allein auf die faktische, erzwingbare Rechtskonformität. Ein solches Gesetz verletzt den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1) unseres Grundgesetzes. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 09.03.2004 erklärt. Zugrunde lag die sogenannte Spekulationssteuer auf Aktiengeschäfte. Diese Steuer konnte nur erhoben werden, wenn die Steuerpflichtigen auch ihre Spekulationsgewinne in der Steuererklärung angegeben hatten, was von der Finanzverwaltung faktisch nicht nachgeprüft werden konnte. In Börsenkreisen sprach man daher auch flapsig von der Dummensteuer. Damit verstieß dieses Gesetz, dessen Einhaltung weder überprüfbar noch strafrechtlich durchsetzbar war, gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Denn es belastete letztendlich nur den Bürger, der ehrlich genug war, diese Spekulationsgewinne auch steuerlich zu erklären. Das Gesetz wies eben ein normatives Defizit des widersprüchlich auf  Ineffektivität angelegten Rechts auf. Ein Gesetz, das prinzipiell nicht durchgesetzt werden kann, verletzt den Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung. Genauso liegen die Dinge doch hier. Die Verpflichtung zum richtigen, das Virus abweisenden Tragen einer Gesichtsmaske ist weder überprüfbar, noch können Verstöße mangels Überprüfbarkeit geahndet werden. Konsequenterweise müsste beispielsweise männlichen Maskenpflichtigen vorgeschrieben werden, keinen Bart zu tragen und sich regelmäßig glatt zu rasieren, um die Wirkung der Maske nicht zu beeinträchtigen. Konsequenterweise müssten in Bussen und Bahnen etwa eine Vielzahl von Kontrolleuren stets und ständig den korrekten Sitz der Gesichtsmasken überprüfen und die Leute gegebenenfalls zur Korrektur anhalten. Konsequenterweise müssten die Kontrolleure dann auch prüfen, ob die jeweilige Maske auch noch so beschaffen ist, wie sie sein soll, und nicht schon verschlissen ist. Alles Dinge, die nach Auffassung der Sachverständigenkommission nicht zu leisten sind. Die Pflicht zum Tragen von MNB in Innenräumen, Bussen und Bahnen verstößt somit in mehrfacher Hinsicht gegen das Grundgesetz und ist deswegen grob rechtswidrig.

Cui bono – wer braucht so ein Gesetz?

Man fragt sich natürlich, warum Politik und Medien mit dieser Verbissenheit die Maskenpflicht durchsetzen wollen. Das führt natürlich weiter zum grundsätzlichen Verständnis von Krankheit und Tod in unserer Zeit. Der moderne Mensch wähnt sich der Natur überlegen. Nicht nur, daß er in Körpervorgänge mittels Genmanipulation eingreifen möchte, sei es in der Reproduktionsmedizin, sei es in der Arzneimittelentwicklung oder sei es beim Design – von Züchtung mag man nicht reden – von Saatgut. Man forscht an künstlicher Intelligenz. Der Homunkulus scheint bereits vor der Tür zu stehen. In diese Allmachtsfantasien des modernen Menschen passt ein Virus nicht, dessen man augenscheinlich nicht Herr werden kann. Das ist eine narzisstische Kränkung ohnegleichen. Sie lässt den solchermaßen seine Grenzen widerwillig erkennenden Menschen schlichtweg durchdrehen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Erst recht nicht in einem Lande, dessen Grundpflicht seine Kanzlerin 2015 mit dem klassischen Satz formuliert hat: „Wir schaffen das!“ Da stehen Freiheitsrechte der Bürger wie auch der Gleichheitssatz entgegen. Doch die Politik kann ruhig schlafen, denn sie kann sich ja neuerdings auf das Bundesverfassungsgericht verlassen. Da werden offensichtlich verfassungswidrige Maßnahmen wie die Impfpflicht einfach durchgewunken. Ein Beschluß wie der zitierte vom 09.03.2004 ist unter der Ägide des Merkel-Vertrauten Harbarth wohl nicht mehr möglich. Denn im Merkel’schen Geist hat das Verfassungsgericht nicht die Verfassung, sondern die Politik der Bundesregierung zu schützen.




Zweierlei Maß

Das Gesetz legt den Soldaten der Bundeswehr nicht wenige Pflichten auf. Neben der Grundpflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, was im Kriegsfalle den Einsatz von Leben und Gesundheit erfordert, muß der Soldat die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten. Noch weiter gehen die Pflichten des Vorgesetzten, der durch Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben hat. Das Verhalten von Soldaten, insbesondere aber auch solchen höheren Ranges, muß dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Dienst als Soldat erfordern. Außer Dienst haben sie sich auch außerhalb der Kasernen so zu verhalten, daß sie das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die ihre dienstliche Stellung erfordern, nicht ernsthaft beeinträchtigt werden. Das sind Pflichten, die der Staat keiner anderen Berufsgruppe, geschweige denn den Bürgern in ihrem Privatleben auferlegt.

Der Durchsetzung dieser Verpflichtungen dient das Disziplinarrecht. Jeder, der selbst Soldat ist oder gewesen ist, kennt dies zur Genüge. Ein Dienstvergehen zieht eben eine disziplinarische Strafe nach sich. Nun sollte man meinen, daß der strenge Maßstab, der an das Verhalten der Soldaten gelegt wird, auch einheitlich ist. Indessen scheint dies inzwischen nicht mehr der Fall zu sein.

