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Das Kreuz mit dem Kreuz

Nun hat der bayerische Ministerpräsident am 24. April dieses Jahres – zugegebenermaßen publikumswirksam – im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei ein Kreuz aufgehängt und dazu erklärt, dies sei ein klares Bekenntnis zur bayerischen Identität und zu christlichen Werten. Kreuze in Behörden seien allerdings nicht etwa Zeichen einer Religion.

Nicht unerwartet erhob sich darob ein medialer Aufschrei weit über die bayerischen Grenzen hinaus. Soweit Politiker, Publizisten, Journalisten und zeit“geistige“ Kirchenvertreter außerhalb der bayerischen Grenzen sich kritisch oder gar hämisch geäußert haben, ist das allein schon deswegen deplaziert, weil Bayern jährlich mit mehr als 5 Milliarden Euro die armen Verwandten in Deutschland unterstützt. Das wäre nicht nötig, wenn diese Bundesländer ihre finanzpolitischen Hausaufgaben so ordentlich erledigen würden, wie das der Freistaat Bayern seit vielen, vielen Jahren vorbildlich tut.

Doch kommen wir zur Kritik aus den Reihen der üblichen Verdächtigen und nehmen uns statt aller den Artikel des unvermeidlichen Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 25. April 2018 vor. Einschlägige Postillen wie taz, Spiegel, Stern, ZEIT und Co. wollen wir einmal beiseite lassen. Prantl also beginnt seine Philippika mit dem Hinweis, das Kreuz sei nicht einfach ein heimatlicher Wandschmuck. Es sei nicht einfach Symbol für Tradition. Es sei nicht Folklore, es sei kein religiöses Hirschgeweih. Es sei das wichtigste christliche Zeichen, es sei das Symbol für Erlösung, Sinnbild des Leidens und der Herrschaft Christi. Diese Herrschaft sei aber kein staatliches Regiment, deshalb gehöre das Zeichen nicht per staatlicher Anordnung in staatliche Räume gehängt. Nun ist schon das nicht ganz richtig. Um seinen Verriss der Anordnung des Ministerpräsidenten, das Kreuz als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns im Eingangsbereich jedes Dienstgebäudes deutlich wahrnehmbar anzubringen, wuchtig begründen zu können, läßt Prantl einfach weg, daß das Kreuz jedenfalls in Bayern, wie wir aber noch sehen werden, auch anderswo, gerade nicht auf seine unbestrittene zentrale religiöse Bedeutung beschränkt ist.

Das Kreuz ist vielmehr auch Symbol der bald 2000 Jahre alten christlich geprägten Geschichte und Tradition zunächst der Länder des vorderen Orients – aus dem es inzwischen nahezu vollständig verschwunden ist – des römischen Reiches in seiner Spätzeit und seiner abendländischen Nachfolgestaaten wie auch einer Reihe von Staaten, die aus deren ehemaligen Kolonien entstanden sind. Somit ist es Teil der europäisch-abendländischen Identität.

Das ist auch bis heute deutlich sichtbar. Nicht nur, daß die abendländische Welt durch eine Unzahl von Kirchenbauten, Klosteranlagen und Kreuzen auf ihren Friedhöfen geprägt ist, auch die nach wie vor überwiegend gebräuchlichen Vornamen christlichen Ursprungs sprechen hier eine beredte Sprache. Wenn irgendetwas als nationales Symbol wahrgenommen wird, dann jeweils die Nationalflagge. Das Kreuz ist als prägendes grafisches Merkmal vorhanden in den Nationalflaggen der fünf skandinavischen Staaten, der Dominikanischen Republik, der Fidschi-Inseln, Georgiens, Griechenlands, Großbritanniens und einer Reihe seiner ehemaligen Kolonien wie Australien, Neuseeland, Tuvalu und den Cook-Islands, Maltas, der Schweiz und der Slowakei. Für die größte Hilfsorganisation der Welt, das Rote Kreuz, ist es nicht nur Schutz- und Erkennungszeichen, sondern auch namensgebend. Religiöse Symbole in Nationalflaggen sind auch außerhalb der christlichen Welt häufig. Nicht nur, daß die Flagge Israels natürlich den Davidstern zeigt, auch die Flaggen diverser muslimischer Staaten enthalten religiöse Symbole. Der Halbmond, der Kuppeln und Minarette von Moscheen krönt, ist auch nationales Symbol in den Flaggen beispielsweise Algeriens oder der Türkei. Die Flagge Saudi Arabiens zeigt auf grünem Tuch (grün ist die Farbe des Propheten Mohammed) das islamische Glaubensbekenntnis. In allen diesen Fällen wird offensichtlich eine weitgehende Identität von Staat und Staats- oder Mehrheitsreligion sichtbar gemacht.

Kriegs- und Verdienstorden einer Vielzahl von Staaten haben die Form eines Kreuzes, teilweise gehört der Wortbestandteil Kreuz zu ihrem Namen. Für Deutschland sei nur beispielhaft auf das Eiserne Kreuz und andere Tapferkeitsauszeichnungen hingewiesen, heute für den Bereich der Bundeswehr auf das Ehrenkreuz. Die höchste zivile Auszeichnung unseres Landes ist das Bundesverdienstkreuz in seinen verschiedenen Stufen. Aber auch andere Staaten benutzen das Kreuz als Grundform der verschiedenen Auszeichnungen, insbesondere Kriegsauszeichnungen. Die höchste britische Kriegsauszeichnung ist das Victoria Cross. Die höchste französische Auszeichnung ist das Kreuz der Ehrenlegion, daneben als Kriegsauszeichnung das Croix de Guerre. Italien verleiht seinen tapferen Soldaten ein Kriegsverdienstkreuz oder auch den Vittorio-Veneto-Orden, im zivilen Bereich hat der Arbeitsverdienstorden Kreuzesform. Der höchste niederländische militärische Orden ist der Militär-Wilhelms-Orden, natürlich in Kreuzesform. Die höchsten russischen Orden wie der Sankt Georgs Orden oder auch der Alexander Newski Orden oder der Suworow Orden haben wie viele andere russische Orden Kreuzesform. Selbst ein christlich nicht geprägtes Land ohne abendländische Tradition wie Indien verleiht Orden in Kreuzesform wie Padma Bushan oder Padma Shri.

Soweit eine kleine Auswahl von Fakten zur Verwendung religiöser Symbole im staatlichen Bereich weltweit. Sie zeigen, daß Prantls Behauptung, das Kreuz sei ausschließlich religiöses Symbol, und so ist sein Artikel cum grano salis zu verstehen, evident falsch ist. Aber daraus leitet er dann folgerichtig sein Verdikt ab, die CSU instrumentalisiere eine religiöse Kernbotschaft und mache daraus die billige Botschaft „Mia san mia“. Das sei nicht christlich, das sei Ketzerei – weil es das Kreuz verstaatliche und damit säkularisiere. Damit man ihm auch abnimmt, es gehe ihm um den Schutz der Religion vor politischem Missbrauch, vergießt er Krokodilstränen darüber, daß tatsächlich die Entfremdung von gelebter Religion fortschreite, auch in Bayern, und die Politisierung von Religion zugleich zunehme. Dieser Satz ausgerechnet aus der Feder eines ansonsten laizistisch-säkularen Linksliberalen ist Heuchelei, zumal der Verfasser bislang eher weniger als Verteidiger des Christentums und mehr als Propagandist angeblich aus dem Christentum hergeleiteter humanitärer und sozialer Politik in Erscheinung getreten ist.

Worum es ihm wirklich geht, erhellt aus seinen nachfolgenden Ausführungen. Nur ein in Religionsangelegenheiten neutraler Staat könne glaubwürdig die Religionsfreiheit verteidigen. Und von dieser Religionsfreiheit lebten nicht nur die Muslime, Agnostiker und Atheisten, sondern auch die Christen. In Deutschland gelte kraft Grundgesetz ein System „freundlicher Trennung“ von Kirche und Staat. Die CSU hebe diese Trennung auf, verwandele das Kreuz zum Pluszeichen: christliche Kirche plus Staat gleich CSU. Das sei in Zeiten, in denen es um ein zuträgliches Miteinander der Religionen gehe, eine Kampfhandlung; die Gesellschaft in Deutschland und Bayern brauche nicht Kampf, sondern Gespräch und Integration. Und weiter: „Nichts geschieht ohne Kontext: der Kreuz-Befehl kommt von denen, die bestreiten, daß der Islam zu Deutschland gehört. Der Befehl ist also ein Akt der Ausgrenzung. Daher ist er religiös häretisch und politisch unverantwortlich. Das Kreuz wird zum CSU-Wahlkampfsymbol gemacht.“ Also wird wieder einmal die „der Islam gehört doch zu Deutschland“ Platte aufgelegt und das Ganze als Wahlkampfmanöver denunziert. Dabei fällt ihm natürlich nicht auf, daß Parteien selbstverständlich darum bemüht sein müssen, die Mehrheit der Wähler zu gewinnen und daran ihre Politik auszurichten. Nur Diktaturen können darauf verzichten. Auch die Diktatur der Guten, Toleranten und Weltoffenen. Denn die macht die Demokratie ja überflüssig, weil sie die Menschenrechte endgültig und vor allem für Alle verwirklicht. Ob man die CSU mag oder nicht: Der Vorwurf, wahlkampfbedingt zu argumentieren, ist in einer Demokratie fehl am Platz.

Doch es genügt ihm nicht, mit der Moralkeule auf die als politisch unanständige Trickser-Truppe ausgemachte CSU einzuschlagen, vielmehr kann es bei dem Juristen Prantl nicht ausbleiben, daß er seine Argumentation mit juristischen Scheinargumenten zu stützen sucht. Hierzu zieht er dann den Kruzifix-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1995 heran. Damals hatte das Bundesverfassungsgericht in der Tat beanstandet, daß Bayern ausnahmslos vorgeschrieben hatte, Kruzifixe in den Klassenzimmern der Volksschulen anzubringen. Bekanntlich ist daraus dann später eine Regelung geworden, wonach die Kreuze grundsätzlich bleiben, nur im Falle eines beachtlichen Widerspruchs von Eltern minderjähriger Schüler das Kreuz dann eben aus dem betreffenden Klassenzimmer so lange entfernt werden muß, als das Kind eben dort beschult wird.

Der promovierte Jurist und Honorarprofessor Prantl verschweigt dabei, daß das Bundesverfassungsgericht damit keinerlei Neuigkeiten verkündet hat. Bereits in seinem Beschluß vom 17.07.1973 zum Kreuz im Gerichtssaal hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, daß grundsätzlich in unserem Lande Kreuze auch in Gerichtssälen hängen dürfen. Es könne nämlich bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des damals zu entscheidenden Falles davon ausgegangen werden, daß weite Kreise der Bevölkerung gegen die Anbringung von Kreuzen in Gerichtssälen nichts einzuwenden hätten und das auch im übrigen das Maß der in dieser Ausstattung möglicherweise zutage tretenden „Identifikation“ mit spezifisch christlichen Anschauungen nicht derart sei, daß die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen in einem entsprechend ausgestatteten Gerichtssaal von andersdenkenden Parteien, Prozeßvertretern oder Zeugen in der Regel als unzumutbar empfunden werde. Denn das bloße Vorhandensein eines Kreuzes verlange von ihnen weder eine eigene Identifizierung mit den darin symbolhaft verkörperten Ideen oder Institutionen noch ein irgendwie geartetes aktives Verhalten. Damit trifft das Bundesverfassungsgericht den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf, während Prantl sich arg auf den Finger haut, um im Bilde zu bleiben. Nur am Rande wollen wir einmal die Frage aufwerfen, ob ein Atheist, Agnostiker oder Christ jemals auf den Gedanken gekommen ist, angesichts etwa des Halbmondes in der türkischen Flagge, die dort selbstverständlich auch die Gerichte außen und innen ziert, mangelnde Neutralität des Gerichts ihm gegenüber zu rügen, oder mindestens sein Unbehagen daran zu äußern, staatlicher Gewalt in einem solchen Ambiente ausgesetzt zu sein. Daß sich etwa die obersten juristischen Instanzen eines solchen Landes überhaupt mit einem derartigen Fall befassen würden, ist noch weniger vorstellbar.

Die Haltung der bayerischen Staatsregierung zur Ausstattung staatlicher Gebäude mit Kreuzen ist gerade vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Islam, und zwar in seiner orthodox-fundamentalistischen Variante, nicht zu tadeln, vielmehr zu loben. Es geht in der Tat darum, im übertragenen Sinne Flagge zu zeigen. Auch wenn Prantl das ins Lächerliche zu ziehen sucht, wenn er von „Mia san mia“ fabuliert, so ist es doch tatsächlich dringend notwendig, die eigene kulturelle Identität auch klar und deutlich zu betonen. Es ist eben Selbstbewußtsein vonnöten angesichts eines immer aggressiver auftretenden Islam. Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung versteht das auch (unbewußt) richtig. Das ergibt sich schon aus der einfachen Betrachtung der Zahl von Angehörigen der christlichen Religionen, die in Deutschland bei rund 54 Millionen liegt, und der Zahl der wirklich praktizierenden Christen, die sonntags regelmäßig in die Kirche gehen. Deren Prozentsatz, bezogen auf den Religionseintrag im Personalausweis bewegt sich im einstelligen Bereich. Dennoch wird nicht nur die massive Präsenz von Kreuzen im öffentlichen Raum, vom Kirchturm bis zur Bergspitze, vom Klassenzimmer bis zum Gerichtssaal, an Ordensschnallen wie auch in den Wappen von Städten, Gemeinden und Bundesländern nicht nur akzeptiert, sondern gewissermaßen als „Möblierung“ der Heimat betrachtet. Das mag bei Zeitgenossen wie Heribert Prantl anders sein. Ob er allerdings bei den vielen offiziellen Anlässen, an denen er teilnimmt, wie alle anderen die bayerische Nationalhymne mitsingt, wäre noch zu prüfen. Sie beginnt ja bekanntlich mit der Zeile : „Gott mit dir, du Land der Bayern.“

Nachtrag:

In der lebhaften Diskussion um den Beschluß der bayerischen Staatsregierung, künftig in allen Ämtergebäuden gut sichtbar ein Kreuz anzubringen, tauchen immer wieder zwei Argumente auf. Zum einen wird behauptet oder beklagt, hier werde das zentrale christliche Glaubenssymbol politisch mißbraucht. Warum das falsch ist, habe ich ja erklärt. Das Kreuz ist eben keineswegs nur Glaubenssymbol. Es ist auch, und angesichts des Bedeutungsverlustes der Religion allgemein im säkularisierten Deutschland unserer Zeit zunehmend Symbol der kulturellen Identität und historischen Prägung Deutschlands. Als solches kann es natürlich nicht politisch mißbraucht werden. Im Gegenteil. Wer über die geistig-kulturelle Identität der Deutschen und der Bayern zumal sprechen will, der kommt am Kreuz nicht vorbei.

Kritik richtet sich aber auch gegen die als unreflektiert angesehene Berufung auf das christliche Symbol Kreuz im Zusammenhang mit nationaler Identität. Denn das Kreuz sei gerade durch seinen Mißbrauch als Feldzeichen christlicher Eroberer nachhaltig diskreditiert. Das ist insofern richtig, als tatsächlich das Christentum nach seiner Erhebung zur Staatsreligion durch Konstantin den Großen seine Unschuld als Glaube einer verfolgten friedlichen Minderheit zunehmend verloren hatte und zur Staatsreligion mächtiger Reiche wurde, ja in Gestalt seiner mit großer weltlicher Macht ausgestatteten Päpste Eroberungskriege und die Unterwerfung heidnischer Völker als Mittel der Ausbreitung des Glaubens benutzte. Wem stehen nicht die Kreuzzüge vor Augen, die vordergründig der Befreiung der Heiligen Stätten von der Besetzung durch die Anhänger des Islam dienen sollten, in Wahrheit jedoch selbstverständlich der Machtausweitung christlicher Reiche dienten. Für geraume Zeit nahmen die Kreuzritter ja auch das Heilige Land in Besitz. Die Berichte über die Kreuzzüge, etwa die Eroberung Jerusalems am 15. Juli 1099, beschreiben eine Orgie von Gemetzel und Gewalt. Die Bevölkerung wurde buchstäblich mit Mann und Maus niedergemacht, nicht einmal Kinder wurden verschont. Nicht anders verhält es sich mit der Eroberung des amerikanischen Kontinents. Die Berichte über die Eroberung und Unterwerfung der Azteken, Inkas und sonstiger indigenen Völker lassen bezüglich der Schilderung grausamer Vorgänge nun wirklich keine Wünsche offen. Auch bei der Kolonisierung des afrikanischen Kontinents folgten regelmäßig den Soldaten der Eroberer die Missionare, wenn sie nicht schon in deren Heere eingegliedert waren. Nein, die Geschichte des Christentums ist nicht nur eine Geschichte der Märtyrer und sanftmütigen Diener Gottes. Sie ist auch eine Geschichte, die nicht nur mit dem Blut der Märtyrer, sondern auch mit dem Blut der unterworfenen Völker geschrieben ist.

