Die Nervosität der etablierten Parteien, die sich seit Jahrzehnten gewissermaßen im Erbbesitz der politischen Macht dieses Landes wähnen, die einen vermeintlich aus göttlicher Gnade, die anderen vermeintlich aufgrund geschichtlicher Gesetzlichkeiten, hat offenbar einen Grad erreicht, der beim einzelnen Menschen zu Bluthochdruck, unkontrollierbarem Zittern und Schweißausbrüchen führt. Die Ursache dieses Phänomens ist offensichtlich: eine als Schmutzkonkurrenz wahrgenommene neue Partei auf der politischen Bühne scheint sich stabil einer Zustimmung des Wahlvolkes in der Größenordnung von bundesweit rund 15 % zu erfreuen, in den östlichen Bundesländern noch darüber. Das ist für sie aus zwei Gründen untragbar.
Zum einen führt das dazu, daß die klassischen Koalitionsmöglichkeiten links wie bürgerlich (die sprachlich zutreffende Entsprechung rechts ist bei ihnen ja so verpönt wie beim Teufel das Weihwasser) nicht mehr möglich sind. Denn mehr als rund 40 % kommen weder auf der einen noch auf der anderen Seite zusammen. Selbst sogenannte Große Koalitionen werden nicht mehr möglich sein, was in Bayern demnächst bewiesen werden wird. Wenn jedoch Mehrparteienkoalitionen geschmiedet werden müssen, dann wohnt ihnen natürlich die Gefahr des vorzeitigen Scheiterns ebenso inne, wie die endgültige Verwischung der klassischen ideologischen Grenzen. Die Wähler werden sich dann immer häufiger fragen, welchen Sinn es denn überhaupt haben soll, zur Wahl zu gehen, wenn doch alle mehr oder weniger das Gleiche anbieten. Halt, nicht alle, sondern da gibt es ja noch eine relativ kleine Gruppe nach Art des berühmten gallischen Dorfs! Und davor hatten bei Asterix ja schon die Römer gewaltigen Respekt. Wenn die Partei des Satans nicht bald vernichtet sein wird, dann könnte sie noch viel mehr Wählern alsbald als wirklich wählbare Alternative zur Einheitsfront der „Fortschrittlichen“ erscheinen. Horribile dictu!
Zum anderen besteht die aus der Sicht des sogenannten fortschrittlichen und weltoffenen Lagers noch viel schlimmere Gefahr, daß ihr Weltbild und ihre Strategie zur Umsetzung desselben in reale Politik durch eben diesen Neuling zertrümmert werden könnten. Der unappetitliche Neuling maßt sich an, den gesetzmäßigen Lauf der Geschichte aufzuhalten und zum Beispiel die Auflösung der Völker und Nationalstaaten zu verhindern. Und das ist aus der Sicht des linksliberalen, fortschrittlichen, weltoffenen und weltbürgerlichen Lagers die Apokalypse, die unter allen Umständen verhindert werden muß.
Wie verdorben auch die parlamentarischen Sitten inzwischen geworden sind, zeigt beispielhaft die Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag am 12.09.2018. Da konnte ein Abgeordneter namens Schulz – noch aus seiner Zeit im Europaparlament als Flegel bekannt -die Fraktion der AfD und ihren Vorsitzenden ungestraft beleidigen und erklären, seine Rhetorik stehe in der Tradition des Faschismus, eine ähnliche Diktion habe es in diesem Hause – also im Reichstag – schon einmal gegeben. Statt betretenem Schweigen seiner Fraktion erntete er von ihr stehende Ovationen. Der Bundestagspräsident sprach allerdings nicht die fällige Rüge aus, sondern gab lediglich dem übel beleidigten Oppositionsführer Gelegenheit, auf die Invektiven des pöbelnden Kollegen zu antworten. Seine Ermahnung an den flegelhaften Kollegen beschränkte sich dann darauf, ihm in Erinnerung zu rufen, daß man während der Antwort des Kollegen eigentlich aufsteht. Das habe er nicht getan. Was den neuen Stil des Hohen Hauses angeht, so setzte dann ein Abgeordneter der SPD namens Kahrs zwei Tage später das Niveau noch weiter herunter, indem er die Mitglieder der AfD-Fraktion als unappetitliche, häßliche Rechtsradikale bezeichnete. Auch dieser verbale Ausfall blieb ohne Rüge des Bundestagspräsidiums. Es scheint, als seien die Regeln des parlamentarischen Anstandes dann außer Kraft gesetzt, wenn es um Beleidigungen und Flegeleien gegen die Inkarnation des Bösen geht.
Da sind auch sonst allerlei Geschmacklosigkeiten mit einem Male respektable rechtswissenschaftliche Kommentare. Man befaßt sich mit der Dissertation des Herrn Dr. Maaßen aus dem Jahre 1997, in der er sich mit der Asylproblematik auseinandergesetzt hat. Doktorvater war immerhin der hoch angesehene Verwaltungsrechtslehrer Hartmut Schiedermair. Wie er die Arbeit seines Schülers benotet hat, wird nicht mitgeteilt. Wohl aber eine Rezension der seinerzeitigen Richterin des Bundesverfassungsgerichts Gertrud Lübbe-Wolff in der FAZ. Frau Lübbe-Wolff wurde auf Vorschlag der SPD zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Wenig überraschend fand sie die klugen und geradezu prophetischen Passagen der Dissertation wenig überzeugend, ja sogar nicht sonderlich wissenschaftlich. Wer eben kein Verfechter der Multikulti-Gesellschaft in Deutschland ist, darf sich des Tadels der Linken sicher sein. Und wenn es eben darum geht, einen missliebigen Spitzenbeamten „abzuschießen“, dann ist jede Munition recht, und sei es ein Dum(m)-Dum(m) Geschoß.
