Nein, es geht nicht um die närrische Jahreszeit. Es geht um Politik. Dort geht es ganzjährig närrisch zu. Närrisch allerdings weniger im Sinne von fröhlicher Ausgelassenheit, als im Sinne von intellektuellen Defekten. Und die finden sich nota bene bei Politikern aller Parteien.
Eine Nachricht aus Sachsen
Im sächsischen Zwickau hat der Stadtrat am Montag dieser Woche ein Werbeverbot für die Bundeswehr auf allen städtischen Liegenschaften und Veranstaltungen sowie auf Fahrzeugen kommunaler Betriebe – also auch die Verkehrsbetriebe mit ihrer Straßenbahn – verhängt. Wie die Medien berichten, ist Zwickau damit die erste deutsche Stadt, die es der Bundeswehr verbietet, bei städtischen Veranstaltungen neue Mitglieder anzuwerben. Auslöser der Debatte war eine Straßenbahn, die wie auch überall sonst in Deutschland in Tarnfarben, Bundeswehrjargon: Flecktarn, für den Dienst in den Streitkräften wirbt. Eingebracht hatte den Antrag das BSW. Zugestimmt haben von 30 Stadträten deren 24, darunter, man glaubt es kaum, die Stadträte der AfD. Das ist erst einmal erstaunlich, denn im Programm der AfD für die Wahl zum Deutschen Bundestag am 23.2.2025 heißt es zum Thema Bundeswehr unter anderem:
Damit dem Hauptauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung
wieder Rechnung getragen werden kann, muss unsere Bundeswehr
nicht nur finanziell gut ausgestattet sein, sondern ihr muss auch
die Einsatzbereitschaft insbesondere bei Material und Personal
zurückgegeben werden. Daher wollen wir die Wehrpflicht wieder
einsetzen. Diese beinhaltet gemäß aktueller Gesetzeslage auch den
Ersatzdienst.
Also sieht man in der Bundespartei durchaus die Notwendigkeit einer starken Bundeswehr zur Sicherung der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Die Landesverteidigung ist indessen natürlich nicht auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt, sondern findet auch an den Außengrenzen der NATO statt. Die NATO garantiert auch die Sicherheit Deutschlands. Die wackeren Stadträte der AfD in Zwickau sehen das offenbar völlig anders. Ein im Internet verfügbarer Mitschnitt der Stadtratssitzung vom vergangenen Montag zeigt das überdeutlich. Es wird dort ein, zurückhaltend formuliert, simpler Pazifismus zur Schau gestellt, den man sonst nur von den üblichen Verdächtigen aus der sogenannten Friedensbewegung kennt. Da erklärt eine besorgte Mama, sie möchte nicht, daß ihre Kinder „für irgendwelche ideologischen Ideen an irgendeiner Grenze verheizt werden“, und zitiert das berühmte Wort zum Krieg von Bertolt Brecht: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin!“, lässt aber die zweite Hälfte des Zitats weg, die ja bekanntlich lautet: „dann kommt der Krieg zu euch!“ Einer ihrer Kollegen wartet mit der Weisheit auf: „Wenn die Politiker ihre Kinder in den Krieg schicken müssten, dann wäre er sofort vorbei.“ Da fehlt auch nicht der mokante Hinweis auf die Rheinmetall-Aktien von Frau Strack-Zimmermann. Wie viele davon diese Dame in ihrem Depot hält, weiß jener Stadtrat wohl ebenso wenig wie ich. Und glaubt der wackere Stadtrat wirklich, jemand würde eine staatspolitische Grundsatzentscheidung wie die Unterstützung eines Landes gegen den Angriff eines anderen Landes mit Rücksicht auf seine eigenen Finanzen treffen? Anders gewendet: sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages von Abstimmungen ausgeschlossen, deren Auswirkungen möglicherweise auch finanziell zu ihrem Vorteil sein könnten?
