Archiv für den Monat: September 2025

Warum ist das falsch?

Am 24.2.2022 hat Russland die Ukraine angegriffen. Damit hat es ein Verbrechen nach Art. 5 Abs. 1 d) des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs begangen. Ich habe das in meinem Buch „Tatort Ukraine“ ausführlich dargelegt. Zwar gehört Russland nicht zu den Unterzeichnern dieses Statuts. Indessen ändert das nichts daran, daß der Angriffskrieg (die Aggression, wie es im Statut heißt) nicht nur nach dem Briand-Kellogg-Pakt vom 27.8.1928 und Art. 1 Nr. 1 der UN Charta kein erlaubtes Mittel der Politik, sondern nach dem oben zitierten Art. 5 Absatz 1 d) des Römischen Statuts auch strafbar ist. Russland ist dem Römischen Statut nicht beigetreten. Eine Strafverfolgung wegen dieses Verbrechens durch den Internationalen Strafgerichtshof ist deswegen derzeit nicht möglich. Wohl aber wegen der vielfältigen Kriegsverbrechen, die von Russland in diesem Krieg seither zu verantworten sind.

Berechtigte russische Interessen?

In der politischen Debatte ist indessen vielfach, etwa von Politikern der AfD, aber auch anderen Stimmen aus dem rechten politischen Spektrum unseres Landes zu hören, man müsse ungeachtet dessen doch über die wahren Ursachen dieses Krieges sprechen. Gemeint sind damit die Sicherheitsinteressen Russlands, das zum Beispiel ein NATO-Mitglied Ukraine als Bedrohung wahrnehmen würde. Verwiesen wird auch darauf, daß offensichtlich die USA seit Jahren daran arbeiten, mit teilweise fragwürdigen Methoden die Ukrainer davon zu überzeugen, daß sie im westlichen Lager besser aufgehoben wären, als in ihrer seitherigen Neutralität. Letztendlich sind wohl aus diesem Grund die Friedensbemühungen in Gestalt der Minsker Abkommen vom 5.9.2014 und 12.2.2015 gescheitert. Das ist jedoch der sprichwörtliche Schnee von gestern. Indessen wird unverdrossen gefordert, statt die Ukraine weiter militärisch zu unterstützen und damit den Krieg zu verlängern, solle man doch Friedensverhandlungen führen.

Interessen versus Recht

Nun ist es immer richtig, den Frieden anzustreben. Indessen kann es nicht richtig sein, einen Frieden um jeden Preis zu wollen. Vor allem aber lässt der Hinweis auf die aus russischer Sicht berechtigten, aus neutraler Sicht verständlichen Sorgen über eine Veränderung der geostrategischen Lage den entscheidungserheblichen Punkt außer Betracht. Auch die schärfsten Kritiker der militärischen Unterstützung des Abwehrkampfs der Ukraine räumen ein, daß der russische Angriff völkerrechtswidrig war. Das ist aber der entscheidende Gesichtspunkt. Das völkerrechtliche Verbot des Angriffskrieges kennt keine Ausnahme. Wohl gemerkt, des Angriffskrieges. Ersichtlich aus diesem Grunde hat Russland ja zu Beginn des Krieges erklärt, der militärischen Bedrohung durch die Ukraine begegnen zu müssen. Ganz offensichtlich ist das jedoch ohne tatsächliche Grundlage. Angriffsvorbereitungen der Ukraine gab es nicht, insbesondere stand ein solcher Angriff nicht unmittelbar bevor. Nur das hätte unter dem Gesichtspunkt des Präventivkrieges einen Angriff völkerrechtlich zulässig gemacht. Nicht einmal die Voraussetzungen eines Präemptivkrieges, der einem Staat möglicherweise das Recht gibt, schon dann militärisch gegen den Nachbarn einzuschreiten, wenn dieser militärisch so mächtig zu werden droht, daß man über kurz oder lang von ihm erfolgreich angegriffen werden könnte, nicht einmal das war gegeben.

