Archiv für den Monat: März 2016

Die Mannschaft

Gestern (27.03.2016) abend hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ein Freundschaftsspiel gegen das englische Nationalteam 2:3 verloren. Das ist an sich nicht der Rede wert. Doch ist die Art und Weise, wie sich die Spieler, mehr jedoch noch die Verantwortlichen des Deutschen Fußballbundes und auch die Zuschauer, pardon, Fans natürlich, dargeboten haben, einer näheren Betrachtung wert. Nimmt man nur den Spielverlauf, so gilt es allgemein als wenig schmeichelhaft, sich nach einer 2:0 Führung noch die sprichwörtliche Butter vom Brot nehmen zu lassen und am Ende mit 2:3 zu verlieren. Bei genauerem Hinsehen hat man allerdings auch feststellen können, daß es vielfach an der Entschlossenheit gefehlt hat, durch die sich eine Spitzenleistung auf dem Platz von der Alltagskickerei unterscheidet.

Grund genug, auch das Umfeld genauer zu betrachten, denn auch die Spieler bewegen sich nicht im luftleeren Raum. So mußte es denn auch auffallen, daß während des gesamten Spiels nahezu ausschließlich die englischen Fans akustisch vernehmbar waren und immer wieder ihre Nationalhymne anstimmten. Das waren nur rund 4.000 Engländer. 71.413 Zuschauer sahen das Spiel, also waren die Deutschen mit rund 67.000 Zuschauern zahlenmäßig um ein Vielfaches überlegen. Dennoch hörte man von ihnen während des gesamten Spiels kaum einmal etwas. Nun fallen gerade die englischen Fans generell nicht als höfliche und zurückhaltende Zeitgenossen auf. Vielmehr geben sie sich meist als arge Proleten. Aber sie stehen fest, lautstark und unerschütterlich zu ihrem Team. Beim Absingen der Nationalhymnen vor dem Spiel übertrafen sie die deutschen Zuschauer in der Lautstärke um mehrere Dezibel. Bekanntlich ist die Steigerung um ein Dezibel als akustische Verdoppelung der Lautstärke wahrnehmbar. Auch die englischen Spieler singen ihre Nationalhymne vor dem Spiel mit Inbrunst, auch die farbigen Mannschaftskameraden. Die deutschen Zuschauer hingegen pflegen ja in ihrer übergroßen Mehrzahl überhaupt nicht mitzusingen, ihre Spieler zumeist nur recht dezent, falls man einen sogenannten Migrationshintergrund hat, im allgemeinen überhaupt nicht. Daran ändert es auch nichts, daß sich der DFB seit einigen Jahren einen sogenannten Fanclub zugelegt hat. Dieses Retortenprodukt unterscheidet sich von den häufig leider zu lebendigen Fanclubs der Fußballvereine denn auch vor allem dadurch, daß seine zahlenden (!) Miiglieder so brav und gesittet auftreten, wie ein Mädchenpensionat beim Theaterbesuch. Aber auch als nicht organisierter Eintrittskartenkäufer oder Fernsehzuschauer hat man wenig Anlaß zur Entwicklung von Emotionen. Der DFB scheint es offenbar irgendwie unpassend zu finden, sein Auftreten mit nationalen Symbolen zu verbinden. Jedenfalls in der Außendarstellung ist aus der deutschen Fußballnationalmannschaft „Die Mannschaft“ geworden. Und abweichend von der weltweit geltenden ungeschriebenen Regel, wonach die Heimmannschaft auch ihr traditionelles Trikot trägt, ließ man die deutschen Spieler in einem sogenannten Auswärtstrikot auflaufen, dessen Farbgebung allein schon dazu herausfordert, daraus Schlüsse auf die Mentalität der Verantwortlichen zu ziehen. Ein Trikot in dunkelgrau und gedecktem dunkeloliv, gewissermaßen in Tarnfarben, und eine weiße Hose, gewissermaßen das Weiß der Unschuld, passen so recht zum neuen Image des DFB. Dem ganzen wird die Krone aufgesetzt, in dem der Mannschaftsbus und die Spielfeldumrandung mit dem Schriftzug: „Vive La Mannschaft“ verunziert werden. Auch hier wieder die offenbar bewußte Abkehr von Tradition und nationaler Symbolik. Statt auf den Mannschaftsbus einfach „Deutschland“ zu schreiben, ist nur noch von einer „Mannschaft“ die Rede, von welcher eigentlich? Das ganze dann auch noch – offenbar mit Blick auf die Austragung der diesjährigen Europameisterschaft in Frankreich – mit einem französisch/deutschen Mischmasch zu präsentieren, kann wohl nur Werbeagenturen einfallen, die ja auch schon einmal eine Braut mit ihrem Mops auf dem Arm zum Traualtar schreiten lassen. Vielleicht wollte man sich auch nur krampfhaft bemühen, für die deutsche Nationalmannschaft einen ähnlich populären Begriff zu kreieren, wie ihn etwa die Italiener mit ihrer Squadra Azzurra und die Argentinier mit ihrer Albiceleste haben. Allerdings kann so etwas nicht von einer Werbeagentur kreiert und von einem Vorstand dekretiert werden. Derartiges kann, wenn überhaupt, nur über Jahrzehnte in den Herzen einer fußballbegeisterten Nation heranwachsen. Vor allem aber würde es zum Beispiel den Franzosen nicht einmal in einem Fiebertraum einfallen, ihren Mannschaftsbus etwa mit der Aufschrift: „Es lebe die Equipe!“ zu beschriften, nur weil das Turnier gerade in Deutschland stattfindet.

