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Vom Kriege

hat Clausewitz seine Betrachtungen über Grund, Zweck, Erscheinungsformen und Prinzipien der Kriegführung genannt. Sein berühmtes Diktum vom Kriege als bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln will uns ja auch lehren, daß diese äußerste Anspannung der Kräfte kein Selbstzweck ist. Wörtlich heißt es nach dieser Feststellung ersten Kapitel des ersten Buches dieses Werks: „So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln“. Er betont im siebten Kapitel des achten und letzten Buches: „Also noch einmal: der Krieg ist ein Instrument der Politik; er muß notwendig ihren Charakter tragen, er muß mit ihrem Maße messen; die Führung des Krieges in seinen Hauptumrissen ist daher Politik selbst, welche die Feder mit dem Degen vertauscht, aber darum nicht aufgehört hat, nach ihren eigenen Gesetzen zu denken.“ Daraus folgt denknotwendig auch, daß Sieg oder Niederlage im Kriege nur das vorläufige Ergebnis sein können. Aus der Sicht der Politik hat das Instrument genutzt oder nicht genutzt. Clausewitz formuliert das wenige Seiten vorher so: „Endlich ist selbst die totale Entscheidung eines ganzen Krieges nicht immer für eine absolute anzusehen, sondern der erliegende Staat sieht darin oft nur ein vorübergehendes Übel, für welches in den politischen Verhältnissen späterer Zeiten noch eine Abhilfe gewonnen werden kann.“

Die politische Konfliktlage wird also vom Ergebnis des Krieges in aller Regel wohl nur in den Hintergrund geschoben werden. Wenn die Verhältnisse es zweckmäßig erscheinen lassen, erneut zum Instrument der Kriegführung zu greifen, um das unerwünschte Ergebnis zu korrigieren, so wird das geschehen.

Der Krieg ist die Regel, der Friede die Ausnahme

Die Politik hat ersichtlich allenthalben Gründe, auf das Instrument des Krieges zu setzen. Weil das so ist, hat die Menschheit eine krieglose Zeit nie erlebt. Uns Deutschen, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vom Kriege verschont geblieben sind, wird so langsam deutlich, daß wir bisher wohl nur Glück gehabt haben, weil die politischen Verhältnisse rund um unser Land nicht so waren, daß wir das Instrument des Krieges zur Durchsetzung eigener Machtinteressen – die wir offensichtlich gar nicht haben – noch zur Behauptung gegen Eroberungsgelüste Dritter nutzen mußten. Der Krieg in der Ukraine indessen ist nicht nur ein Krieg gewissermaßen vor unserer Haustür. Das war der Jugoslawien-Krieg auch. Aber selbst unsere marginale Beteiligung daran war weit entfernt davon, daß unser Land ernsthaft mit einer militärischen Bedrohung rechnen mußte.

Neutral können wir nicht sein

Das ist nun anders. Unsere strategische und wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA, deren massive Interessen an und in der Ukraine unübersehbar sind, läßt uns praktisch keine andere Wahl, als die Ukraine zu unterstützen, und zwar in dem Maße, das dieser „große Bruder“ wünscht. Ob wir das im Einzelfall für vernünftig halten oder nicht, ist wohl sekundär. Eine wirkliche Alternative haben wir nicht. Wir können uns weder einen Wirtschaftsboykott durch die USA und die übrigen auf ihrer Linie handelnden Staaten, und noch viel weniger die Aufkündigung ihrer militärischen Garantien leisten. Deutschland als neutraler Staat ist weder geostrategisch noch wirtschaftlich denkbar. Weltpolitisch ist ein Ersatz für die USA auch nicht vorstellbar. Selbst wer etwa die USA durch China, Indien oder Russland ersetzen wollte, müsste sich fragen lassen, wie das praktisch möglich wäre, und noch mehr, welche Folgen das für die außenpolitische Sicherheit und noch mehr für die wirtschaftliche Prosperität unseres Landes haben würde. Von der in solchen Fällen zwangsläufig folgenden Angleichung des Gesellschaftssystems ganz zu schweigen. Wer von uns möchte schon Sozialkreditpunkte nach chinesischem Muster oder eine Strafjustiz russischer Art? Was Russland angeht, so stand es historisch nur sehr selten an der Seite Deutschlands. Bismarck misstraute Russland grundsätzlich. Sein Urteilsvermögen ist deutschen Politikern zu wünschen.

Russland denkt imperial

Russland hat mit dem Angriff am 22. Februar 2022 auch unmissverständlich gezeigt, daß es seine Großmachtinteressen ganz selbstverständlich auch mit dem Instrument des Krieges durchzusetzen gedenkt. Das war auch nur der Schlag auf die größere Pauke, denn schon in Tschetschenien, Georgien und mit Inbesitznahme der Krim und des Donbass hat Russland wie selbstverständlich militärische Mittel zur Durchsetzung seiner territorialen Interessen eingesetzt. Damit steht Putin lediglich in der Tradition seiner Vorgänger. Die russischen Zaren, allen voran Katharina die Große und Peter der Große – daß gerade diese beiden imperial denkenden und handelnden Zaren mit dem ehrenden Prädikat „groß“ in die Geschichte ihres Volkes eingegangen sind, spricht Bände – haben Kriege geführt, um Russland zu vergrößern. Putin hat sich auch ausdrücklich in die Tradition Peters des Großen gestellt. Nicht nur die Ukraine, sondern auch Polen und die baltischen Staaten haben in ihrer Geschichte russische Eroberung und Besetzung erfahren. Aber auch Deutschland hat in seiner jüngeren Geschichte die Expansion (Sowjet-) Russlands bis an die Elbe erlebt. Russische Außenpolitik mit dem Instrument des Krieges ist eine historische und auch aktuelle Konstante. Der erfolgreiche Einsatz dieses Instruments könnte also weitere Anwendungsfälle nach sich ziehen. Es liegt somit in unserem Interesse, mindestens den uneingeschränkten Erfolg im vorliegenden Falle zu verhindern.

Nicht zu vergessen: das Recht

Ein drittes kommt hinzu. Unstrittig verstößt Russland mit dem Angriff auf die Ukraine gegen das Völkerrecht. Bekanntlich kann dies jedoch keine juristischen Strafmaßnahmen nach sich ziehen. Denn Russland ist Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat. Auch eine Verurteilung durch den Internationalen Strafgerichtshof ist nicht möglich, denn Russland hat das Römische Statut über den Internationalen Strafgerichtshof nicht unterzeichnet und ratifiziert. Auch das Urteil eines möglicherweise einzurichtenden Sonderstrafgerichtshofs hätte ungeachtet der Zweifelhaftigkeit dieser Rechtskonstruktion keine Auswirkungen. Weder hätten die übrigen Weltmächte wie die USA, China und – mit Einschränkungen – Indien ein Interesse an strafgerichtlichen Sanktionen gegen Russland, noch könnten die machtlosen übrigen Staaten dieser Welt ein solches Urteil durchsetzen. Sie sehen sich in der Lage der Maus in der Fabel des Äsop, die der Katze die Schelle umhängen soll. Indessen kann Deutschland ebenso wenig wie die übrigen Rechtsstaaten dieser Erde einen solchen massiven Rechtsbruch dulden. Ohne das Recht ist der Staat nur eine Räuberbande, wie Augustinus das bildhaft ausgedrückt hat. Das Recht ist nun einmal die Grundlage unseres Zusammenlebens – iustitia fundamentum regnorum. Das Selbstverständnis der demokratischen Rechtsstaaten dieser Welt, auch wenn sie eindeutig die Minderheit der UN-Mitglieder sind, lässt nichts anderes zu, als wenigstens anzustreben, daß der Rechtsbruch nicht zum Erfolg führt, sondern im Versuchsstadium stecken bleibt.

Was tun?

Natürlich kann das Ziel nur sein, Frieden zu schaffen, im Idealfall unter Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände. Aber auch Kompromisse, die immer nur die zweitbeste, dafür aber regelmäßig allein realistisch anzustrebende Lösung sein können, sind einer gewaltsamen Lösung vorzuziehen. Indessen liegt das allein in der Hand der kriegführenden Parteien, wobei die Ukraine mit Sicherheit weder allein entscheiden kann noch will. Ob und mit welchen Verhandlungszielen Waffenstillstands- und später Friedensverhandlungen möglich sind, wissen wir nicht. Vor allem aber kann Deutschland als zum einen bündnisgebundener und zum anderen machtloser Akteur auf dem internationalen Parkett keinen eigenständigen Beitrag leisten. Bisher ist nicht einmal erkennbar, ob und welche Kompromisslösungen von den beiden Kriegsparteien angestrebt werden. Dem Wesen des Krieges entsprechend, wird im Falle des durchschlagenden militärischen Erfolges keine der beiden Seiten überhaupt zu Verhandlungen bereit sein.

Über die militärische Lage befinden wir uns im Unklaren. Ob Russland seine gewaltige personelle Überlegenheit und den Umstand, daß die Kampfhandlungen allein die ukrainische Bevölkerung treffen, letztendlich siegen lässt, oder ob trotzalledem die Waffenlieferungen der USA und ihrer Verbündeten am Ende Russland zur Einstellung der Kampfhandlungen zwingen, kann wohl eher nicht seriös prognostiziert werden. Auch sollte man die zitierte Erkenntnis des großen Clausewitz berücksichtigen, daß das militärische Ergebnis des Krieges meist nur ein vorläufiges ist, und sich bei Änderung der Verhältnisse politisch erneut die Frage nach der Nutzung des Instruments Krieg stellt. Somit bleibt das Instrument des Krieges für beide Seiten derzeit noch die naheliegende Option, nicht aber die Rückkehr zur Diplomatie.

Deutsche Dissonanzen

Die Debatte in Deutschland wird der ernsten Lage indessen regelmäßig nicht gerecht. Sie ist gekennzeichnet durch schrille Töne in der einen wie der anderen Richtung. Wer es für die richtige Strategie hält, Russland zu Verhandlungen an den Konferenztisch zu bitten, muß sich als Russland-Freund, Putin-Versteher und was der freundlichen Zuschreibungen mehr sind, bezeichnen lassen. Allerdings fehlt es an realistischen Vorschlägen, wie das denn in die Tat umgesetzt werden könnte. Mit welchem Argumennt könnte man Putin auch nur zu Verhandlungen bewegen, solange die militärische Lage ihn nicht dazu zwingt? Wer es für notwendig hält, die Durchhaltefähigkeit der Ukraine durch Waffenlieferungen und Wirtschaftshilfe aufrecht zu erhalten, muß sich als Kriegstreiber beschimpfen lassen. Doch welche Gebietsverluste würde die Ukraine denn hinnehmen? Ist es auch nur denkbar, geschweige denn realistisch, daß die völkerrechtlichen Grenzen der Ukraine wiederhergestellt werden können? Nun sind allgemein die Ausrufezeichen kein Merkmal sachlicher Argumentation. Es schneidet auch jeder sachliche Diskussion von vornherein den Erfolg ab, wenn der jeweiligen Gegenseite der gute Wille abgesprochen wird. Abgesehen davon, daß wir in Deutschland ohnehin nur theoretische Diskussionen zu dieser Frage führen können, sollten wir schon aus Gründen der Selbstachtung und internationalen Reputation zu einem sachlichen und nüchternen Gesprächsmodus finden, aus dem allein vielleicht auch international beachtete Lösungsvorschläge kommen könnten. Indessen dürfte das angesichts der Qualität unseres politischen Personals und der tiefen Spaltung in unserer Gesellschaft ein frommer Wunsch bleiben.

Meinungsfreiheit nach chinesischer Art

Art 5 des Grundgesetzes lautet:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Den Stellenwert dieses Grundrechts in unserer Verfassung hat das Bundesverfassungsgericht in dem berühmten Lüth-Urteil aus dem Jahr 1958 so beschrieben:

„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (un des droits les plus précieux de l“homme nach Artikel 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789). Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205]). Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt, „the matrix, the indispensable condition of nearly every other form of freedom“ (Cardozo).“

Bemerkenswert an diesem wie in Stein gemeißelten Text ist neben seiner sprachlichen Klarheit und Unbedingtheit, daß die Richter sich dabei auch des Englischen und des Französischen bedient haben, ein rhetorisches Stilmittel, welches das Gericht niemals zuvor und niemals danach angewandt hat. Stärker kann man nicht herausstreichen, welche Bedeutung man diesen Sätzen beimessen will, die den weiteren verfassungsrechtlichen Überlegungen des Gerichts in dieser Entscheidung vorangestellt werden.

Die Meinungsfreiheit ist also für die Demokratie schlechthin konstitutiv, ohne sie ist Demokratie nicht möglich. Wir müssen die Meinungsfreiheit daher mit aller Kraft gegen jeden Angriff verteidigen, denn verlieren wir die Meinungsfreiheit, verlieren wir die Demokratie. In diesem Sinne ist der dem Aufklärer Voltaire von seiner Biografin Evelyn Beatrice Hall zugeschriebene Satz zu verstehen: „Ich bin zwar anderer Meinungals Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, daß Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen:“

Höcke, die Strafjustiz und das Grundgesetz

Dies vorausgeschickt, will ich nachstehend einige Überlegungen zum laufenden Strafverfahren und den nun eingeleiteten weiteren strafrechtlichen Ermittlungen gegen den AfD-Politiker Björn Höcke anstellen. Dabei spielt es natürlich keine Rolle, ob ich seiner Partei angehöre oder nicht. Letzteres ist der Fall. Die Angelegenheit interessiert mich fachlich als Juristen und politisch als Bürger unseres Landes. Und sie ruft in der Tat erhebliche Bedenken dahingehend hervor, ob maßgebliche Kräfte in der Politik, aber auch insoweit willfährige Juristen noch mit beiden Beinen auf dem Boden unserer Verfassung stehen.

Der Sachverhalt I.

Höcke hat unstreitig am Ende einer Wahlveranstaltung die Worte: „Alles für Deutschland“ ausgerufen. Deswegen hat die Staatsanwaltschaft ihn wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger, in diesem Falle nationalsozialistischer Organisationen (§ 86a StGB) angeklagt. Das Landgericht Halle an der Saale hat die Sache offenbar als so schwerwiegend eingestuft, daß es seine Zuständigkeit bejaht und das Hauptverfahren vor der großen Strafkammer eröffnet hat, statt die Sache beim Amtsgericht zu belassen, wo sie eigentlich hingehört. Das weiß das Gericht auch nur zu gut, denn der Vorsitzende Richter hat ja bereits erklärt, daß eine Freiheitsstrafe nicht in Betracht kommt. Also reicht die Strafgewalt des Amtsgerichts – 3 Jahre als Strafrichter, 4 Jahre als Schöffengericht – bei weitem aus. Diese drei Worte wurden in der Tat auch auch als Parole von der SA benutzt. Das hat beispielsweise dem Oberlandesgericht Hamm im Jahr 2006 genügt, einen Angeklagten nach dieser Vorschrift zu verurteilen. Indessen erheben sich bei genauerem Hinsehen durchaus Fragen. Denn in rechtlicher Hinsicht können Äußerungen nicht isoliert beurteilt werden, sondern müssen in ihrem sprachlichen Zusammenhang gesehen werden. Das folgt zum einen bereits aus dem das deutsche Strafrecht seit mehr als 150 Jahren beherrschenden Grundsatz, daß die Strafbarkeit einer Handlung im Gesetz präzise umschrieben sein muß, wenn die Tat begangen wird. Der berühmte Jurist Paul Anselm von Feuerbach hat bereits 1801 den lateinischen Merksatz formuliert: „Nulla poena sine lege scripta, praevia, certa et stricta“. Also kann nicht nach Gewohnheitsrecht entschieden werden, sondern nur nach geschriebenem Gesetz, das auch bereits vor der Tat Geltung gehabt haben muß, und sprachlich exakt die strafwürdige Handlung beschreibt, wobei dann, wenn die Handlung nicht exakt dieser Beschreibung entspricht, der Richter nicht zur Analogie greifen darf. Das war nur von 1933 bis 1945 anders.

Keine böswillige Auslegung!

Bei der Auslegung von Straftatbeständen muß das Gericht die Grundrechte beachten, bei sogenannten Äußerungsdelikten wie hier Art. 5, Meinungsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen diese Feuerbach’sche Formel am Maßstab des Art. 5 GG ausgelegt. Wegen der überragenden Bedeutung der Handlungsfreiheit ist deswegen schon bei der Ermittlung des Sinngehalts einer Äußerung zu beachten, daß der Grundsatz der freien Rede gilt. Deswegen ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Meinungsäußerungen, daß ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist. Die Deutung des objektiven Sinngehalts einer Meinungsäußerung ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln. Hierbei dürfen die Gerichte der Meinungsäußerung keine Bedeutung beilegen, die sie objektiv nicht hat, und im Fall der Mehrdeutigkeit nicht von der zur Verurteilung führenden Bedeutung ausgehen, ehe sie andere Deutungsmöglichkeiten mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen haben. In seinem Beschluss vom 4.2.2010 hat das Bundesverfassungsgericht die Verurteilung der Beschwerdeführer wegen Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 b StGB) wegen eines Plakates, auf dem die Schlagworte zu lesen waren: „Aktion Ausländer-Rück-Führung“ und „Für ein lebenswertes deutsches Augsburg“ mit der Begründung aufgehoben, die Strafgerichte hätten eben nicht geprüft, ob diese Äußerung nicht auch dahingehend verstanden werden kann, daß ein Rückführungsprogramm gegenüber Ausländern lediglich als Beitrag zu einem breiter und allgemeiner verfolgten Ziel, nämlich der Schaffung einer lebenswerten deutschen Stadt verstanden werden kann, wobei Ausländer zwar als Problem, nicht aber notwendig verächtlich hingestellt werden. Die Auslegung des Landgerichts, diese Parolen bedeuteten, daß die Stadt mit Ausländern als nicht lebenswert dargestellt werde und die Folgerung des Gerichts, darin liege ein böswilliges verächtlich machen und mithin eine Menschenwürdeverletzung der ausländischen Mitbürger, verstoße eben gegen die Garantie der Meinungsfreiheit im Grundgesetz, und zwar schon auf der Stufe der Auslegung der inkriminierten Äußerung.