Die rote Linie

Russland hat eben am 24.2.2022 die rote Linie des Völkerrechts überschritten. Damit wurden alle Überlegungen zu legitimen Sicherheitsinteressen des Landes gegenstandslos. Das blendet die Debatte in Deutschland über die Notwendigkeit von Friedensbemühungen statt der Unterstützung des angegriffenen Landes völlig aus. Diese Unterstützung findet im Übrigen völkerrechtlich ihre Grundlage darin, daß natürlich einem Mitglied der Vereinten Nationen das Recht zusteht, sich gegen einen völkerrechtswidrigen bewaffneten Angriff zu verteidigen. Das liegt im Falle der Ukraine unzweifelhaft vor. Somit ist auch die militärische, auf jeden Fall aber die logistische Unterstützung dieser Landesverteidigung durch Drittstaaten wie Deutschland völkerrechtlich zweifellos zulässig.

Die Rechtslage

Die Außerachtlassung dieses Gesichtspunkts liefe letztendlich darauf hinaus, den Rechtsbruch hinzunehmen und im Wege eines Friedensvertrages zu heilen. Das ist in der Geschichte natürlich immer wieder vorgekommen. Die drastischen Gebietsveränderungen in Europa nach 1945, insbesondere zulasten Deutschlands, sind nur ein Beispiel. Doch selbst unter der Voraussetzung, daß Deutschland einen völkerrechtlich nicht erlaubten Angriffskrieg gegen Polen und Russland geführt hat, war die anschließende Landnahme durch die Sieger nicht gerechtfertigt. Indessen wird man auf dieser Erde kaum eine Grenze finden, die nicht das Ergebnis kriegerischer Auseinandersetzungen ist.

Die Anerkennung der Ergebnisse eines Angriffskrieges kann nur dann toleriert werden, wenn das nicht zu verhindern und nicht zu ändern ist. Solange indessen die militärische Option besteht, den Aggressor zurückzuweisen, besteht damit die Möglichkeit, das Völkerrecht durchzusetzen. Daran muss uns allen gelegen sein, denn auch insoweit gilt der römische Grundsatz: iustitia fundamentum regnorum.

Niederträchtig

Am vergangenen Mittwoch wurde der konservativ-patriotische politische Aktivist Charles (Charlie) James Kirk auf dem Campus der Universität Utah während einer Diskussionsveranstaltung von einem offenbar von wirren antifaschistischen und transgender Ideen befallenen 22-jährigen Studenten erschossen. Er wurde 31 Jahre alt und hinterlässt seine junge Ehefrau mit den zwei gemeinsamen Kindern, 3 und 1 Jahr alt. Jedenfalls nach deutschem Strafrecht ein Mord, denn die Tat weist zwei der gesetzlichen Mordmerkmale auf: Heimtücke, denn das Opfer war ersichtlich arg- und wehrlos, sowie niedrige Beweggründe, denn politischer Hass ist zweifelsfrei ein niedriger Beweggrund. Darüber hinaus ein alarmierendes Zeichen für den Niedergang, oder soll man besser sagen, das Verschwinden der demokratischen Kultur. Herr Kirk war sicherlich ein sehr weit rechts stehender, zweifellos jedoch demokratisch gesinnter Mann. Sein Credo war, daß man in der Demokratie durch das Argument überzeugt. So hieß dann auch die Veranstaltungsreihe, die er an verschiedenen Universitäten durchführte, „prove me wrong“, frei übersetzt: beweise mir, daß ich falsch liege. Kirk gehörte zu den wichtigen Unterstützern des amerikanischen Präsidenten Donald Trump und war auch ein persönlicher Freund des Vizepräsidenten J.D. Vance. Entsprechend fiel die Anteilnahme der amerikanischen Staatsspitze aus.

Die Reaktionen in Europa einerseits, in Deutschland andererseits

Auch vernünftige Stimmen aus Europa waren zu hören, allerdings nur vereinzelt, wie noch auszuführen sein wird. So veröffentlichte die NZZ einen durchaus angemessenen Nachruf. Der britische Premier Keir Starmer und die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni bekundeten öffentlich ihr Beileid. In Deutschland indessen herrscht in der Politik insoweit vorwiegend dröhnendes Schweigen. Weder der Bundespräsident noch der Bundeskanzler haben sich überhaupt geäußert. Lediglich die Politiker Wolfgang Kubicki und Carsten Linnemann haben sich zu dem Fall so geäußert, wie es sich gehört.