Auf der anderen Seite kann nicht übersehen werden, daß sich in jenen Zeiten nur behaupten konnte, wer sich wehren konnte und wollte, ja sogar mit dem stärkeren Willen zur Macht ausgestattet war, als die anderen. Wer etwa die Geschichte Maltas betrachtet, wird den aufopferungsvollen Kampf der vor allem vom Ritterorden der Johanniter gestellten Verteidiger gegen die türkischen Angreifer nicht nur wegen ihres Opfermutes bewundern, sondern auch konstatieren, daß die türkischen Angreifer an Grausamkeit historischen Vorbildern wie gerade den Kreuzrittern nicht nachstanden. Die historische Betrachtungsweise, nämlich historische Vorgänge aus ihrer Zeit heraus zu beurteilen und nicht etwa die völlig anderen moralischen und politischen Maßstäbe unserer Zeit an sie zu legen, führt zwanglos zu dem Ergebnis, daß die christlichen Herrscher früherer Jahrhunderte sich eben verhalten haben wie alle anderen auch. Es war eben so.

Wenn wir also die christliche Tradition des Abendlandes als kulturell prägend ansehen, dann dürfen wir natürlich nicht außer Acht lassen, daß sie ihre blutigen und gewalttätigen Seiten hat. Wir können sie aber deswegen nicht unterdrücken oder verschämt verstecken. Wir müssen dazu stehen, wie wir überhaupt zu unserer Geschichte stehen müssen, mit ihren hellen wie mit ihren dunklen Seiten. Daß dies sogar hinsichtlich der neueren Geschichte möglich ist, zeigt das Beispiel Russland. Sowjetunion und Rote Armee stehen sicherlich für Verbrechen historischen Ausmaßes. Dennoch hindert das die Russen heute nicht, diesen Teil ihrer Geschichte offen und unter dem Gesichtspunkt der nationalen Größe zu behandeln, ja manchmal sogar zu zelebrieren. China ist weit davon entfernt, Mao Ze Dong und die Kommunistische Partei Chinas in ihrer Frühzeit zu verteufeln. Ganz im Gegenteil. Das riesige Porträt Maos schmückt nach wie vor die Frontseite des Tores zur verbotenen Stadt auf dem Platz des himmlischen Friedens. Mao blickt die Chinesen täglich an, wenn sie Banknoten aus ihrer Brieftasche ziehen.

Wir sollten heute durchaus gelassen damit umgehen können, daß die prachtvollen Kirchenbauten der Renaissance auch aus der Kriegsbeute finanziert worden sind, die christliche Heere etwa in den Kriegen gegen die Türken gemacht haben. Es war eben in dieser Zeit so üblich. Mit dem spirituellen Gehalt der Religion hat das alles allerdings nichts zu tun. Wir müssen eben imstande sein, das eine vom anderen zu unterscheiden. Und das gilt auch für die Unterscheidung zwischen religiösem Symbol und Zeichen der kulturellen Identität. Alles in einen Topf zu werfen, kurz umzurühren und dann je nach politischem Gusto als kulinarische Offenbarung oder ekligen Fraß zu bezeichnen, wollen wir doch den Politikern und ihren medialen Büchsenspannern überlassen.

 

 

Die christlich-jüdische Prägung der Deutschen

Der damalige Bundespräsident Christian Wulff hat in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2010 eine Debatte angestoßen, die bis heute nicht verstummt ist, vielmehr durch die Flüchtlingskrise seit September 2015 noch mehr an Fahrt aufgenommen hat. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die geistig-kulturelle Prägung Deutschlands. Wulff sagte damals unter anderem:

„Das Christentum gehört zweifellos zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“

Seither werden Politiker und Publizisten in Deutschland nicht müde, Gedanken oder auch nur Phrasen über die kulturelle Prägung unseres Landes durch die drei großen Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam unters Volk zu bringen. Einigkeit scheint darin zu bestehen, daß die abendländische und damit auch die deutsche Kultur wesentlich christlich-jüdisch geprägt sei. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte beispielsweise am 8. September 2017, daß die abendländische Kultur mit ihren Wurzeln im Christentum und Judentum natürlich weiterhin für unser Land bestimmend bleibe. Unüberhörbar hat sie aber auch mehrmals die Auffassung Wullfs bestätigt, daß der Islam zu Deutschland gehöre. Die Formel von der christlich-jüdischen Prägung unserer Kultur, wahlweise auch unserer Tradition, scheint allgemein konsensfähig zu sein.

Nun kann von der Zugehörigkeit einer Religion zu einem Volk in diesem Sinne nur dann gesprochen werden, wenn sie tatsächlich eine identitätsstiftende Funktion hat. Was den Islam angeht, so wollen wir das an dieser Stelle nicht näher untersuchen. Denn es scheint doch ganz offensichtlich zu sein, daß der Islam in diesem Sinne nicht zu Deutschland gehört, und zwar nicht nur wegen des zeitlichen Zusammenhanges. Eine nennenswerte Zahl von Bürgern dieses Landes mit islamischer Konfession gibt es ja überhaupt erst seit knapp 50 Jahren. Über die Unvereinbarkeit dieser Religion mit tragenden Grundsätzen unserer Verfassung wie auch der Alltagskultur in Deutschland muß hier nichts mehr gesagt werden.

Inwieweit haben Christentum und Judentum Deutschland geistig-kulturell geprägt?

Im folgenden wollen wir untersuchen, inwieweit Christentum und Judentum Deutschland geistig-kulturell geprägt haben. Hinsichtlich des Christentums kann man sich darauf beschränken, daß es unübersehbar das Gesicht Deutschlands prägt. Die Unzahl von Kirchen und Klöstern, die Kreuze auf Berggipfeln und an den Bändern der Kriegs- und Verdienstorden, die Präambeln des Grundgesetzes und einiger Landesverfassungen, die ausschließlich christlichen Feiertage neben den staatlichen Gedenktagen im Kalender, die traditionell überwiegend christlichen Vornamen der Deutschen, die Kreuze in den Schul- und Gerichtssälen und vor allem der statistisch ermittelte Bevölkerungsanteil der Religionsangehörigen in unserem Lande sprechen eine eindeutige Sprache. Von den 82,67 Millionen Menschen, die im Jahr 2016 in Deutschland gemeldet waren, hatten etwa 9,2 Millionen keinen deutschen Pass, jedoch ihren ständigen Wohnsitz in unserem Land. Auch deren Religionszugehörigkeit ist sehr unterschiedlich. Die meisten bekennen sich wohl zum Islam, jedoch finden sich auch nicht wenige Christen darunter, etwa Italiener, Polen, Spanier, Russen etc. Von der Gesamtbevölkerung waren 2016 nach den Meldeamtsregistern 28,52 % römisch-katholisch, 26,52 % evangelisch, 5,14 % muslimisch und 0,12 % jüdischen Glaubens. Diese Zahlen sprechen für sich. Die Frage, inwieweit das Christentum Deutschland prägt, muß daher nicht weiter vertieft werden. Es genügt darauf hinzuweisen, daß nicht nur die Gegenwart, sondern vor allem die Geschichte Deutschlands wie auch der übrigen europäischen Länder vom Christentum nachhaltig geprägt ist.

Weil die Formel von der christlich-jüdischen Prägung Deutschlands sprachlich eine Gleichgewichtigkeit herstellt, die angesichts der auch ganz allgemein bekannten Geschichte des Judentums in Deutschland, nicht nur in Ansehung der nahezu vollständigen Vernichtung der Juden in Deutschland während der nationalsozialistischen Diktatur, zumindest nicht plausibel erscheint, wollen wir näher betrachten, inwieweit auch das Judentum Deutschland geprägt hat und vielleicht noch heute prägt.

Geschichte der Juden in Deutschland

Von Deutschland im staatsrechtlichen Sinne sprechen wir frühestens seit Heinrich I, im Jahre 919 n. Chr. von den deutschen Herzögen zum König gewählt. Auf jeden Fall seit 962 n. Chr., als Otto der Große auch die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erlangte. Die Geschichte der Juden in Deutschland ist allerdings schon sehr viel älter. Sie begann mit der Beendigung jüdischer Staatlichkeit in Palästina, nachdem die bloße Eroberung des Landes und Einsetzung von der römischen Besatzungsmacht abhängiger Könige die Pax Romana in dieser Region nicht gewährleisten konnte. Diverse Aufstände der Bevölkerung bewogen Kaiser Nero, die syrische Provinz endgültig zu befrieden. Mit der Führung des Feldzuges wurde der spätere Kaiser Titus beauftragt. Im Jahre 70 n. Chr. eroberte er Jerusalem, ließ ein Blutbad unter der Bevölkerung anrichten und den Tempel zerstören. Von seinem Triumphzug kündet noch heute ein Relief auf dem Titusbogen in Rom, auf dem unter der mitgeführten Beute auch der siebenarmige Leuchter des Tempels zu erkennen ist. Versprengte Reste des jüdischen Volkes sammelten sich im Exil um den Ort Iamnia. Unter der Führung des Fürsten Simon Bar Kochba erhoben sie sich 60 Jahre später erneut. Sie erzielten auch zunächst militärische Erfolge und proklamierten die Befreiung Israels. Doch dauerte es nicht lange, bis das römische Heer zuschlug, 135 n. Chr. unter Kaiser Hadrian die Aufstandsbewegung niederwarf und die Männer Bar Kochbas niedermachte und versprengte. Von ihren letzten Tagen künden die am Toten Meer aufgefundenen Texte. Jerusalem wurde zur römischen Garnisonsstadt Aelia Capitolina erklärt, Juden durften sie nicht betreten. Die Bevölkerung wurde bis auf wenige Tausend vertrieben und ging in die Diaspora. Die Römer nannten die Provinz fortan Syria Palestina. Mit der Zerstörung des kultischen Zentrums der Jerusalemer Kultusgemeinde war dem alten Israel, wie es auch in der nachexilischen Kultusgemeinde noch lebendig geblieben war, das Fundament genommen. In Iamnia wurden die heiligen Schriften in einem endgültigen Kanon erfaßt, und von hier aus nahm die Geschichte des nachbiblischen Judentums ihren Ausgang: eine Geschichte der Zerstreuungen, Wanderungen, Sammlungen und unendlichen Leiden in der Fremde.

Die Juden wurden in der Diaspora weit über Vorderasien, Nordafrika und Europa verstreut. Ein Dasein in der Diaspora hatten sie allerdings auch schon früher zu fristen. Die babylonische Gefangenschaft ist sprichwörtlich ebenso wie das Zwangsexil in Ägypten. Beide Ereignisse haben auch die Phantasie der Künstler angeregt. Beispielhaft sei auf Verdis „Nabucco“ hingewiesen. In Deutschland, das wir auch schon lange vor Beginn seiner Staatlichkeit im 10. Jahrhundert n. Chr. so nennen, finden wir bereits in römischer Zeit jüdische Gemeinden. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die römischen Städte an Rhein und Mosel sowie in Süddeutschland – Köln, Xanten, Bonn, Trier und Augsburg – waren neben ihren administrativen Funktionen auch Garnisonen der römischen Legionen und ihrer Hilfstruppen sowie Zentren von Handel und Gewerbe. Schon in den ersten beiden Jahrhunderten nach Christus finden sich dort Hinweise auf jüdische Gemeinden. Sichere Zeugnisse haben wir zum Beispiel in Gestalt einer tönernen Öllampe, die man in Trier gefunden hat und auf das 4. Jahrhundert n. Chr. datiert. Sie zeigt das Abbild eines siebenarmigen Leuchters. Zwei Dekrete Konstantins des Großen vom 11. Dezember 321 und vom 1. Dezember 331 richten sich an eine damals offenbar recht große und alte Gemeinde in Köln. Ausdrücklich erwähnt darin der Kaiser auch den Rabbiner und die Väter der Synagoge.

Somit können die Anfänge der Geschichte der Juden in Deutschland in die beiden ersten Jahrhunderte nach Christus datiert werden, auch wenn die Zeugnisse dafür spärlich sind. Wie so häufig in der Geschichte, changieren hier Mythos und Fakten. Als Gründungsmythos des jüdischen Lebens in Deutschland gilt die Erzählung, wonach der Jude Kalonymos Kaiser Otto II. (973-983) in der Schlacht bei Cotrone 982 das Leben gerettet haben soll. Der dankbare Kaiser habe dann ihn und seine Familie nach Deutschland mitgenommen. Nun gibt es in der Tat auch einen handfesten Hinweis auf diese Familie, nämlich den Grabstein eines Nachfahren eben jenes Kalonymos auf dem jüdischen Friedhof in Mainz, der von 1020 datiert. Tatsächlich siedelten sich jüdische Gemeinden an den Bischofssitzen an, weil die Bischöfe die Ansiedlung jüdischer Kaufleute zur Hebung der Wirtschaftskraft ihrer Territorien gerne sahen. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die mittelalterliche Gesellschaft, die eine streng regulierte Standesgesellschaft war. Die Berufe der Kaufleute und Handwerker (Zünfte!) waren ebenso reglementiert wie die gesellschaftlich weniger angesehenen Tätigkeiten der Bader und Wundheiler, oder gar des Henkers, obgleich man dessen Dienste gerne auf ganz anderem Felde in Anspruch nahm, nämlich auf medizinischem Gebiet. Die Juden erhielten eben von ihren Schutzherren Privilegien, die sie weitgehend mit den christlichen Untertanen des jeweiligen Fürsten gleichstellten. Volles Bürgerrecht hatten sie indessen nicht. Die Privilegien berechtigten zur Ausübung von Berufen wie dem des Kaufmanns oder auch des Geldverleihers. Schutz bot indessen nur der Kaiser oder der bischöfliche Herr. So wie sie sich absonderten und nur in ihrer Gemeinde nach ihren Gesetzen und Bräuchen lebten, mieden aber auch die Christen den Umgang mit ihnen. Diese Koexistenz war naturgemäß fragil, was sich später immer wieder bei den Pogromen zeigte. Darauf werden wir noch eingehen.

Das Leben der Juden in der Diaspora war fortan vor allem dadurch gekennzeichnet, daß sie überall eine ethnische, gesellschaftliche und religiöse Minderheit bildeten. Nur vereinzelt assimilierten sie sich und gingen in der Mehrheitsbevölkerung des jeweiligen Landes auf. Dieses Phänomen existiert bis heute, ungeachtet dessen, daß die Juden rund 1900 Jahre nach der Zerstörung des Tempels und der Vertreibung aus ihrem Lande im Jahre 1948 mit der Gründung des Staates Israel ihre historische Heimstatt wiedergefunden haben. Es ist daher zu untersuchen, wie es dazu kommen konnte, daß sich ein Volk ohne eigenen Staat über viele Jahrhunderte erfolgreich seine Identität bewahren konnte.

Nationale und religiöse Exklusivität

Sucht man nach Unterscheidungsmerkmalen, so stößt man rasch auf den Umstand, daß im Falle der Juden von Anbeginn an Volkstum und Religion eine Einheit bilden. Keine der übrigen großen Religionsgemeinschaften ist ausdrücklich auf die Angehörigen eines Volkes, und zwar explizit in Form der Abstammungsgemeinschaft, beschränkt. Wenn auch zum Beispiel Hinduismus, Buddhismus und Konfuzianismus im wesentlichen Religionen ostasiatischer Völker sind, so sind sie doch für Angehörige anderer Völker offen,  obwohl sie nicht aggressiv, genau genommen überhaupt nicht, missionieren. Der Islam versteht sich von Anbeginn an als Religion für alle Völker, die sich ihm auch zu unterwerfen haben. Erst dann kann nach der Lehre des Korans der Friede auf dieser Erde einkehren (Suren 9, 5, 29 und 10, 25). Das Christentum versteht sich ebenfalls von Anfang an als Religion für die Völker dieser Erde. „Gehet hin und lehret die Völker!“ (Mt 28, 19; Mk 16, 15) lautet das Missionsgebot Jesu Christi, auch wenn die Nachfolger seiner Apostel in unseren Tagen, vor allem soweit ihre Muttersprache Deutsch ist, dies in Vergessenheit geraten lassen. So findet eine Missionsarbeit bei den Muslimen im deutschsprachigen Raum nicht statt.