Diesen Grundsatz mußte das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach in Erinnerung rufen, so auch in seinem Beschluss vom 25.10.2005 (Stolpe). Der maßgebliche Passus lautet: „Das Bundesverfassungsgericht geht bei der Überprüfung von straf- oder zivilrechtlichen Sanktionen wegen in der Vergangenheit erfolgter Meinungsäußerungen von dem Grundsatz aus, daß die Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher mit schlüssigen Gründen Deutungen ausgeschlossen zu haben, welche die Sanktion nicht zu rechtfertigen vermögen.“ Dabei beruft es sich ausdrücklich auf die ebenso bekannte wie umstrittene Soldaten-sind-Mörder-Entscheidung vom 10.10.1995.

Nicht nur die Gerichte sind dem Recht verpflichtet

Was für die Gerichte gilt, sollte im Umgang der Bürger untereinander ebenfalls Geltung haben. Es entspricht eben billigem und gerechten Denken, der Rede eines Menschen den Sinn zu entnehmen, den sie offensichtlich hat, und nicht etwa das Gegenteil herauszulesen. Doch gerade das scheint jedenfalls dann geboten zu sein, wenn es um Äußerungen mißliebiger „rechter“ Politiker und Publizisten geht. Dabei wenden die Verfassungsschutzbehörden den Taschenspielertrick an, dem Verfasser zu unterstellen, er benutze an sich unverfängliche Begriffe als „Chiffren“ oder „Codes“ für das, was er in Wirklichkeit meint. So werden in der Berichterstattung über wirtschaftliche Vorgänge und Zusammenhänge gängige Begriffe wie Globalisten und Hochfinanz als getarnte Anspielungen antisemitischer Natur gewertet, sobald sie von Autoren oder Politikern benutzt werden, die man – selbstverständlich zu Unrecht – als rechtsextrem einstuft, treffender gesagt, diffamiert. Der von Verwaltungsbehörden und Historikern benutzte Begriff der Remigration wird zur Chiffre für Vertreibungen, wenn er etwa von Martin Sellner benutzt wird. Wer so argumentiert, verfehlt demokratische und rechtliche Standards um Längen, mehr noch, er schließt sich aus dem Kreis der seriösen Teilnehmer am politischen Diskurs aus. Denn wenn den Worten eine andere Bedeutung unterschoben wird, als sie nach allgemeinem Vertständnis zweifellos haben, wird jegliche sachliche Diskussion unmöglich.

Was hat der Angeklagte denn wirklich gesagt?

Die inkriminierte Äußerung Höckes stand eben nicht isoliert, sondern lautete vollständig: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland.“ Schon nach dem lege certa Grundsatz aus der Feuerbach’schen Formel kann nicht nur ein Teil dieses Satzes unter den Straftatbestand des § 86a StGB subsumiert werden, sondern es muß der ganze Satz betrachtet werden. Dann ist die Deutung zumindest möglich, wenn nicht sogar naheliegend, dem Redner sei es nicht darum gegangen, eine nationalsozialistische Parole zu benutzen, sondern er habe sich des rhetorischen Stilmittels der Steigerung durch Bezugnahme zunächst auf die engere Umgebung (Heimat), dann auf das Bundesland Sachsen-Anhalt und zuletzt auf Deutschland als Ganzes bedient. Das aber erfüllt unzweifelhaft nicht den Straftatbestand der Verwendung einer nationalsozialistischen Parole. Dabei kann offen bleiben, ob nicht auch die historische Tatsache, daß jene Parole auch von anderen Organisationen, darunter dem sozialdemokratisch dominierten Reichsbanner Schwarzrotgold benutzt worden ist, einer Zuordnung zum Nationalsozialismus entgegensteht, und ebenso, ob dem Angeklagten geglaubt werden kann, er habe von der nationalsozialistischen Vergangenheit dieser Wortfolge keine Kenntnis gehabt. Das Landgericht wird sich also eingehend mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzen müssen. Dabei wird natürlich auch zu berücksichtigen sein, daß es sich bei der umstrittenen Meinungsäußerung um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung gehandelt hat. In diesen Fällen spricht eine Vermutung zugunsten der Freiheit der Rede, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 10.3.2016 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Lüth-Urteil von 1958 ausgeführt hat. Grundsätzlich unterliegt auch die überspitzte Meinungsäußerung der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmung, wie das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen, zuletzt am 11.4.2024, bereits ausgeführt hat.

Der Sachverhalt II.

Nun liest man, die Staatsanwaltschaft Gera habe Vorermittlungen zu möglicherweise volksverhetzenden (§ 130 StGB) oder den Staat verunglimpfenden (§ 90a StGB) Aussagen gegen den Politiker Höcke eingeleitet. Dabei gehe es um zwei Reden in Gera im Oktober 2022 und im Januar 2024. Die Ankläger werfen ihm zwei Passagen vor. Zum einen soll er bei einem Bürgerdialog in Gera gesagt haben: „Deutschland ist im Jahr 2024 keine funktionierende Demokratie mehr“. Außerdem kritisierte er die Proteste gegen seine Partei. Eine Demonstration in Leipzig habe ausgesehen wie die Fackelmärsche der Nationalsozialisten 1933. Auch hier wird man zunächst den Sinngehalt zu ermitteln haben. Der Satz: „Deutschland ist im Jahr 2024 keine funktionierende Demokratie mehr“ kann natürlich dahingehend verstanden werden, daß er damit erklärt hat, Deutschland sei eben nicht mehr der demokratische Rechtsstaat des Grundgesetzes. Ob damit bereits eine Verunglimpfung des Staates erfolgt ist, wird zu prüfen sein. Indessen ist auch die Auslegung möglich und sogar naheliegend, daß der Redner in Sorge um den Bestand der Demokratie ist und sich demokratische Verhältnisse (zurück-) wünscht. Aber selbst wenn man auch das für eine Verunglimpfung des Staates im Sinne von § 90a StGB halten wollte, so müsste man auch dies im Lichte der Meinungsfreiheit bewerten. Das Bundesverfassungsgericht hatte in dem Falle seiner Entscheidung vom 28.11.2011 zu prüfen, ob der Verfasser eines Flugplattes gegen das Theaterstück „Georg Elser – allein gegen Hitler“ sich nach dieser Vorschrift strafbar gemacht hat, weil er nicht nur darauf hingewiesen hatte, daß dem Attentat von Georg Elser im Münchner Bürgerbräukeller 1939 auch „acht unschuldige Menschen“ zum Opfer gefallen sind, sondern wörtlich formuliert hatte: „Wie sehr ist dieses BRD-System schon verkommen, daß es für seinen ‚K(r)ampf gegen Rechts‘ (und damit alles Deutsche!) eines solchen Vorbildes bedarf? Ihn in Filmen und Theaterstücken bejubelt, Schüler zwingt, ihn zu verehren…? Werden bald die kommunistischen RAF-Terroristen ebenso geehrt und ihre Opfer verhöhnt? Mörder unschuldiger Menschen können keine Vorbilder sein!“ Das Bundesverfassungsgericht hob die strafgerichtliche Verurteilung des Verfassers unter anderem mit der Erwägung auf, daß der überwiegend Meinungsäußerungen enthaltende Text des streitgegenständlichen Flugblattes vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sei. Diese sei zwar nicht vorbehaltlos gewährt, sondern finde ihre Grenze unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Die angegriffenen Entscheidungen würden jedoch bei der Anwendung der hier einschlägigen Strafnorm der Bedeutung der Meinungsfreiheit nicht gerecht, weil sie verkannt hätten, daß durch die Verteilung des Flugblattes die Schwelle zur Verletzung des durch § 90a StGB geschützten Rechtsguts noch nicht überschritten sei. Denn bei Auslegung und Anwendung einer die Meinungsfreiheit einschränkenden Vorschrift im Einzelfall gilt, um der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts Rechnung zu tragen, daß nicht der Inhalt einer Meinung als solcher verboten werden darf, sondern nur die Art und Weise der Kommunikation, wenn sie die Schwelle zu einer sich abzeichnenden Rechtsgutsverletzung überschreitet. Da anders als dem einzelnen Staatsbürger dem Staat kein grundrechtlich gewährleisteter Ehrenschutz zukommt, was das Bundesverfassungsgericht erst jüngst wieder einmal am 11.4.2024 festgestellt hat, ist im Falle des § 90a StGB die Schwelle zur Rechtsgutverletzung erst dann überschritten, wenn aufgrund der konkreten Art und Weise der Meinungsäußerung der Staat dermaßen verunglimpft wird, daß dies zumindest mittelbar geeignet erscheint, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, die Funktionsfähigkeit seiner staatlichen Einrichtungen oder die Friedlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Betrachtet man nun den Strafvorwurf gegen Höcke und vergleicht ihn mit dem Sachverhalt dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dann kann man nur zu dem Ergebnis kommen, daß diese scharfe Kritik des Politikers an den Zuständen in Deutschland nicht als Erfüllung des Straftatbestandes der Verunglimpfung des Staates gewertet werden kann. Dies umso mehr, als ja auch scharfe und überspitzte Meinungsäußerungen durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt sind.

Soweit der Vergleich einer Demonstration in Leipzig mit Fackelmärschen der Nationalsozialisten 1933 in Rede steht, ist nach diesen Grundsätzen ebenfalls die Meinungsfreiheit durchschlagend. Denn schon bei der Auslegung des Satzes kann nicht angenommen werden, daß die Teilnehmer der Demonstrationen in Leipzig mit den SA-Kolonnen von 1933 gleichgesetzt werden sollten. Das äußere Bild von Fackelmärschen zur Unterstreichung politischer Forderungen oder Propagierung politischer Meinungen ist eben immer gleich, ob die Teilnehmer nun wie damals Feinde des Rechtsstaates sind oder wie heute sich als dessen Verteidiger fühlen. Somit ist die Deutung naheliegend, daß Höcke eben auf diese äußeren Merkmale solcher Fackelmärsche hinweisen wollte, und daß dann eben der Eindruck entstehen kann, das dem Bild nächtlicher Fackelmärsche innewohnende Drohpotenzial werde hier bewusst eingesetzt. Die Grundsätze des Lüth-Urteils von 1958, die ich diesem Beitrag bewusst vorangestellt habe, streiten nun einmal für die Vermutung der Freiheit der Rede, insbesondere wenn es sich um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung handelt, wie das Bundesverfassungsgericht das in der bereits zitierten Entscheidung vom 10.3.2016 festgestellt hat. Spätestens an dieser Stelle ihrer Rechtsprüfung sollten die ermittelnden Staatsanwälte ihre Akte zuklappen.

Das politische Klima

Natürlich erleben wir in der causa Höcke politische Justiz. Der Mann ist bei dem politischen Mainstream so beliebt wie Zahnschmerzen. Bekanntlich sind Staatsanwälte weisungsgebunden, was eine deutsche Besonderheit ist, und nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 27.5.2019 dazu führt, daß sie eben nicht als unabhängige Organe der Justiz anzusehen sind und deswegen keinen europäischen Haftbefehl ausstellen dürfen. Die Gefahr der Einflußnahme etwa des Justizministeriums (und damit der Politik) sei doch nicht zu übersehen. Es liegt nahe, daß gerade in Thüringen, aber auch in Sachsen-Anhalt, wo die AfD nun so stark geworden ist, daß sie nicht nur stärkste Partei, sondern möglicherweise auch Regierungspartei werden könnte, nun auch die Justiz im politischen Kampf eingesetzt wird. Beim Verfassungsschutz ist das ja schon der Fall, und zwar seit dem offenen Eingeständnis des Verfassungsschutzpräsidenten Haldenwang, seine Behörde könne nicht alleine sicherstellen, daß die Umfragewerte der AfD zurückgehen. Aus diesem Grund hat er ja auch am Gesetz vorbei die „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ als Merkmal der Verfassungsfeindlichkeit erfunden, wobei nach seinen und seiner Chefin Nancy Faeser Vorstellungen ausdrücklich auch Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gemeint sein sollen. Also auch ausdrücklich nicht nach § 90a StGB strafbare Äußerungen. In einem Rechtsstaat sollten indessen Behörden, insbesondere die Justiz, aus der politischen Auseinandersetzung herausgehalten werden. Wir sehen ja auch an der causa Höcke, daß diese Bestrebungen, den politischen Gegner wegen seiner Äußerungen zu kriminalisieren, die Axt an die Grundrechte legen. Es wird standhafter und im Verfassungsrecht sicherer Gerichte bedürfen, diesen Angriffen gegen den Rechtsstaat eine klare Absage zu erteilen. Nur so kann vermieden werden, daß bald bei uns Zustände wie in China oder Russland herrschen.

Die mentale Gleichschaltung der Gesellschaft

Indessen sind auch Richter Kinder ihrer Zeit und werden nicht selten von den Vorstellungen der Mehrheitsgesellschft geprägt. Juristen sprechen auch vom „Vorverständnis des Richters“. Was etwa als Mindestmaß des Lebensstandards anzusehen ist, hängt auch von den persönlichen Lebenserfahrungen und gesellschaftlichen Prägungen der zuständigen Richter ab. Der allgegenwärtige „Kampf gegen Rechts“ treibt giftige Blüten, wohin man schaut. Nicht nur die völlig einseitige, vorwiegend die Narrative des linksgrünen Milieus transportierende Berichterstattung und Kommentierung in den Medien, sondern auch ganz offizielle Stellungnahmen staatlicher Stellen und allgemein respektierter Institutionen wie Kirchen und Hochschulen haben inzwischen ein Meinungsklima geschaffen, in dem die freie Rede nicht mehr uneingeschränkt akzeptiert wird. Dabei ist zunehmend eine Diskrepanz zwischen den Anschauungen der Bevölkerungsmehrheit und den Vorstellungen der politischen Klasse festzustellen. So sind gut 80 Prozent der Befragten gegen die sog. Genderschreibung, in den Universitäten und Redaktionen ist das genau umgekehrt. So ist eine ähnlich große Mehrheit für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung, insbesondere eine Zurückweisung von Immigranten ohne wirkliche Aussicht auf Anerkennung als Asylbewerber oder Kriegsflüchtling, in der Politik und noch mehr in den Medien findet sich für diese Position keine Mehrheit. So haben Politik und Medien geradezu begierig die rundum erlogene Schauergeschichte von der angeblichen Potsdamer Geheimkonferenz „rechter“, gemeint natürlich rechtsextremer, Akteure zur Planung „massenhafter Deportationen“ unerwünschter Ausländer und Deutscher mit Migrationsgeschichte aufgenommen und hunderttausende von Menschen bewogen, gegen die angeblich drohende Wiederkehr des Nationalsozialismus auf die Straße zu gehen. Vorne dran natürlich der Bundespräsident, dessen Sympathie für linkskadikale Bands wie „Feine Sahne, Fischfilet“ doch eigentlich bekannt sein sollte. Mit den erprobten Methoden der Public Relations, vor allem der gebetsmühlenartigen Wiederholung der immer gleichen Behauptungen über die angebliche Nähe konservativer Positionen zum historischen Nationalsozialismus und der bewußten Diffamierung etwa der AfD, aber auch anderer, als wiedergeborene NSDAP, wird ein Bild der politischen Landschaft gemalt, das dieses Narrativ erzeugt und verfestigt, ebenso wie es mit diesen Methoden gelungen war, jahrzehntelang die Menschheit glauben zu machen, Coca Cola sei gesund und Rauchen gesundheitlich jedenfalls unbedenklich, gehöre jedoch zum modernen Lebensstil, und vermittle das Gefühl von Freiheit und Abenteuer.

Das hat dazu geführt, daß die großen christlichen Kirchen Geistliche und Pfarrgemeinderäte von ihren Ämtern suspendieren, weil sie auf den Listen einer keineswegs verbotenen politischen Partei für Wahlen kandidieren, daß Vorgesetzte in Betrieben ihr Mißfallen bekunden, wenn sie erfahren, daß Mitarbeiter auch nur Sympathien für politsche Forderungen dieser Partei hegen, Vorstände von Fußballclubs erklären, für Mitglieder und Wähler (!) der AfD sei kein Platz in ihrem Verein und daß schon einmal der Schulleiter die Polizei ruft, weil eine Schülerin „rechte“ Inhalte in sozialen Medien verbreitet bzw. „likt“. Es entsteht ein Klima der Verunsicherung, nicht selten sogar Angst, sich „abweichend“ zu verhalten, das natürlich einen Anpassungszwang erzeugt. Richter, die sich ihre Unabhängigkeit bewahren wollen, müssen also einen starken Charakter haben. Glücklicherweise gibt es diese Richter noch, und gottlob nicht selten. So habe ich als Rechtsanwalt einige Urteile zugunsten eben auch der AfD erstritten und dabei feststellen dürfen, daß allein juristische Erwägungen den Ausschlag gegeben haben. Auch die zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus jüngerer Zeit begründen die Erwartung, daß auch künftig in aller Regel Recht und Politik zweierlei Welten sein werden, auch wenn es in dem ein oder anderen Falle bedauerlicherweise anders aussieht. Chinesische oder russische Verhältnisse werden wir also hoffentlich niemals bekommen.