Das Bemühen um eine gewissermaßen antiseptische, weitgehend von allen starken Gefühlsäußerungen gereinigte fröhliche Atmosphäre, selbstverständlich fernab von allem als dumpf denunzierten Nationalen, paßt so recht zu Merkel-Deutschland, personifiziert in dieser Nutella-Atmosphäre mit Oliver Bierhoff, dem Traum aller Schwiegermütter, inmitten. Überschäumende Emotionen, Leidenschaften und Identifikation mit der im Wortsinne National-Mannschaft haben da keinen Platz. Naive Fröhlichkeit und aufgesetzte Internationalität genügen. Dann ist auch die Teilnahme wichtiger als der Sieg. „Freundschaft, Freundschaft“ ließ Honecker rufen.

Armageddon

Das Maß ist nicht einfach voll. Nein, es läuft über. In rascher Folge schlagen Terroristen im Namen Allahs zu. Sie führen einen Krieg, einen schmutzigen Partisanenkrieg gegen uns. Sie hassen und verachten uns, die wir uns alle Genüsse leisten und leisten können, und ihrer asketischen Unterwerfung unter einen strengen und strafenden Gott allenfalls mit einem gleichgültigen: „Wenn ihr es denn glaubt“ begegnen. Sie halten es für ihre Pflicht, das Banner ihres Propheten auf den Regierungspalästen aller Länder aufzupflanzen. Sie sind damit die zeitgemäßen Nachfolger der islamischen Heere, die Karl Martell bei Tours und Poitiers 732 zurückgeschlagen und Prinz Eugen in der Schlacht von Peterwardein 1716 endgültig besiegt hat. Sie glauben fest daran, als im Krieg gegen die Ungläubigen Gefallene in ein Paradies einzugehen, das ihnen ihre Schriftgelehrten als riesiges Freudenhaus beschrieben haben, in dem ihnen ständig zahllose attraktive Frauen zu Willen sind. Ihre Lust wird nach diesen Heilsversprechungen niemals versiegen und die physiologischen Folgen der Lust werden auch nie nachlassen. Daß derartige Heilsversprechungen im Hinblick auf ihren alles andere als transzendentalen Charakter überhaupt eine nennenswerte Schar von Anhängern gefunden haben, ist einer eigenen Untersuchung wert. Entscheidend ist jedoch, daß wir es hier mit religiösen Überzeugungen zu tun haben, die rationales Denken vollständig ausschalten. Nur dann ist ein solcher Fanatismus möglich, wie er Selbstmordattentäter und Angehörige von im Wortsinne Himmelfahrtskommandos beseelen muß. Für uns aufgeklärte und vom Hedonismus geprägten Menschen der westlichen Welt, ob Anhänger eines aufgeklärten Christentums oder Agnostiker, ist eine solche Persönlichkeitsstruktur überhaupt nicht mehr vorstellbar. Wenn wir uns jedoch darauf besinnen, daß die frühen Christen in Scharen zu Märtyrern wurden, weil sie sich der in unseren Augen lächerlichen kleinen Formalität verweigerten, neben der Verehrung ihres Gottes eben auch der römischen Staatsräson zu entsprechen und dem göttlichen Kaiser zu huldigen, dann sollten wir doch eine Ahnung von dem bekommen, was ein unerschütterlicher Glaube bei einem Menschen auszurichten vermag. Wir müssen schlicht und einfach als Tatsache erkennen, daß der streng und ursprünglich verstandene Islam eben solche Persönlichkeiten formt.