Dazu gehört offenbar jedoch schon Mut. Wie es einem als Politikerin ergehen kann, wenn man nur den Anstand wahrt und sich fair über den Fall äußert, musste die CDU-Nachwuchspolitikerin Caroline Bosbach erfahren. Ich zitiere mal den ansonsten nicht für seine Wahrheitsliebe berühmten Spiegel: „Die CDU-Bundestagsabgeordnete Caroline Bosbach hat den getöteten rechtsradikalen US-Aktivisten Charlie Kirk in einem Instagram-Beitrag als »Kämpfer für westliche Werte« bezeichnet. Nachdem Kritik an dieser Darstellung laut wurde, hat die Politikerin den Post wieder gelöscht. In dem ursprünglichen Beitrag betonte Bosbach Kirks Bereitschaft zur Diskussion mit politischen Gegnern: »Kaum jemand stand so für freie Debatte wie er. Kirk grenzte Andersdenkende nicht aus, sondern reiste durch ganz Amerika, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen«, schrieb sie. Mit Kirk sterbe eine der »einflussreichsten jungen konservativen Stimmen weltweit«.

Die Wirklichkeit des „herrschaftsfreien Diskurses“

So viel Wahrheitsliebe geht eben in Deutschland nicht, wenn man politisch überleben will. Vielmehr zeichnet sich die deutsche politisch-mediale Klasse insoweit durch ausgesprochene Niederträchtigkeit aus. Beispielhaft will ich die ZDF Moderatorin Dunja Hayali zitieren, die sich dazu verstiegen hat, ohne jeden Beleg für diese Behauptungen zu erklären, der Ermordete sei mit oftmals abscheulichen, rassistischen, sexistischen und menschenfeindlichen Aussagen hervorgetreten und sei ein radikal-religiöser Verschwörungsanhänger gewesen. Noch krasser der USA-Korrespondent des Senders, Elmar Theveßen: Er verstieg sich wahrheitswidrig zu Behauptungen wie, Kirk habe gesagt, man solle Homosexuelle steinigen, man müsse vor einem schwarzen Piloten Angst haben und Schwarze hätten Weißen die Jobs weggenommen.
Daß dies Lügen sind, ist bekannt, bzw. kann von jedermann leicht recherchiert werden. Diesen famosen öffentlich-rechtlichen Journalisten wird indessen nichts passieren, nicht einmal eine arbeitsrechtliche Abmahnung. Im Gegenteil, hier winken Fernsehpreise.

Äußert sich indessen ein bekannter Sportler menschlich anrührend und offenbar von seinem christlichen Glauben getragen zum Mordfall Kirk mit den Worten: „Möge der Herr der Familie Kirk in dieser Zeit mit besonderer Gnade beistehen. Jesus ist der wahre Weg zu Frieden und Liebe. Die Ermordung eines zweifachen Vaters und Ehemanns, eines Mannes, der friedlich für seine Überzeugungen und Werte einsteht, ist wirklich böse und zeigt, wie nötig wir Jesus brauchen“, dann bricht der Shitstorm der politisch korrekten woken Mischpoke los. Und das ist nicht etwa auf die üblichen Verdächtigen in den Medien beschränkt, nein, sogar die Verantwortlichen des Fußballklubs Borussia Dortmund, bei dem der Spieler Felix Nmecha unter Vertrag steht, missbilligt das und erklärt öffentlich, ihn einzubestellen und über die Sache mit ihm reden zu wollen. Unter diesem Druck hat Herr Nmecha den zweiten Satz dieser Erklärung bereits gelöscht. Vielleicht sollte man Herrn Nmecha raten, das nächstbeste Angebot eines ausländischen Fußballclubs anzunehmen.