Diese Besonderheit des Judentums zeigt sich grundsätzlich daran, daß man sich nach der religiösen Überlieferung als das auserwählte Volk Gottes betrachtet. Im 5. Buch Mose, Kap. 7, 6 heißt es ja: „Denn du bist ein heiliges Volk dem Herrn, deinem Gott. Dich hat der Herr, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind.“ Der exklusive Bund zwischen Gott und seinem auserwählten Volk wird ausdrücklich bei Josua 24 beschrieben. Der Chronist läßt Gott den Juden vorhalten, daß er sie aus der ägyptischen Knechtschaft gerettet hat und sie auffordern, ihm deswegen treulich zu dienen und keine anderen Götter anzubeten. Vielfältige Zeichen dieser Exklusivität finden sich überall im Alten Testament. Natürlich ist auch die Übergabe der Tafel mit den Zehn Geboten an Moses auf dem Berg Sinai ein solches Zeichen. Denn wie anders soll es zu verstehen sein, daß Gott selbst dem Moses seine Gebote ausgehändigt hat. Unterstrichen wird dies durch strenge religiöse Gesetze, die es gewährleisten, daß sich die Angehörigen dieser Religion und gleichzeitig dieses Volkes von allen anderen Glaubensgemeinschaften und Nationen nachhaltig unterscheiden.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Beschneidung der männlichen Neugeborenen. Diese Vorschrift ist eindeutig. 1 Mose 17, 10-14 läßt Gott zu Abraham sprechen: „Das ist aber mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Samen nach dir. Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden. Ihr sollt aber die Vorhaut von eurem Fleisch beschneiden. Das soll ein Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch. Ein jegliches Knäblein, wenn es acht Tage alt ist, sollt ihr beschneiden bei euren Nachkommen. Beschnitten werden soll alles Gesinde, das dir daheim geboren oder erkauft ist. Und also soll mein Bund an eurem Fleisch sein zum ewigen Bund. Und wo ein Mannsbild nicht wird beschnitten an der Vorhaut seines Fleisches, dessen Seele soll ausgerottet werden aus seinem Volk, darum, daß es meinen Bund unterlassen hat.“

Der Abschottung gegen andere Völker dient auch das Verbot der Mischehe, also der Eheschließung zwischen Juden und Andersgläubigen. Nicht nur, daß Jude nur sein kann, wer von einer jüdischen Mutter geboren worden ist. Für den gläubigen Juden führt die Eheschließung mit einer nicht seiner Religion angehörigen Frau auch dazu, daß er den Zugang zur jenseitigen Welt verliert. Dieses Verbot ist schon in 5. Mose 7, 3-4 statuiert. „Und du sollst dich nicht mit ihm verschwägern. Deine Tochter darfst du nicht seinem Sohn geben, und seine Tochter darfst du nicht für deinen Sohn nehmen. Denn er würde deinen Sohn von mir abwenden, daß er anderen Göttern dient, und der Zorn des Herrn würde gegen euch entbrennen, und er würde dich schnell vernichten.“ Dennoch wurde dieses Gebot bis zur babylonischen Gefangenschaft liberal gehandhabt. Danach erfuhr die Einstellung zur Mischehe eine grundsätzliche Änderung, weil sie bis dahin in so großer Zahl abgeschlossen wurde, daß die Erhaltung der jüdischen Gemeinschaft bedroht schien. Esra ergriff daher die strengsten Maßnahmen gegen die ohne vorangegangenen Übertritt zum Judentum eingegangene Mischehe, ließ die Auflösung sämtlicher Mischehen beschließen und die fremden Frauen wegschicken. Diese Maßregel fand zunächst Widerspruch, wurde aber wegen der Erfordernisse der Zeit anerkannt und durchgeführt (Esra Kap. 9 und 10; Nehemia 13, 23 ff.). Als später, zur Zeit der Makkabäer, Mischehen wiederum besonders zahlreich eingegangen wurden (Makk 1, 12 ff.), wurden sie von einem hasmonäischen Gericht ein für alle Mal verboten.

Interessant in diesem Zusammenhang ist allerdings, daß auch von christlicher Seite die Mischehe mit Juden verboten wurde, so zum Beispiel durch die Synode von Elvira im Jahre 306 n. Chr., wiederholt durch das Konzil von Chalzedon im Jahre 451 n. Chr. Konstantin der Große untersagte die Mischehe mit Juden gar bei Meidung der Todesstrafe. Der Codex Justiniani vom 13. Februar 528 n. Chr. verbietet sie ebenfalls. Wir können also festhalten, daß sowohl die Juden selbst als auch die Christen in der Diaspora, also in den Ländern, in denen die Reste des von den Römern nahezu vernichteten und aus Palästina vertriebenen Volkes Zuflucht gefunden hatten, sich wechselseitig voneinander abgrenzten. Dies führte unter anderem auch dazu, daß Juden eine besondere Kleidung trugen. Letzteres war allerdings in der mittelalterlichen Ständegesellschaft ohnehin typisch für alle Stände. Es überrascht daher nicht, daß auch für die Juden spezielle Kleidungsstücke vorgeschrieben waren, wie etwa der spitze Judenhut, den wir auf vielen bildlichen Darstellungen des Mittelalters finden. Häufig war auch die Kennzeichnung durch einen gelben Fleck oder Ring aus textilem Material, der auf die Oberbekleidung genäht werden mußte. Wir finden das zum Beispiel in Frankreich. Ludwig der Heilige verfügte dies im Jahre 1269. In Süddeutschland wurde das gemäß Beschluß des Basler Konzils nach 1430 Pflicht. Ausdrücklich vorgeschrieben war das auch im Frankfurter Judenghetto im Jahre 1462. In den schriftlichen Zeugnissen ist insoweit auch von einem Judenring oder Judenkreis die Rede. Bemerkenswert ist, daß diese Kennzeichnungspflicht nicht auf die europäische Diaspora beschränkt war. So soll im Jahre 807 n. Chr. der Kalif Harun al Rashid verfügt haben, daß die Juden gelbe Gürtel zu tragen hätten. Also hielten sowohl die muslimischen Araber als auch die christlichen Europäer eine solche Kennzeichnung, man kann natürlich auch sagen, diskriminierende Kennzeichnung, für erforderlich. Daß dann viele Jahrhunderte später die Nationalsozialisten eine diskriminierende Kennzeichnung in Form des Davidsterns in gelber Farbe eingeführt haben, muß als gehässige Variante dieser Kennzeichnung bewertet werden. Denn sie verband das nationale Symbol des Davidsterns mit der diskriminierenden gelben Farbe. Darin lag natürlich eine bewußte Erniedrigung.

Die Ghettos begünstigten aber auch die Einhaltung der jüdischen Gesetze. Sie ermöglichten eine spezifische Infrastruktur, die koscher produzierenden Metzgern, Bäckern, Köchen und Weinhändlern ein Auskommen bot, und zum Beispiel den Betrieb des rituellen Bades, des Friedhofs wie auch der Synagoge mit ihren Bediensteten ermöglichte. In diesen Ansiedlungen entwickelte sich aber auch die spezielle talmudische Religionsgelehrsamkeit. Alles in allem eine Welt für sich. Die Kontakte zur christlichen Umwelt beschränkten sich damit auf die Ausübung der erlaubten Berufe.

Das Problem der Fremdheit und die Gefahr des Umschlagens in Feindseligkeit

Dieses bewußte Abstandnehmen voneinander ist ganz sicher insbesondere auf Seiten der Juden religiös begründet, wie wir gesehen haben. Doch ist das Phänomen der Ausgrenzung der jeweils Fremden wohl in der menschlichen Natur angelegt. Fremd ist nun einmal das Gegenteil von vertraut, ohne daß damit gleich eine Abwertung verbunden wäre. Der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt meint, dem „Feindschema Fremder“ liege ein „Feindschema Mensch“ zugrunde. Ein Mensch löse beim anderen zunächst einmal Mißtrauen aus; nur wo freundliche Erfahrungen es überlagern, sei dieses Feindschema außer Kraft gesetzt. Einer fürchtet den anderen vorsichtshalber erst einmal, solange der ihm nicht klargemacht hat, daß er ihm nichts Übles will. Einen Hinweis darauf geben die antiken Sprachen, wie sie zur Zeit von Christi Geburt an den Gestaden des Mittelmeers von den dominierenden Völkern gesprochen wurden. Xenos bedeutet im Altgriechischen sowohl Fremder als auch Kriegsfeind, kann aber auch Söldner oder Gastfreund bedeuten. Hostis ist im Lateinischen ursprünglich der Fremde, dann aber auch der Feind. Kamen nun fremdartige Bräuche, gar fremde Götter hinzu, so war das für die Menschen früherer Zeiten Grund genug, Abstand zu halten. Wenn dann noch abergläubische Vorstellungen hinzutraten, konnte aus dem friedlichen Nebeneinander aus nichtigem Anlaß die Katastrophe entstehen.

Die mittelalterlichen Pogrome gegen die Juden zeigen das deutlich. Im 13. Jahrhundert verbreitete sich in der christlichen Bevölkerung Deutschlands das Gerücht, die Juden verübten Ritualmorde an Kindern und vergriffen sich in frevelhafter Weise an geweihten Hostien, indem sie durch Nadelstiche den Kreuzestod Christi nachvollzögen. Die vulgärtheologische Begründung, die Juden seien ja Christusmörder, war weit verbreitet. Vulgärtheologisch deshalb, weil die christliche Heilsgeschichte natürlich Tod und Auferstehung Christi als zentrales Element der Erlösung voraussetzt, womit den Juden jener Zeit eine wichtige Funktion im Heilsplan Gottes zugewiesen wird. Obgleich Kaiser Friedrich II. deshalb eine Kommission einsetzte, welche diese absurden Vorwürfe überprüfte und die Juden davon natürlich freisprach, und auch Papst Innozenz IV. im Jahre 1247 auf Bitten der Juden eine Bulle erließ, die diesen Irrglauben verurteilte, kam es zu einer Vielzahl von Pogromen, in denen jüdische Gemeinden verwüstet und ihre Bewohner erschlagen wurden. Es ist hier nicht der Ort, alle diese Pogrome aufzuzählen. Verschärft wurde die Lage durch das Auftreten der Pest 1348, die von abergläubischen Zeitgenossen natürlich auch den Juden angelastet wurde. Die Pestpogrome breiteten sich seit 1348 über das gesamte Reich aus. Allen Pogromen ist allerdings auch gemeinsam, daß sich dabei nicht nur der Pöbel am Eigentum der Juden vergriff, sondern auch die Fürsten das Vermögen reicher Juden an sich brachten. Manchmal war es auch das kalte Kalkül, das etwa in Nürnberg 1349 zu einem Pogrom gegen die Juden führte, die am Ufer der Pegnitz in der Innenstadt siedelten. Die Nürnberger Bürger wollten dieses Gelände haben, um dort den Marktplatz anzulegen. Kaiser Karl IV. konnte oder wollte den Nürnbergern diese Bitte nicht abschlagen. Wie oft auf diese Weise auch die Schulden bei den jüdischen Pfandleihern getilgt worden sind, kann man sich vielleicht vorstellen.

Glanz und Elend

Diesen finsteren Kapiteln in der langen Geschichte der Juden in Deutschland stehen auch andere, eher glänzende, gegenüber. Denkt man etwa an die portugiesischen Juden, die im 17. Jahrhundert die Hamburger Kaufmannschaft prägten und ihr gesellschaftlichen Glanz verliehen, so kann man kaum glauben, daß Jahrhunderte vorher und nachher Juden Opfer wilder Pogrome waren. Eine besondere Rolle spielten jüdische Bankiers. Der Name Rothschild steht im 18. Jahrhundert für eine Bankiersfamilie, deren Bedeutung in jener Zeit heute kaum vorstellbar ist. Um einen Vergleich zu ziehen, müßte man schon die US-amerikanischen Geldhäuser Goldman Sachs, Morgan Stanley und die ein oder andere europäische Großbank fusionieren lassen. Auch heute noch dürften die Nachkommen der fünf Rothschild-Brüder zu den vermögendsten Familien der Welt zählen. Wie fragil aber auch die Existenz solcher Finanziers tatsächlich war, zeigt das Beispiel Jud Süß Oppenheim. Der rasante Aufstieg vom Geldverleiher zum “ Hof-und Kriegsfaktor“ des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, wie auch sein tiefer Fall, ist wohl das beeindruckendste Beispiel dafür, wie ein Außenseiter in schwindelerregendem Tempo größten Reichtum und Einfluß gewinnen kann, seine Abhängigkeit von einem einzigen mächtigen Fürsten jedoch unweigerlich zu seinem Absturz führen muß. Nach dem Tod seines herzoglichen Schuldners wurde der ehemalige „Hofjude“ von den neuen Machthabern an den Galgen gebracht. Daß diese tragische Geschichte mit dem grausamen Ende seines Protagonisten 200 Jahre später den Stoff für einen üblen antisemitischen NS-Propagandafilm gegeben hat, rundet das Bild nachträglich ab.

Der Einfluß der Aufklärung

Ein völlig anderes Bild sehen wir in Deutschland nach der Aufklärung. War jüdische Gelehrsamkeit bis dahin mehr oder weniger auf die Theologie beschränkt, ebnete die Aufklärung den Weg aus den Ghettos zu den Universitäten. Schon einer der maßgeblichen Vertreter der Aufklärung war ein Jude, Moses Mendelssohn (1729-1786). Um wirklich in der modernen aufgeklärten Welt ankommen zu können, mußte ja auch das Judentum seine rückwärtsgewandte Orthodoxie hinter sich lassen. Das begann mit der Haskala, das ist der hebräische Name für die jüdische Aufklärungsbewegung des 18. Jahrhunderts, und setzte sich fort mit dem Reformjudentum Anfang des 19. Jahrhunderts. Man wandte sich bewußt der europäischen Literatur und Musik zu. Als Beispiel mag der Maler Moritz Daniel Oppenheim (1800-1882) dienen, der im deutschen Bildungsbürgertum jener Zeit zu Hause war, wie auch der Jurist Gabriel Riesser (1806-1863), der es bis zum Abgeordneten in der Paulskirchenversammlung 1849 und zum Obergerichtsrat brachte. Klassisch ist der Lebenslauf des Dichters Heinrich Heine, dessen Werk ja wirklich auch heute noch zum deutschen Bildungskanon gehören. Wie nicht wenige konvertierte er zum Christentum, allerdings wohl weniger aus religiöser Überzeugung, als zur Sicherung seiner Karriere. Sein literarisches Werk zeugt ja an keiner Stelle von Religiosität. Es ist hier nicht der Platz, alle bedeutenden Künstler des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts aufzuzählen, deren Werke aus der deutschen Kultur nicht wegzudenken sind. Ob Felix Mendelssohn-Bartholdy, Max Bruch, Gustav Mahler, Giacomo Meyerbeer, Jacques Offenbach oder Erich Wolfgang Korngold in der Musik, Franz Kafka, Lion Feuchtwanger, Karl Kraus, Kurt Tucholsky oder Stefan Zweig in der Literatur, Albert Einstein, Paul Ehrlich, Heinrich Hertz, Karl Raimund Popper, Hannah Arendt oder Max Born in den Wissenschaften, bedeutende Staatsmänner wie Walter Rathenau oder Henry Kissinger, sie alle werden nur ganz am Rande als Juden wahrgenommen, prägen indessen als Persönlichkeiten die deutsche Kultur- und Wissenschaftsgeschichte bzw. die neuere deutsche Geschichte.

Das Bild des Judentums in Deutschland, aber auch im übrigen Europa, war vielfältig. Fand man vor allem in Osteuropa sehr häufig orthodoxe Juden, die sich durch ihre Lebensweise, bizarre äußere Anmutung und pedantische Befolgung in unseren Augen absurder Speisevorschriften sehr stark von der christlichen Mehrheitsgesellschaft abhoben, so fand man vor allem in Mittel- und Westeuropa vorwiegend liberal gesinnte Juden, nicht selten auch solche, die sich durch religiöse Gleichgültigkeit auszeichneten, oder gar zum Christentum konvertiert waren. Neben dem bereits genannten Heinrich Heine denken wir hier unter anderem an den Vater von Karl Marx, der es aus welchen Gründen auch immer für zweckmäßig hielt, zur evangelisch-lutherischen Konfession überzutreten, was für ihn als Rechtsanwalt in Trier sicherlich kein Nachteil war. Trier lag damals in der preußischen Rheinprovinz. Zwar war die Mehrheit der Bevölkerung katholisch, politisch dominierend waren aber die mehrheitlich protestantischen Preußen. Dennoch spricht man nicht von einer Assimilierung der Juden, vielmehr von einer Akkulturation. Denn die Exklusivität des auserwählten Gottes Volkes behielt man bei. In aller Regel hielt man sich an die religiösen Gebote, vor allem auch an das Verbot der Mischehe mit Andersgläubigen. Der von den Gemeinden auch gar nicht forcierte Übertritt Andersgläubiger zum Judentum war und ist auch nicht so einfach, sondern kann erst nach intensivem Studium der jüdischen Theologie und der einschlägigen religiösen Vorschriften erfolgen. Im gesellschaftlichen Leben indessen wurden liberale bis religiös „unmusikalische“ Juden durchaus als Gleiche unter Gleichen akzeptiert, wenn auch nicht in jeder Hinsicht.