Diese Soldaten Allahs haben uns den Krieg erklärt. Einen Krieg bis zur vollständigen Unterwerfung. Wenn wir den Kampf aufnehmen wollen, dann müssen wir analysieren und erkennen, mit welchem Feind wir es zu tun haben. Wir werden dann um die oben skizzierte Erkenntnis nicht herumkommen. Wir werden dann auch erkennen müssen, daß man einen Krieg nur gewinnen kann, wenn man die Gesetze des Krieges befolgt. Für den gelernten Soldaten ist das eine Binsenweisheit. Gepanzerten Feind wird man nur mit gepanzerten Truppen und panzerbrechenden Waffen besiegen können. Und so wird man zunächst einmal darüber nachdenken müssen, ob es angesichts des kriegerischen Willens und der kriegerischen Mittel des Feindes noch ausreicht, polizeiliche Mittel unter Beachtung des Polizeirechts mit seinem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dagegen zu setzen. Ja, wir müssen darüber nachdenken, ob wir in diesem Kampf nicht doch auch das Kriegsrecht anwenden müssen. Im Gefecht unter den rechtlichen Bedingungen des Krieges ist die Ausschaltung bzw. Vernichtung des Feindes das taktische Ziel des Einsatzes. Der Feind verhält sich schon lange so. Allerdings mit dem gravierenden Unterschied zu unseren Vorstellungen vom Recht des Krieges, das auf den Kampf der militärischen Kombattanten gegeneinander zugeschnitten ist, massakriert er in der Absicht, vor allem die wehrlose feindliche Zivilbevölkerung psychisch zu lähmen, bedenkenlos und willkürlich Badeurlauber, Fluggäste, Passanten und U-Bahn Benutzer.

Vor allem aber ist es an der Zeit, sich auch geistig zu rüsten. Es wird vom Feind als Schwäche angesehen und stachelt ihn deswegen nur noch mehr an, wenn Politiker und Publizisten auf die Nachricht vom neuesten Terroranschlag erst mal mit Bestürzung, Betroffenheit und Entsetzen reagieren. Alles Beschreibungen einer Haltung der Schwäche und des Ausdrucks der Unterlegenheit. Die über Jahrzehnte anerzogene Kultur der Gewaltlosigkeit, das Ideal der Sanftmut und der Glaube an das Gute im Menschen haben uns unfähig gemacht, einen Gegner, der von alledem nichts wissen will und eine solche Geisteshaltung nur verachtet, als das zu erkennen, was er ist und daraus die gebotene Konsequenz zu ziehen. Wenn wir in diesem Krieg nicht untergehen wollen, dann muß jede Reaktion auf die Nachricht von einem feindlichen Angriff die Entschlossenheit erkennen lassen, mit jeder Faser des Herzens den Kampf aufnehmen zu wollen und die Überzeugung spüren lassen, diesen Kampf am Ende zu gewinnen. Es sind nicht die Tage der Sanftmütigen. Es sind die Tage des Zorns. Erst wenn wir die Wölfe erlegt haben werden, können wir uns den Blumen im Garten wieder zuwenden.

Die Mogelpackung

Parturient montes, nascetur ridiculus mus spottete einst Horaz. Was er noch im sprachlichen Futur formulierte, kann nun nach dem gefühlt dreißigsten „Gipfel“ der europäischen Staatenlenker samt ihrer Brüsseler selbstinstallierten Vormünder nun in der Vergangenheitsform skandiert werden: Parturiebant montes, nascebatur ridiculus mus. Die nicht des Lateinischen Kundigen unter meinen Lesern muß ich natürlich zunächst einmal um Nachsicht bitten. Angesichts des Possenspiels, das uns die europäischen Spitzenpolitiker unter der Führung unserer Kanzlerin wieder einmal geboten haben, bot sich dieses klassische Zitat einfach an. Wörtlich übersetzt heißt es, daß die Berge kreißen werden, indessen nur ein lächerliches Mäuslein geboren werden wird. Will heißen, daß eine gewichtige Entscheidung von epochaler Bedeutung mit größtmöglichen Tamtam angekündigt wird, tatsächlich jedoch ein lächerliches kleines Beschlüßchen zu erwarten ist. Und das hat sich auch wieder einmal als richtige Prognose erwiesen. Deswegen kann der zitierte Satz des römischen Dichters Horaz nun in der Vergangenheitsform formuliert werden.