Korrektur zu Correktiv

Die Aufregung ist groß. Wie ein Paukenschlag wirkte die Meldung der öffentlich-rechtlichen Medien, aber auch nachfolgend der Tagespresse, von einem Geheimtreffen rechtsextremer Strippenzieher in einem Hotel nahe Berlin. Eine dubiose Gruppe finanzstarker Unterstützer der rechtsextremen Szene und natürlich auch der AfD, habe eine Art Konferenz zum Thema „Migration“ veranstaltet, das zum einen der Einwerbung von Spenden und zum anderen der Erarbeitung von Strategien dienen sollte, auf welche Weise man effektiv den Bevölkerungsanteil von Migranten in Deutschland nachhaltig senken könne. Dafür stehe der Begriff der „Remigration“. Dahinter stecke der rassistische Denkansatz, daß Menschen aus Afrika und dem Orient einfach nicht zu Deutschland gehörten, vielmehr der steigende Anteil dieser Menschen an der Bevölkerung unseres Landes letztendlich zum Verschwinden der Deutschen führen müsse. Deswegen könne man sich nicht darauf beschränken, lediglich ausreiseflüchtige Asylbewerber konsequent abzuschieben, sondern müsse auch möglichst viele legal hier lebende Flüchtlinge und Asylanten auch mitunter robusten Maßnahmen zur Ausreise bewegen, und zwar unabhängig davon, ob sie nun deutsche Staatsbürger sind oder nicht. „Deutschland den Deutschen“, so klingt es durch. Als Hauptreferenten zu diesem Thema habe man den Kopf der sogenannten Identitären Bewegung, den Österreicher Martin Sellner, eingeladen. Indessen seien aber auch hochrangige Vertreter der AfD gekommen, aber auch andere Personen aus dem als rechtsextrem beschriebenen Spektrum, darunter zwei Mitglieder der Werte Union und der Verfassungsrechtler Rechtsanwalt Dr. jur.habil. Ulrich Vosgerau.

Die Verschwörung der AfD zu Potsdam

Der Bericht auf der Internetseite des selbsternannten Recherche Netzwerks Correktiv und die darauf aufbauende Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien und der Tagespresse muten an wie ein Kolportageroman mit den Elementen einer reißerischen Kriminalstory. Andeutungen, Vermutungen und Unterstellungen werden geschickt mit bekannten Fakten vermengt und daraus ein journalistisches Bubenstück generiert und auf die Bühne gebracht. Die Verfasser konnten natürlich sicher sein, daß die dem „K(r)ampf gegen rechts“ verpflichteten Medien ebenso begierig zugreifen würden, wie die Politiker von CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne/Linke, und auch ihr gehorsamer Diener und Chef des Bundesoberverdachtsschöpfungsamtes namens Haltungszwang oder wie der auch immer heißt. In dieser Erwartung wurden sie nicht enttäuscht. Sie hatten einen Scoop gelandet, wie das im Mediensprech so heißt und träumen vermutlich bereits vom Pulitzerpreis, denn ihre Leistung als investigative Journalisten steht doch wohl auf der gleichen Stufe wie die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch die Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein von der Washington Post im Jahre 1972. Claas Relotius dürfte vor Neid erblassen. Vielleicht ist er aber bereits inoffizieller Mitarbeiter von Correktiv.

Wer ist eigentlich Correctiv?

Wer die Welt mit sensationellen Enthüllungen beglückt, muß sich gefallen lassen, daß man erst einmal überprüft, wer da auf dem Marktplatz der Medien so laut schreit. Das Unternehmen Correktiv wurde im Juni 2014 gegründet und stellt sich in seiner Eigenwerbung als gemeinwohlorientiertes Medienhaus dar, das die Demokratie stärkt. Tatsächlich handelt es sich um eine der vielen sogenannten NGOs, die von Stiftungsgeldern und staatlichen Zuwendungen am Leben gehalten werden und zwei Funktionen erfüllen. Zum einen treiben sie die linke Agenda voran, indem sie einschlägige Themen journalistisch und propagandistisch bearbeiten, zum anderen ermöglichen sie die Alimentierung ihrer durchweg linksradikalen Angestellten und Mitarbeiter durch die ihr gewogene und von ihnen unterstützte politische Kaste, die kraft ihrer Staatsämter Zugriff auf Steuergelder hat. Zu den Geldgebern gehören neben verschiedenen Einrichtungen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen diverse Stiftungen, darunter die Rudolf Augstein Stiftung, die Brost Stiftung, deren Vorstand von dem seinerzeitigen Vertrauten des damaligen SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzlers Bodo Hombach präsidiert wird, und, wenig überraschend, die Open Society Foundation des Milliardärs George Soros, deren Tätigkeitsschwerpunkt unter anderem die Förderung der Migration ist.

Was heißt Remigration und was ist das überhaupt?

Wörtlich übersetzt heißt Remigration Rückwanderung, also das Gegenteil von Einwanderung. Damit ist zunächst einmal nichts darüber gesagt, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen das stattfindet. Wer einmal eingewandert ist, und nach geraumer Zeit aus welchen Gründen auch immer in seine Heimat zurückkehrt – zurückwandert –, auf dessen Verhalten trifft der Begriff ebenso zu wie auf eine staatlich organisierte Rückführung von Ein- oder Zuwanderern. Der Begriff selbst ist also erst einmal neutral. Es gibt im rechtsextremen Spektrum, das streng vom politisch rechten Lager insgesamt zu unterscheiden ist, durchaus Überlegungen dahingehend, durch eine staatlich erzwungene Rückwanderung zu einer ethnisch/rassisch homogenen Bevölkerung zurückzukehren, so es diese überhaupt je gegeben haben sollte. Der sogenannten Identitären Bewegung wird genau das unterstellt, und nicht wenige ihrer Verlautbarungen gehen in diese Richtung. Indessen kann man unter diesen Begriff durchaus auch die Rückführung von solchen Menschen subsumieren, die sich illegal hier aufhalten, etwa, weil ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden und ihre Ausreise ebenso rechtsbeständig verfügt worden ist.

Die Rechtslage

Jedenfalls juristisch kann kein Streit darüber bestehen, daß von Behörden und Gerichten rechtskräftig zur Ausreise bestimmte und verurteilte Personen auch gegen ihren Willen außer Landes geschafft werden können. Das geschieht ja auch laufend, wenn auch leider in viel zu geringem Umfang. In viel zu geringem Umfang deswegen, weil ich es für eine nicht hinnehmbare Schwächung des Rechtsstaates halte, wenn Recht und Ordnung nicht durchgesetzt werden. und auch deswegen, weil diese Menschen uns Steuerzahler unglaublich viel Geld kosten. Gerade eben hat der Wirtschaftssachverständige Professor Raffelhüschen die Kosten der Migration für unser Land auf 5,8 Billionen € (!) beziffert. Auch politisch ist dieses Thema virulent. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen ist auch der Auffassung, daß insoweit das Gesetz in weitaus größerem Maße durchgesetzt werden müsste, als dies derzeit geschieht. Soweit gefordert wird, auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund müssten das Land verlassen, weil sie sich nicht einfügen bzw. weil sie jedenfalls aus der Sicht von rechtsextremen Zeitgenossen ethnisch und rassisch nicht hierher gehören, verstößt eine solche Forderung eindeutig gegen Art. 16 Abs. 1, Art. 3 GG und letztendlich gegen die Menschenwürdegarantie gemäß Art. 1 GG. Diese Verfassungsgrundsätze können bekanntlich nicht einmal mit verfassungsändernder parlamentarischer Mehrheit abgeschafft oder in ihrem Wesenskern beeinträchtigt werden. Alle Forderungen dieser Art sind deswegen niemals erfüllbar. Wer sie gleichwohl propagiert, muß sich fragen lassen, was er denn geraucht hat. Und deswegen sind solche Forderungen auch nicht ernsthaft als gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung geichtet einzustufen. Von solch abseitigen Spinnern kann keine wirkliche Gefahr für die Verfassungsordnung ausgehen. Allerdings ermöglicht gerade Art. 16 des Grundgesetzes für den Sonderfall, daß der Betroffene durch den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft nicht staatenlos wird, ihren Entzug. Also könnte durchaus ein Mensch mit deutscher und afghanischer Staatsangehörigkeit zunächst die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren und dann auch ausgewiesen werden, weil er etwa schwere Straftaten begangen hat. In dieser Richtung gibt es durchaus auch aktuell politische Initiativen, etwa aus den Reihen der CDU. Wir halten also fest, daß Remigration im Wortsinne in gewissen Fällen durchaus eine Option darstellt, natürlich im aufgezeigten Rahmen des Grundgesetzes. Also kann man seriös nur solche Akteure verurteilen, die unter Remigration verstehen, daß alle Nichtdeutschen das Land verlassen müssen, ob sie nun deutsche Staatsbürger sind oder nicht.

Was streben die Verschwörer an?

Correktiv weiß natürlich, daß es hier um eine Verschwörung finsterer rechter Gesellen geht, die den deutschen Volkskörper von fremdem Blut reinigen wollen, weswegen in ihrem Reportageknüller auch der Hinweis nicht fehlen darf, daß der Tagungsort nicht weit vom Schauplatz der berüchtigten Wannseekonferenz im Jahre 1942 entfernt liegt. Damit hat man dann ganz im Sinne des inoffiziellen Auftraggebers den parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus in den Augen der Öffentlichkeit erfolgreich gehitlert. Denn gefühlt beendet nahezu jeder Redner der sogenannten Altparteien seinen Debattenbeitrag mit der klassischen Wendung: ceterum censeo alternativam pro Germania esse delendam. Indessen hört man aus den Kreisen der Teilnehmer dieser Veranstaltung, nicht einmal Herr Sellner habe definitiv gefordert, unterschiedslos Migranten mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit außer Landes zu schaffen. Er selbst stellt das ebenfalls in Abrede. Die AfD ließ durch ihre Vorsitzende erklären, derartige Vorstellungen habe ihre Partei nicht. Im Gegenteil. In ihrem Programm sei ja nachzulesen, daß alle deutschen Staatsbürger gleich zu behandeln seien. Indessen behauptet Correktiv in verschwörungstheoretischer Argumentation, die AfD verstecke hinter diesen Programmsätzen ihre wahren Absichten. Der Wolf hat eben Kreide gefressen.Es ist auch zweifelhaft, ob der von Correktiv in das Tagungshotel eingeschleuste Journalist tatsächlich Protokoll geführt und die Wortbeiträge der Teilnehmer wenigstens in ihrem Kern aufgezeichnet hat.

Der Sidekick

Unter den Teilnehmern der Veranstaltung war auch, wie erwähnt, der Rechtsanwalt und Verfassungsrechtslehrer Dr. Ulrich Vosgerau. Der Mann ist in der linken Politikerblase außerordentlich unbeliebt, zum einen, weil er ein klassisch konservativer Jurist ist, und zum anderen, weil er derzeit die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung vor dem Bundesverfassungsgericht anwaltlich vertritt. Es geht dort ja bekanntlich darum, daß die Mehrheit des Deutschen Bundestages zum wiederholten Male dieser Stiftung die Fördergelder verweigert hat, die ihr nicht nur nach meiner Rechtsauffassung zweifellos zustehen. Hier geht also buchstäblich Macht vor Recht. Damit ist Herr Kollege Vosgerau in den Augen der politisch korrekten Gesellschaft eben weniger ein Rechtsanwalt, als ein rechter Anwalt. Konsequent wirft Korrektiv ihm vor, in seinem Tagungsbeitrag verfassungsfeindliche Positionen vertreten zu haben. Sein Thema war das Wahlrecht in verfassungsrechtlicher Hinsicht. Vosgerau hat bei dieser Gelegenheit die Briefwahl problematisiert. Damit stellt er sich nicht gegen die Verfassung, sondern liegt auf einer Linie mit dem Bundesverfassungsgericht, das unter Hinweis auf Art. 38 GG die Frage aufwirft, ob mit zunehmender Quote von Briefwählern nicht der Grundsatz der geheimen Wahl verletzt wird, wie er durch die klassische Urnenwahl gewährleistet ist. Im übrigen sei er von einem seiner Mandanten auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht worden, und es stehe ihm doch frei, mit jedem zu sprechen. Nun, das scheint in Deutschland nicht so zu sein. Wer mit dem Gottseibeiuns spricht, riecht künftig nach Schwefel.

Das Strafgesetzbuch gilt auch für investigative Journalisten

Correktiv berichtet nicht ohne Stolz über seine Ermittlungen, wobei der Begriff der Ermittlungen hier diese Tätigkeit durchaus in die Nähe der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit führen soll. Als quasi-staatlicher Akteur bekämpft man hier die politische Kriminalität, wo die Staatsanwaltschaften leider noch versagen. Den Damen und Herren privaten Kriminalbeamten sei indessen gesagt, daß das Strafgesetzbuch auch für sie gilt. Soweit, was allerdings auf der Hand liegt, Richtmikrofone zum Einsatz gekommen sind, liegt hier eine Straftat nach § 201 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB vor. Auch der Straftatbestand des § 201a StGB, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, dürfte hier erfüllt worden seien. Zu prüfen wird auch sein, ob § 206 StGB, Verletzung des Post-oder Fernmeldegeheimnisses erfüllt ist, denn es ist ja die Rede von „zugespielten Schreiben“.

Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!

Unsere tägliche Lüge gebe uns

könnten wir blasphemisch formulieren, wenn wir die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen einschalten und zum Frühstück die Tageszeitung aufschlagen. Meistens ist ein gewisser Rechercheaufwand notwendig, um festzustellen, daß man gerade wieder einmal belogen worden ist. Inzwischen scheint es unseren Politikern und ihren journalistischen Steigbügelhaltern jedoch gleichgültig zu sein, ob man ihnen nur mit Mühe auf die Schliche kommen kann, oder ob sie beim nächsten Mausklick am PC bereits ertappt werden.

Der jüngste Fall:

Am 4. Januar bestieg Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Fähre, um von seinem Urlaubsdomizil auf der Hallig Hooge aufs Festland zum Anleger in Schlüttsiel zu fahren. Das war den derzeit protestierenden Bauern bekannt geworden. Etwa 100 von ihnen fuhren mit ihren Treckern und Landmaschinen zum Anleger, um den Minister dort in Empfang zu nehmen und mit ihm zu sprechen. Der Vorgang ist glücklicherweise vollständig per Video dokumentiert worden. Es war auch Polizei anwesend, rund 30 Beamte. Die Polizei stellte sich vor den Anleger und es kam zu Gesprächen zwischen den Demonstranten und der Polizei. Dem Ansinnen, mit dem Minister auf der Fähre sprechen zu wollen, war der Einsatzleiter offenbar durchaus zugeneigt, erklärte jedoch den Demonstranten, daß aus Sicherheitsgründen vielleicht zwei oder drei Personen auf die Fähre kommen dürften, um mit dem Minister zu sprechen. Das war den Bauern offenbar nicht genug, sondern sie wollten halt alle den Minister sehen, weswegen die Sache dann scheiterte. Vor allem erbrachte die Anfrage des polizeilichen Einsatzleiters bei der Fährenbesatzung, daß auch von Seiten des Ministers keine Bereitschaft bestand, hier und heute mit des Demonstranten zu sprechen. Die Fähre legte dann wieder ab, wobei in der Tat dann einige Bauern auf den Anleger drängten, und von den Polizeibeamten aufgehalten wurden. Gewalttätig wurde offensichtlich niemand. Vielmehr hat man bei betrachten des Videos den Eindruck, daß sowohl die Demonstranten als auch die Polizei keinerlei Aggressivität zeigten, sondern freundlich miteinander umgingen.

Die Version der Medien

In den Nachrichten und den Tageszeitungen wurde das allerdings ganz anders dargestellt. Es war von Nötigung und Landfriedensbruch die Rede, unisono erklärten Politik und Medien, hier sei die Grenze zur Strafbarkeit überschritten worden, und die Diskussionskultur in Deutschland zeichne sich inzwischen durch Gewalttätigkeit aus. Natürlich muß nach Sachlage angesichts der Berichte die Staatsanwaltschaft erst einmal ein Ermittlungsverfahren einleiten, wenn behauptet wird, daß Straftaten begangen worden seien. Angesichts des im Internet von jedermann einzusehenden Videos dürften die Ermittlungen jedoch bald eingestellt werden.

Bemerkenswert ist natürlich, daß hier die Medien offenbar den Wünschen der Politik entsprechen, Demonstrationen gegen ihre Entscheidungen als gewalttätig, ungesetzlich und demokratieschädlich darzustellen. In keinem Medienbeitrag oder Presseartikel war zu lesen, daß das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG auch spontane Versammlungen ohne vorherige Anmeldung ermöglicht. Natürlich müssen alle Demonstrationen friedlich und gewaltfrei verlaufen. Das aber war hier offensichtlich der Fall. Nur freie Medien im Internet wie der Kanal des ehemaligen Bildchefs Julian Reichelt geben dem interessierten Bürger die Chance, sich selbst ein Bild von dem Vorgang zu machen. Wer indessen alleine auf die öffentlich-rechtlichen Medien und linientreuen Zeitungen angewiesen ist, muß davon ausgehen, daß hier in strafbarer Weise die Bewegungsfreiheit eines Mitgliedes der Bundesregierung eingeschränkt worden ist.

Vigilia pretium libertatis

Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit, diese Erkenntnis Thomas Jeffersons, die zum Wahlspruch der NATO geworden ist, gilt in dieser Zeit auch und gerade innenpolitisch. Leider ist die Berichterstattung rund um den Vorgang vom 4. Januar 2024 im Schleswig-Holsteinischen Schlüttsiel wohl keine Ausnahme. Daß die gewissermaßen amtlichen Medien selektiv berichten, und durchaus schon einmal faustdicke Lügen nicht zur Entschuldigung des betreffenden Presseorgans führen, sondern der Autor auch noch mit Preisen überhäuft wird, wenn es nur in die politisch erwünschten Narrative paßt, wissen wir seit der Affäre Spiegel/Relotius ja nun einmal zu gut. Um so wichtiger ist es, sich selbst ein Bild zu machen. Dem Titel dieses Blogs „sapere aude“ (wage es zu denken) wäre also inzwischen hinzuzufügen: dubitando ad veritatem pervenimus (durch Zweifeln gelangen wir zur Wahrheit).

