Archiv für den Monat: Januar 2022

Scheinheiliges Versagen

Das heute veröffentlichte Gutachten der Münchner Kanzlei Westphal und Kollegen zum jahrzehntelangen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche macht nicht etwa einfach fassungslos. Das wäre zu billig. Nein, es ruft nach Entscheidungen. Entscheidungen sowohl hinsichtlich des Umganges mit denen, die in hohen und höchsten Ämtern der Kirche versagt haben, Entscheidungen aber auch hinsichtlich des Systems Kirche überhaupt.

Rücktritte sind unabweisbar notwendig

Es ist offenkundig, daß hier hohe und höchste Würdenträger jahrzehntelang vertuscht haben, was sie eigentlich ohne Rücksicht auf die Täter und ohne Rücksicht auf die Institution Kirche hätten aufklären und bestrafen sollen. Wer von diesen Entscheidungsträgern noch in Amt und Würden ist, sollte wenigstens jetzt die Größe haben, zurückzutreten und sein Versagen zuzugeben. Wer diese Größe nicht habt, dem müssen die nun zuständigen Entscheidungsträger sagen, daß er nicht länger tragbar ist. Wer bereits nicht mehr in der Verantwortung steht, sollte sich aus der Öffentlichkeit vollständig zurückziehen. Es gibt ja Klöster.

Zweierlei Maß und Umkehrung von Recht und Unrecht

Es ist auch unverständlich, mit welch unterschiedlichem Maß hier jahrzehntelang, wenn nicht jahrhundertelang, gemessen worden ist. Die geringste Verfehlung, jedenfalls in kirchenrechtlicher Hinsicht, dahingehend, daß ein Priester sich einer Frau zugewandt und mit ihr ein Liebesverhältnis begonnen hat, wurde stets gnadenlos damit sanktioniert, daß er alle seine Ämter und Einkünfte verlor, nicht einmal irgendeine untergeordnete Tätigkeit mehr in der Kirche ausüben durfte. Die Täter, um die es hier geht, haben sich nicht nur nach dem weltlichen Strafgesetzbuch schuldig gemacht, sondern sie haben jeweils aus der Sicht der Kirche schwere und schwerste Sünden begangen. Sie aber wurden geschützt und weiterbeschäftigt. Auch diesen Widerspruch wird die Kirche auflösen müssen.

Ein Systemwechsel tut not

Um derartige Dinge ein für alle Mal möglichst auszuschließen, können die Strukturen der Kirche nicht so bleiben, wie sie sind. Offensichtlich ist das System nicht dazu geeignet, mit derartigen Fällen angemessen umzugehen. Die Neigung, aus falsch verstandener Rücksicht auf die Täter und aus ebenso falsch verstandener Rücksicht auf den Ruf der Institution Dinge unter den Teppich zu kehren, ist offenkundig und offenkundig auch im System angelegt. Daraus kann nur die Konsequenz gezogen werden, externe Kontrollinstanzen zu installieren. Insbesondere die Personalführung muß unter die Kontrolle staatlicher Aufsichtsbehörden gestellt werden, möglicherweise muß auch bei Personalentscheidungen ein Informations- und Mitspracherecht von Pfarrgemeinderäten und ähnlichen Laiengremien eingeführt werden. Der Staat hat nicht nur die Aufgabe der Kriminalprävention, er finanziert die Kirchen auch zu einem erheblichen Anteil. Es ist deshalb nur recht und billig, ihm auch die  Aufsicht über die Institution zu übertragen, die er mitfinanziert.

Auch nur ein fauler Apfel verdirbt den ganzen Korb

Ein Wort zum Schluß. Die Münchner Anwälte haben für den Zeitraum von 1945-2019 ganze 495 Fälle benannt, wobei sie ausdrücklich von einer unbekannt großen Dunkelziffer ausgehen. Auch unter Berücksichtigung dessen ist die Gesamtzahl, gerechnet auf die Jahre und die Millionen von Gläubigen des Erzbistums München und Freising natürlich relativ gering. Das deckt sich auch mit meiner persönlichen Erfahrung als Ministrant und Schüler eines katholischen Internats. Nie habe ich auch nur die Andeutung eines Gerüchts in dieser Hinsicht gehört, wie so viele andere auch mit ähnlichem Lebensweg. Doch auch die wenigen Fälle wirken wie der sprichwörtliche Tropfen Tinte in der gefüllten Badewanne. Er trübt das Wasser. Es wird also Zeit, daß Klarheit herrscht.