Gesellschaftliche Diskriminierung

Beamter, Richter oder Offizier konnten sie in der Regel nicht werden. Dies waren jedoch die gesellschaftlich anerkannten Berufe. Gerade der Offizier stand in höchstem Ansehen, gleich ob Bürger oder Edelmann. Der Leutnant stand protokollarisch und gesellschaftlich über den höchsten Beamten, von anderen Zivilisten einmal ganz abgesehen. Erst in der höchsten Not des I. Weltkrieges änderte sich das. Wir wissen von einer größeren  Zahl von Offizieren jüdischen Glaubens, auch Trägern höchster Kriegsauszeichnungen, wie die mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichneten Jagdflieger Leutnant Fritz Beckhardt und Leutnant Wilhelm Frankl.

Beispielhaft sei kurz die bitter-süße Liebesgeschichte erzählt, die letztlich zum Bau des bekannten Hotels Bühler Höhe im Schwarzwald geführt hat. Herta Schottländer, Tochter eines jüdischen Großgrundbesitzers, heiratete standesgemäß zunächst den viele Jahre älteren jüdischen Bankier und Gutsbesitzer Pringsheim. Er starb 1895, als Herta gerade 24 Jahre alt war. Wenige Jahre später veränderte sich ihr Leben mit der Manöver-Einquartierung eines Kavallerieregiments auf dem Gut der Pringsheims. Herta verliebte sich unsterblich in den schneidigen Regimentskommandeur Oberst Wilhelm Isenbart. Der erlag den Reizen der schönen jungen Witwe und ließ sich scheiden, um sie heiraten zu können. Das war nun aber ein Skandal. Der Ehrenkodex des preußischen Offiziers war nicht nur dadurch verletzt, daß sich der Oberst wegen einer jungen Frau scheiden ließ, sondern vor allem auch dadurch, daß er eine Jüdin heiratete. Wilhelm Isenbart wußte das, und er wußte auch, was er in dieser Situation zu tun hatte. Der Oberst ging zu seinem Kaiser, der ihn zum Generalmajor beförderte und ihm gleichzeitig seinen Abschied gab. So war der Fall des ansonsten tadellosen Offiziers elegant gelöst. Hertas Familie war von der Ehe mit dem Christen ebenso wenig angetan und sie wurde enterbt, jedoch mit einem Pflichtteil in Höhe von immerhin 12 Millionen Goldmark abgefunden. Das wären heute ca. 90 Millionen €. Das auf dem gesellschaftlichen Parkett in Berlin nicht mehr so gern gesehene Paar verzog an die Riviera und reiste viel und gern, bis General Isenbart 1908 in Ägypten verstarb. Von nun an trachtete Herta Isenbart danach, ihrem geliebten Mann ein Denkmal zu setzen. Sie kaufte ein Waldgebiet in der Größe von 18 ha im Schwarzwald und plante dort ein Genesungsheim für verdiente deutsche Generäle zu errichten. Es sollte Platz für zwölf Bewohner nebst Familie und Gesinde haben. Natürlich sollte es „General-Isenbart-Offiziers-Genesungsheim“ heißen. Der aufwendige Bau wurde 1912 begonnen. 1918 nahm sich Herta Isenbart das Leben. Das Haus wurde nie für seinen ursprünglichen Zweck genutzt, sondern zunächst als Kurhaus und später als Hotel. Die Geschichte zeigt wie unter einem Vergrößerungsglas die gesellschaftliche Struktur im 19. Jahrhundert, in der Juden einfach ein geringeres gesellschaftliches Ansehen hatten, unabhängig von Beruf und Vermögen. Spielte eine ähnliche Geschichte in unseren Tagen, so wäre sie gewiß Stoff für die Regenbogenpresse. Die Religion der Beteiligten käme darin allerdings erst gar nicht vor.

Annäherung in der Weimarer Zeit

Der große gesellschaftliche Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg brachte auch für das Leben der Juden in Deutschland bedeutende Veränderungen mit sich. Art. 135 der Weimarer Reichsverfassung gab allen Bewohnern des Reichs volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die ungestörte Religionsausübung wurde durch die Verfassung gewährleistet und stand demgemäß unter staatlichem Schutz. Das wurde zumindest juristisch auch umgesetzt. Jüdischen Juristen und Medizinern stand auch der Staatsdienst offen. Konnten im 19. Jahrhundert auch glänzende Juristen jüdischer Abstammung nur dann im Staatsdienst Karriere machen, wenn sie getauft waren – das bekannteste Beispiel ist Eduard von Simson (1810-1899), getauft 1823, Parlamentarier und erster Präsident des Reichsgerichts seit 1. Oktober 1879 – so fand man während der Weimarer Zeit bis zum Inkrafttreten der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung  Juristen nicht mehr nur in den Anwaltskanzleien, sondern auch als Richter und Notare. Der Jurist Hugo Preuß (1860-1925) war 1919 der erste Innenminister der gerade gegründeten Republik und gilt vielen als Vater der Weimarer Verfassung. Man konnte nun auch in der Politik als Jude Fuß fassen, wie gerade das Beispiel Walter Rathenaus zeigt. Allerdings muß auch gesehen werden, daß ein Teil der Bevölkerung nach wie vor die alten Vorbehalte gegen Juden hegte. Dem Haß rechtsextremer Kreise, befeuert von traditionellen antisemitischen Vorstellungen, fiel dann unter anderem auch Walter Rathenau zum Opfer. Auf der anderen Seite war der Einfluß der Juden in der Wirtschaft wie auch im Kulturleben beträchtlich. Verleger wie Leopold Ullstein, der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch und viele Künstler prägten das kulturelle Leben der Republik. Natürlich handelte es sich hier stets um liberale bis religionsferne Persönlichkeiten. Das orthodoxe Judentum spielte keine Rolle, sondern blieb im wesentlichen auf Osteuropa beschränkt. Bemerkenswert, wenn auch nicht zu verallgemeinern, ist das Verhalten des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Selbst christlicher Herkunft, hatte er kein Problem damit, eine Jüdin zu heiraten und seine Bücher von einem jüdischen Verleger (Samuel Fischer) veröffentlichen zu lassen.

Dennoch kann der seinerzeit nicht nur in Deutschland virulente Antisemitismus nicht ganz übersehen werden. Die NSDAP wuchs ja in der Weimarer Zeit erst auf. Sie war von Anbeginn eine extrem antisemitische Bewegung mit wachsender Anhängerzahl. Das Verhältnis der deutschen Mehrheit zur immer noch sehr kleinen jüdischen Minderheit (0,8 % der Bevölkerung) war ambivalent. Großer Akzeptanz in liberalen und kulturaffinen Kreisen standen Ablehnung und Diskriminierung seitens der politischen Rechten gegenüber.

NS-Zeit

Mit dem 30. Januar 1933 änderte sich die Lage der Juden in Deutschland schlagartig. Dazu muß nicht viel gesagt werden. Der Sachverhalt ist bekannt. Die Juden wurden erst durch die Rassengesetze rechtlos gemacht und dann der zynisch „Endlösung“ genannten Vernichtung zugeführt. Deutsche Juden waren im Verhältnis zur Gesamtzahl der Opfer des Holocaust, die allgemein mit gegen 6 Millionen Menschen beziffert wird, auf den ersten Blick mit ca. 160.000 nur gering betroffen. Tatsächlich aber wurden auch sie nahezu vollständig ausgelöscht, soweit sie nicht rechtzeitig ausgewandert waren, denn nach dem Kriege zählte man nur noch ca. 15.000 Überlebende.

1945 bis heute

Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Nachkriegsentwicklung. Der Antisemitismus war trotz seiner schrecklich konsequenten Gestalt, zu der ihn die Nationalsozialisten ausgeformt hatten, in Europa nicht gänzlich verschwunden. So gab es noch am 4. Juli 1946 in der Stadt Kielce in Polen ein Pogrom, dem 42 Juden zum Opfer fielen. Dabei blieb es nicht. Auch in Krakau, Tarnow und anderenorts gab es Judenverfolgungen. Die exakte Zahl der Opfer ist nicht bekannt. Doch wir untersuchen das Verhältnis von Christen und Juden in Deutschland. In der Nachkriegszeit war das eher ein Nicht-Verhältnis, denn es gab ja kaum noch Juden im Lande. Der Schock des Holocaust, von dem tatsächlich die allermeisten Deutschen wenn überhaupt, nur in vagen Andeutungen gewußt hatten, saß indessen tief. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1990 kamen dann viele Tausend jüdische Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland. Viele von ihnen waren es wohl mehr dem Namen nach, denn von wirklich religiöser Prägung. Schließlich war ihnen die Ausübung ihrer Religion in der Sowjetunion ja nicht erlaubt. Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland mußte somit eine gewaltige Zahl von Menschen integrieren, die einen völlig anderen soziologischen Hintergrund hatte, als die schon immer in Deutschland lebenden Juden.

Grundsätzliche Probleme zwischen Deutschen und Juden sind nicht auszumachen. Gesellschaftliche Diskriminierung erfahren Juden in Deutschland heute in der Regel ausschließlich durch Muslime, von einer verschwindend kleinen rechtsextremistischen Minderheit einmal abgesehen. Die jüdischen Gemeinden haben auch ihren Platz im öffentlichen Leben. Allerdings muß man bei Lichte besehen feststellen, daß hier eher beiderseits ein freundliches Desinteresse füreinander herrscht. Nach wie vor steht einer wirklichen Integration auf jüdischer Seite das religiös begründete Verbot der Mischehe entgegen. Für Christen, für Menschen ohne Religion erst recht, spielt es aber keine Rolle. Denn erst wenn Menschen über religiöse und nationale Grenzen hinweg heiraten, gehen ehemals Fremde in dem Volk auf, indem sie ihre neue Heimat gefunden haben. Für liberale oder gar religionsindifferente Juden ist das natürlich kein Problem, ebenso wenig wie für die meisten christlich getauften Deutschen, seien sie religiös oder eher religionsfern.

Ergebnis

Die Formel von der christlich-jüdischen Prägung Deutschlands kann bei Lichte besehen nicht als Beschreibung der Wirklichkeit taugen. Das Judentum hat Deutschland historisch nicht geprägt. Jahrhundertelang waren Juden in Deutschland – wie auch im übrigen Europa – eine geduldete, bisweilen wirtschaftlich nützliche, nicht selten diskriminierte und verfolgte Minderheit. Davon zu unterscheiden ist die historische und kulturelle Bedeutung einzelner Persönlichkeiten von überragender Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. Was das Christentum angeht, so ist das Judentum sein Vorläufer, aber auch das Fundament, auf dem es errichtet worden ist. Nach christlicher Lehre hat Gott das Volk der Juden gewählt, um als Angehöriger eben dieses Volkes in Menschengestalt, als Sohn Gottes, die Erlösung von der Erbsünde durch seinen Tod am Kreuz und die anschließende Auferstehung von den Toten zu bewirken. „Denn das Heil ist aus den Juden“ schreibt der Evangelist Johannes (4, 22). Nur in diesem Sinn ist der Begriff christlich-jüdisch ein zutreffendes Adjektiv. Die inflationäre Benutzung der Floskel von den christlich-jüdischen Wurzeln unserer Kultur ist wohl nicht zuletzt dem schlechten Gewissen der Deutschen geschuldet. Auch wenn Nationalsozialismus und Holocaust schon mehr als 70 Jahre zurückliegen, und die große Mehrheit der damals lebenden Deutschen keineswegs am Völkermord beteiligt war, so waren damals doch nicht wenige antisemitisch eingestellt. Das war kein Ruhmesblatt in unserer Geschichte, und das wird von den meisten Menschen in unserem Lande auch so gesehen. Das sollte aber nicht dazu führen, gewissermaßen als Kompensation faktenwidrig von einer christlich-jüdischen Tradition unseres Landes zu sprechen. Wir sollten ehrlich sein. Die Tradition unseres Landes ist christlich und humanistisch im Sinne der Aufklärung geprägt. Von den nichtchristlichen religiösen Minderheiten in unserem Lande sind allerdings die Juden die am besten integrierte. Ganz im Gegensatz etwa zu den Muslimen. Die Verfassungstreue der deutschen Juden ist ebenso wenig zweifelhaft, wie ihre Loyalität zu dem Land, dessen Bürger sie sind. Daß sie daneben ein besonderes Verhältnis zum Staat Israel haben, ist sehr verständlich und stört die deutsche Mehrheitsgesellschaft bekanntlich nicht. Denn Israel ist der einzige Staat im Nahen Osten, der unsere kulturellen und demokratischen Standards lebt und gegen eine feindselige Umwelt verteidigt.

Dumm und rotzfrech

Der Narrensaum der Gesellschaft hat sich in einem Maß verbreitert, daß von Randständigkeit keine Rede mehr sein kann. Vielmehr ist das, was vor Jahren noch als abseitig und ungehörig galt, jedenfalls für die große Mehrheit der schreibenden Zunft zur Richtschnur geworden. Das gilt inhaltlich wie formal. Es genügt offenbar nicht, Unsinn zu schreiben, das Geschreibsel muß auch noch möglichst ordinär daherkommen. Ein Beispiel konnten wir in diesen Tagen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Personalien der neuen Bundesregierung zur Kenntnis nehmen.

Politisch korrekten Schreiberlingen und Medienschaffenden ist es offenbar gewaltig in die Nase gestiegen, daß der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer die Ebene der beamteten und parlamentarischen Staatssekretäre seines Hauses ausschließlich mit Männern besetzt hat. Schlimmer noch, alle sind über 50 Jahre alt, haben keinen Migrationshintergrund, nicht einmal eine etwas dunklere Hautfarbe, und keiner ist homosexuell. So etwas darf doch wohl nicht sein. Jedenfalls regt sich da auch das ARD/ZDF Morgenmagazin auf, dessen Auftrag es ist, die Fernsehzuschauer schon vor oder während des Frühstücks auf politischen Mainstream zu trimmen. Denn in Zeiten der „me too-Debatte“ gehe so etwas doch überhaupt nicht. Wenn dieses Argument auch nur einen Hauch von Sinnhaftigkeit haben sollte, dann müßten demzufolge alle heterosexuellen weißen Männer über 50 potentielle Frauenbelästiger und Vergewaltiger sein. Vielen Dank liebes Morgenmagazin, ich gehe jetzt in den Keller und schäme mich.

Die Blödheit läßt sich aber noch steigern. Die links-grüne „taz“ stößt sich weiter daran, daß es sich bei den Staatssekretären auf dem offiziellen Foto des Ministeriums vermutlich um „Cis“-Männer handelt. „Cis“ – was ist denn das? Nun, die inzwischen auf gut 200 Lehrstühlen an deutschen Universitäten betriebene sogenannte Genderforschung hat ja bekanntlich herausgefunden, daß die Menschheit nicht aus Männlein und Weiblein besteht, sondern daß es je nach Zählweise zwischen 84 und 384 Geschlechter gibt, vermutlich sogar gelegentlich temporär wechselnd je nach Laune. Besonders nehmen sich diese famosen Gelehrten (Gelehrtinnen?) der bedauernswerten Menschen an, die in der Tat unter einer angeborenen sexuellen Abweichung leiden dergestalt, daß ihre biologische wie ihre psychische Geschlechtlichkeit unklar oder indifferent ist. So zum Beispiel bei den Transsexuellen, deren sexuelles Fühlen von ihrer körperlichen Beschaffenheit abweicht. Vereinfacht gesagt, Männer, die sich eher als Frauen fühlen und umgekehrt. Daher der Begriff  „transsexuell“, also jenseits des äußerlich sichtbaren Geschlechts. Nahe liegt damit die Wortschöpfung für einen Menschen, der das genaue Gegenteil davon ist. Also das ist, was er auch zu sein scheint, somit diesseits des äußerlich sichtbaren Geschlechts. Lateinisch heißt das dann eben „cissexuell“, gender-wissenschaftlich „cisgender, sprachmodisch flapsig verkürzt „Cis“. Tief blicken läßt auch die Wikipedia-Definition:

„Cisgender (lateinisch – cis ‚diesseits‘ und englisch gender ‚Geschlecht‘), teilweise auch Zisgender bezeichnet Personen, deren Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Dies trifft auf die meisten Menschen zu.‘

Tröstlich ist, daß selbst die zumeist stramm links gestrickten Wikipedia-Autoren einräumen, daß wenigstens die meisten Menschen sexuell so veranlagt sind, wie sie auch aussehen. Daß die Abweichungen sich tatsächlich im niedrigen Promillebereich bewegen, erwähnt man politisch korrekt lieber nicht. Dafür übernimmt man ganz selbstverständlich die Behauptung der Scharlatane (m/w) auf den Gender-Lehrstühlen, wonach dem Menschen bei seiner Geburt eine Geschlechtsidentität „zugewiesen“ wird. Merke: du bist nicht als Junge oder Mädchen geboren, man hat dir das bei der Geburt zugewiesen wie eine Nationalität, gewissermaßen per Verwaltungsakt. Du bist eben ein Junge oder ein Mädchen, weil das Standesamt dies so in deine Geburtsurkunde eingetragen hat. Neuerdings dürfen die Standesämter nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf Wunsch der Eltern oder später auch des/der Betroffenen auch kein Geschlecht eintragen. Das soll politisch korrekt sein. Ob es den betroffenen Menschen auch hilft, wollen wir doch einmal bezweifeln.

