Scheinheiliges Versagen

Das heute veröffentlichte Gutachten der Münchner Kanzlei Westphal und Kollegen zum jahrzehntelangen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche macht nicht etwa einfach fassungslos. Das wäre zu billig. Nein, es ruft nach Entscheidungen. Entscheidungen sowohl hinsichtlich des Umganges mit denen, die in hohen und höchsten Ämtern der Kirche versagt haben, Entscheidungen aber auch hinsichtlich des Systems Kirche überhaupt.

Rücktritte sind unabweisbar notwendig

Es ist offenkundig, daß hier hohe und höchste Würdenträger jahrzehntelang vertuscht haben, was sie eigentlich ohne Rücksicht auf die Täter und ohne Rücksicht auf die Institution Kirche hätten aufklären und bestrafen sollen. Wer von diesen Entscheidungsträgern noch in Amt und Würden ist, sollte wenigstens jetzt die Größe haben, zurückzutreten und sein Versagen zuzugeben. Wer diese Größe nicht habt, dem müssen die nun zuständigen Entscheidungsträger sagen, daß er nicht länger tragbar ist. Wer bereits nicht mehr in der Verantwortung steht, sollte sich aus der Öffentlichkeit vollständig zurückziehen. Es gibt ja Klöster.

Zweierlei Maß und Umkehrung von Recht und Unrecht

Es ist auch unverständlich, mit welch unterschiedlichem Maß hier jahrzehntelang, wenn nicht jahrhundertelang, gemessen worden ist. Die geringste Verfehlung, jedenfalls in kirchenrechtlicher Hinsicht, dahingehend, daß ein Priester sich einer Frau zugewandt und mit ihr ein Liebesverhältnis begonnen hat, wurde stets gnadenlos damit sanktioniert, daß er alle seine Ämter und Einkünfte verlor, nicht einmal irgendeine untergeordnete Tätigkeit mehr in der Kirche ausüben durfte. Die Täter, um die es hier geht, haben sich nicht nur nach dem weltlichen Strafgesetzbuch schuldig gemacht, sondern sie haben jeweils aus der Sicht der Kirche schwere und schwerste Sünden begangen. Sie aber wurden geschützt und weiterbeschäftigt. Auch diesen Widerspruch wird die Kirche auflösen müssen.

Ein Systemwechsel tut not

Um derartige Dinge ein für alle Mal möglichst auszuschließen, können die Strukturen der Kirche nicht so bleiben, wie sie sind. Offensichtlich ist das System nicht dazu geeignet, mit derartigen Fällen angemessen umzugehen. Die Neigung, aus falsch verstandener Rücksicht auf die Täter und aus ebenso falsch verstandener Rücksicht auf den Ruf der Institution Dinge unter den Teppich zu kehren, ist offenkundig und offenkundig auch im System angelegt. Daraus kann nur die Konsequenz gezogen werden, externe Kontrollinstanzen zu installieren. Insbesondere die Personalführung muß unter die Kontrolle staatlicher Aufsichtsbehörden gestellt werden, möglicherweise muß auch bei Personalentscheidungen ein Informations- und Mitspracherecht von Pfarrgemeinderäten und ähnlichen Laiengremien eingeführt werden. Der Staat hat nicht nur die Aufgabe der Kriminalprävention, er finanziert die Kirchen auch zu einem erheblichen Anteil. Es ist deshalb nur recht und billig, ihm auch die  Aufsicht über die Institution zu übertragen, die er mitfinanziert.

Auch nur ein fauler Apfel verdirbt den ganzen Korb

Ein Wort zum Schluß. Die Münchner Anwälte haben für den Zeitraum von 1945-2019 ganze 495 Fälle benannt, wobei sie ausdrücklich von einer unbekannt großen Dunkelziffer ausgehen. Auch unter Berücksichtigung dessen ist die Gesamtzahl, gerechnet auf die Jahre und die Millionen von Gläubigen des Erzbistums München und Freising natürlich relativ gering. Das deckt sich auch mit meiner persönlichen Erfahrung als Ministrant und Schüler eines katholischen Internats. Nie habe ich auch nur die Andeutung eines Gerüchts in dieser Hinsicht gehört, wie so viele andere auch mit ähnlichem Lebensweg. Doch auch die wenigen Fälle wirken wie der sprichwörtliche Tropfen Tinte in der gefüllten Badewanne. Er trübt das Wasser. Es wird also Zeit, daß Klarheit herrscht.