Nachtrag:

Am 12.01.2024 meldet der NDR, es habe keine Erstürmung der Fähre, auch nicht den Versuch dazu gegeben. Das muß man nicht kommentieren.

Wie Irre zu Staatsfeinden mutieren

Nach der Tagesschau am 7.12.2022 konnten sich die Deutschen den Angstschweiß von der Stirn wischen, den dieser Bericht Ihnen zunächst auf die Stirn getrieben hatte. Unsere tüchtigen Sicherheitsbehörden hatten offensichtlich in letzter Minute einen gewaltsamen Umsturz, getragen von einer Gruppe von gefährlichen Reichsbürgern mit militärischer Eliteausbildung und Zugang zu Waffen verhindert. Rund 5.000 Polizeibeamte, davon ein beträchtlicher Anteil von Spezialkräften in Kampfausrüstung, drangen vor laufender Kamera in die Wohnungen der Verdächtigen ein und nahmen sie fest. Die Verstrickung der AfD in diesen Putschversuch schien wohl offensichtlich, weswegen die Bundesinnenministerin Faeser und andere Politiker auch als erste Konsequenz ankündigten, hier anzusetzen. Vor allem das Dienstrecht der Beamten und Soldaten sei zu ändern, um die Feinde des Rechtsstaates leichter und schneller aus dem Dienst entfernen zu können. Und es sei klar, daß die AfD nun ihr wahres Gesicht zeige. So kann man die diversen Statements der Politiker zusammenfassen. Nach den ersten 25 verhafteten Rädelsführern wurden dann noch weitere Verschwörer verhaftet. Nun hat letzte Woche der Generalbundesanwalt Anklage gegen27 Verschwörer erhoben. Unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB und Hochverrats nach § 83 StGB.

Wir werden also in den nächsten Monaten, voraussichtlich sogar in den nächsten Jahren, immer wieder mit diesen Mammutprozessen um die Bewältigung eines Umsturzversuches finsterer Mächte konfrontiert werden. Grund genug, einmal vorläufig einen Blick auf die Rechtslage zu werfen. Das bedingt natürlich auch, den bislang bekannten Sachverhalt wenigstens kursorisch darzustellen, denn die Arbeit des Juristen beginnt am Sachverhalt. Auf seiner Grundlage erfolgt die rechtliche Prüfung. Verändert sich auch nur ein Detail am Sachverhalt, führt dies regelmäßig auch zu einer veränderten rechtlichen Bewertung. Deswegen ist eben die Sachverhaltsermittlung ebenso wichtig, wie die anschließende juristische Prüfung der Rechtslage.

Der Vorgang muß auch vor dem Hintergrund des politischen Klimas in unserem Lande gesehen werden. Wenn man Politik und Medien glauben darf, gehört zu ihren wichtigsten Aufgaben der Kampf gegen rechts, unter anderem natürlich gegen den angeblichen parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus, die AfD. Und das erst recht, seit dem gut 20 % der Wahlberechtigten in den Umfragen konstant als Wähler dieser Partei geführt werden, was etwa 10 Millionen erwachsene Bundesbürger sind. Man braucht wenig Phantasie sich vorzustellen, daß etwa Frau Faeser angesichts der Berichte des Verfassungsschutzes, daß zu den Verschwörern auch Politiker der AfD, an der Spitze eine Bundestagsabgeordnete gehörten, ihrer Verzückung mit orgiastischen Schreien freien Lauf ließ.

Zu den bis jetzt bekannten Fakten:

Der Plan

Schlicht und einfach die Machtergreifung. Auf jeden Fall wollten die Verschwörer während einer Sitzung des Bundestages in das Reichstagsgebäude eindringen und mit einem Kommando von 16 bewaffneten Kämpfern einzelne Bundesminister und den Kanzler festnehmen. Die Macht im Staate sollte gleichzeitig mit Hilfe von bis zu 286 Heimatschutzkompanien gesichert werden. Nach einigen Angaben auch mithilfe von Außerirdischen, die Bestandteil einer Allianz von irdischen und außerirdischen Mächten sein sollte. Zu diesen irdischen sollte wohl auch Russland gehören. Überhaupt sollte das ganze erst umgesetzt werden, nachdem diese Allianz sich anschicken würde, Deutschland zu unterwerfen. Was etwas genauer geplant zu sein schien, war die Zusammensetzung der neuen deutschen Regierung mit dem Anführer, oder sollen wir sagen Führer, der Gruppe, Heinrich XIII. Prinz Reuß an der Spitze.

Die Rentnerbande

Die Verschwörergruppe besteht ersichtlich vorwiegend aus, sagen wir einmal, älteren Semestern. Sowohl Prinz Reuß als auch der als Führer des sogenannten militärischen Arms der Gruppe geführte Rüdiger von Pescatore sind über 70 Jahre alt. Aber auch die weiteren verhafteten ehemaligen Soldaten wie Maximilian Eder und Peter Wörner haben ihre Jugendjahre, ja sogar das sogenannte beste Alter schon hinter sich. Was sie allerdings in den Augen der Bürger dieses Landes so gefährlich machen soll, ist eben ihre Vergangenheit als Offiziere. Diese wird dann weit übertrieben als die von Elitesoldaten dargestellt. Tatsächlich hat der ehemalige Oberstleutnant Rüdiger von Pescatore ebenso wenig wie der ehemalige Oberst Maximilian Eder eine Ausbildung als Elitesoldat des KSK. Beide waren lediglich in der Aufstellungsphase des KSK als Planer im Aufstellungsstab tätig. Doch man kann der heutzutage der im wesentlichen militärfernen Öffentlichkeit sehr leicht die Vorstellung vermitteln, bei ehemaligen Soldaten handele es sich grundsätzlich um gefährliche, weil im Umgang mit Waffen und Kampftechniken geschulte Zeitgenossen. Das ist ungefähr so seriös, als wenn man Franz Beckenbauer heute noch die Fähigkeit zuschreiben würde, seine Gegenspieler auf dem Platz auszuspielen wie seinerzeit in den siebziger Jahren. Nach diesen naiven Vorstellungen bin auch ich selbst wohl ein ganz gefährlicher Zeitgenosse, denn ich bin nicht nur an den diversen Infanteriewaffen ausgebildet worden, sondern habe darüber hinaus den Umgang mit Sprengstoff und Minen erlernt. Difficile est, satiram non scribere!

Von einer militärischen Organisation kann auch nicht einmal in Ansätzen die Rede sein. Sie mag in den Köpfen dieser Leute herumgespukt haben, umgesetzt worden ist davon offenbar nichts. Das gilt vor allem für die geplanten Heimatschutzkompanien. Hat man sich tatsächlich vorgestellt, 286 dieser Kompanien aufzustellen, so wären das bei einer Stärke von nur 100 Soldaten pro Kompanie doch immerhin 28.600 Mann. Gut ausgebildet und zum Zusammenwirken im Kompanierahmen qualifiziert, was nun einmal gut und gerne ein Jahr dauert. Von der notwendigen Führungs- und Logistikstruktur ganz zu schweigen, für die man mehr als die doppelte Zahl braucht, um diese Kampfeinheiten einsetzen zu können. Bis zum 7.12.2022 existierte nicht eine dieser Kompanien. Von der erforderlichen übergeordneten Organisation mit entsprechenden Stäben, geführt von erfahrenen Stabsoffizieren, ganz zu schweigen. Wo sollten die auch herkommen? Rekrutierungsversuche, soweit es sie überhaupt gab, waren offensichtlich ohne jeden Erfolg. Was die Bewaffnung angeht, so sollen ja nun etwa an die 400 Schusswaffen sichergestellt worden sein, und auch einige 1.000 Schuss Munition. Dabei handelte es sich jedoch um Jagdgewehre und Sportwaffen. Von den Stichwaffen und Armbrüsten wollen wir einmal schweigen. Bei den sichergestellten Schusswaffen fanden sich keine Kriegswaffen und es gab nicht ein einziges Sturmgewehr, geschweige denn Handgranaten, Maschinengewehre, Granatmaschinenwaffen oder gar Maschinenkanonen, die doch zur Bewaffnung auch leichter Infanteriekräfte der Bundeswehr und anderer Armeen gehören.

Der „Feind“

Mit welchem Gegner wollte es diese „Truppe“ aufnehmen? Die 16 wackeren Kämpfer, die zur Erstürmung des Reichstages vorgesehen waren, wären dann zunächst einmal auf die Polizei des Bundestages getroffen. Diese besteht aus 187 Beamten, allerdings nur mit polizeitypischer Bewaffnung, im wesentlichen Pistolen, aber im Gegensatz zu den Eindringlingen mit bester Ortskenntnis. Natürlich wären auch tausende von Berliner Polizeibeamten sofort verfügbar gewesen. Doch ist auch die Bundespolizei mit ihren Einsatzkräften, darunter die GSG 9 ebenso wie die Landespolizeien einschließlich ihrer SEKs in Rechnung zu stellen. Vor allem aber wäre im Falle einer von der Polizei nicht mehr beherrschbaren nationalen Notlage die Bundeswehr einzusetzen. Ihre Stärke beträgt aktuell ca. 183.000 Soldaten, die man natürlich nicht alle im und rund um den Reichstag einsetzen kann, nicht nur, weil man sich dann buchstäblich gegenseitig auf den Füßen stünde. Ihre Panzer und Lkws müsssten sie ohnehin in den Kasernen lassen, denn dafür fehlt es schlicht am Platz. Doch schon der Einsatz etwa einer Heeresbrigade wie etwa der hier infrage kommenden Luftlandebrigade 1 mit ca. 4.400 Soldaten und entsprechender Bewaffnung und Ausrüstung wäre noch weit überzogen gewesen, um diese lächerliche Aktion abzubrechen. Schon ein Infanteriebataillon mit ca. 900 Soldaten, ausgerüstet mit Sturmgewehren, Maschinengewehren, Maschinenpistolen, Granatmaschinenpistolen, Maschinenkanonen 20 mm, Kampfmitteln wie Handgranaten usw. hätte genügt, diesem Spuk schnellstens ein Ende zu machen. Ganz zu schweigen von dem für solche Zwecke natürlich ausgebildeten KSK, das innerhalb 1 Stunde mit hunderten von erstklassig ausgebildeten und bewaffneten Elitesoldaten dort hätte eingesetzt werden können.

Die Rechtslage

Die Pläne der Beschuldigten, und seien sie noch so unausgegoren, kann man natürlich unter die Strafvorschriften der Gründung einer terroristischen Vereinigung und des Hochverrats subsumieren. Was sich diese Kandidaten für einen dauerhaften Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie vorgestellt haben, erfüllt objektiv diese Tatbestände. Das ist auch nicht das Problem.

Versuch versus straflose Vorbereitungshandlung

Der Staatsstreich ist ja nun nicht durchgeführt worden. Nicht einmal der Beginn der Ausführung ist festzustellen. Somit kommt der Versuch der Begehung dieser Delikte in Betracht. Geregelt ist der Versuch der Begehung einer Straftat in § 22 StGB. Die Vorschrift lautet: „Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt“. Davon abzugrenzen ist die sogenannte straflose Vorbereitungshandlung, die sich eben dadurch vom Versuch der Tatbegehung unterscheidet, daß der Täter zwar die Tat geplant, und dazu notwendige Vorbereitungshandlungen umgesetzt, jedoch die Tat selbst noch nicht begonnen hat. In der Rechtspraxis ist es häufig schwierig, das eine vom anderen zu unterscheiden. Juristen orientieren sich hier wie sonst natürlich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Sie ist gerade für dieses Problem verständlicherweise umfangreich. Ich will das einmal anschaulich an zwei Beispielen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erläutern. In einem Falle hatte sich ein Autodieb „in diebischer Absicht“, wie die Richter das formuliert haben, den Nachschlüssel für ein Kfz besorgt, das er vom Gelände eines Autohauses stehlen wollte. Die Sache flog auf, und die Polizei stellte den Nachschlüssel bei dem Angeklagten sicher. Entgegen der Vorinstanz, die bereits darin den Versuch des Diebstahls erblickt hatte, war der Bundesgerichtshof anderer Meinung und konnte darin eben nicht das unmittelbare Ansetzen zur Tat erkennen. Das sei erst dann gegeben, wenn der Täter in seiner Vorstellung mehr tut, und es nun für ihn heißt: „Jetzt geht’s los“. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn der Täter mit dem Nachschlüssel in der Hosentasche sich dem Auto nähert, das er nun auf diese Weise stehlen will. Ein anderer Fall: der Täter wollte eine Frau entführen, um von ihrer Familie ein hohes Lösegeld zu erpressen. Als er an der Haustür klingelte und die Frau mit ihrem Kleinkind auf dem Arm die Tür öffnete, gab er sein Vorhaben auf und verließ das Anwesen. Damit hatte er nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eben nicht zur unmittelbaren Verwirklichung seines kriminellen Vorhabens angesetzt.

Im vorliegenden Falle werden die Gerichte also zu entscheiden haben, ob die Angeklagten überhaupt schon zu der Tat, wie sie sich in ihren Planungen darstellte, unmittelbar angesetzt hatten. Das wäre etwa dann der Fall gewesen, wenn ihre – bis dato nicht einmal existenten – Kämpfer begonnen hätten, bewaffnet in das Reichstagsgebäude einzudringen. Man darf also gespannt sein, was die Hauptverhandlungen vor den drei mit dem Fall befassten Oberlandesgerichten Frankfurt, Stuttgart und München ergeben werden.

Der untaugliche Versuch

Sollten die Oberlandesgerichte dennoch zu dem Ergebnis kommen, die Täter hätten unmittelbar zur Tat angesetzt und daher sei auf jeden Fall der Versuch der Begehung jener Straftaten gegeben, wäre eine weitere rechtliche Prüfung anzustellen. Denn nicht jeder Versuch der Tatbegehung ist überhaupt geeignet, zum Erfolg zu führen und Rechtsgüter Dritter zu verletzen. Denn insoweit greift die Strafvorschrift über den untauglichen Versuch, § 23 Abs. 3 StGB. Diese Vorschrift lautet: „Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2)“. Letztere Vorschrift ermöglicht es dem Gericht die fällige Strafe bis zum gesetzlichen Mindestmaßzu reduzieren oder statt einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen. Dieser Fall wird vielleicht häufig vorliegen, aber wohl sehr selten überhaupt zur Anklage und Verurteilung führen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt der Täter aus grobem Unverstand nur dann, wenn er trotz ungeeigneten Mittels den Taterfolg für möglich hält, weil er bei der Tatausführung von völlig abwegigen Vorstellungen über gemeinhin bekannte Ursachenzusammenhänge ausgeht. Dabei muss der Irrtum nicht nur für fachkundige Personen, sondern für jeden Menschen mit durchschnittlichem Erfahrungswissen offenkundig, ja geradezu handgreiflich sein. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Falle verneint, indem die Angeklagte ihren Ehemann mittels Insektengift, das sie aus einer Spraydose auf sein Vesperbrot gesprüht hatte, töten wollte. Indessen war das Insektengift in einer so starken Verdünnung in der versprühten Flüssigkeit enthalten, daß der Mann wohl 50 solcher Vesperbrote hätte vertilgen müssen, bevor er an dem Gift gestorben wäre. Dennoch verneinte der Bundesgerichtshof in diesem Falle den untauglichen Versuch im Sinne des Gesetzes, denn die Angeklagte habe hier nicht über die grundsätzliche Eignung von Insektengift zur Tötung irrige Vorstellungen gehabt, ihre Fehlvorstellung habe sich lediglich auf die tatsächliche Beschaffenheit des von ihr gewählten und in seiner giftigen Konzentration für ausreichend gehaltenen Mittels geirrt. Es habe sich um einen Irrtum über die erforderliche Dosis, nicht jedoch über die Eignung des Giftes überhaupt gehandelt. Grober Unverstand im Sinne dieser Vorschrift ist wohl nur dann gegeben, wenn man beispielsweise ein Tatmittel auswählt, das unter gar keinen Umständen zur Tatausführung taugt, etwa jemanden mit einer an der Spitze abgerundeten Nagelfeile erstechen will.

Im vorliegenden Fall indessen liegt der grobe Unverstand im Sinne des Gesetzes auf der Hand. Mit den wenigen Mitgliedern der Verschwörergruppe wäre es nicht einmal entfernt möglich gewesen, so etwas ähnliches wie einen Staatsstreich durchzuführen. Selbst wenn es möglich gewesen wäre, den Reichstag mit ein paar Bewaffneten zu stürmen und einige Politiker festzunehmen, so wäre man von der angestrebten „Machtergreifung“ immer noch Lichtjahre entfernt gewesen. Die gesamte Sicherheitsstruktur des Staates wäre damit immer noch intakt gewesen und imstande, diesem Spuk ein rasches Ende zu machen. Die erhoffte Auslösung und Unterstützung des Staatsstreichs durch die nur in der Pantasie kranker Hirne existierende Allianz aus außerirdischen und irdischen Mächten wie Russland, zu deren Machtmitteln dann auch eine Armee aus Außerirdischen gehören sollte (Klingonen, Orgs oder doch Luzifers unheilige Schar?), hatte sich noch nicht einmal gezeigt. Da ihr Eingreifen überhaupt Voraussetzung des Staatsstreichs gewesen sein soll, war seine Ausführung mindestens ungewiss, und hätte vielleicht das Anbrechen des jüngsten Tages vorausgesetzt. Aber solche Wahnvorstellungen passen natürlich zu Leuten wie den Beschuldigten, die ja absurde esoterische Vorstellungen von geheimnisvollen Mächten haben, die unterirdisch Kinder gefangen halten, um sie zu töten und von ihrem Blut zu trinken, wovon sie sich ewige Jugend versprechen. Mit grober Unverstand ist auch nur zurückhaltend umschrieben, was von den Vorstellungen der beteiligten ehemaligen Stabsoffiziere zu halten ist. Das gesamte Konstrukt des sogenannten militärischen Arms mit Heimatschutzkompanien ist so hanebüchen, daß man ernstliche Zweifel daran haben muß, ob diese ehemaligen Stabsoffiziere überhaupt nur noch einen Rest ihrer militärischen Kenntnisse in ihre Wahnwelt hinüber gerettet haben.