Liederlich, na und?

Aufsehen erregt hat der Fall eines Oberstleutnants, der bundesweit so bekannt ist, und auch unter seinem vollen Namen öffentlich auftritt, daß die Nennung des Namens keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen kann. Oberstleutnant Biefang hat schon vor geraumer Zeit öffentlich gemacht, daß er transsexuell ist und die Änderung seines Geschlechts von Mann zu Frau auch offiziell nach dem Transsexuellengesetz betreibt. Dies ist dann auch geschehen. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn er/sie dies in seinem Privatleben belassen und nicht an die große Glocke gehängt hätte. Tatsächlich indessen meinte er/sie, das Thema der Transsexualität offensiv in der Öffentlichkeit behandeln zu müssen. Dabei hat er/sie von Anfang an nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks bei weitem überschritten, sondern sich meines Erachtens auch nicht so verhalten, wie es das Soldatengesetz verlangt.

Zum Sachverhalt:

OTL Biefang hat es zunächst für richtig gehalten, seine Geschlechtsumwandlung der Öffentlichkeit auch in einem Fernsehbericht mitzuteilen, in dem von einer privaten Festivität anlässlich dieser Geschlechtsumwandlung berichtet wurde, unter dem wohl in der Szene goutierten Begriff der „Schwanz-ab-Party“. Anlässlich seiner/ihrer Ablösung als Bataillonskommandeur ließ er/sie sich auf einem Transportfahrzeug, das an den Seiten jeweils mit einem riesigen Einhorn in Regenbogenfarben – was allgemein als Symbol der sog. „queeren“ Szene gilt -, dekoriert war, an der angetretenen Truppe vorbei aus der Kaserne fahren. Daß dies eine Zumutung für die unterstellten Soldaten war, fiel ihr dabei wohl nicht auf.  Einem einschlägig für einen öffentlich einsehbaren Youtubekanal tätigen Moderator gab sie später ein Interview, in dem sie unter anderem erklärte, „sie lasse sich gerne im Darkroom vögeln“ und ließ sich dann vor laufender Kamera von diesem Moderator an ihre Brüste fassen. Ihren Körper als Ergebnis der Arbeit eines Meisters der plastischen Chirurgie präsentierte sie dabei auch offenbar lustvoll in lasziver Haltung.

Das alles war natürlich den Disziplinarvorgesetzten bekannt geworden. Disziplinarrechtliche Schritte erfolgten nicht. Erst als sie in dem geschlossenen Dating-Portal Tinder annonciert hatte und dort ein Profilbild von sich in sitzender Pose mit erkennbaren Gesichtszügen und unter Verwendung ihres tatsächlichen Vornamens eingestellt hatte und mit dem Text: „spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome“ für sich geworben hatte, reagierte der zuständige Disziplinarvorgesetzte mit einem Verweis. Das ist die geringste einfache Disziplinarmaßnahme, die vom Disziplinarvorgesetzten verhängt werden kann. Darüber rangieren in aufsteigender Reihenfolge der strenge Verweis, die Disziplinarbuße, die Ausgangsbeschränkung und der Disziplinarrest. Das Gesetz sieht jedoch weitaus härtere Disziplinarmaßnahmen vor, die indessen nur vom Wehrdisziplinargericht verhängt werden können als da sind die Kürzung der Dienstbezüge, das Beförderungsverbot, die Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, die Dienstgradherabsetzung und die Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Selbst gegen frühere Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten, können von den Wehrdisziplinargerichten empfindliche Disziplinarmaßnahmen verhängt werden, nämlich die Kürzung des Ruhegehalts, die Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, die Dienstgradherabsetzung und die Aberkennung des Ruhegehalts, wobei das dann auch für Angehörige der Reserve gilt, soweit sie gleichzeitig Soldaten im Ruhestand sind. Wir sehen also, daß dieser Auftritt der nunmehrigen Soldatin gerade mal die geringstmögliche disziplinarische Strafe nach sich gezogen hat, die vorherigen Eskapaden indessen für sie disziplinarrechtlich folgenlos geblieben sind. Ungeachtet dessen hat sie gegen die Verhängung der Disziplinarmaßnahme beim Truppendienstgericht geklagt, wo sie jedoch erfolglos blieb. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Truppendienstgerichts wies nun das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 25.05.2022 zurück.