Würdelos

Im Deutschen Bundestag gilt seit Mittwoch die sogenannte 2 G Regel. Das Reichstagsgebäude dürfen somit nur solche Personen betreten, die entweder vollständig geimpft oder genesen sind. Das mag auf den ersten Blick eine nicht unvernünftige Regelung sein. Auch sonst gilt ja in Deutschland vielfach diese Regelung, etwa beim Friseurbesuch oder im Restaurant, hier sogar zusätzlich mit tagesaktuellem Negativtest.

Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandlen, so will es die Verfassung

Indessen muß man hier genauer hinsehen. Der Gang zum Friseur oder das Essen im Restaurant sind nun einmal Privatsache. Es ist die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er überhaupt oder unter den obwaltenden Umständen zum Friseur oder ins Restaurant geht. Der Gang zur Behörde oder gar ins Gericht indessen ist nicht die freie Entscheidung des Bürgers. Vielmehr muß er dorthin. Gleiches gilt natürlich für die dort beschäftigten Beamten, Richter oder auch dort tätigen Anwälte. Und genau deswegen gilt dort nicht 2G, erst recht nicht 2G plus. Vielmehr gilt dort in der Regel 3G. Das aber auch nur für Besucher. Für Parteien, Dolmetscher, Anwälte usw. gilt nicht einmal das. So kann ein ungeimpfter Anwalt ohne Corona-Test das Gerichtsgebäude betreten und im Gerichtssaal plädieren. Im Gebäude muß er lediglich die übliche Maske tragen, ob er das im Gerichtssaal auch muß, entscheidet der jeweilige Richter (männlich oder weblich, versteht sich. Diverse habe ich dort noch nicht angetroffen.) Und diese Entscheidungen fallen durchaus unterschiedlich aus, was ich aus eigener Erfahrung weiß.

Die Behinderung der Mandatsausübung des Abgeordneten

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages üben im Reichstagsgebäude ihr Mandat aus. Sie sind also nicht zu ihrem Vergnügen dort, sondern erfüllen ihre gesetzliche Pflicht als Abgeordnete. Das ist durchaus vergleichbar mit dem Aufsuchen einer Behörde oder eines Gerichts zur Erledigung amtlicher Pflichten oder Teilnahme an Gerichtsverhandlungen. Man fragt sich also, welchen Sinn es hat, in den Räumen des Deutschen Bundestages die 2G Regel einzuführen. Ein sachlicher Unterschied ist nicht erkennbar. Allerdings liegt der politische Sachverhalt auf der Hand. Es ist allgemein bekannt, daß ein großer Teil der Abgeordneten der AfD nicht geimpft ist. Die AfD hält es auch offenbar für politisch opportun, sich als scharfer Kritiker der Corona-Regelungen zu gerieren, ob zu Recht oder zu Unrecht. Die übrigen Parteien des Bundestages, allen voran natürlich dessen Präsidium, haben hier offensichtlich eine wohlfeile Chance gesehen, die ihnen verhasste Partei, ja man muß es so sagen, zu piesacken und vorzuführen. Die 2G Regelung trifft soweit ersichtlich ausschließlich die Abgeordneten dieser Partei. Das führt nicht nur dazu, daß sie in den Plenarsitzungen von der Besuchertribüne aus ihr Rederecht ausüben müssen, sondern je nach Ausgestaltung der Tagungsräume können sie dann an Ausschusssitzungen nicht teilnehmen, somit praktisch ihr Mandat nicht ausüben. Ob das einer gerichtlichen Kontrolle standhalten würde, will ich einmal offen lassen.

Zum Fremdschämen!