Würdelos

Im Deutschen Bundestag gilt seit Mittwoch die sogenannte 2 G Regel. Das Reichstagsgebäude dürfen somit nur solche Personen betreten, die entweder vollständig geimpft oder genesen sind. Das mag auf den ersten Blick eine nicht unvernünftige Regelung sein. Auch sonst gilt ja in Deutschland vielfach diese Regelung, etwa beim Friseurbesuch oder im Restaurant, hier sogar zusätzlich mit tagesaktuellem Negativtest.

Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandlen, so will es die Verfassung

Indessen muß man hier genauer hinsehen. Der Gang zum Friseur oder das Essen im Restaurant sind nun einmal Privatsache. Es ist die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er überhaupt oder unter den obwaltenden Umständen zum Friseur oder ins Restaurant geht. Der Gang zur Behörde oder gar ins Gericht indessen ist nicht die freie Entscheidung des Bürgers. Vielmehr muß er dorthin. Gleiches gilt natürlich für die dort beschäftigten Beamten, Richter oder auch dort tätigen Anwälte. Und genau deswegen gilt dort nicht 2G, erst recht nicht 2G plus. Vielmehr gilt dort in der Regel 3G. Das aber auch nur für Besucher. Für Parteien, Dolmetscher, Anwälte usw. gilt nicht einmal das. So kann ein ungeimpfter Anwalt ohne Corona-Test das Gerichtsgebäude betreten und im Gerichtssaal plädieren. Im Gebäude muß er lediglich die übliche Maske tragen, ob er das im Gerichtssaal auch muß, entscheidet der jeweilige Richter (männlich oder weblich, versteht sich. Diverse habe ich dort noch nicht angetroffen.) Und diese Entscheidungen fallen durchaus unterschiedlich aus, was ich aus eigener Erfahrung weiß.

Die Behinderung der Mandatsausübung des Abgeordneten

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages üben im Reichstagsgebäude ihr Mandat aus. Sie sind also nicht zu ihrem Vergnügen dort, sondern erfüllen ihre gesetzliche Pflicht als Abgeordnete. Das ist durchaus vergleichbar mit dem Aufsuchen einer Behörde oder eines Gerichts zur Erledigung amtlicher Pflichten oder Teilnahme an Gerichtsverhandlungen. Man fragt sich also, welchen Sinn es hat, in den Räumen des Deutschen Bundestages die 2G Regel einzuführen. Ein sachlicher Unterschied ist nicht erkennbar. Allerdings liegt der politische Sachverhalt auf der Hand. Es ist allgemein bekannt, daß ein großer Teil der Abgeordneten der AfD nicht geimpft ist. Die AfD hält es auch offenbar für politisch opportun, sich als scharfer Kritiker der Corona-Regelungen zu gerieren, ob zu Recht oder zu Unrecht. Die übrigen Parteien des Bundestages, allen voran natürlich dessen Präsidium, haben hier offensichtlich eine wohlfeile Chance gesehen, die ihnen verhasste Partei, ja man muß es so sagen, zu piesacken und vorzuführen. Die 2G Regelung trifft soweit ersichtlich ausschließlich die Abgeordneten dieser Partei. Das führt nicht nur dazu, daß sie in den Plenarsitzungen von der Besuchertribüne aus ihr Rederecht ausüben müssen, sondern je nach Ausgestaltung der Tagungsräume können sie dann an Ausschusssitzungen nicht teilnehmen, somit praktisch ihr Mandat nicht ausüben. Ob das einer gerichtlichen Kontrolle standhalten würde, will ich einmal offen lassen.

Zum Fremdschämen!

Auf jeden Fall ist ein solches Verhalten der Mehrheit des Bundestages und seines Präsidiums der Würde des Parlaments nicht angemessen. Man verhält sich gegenüber der verhassten Konkurrenz wie Kinder auf dem Schulhof, die missliebige Klassenkameraden mobben und auslachen. Man vermeint nahezu das „Ätschi-Bätschi“ herauszuhören, wenn das Bundestagspräsidium diese Maßnahme zu rechtfertigen sucht. Und darin liegt eine weitere Schädigung des Ansehens unseres Parlaments. Würde mir beispielsweise die Frau Präsidentin des Deutschen Bundestages persönlich erklären wollen, daß mit dieser Maßnahme allein der Infektionsschutz in den Räumen des Reichstages gesichert werden soll, wäre meine angemessene Antwort darauf doch nur:  „Für wie blöde halten Sie mich eigentlich?“

Doch im Kampf gegen rechts ist jedes Mittel recht. Wer das noch nicht gemerkt hat, dem ist nicht mehr zu helfen.