Wochenlang hat man uns Bürgern versichert, nur eine europäische Lösung nach den Vorstellungen unserer Kanzlerin werde dem Flüchtlingsproblem gerecht. Eine solche europäische Lösung wäre natürlich die Schließung der Grenzen in der Art und Weise gewesen, wie sie Österreich und die Balkanländer inzwischen durchführen. Daß wir derzeit nur noch wenige Flüchtlinge in unser Land kommen sehen, ist ja allein darauf zurückzuführen, auch wenn die Kanzlerin und ihre Knappen nun den Eindruck erwecken wollen, dies sei ihr Verdienst. Für Frau Merkel und ihre Anhänger war die konsequente Schließung und Abriegelung der Grenzen indessen eine unmenschliche Horrorvorstellung. Deswegen ist man über eine europäische Lösung hinausgegangen und hat die zweifelsfrei außereuropäische Türkei zur Hilfe gerufen. Die soll es nun richten. Über die vielfachen praktischen Schwierigkeiten, die mit dem in Brüssel nun beschlossenen Vorgehen einhergehen, und die das Gelingen dieser Aktion von vornherein sehr in Frage stellen, ist zu Recht schon viel gesagt worden. Daß ausgerechnet Griechenland, dessen staatliche Ordnung weitgehend überhaupt nicht funktioniert, die Registrierung und Rückführung der Flüchtlinge in die Türkei organisieren soll, mutet wie ein schlechter Witz an. Das wird auch nicht dadurch besser, daß die übrigen europäischen Staaten den Griechen hierzu Fachpersonal in Gestalt von Beamten, Polizisten und Richtern zur Verfügung stellen wollen. Alleine diese Regelung zeigt ja bereits, daß Griechenland überhaupt nicht in der Lage ist, den erwarteten Beitrag zu leisten. Daß man sich dann ausgerechnet von der Türkei abhängig gemacht hat, wirft schon die Frage danach auf, was die Gipfelteilnehmer eigentlich während der Tagung geraucht und getrunken haben. Das Schicksal des Gelingens dieser Vereinbarung ausgerechnet in die Hände eines Landes zu legen, dessen undurchsichtige Strukturen jede Kontrolle durch die Europäische Union unmöglich machen, und dessen demokratisches System zügig durch ein autokratisches, künftig wohl eher diktatorisches System ersetzt wird, ist schlicht und einfach abenteuerlich. Nur unter der Wirkung von Chrystal Meth kann man die Visafreiheit für Türken zusagen, die uns Millionen von Sozialhilfeempfängern bescheren wird. Vor allem aber ist die getroffene Vereinbarung, wonach für jeden illegal nach Griechenland eingereisten Syrer, sofern ihm dort nicht nach einem rechtsstaatlichen Asylverfahren (in Griechenland!) Asyl gewährt wird, ein Syrer legal in die Europäische Union einreisen darf, ein Nullsummenspiel. Dies auch nur hinsichtlich der Flüchtlinge syrischer Nationalität. Für Afghanen, Iraker und Kurden gilt das nicht. Im Ergebnis werden wir in Europa noch mehr Migranten haben, als zuvor. Völlig unklar ist, welche europäischen Länder denn nun die sogenannten legalen syrischen Flüchtlinge aufnehmen sollen. Daß hier eine Verteilung nach einem wie auch immer zu berechnenden Schlüssel stattfinden wird, glaubt doch niemand. Nicht einmal die laut EU-Beschluß vom November 2015 innerhalb der Union zu verteilenden 160.000 Flüchtlinge sind tatsächlich vereinbarungsgemäß aufgeteilt worden. Tatsächlich sind das weniger als 1.000, vorwiegend natürlich in Deutschland. Es bedarf keiner Prophetengabe vorherzusagen, daß Deutschland weiterhin die allermeisten Flüchtlinge aufnehmen wird, diejenigen Länder indessen, die in den letzten Monaten überhaupt keine Flüchtlinge mehr aufgenommen haben, auch künftig keine mehr aufnehmen werden. Von dem Problem der Hunderttausenden von einwanderungswilligen Afrikanern in Libyen und anderswo ist überhaupt noch keine Rede.

Alle bis jetzt schon sattsam bekannten Probleme, Arbeitsmarkt, Integration, Krankenkassen und nicht zuletzt Innere Sicherheit harren nicht nur weiterhin einer Lösung, die diesen Namen verdient. Vielmehr ist mit einer Verschärfung der Situation zu rechnen.

Die Vereinbarung zwischen Europäischer Union und Türkei vom letzten Freitag muß also, was ihr Problemlösungspotenzial angeht, in der Tat als lächerliches Mäuslein bezeichnet werden. Was indessen tatsächlich an unserer europäischen Südgrenze zum Sprung in die deutsche Mitte der Europäischen Union ansetzt, ist indessen ein ausgehungerter Löwe.