Hilfreich ist auch ein Blick in die Geschichte. Was ein wirklicher Putschversuch ist, wird am Beispiel des gescheiterten Putschs von Teilen der spanischen Streitkräfte im Jahr 1981 deutlich. Hier haben tatsächlich eine Reihe von höheren Offizieren bis hinein in die Generalität mit der Befehlsgewalt über tatsächlich existierende Truppen versucht, die Macht zu übernehmen. Sie scheiterten letztendlich daran, daß der junge König Juan Carlos sich ihnen entschlossen entgegenstellte und öffentlich seine Treue zur Verfassung bekundete, was dann die überwiegende Anzahl der spanischen Offiziere veranlasste, sich gegen die Putschisten zu stellen. Die Hoffnungen der Putschgeneräle, der von Diktator Franco erzogene König werde die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, die demokratische Verfassung zu suspendieren und statt als konstitutioneller als absoluter Monarch mit diktatorischen Vollmachten wie sein Mentor Franco regieren zu können, zerplatzten damit wie eine Seifenblase. Zwar gab es im Lande durchaus damals noch nicht wenige Anhänger des Franco-Regimes, doch war das die Minderheit im Volk wie in den Streitkräften. Die Putschisten hatten also zumindest aus ihrer Sicht reelle Aussichten, sowohl den König als auch einen nicht geringen Teil der Bevölkerung für ihre Sache gewinnen zu können, und sie verfügten zumindest über Teile der Armee und der Polizei. Das war also durchaus ernst zu nehmen, auch wenn die Fernsehbilder von den in das Plenum des Parlaments eingedrungenen Offizieren, die dann theatralisch Löcher in die Decke schossen, jedenfalls im Nachhinein eher tragisch-komisch wirken. Der Plan jener esoterischen Spinner um den merkwürdigen Prinzen Heinrich XIII. Reuß indessen mutet dagegen an wie der Fiebertraum eines Geisteskranken.

Warum dann aber eine Anklage?

An und für sich sollte man bei dieser Sach- und Rechtslage annehmen, die Ermittlungen gegen die Möchtegern-Putschisten wären von der Staatsanwaltschaft mangels hinreichendem Tatverdachts eingestellt worden. Denn mit einer Verurteilung sei eben nicht ernsthaft zu rechnen. Ich lehne mich durchaus so weit aus dem Fenster zu sagen, daß dies geschehen wäre, wenn es sich dabei nicht um einen „rechten“ Putschversuch, besser gesagt, dessen schlechte Karikatur, gehandelt hätte. Man muß ja wissen, daß die Staatsanwaltschaften in Deutschland keine richterliche Unabhängigkeit besitzen, sondern den Weisungen der jeweiligen Justizminister Folge leisten müssen. Somit können Politiker auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Einfluss nehmen. Und sie widerstehen der Versuchung nicht, auch die Staatsanwaltschaften für ihre Strategie einzusetzen, den verhassten politischen Gegner von der Rechten mit administrativen Mitteln zu bekämpfen, statt auf die Kraft des besseren Arguments, jedenfalls in den eigenen Augen besseren Arguments, zu setzen. Es bedarf allerdings nur geringer Vorstellungskraft, auch zu erwarten, daß die angerufenen Oberlandesgerichte die jeweiligen Anklagen zur Hauptverhandlung zulassen werden. Zum einen besteht in dieser Phase des Verfahrens für die Staatsanwaltschaften und Gerichte ein relativ großer Beurteilungsspielraum dahingehend, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, der sich ja dann in der Hauptverhandlung bei sorgfältiger Tatsachenermittlung entweder bestätigt oder zerschlägt. Zum anderen sind auch Richter Kinder ihrer Zeit und von den gesellschaftlich vorherrschenden Meinungen geprägt. Man spricht insoweit auch vom Vorverständnis des Richters, das zum Beispiel bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe oder sprachlich mehrdeutiger Worte entscheidend ist. So wird der Begriff der Sitten heute anders verstanden als vor 100 Jahren. Und so wird das Selbstbestimmungsrecht des Bürgers heute auch in rechtlicher Hinsicht völlig anders gesehen, als in früheren Zeiten, als es diesen Begriff genau genommen nicht einmal gab. Und nicht zuletzt darf man die öffentliche, vor allem veröffentlichte Meinung und ihren Einfluss auch auf Richter nicht zu gering schätzen. Der Rechtsextremismus wird ja nun vielfach weit über seinen politisch-rechtlichen Gehalt hinaus dämonisiert. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, daß am Ende eine rechtskräftige Verurteilung im Sinne der Anklage stehen wird. Dazu ist das ganze doch zu grotesk.

Was uns aber blüht

Schon die medienwirksam zelebrierte Verhaftungsaktion, jeweils an Ort und Stelle mit rechtzeitig herangekarrten Kamerateams aufgenommen, läßt ahnen, worum es wirklich geht. Die Reaktionen der Politiker im unmittelbaren Anschluss sprechen schon Bände. Es geht um nichts anderes, als den allfälligen Kampf, besser Krampf, gegen rechts. Alle politischen Vorstellungen rechts von den Unionsparteien müssen den Wählern nachhaltig ausgetrieben werden. Die politische Schmutzkonkurrenz namens AfD muß nachhaltig diskreditiert werden, wenn man sie schon nicht verbieten lassen kann. Wenn die begriffsstutzigen Bürger schon nicht begreifen wollen, daß es sich dabei um die wiederauferstandene Nazipartei handelt, dann müssen sie jetzt endlich merken, daß es sich dabei um die Speerspitze des Rechtsextremismus handelt, mit der die Demokratie beseitigt und die rechte Diktatur installiert werden soll. Das hat man doch gerade noch verhindert. Und das muß man möglichst lange möglichst oft in den Medien breit treten wie Quark, insbesondere in den Zeiten vor den Wahlen. Und da passt es ja, daß in einem halben Jahr Europawahlen und in einem dreiviertel Jahr Landtagswahlen und dann im Herbst 2025 Bundestagswahlen stattfinden werden. Über diese Zeit hinweg muß den Bürgern stets das Gefühl vermittelt werden, in Deutschland drohe die Machtübernahme von Hitlers geistigen Enkeln. Und das möglichst Live aus dem Gerichtssaal. Doch wer übertreibt, erreicht nichts. Eine derart offensichtlich überzogene Inszenierung sollte das Gegenteil dessen bewirken, was die Mehrheit der Politiker und ihre medialen Propagandatruppen erreichen wollen.

Lagebeurteilung

Der Krieg in der Ukraine geht nun in den zweiten Kriegswinter. Grund genug, erneut in die Beurteilung der Lage einzutreten. Nicht in erster Linie hinsichtlich der Lage im Kriegsgebiet. Sondern in erster Linie hinsichtlich der Folgen dieses Krieges für Deutschland, seiner Handlungsoptionen und nicht zuletzt der Frage: was ist zu tun?

Das Bild des Krieges im Frühjahr 2022

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24.2.2022 war die politische wie auch die militärische Bewertung recht eindeutig. Es ließ sich auch ein weit überwiegender Konsens in Deutschland feststellen. Natürlich war und ist der Krieg Russlands gegen die Ukraine ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Natürlich ist es auch völkerrechtliche Verpflichtung unseres Landes wie aller anderen Staaten, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine vorübergehend aufzunehmen. Im vorliegenden Falle kam der allgemeine Konsens hinzu, daß die ausgebombten, vor Krieg und Zerstörung geflohenen Menschen aus der Ukraine auch unser Mitgefühl verdienten. Man sah es als selbstverständlich an, daß sie nicht den rechtlichen Beschränkungen unterliegen sollten, die für alle anderen Kriegsflüchtlinge und Asylsuchenden bei uns gelten, auch wenn diese Beschränkungen im internationalen Vergleich kaum spürbar sind. Die kulturelle Nähe der Ukrainer zu Mitteleuropa ganz im Gegensatz zur Kulturferne der Zuwanderer aus Schwarzafrika und dem muslimischen vorderen Orient und Nordafrika tat ein übriges. Man konnte davon ausgehen, daß sich diese neuen Bewohner unseres Landes sehr rasch integrieren würden.

Die Lage hat sich geändert

Nun, ein dreiviertel Jahr später, stellen wir ernüchtert fest, daß die kulturelle Integration der ukrainischen Flüchtlinge durchaus gelingt, die Integration in den Arbeitsmarkt indessen sehr zu wünschen übrig lässt. Lediglich knapp 20 % der zugewanderten arbeitsfähigen Ukrainer gehen einer Erwerbstätigkeit nach, gut 80 % beziehen Bürgergeld in gleicher Höhe wie deutsche Staatsbürger. Unter den nun hier vorübergehend (?) lebenden Ukrainern sind allem Anschein nach erstaunlich viele Männer im wehrfähigen Alter. Das verwundert jedenfalls auf den ersten Blick deswegen, weil man zu Beginn des Krieges hörte, daß Ukrainer im wehrfähigen Alter überhaupt nicht ausreisen dürfen, sondern in die ukrainischen Streitkräfte eingezogen werden. Dies scheint durchaus nicht der Fall zu sein. Das sollte uns jedenfalls nach der ersten Phase des Mitgefühls nicht weiter überraschen. Handelt es sich doch bei der Ukraine um eines der korruptesten Länder der Welt. Warum sollte nicht gerade in Kriegszeiten die Korruption bei den dortigen Wehrersatzbehörden blühen? ist es sehr überraschend, wenn Flüchtlinge aus diesem Land ihre Kultur des Abzockens mitbringen? Kann man sich dann noch darüber wundern, daß ein Großteil dieser Leute lieber die üppigen deutschen Sozialleistungen, die unter dem Strich ein Einkommen nahe am Erwerbseinkommen ermöglichen, für sich in Anspruch nehmen, als sich eine Arbeit zu suchen? Muß man dann nicht den Rechtsstatus dieser Kriegsflüchtlinge überdenken?

Die Kosten der Solidarität

Deutschland hat sich sehr rasch dazu entschieden, die Ukraine auch durch Waffenlieferungen und Ausbildung von Soldaten an modernen westlichen Waffen zu unterstützen. Diese Militärhilfe in Gestalt von Waffen, Gefechtsfahrzeugen und Munition beläuft sich im laufenden Jahr auf rund 5,4 Milliarden €. Für 2024 ist ein Betrag von rund 8 Milliarden € vorgesehen. Die Lieferung von militärischer Ausrüstung an die Ukraine hat Vorrang vor der Beschaffung für die Bundeswehr. Ähnlich engagieren sich die übrigen NATO-Länder, allen voran natürlich die USA. Daß letztere nota bene auch ein erhebliches Eigeninteresse daran haben, Russland an der Eroberung dieses Landes zu hindern und es in den eigenen Bündnisbereich und Wirtschaftsraum zu integrieren, liegt auf der Hand, ist jedoch weltpolitisch durchaus normal. Ebenso normal ist es, daß wir Deutschen als Verbündete in der NATO den USA in den Grundlinien der Politik folgen. Vernünftige Alternativen sind weit und breit nicht zu sehen.

Das Kriegsziel Russlands ist wohl nicht mehr das gleiche wie zu Beginn

Zu Beginn des Krieges schien es durchaus so, daß Russland sich eine blutige Nase holen würde. Das lag vor allem daran, daß die von Putin großsprecherisch als militärische Spezialoperation bezeichnete Besetzung und Unterwerfung der Ukraine sich sehr bald als stümperhaft durchgeführte Invasion einer Armee von Tölpeln herausstellte. Wir haben noch die Bilder von der endlosen Schlange der Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und sonstigen Gefechtsfahrzeuge von der russischen Grenze bis kurz vor Kiew vor Augen, die allenthalben von ukrainischen Panzern zusammengeschossen wurden. Bei dieser Sachlage schien es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Angriff völlig zusammenbrechen und anschließend von den ukrainischen Verteidigern über die Landesgrenze zurückgeworfen würde.

Der Stellungskrieg nach dem Muster des I. Weltkrieges

Inzwischen sehen wir ein anderes Bild. Aus dem verlustreich vorgetragenen Angriff einer Armee aus dem Kalten Krieg ist nun ein Stellungskrieg an den Grenzen der schon seit 2014 von nur schlecht aus solchen getarnten russischen Truppen besetzten östlichen Randgebiete der Ukraine mit russischstämmiger Bevölkerung geworden. Hier kommt man seit Monaten beiderseits nicht von der Stelle. Vielmehr bietet sich das Bild eines Stellungskrieges nach dem Muster des Ersten Weltkrieges in Frankreich. Keine der beiden Seiten kann mehr als bescheidene Frontkorrekturen im Bereich von wenigen Kilometern Tiefe, und das auch offenbar nur vorübergehend, erzielen. Russland ist von der Eroberung der Ukraine genauso weit entfernt wie die Ukraine von der Wiedergewinnung der besetzten Gebiete einschließlich der Halbinsel Krim. Offensichtlich ist Putin auch unter dem Zwang der Verhältnisse von der Vorstellung abgerückt, die Ukraine unterwerfen zu können. Vielmehr scheint das neue Kriegsziel darin zu bestehen, das seit Jahren besetzte Gelände nun endgültig in das russische Staatsgebiet einzuverleiben und das auch am Ende des Krieges in einem völkerrechtlichen Vertrag festschreiben zu können.

Bemerkenswert sind auch die Lagebeurteilungen westlicher Militärs, die von dem ursprünglichen Optimismus nur noch wenig übrig lassen, vielmehr davon ausgehen, daß auch die Ukraine ihre Kriegsziele nicht mehr erreichen kann. Noch bemerkenswerter ist nun ein Aufsatz des ukrainischen Oberkommandierenden, General Zaluzhnyi. Er beschreibt ausführlich die militärische Lage in diesem Stellungskrieg und zeigt dabei die Mängel an Waffen und Ausrüstung auf, die es unmöglich machen, vom Stellungskrieg zum Bewegungskrieg überzugehen, der allein ja zur Rückeroberung der russisch besetzten Gebiete führen könnte. Was nach wohl zutreffender Auffassung des Generals erforderlich wäre, wird die NATO wohl kaum liefern können, wohl auch nicht wollen.

Die personellen und militärischen Ressourcen

Hinzu kommt die Ungleichheit der Ressourcen auf beiden Seiten. Das beginnt bei der Einwohnerzahl der kriegführenden Parteien. Russland hat derzeit 143.556.000 Einwohner, die Ukraine 41.400.000. Der Angreifer kann also seine personelle Ergänzung aus einem mehr als dreimal so großen Bevölkerungsreservoir gewinnen, wie der Verteidiger. Das militärische Personal beider Seiten bietet ein ähnliches Bild. 1.330.900 Angehörigen der Streitkräfte einschließlich der Reserven in Russland stehen in der Ukraine ca. 500.000 gegenüber. Das ist deswegen so wichtig, weil natürlich die immensen Verluste in diesem Krieg einen erheblichen Ergänzungsbedarf im Personalbereich mit sich bringen. Es liegt auf der Hand, daß dies einem etwa dreieinhalb mal so viel Einwohner zählenden Lande wesentlich weniger Probleme bereiten wird, als dem so viel kleineren Gegner. Zu berücksichtigen ist dabei natürlich auch, daß für jeden gefallenen oder schwer verwundeten Soldaten ein gleichwertig ausgebildeter Soldat nicht sofort verfügbar ist, sondern eine Ausbildung schon als Mannschaftsdienstgrad mehrere Monate in Anspruch nimmt, bei Unteroffizieren und den unteren Offiziersrängen schon wenigstens eineinhalb Jahre, über die höheren Offiziersränge wollen wir gar nicht erst reden.

Lehren aus der Kriegsgeschichte

Das ist deswegen so wichtig, weil es ja nun offenbar darum geht, daß die Ukraine in der Position des Angreifers ist, der einen Feind, der sich hinter einem System von riesigen Minensperren und Feuerräumen seiner Artillerie verschanzt hat, angreifen und werfen will. Allgemein bedarf es dazu einer personellen Überlegenheit von wenigstens drei zu eins, wenn nicht mehr. Natürlich ist die Kriegsgeschichte voll von Beispielen, die es auf den ersten Blick auch möglich erscheinen lassen, daß der personell unterlegene Angreifer siegt. Denken wir etwa an Alexander den Großen, der die Schlachten von Gaugamela und Issos jeweils aus der Unterzahl beeindruckend gewonnen hat. Oder an Hannibal, der die berühmte Schlacht bei Cannae aus der Unterzahl ebenso wie seinen beeindruckenden Sieg am Trasimenischen See gewonnen hat. Auch der historische Sieg Friedrichs des Großen in der Schlacht bei Leuthen ist ein Beispiel dafür. Napoleon tat es ihm mehrfach gleich. Aus jüngerer Zeit wären der Frankreichfeldzug und die Eroberung Kretas zu nennen. Deutschland war in beiden Fällen personell nicht klar überlegen. Im Frankreichfeldzug war der Gegner bei der Artillerie im Verhältnis zwei zu eins, bei den Panzern im Verhältnis drei zu zwei und auch bei der Luftwaffe im Verhältnis 4,5 zu 3,5 überlegen. Natürlich war es in diesen Fällen regelmäßig dem militärischen Genie der jeweiligen Feldherren, aber auch der besseren Ausbildung und Disziplin der siegreichen Truppe geschuldet, daß dies gelingen konnte. Indessen zeigt der Blick auf den jeweiligen Krieg im ganzen, daß einzelne grandiose Siege letztendlich den Krieg nicht entschieden haben. Vielmehr setzte sich am Ende zumeist durch, wer über die deutlich größere Armee verfügte. Die Punier unterlagen deswegen letztendlich den Römern, Napoleon der Übermacht seiner verbündeten Feinde. Friedrich der Große obsiegte im Siebenjährigen Krieg allein deswegen, weil nach dem Tod der russischen Zarin Elisabeth am 5. Januar 1762 ihr Nachfolger Peter III. das Bündnis mit Österreich aufkündigte und von nun an Preußen unterstützte („Das Mirakel des Hauses Brandenburg“). Auch die deutsche Wehrmacht mußte letztendlich der zahlenmäßiegen Überlegenheit des zumeist schlechter kämpfenden Feindes unterliegen. Die Lehren aus der Kriegsgeschichte stehen der Erwartung eines ukrainischen Erfolges somit doch klar entgegen.