Auf jeden Fall ist ein solches Verhalten der Mehrheit des Bundestages und seines Präsidiums der Würde des Parlaments nicht angemessen. Man verhält sich gegenüber der verhassten Konkurrenz wie Kinder auf dem Schulhof, die missliebige Klassenkameraden mobben und auslachen. Man vermeint nahezu das „Ätschi-Bätschi“ herauszuhören, wenn das Bundestagspräsidium diese Maßnahme zu rechtfertigen sucht. Und darin liegt eine weitere Schädigung des Ansehens unseres Parlaments. Würde mir beispielsweise die Frau Präsidentin des Deutschen Bundestages persönlich erklären wollen, daß mit dieser Maßnahme allein der Infektionsschutz in den Räumen des Reichstages gesichert werden soll, wäre meine angemessene Antwort darauf doch nur:  „Für wie blöde halten Sie mich eigentlich?“

Doch im Kampf gegen rechts ist jedes Mittel recht. Wer das noch nicht gemerkt hat, dem ist nicht mehr zu helfen.


Nebenwirkungen

Medikamente, auch Impfungen, haben bekanntlich Nebenwirkungen. Deswegen wird man als selbstverantwortlicher Patient auch vor Einnahme eines Medikaments den Beipackzettel studieren. So belehrt, vielleicht aber auch etwas verunsichert, nimmt man dann das verschriebene Medikament ein. Die Risikoabwägung hat eben ergeben, daß die Nichteinnahme deutlich riskanter ist, als die Einnahme des Medikaments. Gleiches gilt natürlich für die ärztliche Aufklärung. Deswegen habe ich mich auch impfen und „boostern“ lassen. Wegen Risiken und Nebenwirkungen fragt man eben seinen Arzt oder Apotheker. Andere sind zu einem anderen Ergebnis gekommen, und haben sich nicht impfen lassen. Das ist eben so. Wir sind nun mal freie Menschen.

Was das Virus mit uns macht…

Völlig unbeachtet ist indessen geblieben, daß ganz offensichtlich auch Krankheiten, genauer gesagt, Krankheitserreger, Nebenwirkungen haben können. Das wird jetzt am Sars-CoV 2 Virus, umgangs-,politik-und mediensprachlich auch Corona genannt, ganz deutlich. Dieses Virus greift bekanntlich die Atemwege an und führt zu den bekannten Krankheitserscheinungen, die von grippeähnlichen Symptomen bis zu Todesfällen reichen. Indessen greift es offensichtlich auch das Gehirn an und beeinträchtigt das Denkvermögen. Obwohl das doch ganz offensichtlich ist, wie ich nachstehend noch ausführen werde, wird diese Nebenwirkung von den Virologen offenbar nicht angesprochen. Ob die Virologen diese Nebenwirkung nicht erkannt haben, oder es aus ärztlicher Sicht für besser halten, die Bevölkerung insoweit nicht weiter zu beunruhigen, will ich einmal offen lassen. Die Bevölkerung nicht beunruhigen zu wollen, ist ja seit Thomas de Maizière ein achtenswertes Motiv für das Verschweigen von Gefahren, jedenfalls durch Politiker.

Querdenken…

Bei nicht wenigen Menschen löst das Virus offenbar gewisse Wahrnehmungsschwächen, aber auch Beeinträchtigungen des Denkvermögens aus. Das führt dann zum Glauben an Verschwörungstheorien, die wegen ihrer offenkundigen Absurdität von den Erkrankten vorher allenfalls belächelt worden wären. Selbstverständlich hätte man jeden ausgelacht, der einem weismachen wollte, Bill Gates beaufschlage Impfstoffe mit Mikrochips, damit dann die möglichst durchgeimpfte Menschheit aus einer selbstverständlich geheimen Kommandozentrale, natürlich unmerklich für die Betroffenen, gesteuert werden könne. Aber auch deutlich unterhalb der Qualität solcher Fieberfantasien äußern sich die Nebenwirkungen des Virus beispielsweise in abenteuerlichen Vorstellungen über Demokratie und Rechtsstaat. Die Vorstellung von einer Corona-Diktatur gehören dazu. Darunter wird offenbar verstanden, daß die teils in der Tat unpopulären und unverständlichen, nicht selten auch unsinnigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie diktatorischer Natur seien. Nun ist daran nur richtig, daß Gesetze und Verordnungen gegen den Willen eines Teils der Bevölkerung beschlossen und erlassen werden. Indessen ist das in der Demokratie doch der Normalfall. Die Demokratie ist die Herrschaft der Mehrheit. Die Minderheit muß sich in die von der Mehrheit bzw. deren parlamentarischen Repräsentanten geschaffene Rechtslage fügen. Wer das für eine Diktatur hält, der muß wohl dringend Ordnung in den Setzkasten seiner Begriffe bringen.