Der Vorgang zeigt unter anderem die ganze Scheinheiligkeit der Linken in Politik und Medien. Es zeigt sich gerade an diesem Fall wieder einmal schlagend, daß der von ihrem Übervater Jürgen Habermas geforderte „herrschaftsfreie Diskurs“ nur innerhalb ihrer Filterblase willkommen ist, jede Meinung rechts vom linken Flügel der SPD indessen in die Tonne getreten wird. Alleine schon die anmaßende Formulierung, auch in Verfassungsschutzberichten, jemand wolle den „Bereich des Sagbaren nach rechts verschieben“, spricht Bände. Was man sagen darf, bestimmt die politische Linke. Die Habermas’sche Formulierung vom herrschaftsfreien Diskurs bedeutet in guter Orwell’scher Manier in Wirklichkeit die Herrschaft des linken Diskurses. Die linksgrüne Kaste ist, wie der Fall zeigt, bar jeder Menschlichkeit. Das Andenken des Ermordeten wird schon mit Dreck beworfen, bevor seine Leiche kalt ist.

Es sollte klar sein, warum ich die woke Mischpoke in unserem Lande so abgrundtief verachte.

Der Tiefpunkt

Wir haben in Deutschland seit längerem eine Tendenz, die politische Auseinandersetzung in die Gerichtssäle zu verlagern. Die wachsende Zustimmung des Wahlvolks zu den politischen Forderungen der Partei Alternative für Deutschland macht offensichtlich die – noch – herrschende Mehrheit der politischen Klasse in Deutschland nervös. Die aktuellen Umfragewerte weisen Zustimmungsraten von rund 25 % mit steigender Tendenz auf. In Sachsen-Anhalt „droht“ gar eine parlamentarische Mehrheit dieser Partei. Auf der anderen Seite werden die Stellungnahmen der Verfassungsschutzbehörden, die ja den Weisungen der Innenminister Folge leisten müssen, immer absurder.

Erstes Beispiel

Es sei an die Stellungnahme der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums von Rheinland-Pfalz vom 29.7.2025 in der Sache des Ludwigshafener Kandidaten für die Wahl zum Oberbürgermeister, Joachim Paul, erinnert. Dort findet sich neben tadelnden Hinweisen auf Vorstellungen des Kandidaten zur sogenannten Remigration, bei der ihm selbstverständlich eine menschenrechtswidrige und damit verfassungsfeindliche Interpretation dieses Begriffs unterstellt wird, der Hinweis darauf, daß er doch in einem Beitrag für das österreichische Magazin „Freilich“ eine Rezension der Amazon-Serie „Die Ringe der Macht“ – eine Fortführung von J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe – Parallelen zum Nationalismus (nicht: Nationalsozialismus) und der von der Neuen Rechten angeblich verfolgten (sic!), gemeint ist wohl als Programm verinnerlichten „Konservativen Revolution“, gezogen habe. Zitiert wird er mit dem Text: „Tatsächlich spiegelt das gesamte Werk Tolkiens eine konservative Geisteshaltung wider, die gerade weil sie ohne weiteres in die Breite wirkt, von besonderem Wert für den zeitgenössischen Konservatismus ist. Die Protagonisten im „Herrn der Ringe“ kämpfen für eine Sache, die größer ist als sie selbst, die Heimat, den Fortbestand ihrer Kultur, eine gerechte Ordnung, die Abwehr einer Weltgefahr. Sie sind bereit, ihr Leben dafür aufs Spiel zu setzen. Auch wenn sie sich frei für diesen Weg entscheiden, spüren sie eine tiefe Verpflichtung ihrem Volk, ihrer Kultur, ihren Vorvätern gegenüber.“ Daran macht der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz unter anderem „das Nichtvorliegen der Verfassungstreue des Bewerbers Paul“ fest.