Nebenwirkungen

Medikamente, auch Impfungen, haben bekanntlich Nebenwirkungen. Deswegen wird man als selbstverantwortlicher Patient auch vor Einnahme eines Medikaments den Beipackzettel studieren. So belehrt, vielleicht aber auch etwas verunsichert, nimmt man dann das verschriebene Medikament ein. Die Risikoabwägung hat eben ergeben, daß die Nichteinnahme deutlich riskanter ist, als die Einnahme des Medikaments. Gleiches gilt natürlich für die ärztliche Aufklärung. Deswegen habe ich mich auch impfen und „boostern“ lassen. Wegen Risiken und Nebenwirkungen fragt man eben seinen Arzt oder Apotheker. Andere sind zu einem anderen Ergebnis gekommen, und haben sich nicht impfen lassen. Das ist eben so. Wir sind nun mal freie Menschen.

Was das Virus mit uns macht…

Völlig unbeachtet ist indessen geblieben, daß ganz offensichtlich auch Krankheiten, genauer gesagt, Krankheitserreger, Nebenwirkungen haben können. Das wird jetzt am Sars-CoV 2 Virus, umgangs-,politik-und mediensprachlich auch Corona genannt, ganz deutlich. Dieses Virus greift bekanntlich die Atemwege an und führt zu den bekannten Krankheitserscheinungen, die von grippeähnlichen Symptomen bis zu Todesfällen reichen. Indessen greift es offensichtlich auch das Gehirn an und beeinträchtigt das Denkvermögen. Obwohl das doch ganz offensichtlich ist, wie ich nachstehend noch ausführen werde, wird diese Nebenwirkung von den Virologen offenbar nicht angesprochen. Ob die Virologen diese Nebenwirkung nicht erkannt haben, oder es aus ärztlicher Sicht für besser halten, die Bevölkerung insoweit nicht weiter zu beunruhigen, will ich einmal offen lassen. Die Bevölkerung nicht beunruhigen zu wollen, ist ja seit Thomas de Maizière ein achtenswertes Motiv für das Verschweigen von Gefahren, jedenfalls durch Politiker.

Querdenken…

Bei nicht wenigen Menschen löst das Virus offenbar gewisse Wahrnehmungsschwächen, aber auch Beeinträchtigungen des Denkvermögens aus. Das führt dann zum Glauben an Verschwörungstheorien, die wegen ihrer offenkundigen Absurdität von den Erkrankten vorher allenfalls belächelt worden wären. Selbstverständlich hätte man jeden ausgelacht, der einem weismachen wollte, Bill Gates beaufschlage Impfstoffe mit Mikrochips, damit dann die möglichst durchgeimpfte Menschheit aus einer selbstverständlich geheimen Kommandozentrale, natürlich unmerklich für die Betroffenen, gesteuert werden könne. Aber auch deutlich unterhalb der Qualität solcher Fieberfantasien äußern sich die Nebenwirkungen des Virus beispielsweise in abenteuerlichen Vorstellungen über Demokratie und Rechtsstaat. Die Vorstellung von einer Corona-Diktatur gehören dazu. Darunter wird offenbar verstanden, daß die teils in der Tat unpopulären und unverständlichen, nicht selten auch unsinnigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie diktatorischer Natur seien. Nun ist daran nur richtig, daß Gesetze und Verordnungen gegen den Willen eines Teils der Bevölkerung beschlossen und erlassen werden. Indessen ist das in der Demokratie doch der Normalfall. Die Demokratie ist die Herrschaft der Mehrheit. Die Minderheit muß sich in die von der Mehrheit bzw. deren parlamentarischen Repräsentanten geschaffene Rechtslage fügen. Wer das für eine Diktatur hält, der muß wohl dringend Ordnung in den Setzkasten seiner Begriffe bringen.