In der Begründung kommt der Wehrdienstsenat anders als das Truppendienstgericht nicht zu einem Verstoß gegen Dienstpflichten insoweit, als das Verhalten der Soldatin in der Öffentlichkeit der Bundeswehr als Ganzes zugerechnet werden könnte. Auch habe das Truppendienstgericht nicht genügend die Bedeutung der Grundrechte im Bereich der privaten Lebensführung gewürdigt. Denn das allgemeine Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG enthalte ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Dazu gehöre, daß der einzelne über seine geschlechtlichen Beziehungen frei bestimmen und sich für eine promiskuitives Sexualverhalten entscheiden könne. Der Schutz dieses Grundrechts erstrecke sich nicht nur auf die Intim-und Privatsphäre, sondern schließe das Recht ein, in der Sozialsphäre, d. h. im Internet, Kontakte mit Gleichgesinnten zu suchen. Die Entscheidung des Truppendienstgerichts erweise sich jedoch im Ergebnis als richtig. Denn die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verlange, daß eine Soldatin in der besonders hervorgehobenen dienstlichen Stellung einer Bataillonskommandeurin mit Personalverantwortung für ca. 1000 Personen bei der Wahl der verwendeten Worte und Bilder im Internet Rücksicht auf ihre berufliche Stellung nehme. Sie müsse daher Formulierungen vermeiden, die den falschen Eindruck eines wahllosen Sexuallebens und eines erheblichen Mangels an charakterlicher Integrität erweckten. Die Worte „Offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome“ erweckten auch aus der Sicht eines verständigen Betrachters Zweifel an der erforderlichen charakterlichen Integrität, weswegen diese Formulierung durch einen Verweis als mildeste Disziplinarmaßnahme beanstandet werden durfte.

Läßliche Sünde!

Zunächst überrascht die Wertung der Bundesrichter, wonach das Verhalten der Soldatin nicht der Bundeswehr zugerechnet werde. Sie hat ja nun nach Kräften daran gearbeitet, daß sie bundesweit bekannt geworden ist, weswegen ja auch das Bundesverwaltungsgericht sie in der Ankündigung der Entscheidung als „im Bereich der Bundeswehr überdurchschnittlich bekannte Kommandeurin“ bezeichnet hat. Natürlich wird das Verhalten dieser Soldatin der Bundeswehr als Ganzes zugerechnet, gerade wegen ihrer herausgehobenen Dienststellung. Unverständlich ist diese Argumentation aber auch deswegen, weil gerade von Soldaten in Vorgesetztenfunktion insoweit vom Gesetz eine besondere Zurückhaltung verlangt wird.

Der eigentliche Skandal besteht aber darin, daß die Bundeswehr, und diese Formulierung muß gewählt werden, nachdem offensichtlich verschiedene Disziplinarvorgesetzte bis dahin zu dem Verhalten ihrer Untergebenen geschwiegen und die Eskapaden der Soldatin unbeanstandet hingenommen haben, hier nicht schon von Anfang an dieses unanständige, schamlose und auch unkameradschaftliche Verhalten zu unterbinden gesucht hat. Auch die Verhängung der mildesten möglichen Disziplinarmaßnahme in diesem Fall ist skandalös. Die Gerichte hatten ja nur zu prüfen, ob diese Disziplinarmaßnahme zu Recht oder zu Unrecht verhängt worden war, nicht aber zu entscheiden, ob nicht vielleicht eine schwerere Disziplinarstrafe rechtens gewesen wäre. Meines Erachtens hat diese Soldatin immerhin im Range eines Stabsoffiziers, dazu noch derzeit in einer Verwendung im Generalstabsdienst, zuvor als Bataillonskommandeur, dem Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit massiv geschadet. Man muß eben unterscheiden zwischen der grundgesetzlich geschützten Freiheit der Persönlichkeit, die natürlich im Privatleben alles, auch ein promiskuitives Verhalten, ermöglicht, und dem Verhalten in der Öffentlichkeit.

Zweierlei Recht

Indessen zeigt die Bundeswehr in anderen Fällen bei der Anwendung des Wehrdisziplinarrechts ein völlig anderes Gesicht. Vergleichsweise harmlose Dinge, wie Tätowierungen und das sogenannte „Liken“ von Facebook-Einträgen Dritter werden gnadenlos disziplinarisch verfolgt, wenn sie aus der Sicht entsprechend instruierter Vorgesetzter und Wehrdisziplinaranwälte den Verdacht „rechter“ Gesinnung nahelegen. So hatte ein Oberstabsfeldwebel sich auf den Armen diverse Symbole tätowieren lassen,  darunter die Odalrune, die Midgardschlange und die Triskele. Prompt witterte der MAD einen rechtsextremen Geruch und teilte der personalführenden Stelle des Soldaten mit, daß er als sogenannte Verdachtsperson geführt werde, da gegen ihn vorhaltbare Erkenntnisse mit Bezug zum Extremismus vorlägen. Außer den erwähnten Tätowierungen lege man ihm zur Last, Facebook-Beiträge der AfD, Verschwörungstheorien und grenzwertige kritische Beiträge zur Flüchtlingsproblematik geteilt zu haben. Eilfertig ordnete der Kommandeur dann ein Verbot der Ausübung des Dienstes an und verhängte ein Uniformtrageverbot.

Das war natürlich rechtswidrig, weswegen der Soldat mit seiner Beschwerde beim Truppendienstgericht auch Recht bekam. Es sollte eigentlich zum Allgemeinwissen auch politisch korrekter Soldaten und Wehdisziplinaranwälte gehören, daß die sogenannte Odalrune nicht zwingend auf nationalsozialistische Anschauungen seines Trägers hinweist, ebenso wenig wie die sogenannte Triskele oder die Midgartschlange und andere Symbole aus der nordischen Mythologie. Die Odalrune beispielsweise ist ja bekanntlich das Dienstgradabzeichen des Hauptfeldwebels. Die Triskele findet sich nicht nur in den Stadtwappen von Füssen und Döhlau, sondern auch im Wappen der Isle of Man. Was grundsätzlich den Nazi-Verdacht bei der Midgardschlange hervorrufen soll, erschließt sich ohnehin nicht. Vor allem aber fällt auf, welcher Verfolgungseifer hier angesichts des Verdachts einer rechtsextremen Gesinnung an den Tag gelegt wird, einer bloßen Gesinnung wohlgemerkt.