 

Respekt!

Die bayerischen Politikerinnen Barbara Stamm und Emilia Müller, beide CSU, haben erklärt, künftig nicht mehr am Starkbieranstich auf dem Nockherberg teilnehmen zu wollen. Die Nockherbergrede der als „Mama Bavaria“ aufgetretenen Kabarettistin Luise Kinseher sei nun doch in Teilen zu beleidigend gewesen, insbesondere auch frauenverachtend. Das deckt sich mit meiner Einschätzung dieser Veranstaltung, die ich in dem Beitrag „Weißt du noch?“ am 25. Februar dieses Jahres hier gegeben habe.

Diese Haltung zweier Politikerinnen verdient Respekt. Leider ist es ja so, daß Politik und Medien dazu neigen, alle Hervorbringungen von Kabarettisten zu loben, auch wenn es sich dabei tatsächlich nur um Lobhudeleien handelt. Ist von unseren Kultur- und Kunstschaffenden die Rede, so verfallen Kommentatoren und Politiker gerne in einen ehrfürchtigen Tonfall, so wie der Pfarrer von der Mutter Gottes spricht. Gerade Politiker, auch wenn sie selbst in grenzwertiger oder gar grenzüberschreitender Weise zum Opfer der – natürlich politisch korrekten – eifernden oder auch nur eitlen Kabarettisten werden, scheuen sich wahrheitsgemäße Kritik daran zu üben. Denn es könnte ja der eine oder andere Wähler abspenstig werden. Schließlich gehört es doch zum guten Ton, über Kabarett, Kunst und Kultur nur Gutes zu sagen. Da möchte man nicht unter die Banausen eingereiht werden.

Typisch insoweit ist der Kommentar von Florian Pronold (SPD), der in seiner nassforschen Art zum Nockherberg-Boykott der beiden Damen erklärt hat: „Wer die Hitze nicht verträgt, soll die Küche meiden.“ Um im Bilde zu bleiben, wäre richtigerweise zu sagen: „Wem die versalzene Suppe nicht schmeckt, muß sie auch nicht essen.“ Entgegen der Auffassung von Herrn Pronold muß politisches Kabarett auch nicht „hart sein und herrschaftskritisch“, um dem Anspruch an politisches Kabarett zu genügen. Das mag vielleicht dann gelten, wenn das Publikum gerade diese Nummer hören wollte und dafür Eintritt bezahlt hat. Für die Darbietungen mancher Vertreter dieser Profession würde ich zum Beispiel keinen Cent Eintritt bezahlen. Eine Traditionsveranstaltung indessen, die vor geladenem Publikum und laufenden Fernsehkameras stattfindet, muß anderen Maßstäben genügen. Da geht es nicht darum, die eigene als allein moralisch und human empfundene politische Position darzustellen und Vertreter der Gegenauffassung möglichst derb abzuwatschen. Vielmehr geht es darum, die politischen Vorgänge des letzten Jahres zwar mit spitzer Feder, aber elegant und mit Augenzwinkern rhetorisch zu karikieren. Diesem Anspruch entsprach diese Veranstaltung in früheren Jahren und Jahrzehnten durchaus. Heuer war das, wie ich in meinem Beitrag schon ausgeführt habe, bei weitem nicht der Fall. Vielleicht macht das Beispiel der beiden Damen Stamm und Müller Schule. Zu wünschen wäre es.

Gewählt, verwählt?

Am Sonntag waren in drei Bundesländern Landtagswahlen, am Sonntag zuvor in einem Bundesland Kommunalwahlen. In allen vier Bundesländern wurde die gewohnte Parteienlandschaft in den Kommunal- und Landesparlamenten kräftig durcheinandergewirbelt. Wahlanalysen gibt es mehr als genug. An dieser Stelle muß nicht eine weitere hinzugefügt werden.

Bemerkenswert ist der Erfolg der Alternative für Deutschland, deren Namen ich an dieser Stelle bewußt ausschreibe. Denn diese Partei trägt nicht nur im Namen, wofür sie angetreten ist, sie unterscheidet sich auch tatsächlich von den bisher in den Parlamenten vertretenen Parteien in vielerlei Hinsicht. In gewisser Hinsicht gegründet hat sie Angela Merkel mit ihren Beteuerungen während der Bankenkrise, der Euro-Krise und der Griechenland-Krise, ihre Politik sei alternativlos. Weil sie damit bei ihren etablierten Mitbewerbern im Großen und Ganzen Gehör gefunden hatte, konnte die Gründung einer neuen Partei, die sich von alledem ausdrücklich absetzen wollte, nicht ausbleiben. Ihr Name ergab sich damit von selbst, ebenso wie die Formulierung ihrer politischen Ziele. Daran hat sich auch durch das Ausscheiden von Bernd Lucke und seiner Anhänger nichts geändert. Im Gegenteil. Die sogenannte Flüchtlingskrise, die ja weit mehr ist als ihr Name nahelegt, hat nur noch deutlicher gemacht, daß sich in der sogenannten politischen Landschaft eine riesige Steppe aufgetan hat, die der Bewässerung und Kultivierung durch Neuansiedler harrt, um einmal die wohlfeile Metapher von den politischen Landschaften mit Leben zu füllen.