Eine neue Lage erfordert einen neuen Entschluß

Somit erhebt sich für die Unterstützer der Ukraine, auch Deutschland, die Frage, ob dieser Beurteilung der Lage nicht zwingend eine neue Bewertung des Verhältnisses zur Ukraine folgen muß und man nolens volens darauf dringen muß, das militärische Ergebnis des Krieges zu akzeptieren und die Grenzen neu zu ziehen. Zwar hätte sich damit der Aggressor letztendlich, wenn auch nur zum geringen Teil, durchgesetzt und das Völkerrecht wäre zum wiederholten Male der Gewalt gewichen. Indessen ist dies historisch der Normalfall. Gerade wir Deutschen wissen das doch nur zu gut.

Es erhebt sich aber auch schon jetzt die Frage, ob man nicht die Unterstützung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf eine neue, der Wirklichkeit angepasste Basis stellen muß. Es geht hier im laufenden Jahr um rund 2,75 Milliarden € nach rund 2 Milliarden € im vergangenen Jahr. Es geht aber auch darum, daß ein Großteil dieser Flüchtlinge durchaus beruflich qualifiziert ist und auf dem deutschen Arbeitsmarkt problemlos eingegliedert werden kann. Nettoausgaben in Milliardenhöhe könnten umgewandelt werden in Wertschöpfung durch diese Arbeitskräfte in mindestens gleichem Umfang.

Ändert sich die Lage, muß sich auch der Entschluß ändern, so lernt es der Offizier in seiner Ausbildung. Sollten unsere Politiker imstande sein, nüchtern und sachlich zu denken, müssten sie sich genauso verhalten.

Was darf Israel in Gaza?

Die Debatte nicht nur in Deutschland über die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten militärischen Mittel im Kampf gegen die Hamas ist weitgehend von Unkenntnis des Kriegsvölkerrechts geprägt. Es ist daher notwendig, die wesentlichen rechtlichen Grundlagen anzusprechen, die auch in einem solchen bewaffneten Konflikt gelten.

Anwendungsbereich der Haager Landkriegsordnung und des IV. Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949 und seiner Zusatzprotokolle I und II:

War noch das IV. Haager Abkommen von 18. Oktober 1907 mit seiner Anlage Haager Landkriegsordnung in seinem sachlichen Geltungsbereich noch auf Kriege zwischen Staaten beschränkt, so hat dieser Geltungsbereich durch die Genfer Abkommen vom 12.8.1949 eine Ausweitung erfahren. Das war notwendig, weil das Kriegsgeschehen nach dem Zweiten Weltkrieg im wesentlichen davon geprägt ist, daß nicht nur Staaten als vielmehr sogenannte Befreiungsbewegungen ohne die Qualität des Völkerrechtssubjekts kriegerische Akteure sind. Deswegen heißt es in Art. 2 des IV. Genfer Abkommens auch, daß es nicht nur Anwendung in allen Fällen eines erklärten Krieges, sondern auch in den Fällen eines anderen bewaffneten Konflikts findet. Dies unabhängig davon, ob eine der am Konflikt beteiligten Mächte Vertragspartei dieses Abkommens ist oder nicht. Gemäß Art. 3 des Abkommens gilt das auch für den Fall eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter hat und auf dem Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien entsteht. Somit gelten diese Regeln des Kriegsvölkerrechts auch in diesem bewaffneten Konflikt, denn der Gazastreifen wird nach allgemeiner Ansicht von Israel kontrolliert, unbeschadet dessen, daß seit 2005 dort keine israelischen Truppen mehr stationiert sind. Israel ist Vertragsstaat.Somit gelten die Regeln des Kriegsvölkerrechts auch für die auf dem Gebiet agierenden nichtstaatlichen Kräfte, über das es völkerrechtlich seine Hoheit hat. Auch Art. 1 Abs. 1 des II. Zusatzprotokolls stellt klar, daß seine Regeln auf alle bewaffneten Konflikte Anwendung finden, die vom I. Zusatzprotokoll nicht erfasst sind und die im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei zwischen deren Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten bewaffneten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebiets der Hohen Vertragspartei ausüben, daß sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen und dieses Protokoll anzuwenden vermögen. Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Falle zu. Ohnehin sind die wesentlichen Grundsätze des humanitären Kriegsvölkerrechts wohl auch als Gewohnheitsrecht im Sinne einer allgemeinen Überzeugung in den zivilisierten Staaten anzusehen.

Die wesentlichen Regeln:

Der Schutz der Zivilbevölkerung wird bereits in der Haager Landkriegsordnung in verschiedener Hinsicht geregelt. Das gilt für das Verbot, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen (Art. 25), Städte oder Ansiedlungen selbst wenn sie im Sturm genommen sind, der Plünderung preiszugeben (Art. 28), und die Regelungen über die Ausübung militärischer Gewalt auf besetztem feindlichen Gebiet im III. Abschnitt der HLKO. Präzisiert und ausgeweitet wird das dann in den Zusatzprotokollen, insbesondere im Kapitel II des Zusatzprotokolls I, in Art. 57 Abs. 1, wonach bei Kriegshandlungen stets darauf zu achten ist, daß die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen und zivile Objekte verschont bleiben, sowie das präzisierte Verbot unverteidigte Orte anzugreifen in Art. 59 des ZP I. Indessen wird an mehreren Stellen festgelegt, daß dieser Schutz der Zivilbevölkerung auch verwirkt werden kann.

Verwirkung:

Gemäß Art. 59 Abs. 7 ZP I 1977 verliert ein Ort seinen Status als unverteidigter Ort, wenn er die Voraussetzungen des vorausgehenden Abs. 2 nicht erfüllt, nämlich, daß der Ort wirklich von bewaffneten Militär und militärischen Anlagen oder Einrichtungen frei ist. So wird gemäß Art. 19 des IV. Genfer Abkommens der den Zivilkrankenhäusern gebührende Schutz verwirkt, wenn sie außerhalb ihrer humanitären Bestimmung dazu verwendet werden, den Feind schädigende Handlungen zu begehen. Grundsätzlich dürfen gemäß Art. 12 Abs. 4 ZP I 1977 Sanitätseinheiten unter keinen Umständen für den Versuch benutzt werden, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen. Ggemäß Art. 51 Abs. 7 ZP I 1977 dürfen die Anwesenheit oder Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen nicht dazu benutzt werden, Kriegshandlungen von bestimmten Punkten oder Gebieten fernzuhalten, insbesondere durch Versuche, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken, zu begünstigen oder zu behindern. Die am Konflikt beteiligten Parteien dürfen Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen nicht zu dem Zweck lenken, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken. Unbeschadet der Zulässigkeit herkömmlicher Kriegslisten (Art. 24 HLKO) ist es nach allgemeiner Ansicht unzulässig, eine besondere Schutzsituation, etwa durch den Missbrauch des Rot-Kreuzzeichens, vorzutäuschen.

Leider müssen wir sehen, daß die Hamas sich an keine der geltenden kriegsvölkerrechtlichen Regeln hält. Vielmehr missbraucht sie die Zivilbevölkerung in ihrem Machtbereich als Schutzschild. Ihre militärischen Einrichtungen und Kampfverbände sind nicht nur in unmittelbarer Nähe von zivilen Wohnhäusern, sondern vielfach direkt in diesen Häusern disloziert. Nach unbestrittenen Berichten befindet sich zum Beispiel eine Kommandozentrale, im Sprachgebrauch der Bundeswehr Gefechtsstand, direkt unterhalb einem der größten Krankenhäuser der Stadt Gaza. Unter diesen Umständen ist auch die Angabe Israels glaubhaft, ein von seinen Soldaten beschossener Krankentransportwagen sei zum Transport von bewaffneten Kämpfern, im militärischen Sprachgebrauch also als Mannschaftstransportwagen, benutzt worden. Somit ist nach den zitierten wichtigsten Regelungen des aktuell geltenden internationalen Kriegsvölkerrechts die Bekämpfung solcher Ziele rechtmäßig.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Breiten Raum in der gegenwärtigen Debatte nimmt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein. Nun ist das zunächst einmal ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der bei jeder Anwendung staatlicher Gewalt zu beachten ist. Er besagt, daß auch im Kriege beim Einsatz von Machtmitteln und der Anwendung militärischer Gewalt stets geprüft werden muß, ob der angestrebte militärische Erfolg in einem angemessenen Verhältnis zu dem Schaden steht, der dadurch bei der unbeteiligten Zivilbevölkerung entsteht. Deswegen darf bei Angriffen gegen militärische Ziele die Zivilbevölkerung nicht unterschiedslos in Mitleidenschaft gezogen werden. Angriffe gegen militärische Ziele sind unzulässig, wenn der zivile Schaden außer Verhältnis zu dem zu erwartenden unmittelbaren militärischen Nutzen stehen würde. Das ist in ZP I 1977, Art. 48 ff. kodifiziert und in Einzelheiten weiter entwickelt worden. Indessen kann die Schonung der Zivilbevölkerung nur erwartet werden, soweit von ihr keine Schädigungshandlungen ausgehen. Die militärische Gewaltanwendung darf auch nicht unterschiedslos die Zivilbevölkerung und die feindlichen Soldaten bzw. Kämpfer treffen. So sind Flächenbombardements verboten, Angriffe müssen möglichst zielgenau durchgeführt werden. Soweit wegen der Nähe zu militärischen Objekten die Zivilbevölkerung unvermeidbar mit betroffen wird (Kollateralschäden), hindert das die Anwendung militärischer Gewalt nicht. Allerdings gilt auch hier das Verhältnismäßigkeitsprinzip.

Die Besonderheiten der Kriegführung auf Seiten der Terrororganisation Hamas bringen es allerdings mit sich, daß auch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kaum eine der israelischen Kampfhandlungen als Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht erscheinen lassen kann. Die Hamas benutzt offensichtlich planmäßig die Zivilbevölkerung als Schutzschild. Sie verhindert offenbar sogar, daß die Zivilbevölkerung vollständig aus dem Kampfgebiet abzieht, offenbar deswegen, weil sie sonst dieses Schutzschildes verlustig ginge. Auch die Einrichtung und Nutzung des weitverzweigten Tunnelsystems teilweise direkt unter den Städten und Dörfern lässt die darüberliegende Wohnbebauung als Schutzschild für diese unterirdischen Kampfeinrichtungen erscheinen. So ist es aus militärischer Sicht absolut verhältnismäßig, etwa eine sogenannte Kommandozentrale unter einem Krankenhaus durch den gezielten Beschuss mit Raketen hoher Durchschlags- und Sprengkraft auszuschalten. Denn eine führungslos gemachte Truppe hat dann nur noch einen sehr geringen Gefechtswert, was wiederum der angreifenden Truppe das Erreichen ihres militärischen Ziels sehr erleichtert. Die im Verhältnis dazu eingetretene Schädigung der Zivilbevölkerung ist dann eben nicht unverhältnismäßig, denn dieser Beschuss ist zur Erreichung des militärischen Ziels notwendig. Eine zumutbare, weil etwa ebenso sichere und das Leben der eigenen Soldaten schonende Alternative dazu gibt es leider nicht. Hinzu tritt, daß der Missbrauch eines Krankenhauses als Schutzschild darunter liegender militärischer Anlagen zur Verwirkung des völkerrechtlichen Schutzes führt. Dies ist allein von der Hamas zu verantworten. Diese Art von Kriegführung wird allgemein als Kriegsverbrechen der Seite angesehen, die ihre eigene Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht.

Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen kann sich dafür bei ihren Herren – man scheut sich, von einer demokratisch gewählten Regierung zu sprechen – bedanken. Daß diese Leute ihr verbrecherisches Handeln auch noch gottgefällig finden, macht die Sache nicht besser. Ob die von der Hamas unterjochte, geschundene und als Kanonenfutter missbrauchte Bevölkerung des Gazastreifens jemals erkennen wird, daß es sich bei ihren Herren nicht um Diener Gottes, sondern Kreaturen Beelzebubs handelt, und sich ihrer entledigt, ist leider wohl kaum zu erwarten.

Recht und Politik, zwei Welten

Wir lesen, daß Politiker, allen voran der amerikanische Präsident, Israel laufend an die Einhaltung des Kriegsvölkerrechts, insbesondere die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots, erinnern. Das mag den innenpolitischen Debatten und Verhältnissen geschuldet sein. Indessen handelt es sich beim Verhältnismäßigkeitsgrundsatz um eine juristische Binsenweisheit, von einer derartigen Selbstverständlichkeit, daß man darüber eigentlich nicht sprechen müsste. Es ist auch nicht ersichtlich, daß Israel bei seiner Kriegführung diesen Grundsatz nicht beachten würde. Allenfalls die kurzfristige Weigerung, die Belieferung mit Strom, Wasser und Lebensmitteln zuzulassen, kann unter diesem Gesichtspunkt geprüft werden. Aber auch hier muß dann in Rechnung gestellt werden, daß auch dies nur unter Beachtung der notwendigen Vorsichtsmaßnahmen geschehen kann. Schließlich kann man angesichts der Art und Weise, wie die Terrororganisation Hamas diesen bewaffneten Konflikt führt, nicht vorsichtig genug sein. Diesen Leuten ist ja zuzutrauen, daß sie auch Waffen und Munition in Lebensmitteltransporten verstecken und Lieferungen von Wasser und Energie an der Zivilbevölkerung vorbei an ihre bewaffneten Kämpfer lenken.

Auch wenn das Kriegsvölkerrecht die Hamas grundsätzlich nicht interessiert, entbindet dies Israel natürlich nicht von seiner Anwendung beim eigenen Vorgehen. Soweit ersichtlich, hält man sich daran auch. Daß man aber ausgerechnet die offenbar rechtstreuen israelischen Streitkräfte ermahnt, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, derartige Ermahnungen gegenüber der Hamas aber nicht zu hören sind, ist schon erstaunlich.

Die Schinderhütte am Mittelmeer

Die Nachrichten von den Ereignissen in Israel seit dem vergangenen Samstag lassen erschaudern. Eine Soldateska übelster Sorte, die Mordbrenner früherer Zeiten mühelos in den Schatten stellt, quält offenbar mit Inbrunst Menschen zu Tode, schreckt nicht davor zurück, kleinen Kindern die Köpfe abzuschneiden und junge Frauen zu Tode zu vergewaltigen. Die Mordlust dieser aufgeputschten Terroristen hat einen noch schlimmeren Charakter, als die leidenschaftslose Handwerklichkeit der Schergen des Hitler-Regimes und die zynische Kälte der Administratoren des Holodomor. In der metaphorischen Erzählung „Auf den Marmorklippen“ zeichnet Ernst Jünger das Grauen der nationalsozialistischen Vernichtungslager bildhaft als „Schinderhütte“. Den Menschentypus, der das Grauen produziert, läßt er bildhaft enstehen: „Stankhöhlen grauenhafter Sorte, darinnen auf alle Ewigkeit verworfenes Gelichter sich an der Schändung der Menschenwürde und Menschenfreiheit schauerlich ergötzt.“ Im aktuellen Falle der Hamas kommt hinzu, daß die Täter in blasphemischer Perversion einen göttlichen Auftrag zu erfüllen behaupten, denn sie berufen sich auf den Koran.

Was es festzuhalten gilt:

Angesichts eines Menschheitsverbrechens kann nur unmissverständlich Position bezogen werden. Die Dinge liegen, auch wenn manche Kommentare auch in Deutschland das anders darstellen, sehr klar. Ob man nun von einem Krieg spricht, den die Hamas begonnen hat, oder ob man von bloßem Terrorismus spricht, in beiden Fällen gibt es nicht den Hauch einer Berechtigung der Hamas, Israel überhaupt anzugreifen, geschweige denn in dieser Art und Weise. Selbst wenn die von palästinensischer Seite und ihnen sekundierend eine Reihe von arabischen Staaten vorgetragenen Gründe, vor allem die angebliche Notwendigkeit, die Palästinenser vom Joch Israels zu befreien, wenigstens in geringem Umfang begründet wären: das Gewaltverbot der UN-Charta und nicht nur das steht einem solchen Angriff grundsätzlich entgegen.

