Der Meinungsterror in der Truppe nimmt immer häßlichere Formen an. Ganz nach dem Muster totalitärer Staaten wird jede abweichende Meinung und wird jede kritische Äußerung unnachsichtig verfolgt. Säuberungskommandos und Spitzel dürften inzwischen dem letzten noch loyalen Soldaten zeigen, woher der Wind weht. Nicht einmal vor Straftaten wie dem Aufbrechen eines im Eigentum einer dritten Person stehenden Schranks schrecken ihre Schergen zurück. Die Oberbefehlshaberin mit der Ausstrahlung eines Eisschranks hat inzwischen ein Klima geschaffen, gegen das die Verhältnisse unter der (un)heiligen Inquisition, während der Stalin’schen Säuberungen und in Zeiten der allgegenwärtigen Gestapo den antiquierten Charme muffiger Folterkeller ausstrahlen. Was rechtfertigt dieses Urteil?
Einem Offizier war der Kragen geplatzt und verbal deswegen der Gaul durchgegangen, als er von den jüngsten Invektiven seiner obersten Befehlshaberin gegen die Bundeswehr gehört hatte. Aus offenbar gut unterrichteten Kreisen, wie man auf gut Deutsch die Whistleblower auch nennen kann, verlautete der Text, der dem Offizier nun viel Ungemach bereiten wird: „Ich habe es so satt, daß 200.000 Soldaten unter Generalverdacht gestellt werden, wegen zwei Verrückten. Die Ministerin ist bei mir unten durch, das muß man aussprechen oder putschen!“ Bemerkenswert ist daran zunächst einmal, daß diese Aussage offensichtlich nicht im Kameradenkreis geblieben, sondern „nach oben“ durchgestochen worden ist. Das spricht eben dafür, daß man eine solche Heidenangst vor der Ministerin hat, daß man fürchtet, selbst belangt zu werden, wenn man den Kameraden nicht flugs denunziert. Und dann wird selbstverständlich wegen einer solchen Unmutsäußerung der MAD beauftragt und nimmt auch noch die Ermittlungen auf. Das zeigt des Weiteren, daß in der Führungsetage der Truppe wie auch beim MAD ein hündischer Gehorsam verlangt wird, der es bei Meidung von erheblichen Nachteilen für die eigene Person gebietet, auch wirklich jeden Schwachsinn umzusetzen, den die oberste Befehlshabern äußert oder vielleicht äußern könnte.
Denken darf man dabei nicht, wie der Vorgang deutlich zeigt. Für jeden Menschen bei klarem Verstand ist es offensichtlich, daß es sich bei der zitierten Aussage um eine kräftig formulierte Unmutsäußerung handelt. Nur wer gar nicht denken kann, wird den letzten Halbsatz des Zitats dahingehend interpretieren, daß der betreffende Soldat sich mit Putschgedanken trägt. Wer jedoch ein Minimum an logischem Verständnis hat, der erfaßt sofort, daß in diesem Halbsatz zwei sich wechselseitig ausschließende Alternativen stecken. Entweder muß man aussprechen, daß die Ministerin bei einem selbst unten durch ist, oder man muß putschen. Nun hat der Mann das ja ausgesprochen. Denknotwendig folgt daraus, daß der Putsch für ihn nicht infrage kommt, er ihm vielmehr diese krachende Sentenz vorgezogen hat. Doch im Klima von Inquisition und Hexenjagd, das die Ministerin ihrer Truppe verordnet hat, ist man als Soldat gut beraten, sich so zu verhalten, wie man das zum Beispiel in Nordkorea klugerweise tut. Ob der geliebte Führer etwas kluges oder etwas dummes sagt, ob er rülpst oder furzt, man klatscht demonstrativ und rhythmisch Beifall. Am besten steht man dazu auch auf, damit man nur ja gesehen wird. Sollte Kim Jong un etwas zustoßen, wir könnten seinem Lande helfen. Sein personeller Ersatz übt bereits fleißig.