Die „taz“, immerhin mit einer verkauften Auflage von über 53.000 Exemplaren pro Woche klärt uns dankenswerterweise auch über das sprachliche Niveau und die Persönlichkeitsstruktur ihrer linksgrünen Leserschaft auf. Zitat:

„Das Ministerium besteht ja nur aus alten, weißen Typen! Wobei alt und weiß ist erst mal nicht vorrangig. Aber es sind nur Männer. Bestimmt auch nur cis Männer. Ähm, geht’s noch? Wer auch immer für das Casting verantwortlich ist, diese Person hat wirklich noch nicht den Schuss gehört. Auf dem mittlerweile durch ein Gebäudebild ausgetauschten Foto der Pressemitteilung stehen Horst und seine Boys in ihren Anzügen und angespannter No-Homo-Pose nebeneinander. So richtig wohl scheint sich keiner zu fühlen: Hier eine Merkel-Raute vor dem Schoß, dort geballte Fäuste zum Flexen der Muskeln und in der Mitte Horst Seehofer, der einfach nur aussieht, als müsste er seit einer Viertelstunde kacken, aber erst kann, wenn das verdammte Shooting vorbei ist. Allesamt sind sie bemüht, sich bloß nicht zu berühren. Ein Symbolbild fragiler Männlichkeit sozusagen.“

Dieser inhaltlich wie sprachlich völlig indiskutable Text wäre nicht wert zitiert zu werden, könnte man darin nicht ein Psychogramm der linken Journaille erkennen. Man ist bemüht, das verquere Gedankengut seiner Leserschaft zu transportieren. Man schleimt sich mit ordinär-pubertärer Sprache bei seinem Publikum ein, zu dessen Milieu man ohnehin selbst gehört. Man hat offenbar auch ein ganz eigenes Verständnis von der selbst gewählten Aufgabe, wie sie in § 2 Abs. 3 des Redaktionsstatuts definiert wird; „Sie tritt ein für die Verteidigung und Entwicklung der Menschenrechte und artikuliert insbesondere die Stimmen, die gegenüber den Mächtigen kein Gehör finden.“ Inwieweit ihr verächtlicher Sprachgebrauch geeignet sein könnte, der Verteidigung und Entwicklung der Menschenrechte zu dienen, bleibt ebenso das Geheimnis ihrer Redaktion wie die Antwort auf die Frage, inwieweit mainstreamige Artikel bei den Mächtigen, die doch dem Mainstream das Flußbett graben, kein Gehör finden könnten. Linke werden jedoch niemals die Widersprüchlichkeit ihrer Existenz erkennen.

Ein erster Schritt zur politischen Hygiene wäre es, eine dritte Version des Narrenschiffs nach der Erzählung von Sebastian Brant von 1494 und dem Hollywood-Film von 1965 zu inszenieren, und zwar ganz real. Spendieren wir doch ganz einfach allen linksgrün gewickelten Journalisten und Medienschaffenden eine Weltreise auf einem Luxusdampfer. Der Dampfer sollte allerdings ähnlich dem Schicksal des fliegenden Holländers niemals mehr irgendwo vor Anker gehen. Ausreichend große Schiffe gibt es. Das derzeit größte Kreuzfahrtschiff  „Symphonie of the Seas“ bietet 6680 Passagieren komfortabel Platz. Es wäre dann nur abzuwarten, ob im Laufe der Jahre dann ein weiteres Kreuzfahrtschiff zu diesem Zwecke in See stechen müßte.

Gehört der Islam zu Deutschland?

Und täglich grüßt das Murmeltier! Anders als im gleichnamigen Film ist es nicht jedes Mal der 2. Februar, an dem wir aufwachen und das gleiche erleben. Nämlich die x-te Wiederholung der Debatte, ob der Islam zu Deutschland gehört. Insoweit befinden wir uns tatsächlich in der Zeitschleife. Nun also Horst Seehofer, der die banale Tatsache verkündet, daß der Islam nicht zu Deutschland gehört. Und nun erwartbar die Antwort von Angela Merkel, wonach der Islam zu Deutschland gehört. Dabei kann man die Anhänger beider Auffassungen schon in zwei Lager sortieren. Klar und unverbildet denkende Bürger, für die eben das Wasser nass und die Nacht finster ist, und sich moralisch erhaben und weltoffen dünkende Klugsch… aus dem Dunstkreis von Politik, Kirchen, Medien und Hochschulen. Dabei fällt auf, daß die Höhe des formalen Bildungsabschlusses nicht selten in einem umgekehrten Verhältnis zum Denkvermögen steht.

Denken wir also einmal. Die Frage, ob eine Religion zu einem Land gehört oder nicht, kann nur anhand seiner gewachsenen Kultur beantwortet werden. Für Deutschland wie auch den abendländischen Kulturkreis insgesamt gilt, daß seine geistigen Grundlagen und kulturellen Traditionen im wesentlichen von der antiken Philosophie und dem Christentum, zu einem Teil auch von dem Vorläufer des Christentums, dem Judentum, geprägt sind. Der Islam ist überhaupt erst im siebten Jahrhundert nach Christus entstanden. In nennenswerter Zahl sind die Anhänger dieser Religion in Deutschland erst seit wenigen Jahrzehnten ansässig. Allein schon die Betrachtung dieses kurzen Zeitraums im Vergleich zu den vielen Jahrhunderten, in denen das Christentum Europa geprägt hat (damit auch die europäischen Auswanderer nach Amerika) zeigt schon, daß von einem prägenden Einfluß im Sinne des Dazugehörens nicht die Rede sein kann.

Wir leben nun im 21. Jahrhundert. Der abendländische Kulturkreis ist heute ganz wesentlich auch dadurch geprägt, daß in allen dazugehörigen Ländern der Anteil von Menschen, die keiner Religion angehören, von beachtlicher Größe ist. In Deutschland ist das bereits mehr als die Hälfte. Prägend für Gesellschaftsordnung und Kultur ist auch allgemein eine gewisse Religionsferne, auch soweit es das tägliche Leben der Menschen angeht, die einer Religionsgemeinschaft angehören. Die Dominanz der Religion, wie wir sie noch bis ins 20. Jahrhundert hinein beobachten können, ist einer freundlichen Gleichgültigkeit gewichen. War es etwa im 15. Jahrhundert noch selbstverständlich, daß z. B. die Bürger der Stadt Pisa in Italien ihre nach heutigen Verhältnissen milliardenschwere Beute, die sie in einem Krieg mit den Türken gemacht hatten, vollständig in den Bau eines prächtigen Domes steckten, ist es heute völlig unvorstellbar, daß eine Stadt oder gar ein Staat auch nur einen nennenswerten kleinen Teil seiner Einkünfte für den Bau von prächtigen Gotteshäusern verwenden könnte, jedenfalls was den abendländischen Kulturkreis angeht. Dem entspricht auch, daß ein Machtkampf zwischen weltlichen und religiösen Autoritäten, wie wir das im Mittelalter zwischen Kaiser und Papst beobachten können, heute undenkbar ist.

Maßgeblich ist auch und vor allem, welcher rechtliche Rahmen für das Zusammenleben der Menschen heute maßgeblich ist. Das ist im abendländischen Kulturkreis jeweils eine Verfassung, die nicht nur die Staatsorganisation regelt, sondern den Bürgern Grundrechte gibt, die in erster Linie auch Freiheitsrechte sind. Es ist daher durchaus erhellend, einmal zu untersuchen, inwieweit religiöse Gesetze oder Verhaltensregeln mit der Verfassung eines Landes, in unserem Falle mit dem Grundgesetz, vereinbar sind. Nachdem es hier um die Frage geht, ob der Islam zu Deutschland gehört, muß natürlich gefragt werden, inwieweit der Koran mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Sinnvoll ist es dabei, gleichzeitig zu prüfen, inwieweit die Bibel, hier das Neue Testament, als Grundlage des Christentums, mit den Freiheitsrechten unserer Verfassung vereinbar ist.

Dazu ist zunächst zu untersuchen, inwieweit die beiden heiligen Schriften der Christen und der Muslime Regeln für das Alltagsleben mit Gesetzeskraft aufstellen. In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, inwieweit solche religiösen Gesetze mit dem Grundgesetz vereinbar sind oder nicht.

Das Neue Testament ist nicht als Gesetzbuch konzipiert. Vielmehr enthalten die Evangelien mit Ausnahme der Offenbarung des Johannes lediglich Berichte über das Leben Jesu. Dazu gehören natürlich seine Predigten und sonstigen überlieferten Äußerungen. Ohne hier in die Einzelheiten gehen zu müssen, kann gesagt werden, daß Jesus natürlich die bereits im Alten Testament enthaltenen zehn Gebote als weiterhin verbindliche Gesetze betrachtet hat. Soweit diese Gebote Verhaltensmaßregeln für die Menschen aufstellen, handelt es sich samt und sonders um solche, die auch für aufgeklärte und religiös nicht gebundene Menschen unter der Geltung einer Verfassung wie das Grundgesetz verbindlich oder mindestens tolerabel sein können. Niemand wird etwa beanstanden können, daß man nicht töten, lügen oder stehlen soll. Soweit gefordert wird, man solle neben dem einen Gott keine anderen Götter verehren, ist das eine rein religiöse Regel, die keinerlei Auswirkungen auf das tägliche Leben und die staatliche Ordnung hat. Das maßgebliche Gebot Jesu ist die Pflicht, Gott und die Menschen zu lieben. Das entzieht sich völlig der Beurteilung anhand von weltlichen Verfassungen und Gesetzen. Konkrete Verhaltensmaßregeln wie etwa Kleidungs- und Speisegebote bzw. Verbote findet man im Neuen Testament nicht, ebensowenig etwa eine Pflicht, zur höheren Ehre Gottes männlichen Säuglingen oder Kleinkindern auf rituelle Weise das präputium von der glans penis abzuschneiden.

Anders der Koran. Sein Charakter als unbedingt zu befolgende Gesetzessammlung, die auch keinem Zweifel unterliegt, wird gleich zu Beginn in Sure 2 festgeschrieben. „Dies ist die Schrift, an der nicht zu zweifeln ist, geoffenbart als Rechtleitung für die Gottesfürchtigen…. Die ungläubig sind, haben dereinst eine gewaltige Strafe zu erwarten.“ Wir wollen uns im folgenden auf wenige Regeln dieser heiligen Schrift der Muslime konzentrieren.

Die Rechtsposition der Frau im Islam gehört zu den umstrittensten Themen in der Debatte, ob der Islam zu Deutschland gehört. Hierzu enthält der Koran eine Reihe von Festlegungen. So bereits in der zitierten 2. Sure. Dort wird klar festgelegt, daß die Männer eine Stufe über den Frauen stehen (Vers 228). Erläutert wird dies in Sure 4, die auch überschrieben ist: Die Frauen: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie (von Natur vor diesen) ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen als Morgengabe gemacht haben.“ Weil das so ist, sind Frauen für die Männer natürlich jederzeit verfügbar. So heißt es in Sure 2, Vers 223:  „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu diesem eurem Saatsfeld, wo immer ihr wollt!“ In der von der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde in Deutschland vertriebenen Ausgabe. “ Eure Frauen sind euch ein Acker; so naht eurem Acker, wann und wie ihr wollt.“ Von einem gleichberechtigten, partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Eheleuten ist nicht die Rede. Ganz im Gegenteil. Denn es heißt in Sure 4 Vers 34 auch: „Und wenn ihr fürchtet, daß Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“ Konsequent wird deswegen auch das Erbrecht ausgestaltet. So wird hinsichtlich der Erben zweiter Ordnung (Geschwisterkinder) in Sure 4, Vers 176 festgelegt: „Gott gibt euch hiermit über die seitliche Verwandtschaft und deren Anteil am Erbe Auskunft… Wenn es verschiedene Geschwister sind, Männer und Frauen, kommt auf eines männlichen Geschlechts gleich viel wie auf zwei weiblichen Geschlechts“. in Sure 4, Vers 11 heißt es :“Gott verordnet euch hinsichtlich eurer Kinder: Auf eines männlichen Geschlechts kommt bei der Erbteilung gleich viel wie auf zwei weiblichen Geschlechts.“

Die gleiche Unterscheidung wird gemacht, wenn es um den Wert der Aussage von männlichen und weiblichen Zeugen vor Gericht geht. In Sure 2, Vers 282 werden Regeln über den Zivilprozeß aufgestellt. Was die Zeugen angeht, so heißt es hier: „Und nehmt zwei Männer von euch zu Zeugen! Wenn es nicht zwei Männer sein können, dann sollen es ein Mann und zwei Frauen sein, solche, die euch als Zeugen genehm sind, – Zwei Frauen damit für den Fall, daß die eine von ihnen sich irre, die eine, die sich nicht irrt, die andere die sich irrt, an den wahren Sachverhalt erinnere.“

Als Grundlage für die Pflicht der Frauen, sich ganz oder teilweise zu verschleiern (Kopftuch, Burka etc.) wird allgemein Sure 24, Vers 31 angesehen. Dort heißt es: „Und sag den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Augen niederschlagen, und sie sollen darauf achten, daß ihre Scham bedeckt ist, den Schmuck, den sie tragen, nicht offen zeigen, soweit er nicht normalerweise sichtbar ist, ihren Schal sich über den vom Halsausschnitt nach vorne heruntergehenden Schlitz des Kleides ziehen und den Schmuck, den sie am Körper tragen niemand offen zeigen, außer ihrem Mann, ihrem Vater, ihrem Schwiegervater, ihren Söhnen, ihren Stiefsöhnen, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und ihrer Schwestern, ihren Frauen, ihren Sklavinnen, den männlichen Bediensteten, die keinen Geschlechtstrieb mehr haben, und den Kindern, die noch nichts von weiblichen Geschlechtsteilen wissen. Und sie sollen nicht mit ihren Beinen aneinander schlagen und damit auf den Schmuck aufmerksam machen, den sie durch die Kleidung verborgen an ihnen tragen.“ Offenbar müssen männliche Muslime Frauen auch als irgendwie unrein betrachten, denn es heißt in Sure 4, Vers 43: „Und kommt auch nicht unrein zum Gebet, wenn ihr mit Frauen in Berührung gekommen seid und kein Wasser findet, um die Waschung vorzunehmen, dann sucht einen sauberen hoch gelegenen Platz auf und streicht euch über das Gesicht und die Hände!“

Homosexualität, jedenfalls in der männlichen Variante, ist nach dem Koran verboten. Sure 7, Verse 80, 81 legen fest: „Und wir haben den Lot als unseren Boten gesandt. Damals als er zu seinen Leuten sagte: Wollt ihr denn etwas abscheuliches begehen, wie es noch keiner von den Menschen in aller Welt vor euch begangen hat? Ihr gebt euch in eurer Sinnenlust wahrhaftig mit Männern ab, statt mit Frauen.“ Und Sure 26 Verse 165,166 lauten: „Wollt ihr euch denn mit Menschen männlichen Geschlechts abgeben und darüber vernachlässigen was euer Herr euch in euren Gattinnen geschaffen hat? Nein ihr seid verbrecherische Leute!“ Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes verbietet indessen den Bürgern vorzuschreiben, mit wem sie sexuellen Umgang haben und mit wem nicht, ausgenommen mit Kindern, weil damit deren Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ebenso wie ihre Menschenwürde (Art 1 GG) verletzt würde.

Weitere ganz konkrete Regeln für das Alltagsleben finden sich etwa in Sure 2, Vers 275, wo ein Zinsverbot ausgesprochen wird:  „Diejenigen, die Zins nehmen, werden dereinst nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfaßt und geschlagen ist. Dies wird ihre Strafe dafür sein, daß sie sagen Kaufgeschäft und Zinsleihe sind ein und dasselbe. Aber Gott hat nun einmal das Kaufgeschäft erlaubt und die Zinsleihe verboten.“ Weiter in Sure 2, Vers 219: „Man fragt dich nach dem Wein und dem Losspiel. Sagt: in ihnen liegt eine schwere Sünde..“ Das Verbot, Schweinefleisch zu essen, findet sich in Sure 6, Vers 145: „In dem, was mir als Offenbarung eingegeben worden ist, finde ich nicht, daß etwas für jemand zu essen verboten wäre, es sei denn Fleisch von verendeten Tieren oder Blut, das beim Schlachten ausgeflossen ist, oder Schweinefleisch – das ist Unreinheit –, oder Greuel (nämlich Fleisch), worüber beim Schlachten ein anderes Wesen als Gott angerufen worden ist.“ Damit dürfte neben dem Schweinefleisch auch jede Art von Blutwurst verboten sein.