Fehldenken…

Auf einem ganz anderen Blatt steht natürlich, daß die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht selten in sich widersprüchlich oder mindestens unverhältnismäßig sind. Deswegen müssen Gerichte immer wieder einzelne dieser Maßnahmen „kippen“, wie man das umgangssprachlich nennt, wenn Gerichte Gesetze oder Verordnungen für unwirksam erklären. Eine weitere Nebenwirkung des Virus scheint ja zu sein, daß dies gewissen Zeitgenossen wie etwa dem Präsidenten des Weltärzteverbandes offenbar gewaltig gegen den Strich geht. Für ihn kann es ja nicht angehen, daß irgendwelche „Richterlein“ sich erdreisten, die nach Auffassung „der“ Wissenschaft weisen Gesetze unserer vorzüglichen Politiker in die Tonne zu treten.

Wirrdenken…

Die gefährlichste Nebenwirkung des Virus ist jedoch die, daß Politik und Medien nahezu einhellig einer geistigen Verwirrung unterliegen, die dazu führt, die tragenden Freiheitsrechte unserer Verfassung nicht nur praktisch aufzuheben, sondern es gewissermaßen als Angriff auf die tragenden Säulen von Staat und Gesellschaft empfinden, wenn Menschen in Sachen Corona abweichende Meinungen äußern, oder sogar sich erdreisten, dies in aller Öffentlichkeit zu tun. Das ruft dann Reaktionen hervor, die man historisch nur aus den allerletzten Zuckungen von untergehenden Diktaturen kennt.

Das glauben Sie nicht? Dann fangen wir mal an. Die Ost-Gruppe der FDP-Bundestagsfraktion (ist bei der FDP die Wiedervereinigung noch nicht abgeschlossen?) hat nun ein sogenanntes Strategiepapier veröffentlicht, das Regeln für den Umgang mit den zunehmenden Bürgerprotesten gegen die Corona-Maßnahmen der Politik aufstellt. Ins Auge fällt dabei die Forderung, die – bisher als verfassungsrechtlich unüberwindbar geltende – Trennung zwischen Geheimdienst und Polizei faktisch aufzuheben. Denn die Gefahr scheint anders nicht abgewendet werden können. „Internetblasen und Chats“ dienten doch zur „Mobilmachung bei Proteststürmen“. Ja liebe Bannerträger der Freiheit, als die ihr Freien Demokraten euch doch so gerne versteht, schließlich habt ihr die Freiheit im Namen, seit wann ist Protest gesetzwidrig, und seit wann ist es gesetzwidrig, sich zum Protest zu verabreden? Wie anders kommen eigentlich Demonstrationen zustande? Und sind die nicht im Grundgesetz besonders geschützt? Doch, so unsere wackeren Kämpfer für die Freiheit: „Die Landesämter für Verfassungsschutz müssen eine eigene Unit schaffen für bessere Vernetzung, schnelleren Austausch und eine dafür spezialisierte Eingreiftruppe der Polizei, die kurzfristig agieren kann.“ Was soll das Modell sein, Gestapo oder Stasi? Die freiheitliche Verfassung tritt ja auch für den bayerischen Innenminister in den Hintergrund, denn für ihn hat „der Infektionsschutz höchste Priorität“, weshalb man per Allgemeinverfügung das von der Verfassung garantierte Recht aller Deutschen (jaja, liebe Grünlinksliberale, so steht es nun einmal im Grundgesetz, und nicht etwa aller Menschen) sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, einfach suspendieren sollte.