Wider die Geschichtsklitterung

Selbst wenn, wie die Palästinenser nicht müde werden zu behaupten, mit der Gründung des Staates Israel 1948 ihnen ihr Land weggenommen worden wäre, selbst dann könnte das heute, 75 Jahre später, nicht den Hauch einer Rechtfertigung dafür geben, nunmehr diesen Staat zu vernichten. Sicher war Palästina jahrhundertelang kein Staat der Juden. Im Jahre 70 nach Christus endete mit der Eroberung und Unterwerfung durch die Römer die eigene Staatlichkeit des jüdischen Volkes. An deren Stelle trat indessen kein Palästinenserstaat. Vielmehr war Palästina im Laufe der Jahrhunderte immer nur Bestandteil bzw. Territorium eines anderen Staates, zuletzt des osmanischen Reiches und dann britisches Mandatsgebiet. Mit der Balfour Erklärung vom 2. November 1917 erklärte sich dann Großbritannien bereit, dem Wunsch der Zionisten zu entsprechen und Palästina künftig zur nationalen Heimstätte der Juden zu machen. Das wurde dann bekanntlich 30 Jahre später umgesetzt. Ob es klug war, dabei nicht gleich auch einen Palästinenserstaat zu schaffen, kann dahinstehen. Denn die Palästinenser lehnten im Gegensatz zu den Israelis die Schaffung zweier Staaten in Palästina von vornherein ab. Man hat ihnen eben nicht ihr Staatsgebiet genommen, denn sie hatten keins. Vielmehr ist beginnend mit der Balfour Deklaration 1917 und dann der Gründung des Staates völkerrechtlich die Existenz Israels festgeschrieben worden. In der Folgezeit ist dann ja auch rasch die Anerkennung durch die Vereinten Nationen und nahezu alle Staaten der Erde erfolgt.

Alle haben sich mit dem Unrecht irgendwann arrangiert. Nur die Palestinenser nicht.

In der Geschichte sind immer wieder Staatsgrenzen verschoben, Staaten erheblich verkleinert, unterworfen oder sogar aufgelöst worden. In aller Regel nicht im Einvernehmen, sondern unfriedlich und mit Gewalt gegen alles Völkerrecht. Indessen ist das jeweils immer mit der Zeit als Rechtsänderung angesehen worden. Daher rührt ja der Begriff von der normativen Kraft des Faktischen. Die jeweils betroffenen Völker und Staaten haben sich dann eben mit der Situation abgefunden. Das kennen wir ja nun sehr gut aus unserer Geschichte. Die Gebietsverluste Deutschlands auf der Grundlage des Versailler Vertrages, den heute niemand mehr als ausgewogenen oder gar gerechten Friedensvertrag ansieht, noch mehr die Gebietsverluste Deutschlands nach dem Zweiten Weltkriege, zunächst ohne vertragliche Regelung bis zum 2 + 4 Vertrag 1990, waren zunächst nun wirklich himmelschreiendes Unrecht, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg einhergehend mit millionenfachem Mord an der deutschen Bevölkerung. Hätten sich die Deutschen dann ebenso verhalten wie die Palästinenser, dann säßen unsere Flüchtlinge und Vertriebenen immer noch in Lagern. Stattdessen ging man zügig daran, Flüchtlinge und Vertriebene in das verbliebene Deutschland zu integrieren. In der Regel fühlten sich schon die Kinder der Flüchtlinge und Vertriebenen nicht mehr als Ostpreußen, Schlesier oder Sudetendeutsche, sondern als Bayern, Schwaben oder Niedersachsen. Dies ungeachtet der Traditionspflege und der im Laufe der Jahrzehnte immer leiser werdenden Rufe ihrer Funktionäre nach Restitution. Was uns Deutschen gelungen ist, hätten die Palästinenser sicherlich ebenfalls erreichen können, wobei allerdings offensichtlich auch der Unwille der arabischen Brüder (die Schwestern haben ja nichts zu sagen), ihre Landsleute und Glaubensgenossen aufzunehmen und zu integrieren, ein übriges getan hat.

Verteidigung muß nachhaltig sein

Mit der Situation umzugehen, ist natürlich nicht unsere Sache, sondern allein Sache Israels. Wir hingegen können uns lediglich politisch positionieren und, soweit überhaupt erforderlich, logistische Hilfe leisten. Militärische Unterstützung braucht die beste Armee der Welt nicht. Was sie allerdings auch nicht braucht, sind Belehrungen und Ermahnungen, was die Kriegführung gegen die Hamas betrifft. Zum einen ist gerade nicht zu beanstanden, daß nun im dicht besiedelten Gazastreifen zivile Ziele bekämpft werden. Denn bei Lichte besehen handelt es sich nicht um zivile Ziele im Sinne des Kriegsvölkerrechts. Die Hamas hat Führungsstäbe und Munitionsdepots in Wohnblocks untergebracht, missbraucht also die Wohnbevölkerung als Schutzschild für ihre militärischen Einrichtungen. Das sind dann von Rechts wegen eben militärische Ziele. Zum anderen wird es unumgänglich sein, diesen Feind nicht lediglich niederzuwerfen, sondern zu vernichten. Diese fanatischen Terroristen, die noch das menschliche Niveau des Mordgesindels unterschreiten, das Ernst Jünger gleichnishaft beschreibt, haben sich ihrer Menschenwürde selbst entäußert, bis auf den in Art. 1 des Grundgesetzes festgeschriebenen Kernbestand, der zum Beispiel eine angemessen würdige Bestattung erheischt, und sich auf eine Gefahr, eine tödliche Gefahr für die israelische Bevölkerung reduziert. Eine solche Gefahr muß schlicht beseitigt werden, wie etwa ein Baum, der auf eine stark befahrene Straße zu stürzen droht, wie etwa ein Wolf, der die Kühe der Bauern auf den Almen und ihre Schafe auf den Weiden reißt. Die israelische Bevölkerung hat das Recht, künftig in Frieden ohne Furcht leben zu können, und ihr Staat hat die Pflicht, dies zu gewährleisten. Was von der Hamas nach den Kampfhandlungen noch übrig bleibt, wird man wohl so lange hinter Gitter bringen müssen, bis von diesen Terroristen aus Altersgründen keine Gefahr mehr ausgehen kann.

In existentieller Gefahr müssen alle zusammenstehen

Dieser Krieg wird viele Opfer kosten. Leider dürfte Israel keine andere Wahl haben. Die Zerstörung von Kommandozentralen und Munitionsdepots allein wird das Problem nicht lösen. Es wird wohl der Gazastreifen Haus für Haus zu erobern sein. Hinzu kommt, daß dieses Gelände untertunnelt ist wie ein Ameisenhaufen. Vor eine Aufgabe dieser Schwierigkeit ist bislang wohl noch keine Armee gestellt worden. Doch ich sehe keine andere Möglichkeit, die Gefahr nachhaltig und endgültig zu beseitigen. Wohl auch deshalb hat man ja nun eine Regierung der nationalen Einheit für die Dauer des Krieges gebildet. Denn was ein Staat in dieser Situation sicher nicht brauchen kann, sind politische Debatten über die Zweckmäßigkeit der Kriegführung, angebliche oder auch wirkliche Versäumnisse der Generalität und dergleichen Misshelligkeiten mehr. So jedenfalls hat sich die politische Lage zu Beginn des Ersten Weltkrieges in Deutschland dargestellt, als Kaiser Wilhelm II den berühmten Satz sprach: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“

Unsere Hausaufgaben

Natürlich ist zu wünschen, daß dieser Krieg sehr bald beendet wird, und damit die Zahl der Opfer, auch unter der Zivilbevölkerung im Kampfgebiet, begrenzt bleibt. Indessen muß leider mit Blick auf die palästinensische Bevölkerung gesagt werden, daß sie ja offenbar hinter ihrer fanatischen Führung steht. Das zeigen ja die unsäglichen Demonstrationen auch auf unseren Straßen. Ursache ist dabei nicht nur das verstockte Beharren auf angeblichen Rechtspositionen, sondern auch der Islam. Denn im Koran werden durchgängig die Juden als minderwertig, als Feinde der Rechtgläubigen dargestellt. Somit sind sie mindestens zu unterwerfen, wenn nicht mehr. Arabische Kinder lernen bereits in der Schule, daß Israel vernichtet werden muß. Wer das alles noch unter Religionsfreiheit im Sinne unseres Grundgesetzes rechnen will, dem ist nicht mehr zu helfen. Nur weil eine menschenverachtende Ideologie mit dem Etikett der Religion versehen ist, kann sie nicht den Schutz des Grundgesetzes genießen. Wir sollten daher von unseren Politikern erwarten können, daß sie dem in unserem Land entgegentreten. Indessen müssen wir erleben, daß Deutschland israelfeindliche Demonstrationen mit klar verfassungsfeindlicher Zielrichtung zuläßt, nach wie vor palästinensische Organisationen finanziell unterstützt, und auch die Europäische Union sich hier unrühmlich hervortut. Diese Finanzierung muß umgehend beendet werden. Wenn dagegen eingewandt wird, damit treffe man die Ärmsten der Armen in Palästina, dann geht das fehl. Diese Gelder fließen in erster Linie in die weiten Taschen der dortigen korrupten Politiker und Funktionseliten. Das was übrig bleibt, geht in die Rüstung und an die bewaffneten Kämpfer. Wer das anders sieht, ist entweder unglaublich naiv oder betreibt wissentlich das Geschäft der Hamas.

Denken führt zur Erkenntnis

Vielleicht öffnet dieser Krieg so manchen auch in Deutschland endlich die Augen. Vielleicht beginnt auch mancher darüber nachzudenken, warum das linke bis linksextreme Spektrum in Deutschland stets für Hamas, Hisbollah und ähnliche Terrororganisationen eintritt, die politische Rechte indessen nicht. Die angeblichen Nazis von der AfD zum Beispiel haben heute im Deutschen Bundestag verlangt, diese Terrorfinanzierung umgehend einzustellen.

Zweierlei Maß

Wir erleben derzeit ein Schauspiel auf der politischen Bühne, von dem wir noch nicht ganz genau wissen, ob man es als Posse oder Skandal einordnen muß. Die Rede ist von der sogenannten Flugblattaffäre um den bayerischen Politiker Hubert Aiwanger.

Der Sachverhalt

Zunächst einmal ist es immer hilfreich, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Und das können immer nur die wirklich feststehenden Tatsachen sein, insbesondere das, was der jeweils Beschuldigte bzw. an den Pranger gestellte einräumt, jedenfalls wenn nicht das Gegenteil mit gerichtsfesten Beweisen vorgetragen wird. Demnach hat der ältere Bruder des Politikers vor 35 Jahren ein Flugblatt verfasst und vervielfältigt, dessen Inhalt vor widerwärtigen antisemitischen Phrasen nur so strotzt. Der Text ist weithin öffentlich bekannt, sodaß er hier nicht wiederholt werden muß. Der Vorgang ist nun von einer oder mehreren anonym gebliebenen Personen über die Süddeutsche Zeitung an die Öffentlichkeit getragen worden. Zufällig wird in Bayern am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt und jetzt, sechs Wochen vorher, beginnt eben die heiße Phase des Wahlkampfs. Honi soit qui mal y pense. Natürlich haben sich sowohl der Politiker als auch sein Bruder entschieden von diesen Text distanziert.

Somit muß von einem Sachverhalt ausgegangen werden, wonach eine aktive Beteiligung des Politikers an dem Vorgang ausscheidet. Er hat allenfalls, soweit man das nach 35 Jahren überhaupt noch seinem Gedächtnis zuverlässig entnehmen kann, eine oder mehrere Kopien dieses Pamphlets in seiner Schultasche gehabt. Wie und aus welchem Grunde sie dort hinein gelangt sind, kann man heute nicht mehr feststellen. Spekulationen darüber werden indessen phantasievoll angestellt, wenig überraschend vom politischen Gegner und seiner Journaille, zu der natürlich die Süddeutsche Zeitung gehört. Vor allem muß man es auch beiden Herren abnehmen, daß sie sich wie hoffentlich jeder von uns auch persönlich weiter entwickelt haben und nicht auf der Stufe des unreifen Jugendlichen stehen geblieben sind. Auch das muß man wohl gewissen Politikern und Medienschaffenden in Erinnerung rufen. Zumal sie das in anderem Zusammenhang Politikern aus dem eigenen Lager gerne zubilligen, wie wir noch sehen werden.

Von Rechts wegen…

Natürlich muß bei einem solchen Sachverhalt auch die rechtliche Prüfung erfolgen. Nicht behandelt werden muß an dieser Stelle, daß die Verdachtsberichterstattung der Süddeutschen Zeitung angesichts der Substanzlosigkeit des Vorwurfs glatt rechtswidrig ist. Damit werden sich hoffentlich die Gerichte befassen müssen. Der Text dieses Flugblattes erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung, § 130 Abs. 1 StGB. Täter im Sinne dieser Vorschrift ist allerdings nur, wer einen solchen Text verfasst und/oder verbreitet. Beides trifft auf den Politiker Aiwanger nicht zu. Somit müssen wir auf der Grundlage des bekannten Sachverhalts als Zwischenergebnis festhalten, daß sich Herr Aiwanger nicht strafbar gemacht hat. Zur rechtlichen Einordnung ist indessen weiter hilfreich, gewissermaßen hilfsweise zu prüfen, was denn hätte geschehen müssen, wenn damals der 16-jährige Hubert Aiwanger wegen dieser Tat angeklagt worden wäre. Natürlich wäre Jugendstrafrecht zur Anwendung gekommen. Der bis dahin offensichtlich strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Jugendliche hätte vielleicht Jugendarrest bzw. eine Auflage, gemeinnützige Arbeit zu leisten, bekommen. Letztere hätte aus erzieherischen Gründen etwa darin bestehen können, Hilfsdienste bei der Instandhaltung und Pflege einer der KZ-Gedenkstätten zu leisten, um dem ausweislich seiner Tat offensichtlich unreifen Jugendlichen vor Augen zu führen, mit welchem Entsetzen er Scherz getrieben hat. Zu bemerken ist ferner, daß eine solche Straftat auch nach fünf Jahren verjährt. Wer auch immer der Täter war, seine Tat ist seit Ablauf des Jahres 1993, also seit 30 Jahren, verjährt.

Der Blick nach links

Wenn wir uns schon mit politischen Jugendsünden von Politikern befassen, dann müssen wir in alle Richtungen der politischen Landschaft schauen. Hubert Aiwanger und seine Freien Wähler werden grob dem konservativen Lager, also politikwissenschaftlich mitte/rechts eingeordnet. Blicken wir also nach links. Beginnen wir mit dem seinerzeit äußerst populären Außenminister Joschka Fischer von den Grünen. Vor seiner Laufbahn als Politiker hat er allerdings eine Laufbahn als politischer Straftäter hinter sich gebracht. Unbestritten war er in der Zeit von 1971-1976 Anführer einer gewalttätigen linksextremen Vereinigung, die sich selbst stolz „Putztruppe“ nannte. Man machte eben ordentlich Putz. Auf einem Foto aus dem April 1973 ist Fischer zusammen mit dem Terroristen Hans-Joachim Klein zu sehen, wie beide auf einen am Boden liegenden Polizisten einschlagen. 1975 ist Fischer am Angriff der Putztruppe auf das spanische Generalkonsulat beteiligt, bei dem Steine und Molotowcocktails geworfen werden. Am 10. Mai 1976 werden während einer von Fischer und seinen Mitstreitern geplanten Demonstration zugunsten der Terroristin Ulrike Meinhof unter dem Motto „Rache für Ulrike Meinhof“ schwere Gewalttaten begangen, unter anderem wird – um auch einmal den Namen eines unschuldigen Opfers zu nennen – der Polizist Jürgen Weber von Putztruppen-Aktivisten lebensgefährlich verletzt. Fischer selbst hat 2001 öffentlich zugegeben: „Ja, ich war militant, … wir haben Steine geworfen“. Nun ist Fischer am 12. April 1948 geboren, war also während der Begehung der geschilderten Taten zwischen 25 und 28 Jahre alt. Also erwachsen und strafrechtlich voll verantwortlich. Verurteilt wurde er deswegen nie. Offenbar war jedenfalls in unverjährter Zeit die Beweislage so schlecht, daß der Tatnachweis nicht in der zur Anklageerhebung erforderlichen Gewissheit geführt werden konnte. Die inmitten stehenden Straftaten indessen, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung, schwere Körperverletzung, Landfriedensbruch etc. haben auch entsprechend lange Verjährungsfristen, hier bis zu 10 Jahren.

Die kommunistische Vergangenheit, gern vergessen

Nicht nur die kriminelle Vergangenheit von Politikern ist interessant, auch sollte für den Wähler von Interesse sein, ob ein Politiker in seiner Jugend bereits fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stand, oder sich in extremistischen, verfassungsfeindlichen Kreisen bewegt hat. Da ist auf der linken Seite des politischen Spektrums in Deutschland doch einiges zu finden. Beginnen wir mit dem Herrn Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier war als Student Redakteur der linken Zeitschrift „Demokratie und Recht“, die im Pahl-Rugenstein Verlag – seinerzeit auch spöttisch „Pahl-Rubelschein Verlag“ genannt – erschien und zumindest geraume Zeit als Mitteilungsblatt der Vereinigung der Juristen in der DDR fungierte. Das Blatt wurde demgemäß auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Vielleicht deswegen forderte der Jurist Steinmeier schon damals eine Diskussion über eine linke Verfassungsinterpretation.

Betrachtet man unter diesem Aspekt die Vergangenheit einer Vielzahl von Politikern der Grünen, dann muß man zu dem Ergebnis kommen, daß starke Wurzeln dieser Partei die linksextremen kommunistischen Gruppen „Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW)“ und „Kommunistischer Bund (KB)“ sind. Diese jeweils maoistisch orientierten, teils straff organisierten und auch mit beträchtlichen finanziellen Mitteln ausgestatteten Organisationen spielten innerhalb der Linken in Deutschland vor allem in den siebziger Jahren eine große Rolle. Maßgebliche Funktionäre des KBW waren seinerzeit unter anderem die Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer, Ralf Fücks, Wilfried Kretschmann – ja, der volkstümlich schwäbelnde baden-württembergische Landesvater -, Joscha Schmierer, Freund und Günstling von Joschka Fischer und die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, allerdings nicht von den Grünen, sondern von der SPD. Funktionäre des KB waren unter anderem Angelika Beer, 2002-2004 Bundesvorsitzende der Grünen und der langjährige Parteivorsitzende und Bundesminister Jürgen Trittin. Aber auch „Die Linke“ ist prominent vertreten mit ihrer Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpcke.

