Willkommenskultur

Der Strom von Flüchtlingen, Asylbewerbern und, sagen wir einmal, Wirtschaftsmigranten schwillt in einem ungeahnten Ausmaß an. Behörden kommen mit der Einrichtung von Unterkünften und Sammellagern nicht nach. Turnhallen werden zur Unterbringung von Flüchtlingen benutzt mit der Folge, daß voraussichtlich auf lange Zeit der Sportunterricht in den Schulen ausfallen wird, und Sportvereine auf die Nutzung dieser Hallen verzichten müssen. Die Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge gehen bereits in die Milliarden. Die Verwaltungsgerichte kommen mit der Bearbeitung von Asylverfahren nicht mehr nach. Deswegen müssen andere Verfahren, etwa wegen Baugenehmigungen, liegen bleiben. Die Juristische Bewältigung der Schleuserkriminalität beginnt Staatsanwaltschaften und Amtsgerichte zu überfordern.

Politik, Kirchen und Medien werden indessen nicht müde, von den Bürgern eine „Willkommenskultur“ einzufordern. Will heißen, wir sollen auf vieles verzichten und Zustände dulden, die in den Ländern herrschen, welche die Flüchtlinge aus welchen Gründen auch immer verlassen haben. Es ist also an der Zeit, sich kritisch damit auseinanderzusetzen, was hier eigentlich abläuft, und was von uns letztendlich verlangt wird.

Zunächst einmal frage ich mich doch, warum ich Leute willkommen heißen soll, die ich nicht eingeladen habe. Natürlich steht es außer Frage, daß jeder Mensch, der sich legal oder illegal in unserem Lande aufhält, einen Rechtsanspruch auf Sicherung der wesentlichen Lebensgrundlagen hat. Das bedeutet, ein Dach über dem Kopf, ausreichende Ernährung und notwendige medizinische Versorgung. Das bedeutet natürlich auch einen korrekten Umgang mit diesen Menschen einschließlich der Wahrung der bei uns üblichen höflichen Umgangsformen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Über das Strafgesetzbuch sollte man in diesem Zusammenhang erst gar nicht reden müssen. Wer etwa zum Haß auf Asylbewerber oder andere Flüchtlinge aufruft, oder dem sogar Taten in Form von Brandstiftungen folgen läßt, stellt sich als Straftäter außerhalb der Gesellschaft.

Gerade die ungeheure und weiter anschwellende Zahl der Flüchtlinge muß uns jedoch zu denken geben. Zwar gebietet Art. 16 a des Grundgesetzes, daß Asylsuchende und Bürgerkriegsflüchtlinge von uns aufzunehmen sind. Indessen steht auch dieses Grundrecht unter dem Vorbehalt der sonstigen Gesetze. So ist es ja ausdrücklich zulässig, gewisse Quotenregeln, auch in internationalen Verträgen, zu statuieren. Ein Blick über die Grenzen zeigt allerdings auch, daß längst nicht alle europäischen Staaten – von der übrigen Welt soll an dieser Stelle einmal keine Rede sein, – bereit sind, Flüchtlinge in größerer Zahl aufzunehmen. Manche wollen das überhaupt nicht. Man kann auch nicht sagen, daß es sich dabei um undemokratische Unrechtssysteme handelt. Vielmehr handelt es sich um geachtete Mitglieder der internationalen Gemeinschaft. Das wirft die Frage auf, ob es tatsächlich zu den menschenrechtlichen Standards gehört, uneingeschränkt oder doch in großem Umfang Asyl zu gewähren und Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen. Auch wenn Deutschland diese Verpflichtung in seine Verfassung aufgenommen hat und durchaus großzügig handhabt, so muß doch geprüft werden, ob dies auch dann noch Geltung beanspruchen muß, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen, auf denen eine solche Rechtsgewährung beschlossen worden ist, so massiv verändert haben, wie das derzeit der Fall ist. Der Vorbehalt der clausula rebus sic stantibus (unter den gegebenen Umständen) gehört ja nun einmal zu den juristischen Grundlagen ebenso wie der Rechtssatz, daß Verträge nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auszulegen sind. Dies gilt umso mehr, wenn es durchaus möglich ist, das Vorliegen von Asyl-und Fluchtgründen bereits in der geographischen Nähe der jeweiligen Heimatländer zu prüfen. Dies setzt die Schaffung entsprechender Einrichtungen dort voraus, allerdings auch den Willen der Staatengemeinschaft, dies durchzusetzen. Und wer sagt denn, daß man vor Verfolgung erst sicher ist, wenn man ein Dutzend Länder durchquert hat? Wird man etwa als Eritreer auch in Ägypten verfolgt? Als Syrer auch in Saudi-Arabien? Auch ist es möglich, etwa Bootsflüchtlinge im Mittelmeerraum nach ihrer Rettung nicht etwa nach Norden in die Zielländer, sondern nach Süden in die Herkunftsländer zu verbringen. Denn damit würde den Schleuserorganisationen ihr Geschäft verdorben, anstatt es wie derzeit zu fördern. Heute ist es doch so, daß Flüchtlinge, die ein Schlauchboot an der libyischen Küste besteigen, sich sicher sein können, auch in Italien anzukommen. Entweder schaffen sie es selbst, oder sie werden von Schiffen der italienischen Küstenwache bzw. diverser NATO-Staaten, darunter Deutschland, in Italien an Land gebracht und betreut. Danach erfolgt die Weiterreise nach Deutschland.