Das ist natürlich alles nicht mit dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit vereinbar.

Das Verhältnis des gläubigen Moslems zu den Angehörigen anderer Religionen oder gar Religionslosen ist im Koran mehrfach angesprochen. Und zwar ganz eindeutig zum Beispiel in Sure 2, Vers 191: „Und tötet sie, wo immer ihr sie zu fassen bekommt, und vertreibt sie, wo sie euch vertrieben haben! Der Versuch (Gläubige zum Abfall vom Islam) zu verführen ist schlimmer als töten“!. Vers 216: „Euch ist vorgeschrieben, gegen die Ungläubigen zu kämpfen.“ Sure 9, Vers 5: „Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo immer ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf!“ Vers 29: „Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören.“ Der Abfall vom Glauben zieht nach dem Wortlaut des Koran mindestens Gottes Zorn nach sich, nach der klassischen islamischen Überlieferung ist der Abfall vom Islam mit dem Tode zu bestrafen. Sure 16, Vers 106 lautet: „Diejenigen, die an Gott nicht glauben, nachdem sie gläubig waren – außer wenn einer äußerlich zum Unglauben gezwungen wird, während sein Herz im Glauben Ruhe gefunden hat, – nein, diejenigen, die frei und ungezwungen dem Unglauben in sich Raum geben, über die kommt Gottes Zorn und sie haben dereinst eine gewaltige Strafe zu erwarten.“ Jedenfalls in der Praxis wird der Abfall vom Glauben in manchen islamischen Staaten bzw. Regionen auch auf dieser Erde mit dem Tode bestraft, wie etwa Pakistan.

Betrachtet man also die beiden Religionen Christentum und Islam etwa aus der Sicht eines liberalen, keiner Religion angehörigen Deutschen oder sonstigen Europäers, so finden sich im Neuen Testament, vor allem aber auch in der gelebten christlichen Praxis keine Kollisionen mit den Freiheitsrechten unserer Verfassung. Der Islam hingegen ist hier von völlig anderer Natur. Die zitierten Vorschriften des Koran, die ja nun einmal als göttliches Gebot für den Moslem unveränderlich sind, kollidieren vielfach mit den Freiheitsrechten unserer Verfassung. Besonders deutlich wird dies hinsichtlich der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in unserem Grundgesetz und den dazu in krassem Gegensatz stehenden Regelungen über das Verhältnis von Männern und Frauen im Koran. Die jederzeitige sexuelle Verfügbarkeit der Ehefrau ist auch mit dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 unseres Grundgesetzes unvereinbar. Ein Verbot der Vergewaltigung in der Ehe, wie es bei uns selbstverständlich ist, wäre jedoch mit dem Koran nicht vereinbar. Gleiches gilt für das Verbot der männlichen Homosexualität, wobei offenbar der göttliche Gesetzgeber oder sein menschlicher Chronist gar nicht daran gedacht haben, daß es auch weibliche Homosexualität geben kann. Die Unterwertigkeit der Frau, wie sie in ihren grundsätzlich geringeren Erbquoten wie auch dem grundsätzlich geringeren Beweiswert ihrer Zeugenaussage festgeschrieben ist, steht natürlich ebenfalls in diametralem Gegensatz zu Art. 3 Abs. 2 GG. Gleiches gilt für die Bekleidungsvorschriften, die ausschließlich den Frauen Regeln auferlegen, ob man diese nun als Gebot der vollständigen oder teilweisen Verschleierung interpretiert oder nicht. Mit demGrundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Art. 2 Abs. 1 GG, ist es natürlich nicht vereinbar, den Menschen vorzuschreiben, was sie essen und trinken dürfen oder nicht.

Die Einhaltung dieser religiösen Vorschriften wird in Deutschland auch von nicht wenigen Muslimen energisch eingefordert. Wenn Mädchen nicht am Schwimmunterricht in den Schulen teilnehmen dürfen, Schweinefleisch in der Gemeinschaftsverpflegung von Kindergärten, Schulen und Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen zurückgewiesen wird und Frauen immer häufiger teil- oder ganz verschleiert in der Öffentlichkeit anzutreffen sind, dann kann kein Zweifel daran bestehen, was diese Religion vorschreibt, jedenfalls für einen großen Teil ihrer Anhänger. Hinsichtlich der Verschleierung beispielsweise ist es völlig unerheblich, ob die betreffenden Frauen dazu gezwungen werden oder dies aus eigenem Antrieb tun, vielleicht auch nur vorgeben zu tun. Denn in beiden Fällen kommt damit eine Minderwertigkeit der Frau im Verhältnis zum Mann zum Ausdruck. Gleiches gilt für das vielfach von Muslimen eingehaltene Verbot des Alkoholgenusses, das ja nun einmal mit dem Grundrecht des Menschen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist.

Das Verhältnis des gläubigen Moslems zu den Angehörigen anderer Religionen, wie es aus den oben zitierten Suren ersichtlich ist, steht natürlich auch in diametralem Gegensatz zu der Religionsfreiheit in Art. 4 unseres Grundgesetzes. Daß diese religiöse Intoleranz bis hin zur Verfolgung Andersgläubiger in vielen islamischen Staaten gelebt wird, kann nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Das kann aber nicht vernachlässigt werden, nur weil Deutschland und die übrigen europäischen Staaten (noch) keine islamischen Staaten sind.

In der Debatte um Islam und Integration scheint allgemein Konsens darüber zu herrschen, daß als Mindestanforderung ein klares Bekenntnis zum Grundgesetz gehört, was natürlich dann auch bedeutet, daß nach diesem Bekenntnis gelebt werden muß. Wenn man das ernst nimmt, dann können religiöse Vorschriften, die mit den Grundrechten kollidieren, nicht akzeptiert werden.

Gehört der Islam zu Deutschland? Ganz offensichtlich nicht. Denn Bestandteil der deutschen kulturellen Identität und der Ordnung unseres Grundgesetzes kann eine Religion nicht sein, die von ihren Gläubigen die Beachtung von Vorschriften verlangt, und zwar auch im täglichen Leben, die maßgebliche Freiheitsrechte unseres Grundgesetzes einschränken oder gar völlig verneinen.

Wer die Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland unter Bedingungen stellt, etwa die; „Sofern das Grundgesetz beachtet wird,“ der vernebelt das Problem nur. Er gleicht dem Menschen, der etwa dem 1. FC Nürnberg das fußballerische Niveau der Weltklasse zuerkennt, vorausgesetzt, der Club gewinnt die Championsleague.

Leider werden wir uns mit der Debatte über den Islam und seine Vereinbarkeit mit unserer Rechtsordnung und unserer Lebensweise noch lange herumschlagen müssen. Dafür bürgt schon die geistige Verfassung der Leute, die uns belehren und regieren wollen.

 

 

 

 

 

 

 

Einfache Antworten

Am17. Februar dieses Jahres betrat ein ehemaliger Schüler, bewaffnet mit einem Sturmgewehr, eine Schule in Florida und eröffnete das Feuer auf Schüler und Lehrer. 17 Tote und über 40 Verletzte sind zu beklagen. Dies ist das jüngste in einer langen Reihe von Amokläufen und Massakern, vorwiegend an Schulen in den USA. Wie in allen voraufgegangenen Fällen ist auch diesmal eine leidenschaftliche Diskussion darüber entbrannt, wie künftig solche Massaker verhindert werden können. Sowohl in den USA als auch in Europa werden dann Rufe laut, den privaten Waffenbesitz erheblich einzuschränken oder gar völlig zu verbieten.

Einfache Antworten und Patentrezepte sind jedoch im allgemeinen nicht zielführend. Es ist auch merkwürdig, daß insbesondere bei uns in Deutschland diejenigen, welche einfache Antworten auf drängende Fragen regelmäßig als Erscheinungsform von Populismus geißeln, gerade bei diesem Thema zu einfachen Antworten neigen. Zu verlockend scheint die Vorstellung zu sein, gewissermaßen durch den Druck auf einen einzigen Knopf das große und, wenn man näher hinschaut, vielschichtige Problem des Amoklaufs lösen zu können. Schaffen wir doch einfach die Waffen aus der Welt, niemand wird mehr durch sie umkommen.

Daß es so einfach nicht sein kann, sollte schon nach kurzem Nachdenken klar sein. Denn nicht die Waffe schießt, sondern der Mensch, der sie in Händen hält. Somit ist zunächst einmal hier anzusetzen und zu fragen, was das für Menschen sind, die solche Massenmorde verüben. Schon die Art dieser Verbrechen deutet darauf hin, daß es sich um psychisch auffällige, häufig sogar erheblich gestörte Menschen handelt. Aus gutem Grund steht daher bei uns in Deutschland vor der Erteilung jeder waffenrechtlichen Erlaubnis auch eine Überprüfung des Antragstellers. Auch in den wegen ihres sehr liberalen Waffenrechts viel gescholtenen USA scheint man inzwischen in diese Richtung Überlegungen anzustellen.

Ob im übrigen Totalverbote leisten können, was sich ihre Befürworter davon versprechen, ist mehr als zweifelhaft. Selbst in Australien, wo man nach einem Massaker vor Jahren den privaten Waffenbesitz nahezu vollständig verboten hat, ist zwar die Zahl der Opfer von Schusswaffenattentaten erheblich zurückgegangen, jedoch keineswegs gegen Null. Nicht zuletzt muß auch gesehen werden, daß der zum Mord entschlossene Täter sich von seinem Vorhaben nicht dadurch abbringen läßt, daß er dazu gegen die Waffengesetze verstoßen und sich sein Mordwerkzeug illegal beschaffen muß. Beispielhaft sei an den Münchener Attentäter erinnert, der mit einer im sogenannten Darknet erworbenen Schusswaffe im Olympia Einkaufszentrum um sich geschossen hat.

Im Falle der USA besteht nun die Besonderheit, daß das Recht zum Besitz von Waffen in der Verfassung festgeschrieben ist. Totale Waffenverbote, wie sie vereinzelt in den USA von Städten, darunter 1972 in Chicago, erlassen worden sind, haben daher keinen Bestand. Am 28. Juli 2010 hat der Supreme Court entschieden, daß der zweite Zusatz zur amerikanischen Verfassung (das Recht aller Bürger Waffen zu tragen) für alle Bundesstaaten und Städte gilt. Wie bei uns in Deutschland sind Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts eben für alle staatlichen Autoritäten bindend.

Wer in den USA danach ruft, die Verfassung zu ändern und dieses Recht gänzlich oder doch wenigstens weitgehend abzuschaffen, mag damit zwar den Beifall vieler finden. Er muß sich jedoch vor Augen halten, daß die amerikanische Verfassung sehr hohe Hürden für ihre Änderung oder Ergänzung vorsieht. Nicht nur, daß in beiden Kammern des Bundesparlaments, also Senat und Repräsentantenhaus, jeweils eine Zweidrittelmehrheit dafür erforderlich ist, es muß dann die gleiche Prozedur in jedem einzelnen Bundesstaat erfolgreich stattgefunden haben, bevor eine Verfassungsänderung in Kraft treten kann, wobei dem ganzen Vorgang auch noch eine zeitliche Schranke von sieben Jahren seit Beginn des Verfahrens gesetzt ist. Nicht wegen des großen Einflusses der sogenannten  Waffenlobby auf die amerikanischen Politiker ist es unrealistisch, auf diesem Wege das Problem angehen zu wollen.

Zielführender scheint es doch zu sein, ohne daß grundsätzlich von der Verfassung geschützte Recht auf den freien Besitz von Waffen in Frage zu stellen, zum einen bestimmte Schußwaffen, die für spezielle militärische Verwendungen konstruiert sind, vom Recht auf privaten Waffenbesitz auszunehmen, und zum anderen eine gründliche Überprüfung der Personen vorzunehmen, die privat Schußwaffen erwerben wollen. Denn auch der glühendsten Verfechter des Rechts auf privaten Waffenbesitz in den USA wird verstehen, daß man Psychopathen keine Waffen in die Hände geben darf.

Der amerikanische Präsident hat nun in den Tagen nach dem schrecklichen Schulmassaker in Florida vorgeschlagen, künftig die Lehrer in den Schulen, jedenfalls einen Teil von ihnen, mit Schußwaffen auszurüsten, die sie auch während des Unterrichts tragen sollen. Dafür ist er viel gescholten worden. In Deutschland dürfte natürlich der Hinweis auf seine Cowboy-Mentalität nicht fehlen. Ich meine jedoch, daß man auch diesen Vorschlag durchaus wenigstens sachlich prüfen sollte. Es liegt auf der Hand, daß Schulen nun einmal keine Hochsicherheitsbereiche sind, und daher jedermann, auch etwa mit einer Schnellfeuerwaffe im Rucksack, das Schulgelände und das Schulhaus betreten kann. Dort trifft der Täter dann auf wehrlose, weil unbewaffnete Opfer. In wenigen Minuten kann er Dutzende von Schülern und Lehrern erschießen. Auch wenn die Polizei sehr schnell zum Tatort kommt, sind eben diese wenigen Minuten bereits verstrichen. Mir jedenfalls wäre es auch deutlich lieber, angesichts eines feurden Amokläufers entweder selbst zu meiner Waffe greifen zu können, oder wenigstens zu wissen, daß einige Personen im Hause sind, die ebenfalls bewaffnet sind und den Täter dann unschädlich machen können, als mich hilflos meinem Schicksal ergeben zu müssen.

Kritiker wenden hier ein, daß doch im konkreten Falle ein bewaffneter Wachmann vor der Schule gestanden habe, jedoch nicht in das Gebäude gegangen sei, als er die ersten Schüsse des Attentäters hörte. Nun ist das in der Tat ein unglaublicher Vorgang, besagt aber für sich alleine noch nichts. Zunächst einmal ist doch eher davon auszugehen, daß die allermeisten bewaffneten Sicherheitsbeamten in diesem Fall ihre Pflicht tun. Des weiteren liegt doch auf der Hand, daß selbst im Extremfall vielleicht einer von mehreren bewaffneten Wächtern Pflicht vergessen ist, die anderen jedoch mindestens versuchen werden, den Mordschützen unschädlich zu machen. Unbehelflich ist auch der Hinweis auf das Attentat vom 5. November 2009 in Fort Hood, einer Kaserne der US Marines. Damals hatte ein Major während einer Unterrichtsveranstaltung plötzlich eine in die Kaserne geschmuggelte Pistole gezogen und um sich geschossen. 13 Tote und 42 Verletzte waren zu beklagen. Erst ein herbeigerufener Polizist konnte den Täter niederschießen. Wer hier meint, der Fall zeige deutlich, daß das Vorhandensein von Waffen solche Taten nicht verhindern könne, schließlich starre eine Kaserne ja von Waffen, unterliegt einem Kurzschluß. Denn selbst in einer Kaserne sind die Soldaten und sonstigen Bediensteten nicht bewaffnet, sondern ihre Waffen befinden sich in den Waffenkammern. Lediglich die Wache vor der Kaserne ist bewaffnet. Doch selbst an dieser konnte der Täter seine Tatwaffe vorbei schmuggeln. Anders wäre es ihm wohl ergangen, wenn seine Opfer ihre Waffen griffbereit gehabt hätten.

Wie realistisch ist es, daß wenigstens ein Teil der Lehrer in den amerikanischen Schulen bewaffnet werden kann? Nun gibt es in den USA bekanntlich sehr viele Waffen in privatem Besitz. Statistisch gesehen 101 Waffen pro 100 Einwohner. In Deutschland ist dieses Verhältnis im übrigen bei 32 zu 100. Diese Waffen sind natürlich ungleichmäßig auf die Haushalte verteilt. 22 % der Amerikaner sind Waffenbesitzer, in 41 % aller amerikanischen Haushalte gibt es wenigstens eine Schußwaffe. Bei einer Gesamtbevölkerung von 323 Millionen Einwohnern zählt man 25 Millionen ehemalige Soldaten, 2,4 Millionen Amerikaner dienen in den Streitkräften bzw. den Reserveeinheiten. Die Polizeibeamten sind hier nicht mitgezählt. Somit  erscheint es durchaus möglich, daß sich auch unter den amerikanischen Lehrern ein beachtlicher Prozentsatz von Personen befindet, die im Umgang mit Schußwaffen geschult sind.

Wenn diese, wie der amerikanische Präsident wohl vorgeschlagen hat, ein zusätzliches Gehalt dafür beziehen, daß sie bereit sind, im Dienst eine Waffe zu führen, dann dürfte dies eine nicht unbeachtliche Erhöhung der Sicherheit vor solchen Attentätern nach sich ziehen. Man sollte also den Präsidenten für seinen Vorschlag nicht gleich schelten, zumal das von den Gegnern des privaten Waffenbesitzes geforderte vollständige Verbot keine realistische Chance auf Verwirklichung hat. Natürlich ist auch eine Verstärkung der polizeilichen Präsenz in den Schulen wünschenswert. Wer das wünscht, muß allerdings auch eine Antwort auf die Frage geben, was das kostet. Die Antwort kann natürlich nur lauten, daß in dieser Richtung etwas getan werden muß, auch wenn es nicht wenig kostet. Denn es geht um das Leben der Kinder.