Nun haben diese Wahlen die AfD mit beachtlichen Prozentzahlen in die Parlamente gebracht. Die teilweise hysterischen Reaktionen von Politikern, Journalisten und Geistlichen (wieso maßen die sich eigentlich an, den Leuten politische Ratschläge zu erteilen?) darauf müssen hier nicht kommentiert werden. Sie sind nicht der Rede wert. So massiver Unfug wie die Behauptung, es handele sich nicht um eine demokratische Partei oder gar der Vergleich mit den Erfolgen der NSDAP vor dem 30. Januar 1933 sind nicht nur böswillig, sondern auch schwachsinnig. Die NSDAP ist seinerzeit ja ausdrücklich mit dem Anspruch angetreten, das demokratische System abzuschaffen. Die AfD hingegen will es stärken, etwa durch die vermehrte Möglichkeit von Volksabstimmungen.

Seriöse Beobachter aus Politik und Medien vergleichen die derzeitige Situation zutreffend mit dem Einzug der Grünen in die westdeutschen Parlamente Anfang der achtziger Jahre. Wer alt genug ist, das noch bewußt miterlebt zu haben, der weiß wie unwahrscheinlich es aus damaliger Sicht gewesen ist, daß aus dieser bunten Clownstruppe einmal eine ernstzunehmende politische Kraft werden würde. Man erinnert sich auch noch daran, welch wirklich irre Typen damals in die Parlamente gekommen sind. Teilweise auch mit politischen Forderungen, wie etwa der Abschaffung der Bundeswehr und des Verfassungsschutzes, oder des strafrechtlichen Schutzes von Kindern vor pädophilen Zeitgenossen. Manche der grünen Verfechter solcher kriminellen Phantasien spielen noch heute eine politische Rolle, wie etwa der unsägliche Volker Beck. Indessen hat sich diese Partei ebenso wie die ursprünglich als umgetaufte SED in die Parlamente gelangte heutige Linkspartei im politischen System dieses Landes etabliert. Das hat natürlich mehrere Legislaturperioden gedauert. Wenn die AfD, sagen wir einmal zwei Legislaturperioden hindurch in den Parlamenten sachliche Arbeit auf allen Feldern der Landes-und Kommunalpolitik leistet und nicht ausschließlich durch dümmliche Eskapaden von Selbstdarstellern und politischen Amokläufern auffällt, dann kann erwartet werden, daß ihre Entwicklung ähnlich verlaufen wird, wie die der Grünen und der Linken. Es ist also sachliche Arbeit und der Weg in die Professionalität vonnöten. Schulen und Kindergärten, Landwirtschaft und Straßenbau, Theater und Altenheime, um nur einige Felder zu nennen, auf denen gearbeitet werden muß, werden zu beackern sein, nicht aber die Weltpolitik. Das sollte auch seitens der maßgeblichen Politiker dieser Partei von ihren parlamentarischen Fußsoldaten strikt verlangt werden. Denn anders als bei Grünen und Linken fehlt ihr natürlich das Wohlwollen der mehrheitlich linksdrehenden Journalisten. Für das politische System dieses Landes wäre es wünschenswert, würde sich tatsächlich eine Partei rechts von der inzwischen links von der Mitte positionierten Union auf Dauer etablieren. Nur dann bestünde ja die Chance, daß es irgendwo und irgendwann auch einmal bürgerlich/liberale Koalitionen geben könnte. Die linke Einheitsdiät indessen tut dem Land nicht gut.