Was wirklich auf uns zukommt, erfährt man ja auch ungeschminkt aus dem Munde der Schleuser. O-Ton eines Schleusers, der bei Passau aufgegriffen worden ist: „Was wollt ihr, wir sind tausende und wir scheißen euch mit Flüchtlingen zu!“ Der Mann hat unreflektiert und drastisch zwei Grundtatsachen benannt. Zum einen die Schlagkraft der Schleuserorganisationen, vor der die Polizeibehörden der Zielländer schon längst kapituliert haben, und den Zustrom der Flüchtlinge nur noch kanalisieren. Zum anderen die ungeheure Zahl der Flüchtlinge, die unsere Gesellschaft bei weitem überfordert. Wir stehen vor der Wahl, entweder unsere Lebensstandards im wesentlichen zu halten, oder aber im Sinne eines immer selbstloseren Teilens unsere Lebensverhältnisse denen in den Herkunftsländern anzunähern. Darüber wird zu reden und zu entscheiden sein.

2 Gedanken zu „Willkommenskultur

  1. Baumann

    Aus ökonomischer Sicht brauchen wir Zuwanderung, nicht zuletzt, um unseren Wohlstand, Innovationsfähigkeit, Wachstum und die sozialen Sicherungssysteme zu erhalten.
    Diese Erkenntnis ist zwischenzeitlich unter seriösen Ökonomen unbestritten.

    Was ist m.E. deshalb zu tun?

    Wir müssen dafür sorgen, dass – ähnlich wie in den USA – diejenigen zu uns kommen, die uns nutzen, d.h. diejenigen, welche die „richtigen“ Qualifikationen haben, oder kurzfristig erwerben.
    Um nicht falsch verstanden zu werden, ich plädiere nicht für die Streichung des 16a GG (was wegen der Ewigkeitsgarantie ja auch nicht möglich ist).

    Aber wahr ist eben auch, dass eine gelungene Integration von qualifizierten Zuwanderern die Türe öffnet für innovatives Unternehmertum, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft; Eigenschaften, die unser auf Export angewiesenes Land dringend benötigt. Dies beweisen nicht zuletzt die vielen erfolgreichen von Immigranten gegründeten dotcom-Unternehmen in den USA. Ich weiß von was ich spreche, da ich lange genug in den USA gearbeitet habe.

    Das ist nur mit einer geordneten und aktiven Einwanderungs- und Integrationspolitik möglich, die wir nicht haben.
    Der – typisch deutsch – derzeit bestehende Wildwuchs aus den verschiedensten, komplizierten Regelungen und Gesetzesvorschriften im Asyl- Aufenthalts-, Flüchtlings- , Bleibe-, Arbeitsrecht und anderen Restriktionen etc. müsste durchforstet und vereinfacht werden.

    Ich glaube, unsere Politiker sind hierfür zu feige, um diese einfachen Wahrheiten auszusprechen und danach zu handeln; teils aus übermäßiger „politischer Korrektheit“, teils aus Furcht vor den Wählern.
    Ein bekannter Politiker erblödete sich vor einiger Zeit nicht, ungebremste Zuwanderung wegen unserer Geschichte zu fordern.
    Die Folge solchen Nichthandelns sind soziale und gesellschaftliche Konflikte, Emotionen, Ängste in der Bevölkerung, sowie bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, wie wir sie derzeit erleben.

    Bei der Passivität unserer Politik in diesem Bereich fürchte ich, dass sich daran nichts ändert und die oben beschrieben Verhältnisse in Zukunft noch eskalieren werden.
    Eine in meinen Augen grausame Entwicklung, die ich meinen Kindern und Enkelkindern nicht zumuten möchte.

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  2. Epimetheus

    Justinian hat das Problem gelöst, ohne Ethikkommision.

    Der byzantinische Kaiser Justinian (527-565) muste, um den Zustrom in das „Sozialsystem“ zu unterbinden, Grenzkontrollen in allen Hafenstädten einführen. Wer nach einer gewissen Zeit keiner Arbeit nachging, hatte den Machtbereich zu verlassen, notfalls auf Staatskosten. Als Erbe aus der Römerzeit gab es in Konstantinopel kostenlose Lebensmittel für Arbeitslose und freie medizinische Versorgung (Codex Just. X,3,9) dies war der Migrationsanreiz. (Ein Glück, daß Byzanz kein Verfassungsgericht hatte, sonst wäre es früh untergegangen.)

    Quelle: Frank Thiess, Das Reich der Dämonen, Seite 455 f. (das Buch ist von 1941 ! und antiquarisch erhältlich. Für militärisch Interessierte TSUSHIMA – Der Roman eines Seekrieges- vom selben Autor ebenfalls sehr zu empfehlen).

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