Fehldenken…

Auf einem ganz anderen Blatt steht natürlich, daß die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht selten in sich widersprüchlich oder mindestens unverhältnismäßig sind. Deswegen müssen Gerichte immer wieder einzelne dieser Maßnahmen „kippen“, wie man das umgangssprachlich nennt, wenn Gerichte Gesetze oder Verordnungen für unwirksam erklären. Eine weitere Nebenwirkung des Virus scheint ja zu sein, daß dies gewissen Zeitgenossen wie etwa dem Präsidenten des Weltärzteverbandes offenbar gewaltig gegen den Strich geht. Für ihn kann es ja nicht angehen, daß irgendwelche „Richterlein“ sich erdreisten, die nach Auffassung „der“ Wissenschaft weisen Gesetze unserer vorzüglichen Politiker in die Tonne zu treten.

Wirrdenken…

Die gefährlichste Nebenwirkung des Virus ist jedoch die, daß Politik und Medien nahezu einhellig einer geistigen Verwirrung unterliegen, die dazu führt, die tragenden Freiheitsrechte unserer Verfassung nicht nur praktisch aufzuheben, sondern es gewissermaßen als Angriff auf die tragenden Säulen von Staat und Gesellschaft empfinden, wenn Menschen in Sachen Corona abweichende Meinungen äußern, oder sogar sich erdreisten, dies in aller Öffentlichkeit zu tun. Das ruft dann Reaktionen hervor, die man historisch nur aus den allerletzten Zuckungen von untergehenden Diktaturen kennt.

Das glauben Sie nicht? Dann fangen wir mal an. Die Ost-Gruppe der FDP-Bundestagsfraktion (ist bei der FDP die Wiedervereinigung noch nicht abgeschlossen?) hat nun ein sogenanntes Strategiepapier veröffentlicht, das Regeln für den Umgang mit den zunehmenden Bürgerprotesten gegen die Corona-Maßnahmen der Politik aufstellt. Ins Auge fällt dabei die Forderung, die – bisher als verfassungsrechtlich unüberwindbar geltende – Trennung zwischen Geheimdienst und Polizei faktisch aufzuheben. Denn die Gefahr scheint anders nicht abgewendet werden können. „Internetblasen und Chats“ dienten doch zur „Mobilmachung bei Proteststürmen“. Ja liebe Bannerträger der Freiheit, als die ihr Freien Demokraten euch doch so gerne versteht, schließlich habt ihr die Freiheit im Namen, seit wann ist Protest gesetzwidrig, und seit wann ist es gesetzwidrig, sich zum Protest zu verabreden? Wie anders kommen eigentlich Demonstrationen zustande? Und sind die nicht im Grundgesetz besonders geschützt? Doch, so unsere wackeren Kämpfer für die Freiheit: „Die Landesämter für Verfassungsschutz müssen eine eigene Unit schaffen für bessere Vernetzung, schnelleren Austausch und eine dafür spezialisierte Eingreiftruppe der Polizei, die kurzfristig agieren kann.“ Was soll das Modell sein, Gestapo oder Stasi? Die freiheitliche Verfassung tritt ja auch für den bayerischen Innenminister in den Hintergrund, denn für ihn hat „der Infektionsschutz höchste Priorität“, weshalb man per Allgemeinverfügung das von der Verfassung garantierte Recht aller Deutschen (jaja, liebe Grünlinksliberale, so steht es nun einmal im Grundgesetz, und nicht etwa aller Menschen) sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, einfach suspendieren sollte.

Schrägdenken…

Den Umtrieben der Corona-Leugner und Impfverweigerer muß natürlich effektiv Einhalt geboten werden. An Effizienz läßt sich bekanntlich der bayerische Ministerpräsident nicht übertreffen. Deswegen fordert er zum Beispiel die „Abschaltung“ des Messengerdienstes Telegram in Deutschland mit der Begründung, dort werde auch zu Straftaten aufgerufen. Abgesehen davon, daß es wohl schwierig sein dürfte, ein in Dubai ansässiges Unternehmen durch deutsche Gesetze in seinen Aktivitäten auch nur einzugrenzen, ist eine solche Forderung gerade aus dem Munde eines promovierten Juristen doch sehr überraschend. Auch wenn der Vorwurf der Sache nach richtig wäre: nicht das Medium riefe zu Straftaten auf, sondern der ein oder andere seiner Nutzer. Deutsche Gerichte haben denn auch etwas dagegen, wenn Internetplattformen einfach abgeschaltet werden, und sei die Motivation dafür noch so politisch korrekt. Jüngst musste das Facebook erneut in einem Beschluß des Landgerichts Karlsruhe nachlesen. Würde Söders Idee umgesetzt, fände sich Deutschland dann auch im Schulterschluss mit so renommierten Demokratien wie China, Russland, Weißrussland, Iran und Indonesien. Allerdings sind solche Forderungen im Zusammenhang damit, daß in den sozialen Medien zu Gewalttaten von links her aufgerufen wird, niemals laut geworden. Ob zu Angriffen auf missliebige Politiker, die gewaltsame Verhinderung von Baumaßnahmen, die rechtswidrige Besetzung von Häusern und ähnlichen linken Herzensanliegen aufgerufen wird, noch nie hat man gehört, daß deswegen etwa Facebook oder Twitter abgeschaltet werden sollen.