Das Schlaumeierle

Ich habe heute Abend mal in eine dieser Flüchtlinge-sind-gut-für-uns Sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hineingeschaut. Die Verantwortung für die politisch korrekte Desinformation der Zuschauer lag in diesem Falle bei Maybrit Illner. Zu ihren Gästen gehörte Thomas Strobl, seines Zeichens Vorsitzender der CDU in Baden-Württemberg. Sein Auftritt war das Musterbeispiel des politischen Bühnenspiels. Aus jedem Wort, jeder Gesichtsregung und jedem Blick sprach das verzweifelte Bemühen, den Erwartungen der Moderatorin und des natürlich wie immer handverlesenen Publikums zu entsprechen. Dies schien ihm offensichtlich den Chancen seiner Partei bei der Wahl am Sonntag förderlich zu sein. Körpersprache, verquaste Argumentation und Mimik erinnerten mich als seit Jahrzehnten mit dem Verhalten von Parteien, Angeklagten und Zeugen vor Gericht vertrauten Anwalt an einen Angeklagten oder Zeugen, der einen Sachverhalt schönredet, sich herauswindet oder glatt lügt. Dabei schreckte dieser Spitzentrottel seiner Partei nicht einmal davor zurück, im Vertrauen auf das kurze Gedächtnis der mittleren bis älteren Generation und die Unwissenheit der jüngeren Generation offensichtliche Unwahrheiten zu behaupten. Im Zusammenhang mit der Fragestellung, ob angeblich „rassistische“ Verhaltensweisen der eingesessenen Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen etwas damit zu tun haben könnten, daß es sich um Muslime handele, suchte er diese offensichtliche Tatsache damit schönzureden, besser gesagt, umzufälschen, daß er behauptete, nach dem Fall der Mauer 1989 seien in seinem Heimatland Baden-Württemberg Unterkünfte von Flüchtlingen – da ist niemand geflohen, da sind Leute umgezogen – attackiert worden. Also seien ja auch sogar Deutsche in Deutschland den geflüchteten Deutschen mit Ablehnung begegnet. Damit meinte er wohl den Beweis dafür geführt zu haben, daß der religiös-kulturelle Hintergrund von Zuwanderern keine Rolle spielt. Daß dies offensichtlich Unsinn ist, muß nicht weiter vertieft werden.

Der Fisch stinkt stets vom Kopf her. Das gilt natürlich auch für politische Parteien. Man muß also der CDU in Baden-Württemberg von Herzen wünschen, daß sie am Sonntag eine krachende Wahlniederlage erleidet. Etwas anderes hat sie mit solch einem Vorsitzenden nicht verdient. Wer in Baden-Württemberg noch bürgerlich-konservativ denkt und deswegen eine entsprechende politische Kraft in seinem Lande sehen will, der muß eben darauf warten, daß diese CDU erst einmal verbrennt. Aus der Asche mag ein Phönix entstehen. Daneben gibt es allerdings auch eine bürgerliche Alternative.

Wahn und Wirklichkeit

Man muß auch einmal Empfehlungen aussprechen. Schließlich gibt es in Deutschland ein paar Leute, die ungeschminkt die Wahrheit sagen und die Dinge auf den Punkt bringen. Ich empfehle daher, die vorzügliche Internetseite www.rolandtichy.de anzuklicken und dort vor allem die Artikel:

Wir Schlechtmenschen – Über die Verdrehung von Ursache und Wirkung von Anabel Schunke

sowie

Der Deal von Brüssel und der erzwungene EU-Beitritt der Türkei in spe von Bettina Röhl

zu lesen. Wer zufällig in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt wohnt, sollte dann am Sonntag wirklich zur Wahl gehen.

 

Geht’s noch?

Der Sonntags-Stammtisch des Bayerischen Fernsehens ist eine Talkshow ganz eigener Art. Einer der wenigen Journalisten, denen man ein großes Maß von Klugheit und Unabhängigkeit attestieren darf, Helmut Markwort, moderiert an nahezu jedem Sonntagvormittag des Jahres ein Gespräch mit zwei Stammgästen und zwei geladenen Gästen aus Politik, Medien, Kultur oder Wirtschaft. Im allgemeinen wird dort ausgewogen, aber durchaus auch pointiert diskutiert, was sich in der vergangenen Woche ereignet hat. Es gibt aber auch Ausreißer. Einen solchen konnte man am letzten Sonntag erleben. Ein bayerischer Bänkelsänger, dessen Name hier nichts zur Sache tut, und den man sich auch nicht unbedingt merken muß, meinte als seinen sogenannten Ärger der Woche anführen zu müssen, daß die frühere Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach MdB vor einigen Tagen auf Twitter ein Bild gepostet hat, das ein kleines blondes Mädchen im Kreis von Menschen offensichtlich vom indischen Subkontinent zeigt, übertitelt mit „Deutschland 2030“ und der Unterzeile: „Woher kommst du denn?“ Darüber hat sich jener Zeitgenosse offenbar derartig gemopst, daß er glaubte erklären zu müssen: „Es ist unmöglich, daß die Frau immer noch im Deutschen Bundestag sitzt und vor allem später mal Pensionsansprüche stellt, die aus der Tasche der deutschen Steuerzahler bezahlt werden müssen.“ Was ist denn das für ein Demokrat? Seine Vorstellungen von Meinungsfreiheit bezieht er offenbar von Erdogan oder Putin. Das ohne wirklich entschiedenen Widerspruch am Tisch. Lediglich der Moderator selbst warf dazu die Frage auf, wie man jemanden eine Pension wegnehmen könne, wenn er seine Meinung äußert.

