Lügt sie oder schwätzt sie nur dumm daher?

Angela Merkel hat sich am 26. Januar dieses Jahres in ihrer Videoansprache zum Weltwirtschaftsgipfel mit dem Thema Klimawandel befaßt. Dieses Thema ist für sie offenbar sehr wichtig, so wichtig, daß es trotz der Corona-Krise auf der Agenda bleiben muß. Und das ist eine sehr spezielle Agenda, wie man schon daran erkennen kann, welche Tatsachenbehauptungen sie aufstellt, natürlich um daran ihre Politik für die nächsten Jahre auszurichten. Für die nächsten Jahre auch als Auftrag für ihren Nachfolger. Sie kann natürlich sicher sein, daß ihr Nachfolger, ob er nun Laschet oder Söder heißen wird, ihre Politik fortsetzen wird. Beide gehören offensichtlich zu ihren glühenden Fans.

Ich mach mir die Welt so wie sie mir gefällt

Schauen wir uns also an, was Merkel ihrem Publikum als Fakten verkauft. Das beginnt mit den behaupteten Erfolgen in Sachen „regenerative Energien“. Übrigens auch so eine typische Vokabel aus dem politischen Dummsprech. Regenerativ sind natürlich nicht Energien. Energie entsteht aus der Nutzung von Energieträgern. Die können in dem Sinne regenerativ sein, daß sie aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden, oder bei der Energieerzeugung erhalten bleiben, wie etwa das Wasser, das Turbinen antreibt, die elektrische Energie erzeugen, von der ein Teil genutzt wird, das Wasser wieder nach oben zu pumpen. Aber offenbar ist die Politik auf so eine Schlagzeilensprache angewiesen. Denn präzise Erläuterungen passen eben nicht in griffige und kurze Formulierungen, sondern beanspruchen ein größeres Textvolumen. Das möchten Politiker ihrem Volk allerdings nicht zumuten, vor allem möchten sie nicht in die Gefahr geraten, sachliche Aussagen begründen zu müssen und dann dabei Fehler zu machen, die das Volk bemerkt.

Die angebliche Quote der „regenerativen Energien“

Deutschland habe inzwischen mehr als 40 % der Energieerzeugung aus regenerativen Energien, behauptet die Kanzlerin. Um ihr Volk gefügig dafür zu machen, für das hehre Ziel des Klimawandels weitere Opfer zu bringen, insbesondere in Gestalt weiter steigender Kosten für den Energieverbrauch, verbindet sie Lob und Forderung. „Aber wir wissen auch, welche Anstrengungen damit verbunden sind. Wenn wir die Verwundbarkeit durch den Klimawandel wirklich überwinden wollen, dann müssen wir harte politische Maßnahmen durchführen, bei denen wir die Menschen mitnehmen müssen.“ Wenn Politiker davon sprechen, die Menschen „mitnehmen“ zu wollen, ist das nichts anderes als die Umschreibung von Zumutungen. Die Zahl 40 % ist indessen so falsch, daß man nur von bewusster Irreführung, besser gesagt, Lüge sprechen muß. Tatsächlich betrug der Anteil dieser sogenannten regenerativen Energien – Wind- und Solarenergie, Wasserkraft, Gas und Kraftstoffe aus Biomasse – am Primärenergieverbrauch laut Branchenverband BDEW im vergangenen Jahr gerade mal 14,9 %. Die behaupteten 40 % beziehen sich ausschließlich auf Elektroenergie. Das ist nur ein kleiner Teil der insgesamt verbrauchten Energie. Der Großteil des Primärenergieverbrauchs entfällt auf Wärmeerzeugung und Verkehr. Rund 35 % macht das Mineralöl aus, dann kommen Gase mit etwa 25 %, die sogenannten regenerativen Energien mit knapp 15 %, Kohle mit 9 %, Kernkraft mit 6 %. Hinzu kommen kleinere Energiequellen wie Wasserkraft und Abfallverwertung. Das sind im übrigen offizielle Zahlen des Umweltbundesamtes.