 

Vom Saulus zum Paulus

Wem Gott gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand. Dieses alte Sprichwort wird gemeinhin so verstanden, daß nicht selten mit der Übernahme eines Amtes sich bei der betreffenden Person in unerwartetem Maße Weisheit und Wissen, Übersicht und Urteilsfähigkeit einstellen. Das mag bisweilen im Sinne eines auch zeitlichen Zusammentreffens gelegentlich der Fall sein. Aber es gibt offensichtlich auch die Fälle, in denen zu unterschiedlichen Zeiten die Erleuchtung und die Übernahme eines Amtes stattfinden. Das kam mir in den Sinn, als ich von der Rede des Altbundespräsidenten Joachim Gauck am 31. Januar 2018 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hörte und die veröffentlichten Auszüge las. Ausgehend von Heines Gedanken über die Freiheit und der Unterdrückung derselben in dem Regime, in dem Gauck selbst aufgewachsen ist, kam er zu dem Thema, das die öffentliche Diskussion in Deutschland beherrscht wie kein zweites. Offenbar hat er erkannt, daß es die Nationen nicht nur gibt, sondern daß sie vor Überfremdung geschützt werden müssen. Konkret gilt dies natürlich auch für Deutschland, wenn er ausführt:

„Ein Nationalstaat darf sich nicht überfordern. Wer sich vorstellt, quasi als imaginierter Vertreter eines Weltbürgertums alle Grenzen des Nationalstaates wegzunehmen, überfordert nicht nur die materiellen, territorialen und sozialen Möglichkeiten eines jeden Staates, sondern auch die psychischen Möglichkeiten seiner Bürger. Sogar der weltoffene Mensch gerät an seine Grenzen, wenn sich Entwicklungen vor allem kultureller Art zu schnell und zu umfassend vollziehen. Einen großen Einfluß in der Integrationspolitik hat lange Zeit die Konzeption des Multikulturalismus gehabt: was sich auch immer hinter den einzelnen Kulturen verborgen hat – Vielfalt galt als Wert an sich. Die Kulturen der Verschiedenen sollten gleichberechtigt nebeneinander existieren, für alle verbindliche westlich-liberale Wertvorstellungen wurden abgelehnt. Ich verstehe, daß es auf den ersten Blick tolerant und weltoffen anmuten mag, wenn Vielfalt derart akzeptiert und honoriert wird. Wohin ein solcher Multikulturalismus aber tatsächlich geführt hat, das hat mich doch erschreckt. So finde ich es beschämend, wenn einige die Augen verschließen vor der Unterdrückung von Frauen bei uns und in vielen islamischen Ländern, vor Zwangsheiraten, Frühheiraten, vor Schwimmverboten für Mädchen in den Schulen. Wenn Antisemitismus unter Menschen aus arabischen Staaten ignoriert oder mit Verweis auf israelische Politik für verständlich erklärt wird. Oder wenn Kritik am Islam sofort unter den Verdacht gerät, aus Rassismus und einem Haß auf Muslime zu erwachsen. Sehe ich es richtig, daß in diesen und anderen Fällen die Rücksichtnahme auf die andere Kultur als wichtiger erachtet wird als die Wahrung von Grund- und Menschenrechten? Ja, es gibt Haß und Diskriminierung von Muslimen in unserem Land. Und sich diesem Ressentiment und dieser Generalisierung entgegenzustellen, sind nicht nur Schulen und Politik gefordert, sondern jeder Einzelne. Beschwichtiger aber, die kritikwürdige Verhaltensweisen von einzelnen Migranten unter den Teppich kehren, um Rassismus keinen Vorschub zu leisten, bestätigen Rassisten nur in ihrem Verdacht, die Meinungsfreiheit in unserem Land sei eingeschränkt. Und sie machen sich zum Verbündeten von islamisten, die jegliche, auch berechtigte Kritik an Muslimen abblocken, indem sie sie als rassistisch verunglimpfen. Zu viele Zugezogene leben noch zu abgesondert mit Werten und Narrativen, die den Gesetzen und Regeln und Denkweisen der Mehrheitsbevölkerung widersprechen, zu viele leben hier seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten, ohne die Geschichte dieses Landes kennen. Um das zu ändern und uns gemeinsam auf eine Zukunft in diesem Land zu verständigen, brauchen wir – wie einst zwischen einheimischen und vertriebenen Deutschen – vor allem eines: mehr Wissen über einander. Mehr Dialog. Mehr Streit. Mehr Bereitschaft, im jeweils Anderen unseren eigenen Ängsten, aber auch neuen Chancen zu begegnen.“

Eine so klare Kritik am Multikulturalismus hätten wir uns natürlich schon während seiner Amtszeit als Bundespräsident gewünscht. Indessen ist er auch als Altbundespräsident immer noch eine Autorität. Alle Kritik an der Zuwanderungspolitik der letzten Jahre kann sich nun auch auf ihn berufen.

Berufen kann man sich selbstverständlich auch auf Helmut Schmidt. Seine Äußerungen aus dem Jahr 2013 zu diesem Thema verdienen es, immer wieder zitiert zu werden:

„Ich bin sehr skeptisch, was die Einwanderung aus islamischen Kulturen angeht. Bei den  Türken, bei den Leuten aus dem Libanon und den islamischen Staaten insgesamt sehe ich ein Problem… Wir müssen eine weitere Zuwanderung aus fremden Kulturen unterbinden. Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder aus Schwarzafrika löst das Problem nicht, sondern schafft nur ein zusätzliches dickes Problem… 7 Millionen Ausländer in Deutschland sind eine fehlerhafte Entwicklung, für die die Politik verantwortlich ist…. Muslime in Deutschland stellen ein Problem dar und wollen sich nicht integrieren. Italiener, Spanier und Griechen hingegen sind da anders. Mit ihnen hat Deutschland keine Probleme. Ihre Kulturen sind kompatibel mit deutschen Traditionen und Werten.“

Auch hier stellen wir fest, daß ein bedeutender deutscher Politiker nach seiner Amtszeit die Probleme durchaus klar und deutlich anspricht. Manchmal ist das auch vor der Amtszeit der Fall, was man am Beispiel von Angela Merkel dokumentieren kann. Am 13.9.2002 hat sie im Deutschen Bundestag zu diesem Thema ausgeführt:

„Das Maß des Zumutbaren ist überschritten. Bevor wir neue Zuwanderung haben, müssen wir erst einmal die Integration der bei uns lebenden ausländischen Kinder verbessern.“

In ihrer Amtszeit scheinen ihr solche Einsichten abhandengekommen zu sein. Vielleicht werden wir aber auch bei ihr bald feststellen können, daß Politiker, befreit von Hast und Last des Amtes, klar zu denken vermögen.

Dabei liegt es doch auf der Hand, worum es eigentlich geht. Ausgangspunkt aller Überlegungen zu Nation und Zuwanderung kann zunächst einmal nur die Definition der Nation sein. Kein vernünftiger Mensch wird leugnen können, daß Nationen organisch gewachsene Gemeinschaften sind, deren Mitglieder Herkunft, Geschichte und gewachsene Kultur verbinden. Das ist im übrigen auch fern von biologistischen Vorstellungen, als die man alles sogenannte völkische Gedankengut qualifizieren muß, wonach die Zugehörigkeit zu einem Volk ausschließlich über die Abstammung definiert werden kann. Wer sich mit der Geschichte, insbesondere der deutschen Geschichte, mehr als oberflächlich beschäftigt, der wird solche Vorstellungen verwerfen müssen. Denn diese Nation hat sich neben der gewissermaßen vertikalen Reproduktion immer auch durch gewissermaßen horizontale Ergänzung entwickelt. Von der Völkerwanderung angefangen über den Durchzug von Heeren aus aller Herren Länder bis hin zur Arbeitsmigration der beiden letzten Jahrhunderte hat das „deutsche Blut“, um einmal die völkische Diktion zu benutzen, immer wieder Beimischungen in unterschiedlichen Mengen und von unterschiedlicher Herkunft erhalten. Vitalität, Leistungskraft und Innovationsfähigkeit der Nation hat das offenbar nicht beeinträchtigt, sondern begünstigt. Die kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Deutschen muß keinen Vergleich mit anderen Nationen scheuen, ganz im Gegenteil. Allerdings geschah dies nie im Übermaß, und es hat auch nie zu einer grundlegenden kulturellen Veränderung geführt. Die organische Entwicklung zu dem Volk, das wir heute sind, ist gerade dadurch gekennzeichnet, daß alle diese Einflüsse die Fließrichtung des großen Stroms nicht verändert haben, sondern ihn, um im gewählten Bild zu bleiben,wie die vielen Bäche und Nebenflüsse breiter und mächtiger werden ließen.

Worauf wir achten müssen, ist zweierlei. Wie bei Medikamenten kommt es auf die Wirkstoffe, aber auch auf die Dosis an. Unverträglich sind Zuwanderer, die unsere Art zu leben, unsere Kultur und unser Selbstverständnis nicht übernehmen, sondern vielmehr ihre Art zu leben, ihre Kultur und ihr Selbstverständnis beibehalten, allerdings von unserer Wirtschaftskraft profitieren wollen. Und das trifft auf einen großen Teil der Zuwanderer aus muslimischen Kulturen zu. Wer allerdings aus solchen Kulturen kommt, und sie hinter sich lassen will, um endgültig zu uns zu gehören, soll willkommen sein. Nach allen Erfahrungen der letzten Jahre ist hier Skepsis und Vorsicht angebracht. In untrennbaren Zusammenhang dazu steht das Problem der Dosis. Die Chance, daß Zuwanderer sich integrieren, ist umso größer, umso kleiner ihre Zahl ist. Es ist doch völlig einsichtig, daß wenige Menschen, egal woher sie kommen, sich in ihre neue Umgebung einfügen müssen, wenn sie dort auf Dauer glücklich werden wollen. Daß dies Menschen aus kompatiblen Kulturkreisen, wie etwa aus europäischen Ländern, sehr viel leichter fällt, als Menschen aus völlig komplementären Kulturkreisen, wie das bei den muslimischen Ländern der Fall ist, sollte auf der Hand liegen. Finden sie jedoch bei uns national und kulturell homogene „Communities“, besser gesagt, „Ghettos“ ihrer Landsleute vor, geschieht das genaue Gegenteil, wie ein Besuch in Berlin oder Duisburg zeigt. Daraus folgt, daß wir in der Tat darauf achten müssen, wer, in welchem Maße und worher zu uns kommt. Vor allem muß endlich darauf hingewirkt werden, daß der recht- und gesetzlose Zustand in diesem Bereich aufhört und nur noch zu uns kommen kann, wer sich ausweisen kann, gesetzliche Gründe für sein Hiersein aufweisen kann und die Gesetze unseres Landes respektiert. Es ist doch ein historisch wohl einmaliger Vorgang, wenn sich die Regierung dieses Landes von einem Gericht bescheinigen lassen muß, daß hier insoweit gesetzlose Zustände herrschen, wie dies in einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz aus dem Februar 2017 nachzulesen ist.

Natürlich ist auch zu berücksichtigen, was das alles kostet. Dies sei insbesondere den Zeitgenossen ins Stammbuch geschrieben, die uns weismachen wollen, unter humanitären Gesichtspunkten seien wir verpflichtet, wenn auch nicht alle, so doch nahezu unbegrenzt viele Fremde aufzunehmen. Wir können schlicht und einfach nicht auf Dauer jährlich rund 50 Milliarden € aufwenden, um Millionen von Zuwanderern aus dazu noch fremden Kulturen, die sich auch gar nicht einfügen wollen, und deswegen auch zu unserem Bruttosozialprodukt auf Dauer nichts beitragen, die soziale Hängematte aufzuspannen. Denn dieses Geld fehlt vor allem im sozialen Bereich für Wohnungsbau, Schulwesen und Gesundheitsfürsorge. Zu recht beklagen gerade unsere sozial schwächeren Landsleute, daß für „Flüchtlinge“ alles, für sie aber nichts getan wird.

Wir sollten also am Bewährten festhalten. Jahrtausendelang sind bei uns Menschen aus fremden Völkern und Ländern heimisch geworden. Zu einem nicht geringen Teil tragen die Deutschen heute noch ihre Familiennamen. Niemals in der Vergangenheit haben wir uns jedoch den Fremden angepaßt, die zu uns gekommen sind. Es war immer umgekehrt. So soll es auch bleiben. Daß wir uns nach den Irrungen und Wirrungen der letzten Jahre wieder dorthin bewegen, scheint eine nicht ganz unbegründete Hoffnung zu sein. Wenn schon eine Ikone des juste milieu wie Joachim Gauck derartige Erkenntnisse zum öffentlichen Bekenntnis erhebt, und Angela Merkel nebst ihren Paladinen den Eindruck zu erwecken sucht, die Zuwanderung in geordnete Bahnen lenken zu wollen, auch wenn an der Umsetzung erhebliche Zweifel bestehen, dann könnte es sein, daß sich die deutsche Politik gerade zu einer Kursänderung anschickt, wenn auch mit der Schwerfälligkeit, mit der ein Öltanker navigiert.

Kulturbanausen

Ob man  die Posse um das inzwischen wohl bekannteste Gedicht des bislang in der Allgemeinheit wenig bekannten Poeten Eugen Gomringer schlicht und einfach als weiteren Beleg für den Niedergang von Kultur und Geistesleben in Deutschland einordnen soll, oder ob man daraus weitergehende Schlüsse ziehen muß, ist durchaus überlegenswert. Zunächst einmal die Fakten. Eine der insgesamt 49 Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen und sagen wir einmal, weiteren Bildungseinrichtungen mit akademischer Ambition in Berlin hatte im Jahre 2011 dem Dichter Eugen Gomringer für dessen nachstehend in deutscher Übersetzung wiedergegebenes Gedicht einen Preis verliehen und es im spanischen Originaltext auf einer Fassade weithin sichtbar anbringen lassen:

Alleen/Alleen und Blumen//Blumen/Blumen und Frauen//Alleen/Alleen und Frauen//Alleen und Blumen und Frauen und/ein Bewunderer

Nun hat man  fünf Jahre später  im Kreis der “ Studierenden “ festgestellt, daß dieses Gedicht nicht nur eine “ klassische patriarchalische Kunsttradition“ reproduziere, sondern zudem “ unangenehm“ an die alltägliche sexuelle Belästigung von Frauen erinnere. Nach intensiven Debatten hat die Hochschule nun beschlossen, das Gedicht übermalen zu lassen. Dies ungeachtet der Kritik des Dichters, der dies mit Recht als einen Eingriff in die Freiheit von Kunst und Poesie bewertet hat. Einen Akt der Zensur, beruhend auf  Gender-Theorien und aus seiner Sicht mißverstandener political correctness.

Wer sich die deutsche Hochschullandschaft näher anschaut, natürlich auch einmal einen Blick auf die Website der Alice-Salomon-Hochschule wirft, der kann über den Vorgang nicht überrascht sein. Es handelt sich bei dieser Einrichtung um eine Fachhochschule, an der man Sozialarbeit und verwandte Fächer studieren kann. Benannt ist sie nach einer Feministin und Frauenrechtlerin, die sich durchaus um die Ausbildung und Bildung junger Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts verdient gemacht hat, wobei sie klar dem sozialistischen Milieu zuzuordnen ist.  Die Hochschule gehört  mit etwas über 3.000 Studenten zu den kleineren in Berlin. Ihr Leitbild formuliert die Alice-Salomon-Hochschule  unter anderem so:

“ Gender Mainstreaming und Antidiskriminierungsarbeit sind wichtige Bestandteile des Hochschulalltags. Ein Diversity Konzept, das der Förderung der gleichberechtigten und gleichgewichtigen Teilhabe aller Hochschulangehörigen gerecht wird, ist selbstverständlich. Um der gesellschaftlichen Vielfalt gerecht zu werden, verfolgt und entwickelt die ASH Berlin differenzsensible Ansätze in Forschung, Lehre und Praxis und stärkt die Repräsentation und Partizipation ethnischer Minderheiten bei den Studierenden, Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule.“

Wo solch verquastes Geschwurbel zum Programm erhoben wird, ist für Kultur, Tradition und Wissenschaft im Sinne von evidenzbasierter Erkenntnis kein Raum. Es ist daher nur folgerichtig, wenn derartige akademische Laberzirkel die Unvereinbarkeit von Kultur und Gender Mainstreaming feststellen, und diesen Widerspruch dadurch auflösen, daß die Kultur dann eben weichen muß. Man reiht sich dort ein, wo man hingehört, bei den Banausen. Nach der Definition im Duden also bei den Menschen ohne Kunstsinn oder auch Spießbürgern.