Es spielt im übrigen auch keine Rolle, ob Frau Steinbach das satirisch gemeint hat oder nicht. Wenn es Satire war, dann ist mit Kurt Tucholsky zu fragen: „Was darf Satire?“ Und mit ihm zu antworten: „Alles!“ Wenn es keine Satire ist und auch nicht so gemeint war, dann ist es eben ein sehr drastischer Hinweis auf die in Gang gekommene Veränderung der ethnischen Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung. Wenn man in Deutschland nämlich ethnische Ghettos nach Art der französischen Banlieus zulassen sollte, wie wir sie leider teilweise in Berlin oder Duisburg schon haben, dann könnten sich in gut 20 Jahren dort derartige Szenen durchaus abspielen. Gerade eine Politikerin hat durchaus das Recht, vielleicht sogar die Pflicht, anstehende Probleme auch in plakativer, drastischer Form darzustellen.

Wenn man den Bereich der Satire betrachtet, etwa die diversen Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitschrift ebenso wie in dem französischen Satiremagazin Charlie Hebdo, und sich daran erinnert, wie die deutschen Intellektuellen, die Künstler zumal, auch angesichts der geschmackloseren Exemplare jener Karikaturen eisern das Banner der Kunstfreiheit hochgehalten haben, dann fragt man sich schon, ob nicht bei dem eingangs genannten bayerischen Bänkelsänger und all denen, die auf Frau Steinbach wegen dieses tweets eingeschlagen haben, einige Hirnwindungen eingefroren sind. Den Problemen der Zuwanderung darf man sich jedenfalls in dem Teil der deutschen Gesellschaft, der vor den Fernsehkameras agiert, ausschließlich mit Merkel-freundlichen Kommentaren zuwenden, und wenn man das nicht tut, jedenfalls mit heiligem Ernst und der Beteuerung, auf der Suche nach noch humaneren Lösungen zu sein.

Glücklicherweise können wir vor den Bildschirmen wenigstens in Abständen von unserem Wahlrecht Gebrauch machen. Es scheint so, daß ein Teil der Bürger dies gerade in einer Weise tut, die den Leuten vor den Kameras ganz und gar nicht gefällt. Und das ist Demokratie.

Die Mitte

Politisch verorten sich die Deutschen am liebsten in der Mitte. Das ist ja auch der beste Platz für Leute, die keine Ahnung davon haben, was und warum gerade so auf dieser Welt passiert. Die Mitte hat von allen Seiten etwas. Das ist denknotwendig so, weil sie an alle Seiten angrenzt. Somit ist man irgendwie immer bei der Mehrheit, was auch immer sie gerade denkt. Der Platz in der „Mitte“ garantiert auch den Abstand zu den Rändern. Wer will denn schon Außenseiter sein? Aus diesem Grunde werden auch die Parteien nicht müde zu beteuern, sie seien die Mitte. Gemeint ist natürlich, daß sie die Mitte des politischen Spektrums besetzen. Aber die Sprache der Politik ist ebenso unpräzise und von schlecht formulierten Metaphern geprägt, wie der Sprachmüll der Werbung. Klar, es handelt sich ja auch um Werbung. Politik und Werbung erreichen „die Menschen“ (gemeint sind die leicht manipulierbaren Konsumenten) mit ihren Schlagworten gleichermaßen. Beide vermeiden auch tunlichst, das umworbene Publikum sachlich zu informieren. Dafür ist es auch dankbar, denn es macht sich nicht gern die Mühe, irgend etwas zu prüfen, zu recherchieren oder zu erforschen. Und das gilt keineswegs nur für die sogenannten einfachen Leute. Auch erfolgreiche Unternehmer, Manager und höhere Beamte sind da mitnichten durchwegs anspruchsvoller. Denn auch in diesen Kreisen ist der Typus sehr häufig anzutreffen, dessen außerberufliche Interessen sich auf gehobenen Konsum und flaches Vergnügen beschränken.