Der sprachliche Taschenspielertrick

Weil die wirklichen Zahlen für die politische Propaganda nicht taugen, reden Politiker und ihre journalistischen Wasserträger gerne von Energie, wenn sie tatsächlich von der Stromproduktion sprechen. Denn die Zahlen zeigen ja deutlich, daß auch noch mehr als 20 Jahre nach Verkündung des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) rund 85 % der Energie eben nicht aus den sogenannten erneuerbaren Energieträgern stammen. Und das trotz vieler hundert Milliarden Euro, die in diese sogenannte Energiewende geflossen sind. Entgegen der amtlichen Propaganda ist Deutschland auch kein Vorreiter auf diesem Gebiet. Denn diese 15 % am Gesamtenergieverbrauch liegen deutlich unter dem, was EU- Durchschnitt ist. Das sind gut 20 %.

Der Mittelwert ist kein wirklicher Wert

Die propagandistisch beworbenen 40 % stehen allerdings nicht gleichmäßig zur Verfügung. Das liegt daran, daß man Strom nicht speichern kann, auch wenn z.B. Frau Baerbock uns das weismachen will. Der Anteil des Wind-, Solar-und Biogasstroms an der Elektro-Energieerzeugung schwankt monatlich erheblich. So waren das im Februar 2020 61,6 % und im Januar 2021 34,2 %. Aber auch das sind nur Durchschnittszahlen. Es gibt immer wieder Tage, in denen regenerative Quellen so gut wie nichts zur Stromerzeugung in Deutschland beigetragen haben. Und weil man Strom nicht speichern kann, müssen Windräder auch bei starkem Wind abgeschaltet werden, wenn der so erzeugte Strom zu einem Überangebot von anderweitig erzeugtem Strom kommt. Wegen der in Deutschland verbreiteten Atomphobie wird auch eisern verschwiegen, daß an vielen Tagen vor allem im deutschen Südwesten die Stromversorgung nur aufrechterhalten werden kann, weil in französischen Atomkraftwerken erzeugter Strom importiert wird.

Die Energiewende kommt uns teuer

Merkel spricht geheimnisvoll von großen Anstrengungen, die dafür – für das Erreichen des sogenannten Klimaziels – nötig sind. Nirgendwo in Europa ist der Strom für den Endverbraucher so teuer wie in Deutschland. Die EEG Umlage beläuft sich seit Januar 2021 auf 6,5  Cent pro Kilowattstunde. Sie müsste höher sein. Doch wird ein Teil dieser Kosten aus dem allgemeinen Haushalt, also aus Steuermitteln, finanziert. Noch 2011 versicherte Frau Merkel ihrem Volk, die EEG Umlage werde bis 2020 nicht höher als 3,5 Cent pro Kilowattstunde betragen.

EU und Europa

Daß Merkel zu den glühendsten Anhängern der Europa-Religion gehört, wissen wir. Zu deren Glaubensinhalten gehört die Gleichsetzung von EU und Europa, was natürlich blühender Unsinn ist. Die Fläche der EU umfaßt weniger als die Hälfte der gesamten Fläche des Kontinents Europa. Die Bevölkerung der EU liegt bei 447 Millionen, die Europas hingegen bei 741 Millionen. An diesen Fakten muß auch der weitere Text gemessen werden, den Merkel ihrem Publikum zumutet: „Die Europäische Union hat das getan, was erwartet wird. In einem ersten Schritt haben wir unser europäisches Ziel für die CO2 Reduktionen bezüglich des Jahres 2030 von 40 % auf 55 % erhöht. Wir haben uns zur Klimaneutralität für das Jahr 2050 verpflichtet, was, wenn wir das erreichen, dazu führen kann, daß Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird.“ Was die Europäische Union tut oder nicht tut, tut das übrige Europa keineswegs. Selbst wenn die merkel’schen 40 % nicht die Elektrizität, sondern die Energieerzeugung insgesamt beträfen, wie nicht, würde damit auf keinen Fall erreicht werden können, daß Europa der erste „klimaneutrale“ Kontinent werden kann. Das weiß sie auch. Weder Berlin noch Brüssel können bestimmen, welche Energiepolitik Russland, die Ukraine, Belarus, die Schweiz, Norwegen, Großbritannien und andere Nicht-EU-Staaten machen.