Ein weiterer Vorwurf lautet: „Im Januar 2023 veröffentlichte das Freilich-Magazin einen Artikel von Joachim Paul unter dem Titel „Eine Warnung“. Die Warnung sprach Joachim Paul gegenüber Migranten – vor allem mit islamischem Hintergrund – aus. Diese seien laut Paul grundsätzlich von asozialem Gruppenegoismus geprägt, der sich in Form von Kleinstrukturen äußern würde. Sein Feindbild definiere er dabei sehr klar: „Die Wahrheit ist: die Gewalt in Berlin und anderswo hat ein Gesicht. Sie ist jung, sie ist männlich, sie ist orientalisch.“ Joachim Paul mache in dem Artikel zudem deutlich, daß hauptsächlich kulturelle Unterschiede, wie beispielsweise fehlende Bildung bei Migranten, zu mehr Gewalt führen würden. Nun mag jeder selbst beurteilen, ob diese Analyse von Herrn Paul mit der Wirklichkeit ganz oder wenigstens zu großen Teilen übereinstimmt. Jedenfalls hat am 21.6.2024 die Polizeipräsidentin von Berlin, Dr. Barbara Slowik, zu diesem Thema erklärt: „Zugespitzt formuliert: Nach unseren Zahlen ist die Gewalt in Berlin jung, männlich und hat einen nicht-deutschen Hintergrund. Das gilt auch für Messergewalt.“ Merke: wenn zwei das selbe sagen, ist es noch lange nicht das selbe. Bei Frau Slowik hui, bei Herrn Paul pfui.

Von ähnlicher Qualität sind die weiteren Vorwürfe in dieser gutachterlichen Stellungnahme, oder soll ich nicht eher sagen in diesem Pamphlet, des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes vom 29.7.2025, wobei dem Kandidaten unter anderem zur Last gelegt wird, mit wem er spricht, wer in seinen Veranstaltungen auftreten darf etc. pp.

Das grundsätzliche Problem

Was mich als Juristen, vor allem als praktizierendem Anwalt vor den Gerichten, daran so besonders stört, ist die offensichtlich zu Tage tretende Tendenz, die juristische Professionalität zugunsten politischer Loyalität beiseite zu schieben. So geschehen auch im Falle des Herrn Paul. Sein Antrag, die Entscheidung des Wahlausschusses der Stadt Ludwigshafen, ihn nicht zur Wahl des Oberbürgermeisters zuzulassen, aufzuheben, wurde von den zuständigen Verwaltungsgerichten in Rheinland-Pfalz durch zwei Instanzen abgelehnt. Tragende Begründung war letztendlich, es liege jedenfalls kein offensichtlich rechtswidriges Handeln des Wahlausschusses vor. Deswegen sei der Antragsteller auf die Wahlanfechtung nach der Wahl verwiesen.

Ein Musterbeispiel juristischer Unprofessionalität

Nach Sachlage gründet die Entscheidung des Wahlausschusses der Stadt Ludwigshafen jedoch auf einem offensichtlich mehr als fadenscheinigen Gutachten des Verfassungsschutzes, für dessen Inhalt seine Autoren sich eigentlich schämen müssten. Eine alte Juristenweisheit besagt, daß die Arbeit des Juristen am Sachverhalt beginnt. Dieser ist festzustellen und dann an den einschlägigen Rechtsvorschriften zu messen, was juristisch auch Subsumtion genannt wird. Die beiden referierten Vorwürfe tragen nicht entfernt eine Einstufung als verfassungsfeindlich. Wer etwa der Herr der Ringe-Saga eine konservativ-patriotische Wertigkeit beimisst, kann recht oder unrecht haben, berührt indessen die Grundwerte der Verfassung, insbesondere die absolut geschützte Menschenwürde, nicht. Wer zutreffend die Ursachen für die Gewalt auf unseren Straßen inhaltlich übereinstimmend mit der Polizeipräsidentin von Berlin beschreibt, berührt ebenso wenig die Grundsätze unserer Verfassung. Insbesondere ist das nicht Ausdruck der sogenannten gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, um einmal den beliebten links-grünen Politsprech zu benutzen, sondern benennt ein akutes Problem.