Scheinheilig ist nun mal das Gegenteil von heilig

Es ist geradezu peinlich, wie nun vor allem das linke politische Lager in Deutschland von SPD bis Die Linke mit den Fingern auf Hubert Aiwanger zeigt. Die Bedeutung des Sprichworts, daß wer mit dem Finger auf andere zeigt, gleichzeitig mit drei Fingern auf sich selbst zeigt, kann kaum augenfälliger demonstriert werden, als an diesem Falle. Wenn etwa die bislang allerdings weder durch brillante intellektuelle Leistungen noch beruflichen Erfolg aufgefallene SPD-Vorsitzende Saskia Esken nun in dieser Geschichte herumwühlt, damit wenigstens irgendwelche Verdächtigungen die Nachrichtensendungen und Zeitungsartikel beherrschen, dann genügt natürlich ein Blick auf die derzeitigen Meinungsumfragen zur Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober. Da liegen die Freien Wähler bei 12,5 %, die SPD bei 10,2 %. Und, nebenbei bemerkt, die scheinheiligen Ermahnungen des CSU-Chefs Markus Söder, die Sache müsse sorgfältig aufgeklärt werden, obgleich alles aufgeklärt ist, lassen sich leicht mit dem Umfragewert seiner Partei erklären. Der liegt bei für CSU-Verhältnisse mageren 37,8 %.

Politisch‘ Lied

Es wird eben mit zweierlei Maß gemessen. Ein im linken Spektrum, das nun einmal seit der unseligen Ära Angela Merkel bereits bei den Unionsparteien beginnt und bei der Antifa endet, reichlich unbeliebter konservativer Politiker muß niedergemacht werden, egal wie, und egal was man gegen ihn anführen kann. Semper aliquid haeret wussten schon die alten Römer. Mit anderen Worten: es ist völlig gleichgültig, was wirklich passiert ist, maßgeblich ist allein, was in der Öffentlichkeit gesagt und geschrieben wird. „Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied!“ läßt Goethe in der Szene Auerbachs Keller im Faust I den Brandner sprechen. Betrachten wir die politischen Sitten zur Zeit Goethes und vergleichen wir sie mit Vorgängen wie der Affäre Aiwanger, überhaupt mit dem Verhalten von Politikern und Journalisten unserer Tage, dann fragen wir uns schon, welche Worte Goethe dafür fände, kehrte er auch nur für wenige Stunden auf die Erde zurück.

Der Ukraine-Konflikt – wer kann ihn wie lösen?

Seit nahezu eineinhalb Jahren tobt der Krieg in der Ukraine. Ein Ende erscheint nicht absehbar. Genauso lange währt die Debatte über, über ja was eigentlich? Die Ursache oder vielleicht die Ursachen? Wer hat Schuld? Wer ist im Recht? Kann sich der Konflikt ausweiten? Besteht die Gefahr des Atomkrieges? Kann Deutschland Kriegspartei werden oder ist es das bereits? Darf, soll oder muss Deutschland Waffen liefern? Soll die Ukraine Mitglied von NATO und/oder EU werden?

Was man dazu lesen kann, sei es in den großen Medien, sei es in den alternativen und sogenannten sozialen Medien, ist in aller Regel von unterkomplexer Problemerfassung und damit zwangsläufig intellektuell unzureichender Gedankenführung geprägt, was naturgemäß nicht zu brauchbaren Analysen oder gar Lösungsvorschlägen führen kann.

Ordnen wir also unsere Gedanken. Ein Konflikt wie dieser hat in aller Regel mehrere Dimensionen. Die geopolitische, die juristische, die militärische.

Die Rechtslage

Beginnen will ich mit der juristischen Dimension des Konflikts. Sie ist vergleichsweise einfach zu beurteilen. Hierzu verweise ich auf mein Buch „Tatort Ukraine“. Dort habe ich die völkerrechtliche Lage kurz erläutert. Davon habe ich jetzt nach einem Jahr seit Erscheinen nichts zurückzunehmen. Russland hat mit dem Angriff auf die Ukraine gegen Art. 2 Abs. 4 der Charta der Vereinten Nationen verstoßen. Dort ist ein unbedingtes Gewaltverbot festgelegt, das nur auf der Grundlage der Ausnahmetatbestände eben dieser Charta durchbrochen werden kann, insbesondere im Wege des Selbstverteidigungsrechts, des Rechts der Hilfe zur Selbstverteidigung und auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta, wo die kollektive Gewaltanwendung durch die Vereinten Nationen geregelt ist. Hinzu kommt die Verletzung mehrerer weiterer völkerrechtlicher Verträge und zwischenstaatlicher Verträge zwischen Russland und der Ukraine. Soweit ersichtlich, wird außer von Russland selbst und seinen Unterstützern nirgends die Auffassung vertreten, der Angriff sei juristisch gerechtfertigt gewesen. Hinzu tritt im vorliegenden Falle die Art und Weise der Kriegführung Russlands, die sich ganz offensichtlich auch gegen die Zivilbevölkerung richtet und damit gegen die einschlägigen Vorschriften des Kriegsvölkerrechts, vor allem in der nach wie vor geltenden Haaager Landkriegsordnung, verstößt. Es ist offensichtlich nur in wenigen Fällen so, daß die angegriffenen zivilen Ziele militärische Stellungen tarnen, was selbstverständlich deren Beschuss rechtlich zulässig macht. Und es ist offensichtlich auch nur in seltenen Fällen so, daß man von sogenannten Kollateralschäden sprechen kann. Insoweit bin ich auch der Auffassung, daß der Einsatz von Fernwaffen, die konstruktiv schon gar nicht dazu geeignet sind, Ziele präzise zu treffen, sondern bei deren Abschuss bereits als wahrscheinlich angenommen werden muß, daß sie weit abgelegene zivile Ziele treffen, selbstverständlich genauso zu beurteilen ist, wie der gezielte Angriff auf zivile Ziele. Was Kriegsverbrechen angeht, so dürften diese kaum auf die russische Seite beschränkt sein. Unbeschadet dessen, daß man bereits vereinzelt Bilder und Filme gesehen hat, die tatsächlich oder auch nur angeblich Kriegsverbrechen ukrainischer Soldaten zeigen, ist es nach aller Erfahrung ausgeschlossen, daß Kriegsverbrechen nur von einer Kriegspartei begangen werden. Insoweit wird sich – hoffentlich – nach der Durchführung von Verfahren vor unabhängigen Gerichten nach dem Kriege ein Erkenntnisgewinn ergeben.

Die Rechtslage ist auch letztendlich entscheidend. Denn keine geopolitische und keine militärische Überlegung kann Platz greifen, wenn sie dem Völkerrecht entgegensteht. Deswegen ist es völlig abwegig, etwa die Waffenlieferungen an die Ukraine mit dem Argument einstellen zu wollen, dann werde damit der Weg zu Friedensverhandlungen eröffnet. Denn dann könnte allenfalls ein Diktatfriede nach dem Muster von Versailles sei zulasten der Ukraine herauskommen. Und das wäre mit der Rechtslage unvereinbar.

Die geopolitische Bedeutung

Zumindest umstritten ist die geopolitische Beurteilung des Konflikts. Der Standpunkt Russlands ist, daß die Ausweitung der NATO bis an seine südwestlichen Grenzen durch Aufnahme der Ukraine in das westliche Bündnis die russischen Sicherheitsinteressen schwerwiegend berührt und nicht hingenommen werden kann. Die USA hätten seit 2004 daran gearbeitet, die Ukraine in das westliche Bündnis hinüber zu ziehen. Dieser Zeitpunkt habe nun kurz bevorgestanden. Man habe eben nicht anders gekonnt, als dem zuvorzukommen und das zu verhindern. Ein gewissermaßen präemptiver Angriff auf die Ukraine sei damit unausweichlich geworden. Der Standpunkt der USA und ihrer Verbündeten lässt sich dahingehend zusammenfassen, der Ukraine stehe wie jedem anderen Staat das Selbstbestimmungsrecht zu, was natürlich auch die Freiheit einschließe, sich um die Aufnahme in internationaler Organisationen und Bündnisse zu bemühen. Hinter dieser völkerrechtlichen Argumentation steht natürlich die geopolitische Erwägung, den Einflussbereich der USA zu erweitern, sowohl in politischer, als auch wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht. Tatsächlich ist es auch unstrittig, dass die USA seit 2004 erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Bevölkerung der Ukraine, vor allem ihre politische Klasse, davon zu überzeugen, daß ihre Zukunft im westlichen Bündnis liege, was für die Ukrainer einen erheblichen Gewinn an Wohlstand und Sicherheit mit sich bringen werde. Mit welchen Methoden dies teilweise geschehen ist, muß hier nicht weiter ausgebreitet werden. Seit ihrem Erscheinen auf der weltpolitischen Bühne handeln die USA robust und ohne Rücksicht auf das Recht allein in ihrem nationalen Interesse. Davon lassen sie sich bekanntlich nicht einmal durch eine Verurteilung durch den Internationalen Gerichtshof abbringen. Indessen muß dazu auch gesagt werden, daß alles unterhalb der Schwelle der Gewaltanwendung eben erlaubt ist. Bei aller berechtigten Kritik an diesem Verhaltensmuster der USA muss jedoch bemerkt werden, daß räsonieren nicht reicht. Man muß eben realistische, tragfähige Alternativen aufweisen können.

Natürlich ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Westbindung der Ukraine im Interesse der Ukraine selbst, aber auch des westlichen Bündnisses ist, und ferner, welche gangbaren Alternativen dazu denkbar sind. Wie die Reaktion Russlands auf die Bestrebungen, die Ukraine in das westliche Lager zu ziehen, unübersehbar zeigt, scheint das zu einer Verschärfung der Konfliktsituation zu führen, jedenfalls im Vergleich zur Lage bis 2004. Offenbar scheint der russische Präsident auch davon überzeugt zu sein, daß die Ukraine ursprünglicher Bestandteil Russlands ist und er insoweit eine Art Befreiungsfeldzug führen muß. Es gibt ja mehrere Äußerungen von ihm, wonach es ein ukrainisches Volk weder im ethnischen noch im juristischen Sinne eigentlich gibt. Unabhängig davon, ob diese Auffassung abwegig ist oder wenigstens zum kleinen Teil zutrifft, zeigt das, wie essenziell das Thema für Russland, jedenfalls unter der Administration Putin ist. Auch dies gilt es in die Überlegungen einzustellen. Dies unabhängig von der insoweit eindeutigen Rechtslage.

Wenn der Eintritt der Ukraine in die NATO geopolitisch eher Instabilität als Stabilität auslöst – worüber man selbstverständlich auch debattieren kann – dann müssen Alternativen dazu geprüft werden. Angesichts der jahrzehntelangen Erfahrungen neutraler Staaten in Europa, auch mit kriegerischen Konflikten höchster Intensität wie die beiden Weltkriege, erscheint eine politische Neutralität unter Übernahme des westlichen Wirtschaftssystems und der parlamentarischen Demokratie westlicher Prägung durchaus eine Alternative zur Einbindung in den russischen Machtbereich oder in das westliche Bündnis zu sein. Die Beispiele der Schweiz und der bis dato neutralen skandinavischen Staaten Finnland und Schweden zeigen hier einen naheliegenden und gangbaren Weg auf. Gerade das Beispiel Finnland als unmittelbarem Nachbarn der früheren Sowjetunion und der heutigen russländischen Föderation zeigt, daß ein Land alle Vorteile eines marktwirtschaftlichen und demokratisch-rechtsstaatlichen Systems genießen kann, ohne formal Mitglied der NATO und/oder der Europäischen Union zu sein. Das ist natürlich eine souveräne Entscheidung der Ukraine. Die Frage wird allerdings auch sein, ob ihr eine solche Entscheidung von den großen Spielern dieses Konflikts, also Russland und den USA, ermöglicht wird.

Die militärische Lage

Es geht hier nun einmal leider um einen Krieg. Somit hängen alle weiteren Überlegungen und Entscheidungen von der militärischen Lage ab. Es ist für Außenstehende schlicht unmöglich, die militärische Lage überhaupt nur zutreffend erkennen zu können, sodaß die darauf fußende Lagebeurteilung nicht auf sicherer Grundlage erfolgen kann. Zwar erhalten wir eine Fülle von Nachrichten vom Kriegsschauplatz. Diese stammen entweder direkt von den Kriegsparteien, oder werden von ihnen ausgewählt und/oder zensiert. Das ist in einem Krieg auch völlig normal. Wir sollten daher alle Nachrichten vom Kriegsschauplatz mit der gebotenen Vorsicht und mit begründetem Misstrauen zur Kenntnis nehmen und bewerten. Indessen kann eines gesagt werden: dieser Krieg dauert nun schon eineinhalb Jahre an, obwohl zu Beginn nahezu einhellig die Auffassung vorherrschte, er werde in wenigen Wochen vorbei sein. Diese Einschätzung fußte natürlich auf dem Kriegsbild des Kalten Krieges, das vom Aufeinandertreffen der Massenheere und dem unbegrenzten Einsatz der verfügbaren Waffen gekennzeichnet war. Ein solcher Krieg wäre schon wegen des Munitionsverbrauchs tatsächlich in wenigen Wochen zu Ende gewesen. Indessen erleben wir nun eine völlig neuartige Kriegführung, die davon gekennzeichnet ist, daß nur in wenigen Regionen Kampfhandlungen stattfinden. Offensichtlich finden große Bewegungen nicht mehr statt, den Streitkräften der Kriegsparteien gelingen offenbar nur noch geringfügige Geländegewinne. Dennoch ist der Blutzoll auf beiden Seiten sehr hoch, der Ausfall von Waffen und Gerät sowie der Verbrauch von Munition sind ebenfalls so hoch, daß Zweifel aufkommen müssen, wie lange noch genügend Nachschub an die Front kommen kann. Die Vorstellung vor allem deutscher Politiker und Journalisten, die Ukraine könne diesen Krieg gewinnen, wobei das die Vorstellung ist, sie könne den Feind vollständig aus dem Land werfen, ist ersichtlich wirklichkeitsfremd. Ebenso wirklichkeitsfremd ist die Furcht, durch die von internationalem Recht, insbesondere dem Recht, dem angegriffenen Staat in seiner Verteidigung gegen die Aggression beizustehen, auch durch Waffenlieferungen, zur Kriegspartei zu werden und möglicherweise dann selbst unter Beschuss zu geraten.

Es spricht viel für eine Pattsituation. Man hört auch von teils hochrangigen amerikanischen Generälen, daß die Vorstellung, die Ukraine könne ihr Staatsgebiet vollständig von russischen Streitkräften befreien und die Grenzen vom 24. Februar 2022 wiederherstellen, illusorisch sei. Es bestehe eher die Gefahr, daß Russland dank seiner wesentlich größeren Ressourcen am Ende seine Kriegsziele erreichen könne. Inwieweit diese pessimistische Prognose sich als richtig erweisen wird, können wir heute nicht wissen. Natürlich wird die personelle und materielle quantitative Unterlegenheit der Ukraine laufend durch Waffenlieferungen und Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichem Gerät wenn nicht vollständig ausgeglichen, so doch gemindert. Wenig wissen wir über die Qualität der russischen Streitkräfte, insbesondere ihres Personalersatzes. Am Ende könnte durchaus ein Unentschieden stehen. Dann wären Friedensverhandlungen für beide Parteien unausweichlich.

Was tun?

Wie sollte sich Deutschland verhalten? Die Frage zu stellen, erscheint angesichts des geringen und weiter sinkenden Gewichts unseres Landes in der Weltpolitik, bedingt einerseits durch unsere schwindende Wirtschaftskraft, andererseits durch unsere weiter schwindende militärische Stärke, eigentlich frivol. In einem Konflikt, der maßgeblich durch die Großmächte, besser gesagt Weltmächte USA, Russland und auch China beeinflusst werden kann, kann ein Land wie Deutschland, boshaft formuliert, allenfalls Konferenzräume bereitstellen. Dennoch muß sich Deutschland in diesem Konflikt positionieren. Auch wenn es als Mitglied der NATO letztendlich nur im Rahmen der Einstimmigkeit des Bündnisses handeln kann, so kann es durchaus seine Gedanken in die Entscheidungsfindung einbringen. Was das geopolitische Argument angeht, so sollte Deutschland im Interesse größtmöglicher Stabilität dazu raten, die Ukraine nicht in die NATO aufzunehmen, ihr indessen alle Garantien zu geben, die sie braucht, um als neutraler Staat nach dem Muster der Schweiz und Finnlands auch in unmittelbarer Nachbarschaft mit einem wenig freundlich gesonnenen Russland leben zu können. Für die Menschen im Lande ist es offensichtlich relativ gleichgültig, gerade was die persönlichen Lebensumstände angeht, ob man in einem NATO-Land wie Deutschland oder in einem neutralen Land wie der Schweiz lebt. Davon dürften die Bürger und Wähler der Ukraine durchaus unschwer zu überzeugen sein. Was die Mitgliedschaft in der EU angeht, so gilt hier sinngemäß das gleiche. Der Wohlstand der Bevölkerung hängt nicht davon ab, ob ihr Land Mitglied der EU ist oder nicht, wie die Schweiz, Norwegen und seit dem Brexit trotz aller Probleme Großbrtannien beeindruckend zeigen. Aus unserer Sicht steht einer Mitgliedschaft der Ukraine insbesondere die ausgeprägte Korruption in diesem Lande entgegen. Insoweit sollten wir aus dem Fehler gelernt haben, so korrupte Länder wie Bulgarien und Rumänien in die EU aufzunehmen. Es wäre also gut, wenn Deutschland sich angesichts seiner nur geringen Möglichkeiten auf die Rolle beschränken würde, die es als Bauer auf dem internationalen Schachbrett alleine spielen kann. Die Vorstellung, daß etwa der Bundeskanzler zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten vermitteln könnte, ist doch reichlich abwegig.