Die Verlagerung des Energieverbrauchs

Merkel verschweigt natürlich auch, woran der Rückgang des Energieverbrauchs in der EU tatsächlich liegt. Das ist die Verlagerung der Industrieproduktion vor allem im Elektronik- und Textilbereich nach Fernost. In den letzten 20 Jahren stieg der Energieverbrauch und damit die CO2-Emission Chinas deutlich schneller, als diese Kennziffern in der EU sanken. Denn die Chinesen produzieren nicht nur für den eigenen, rasch wachsenden Markt an Konsumgütern, sondern auch für ihre europäische Kundschaft, sowohl in der EU als auch im übrigen Europa. Wenn man sich schon mit einer sogenannten Energiebilanz schmücken will, dann muß man nicht nur angeben, wie viel CO2 die EU in die Luft bläst, sondern auch welche Menge CO2 im Handelssaldo mit Ostasien steckt, vor allem mit China. Sowohl die EU als auch ihr größtes Mitglied Deutschland führen seit Jahren deutlich mehr aus China ein, als sie dort hin exportieren. Deswegen wird es auch nicht möglich sein, die EU 2050 „klimaneutral“ zu machen, noch weniger wird Europa ein „klimaneutraler“ Kontinent. Nicht einmal die erhebliche Reduzierung der Industrieproduktion im Zuge der Corona-Krise konnte dieses Ziel auch nur greifbar machen. 2020 ging der globale menschengemachte CO2 Ausstoß nur um 6,4 % zurück.

Klimaneutral heißt in Wirklichkeit ohne menschliche Aktivität

Nimmt man den Rückgang des menschengemachten CO2 Ausstoßes im Jahr 2020 als Beleg dafür, was die Einschränkung der Industrieproduktion für die sogenannte Klimaneutralität bedeutet, dann wird schnell klar, was eigentlich passieren muß, um dieses Ziel zu erreichen. Der einzige „klimaneutrale“ Kontinent ist die Antarktis. Dort gibt es aber weder Bevölkerung noch Industrie. Das Rezept ist aus dem Alten Testament bekannt. Angesichts des sündhaften Lebenswandels der Menschen hatte sich Gott bekanntlich entschlossen, sie mittels Sintflut vom Planeten zu tilgen. Damit wäre die Sünde aus der Welt gewesen. Er hat es sich dann im letzten Moment doch noch anders überlegt und Noah geheißen, eine Arche zu bauen um damit wenigstens die gerechten unter den Menschen samt fürs Überleben notwendiger Tierwelt vor dem Untergang zu retten. Es wäre interessant zu erfahren, wer nach Meinung Merkels und ihrer Bewunderer auf der „klimaneutralen“ Erde dann noch weiterleben darf.

Ein Gedankenexperiment – Merkel im Gerichtssaal

Wir dürfen wohl getrost davon ausgehen, daß Merkel durchaus weiß, daß sie objektiv die Unwahrheit sagt. Sie redet ja nicht voraussetzungslos daher, wie das sprichwörtliche Lieschen Müller, das seine Weisheiten aus dem Tratsch der Nachbarinnen und den Überschriften der Bild-Zeitung bezieht. Heerscharen von hoch bezahlten Beratern versorgen sie mit Informationen. Es ist daher ausgeschlossen, daß sie etwa die oben genannten Zahlen nicht kennt. Nun stellen wir uns einen Augenblick vor, Merkel habe nicht vor dem Weltwirtschaftsforum gesprochen, sondern in einem Gerichtssaal als Partei eine Erklärung abgegeben oder gar als Zeugin eine Aussage gemacht. Nicht nur die gute Kinderstube, sondern auch das Gesetz verpflichtet die Verfahrensbeteiligten außer dem Angeklagten im Strafprozeß zu wahrheitsgemäßen Angaben. So liest man es zum Beispiel in § 138 Abs. 1 ZPO. Jeder, der schon einmal an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen und dabei die Vernehmung von Zeugen erlebt hat, weiß, daß hier strenge Maßstäbe gelten. Das gilt nicht nur im Falle der Beeidigung der Zeugen, die damit gleich das Risiko des Meineides entstehen läßt, sondern das gilt auch für Aussagen unbeeidigter Zeugen. Denn § 153 StGB lautet : „Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ Objektiv muß also die Angabe falsch sein, subjektiv muß Vorsatz vorliegen. Vorsatz liegt allerdings immer schon dann vor, wenn man es auch nur für möglich hält, daß man gerade die Unwahrheit sagt, das aber in Kauf nimmt, weil man aus welchen Gründen auch immer diese Angaben machen will. Hätte Frau Merkel also den Text ihrer Rede vor dem Weltwirtschaftsgipfel am 26. Januar 2021 etwa als Zeugin in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß oder vor Gericht vorgetragen, so hätte sie sich fraglos wegen falscher uneidlicher Aussage nach § 153 StGB strafbar gemacht. Eine Freiheitsstrafe wäre wohl unausweichlich fällig gewesen.