Man könnte dieses Milieu im Grunde genommen mit seinen zerebralen Blähungen in den Institutsräumen allein lassen. Doch leider werden dort Absolventen produziert, die dann die Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen übernehmen. Wer nach den Ursachen für das katastrophale Bildungsniveau unserer Jugend sucht, der wird hier fündig.

Die kleine Stadt Rehau in Oberfranken, in der Eugen Gomringer seit langem wohnt, hat nun beschlossen, sein wirklich schönes Gedicht an der Fassade eines städtischen Anwesens anbringen zu lassen. Hier in Bayern, wo nicht nur die Luft besser ist, als in Berlin, findet wahre Kunst ihren natürlichen Platz. Im Milieu des politisch korrekten Geschwätzes indessen ist sie deplaziert.

Willkommen in Absurdistan

Der ganz normale Wahnsinn, zusammengefaßt  in wenigen Meldungen aus Deutschland:

Die Krawalle – schon das ist eine verniedlichende Vokabel für eine Orgie von Straftaten –  anläßlich des G-20 Gipfels in Hamburg sind schon fast vergessen. Die heute gestartete Razzia in verschiedenen Städten ruft sie wieder in Erinnerung. Warum im übrigen nicht auch die Brutstätte der Hamburger Linksextremisten, die sogenannte Rote Flora, durchsucht wird, bleibt offen. Daß es einen solchen Schandfleck in einer deutschen Stadt überhaupt noch gibt, bleibt ebenfalls eines der großen Rätsel unserer Zeit. Vielleicht ist einfach die Sympathisantenszene zu groß und einflußreich. Sie reicht ja weit in bürgerliche Berufe hinein. Man erinnert sich noch an diesen zauseligen Flegel mit Anwaltszulassung, aber in  szenetypischem Rockeroutfit, der damals vor laufenden Fernsehkameras von sich gab: „Wir haben gewisse Sympathien für solche Aktionen, aber bitte doch nicht im eigenen Viertel, wo wir wohnen. Also, warum nicht irgendwie in Pöseldorf und Blankenese?“ Ob und mit welchen Konsequenzen berufs-und strafrechtlich gegen ihn vorgegangen werden wird, bleibt abzuwarten.

Typen wie diese Schande für seinen Berufsstand begrüßen natürlich solche Vorgänge wie die Krawalle anläßlich des jüngsten Bundesparteitages der AfD. Wenn da die Antifanten etwa einem Delegierten gewaltsam den Zutritt zum Veranstaltungsort zu verwehren suchen und ihm dabei das Handgelenk brechen, dann kommt da natürlich klammheimliche Freude auf. Den Leitmedien unseres Landes ist so etwas allerdings keine Meldung wert. Verletzt jedoch eine offensichtlich verkrachte und verwirrte Existenz einen Bürgermeister leicht mit einem Messer, nicht ohne ihn vorher zu beschimpfen, weil er Flüchtlinge unterbringt, ihm aber das Wasser abdreht, dann wird das in der Presse breitgetreten und von den einschlägig bekannten Politikern werden Spekulationen darüber angestellt, daß auch diese Tat letztendlich auf die angebliche Hetze der AfD gegen die Merkel’sche Flüchtlingspolitik zurückzuführen ist.

Die Grünen sind dann flugs dabei, wenn das linksradikale Gesindel sich darüber beklagt, daß die Polizei einigermaßen energisch eingeschritten ist. So ist die Fraktionssprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag für „Antifaschismus“ (ein solches Amt gibt es offenbar tatsächlich!“) mit der Forderung hervorgetreten, es müsse sowohl parlamentarisch als auch straf-und verwaltungsrechtlich dringend überprüft werden, ob nicht der Polizeieinsatz zur Sicherung des AfD-Parteitages überzogen gewesen sei. Denn der Wasserwerfereinsatz bei kühlen Temperaturen – oh Gott, da wird sich doch nicht ein wackerer Antfant erkältet haben? -, ein Beinbruch und „überlange Schmerzgriffe“ seien nun einmal fragwürdig. Wenn allerdings die Wohnäuser von AfD-Politikern mit Farbbeuteln beworfen werden, wie jüngst in Lüneburg, oder gar Brandsätze fliegen, wie gegen die Wohnhäuser von Politiokern wie Uwe Junge, Frauke Petry oder André Poggenburg, dann hört man von den Grünen nichts, jedenfalls keine Verurteilung. Welche Gefühle da wirklich vorherrschen, kann man nur raten. Klammheimliche Freude ist ja per definitionem innerlich.

Weniger sensibel sind die Grünen, wenn es um ihre Schutzbefohlenen geht, die „Menschen, die uns geschenkt worden sind“, wie ihre Spitzentörin Göring-Eckardt uns seinerzeit mit verzücktem Lächeln erklärt hat. So zum Beispiel in Richtung auf die vorwiegend aus Afrika illegal eingewanderten Drogendealer im Görlitzer Park zu Berlin. In diesem Guckkasten bundesdeutscher Zustände treiben seit Jahren Drogendealer aus Afrika und andere Kriminelle unbehelligt von Behörden und Polizei ihr Unwesen. Der – selbstverständlich grün regierte – Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg widmet sich diesem Problem nun aus seiner besonderen Perspektive. Mit einer umfangreichen Ausstellung möchte das Bezirksmuseum Verständnis für afrikanische Drogendealer wecken. Dazu paßt natürlich, daß eine weitere grüne Spitzentörin, ihre ehemalige Berliner Landesvorsitzende, das an den Berliner Schulen geltende Neutralitätsgesetz kippen und künftig außer Schülerinnen auch Lehrerinnen mit Kopftuch an den Berliner Schulen sehen will. Da will natürlich der evangelische Landesbischof nicht nachstehen und schlägt in die gleiche Kerbe.

Überhaupt kennt die Kultursensibilität bei uns keine Grenzen. Insbesondere dann, wenn der Wahnsinn in Gestalt der Kunst oder was dafür ausgegeben wird daherkommt, ist alles möglich. So findet derzeit – natürlich auch in Berlin – eine sogenannte Märtyrer-Ausstellung statt, in der ein sogenanntes Künstlerkollektiv sich mit den Biografien und vor allem den Toden von „Märtyrer*innen“ – Genderdeutsch ist da natürlich Pflicht – auseinandersetzt. In eine Reihe gestellt werden so unterschiedliche historische Gestalten wie Sokrates, Rosa Luxemburg, Martin Luther King, Pater Maximilian Kolbe, aber auch Mohammed Atta, einer der Attentäter des 11. September 2001 sowie Ismail Omar Mostefai, einer der Bataclan Attentäter von Paris. Die famosen Künstler ebenso wie die Ausstellungsleitung finden nichts dabei, wenn „möglichst wertungsfrei“ Menschen gezeigt werden, die „aus religiösen oder politischen Gründen wegen ihrer Überzeugungen getötet worden sind bzw. ihr Leben opferten.“ Das selbsternannte Künstlerkollektiv möchte damit „die Komplexität des Begriffes Märtyrer veranschaulichen.“ Der Skandal liegt darin, daß ein staatliches Museum solchen Wirrköpfen nicht von vornherein sagt, daß es einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Altruismus und der Empathie des wirklichen Märtyrers wie etwa Pater Maximilian Kolbe oder auch Martin Luther King einerseits und dem verblendeten Haß von Massenmördern wie Atta oder Mostefai gibt. Eine wertungsfreie Darstellung solcher Personen ist schlicht nicht möglich. Erst recht nicht in einer öffentlich zugänglichen Ausstellung, die ja alleine schon wegen Veranstalter und Örtlichkeit geignet ist zu suggerieren, zwischen Märtyrern und Verbrechern gebe es Berührungspunkte oder gar teilweise übereinstimmungen.

Vielleicht erleben wir aber nur seit Jahrzehnten einen schleichenden Niedergang unserer Kultur. Alle Protagonisten der behandelten Ereignisse sind Absolventen deutscher Universitäten. Wie heruntergekommen unser Bildungswesen ist, läßt sich ja nicht nur daran, sondern zum Beispiel auch an dem Umstand festmachen, daß wir inzwischen mehr Lehrstühle für die Pseudowissenschaft von „Gender an Diversity“ haben, als etwa für Biologie. Dafür verlassen allerdings heute schon knapp 20 % der Schüler die Grundschule mit unzureichenden Lesefähigkeiten. Statt in die personelle und sachliche Ausstattung von Schulen und Hochschulen zu investieren, veruntreuen unsere Politiker Steuergelder in Milliardenhöhe, um „den Menschen, die uns geschenkt worden sind“, ein Leben zu ermöglichen, von dem sie in ihren Herkunftsländern allenfalls träumen konnten.

Absurdistan, das klingt nach einem Land im Orient. Wir sind auf dem besten Weg dahin.

 

 

Endlich: Messer von rechts!

Gestern Abend hat ein 56 Jahre alter Mann den Bürgermeister von Altena mit einem Messer angegriffen. Dem Vernehmen nach hatte er ihn zuvor gefragt, ob er der Bürgermeister sei. Dann habe er ein Messer gezogen und gerufen, ihn lasse man verdursten, aber für die Flüchlinge sei Geld vorhanden. Hintergrund ist wohl. daß die Stadtwerke ihm das Wasser abgestellt haben, weil er die Rechnungen dfür längere Zeit trotz Mahnungen nicht bezahlt hatte, die Stadt Altena aber überproportional Migranten aufnimmt und sie sogar statt in Sammelunterkünften in Wohnungen unterbringt. Auch befleißigt der wackere CDU-Mann sich des politisch korrekten Sprachgebrauchs und spricht von „Geflüchteten“. Soviel Edelmut und Integrationsmühe auf Kosten des Steuerzahlers bringt natürlich dem Bürgermeister viel Lob, auch von der Kanzlerin. Vielen deutschen Angehörigen des Prekariats wie auch solchen, die schlicht und einfach rechnen müssen, stößt das jedoch sauer auf. Der Täter von Altena soll darüber hinaus psychisch auffällig sein.

Unsere gedruckten wie gesendeten Medien greifen den Fall begierig auf und zelebrieren eine Berichterstattung über Ausländerfeindlichkeit und „rechtes“ Gedankengut, die über kurz oder lang wohl in Lichterketten, Gebetskreisen und Benefizkonzerten enden wird. Endlich hat ein „Rechter“ zugestochen!

Zur gleichen Zeit haben in Deutschland andere Täter wenigstens in acht Fällen zum Messer gegriffen, davon in drei Fällen ersichtlich solche „südländischen Aussehens“. Nachzulesen bei Peter Grimm auf „AchGut“. Berichterstattung in den Medien: Fehlanzeige. Da haben ja die Falschen zum Messer gegriffen, bzw. die, von denen man solches unter der Hand und außerhalb des medialen Mainstreams immer wieder hört. Aber das sind ja die „Menschen, die uns geschenkt worden sind“, wie die grüne Spitzentörin Karin Göring-Eckart begeistert formuliert hat, unter dem Beifall von Reini und Heini (Reinhard Kardinal Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm).

Nur zur Klarstellung für alle, denen das Denken schwer fällt und die deswegen jeden Kritiker der Merkel’schen Flüchtlingspolitik flugs zum Rechtsradikalen ernennen wollen: Gegen den Täter wird natürlich wegen versuchten Mordes ermittelt. Er wird voraussichtlich auch angeklagt und verurteilt werden. Die Richter werden ein Urteil sprechen, das der Tat und dem Täter gerecht wird. Ob er eine langjährige Freiheitsstrafe erhalten oder in eine psychiatrische Anstalt mit festen Mauern eingwiesen wird, bleibt abzuwarten. Und das ist gut so, denn das ist der Rechtsstaat, den ich nicht missen will, insbesondere nicht ersetzt sehen will durch eine außerrechtliche Bespitzelung und Brandmarkung rechtschaffener Bürger nach dem Gusto unseres Zensurministerleins Heiko Maas und seiner Zuträgerin Annette Kahane aus dem Hause Erich Mielke. Das ganze ergänzt um das Nichtverfolgen und Verschweigen der Straftaten von Nafris und sonstigen uns „geschenkten“ Menschen, die wir aber fürstlich bewillkommnen, gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Länder, aus denen sie kommen.

 

déjà vu

Am 16.11.2017 bemächtigten sich Mitglieder des SDS (Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband) des Mikrofons in einem Hörsaal der Leipziger Universität, kurz bevor der Jurist Prof. Thomas Rauscher seine zivilrechtliche Vorlesung beginnen wollte. Der mit Mitgliedern und Sympathisanten des SDS überfüllte Hörsaal hörte dann nicht den Professor, der vergeblich versuchte, seine Lehrveranstaltung durchzuführen. Vielmehr las ein Student vom Blatt eine Philippika gegen den Hochschullehrer ab, der es gewagt hatte, in der Öffentlichkeit seine politische Einstellung insbesondere zu Fragen der Migration zu kommunizieren. Das allein hätte den Zorn der Jungakademiker nicht hervorgerufen. Vielmehr fühlten sie sich bemüßigt, ein derartiges „teach in“ im Stile der achtundsechziger Studenten zu veranstalten, weil Prof. Rauscher aus ihrer Sicht „rassistisch“ argumentiert. Das darf wohl an einer heutigen Universität niemand, auch nicht privat. Dankenswerterweise haben die Leipziger SDSler ein Video dieser Veranstaltung ins Internet gestellt. So kann sich jeder selbst ein Bild davon machen, wessen Geistes Kinder diese Studenten, pardon „Studierenden“ sind. Das Gestammel ihres Sprechers strotzt vor Impertinenz und Ignoranz. Der Jubel seiner Kommilitonen belegt überdeutlich, daß wir inzwischen an unseren Hochschulen eine Generation von Studenten haben, die völlig kenntnis- und wissensfrei die Gymnasien verlassen hat. Denn nur so kann man erklären, daß derartiger Unsinn, wie ihn jener Möchtegern-Dutschke dort vom Stapel gelassen hat, auch noch den Beifall seiner Kommilitonen findet.

Wenn man in den Jahren nach 1968 in Deutschland studiert hat, und sich dieses Video betrachtet, dann ist das ein klassisches déjà vu Erlebnis. Auch die Selbstbezeichnung dieser linksradikalen Flegel – SDS – erinnert an die gleichnamige Studentenorganisation der achtundsechziger Zeit, aus der letztendlich die Grünen erwachsen sind. Allerdings stand damals SDS noch für „Sozialistischer Deutscher Studentenbund“. Heute ist man auf dem damals eingeschlagenen Weg schon etwas weiter. Deutsch entfällt. Studenten gibt es auch nicht mehr, nur noch „Studierende“. Dieser politisch korrekte Sprachmüll verdankt sein Dasein ausschließlich der Okkupation der deutschen Sprache durch die Ideologie des Feminismus, der in seinem Gleichheitswahn nicht dulden will, daß Bezeichnungen männlich oder weiblich sind, sondern verlangt, daß sie „geschlechtsneutral“ sein müssen. Das ist schon deswegen blödsinnig, weil Sprache und Biologie nun einmal zwei unterschiedliche Felder sind, die nichts miteinander zu tun haben. Damit beweisen diese Leute auch nur, daß unsere Schulen und Hochschulen inzwischen auf dem Niveau einer kongolesischen Klippschule angekommen sind.

Symptomatisch für unsere Zeit ist auch, daß die Leitung der Leipziger Universität nichts anderes zu tun hatte, als schleunigst der Forderung jener studentischen Flegel nachzukommen und den Hochschullehrer zu maßregeln. Wohlgemerkt, nicht etwa dafür, daß er seinen Lehrverpflichtungen nicht nachgekommen wäre, sich überhaupt irgendwelche Unkorrektheiten im Dienst hätte zu Schulden kommen lassen. Nein, seine politischen Überzeugungen, die er außerhalb der Universität privat äußert und kommuniziert, sind für diese Nachfahren der Achtundsechziger, die inzwischen erfolgreich den „Marsch durch die Institutionen“ absolviert haben, ein Ärgernis.

Es ist zu wünschen, daß der Professor sich nicht einschüchtern läßt. Sollte die Universität tatsächlich dienstrechtliche Maßnahmen verhängen, so ist zu wünschen, daß er sich dagegen juristisch zur Wehr setzt. Die Gerichte haben dann Gelegenheit, den Damen und Herren der Universitätsleitung rechtsverbindlich darzulegen, daß in Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes die Meinungsfreiheit für jedermann statuiert ist, und daß diese nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das konstituierende Element der Demokratie ist. Ob das dann diese politisch korrekten Lemuren* beeindrucken wird, will ich einmal offen lassen. Den studentischen Pöbel wird es natürlich nicht interessieren.

 

  • Bei den alten Römern die Seelen der Verstorbenen, deren Wiederkehr man fürchtete. Die Wiederkehr von Dutschke und Konsorten wünschen wir auch nicht.