Ein weiteres Beispiel. Der bekannte ehemalige AfD-Politiker Uwe Junge, Oberstleutnant a.D., hatte sich als Vorgesetzter gegenüber einer offen lesbisch lebenden Soldatin nach deren Ansicht despektierlich geäußert, ferner auch mit harschen Worten die Bundeskanzlerin wegen ihrer Asylpolitik kritisiert. Damit soll er seine Pflichten aus dem Soldatengesetz sowohl als Soldat auch als Vorgesetzter verletzt haben. Der Dienstherr strebte deswegen eine der schweren Disziplinarmaßnahmen an, die nur vom Gericht verhängt werden kann, blieb indessen beim Truppendienstgericht wie auch beim Bundesverwaltungsgericht erfolglos.

Auch ein Oberstleutnant des Kommandos Spezialkräfte sollte wegen der nachstehend geschilderten Sachverhalte vorläufig des Dienstes enthoben werden, natürlich wurde ihm das Tragen der Uniform verboten und erst einmal 20 % der Dienstbezüge einbehalten. Seine „Vergehen“ bestanden wohl darin, daß er sich kritisch zur Traditionspflege in der Bundeswehr, insbesondere dem Verbot des Mottos „Treue um Treue“ geäußert hatte, passives Mitglied einer Facebook Gruppe „Ernst von Salomon“ gewesen sei und eine Facebook-Seite der „konservativen Revolution“ geliked  und sogar die Bundesregierung aufgefordert habe, endlich die deutschen Grenzen gemäß den rechtlichen Vorgaben zu sichern, schlussendlich sich auch zum Beispiel über die Einsatzlage der Bundeswehr mokiert zu haben. Als besonderes Schmankerl kann man erwähnen, daß er angeblich ein Foto bei Facebook gepostet habe, auf dessen Buchdeckel für den Betrachter erkennbar eine Swastika abgebildet sei. Letzteres war allerdings wohl nur bei starker Vergrößerung überhaupt erkennbar, weswegen ja auch die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Ermittlungsverfahren mangels Tatverdachts eingestellt hatte. Natürlich war das alles rechtlich unerheblich und kein Verstoß gegen die Pflichten aus dem Soldatengesetz, was das Truppendienstgericht richtig festgestellt hat.

Obgleich es nach der Rechtsprechung feststeht, daß das bloße „Liken“ von Beiträgen Dritter keinen Schluss auf eine extreme Gesinnung zulässt, meint man derartiges grundsätzlich disziplinarisch verfolgen zu müssen, und zwar mit den schärfsten Disziplinarmaßnahmen. Natürlich handelt es sich dann um Beiträge, die man als „rechtsextrem“ einstuft.

Der „Kampf gegen Rechts“ in der „diversen“ Bundeswehr 

Das soll erst einmal genügen. Mir sind natürlich weitere derartige Fälle bekannt. Ihnen allen ist gemeinsam, daß hier die unheilige Inquisition mit dem Eifer des fanatischen Glaubenskämpfers durchgeführt wird, die seinerzeit von der ehemaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen begonnen worden ist. Diese grandioseste Fehlbesetzung im Amt des Bundesverteidigungsministers hat ja die Bundeswehr so nachhaltig ruiniert, daß es noch Jahre dauern wird, bis man wieder von einer Armee sprechen kann, die ihren Aufgaben gerecht wird. Es wird bei geringfügigen bis rechtlich unbedenklichen Verstößen gegen soldatische Pflichten oder auch nur die Regeln des guten Geschmacks mit den schärfsten Mitteln reagiert. Die behauptete Nähe zu rechtsextremen Organisationen, nicht einmal die Mitgliedschaft, führt dann zu Anträgen auf Entfernung aus dem Dienst, sogar bei Soldaten der Reserve. Auf der anderen Seite wird ein Verhalten wie im Falle OTL Biefang offensichtlich erst einmal gedeckt, in der öffentlichen Darstellung als erfreuliches Maß an „Diversität“ auch in der Bundeswehr gefeiert und erst dann, wenn es anscheinend nicht mehr anders geht, eine lächerliche Disziplinarmaßnahme in Gestalt eines bloßen Verweises verhängt.

Wer bestraft eigentlich die Ministerin?

Man ist versucht darüber nachzudenken, ob nicht auch die Führung der Bundeswehr an dem Maßstab zu messen ist, daß auch sie der Achtung und des Vertrauens sich würdig erweisen muß, die höchsten Amtsträgern unseres Landes entgegengebracht werden. Leider unterliegen Politiker nicht dem Disziplinarrecht. 


Gedanken zum Krieg in der Ukraine

Die grausamen Bilder des Krieges, die Not der Betroffenen, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung in den Ländern Ost- und Mitteleuropas gegenüber den Flüchtlingen aus der Ukraine, aber auch die immer stärker zu spürenden wirtschaftlichen Folgen des Krieges auch für uns beherrschen Politik und Medien. Natürlich kann man nichts anderes wünschen, als das alsbaldige Ende dieses Krieges. Unabhängig davon sind jedoch tiefergehende Überlegungen angebracht.