Schöne neue Welt

Ist es eigentlich moralisch gerechtfertigter, vor der Weltöffentlichkeit zu lügen, als im Gerichtssaal? Für Politiker vom Schlage Merkels offenbar schon. Für sie gilt nämlich der Grundsatz: „Der Zweck heiligt die Mittel“. Wer solche Politiker wählt, hat tätigen Anteil am Niedergang unserer Kultur. Zu deren Grundlagen haben bisher unter anderem die zehn Gebote aus der Bibel gehört. Dort heißt es ja bekanntlich: „Du sollst nicht lügen“. Die Agenda der Linken einschließlich Merkel geht aber offensichtlich dahin, die überkommene Kultur über Bord zu werfen. In der angestrebten schönen neuen Welt ohne Nationen und ihre Kulturen hat sie ja offenbar nichts zu suchen.





Ein Gedanke zu „Lügt sie oder schwätzt sie nur dumm daher?

  1. Heinrich Mösinger

    Sehr geehrter Herr Theisen, Ihre Ausführungen zur Speicherung von elektrischer Energie ist schon etwas mißverständlich. Deshalb erlaube ich mir, eine Korrektur anzufügen. Strom als solchen kann man nicht speichern, genauso wenig wie man fließendes Wasser speichern kann. Aber man kann Elektrizität in umgewandelter Energieform speichern z.b. in chemischer Energie durch Akkus oder in Form von Wasserstoff. Großtechnisch speichert man elektrische Energie in Form von potentieller Energie in Pumpspeicherwerken. Pumpspeicherwerke können keine Energie generieren. Sie dienen dazu, Liefer- und Bedarfsspitzen auszugleichen. Erzeugt man in bestimmten Zeiten mehr Strom als verbraucht wird, wird Wasser von einem niedrigen Energiepotential (Untersee) zum Obersee gepumt (höheres Energiepotential) . Wird in bestimmten Tageszeiten mehr Strom verbraucht als erzeugt wird, lässt man das Wasser über die Turbinen wieder zum Untersee fließen und erzeugt Strom , um die Bedarfsspitzen abzufangen. Grundsätzlich wird aber beim Hochpumpen mehr Strom verbraucht als beim Abfließen erzeugt wird, so wie ein Akku beim laden mehr Strom verbraucht als er dann abgeben kann. Wäre es anders, hätte man ein perpetuum mobile und das wollten Sie sicher nicht beschreiben. Davon unberührt bleiben natürlich andere Maßnahmen zur Stabilisierung des Netzes, z.B. schnell regelbare Spitzenlastkraftwerke und der leidige Zu- und Verkauf von Strom. Die übrigen Wasserkraftwerke , sowohl bei gestauten Seen oder auch bei Flüssen sind genau genommen Solaranlagen. Verfolgen wir einen Liter Wasser von seiner hochgelegenen Gebirgsquelle (hohes Energiepotential) auf seinem Weg zum Meer ( kleinst mögliches Energiepotential) so hat er einen
    kleinen Teil seines Energiepotentials in mechanische Arbeit und dann in elektrische Energie verwandelt, sofern er das Glück hatte über Turbinen zu laufen. Den allermeisten Wassertröpfchen ist dieses Glück nicht vergönnt. Sie verwandeln ihre ursprünglich potentielle Energie in Wärme ( keine Energieform kann verschwinden, sie wird nur in andere Formen umgesetzt). Nun kommt die Sonne ins Spiel. Sie ermöglicht den Wassertröpfchen durch Wärmezufuhr die Verdunstung . Der aufsteigende Wasserdampf gewinnt dann wieder an potentieller Energie. Im Gebirge wieder abgeregnet, geht das Spiel von vorne los. Also , die „unerschöpfliche“ Sonnenenergie ist die regenerative Ursache bei der Wasserkraft

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