Der gute Kamerad und der schlaue Fuchs

Der russisch/ukrainische Krieg hat viele Facetten. Unter anderem sollte man sich die Unterstützungsleistungen des Westens für die Ukraine einmal genauer anschauen. Natürlich haben alle Staaten der Vereinten Nationen das Recht, Waffen an andere Staaten zu liefern, auch in Kriegszeiten. Das war schon immer so. Und das macht den Lieferanten von Waffen nicht zur Kriegspartei. Ich habe das in meinem Buch „Tatort Ukraine“ auf Seiten 55 ff. im einzelnen dargelegt.

Historische Beispiele

Die USA haben historisch ein eindrucksvolles Beispiel mit dem sogenannten Lend-Lease-Act von 1941 gegeben. Großbritannien, aber auch die Sowjetunion, erhielten Waffen in großem Umfang, von Kriegsschiff bis zum Militär-Lkw. Die Schweiz belieferte sowohl die Achsenmächte als auch die Alliierten.

Wer bezahlt?

Eine ganz andere Frage ist, wer das alles bezahlt. Es geht ja um erhebliche wirtschaftliche Werte. So sollen die Waffenlieferungen der USA an die Ukraine derzeit einen Gegenwert von rund 47 Milliarden $ haben. Und auch die deutschen Lieferungen kosten sehr viel Geld. Und damit erhebt sich die Frage, wer das alles bezahlt. Historisch ist das so, daß die USA sich ihre Waffenlieferungen im Zweiten Weltkrieg von Großbritannien und der Sowjetunion bezahlen ließen. Die Rückzahlungen endeten erst 2006. Quelle:www.thegeopolitics.com/mythos-over-ukraine-military-aid-how-the-land-lease-act-works/. Autor Julian McBride. Aktuell ist das so, daß der Lend-Lease-Act Ukraine, den Präsident Biden am 09.05.2022 unterzeichnet hat, ebenfalls die Lieferung von Waffen und Ausrüstung gegen Bezahlung festlegt.

Der gute Mann aus Germany

Deutschland indessen stellt der Ukraine keine Rechnung. Vielmehr werden Waffen aus den Beständen der Bundeswehr ohne Berechnung abgegeben. Was zugekauft wird, wird aus dem für die Ukraine aufgelegten Hilfsfonds bezahlt. Das gilt etwa für das Iris T System. Vier dieser Systeme sollen geliefert werden, für jeweils 140 Millionen €. Aber auch die Lieferung gebrauchter Schützenpanzer des Typs Marder ohne Rechnung schont den Staatshaushalt der Ukraine. Vor Jahren verkaufte Deutschland gebrauchte Marder an Chile für immerhin 50.000 € pro Stück, was heute bei 40 gelieferten Schützenpanzern doch immerhin auch 2 Millionen € ausmachen würde. Vielleicht die sprichwörtlichen Peanuts. Doch hat die Bertelsmann-Stiftung 2017 ausgerechnet, daß die IT-Ausstattung einer weiterführenden Schule 1,5 Millionen € kostet. Aber wir haben es ja. Ob Frankreich für die nunmehr gelieferten Spähpanzer AM X-10 RC der Ukraine eine Rechnung stellt, ist bisher nicht bekannt. Allerdings handelt es sich um ein ausgemustertes Modell. Inzwischen läuft der Nachfolger EB RC 6 × 6 Jaguar der Truppe zu.

Der geschäftstüchtige Uncle Sam

Bedenkt man, daß der größte Profiteur des Wechsels der Ukraine aus dem russisch dominierten Wirtschaftsraum in den Westen ganz sicher die USA sein werden, die seit 2004 auch ganz offen diesen Prozess mit vielen Milliarden Dollar unterstützen, dann sieht man hier auch die Grenzen der Großzügigkeit. Wie schon im Zweiten Weltkrieg, so achten die USA auch hier stets auf ihren wirtschaftlichen Vorteil. Sie haben eben nichts zu verschenken. Der deutsche Michel indessen gefällt sich in der Rolle des guten Kameraden und des Spendier-Onkels, auch dann, wenn das mit Schulden finanziert werden muß. So dumm sind andere nicht.

Es ist sicher nicht nur rechtens, sondern auch geopolitisch vernünftig, einem außenpolitisch aggressiven Regime wie Russland, möglicherweise bald auch China, militärisch Grenzen zu setzen, mindestens aber denjenigen zu unterstützen, der sich gegen einen rechtswidrigen Angriff wehrt. Dies zum Nulltarif zu tun, ist indessen töricht. Die Ukraine ist auch kein armes Land, sie verfügt in großem Umfang über Bodenschätze und hat eine leistungsfähige Industrie aufgebaut. Man kann dort sogar Milliardär werden, was uns die dortigen Oligarchen immer wieder beweisen. Warum also nicht militärische Unterstützung leisten, ohne die Geschäfte aus den Augen zu verlieren? Von Uncle Sam kann man da etwas lernen.



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