Zweites Beispiel

Ein weiteres Beispiel für die Qualität der Gesinnungspolizei im Staate Absurdistan: Der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg hat nun die AfD in diesem Bundesland vom „Verdachtsfall“ zur „gesichert rechtsextremistischen“ Partei „hochgestuft“. Auch hier finden wir neben klassischen Verschwörungstheorien eine groteske Begründung. Der Brandenburger Verfassungsschutz führt in seinem Hochstufungsvermerk zur AfD einen Deko-Adler an und schreibt, dieser vermittle „ikonografisch NS-Ästhetik“. Der Adler ist bekanntlich seit Jahrhunderten das Wappentier Deutschlands und ziert das offizielle Wappen der Bundesrepublik Deutschland. Als Beleg dient der auf dem untenstehenden Foto vor dem Abgeordneten stehende Porzellanvogel:

Es kann sich jeder selbst Gedanken dazu machen, welche Nähe oder Ferne dieser Porzellanadler zu seinem Artgenossen hat, der in der Nazizeit das Hakenkreuz in seinen Fängen hielt, oder zum Weißkopfadler im Großen Siegel der Vereinigten Staaten von Amerika, oder schlicht mit jedem Adler in der Natur. Wer hier von NS-Ästhetik oder Symbolik faselt, bedarf wohl einer gründlichen Psychotherapie. Doch damit wären wir bereits bei der grassierenden Dextrophobie in unserer politisch-medialen Klasse. Und das wäre einer eigenen Betrachtung wert. Ich kann gut nachvollziehen, daß die Neue Zürcher Zeitung dieses Gutachten, natürlich nicht nur wegen dieser Sottise, eher als Beitrag in dem Satiremagazin „Titanic“ verorten wollte.

In einem normalen Land würde eine solche Fehlleistung einer Behörde dazu führen, daß ihr Leiter und die für diesen Unfug verantwortlichen Mitarbeiter umgehend geschasst würden, wie das so schön heißt. In unserem Absurdistan indessen können die wackeren Gesinnungspolizisten aus Brandenburg auf Beförderung hoffen.

Drittes Beispiel

Doch der Niedergang der juristischen Professionalität in Deutschland ist leider nicht auf Verfassungsschutzbehörden und (manche) Verwaltungsgerichte beschränkt. Die weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften, als deren herausstechende Eigenschaft mir als jungem Studenten noch eine unbestechliche Objektivität vermittelt wurde, zeigen sich leider vermehrt als verlängerter Arm der Politik. Jeder kennt zwischenzeitlich die Justizposse um das sogenannte Schwachkopf-Meme, das auf Geheiß (Strafantrag) des so verspotteten Politikers Robert Habeck zu einer frühmorgendlichen Hausdurchsuchung bei einem unterfränkischen Rentner geführt hat. Nicht einmal die einschlägig bekannten Bamberger Staatsanwälte haben dann Anklage gegen den Rentner erhoben, und das aus gutem Grund. Selbst wenn man, wie nicht, das Schwachkopf-Meme in dem Bereich der Formalbeleidigung verorten wollte, so wäre sie ja nicht anlasslos erfolgt, sondern vielmehr angesichts der unglaublichen Fehlleistungen des Wirtschaftsministers Habeck und der von ihm zu verantwortenden Vernichtung von zig Milliarden Steuergeldern mit dem OLG Hamm („Dummschwätzer-Urteil“) durchaus als harsche, aber zulässige Polemik einzustufen.

Viertes Beispiel

Nicht wenige Leser dieses Blogs haben ja den Bericht über die drei niedersächsischen Staatsanwälte gesehen, die sich vor laufender Kamera über die Leute lustig gemacht haben, bei denen sie wegen angeblicher „Hasskriminalität“ Handys und Laptops konfizieren ließen. Nachdem dieser Bericht von einem US-amerikanischen Fernsehsender produziert und verbreitet worden ist, haben wir Deutschen uns damit auch weltweit gehörig blamiert. Das lässt sich allerdings toppen, wie das nachstehende Beispiel zeigt:

Fünftes Beispiel

Ein Landtagsabgeordneter der angeblich „gesichert rechtsextremistischen“ AfD hat im Wahlkampf 2024 unter anderem ein Plakat kleben lassen, auf dem eine Frau und ein Mann symbolisch mit ihren Armen ein Dach über Kindern bildeten. Im Wortsinne plakativ war das die Botschaft: „Wir schützen eure Kinder“, die dann auch in Worten darüber stand.

