Die bayerischen Politikerinnen Barbara Stamm und Emilia Müller, beide CSU, haben erklärt, künftig nicht mehr am Starkbieranstich auf dem Nockherberg teilnehmen zu wollen. Die Nockherbergrede der als „Mama Bavaria“ aufgetretenen Kabarettistin Luise Kinseher sei nun doch in Teilen zu beleidigend gewesen, insbesondere auch frauenverachtend. Das deckt sich mit meiner Einschätzung dieser Veranstaltung, die ich in dem Beitrag „Weißt du noch?“ am 25. Februar dieses Jahres hier gegeben habe.
Diese Haltung zweier Politikerinnen verdient Respekt. Leider ist es ja so, daß Politik und Medien dazu neigen, alle Hervorbringungen von Kabarettisten zu loben, auch wenn es sich dabei tatsächlich nur um Lobhudeleien handelt. Ist von unseren Kultur- und Kunstschaffenden die Rede, so verfallen Kommentatoren und Politiker gerne in einen ehrfürchtigen Tonfall, so wie der Pfarrer von der Mutter Gottes spricht. Gerade Politiker, auch wenn sie selbst in grenzwertiger oder gar grenzüberschreitender Weise zum Opfer der – natürlich politisch korrekten – eifernden oder auch nur eitlen Kabarettisten werden, scheuen sich wahrheitsgemäße Kritik daran zu üben. Denn es könnte ja der eine oder andere Wähler abspenstig werden. Schließlich gehört es doch zum guten Ton, über Kabarett, Kunst und Kultur nur Gutes zu sagen. Da möchte man nicht unter die Banausen eingereiht werden.
Typisch insoweit ist der Kommentar von Florian Pronold (SPD), der in seiner nassforschen Art zum Nockherberg-Boykott der beiden Damen erklärt hat: „Wer die Hitze nicht verträgt, soll die Küche meiden.“ Um im Bilde zu bleiben, wäre richtigerweise zu sagen: „Wem die versalzene Suppe nicht schmeckt, muß sie auch nicht essen.“ Entgegen der Auffassung von Herrn Pronold muß politisches Kabarett auch nicht „hart sein und herrschaftskritisch“, um dem Anspruch an politisches Kabarett zu genügen. Das mag vielleicht dann gelten, wenn das Publikum gerade diese Nummer hören wollte und dafür Eintritt bezahlt hat. Für die Darbietungen mancher Vertreter dieser Profession würde ich zum Beispiel keinen Cent Eintritt bezahlen. Eine Traditionsveranstaltung indessen, die vor geladenem Publikum und laufenden Fernsehkameras stattfindet, muß anderen Maßstäben genügen. Da geht es nicht darum, die eigene als allein moralisch und human empfundene politische Position darzustellen und Vertreter der Gegenauffassung möglichst derb abzuwatschen. Vielmehr geht es darum, die politischen Vorgänge des letzten Jahres zwar mit spitzer Feder, aber elegant und mit Augenzwinkern rhetorisch zu karikieren. Diesem Anspruch entsprach diese Veranstaltung in früheren Jahren und Jahrzehnten durchaus. Heuer war das, wie ich in meinem Beitrag schon ausgeführt habe, bei weitem nicht der Fall. Vielleicht macht das Beispiel der beiden Damen Stamm und Müller Schule. Zu wünschen wäre es.