Ein verbotener Angriffskrieg

Der Angriff Russlands auf die Ukraine war zweifellos rechtswidrig. Das Völkerrecht kennt ein eindeutiges Gewaltverbot im zwischenstaatlichen Verhältnis. Durchbrochen wird dies nur vom Selbstverteidigungsrecht eines angegriffenen Staates sowie vom Recht der Vereinten Nationen, gegebenenfalls auch mit Gewalt die internationale Ordnung aufrechtzuerhalten. Russland kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt diesen Angriff begründen. Insbesondere ist es abwegig, gewissermaßen zur Entschuldigung anzuführen, die NATO habe sich absprachewidrig und für die Sicherheit Russlands gefährlich nach Osten ausgeweitet. Vertraglich ist derartiges nicht festgelegt worden, insbesondere nicht im 2 + 4 Vertrag. Richtig ist allerdings, daß ausweislich der Erinnerungen beteiligter Politiker es informelle Zusicherungen dieser Art gegeben hat. Die erfahrenen russischen Diplomaten konnten nach Sachlage jedoch keine Veranlassung haben, informellen Signalen eine größere Bedeutung beizumessen, als förmlichen Verträgen.

Klassische Machtpolitik Putins

Vor allem aber ist dieser Gesichtspunkt offenbar für die Entscheidung Putins, nun auch die Ukraine dem russischen Herrschaftsbereich wieder einzuverleiben, völlig bedeutungslos. Er hat ja nun einmal seine Vorstellungen von einem wieder erstandenen Großrussland der Welt in Buchform mitgeteilt. Unmissverständlich ist auch seine Äußerung, wonach die Auflösung der Sowjetunion geostrategisch nur als tragisch für Russland angesehen werden könne. Seine Agenda ist also klar. Russland ist in alter Größe wiederherzustellen. Ob die NATO sich über die Grenzen von 1990 hinaus nach Osten ausdehnt oder nicht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Um ein historisches Beispiel aufzugreifen: Angesichts der von Hitler klar verfolgten Politik der geographischen Erweiterung des Lebensraumes für das deutsche Volk war es allenfalls von vorübergehender taktischer Bedeutung, daß England und Frankreich ihm im Münchner Abkommen freie Hand bezüglich des Sudetenlandes gegeben hatten. Ob man ihm in einem relativ unwichtigen Detail entgegenkam oder nicht, konnte doch das Movens seiner Außenpolitik nicht berühren.

Und wieder einmal geht der Schuß nach hinten los

Allerdings gibt es hier wohl auch eine zweite Parallele. Hitler ist bekanntlich mit seiner Großraumpolitik fundamental gescheitert. Deutschland ging aus diesem Krieg nicht als Großmacht in Europa, sondern als geographisch, bevölkerungsmäßig und vor allem machtpolitisch arg gerupftes und zurechtgestutztes Land hervor. Nach Sachlage wird es Russland ähnlich ergehen. Diesen Krieg wird es nicht gewinnen können, worauf wir nachstehend eingehen werden. Die Ukraine wird sich mittelfristig im westlichen Lager positionieren. Vielleicht wird Weißrussland noch im russischen Einflussbereich bleiben, vielleicht wird aber auch dort der westliche Einfluss wachsen. Die wirtschaftlichen Beziehungen mit Europa und Nordamerika werden zurückgehen, denn die Umorientierung der europäischen Länder, was vor allem die Energieimporte angeht, wird über diesen Krieg hinaus bleiben. Damit wird die wirtschaftliche, aber auch politische Abhängigkeit von China wachsen. Es bedarf keiner Prophetengabe vorherzusagen, daß Russland schon kurzfristig vollständig von China abhängig sein wird.

Warum Russland in diesem Krieg scheitert

Ein weiterer Gesichtspunkt dieses Krieges soll hier kurz angesprochen werden. Hatte man noch zu Beginn dieses Krieges angesichts der jedenfalls auf dem Papier bestehenden militärischen Überlegenheit Russlands erwarten müssen, daß die Ukraine binnen weniger Wochen unterworfen sein werde, so hat sich zur Überraschung aller militärischen Beobachter herausgestellt, daß dem nicht so ist. Vielmehr scheint es wahrscheinlich zu sein, daß Russland seine Kriegsziele im Großen und Ganzen verfehlen wird. Möglicherweise wird nur die Krim zu halten sein. Denn offensichtlich handelt es sich bei der russischen Armee um einen Papiertiger, um hier einen chinesischen Ausdruck zu verwenden. Es war ja schon überraschend, daß Russland für diesen Angriff nur einen relativ kleinen Teil seiner Armee eingesetzt hat, knapp 200.000 Mann, bei einer Gesamttruppenstärke von 1 Million aktiven Soldaten und 2 Millionen Reservisten. Demgegenüber verfügte die Ukraine bei Kriegsbeginn über rund 200.000 aktive Soldaten und ca. 900.000 Reservisten. Nun gilt ja allgemein die Faustregel, daß der Angreifer über eine Überlegenheit von drei zu eins, besser vier zu eins verfügen muß, will er erfolgreich sein. Und dies gilt nur für Angriffsoperationen im engeren Sinne. Schon die Gefechtsart Verzögerung, wenn also der Gegner sich beweglich verteidigt, erfordert eine noch höhere zahlenmäßige Überlegenheit. Ganz besonders gilt dies im bebauten Gelände, also in den Städten, wo das Zahlenverhältnis zugunsten des Angreifers bei acht bis neun zu eins liegen sollte. Die Ukraine hat offensichtlich ihr Potenzial vollständig in die Waagschale werfen können, auch was die Mobilisierung der Reserven angeht. Wie man hört,  verfügt offenbar die russische Armee zwar über rund 2 Millionen Reservisten, die jedoch mangels regelmäßiger Übung im Verbandsrahmen nicht gefechtsverwendungsfähig sind.