Schrägdenken…

Den Umtrieben der Corona-Leugner und Impfverweigerer muß natürlich effektiv Einhalt geboten werden. An Effizienz läßt sich bekanntlich der bayerische Ministerpräsident nicht übertreffen. Deswegen fordert er zum Beispiel die „Abschaltung“ des Messengerdienstes Telegram in Deutschland mit der Begründung, dort werde auch zu Straftaten aufgerufen. Abgesehen davon, daß es wohl schwierig sein dürfte, ein in Dubai ansässiges Unternehmen durch deutsche Gesetze in seinen Aktivitäten auch nur einzugrenzen, ist eine solche Forderung gerade aus dem Munde eines promovierten Juristen doch sehr überraschend. Auch wenn der Vorwurf der Sache nach richtig wäre: nicht das Medium riefe zu Straftaten auf, sondern der ein oder andere seiner Nutzer. Deutsche Gerichte haben denn auch etwas dagegen, wenn Internetplattformen einfach abgeschaltet werden, und sei die Motivation dafür noch so politisch korrekt. Jüngst musste das Facebook erneut in einem Beschluß des Landgerichts Karlsruhe nachlesen. Würde Söders Idee umgesetzt, fände sich Deutschland dann auch im Schulterschluss mit so renommierten Demokratien wie China, Russland, Weißrussland, Iran und Indonesien. Allerdings sind solche Forderungen im Zusammenhang damit, daß in den sozialen Medien zu Gewalttaten von links her aufgerufen wird, niemals laut geworden. Ob zu Angriffen auf missliebige Politiker, die gewaltsame Verhinderung von Baumaßnahmen, die rechtswidrige Besetzung von Häusern und ähnlichen linken Herzensanliegen aufgerufen wird, noch nie hat man gehört, daß deswegen etwa Facebook oder Twitter abgeschaltet werden sollen.

Was im Übrigen die sogenannten Fake-News angeht: die finden sich natürlich nicht nur zuhauf in den sogenannten sozialen Medien, sondern dummerweise auch in amtlichen Verlautbarungen. Die manipulierten Zahlen zu Krankenhausbelegungszahlen und Anteilen von Geimpften und Ungeimpften daran, die dann jeweils nach Bekanntwerden ihrer Unrichtigkeit wieder einkassiert werden mussten, sind doch wohl auch im Wortsinne „Fake-News“. Wenn Ministerpräsidenten wie Söder mit solchen falschen Zahlen arbeiten, müssten sie in einer funktionierenden Demokratie eigentlich ihren Hut nehmen. Eigentlich.

Nichtdenken…

Unsere vorzüglichen Politiker begründen ihr Vorgehen unter anderem damit, daß aus den Reihen der Querdenker, Impfverweigerer und Corona-Leugner nun auch massiv gegen ihre rechtschaffenen Kollegen vorgegangen werde. Man verweist auf die Demonstrationen vor den privaten Anwesen von Politikern, und auf Schmähungen von Ministern, Virologen und Journalisten auf den diversen Internetplattformen. Über Steinwürfe und Brandanschläge auf die Wohnhäuser von Politikern der Partei, die angeblich die Wiederkunft von Meister Urian (dem mit der Fliege unter der Nase) erfleht, redet man natürlich nicht. Da handelt es sich wohl um gelebten Bürgersinn und Tapferkeit vor den Feinden der Demokratie. 