Die große Politik ist nichts für den kleinen Verstand
Natürlich fehlt diesen Stadträten offenbar das Wissen, aber auch das Denkvermögen, das man nun einmal braucht, um mit Problemen von der Bedeutung umzugehen, die nun einmal die Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat. Die Mütter und Väter unserer Verfassung haben durchaus mit Bedacht in Art. 28 Abs. 2 GG geregelt, daß die Gemeinden für die örtlichen Belange zuständig sind, was im Umkehrschluss bedeutet, daß sie nicht etwa für Wohl und Wehe der Republik verantwortlich sind. Deswegen hat zum Beispiel das Bundesverwaltungsgericht schon vor 35 Jahren der Stadt München verboten, sich zur sogenannten atomwaffenfreien Zone zu erklären. Unsere Verfassung verpflichtet den Staat zwar in der Tat auf den Frieden, gibt ihm allerdings mit der Wehrverfassung auch das Instrument an die Hand, den Frieden zu wahren. Das ist Ausfluss der altrömischen Weisheit si vis pacem para bellum. Nur ein wehrhafter Staat kann in Frieden leben, weil er völkerrechtswidrigen Angriffen die Stirn bieten kann, was nota bene auch die Charta der Vereinten Nationen allen Staaten der Welt erlaubt, insbesondere in Art. 51.
Ein bißchen Nachhilfe
Die Diskrepanz zwischen der Position zur Verteidigungspolitik im Wahlprogramm der Bundespartei und dem Verhalten ihrer örtlichen Stadträte in Zwickau könnte kaum größer sein. Einerseits steht man auf Bundesebene im Einklang mit der allgemeinen Auffassung, propagiert sogar die aus meiner Sicht bitter notwendige Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht, andererseits sitzt man im schönen Städtchen Zwickau bräsig in seinem Krähwinkel und räsoniert darüber, wie lebensgefährlich doch Krieg ist, wovor man doch bitte schön seine Kinder bewahren will. Dabei übersieht man unter anderem auch, daß es alleine Sache der volljährigen jungen Männer ist, der Bundeswehr beizutreten oder nicht, sei es freiwillig, sei es aufgrund der Wehrpflicht. Die Eltern können das gut finden oder auch nicht. Man weiß offenbar auch nicht, daß es nicht im Belieben der einzelnen Staatsbürger steht, darüber zu befinden, wann und wozu die Bundeswehr eingesetzt wird. Ebenso wenig kann der Steuerzahler in Person bestimmen, wofür seine Steuern verwendet werden. Alles in allem haben wir es hier mit einer intellektuellen Minderleistung zu tun, was aber derzeit nicht allein auf die Stadträte von BSW und AfD in Zwickau zutrifft.
Fasching in Bayern, das Narrenschiff im Rosenmontagszug
In Bayern klagt nun eine bunt gemischte Gesellschaft gegen das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern. Dieses Gesetz hält unter anderem die Hochschulen an, mit Einrichtungen der Bundeswehr zusammenzuarbeiten, und die Schulen, mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr bei der politischen Bildung zusammenzuwirken. Jugendoffiziere waren schon immer auf Anforderung der Schulen im Einsatz, um die Sicherheitspolitik und die Rolle der Bundeswehr darin zu erklären. Selbstverständlich wirkt sich der wissenschaftliche Fortschritt zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrttechnik in den Technischen Hochschulen auch auf die Rüstungsindustrie aus. Beides ist notwendig, und beides wird nun in Bayern verstärkt. Nun wissen wir schon lange, daß linke Pazifisten aller Schattierungen dagegen agieren und polemisieren. Bei der erwähnten Klage ist nun die nahezu vollständige Besatzung des linken Narrenschiffs an Bord. Die Nürnberger Zeitung berichtet heute, daß mehr als 200 Namen von Privatpersonen, Gewerkschaften und Verbänden sich in der Klageschrift finden, darunter Vertreter beider großen Kirchen, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften, der Bund für Geistesfreiheit, die Partei Die Linke, das Friedensmuseum Nürnberg und das Nürnberger Evangelische Forum für den Frieden. Natürlich darf auch die ehemalige evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann da nicht fehlen. Der Staat treibe die Militarisierung voran sagte sie, und beklagte, daß „Friedensgruppen“ keinen Zugang zu den Schulen bekämen.
Ich gehe doch einmal davon aus, daß der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Kirche im Dorf lässt und den Klägern ins Stammbuch schreibt, daß die Landesverteidigung nun einmal eine der Kernaufgaben des Staates ist, der deswegen auch die Verpflichtung hat, diese effizient zu organisieren.
Lassen wir die Narren gerne Narren sein, wenn es um den Karneval geht. Das wirkliche Leben ist jedoch kein Spaß.