Die moderne Kommunikationstechnik, Stichwort Drohnen, macht es nun erstmals möglich, Gefechtshandlungen zu filmen und ins Internet zu stellen. Wir können also auf dem Bildschirm unseres PC betrachten, was auf dem Gefechtsfeld geschieht. Natürlich sind das Einzelfälle, allerdings von beträchtlichem Erkenntniswert. Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu wollen, wird jedenfalls klar, daß die russischen Truppen offenbar miserabel geführt werden. So sieht man Kampfpanzer in geringen Abständen und ohne begleitende Infanterie auf städtischen Straßen, wo sie von ukrainischer Infanterie mit Panzerabwehrhandwaffen erfolgreich bekämpft werden, und wo dann aus der Deckung heraus einzelne ukrainische Kampfpanzer die aufgestauten feindlichen Kolonnen effizient attackieren und das billige Kampfmittel Drohne ein Übriges tut. Zwar hat die russische Armee in Gestalt der bataillonstaktischen Gruppe eine jedenfalls auf dem Papier effektive Gefechtsgliederung. Es wird ja hier das Gefecht der verbundenen Waffen* auf der Ebene Bataillon geführt, statt auf der Ebene Brigade oder gar Division. Dies aus gutem Grund, denn das Gefecht der verbundenen Waffen verlangt entsprechend dimensionierte Stäbe, was auf Bataillonsebene nicht so darstellbar ist. Nun ist das Gefecht der verbundenen Waffen zwar Standard etwa der deutschen Militärdoktrin, aber auch in der NATO. Man braucht dazu aber erstklassig ausgebildete Offiziere und Unteroffiziere, die vor allem gelernt haben, selbständig im Rahmen des Führens mit Auftrag zu denken. Daran fehlt es in der russischen Armee ganz offensichtlich. Es entspricht auch nicht der gesellschaftlichen Kultur eines Landes, das nicht nur im Militär auf Befehl und Gehorsam setzt, und in dem selbständiges Denken eher unerwünscht ist. Ersichtlich gibt es darüber hinaus erhebliche logistische Probleme, deren Ursache wohl auch nicht nur in den sehr langen Versorgungswegen zu suchen sind. Alle diese Punkte führen wohl dazu, daß Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann, jedenfalls seine Kriegsziele nicht erreichen wird.

Kriegsverbrechen

Ein weiterer Gesichtspunkt dieses Krieges muß ebenfalls angesprochen werden. Und das sind die massiv aufgetretenen Kriegsverbrechen. So verstößt es ganz eindeutig gegen das Kriegsvölkerrecht, Städte großflächig mit Artillerie und Raketen zu beschießen und dabei nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern offenbar auch zu beabsichtigen, Zivilbevölkerung in großem Umfang zu töten. Offensichtlich werden auch systematisch Zivilisten in eroberten Ortschaften ermordet. Ob man dies alles nun als Völkermord im Sinne des Römischen Statuts über den Internationalen Strafgerichtshof einordnen muß oder nicht, Kriegsverbrechen sind es alle Mal. Es zeigt sich allerdings auch, daß dieser Krieg insoweit keine Besonderheiten aufweist, als Kriegsverbrechen tatsächlich auch auf beiden Seiten begangen werden. Was Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung angeht, so können diese hier naturgemäß nur von russischer Seite begangen werden. Indessen gibt es einzelne Berichte von Kriegsverbrechen gegen russische Soldaten. Man konnte Fernsehbilder von gefangenen russischen Soldaten sehen, denen ukrainische Soldaten in die Beine geschossen haben. Es gibt Berichte über die Tötung russischer Soldaten durch ukrainische Soldaten und auch Zivilisten. Jüngst berichtet der Spiegel über einen solchen Fall. Klar ist, daß Zivilisten auch in einem besetzten Land nur unter den Bedingungen der Haager Landkriegsordnung in die Gefechtshandlungen eingreifen können. Dazu gehört nicht nur die Kennzeichnung, etwa durch eine entsprechende Armbinde, sondern auch die Einhaltung der Regeln des Krieges. Derartige Dinge sind auch nicht geeignet, das Ansehen des zu Unrecht angegriffenen Landes zu verbessern. Bei allem Verständnis für die Wut der Bevölkerung gegen den Aggressor muß jedoch die strikte Einhaltung des Rechts eingefordert werden. Denn die Einhegung des Krieges durch das Kriegsrecht gehört zu den zivilisatorischen Errungenschaften, die wir nicht mehr missen wollen. Das gilt im Übrigen selbstverständlich für beide Kriegsparteien, so wie auch das Kriegsvölkerrecht vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung der Kriegsparteien beherrscht wird. D.h., es kommt nicht darauf an, wer angegriffen hat. Das Kriegsrecht verpflichtet beide Kriegsparteien gleichermaßen und schützt sie auch im Reflex gleichermaßen. Inwieweit es gelingen wird, diese Kriegsverbrechen auch nur annähernd aufzuklären, und ob und in welchem Umfange die Täter dann vor Gericht gestellt werden können, wird man sehen. Zu wünschen ist, daß auch in diesem Punkt die Herrschaft des Unrechts von der Herrschaft des Rechts abgelöst werden wird.