Tatsächlich glaubt man zum letzten Gefecht antreten zu müssen. In dieser Lage gibt es keine Regeln mehr. Die Vernichtung des Feindes, gleich mit welchen Mitteln auch immer, ist das einzige Ziel. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Rettung einer humanitären und fortschrittlichen Zivilisation vor dem Satan. Dieser Feind hat nicht das geringste Recht auf die Einhaltung der Gesetze des Krieges. Wenn der Einsatz von Giftgas Erfolg verspricht, ist es gegen ihn einzusetzen. Warum nicht auch die Atombombe? Entscheidend ist, daß der Feind vernichtet wird. Das hat ja in einem realen Krieg vor mehr als 70 Jahren schon einmal den finalen Erfolg gebracht.
Dieses martialische und apokalyptische Bild muß metaphorisch gezeichnet werden, um zutreffend zu beschreiben, um was es in diesen Tagen geht. Vordergründig wird derzeit zuerst die Demontage und dann die Entsorgung eines Spitzenbeamten auf der politischen Berliner Bühne gegeben. Natürlich ist auch in diesem Falle der Beamte nur der Sack, auf den eingeschlagen wird, weil man den Esel in Gestalt des Innenministers selbst nicht prügeln kann. Der Beamte, derzeit Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, eignet sich als Sündenbock hervorragend, weil er aus der Sicht der Bundestagsmehrheit und der politisch korrekten Unterstütztermedien unverzeihliche Vergehen wider die politische Etikette begangen hat. So hat er im Zusammenhang mit den Ereignissen in Chemnitz die Bundeskanzlerin und ihren Regierungssprecher der Lüge überführt. Das haben zwar auch andere getan, wie etwa der sächsische Ministerpräsident oder der sächsische Generalstaatsanwalt. Beide können jedoch aus verschiedenen Gründen dafür nicht bestraft werden, der eine aus naheliegenden politischen, und der andere wegen Unkündbarkeit. Wenn sich jedoch ein jederzeit kündbarer Spitzenbeamter dazu versteigt, der Wahrheit die Ehre zu geben, statt die Lügen des politischen Establishments zu stützen, dann hat er sich damit bereits selbst den Stuhl vor die Tür gesetzt. Das größere Verbrechen indessen begeht er fortwährend deswegen, weil er sich standhaft an die glasklare Rechtslage hält und es deswegen ablehnt, die AfD von seiner Behörde beobachten zu lassen.
Das ist deswegen noch schlimmer als die Majestätsbeleidigung im Wege des Lügennachweises, als damit den etablierten Parteien und ihren Steigbügelhaltern in den Medien die Möglichkeit genommen wird, die AfD in den Ruch der Verfassungsfeindlichkeit zu rücken, der sich natürlich einstellt, wenn ihr Name in den Medien stets mit dem Schandmal der Verfassungsfeindlichkeit verbunden wird („die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende AfD“). Man kann sicher davon ausgehen, daß dieser Schachzug, besser gesagt diese Kontaminierung des politischen Gegners mit dem stinkenden Exkrement des braunen Wiedergängers, die verhaßte Konkurrenzpartei kurz- und mittelfristig rund 5 % der Wählerstimmen Kosten könnte. Das wiederum könnte, so spekuliert man nicht ganz zu Unrecht, die Partei tatsächlich in die Richtung rücken, wo man sie haben will. Die bürgerlichen Wähler, die mit ihrer Hilfe die notwendigen Veränderungen in unserem Lande herbeiführen und die schlimmsten Fehlentwicklungen verhindern wollen, würden sich von ihr abwenden. Übrig bliebe eine unbedeutende de rechtsradikale, vielleicht sogar rechtsextreme Splitterpartei. Damit wäre dann die „Operation Gomorrha“ gelungen.
Goethe hat einmal gesagt: „Politisch‘ Lied, ein garstig Lied!“ Angesichts der geradezu idyllischen politischen Verhältnisse, in denen er lebte, fragt man sich natürlich, zu welchem Vokablar und zu welchem Vergleich der sprachmächtige Dichter greifen würde, käme er in diesen Tagen zu einem kurzen Besuch in seine Heimat zurück. Es wäre ihm dann auch wohl anzuraten, unmittelbar nach der Veröffentlichung seines Textes den Weg zurück ins Elysium anzutreten. Denn es hätte dann wohl nicht nur beim Haberfeldtreiben in den Feuilletons sein Bewenden. Die Hüter der political correctness würden sich ganz sicher nicht entblöden, den Dichterfürsten vor die Schranken eines Gerichts zu zerren.
Ob die Deutschen in ihrer Mehrheit aufgeklärt und klug genug sind, diese Machenschaften zu durchschauen und ihre Urheber an den Wahlurnen abzustrafen, wird sich zeigen.