Die Staatsanwaltschaft sieht dahinter einen getarnten Hitlergruß. Wie absurd das ist, zeigt die Abbildung des Plakats.

Auf diesem Wahlplakat sieht die Staatsanwaltschaft einen Hitlergruß.

Nach Presseberichten hat gegen den AfD-Landtagsabgeordneten und Oberbürgermeisterkandidaten der AfD aus Frankfurt (Oder), Wilko Möller, sowie einen Grafiker die Staatsanwaltschaft Frankfurt Anklage wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Symbole erhoben. Dies nicht etwa zum zuständigen Amtsgericht, sondern zum Landgericht. Dies ist deswegen grotesk, weil das Landgericht erst dann zuständig wird, wenn die zu erwartende Strafe mehr als vier Jahre Freiheitsstrafe beträgt. Gemäß § 86a StGB wird die Verbreitung nationalsozialistischer Symbole mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In der Praxis liegen die Strafen regelmäßig im unteren Bereich der Geldstrafen, also zwischen 60 und 120 Tagessätzen. Normalerweise müsste also das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens vor der Strafkammer ablehnen und die Sache an die Staatsanwaltschaft mit dem Bemerken zurückgeben, hier sei der Strafrichter beim Amtsgericht zuständig. Aber vor allem liegt ersichtlich nicht einmal der Tatbestand des Gesetzes vor. Zumindest aber wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur rechtlichen Einordnung von mehrdeutigen Begriffen auch bei Abbildungen diejenige Interpretation zu wählen, die aus der Strafbarkeit hinausführt. Doch hier gelten offenbar andere Maßstäbe, denn es geht gegen die Verfassungsfeinde von der AfD im „K(r)ampf gegen rechts“.

Anzeige erstattet hatte damals die Kreisvorsitzende Frankfurt (Oder) der offenbar zur Gemeinschaft der Demokraten gehörenden Linkspartei, Anja Kreisel. Sie begründete damals auf Instagram die Anzeige damit, daß auf dem Plakat „zwei Erwachsene in einer Pose, die Assoziationen zu verbotenen Gesten weckt und möglicherweise gegen § 86a StGB verstößt“ gezeigt werden. Dieser Argumentation konnte die Staatsanwaltschaft offenbar folgen.

Aufgrund der Aufregung um den möglichen Hitlergruß auf dem Wahlplakat hängte die Polizei zusammen mit der Feuerwehr die Wahlplakate bereits mehrere Wochen vor der Landtagswahl ab. Auf Nachfrage des rbb verwies die Polizei darauf, daß sie allein aufgrund der Einschätzung der Staatsanwaltschaft, es handele sich um das Zeigen eines rechtswidrigen Kennzeichens, verpflichtet sei, aktiv zu werden „unabhängig davon, ob ein Ermittlungsverfahren geführt wird und wie dieses ausgeht.“

An dieser Stelle wiederhole ich nochmals den alten juristischen Grundsatz: die Arbeit des Juristen beginnt am Sachverhalt. Es ist also nach Eingang dieser Anzeige zu prüfen, ob tatsächlich ein Kennzeichen des Nationalsozialismus verwendet wird. Der sogenannte Hitlergruß gehört nach ständiger Rechtsprechung zu diesen verbotenen Kennzeichen. Es kommt also darauf an, ob er auf diesem Wahlplakat tatsächlich zu sehen ist. Das mag jeder Leser selbst beurteilen. Aus meiner Sicht ist das krass abwegig. Wer nicht bei dem Wort Hitlergruß das zutreffende Bild eines Menschen mit stracks nach vorne oben ausgestrecktem rechten Arm vor Augen hat, kann unzählige Darstellungen dieser Art im Internet unter dem Stichwort „Hitlergruß“ googeln. Ich habe mir durchaus überlegt, ein Beispiel abzubilden. Gemäß § 86a Abs. 3 in Verbindung mit § 86 Abs. 4 StGB wäre das auch zulässig. Denn in diesem Kontext greift eben die Ausnahmeregelung, daß derartige Abbildungen dann zulässig sind, wenn sie in anderem Zusammenhang, insbesondere der Berichterstattung über das Zeitgeschehen, erfolgen. Dies ist hier ja offensichtlich der Fall. Indessen habe ich von der Übernahme einer solchen Abbildung abgesehen, weil ich die Ressourcen der Justiz nicht sinnlos in Anspruch nehmen und vergeuden will. Denn eine politisch korrekte und übereifrige Staatsanwaltschaft könnte das zum Anlass nehmen, gegen mich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und Anklage zu erheben. Diese dürfte wohl mit Sicherheit schon beim Amtsgericht, mindestens aber irgendwann im Instanzenzug scheitern. Gerade als Anwalt denke ich aber, daß die Ressourcen der Justiz für wichtigere Dinge genutzt werden sollten.