*Erläuterung für militärische Laien: der kombinierte Einsatz von z.B.: Panzern, Infanterie, Artillerie, Pionieren, Flugabwehr

Das Völkerstrafrecht – ein stumpfes Schwert

Die Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine beherrscht seit dem 24. Februar dieses Jahres die Nachrichtensendungen, die Tageszeitungen und auch die Kommentare in den Wochenzeitschriften. Weit überwiegend wird der bewaffnete Angriff Russlands auf die Ukraine als eklatanter Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot gesehen. Natürlich sieht das Russland selbst völlig konträr. Es scheut nicht einmal davor zurück, zu erklären, die gestern in der Kleinstadt Butscha entdeckten hunderte von offensichtlich ermordeten Zivilisten seien offenbar von den Ukrainern selbst umgebracht worden. Wer so etwas glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Und auch randständige Teilnehmer am deutschen Diskurs bewegen sich insoweit abseits des, soweit ich sehe, allgemeinen Konsenses.

Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot

Zwar versucht der russische Präsident Putin auf das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der UN-Charta zu rekurrieren. Dies soll nach russischer Auffassung im Hinblick auf die im Jahr 2014 kraft eigener Erklärung gegründeten „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk gegeben sein. Dabei greift er zu dem mehr als gewagten Argument, diese Republiken seien keine lediglich abtrünnigen Regionen der Ukraine, deren Unterstützung nach allgemeiner Auffassung im Völkerrecht ohnehin verboten wäre. Vielmehr hat Russland diese beiden Entitäten am 22.02.2022 einseitig als Staaten anerkannt. Das aber ist ein Missbrauch des Anerkennungsrechts und stellt einen Verstoß gegen das Nichteinmischungsprinzip dar. Mit genau diesem Argument hat Russland seinerzeit die Anerkennung des Kosovo im UN-Sicherheitsrat 2008 blockiert, obgleich der Kosovo-Krieg bereits 1999 beendet war und die Unabhängigkeitserklärung dieser bis dahin abtrünnigen Provinz erst 2008 erfolgte. Russland weiß also sehr wohl, daß die Anerkennung einer abtrünnigen Provinz als eigener Staat noch während der Sezessionskämpfe völkerrechtlich unwirksam ist. Der Vorgang zeigt deutlich, daß Russland die völkerrechtliche Lage kennt, und sich in eigener Sache konträr zu seiner Rechtsauffassung von 2008 verhält. Man kann wohl mit Fug und Recht sagen, daß Russland hier wider besseres Wissen das Selbstverteidigungsrecht aus Art. 51 der UN-Charta für sich in Anspruch nimmt.

Das Völkerstrafrecht

Auf die derzeit nach Sachlage zurecht eingeleiteten Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof, den Ausschluß Russlands aus dem Europarat und die diversen Wirtschafts- und Finanzsanktionen der EU soll hier nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr wollen wir untersuchen, inwieweit das Völkerstrafrecht gegen Russland bzw. seinen Präsidenten und weitere maßgebliche Amtsinhaber bzw. Truppenführer angewandt werden kann. Es gibt ja nun das Römische Statut über den Internationalen Strafgerichtshof vom 17.07.1998 in der Fassung von 2010, das nun erklärtermaßen die Strafverfolgung von Kriegsverbrechern jeden Ranges bis hinauf zum Staatschef ermöglichen soll.

Zuständigkeit und Straftatbestände

Nach seinem Art. 5 ist der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag berufen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, den Völkermord, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression abzuurteilen. Letzteres ist unter den dort geregelten Straftatbeständen wohl der problematischste und wird nach allgemeiner Auffassung nur bei offenkundiger Verletzung der UN-Charta angewandt werden können. Im Falle des Angriffskriegs auf die Ukraine scheint mir eine solche offenkundige Verletzung der UN-Charta vorzuliegen. Die genannten Verbrechen gegen die Menschlichkeit kann man grob gesagt als systematische, massenhafte Verletzung der Menschenrechte beschreiben, Kriegsverbrechen werden in Art. 8 des Statuts enumerativ und tatbestandlich exakt beschrieben. Darunter fallen zum Beispiel die vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit ebenso wie vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte, d.h. auf Objekte, die nicht militärische Ziele sind.

Kann Putin überhaupt angeklagt werden?