Überhaupt scheint man angesichts der tödlichen Gefahren, die offenbar von den Bürgerprotesten für das gesamte Staatswesen und nicht nur für die Gesundheit der Bürger ausgehen, mit den bisherigen Gesetzen nicht mehr auszukommen. Da müssen neue Straftatbestände her, wie sie die Innenministerin Nancy Faeser fordert: „Wer Haß und Hetze verbreitet, bekommt es mit der Polizei zu tun.“ Wie die zu agieren hat, weiß die Grünen-Abgeordnete Saskia Weishaupt, nämlich als Mittel gegen Demonstranten sind „Pfefferspray und Schlagstöcke“ einzusetzen.  In München, Frankfurt und anderenorts konne man das in den letzten Tagen auch schon besichtigen. Polizisten in schwerer Kampfausrüstung gegen Rentner. Nun kommen solche Forderungen ausgerechnet aus der Ecke, die sich ansonsten nicht scharf genug gegen die Polizei und deren Befugnisse wenden kann. Natürlich sind Begriffe wie Haß und Hetze juristisch überhaupt nicht fassbar. Das macht aber nichts. Vielmehr ist das für eine bestimmte Staatsphilosophie zweckmäßig. Die Nationalsozialisten haben das strenge Legalitätsprinzip des Strafgesetzbuches abgeschafft und durch die Pflicht des Richters ersetzt, nach dem „gesunden Volksempfinden“ zu urteilen. Frau Innenministerin Faeser ist mit ihrer Forderung also nicht einmal besonders originell, aber dafür jenseits ihrer juristischen Professionalität.

Um-Denken…

Wie gesagt, die Freiheitsliebe der FDP kennt keine Grenzen. Sie stellt den aktuellen Justizminister, der öffentlich darüber nachdenkt, wie sogenannte Impfverweigerer künftig bestraft werden sollten. Es muß sich dabei wohl um Staatsfeinde von der gefährlichsten Sorte handeln. Schon die Begrifflichkeiten deuten darauf hin. Wer etwas verweigert, der wendet sich doch gegen eine unbezweifelbare Verpflichtung. Man weigert sich, den Anordnungen der Polizei nachzukommen, das Pferd verweigert vor dem Hindernis, der Wehrpflichtige verweigert den Wehrdienst, das Kind weigert sich, den Hustensaft zu nehmen. Der Begriff ist eben klar negativ besetzt. Noch deutlicher wird das beim leugnen. Leugnen ist eben nicht einfach etwas bestreiten, sondern man stellt in Abrede, was doch eigentlich unzweifelhaft ist. Die etymologische Nähe zum Lügen ist offenkundig. Der Begriff ist schon in der Bibel belastet. „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben“ spricht Jesus am Abend vor seiner Gefangennahme zu Petrus. Der Angeklagte leugnet die Tat, die ihm doch schon von der Polizei nachgewiesen worden ist. Der zahlungsunwillige Unterhaltsschuldner leugnet die Vaterschaft. Auch hier ein Begriff, der ausschließlich negativ konnotiert ist. Coronaleugner und Impfverweigerer können also nur schlechte Menschen sein. Aber sie sind darüber hinaus auch Gefährder der Volksgesundheit, wie das aus dem Munde der Politiker und ihrer Pressesprecher in den Medien klingt. Es geht eben um nichts weniger als das Überleben der Menschheit, weswegen alle, aber wirklich alle Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus auszuschöpfen sind.