Was im Übrigen die sogenannten Fake-News angeht: die finden sich natürlich nicht nur zuhauf in den sogenannten sozialen Medien, sondern dummerweise auch in amtlichen Verlautbarungen. Die manipulierten Zahlen zu Krankenhausbelegungszahlen und Anteilen von Geimpften und Ungeimpften daran, die dann jeweils nach Bekanntwerden ihrer Unrichtigkeit wieder einkassiert werden mussten, sind doch wohl auch im Wortsinne „Fake-News“. Wenn Ministerpräsidenten wie Söder mit solchen falschen Zahlen arbeiten, müssten sie in einer funktionierenden Demokratie eigentlich ihren Hut nehmen. Eigentlich.

Nichtdenken…

Unsere vorzüglichen Politiker begründen ihr Vorgehen unter anderem damit, daß aus den Reihen der Querdenker, Impfverweigerer und Corona-Leugner nun auch massiv gegen ihre rechtschaffenen Kollegen vorgegangen werde. Man verweist auf die Demonstrationen vor den privaten Anwesen von Politikern, und auf Schmähungen von Ministern, Virologen und Journalisten auf den diversen Internetplattformen. Über Steinwürfe und Brandanschläge auf die Wohnhäuser von Politikern der Partei, die angeblich die Wiederkunft von Meister Urian (dem mit der Fliege unter der Nase) erfleht, redet man natürlich nicht. Da handelt es sich wohl um gelebten Bürgersinn und Tapferkeit vor den Feinden der Demokratie. 

Überhaupt scheint man angesichts der tödlichen Gefahren, die offenbar von den Bürgerprotesten für das gesamte Staatswesen und nicht nur für die Gesundheit der Bürger ausgehen, mit den bisherigen Gesetzen nicht mehr auszukommen. Da müssen neue Straftatbestände her, wie sie die Innenministerin Nancy Faeser fordert: „Wer Haß und Hetze verbreitet, bekommt es mit der Polizei zu tun.“ Wie die zu agieren hat, weiß die Grünen-Abgeordnete Saskia Weishaupt, nämlich als Mittel gegen Demonstranten sind „Pfefferspray und Schlagstöcke“ einzusetzen.  In München, Frankfurt und anderenorts konne man das in den letzten Tagen auch schon besichtigen. Polizisten in schwerer Kampfausrüstung gegen Rentner. Nun kommen solche Forderungen ausgerechnet aus der Ecke, die sich ansonsten nicht scharf genug gegen die Polizei und deren Befugnisse wenden kann. Natürlich sind Begriffe wie Haß und Hetze juristisch überhaupt nicht fassbar. Das macht aber nichts. Vielmehr ist das für eine bestimmte Staatsphilosophie zweckmäßig. Die Nationalsozialisten haben das strenge Legalitätsprinzip des Strafgesetzbuches abgeschafft und durch die Pflicht des Richters ersetzt, nach dem „gesunden Volksempfinden“ zu urteilen. Frau Innenministerin Faeser ist mit ihrer Forderung also nicht einmal besonders originell, aber dafür jenseits ihrer juristischen Professionalität.