Sechstes Beispiel:

In einem auf Entlassung aus dem Dienst gerichteten Disziplinarverfahren gegen einen Soldaten legt ihm die Bundeswehr zum Beleg seiner angeblich nicht gegebenen Verfassungstreue zur Last, die Abbildung eines Wahlplakats der seinerzeitigen DNVP (Deutschnationale Volkspartei) von 1920 auf seinem PC gespeichert zu haben. Das sei ja wohl ein Hinweis auf Sympathien für den Nationalsozialismus. Nun hatte diese Partei nit der NSDAP nichts zu tun, stand vielmehr in politischer Konkurrenz zu ihr, unbeschadet dessen, daß 13 Jahre später ihr Vorsitzender Hugenberg meinte, sie in einer Koalition disziplinieren zu können. Das ging bekanntlich schief. Vor allem aber war diese Partei die politische Heimat von späteren Widerstandskämpfern wie Goerdeler. Diese beflissenen Diener ihres Herrn von der Wehrdisziplinaranwaltschaft sind offensichtlich historisch und politisch beklagenswert ungebildet. Somit scheitert ihre zutreffende juristische Beurteilung des Sachverhalts bereits an der damit notwendigerweise unrichtigen Feststellung des Sachverhalts. Es ist nur zu hoffen, daß die uniformierten Kameraden dieser zivilen Bundeswehrjuristen ihr Handwerk besser beherrschen als sie.

Was lernen wir daraus?

Die Tendenz, die aus den beschriebenen Sachverhalten erkennbar ist, ruft Besorgnis hervor. Natürlich ist unsere Justiz nach wie vor grundsätzlich und im allgemeinen neutral und hoch professionell allein dem Gesetz verpflichtet und arbeitet nach den Regeln der Rechtswissenschaft. Indessen ist leider immer öfter zu erkennen, daß sich einzelne Juristen, im Falle der Verfassungsschutzämter dieser gesamte Bereich, politisch in die Pflicht nehmen lassen, zumindest eine Art vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Politik erkennen lassen. Nun gilt grundsätzlich der Primat der Politik, dem sich Beamte unterordnen müssen. Gerichte grundsätzlich nicht. Indessen beobachten wir in den Universitäten seit geraumer Zeit eine Entwicklung, die ausgesprochen linke Wissenschaftler auf Lehrstühle bringt. Der seinerzeit von den 68ern propagierte „Marsch durch die Institutionen“ in die Zentralen der Macht lässt grüßen. Wer etwa als Student Vorlesungen zum Verfassungsrecht von Frau Prof. Dr. Brosius-Gersdorf oder Frau Prof. Kaufhold hört, erhält als junger Jurist ein Bild von unserer Verfassung, insbesondere den Grundrechten, das die Freiheitsrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat nicht mehr zeigt, stattdessen den bevormundenden Leviathan, der seine Macht weniger durch demokratisch zustande gekommene Gesetze, sondern durch allenfalls mittelbar demokratisch legitimierte Gerichte und demokratisch überhaupt nicht legitimierte Institutionen wie Banken oder internationale Organisationen ausübt, und zwar im Sinne derjenigen, die sich im Besitze der Wahrheit wähnen, wie das bei den Sozialisten seit eh und je der Fall ist. Kommt dann noch der Blick auf die eigene Karriere dazu, ist der willfährige Diener des politischen Zeitgeistes in Richterrobe perfekt.

Principiis obsta!