Die spannende Frage ist indessen, inwiefern russische Verantwortliche einschließlich des Präsidenten vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden können. Das ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die genannten Verbrechen auf dem Staatsgebiet eines Mitgliedsstaates geschehen sind. Die Ukraine ist jedoch kein Vertragsstaat des Römischen Statuts. Indessen gibt es für solche Fälle die Möglichkeit der ad hoc Anrufung des Gerichtshofs. Von dieser Möglichkeit hat die Ukraine Gebrauch gemacht. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nicht jedoch hinsichtlich des Verbrechens der Aggression. Denn wegen des Verbrechens der Aggression durch einen Staat, der nicht Mitglied dieses Abkommens ist, kann ein Strafverfahren vor dem Gerichtshof nicht gegen Angehörige dieses Staates geführt werden. Russland müsste also einem solchen Verfahren zustimmen, wovon nicht ausgegangen werden kann. Selbst wenn alle anderen Mitglieder des Sicherheitsrates den Internationalen Strafgerichtshof ersuchen würden, ein solches Verfahren gegen Russland zu eröffnen, würde dies im Sicherheitsrat natürlich am Veto Russlands scheitern.

Soweit Verbrechen gegen die Menschlichkeit und/oder Kriegsverbrechen angeklagt werden können, ist Art. 25 des Statuts zu beachten. Danach ist die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes Angeklagten zu prüfen. D.h., es gelten die üblichen strafrechtlichen Grundsätze, wonach dem Täter nicht nur der äußere Tatbestand des jeweiligen Verbrechens nachgewiesen werden muß, sondern auch zum Beispiel, daß er die Tatherrschaft hatte bzw. mindestens dem eigentlichen Täter geholfen oder ihn gar zur konkreten Tat angestiftet hat. Das ist etwa im Falle von Tötungsdelikten, Vergewaltigung oder Zerstörung von Häusern ziviler Bewohner gegenüber dem Soldaten, der dies eigenhändig getan hat, durchaus zu leisten. Schwieriger wird es dann bei den höheren Rängen. Grob gesagt, wird die strafrechtliche Verantwortung umso schwerer nachzuweisen sein, je höher der Angeklagte in der staatlichen bzw. militärischen Organisation steht. So wird man Putin im Zweifel niemals nachweisen können, etwa für die Ermordung eines Zivilisten in seinem Auto durch den Richtschützen eines russischen Kampfpanzers strafrechtlich verantwortlich zu sein. Denn dann müsste man ihm mindestens nachweisen, dieses Vorgehen generell so befohlen zu haben, oder im Einzelfall befohlen zu haben. Das wird wohl nicht einmal hinsichtlich eines Kompaniechefs möglich sein. Den einzelnen Soldaten aber, der einen Autofahrer erschossen oder eine Frau vergewaltigt hat, wird man wohl kaum jemals ausfindig machen und vor Gericht stellen können.

Das deutsche Völkerstrafgesetzbuch

Neben dem Römischen Statut über den Internationalen Strafgerichtshof haben wir in Deutschland noch das Völkerstrafgesetzbuch, was wohl nicht zum Allgemeinwissen gehört. Danach können grundsätzlich alle Delikte vor deutschen Gerichten angeklagt werden, die im Römischen Statut aufgeführt sind. Beim Delikt der Aggression allerdings nur dann, wenn der Täter Deutscher ist oder die Tat gegen Deutschland gerichtet war. Im übrigen folgt dieses Völkerstrafgesetzbuch dem Universalitätsprinzip, ebenso wie das Römische Statut selbst. Die klassischen Kriegsverbrechen wie auch die Verbrechen gegen die Menschlichkeit können gegen Angehöriger dritter Staaten vor deutschen Gerichten angeklagt werden, auch wenn die Taten ebenfalls auf dem Territorium dritter Staaten verübt worden sind. Derartige Fälle sind bereits vor verschiedenen Oberlandesgerichten in Deutschland verhandelt worden und haben zum Teil mit hohen Freiheitsstrafen für die Angeklagten geendet.

Ein stumpfes Schwert

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß einer Strafverfolgung des russischen Präsidenten Putin durch den Internationalen Strafgerichtshof vor allem der Umstand entgegensteht, daß weder die Ukraine noch Russland Vertragsstaaten sind. Die oben erwähnte Ausnahmeregelung ist praktisch noch niemals angewandt worden, sodaß es abzuwarten bleibt, ob etwa ein Veto im Sicherheitsrat die Strafverfolgung unmöglich machen würde. Die Vorstellung, Putin oder andere hochrangige Mitglieder der russischen Administration würden eines Tages von einem deutschen Oberlandesgericht abgeurteilt werden, erscheint ebenfalls unrealistisch.

Wie sollte es überhaupt gehen?

Hinzu kommt, daß vor dem internationalen Strafgerichtshof zwar auch amtierende Staatsoberhäupter, Minister und Generäle angeklagt werden können. Indessen ist schwer vorstellbar, daß dieser Personenkreis überhaupt jemals festgenommen werden könnte, es sei denn, Russland würde von der Ukraine besetzt werden. Für die durchaus berechtigten Wünsche der Ukraine nach Strafverfolgung der russischen Verantwortlichen gilt also, was nach der Legende die Nürnberger 1381 erfahren mußten, als ihnen der Raubritter Eppelein von Gailingen kurz vor seiner Hinrichtung mittels eines gewaltigen Sprunges seines Pferdes über den Burggraben entkam. Lange mussten sie sich den Spott der Nachbarn anhören: „Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor“.