Um-Denken…

Wie gesagt, die Freiheitsliebe der FDP kennt keine Grenzen. Sie stellt den aktuellen Justizminister, der öffentlich darüber nachdenkt, wie sogenannte Impfverweigerer künftig bestraft werden sollten. Es muß sich dabei wohl um Staatsfeinde von der gefährlichsten Sorte handeln. Schon die Begrifflichkeiten deuten darauf hin. Wer etwas verweigert, der wendet sich doch gegen eine unbezweifelbare Verpflichtung. Man weigert sich, den Anordnungen der Polizei nachzukommen, das Pferd verweigert vor dem Hindernis, der Wehrpflichtige verweigert den Wehrdienst, das Kind weigert sich, den Hustensaft zu nehmen. Der Begriff ist eben klar negativ besetzt. Noch deutlicher wird das beim leugnen. Leugnen ist eben nicht einfach etwas bestreiten, sondern man stellt in Abrede, was doch eigentlich unzweifelhaft ist. Die etymologische Nähe zum Lügen ist offenkundig. Der Begriff ist schon in der Bibel belastet. „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben“ spricht Jesus am Abend vor seiner Gefangennahme zu Petrus. Der Angeklagte leugnet die Tat, die ihm doch schon von der Polizei nachgewiesen worden ist. Der zahlungsunwillige Unterhaltsschuldner leugnet die Vaterschaft. Auch hier ein Begriff, der ausschließlich negativ konnotiert ist. Coronaleugner und Impfverweigerer können also nur schlechte Menschen sein. Aber sie sind darüber hinaus auch Gefährder der Volksgesundheit, wie das aus dem Munde der Politiker und ihrer Pressesprecher in den Medien klingt. Es geht eben um nichts weniger als das Überleben der Menschheit, weswegen alle, aber wirklich alle Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus auszuschöpfen sind.

Zwangsdenken…

Dazu gehört natürlich auch das probate Mittel der Impfpflicht. Sind erst einmal alle geimpft, so das ex cathedra verkündete Dogma, ist Corona endgültig besiegt. Wir wissen zwar alle, daß dem nicht so ist, daß vielmehr das Virus die Frechheit besitzt, sich bei Geimpften wie bei Ungeimpften einzunisten und nach Belieben auf andere Geimpfte und Ungeimpfte überzuspringen. Lediglich der Krankheitsverlauf bei den relativ wenigen Infizierten, die dann doch an Covid 19 erkranken, ist wohl überwiegend unterschiedlich. Die Chance, einen relativ milden Krankheitsverlauf zu erleben, ist in der Tat nach aller Erfahrung für die Geimpften wesentlich größer, als für die Ungeimpften. Hinzu kommt, daß wohl das Virus in der Omikron-Variante kaum noch zu schweren Krankheitsverläufen führen wird. So jedenfalls die Professoren Drosten und Streek. Damit steht aber auch fest, daß die sogenannten Impfverweigerer nicht die Allgemeinheit gefährden, sondern allein sich selbst. Das gilt allerdings auch für Raucher und Anhänger von Risikosportarten. Die allerdings hat bisher noch niemand zu Staatsfeinden erklärt. Die allgemeine Impfpflicht indessen ist schon deswegen gar nicht durchführbar, weil wir in Deutschland das dafür unbedingt notwendige Impfregister gar nicht haben. Seine Einführung wird auch unter anderem von denen abgelehnt, die vehement für die allgemeine Impfpflicht eintreten, den Grünen. Einer der vielen inneren Widersprüche in der aktuellen Politik. Es ist auch keineswegs so, daß eine klare Mehrheit der Virologen, Epidemiologen und sonstigen Mediziner die Einführung der allgemeinen Impfplicht fordert. Vielmehr hören wir von vielen dieser Wissenschaftler, daß eine allgemeine Impfpflicht kein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Pandemie sei. Vor allem aber hören wir von führenden Juristen, etwa dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Professor Papier, daß eine solche allgemeine Impfpflicht mit der Verfassung nicht vereinbar sei. Das hindert unsere fantastischen Politiker und ihre Pressesprecher in den Medien aber nicht daran, Leute, die gegen eine allgemeine Impfpflicht demonstrieren, zu Staatsfeinden zu erklären und nach der Stasi 2022 zu rufen.

Also doch.

Wenn jedes Maß und Ziel verloren geht, wenn statt Besonnenheit und nüchternem Urteil Aufgeregtheit und Kriegsrhetorik das gesellschaftliche Klima bestimmen und zur Maxime politischen Handelns werden, dann ist das ein Befund, der durchaus die Frage nach den Ursachen hervorruft. Die Absurdität hat ein Ausmaß erreicht, das sich den herkömmlichen Erklärungsmustern entzieht. Es muß sich wohl um eine kollektive Psychose handeln. Da sind wir bei der Krankheit. Also doch die Nebenwirkung von Sars-CoV 2?