Zwangsdenken…

Dazu gehört natürlich auch das probate Mittel der Impfpflicht. Sind erst einmal alle geimpft, so das ex cathedra verkündete Dogma, ist Corona endgültig besiegt. Wir wissen zwar alle, daß dem nicht so ist, daß vielmehr das Virus die Frechheit besitzt, sich bei Geimpften wie bei Ungeimpften einzunisten und nach Belieben auf andere Geimpfte und Ungeimpfte überzuspringen. Lediglich der Krankheitsverlauf bei den relativ wenigen Infizierten, die dann doch an Covid 19 erkranken, ist wohl überwiegend unterschiedlich. Die Chance, einen relativ milden Krankheitsverlauf zu erleben, ist in der Tat nach aller Erfahrung für die Geimpften wesentlich größer, als für die Ungeimpften. Hinzu kommt, daß wohl das Virus in der Omikron-Variante kaum noch zu schweren Krankheitsverläufen führen wird. So jedenfalls die Professoren Drosten und Streek. Damit steht aber auch fest, daß die sogenannten Impfverweigerer nicht die Allgemeinheit gefährden, sondern allein sich selbst. Das gilt allerdings auch für Raucher und Anhänger von Risikosportarten. Die allerdings hat bisher noch niemand zu Staatsfeinden erklärt. Die allgemeine Impfpflicht indessen ist schon deswegen gar nicht durchführbar, weil wir in Deutschland das dafür unbedingt notwendige Impfregister gar nicht haben. Seine Einführung wird auch unter anderem von denen abgelehnt, die vehement für die allgemeine Impfpflicht eintreten, den Grünen. Einer der vielen inneren Widersprüche in der aktuellen Politik. Es ist auch keineswegs so, daß eine klare Mehrheit der Virologen, Epidemiologen und sonstigen Mediziner die Einführung der allgemeinen Impfplicht fordert. Vielmehr hören wir von vielen dieser Wissenschaftler, daß eine allgemeine Impfpflicht kein geeignetes Mittel zur Eindämmung der Pandemie sei. Vor allem aber hören wir von führenden Juristen, etwa dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Professor Papier, daß eine solche allgemeine Impfpflicht mit der Verfassung nicht vereinbar sei. Das hindert unsere fantastischen Politiker und ihre Pressesprecher in den Medien aber nicht daran, Leute, die gegen eine allgemeine Impfpflicht demonstrieren, zu Staatsfeinden zu erklären und nach der Stasi 2022 zu rufen.

Also doch.

Wenn jedes Maß und Ziel verloren geht, wenn statt Besonnenheit und nüchternem Urteil Aufgeregtheit und Kriegsrhetorik das gesellschaftliche Klima bestimmen und zur Maxime politischen Handelns werden, dann ist das ein Befund, der durchaus die Frage nach den Ursachen hervorruft. Die Absurdität hat ein Ausmaß erreicht, das sich den herkömmlichen Erklärungsmustern entzieht. Es muß sich wohl um eine kollektive Psychose handeln. Da sind wir bei der Krankheit. Also doch die Nebenwirkung von Sars-CoV 2?



Die Dominanz der Dummschwätzer

Wer aus Deutschland berichtet, schreibt Nachrichten aus Absurdistan. Wir haben uns schon daran gewöhnt, daß uns vor allem aus den Bereichen, die man früher noch unter dem Oberbegriff Geistesleben zusammenfassen konnte, inzwischen nahezu ausschließlich Bizarres und Groteskes zu Ohren kommt. Nachstehend will ich zwei Beispiele etwas ausführlicher darstellen. Sie kommen wenig überraschend aus Berlin. Dazu wird natürlich auch etwas zu sagen sein.

Die Geschichte muß in die chemische Reinigung

In der Neuen Zürcher Zeitung vom 16.12.2021 wird ein Vorgang kommentiert, der in der Tat nur Kopfschütteln auslösen kann, verbunden mit der Frage, was das für Leute sind, in deren Hirnen derartige Flatulenzen entstehen und den Weg nach draußen suchen. Wir wollen dem Verfasser Oliver Maksan die verdiente Ehre geben und zitieren seinen Kommentar nachstehend wörtlich:

Daß zwischen berechtigter Vergangenheitsbewältigung und der Schleifung des kulturellen Gedächtnisses nur ein schmaler Grat liegt, kann man dieser Tage in der deutschen Hauptstadt beobachten. Dort macht eine im Auftrag des Berliner Antisemitismus-Beauftragten Samuel Salzborn erstellte Studie weiten Teilen der deutschen (Geistes-) Geschichte den Prozess. 290 Straßen und Plätze der Hauptstadt sollen nach Persönlichkeiten benannt sein, wo wenigstens der Anfangsverdacht besteht, daß sie in ihrem Denken und Handeln antisemitische Bezüge aufwiesen. Bei direkt in die Planung von Naziverbrechen verstrickten Personen wie dem Spandauer Stadtbaurat Karl Elkart etwa dürfte das unstrittig sein. Bei anderen horcht man auf. So habe Goethe antijüdische Stereotype bedient. Das Verhältnis des Geheimrats zu den Juden und damit das Schicksal der Goethestraßen wird vom Studienautor Felix Sassmannshausen weiterer Forschung überstellt – der niedrigsten der vierstufigen Handlungsempfehlungen. Beim Gründungskanzler der Bundesrepublik Konrad Adenauer geht der Politikwissenschaftler weiter. Wer künftig den Adenauerplatz betritt, soll sich mit dem Handy über Adenauers angebliche antisemitische Äußerungen informieren können. Noch mehr Handlungsbedarf sieht der Autor bei Vertretern des 20. Juli. Stauffenberg wie Goerdeler bezahlten das misslungene Attentat auf Hitler mit ihrem Leben. Dennoch sollen das Schild der Stauffenbergstraße wie jenes des Goerdelerdamms mit einer Plakette versehen werden. Durch den Versuch, historische Gerechtigkeit zu schaffen, wird so eine neue Ungerechtigkeit begangen. Die Studie krankt daran, daß sie öffentliche Ehrung für ein Werk (Goethe), ein Amt (Adenauer) oder eine Tat (Stauffenberg) mit einer Heiligsprechung verwechselt. Raum für menschliche Irrtumsanfälligkeit bleibt da nicht. Im Zweifel schützt nur noch der Mangel an historischen Beweisen. Die scheinen bei Karl Marx, dem Verfasser des von vielen als antisemitisch eingeschätzten Werks „Zur Judenfrage“, seltsamerweise so dünn zu sein, daß er gar nicht in der Studie auftaucht. Auch nähert man sich magischem Denken, wenn man glaubt, Werk und Autor seien deckungsgleich. Beispiel Richard Wagner. Die Forschung neigt ganz überwiegend dazu, den Komponisten als Antisemiten zu sehen. Nun fordert die Studie aber nicht nur die Umbenennung von nach Wagner benannten Plätzen und Straßen, sondern auch derjenigen, die den Namen seiner Werke tragen – wie die Tannhäuserstraße. Als nächster Schritt wäre es nur konsequent, Wagners Werke auch von deutschen Bühnen zu verbannen. Das dürfte indes leichter umzusetzen sein als die Tilgung Martin Luthers aus dem Leben des Protestantismus. Der Name des Reformators soll ebenfalls von Berlins Straßenschildern verbannt werden – bei einigen vorbehaltlich vertiefender Forschungen. Die Studie wurde in politischem Auftrag erstellt. Der Politik aber sollten nicht die Prioritäten verrutschen. Berliner Juden dürften sich weniger durch den Turnvater Jahn bedroht fühlen als durch rechte, linke und islamistische Judenfeindschaft. In einer Stadt, in der auf dem Al-Kuds-Tag jahrelang antisemitische Parolen zu hören waren, besteht an anderer Stelle dringlicherer Handlungsbedarf als bei der Ausschilderung von Straßen und Plätzen.

Es geht aber noch besser

Soweit der angesichts des skandalösen Sachverhalts schweizerisch-zurückhaltende Kommentar in der NZZ. Doch das absurde Theater in unserer Bundeshauptstadt hat noch mehr zu bieten. So berichtet der Journalist Matthias Bäckermann in der Jungen Freiheit von letzter Woche folgende Begebenheit:

Der Gropiusbau vis-a-vis zum Abgeordnetenhaus im Zentrum Berlins gilt als eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Hauptstadt. Grund genug, diesen Bau anlässlich einer Ausstellung der südafrikanischen Fotografin Zanele Muholi endlich zu „queeren“, wie Kuratorin Sophya Frohberg diese Woche im Portal art-in-berlin.de erklärt. Dabei soll das Werk der lesbischen, sich als nicht-binär bezeichnenden „visuellen Aktivistin“ aus Johannesburg gesellschaftliche Missstände „in Abgrenzung zur cisgeschlechtlichen und heteronormativen Gesellschaft“ sichtbar machen. Zudem soll im Gropiusbau thematisiert werden, daß „Queerness“ nichts explizit „Unafrikanisches“ ist. So erklärt Frohberg geschichtskundig, daß „Geschlechterbinarität und Heteronormativität durch Missionierung und Kolonialismus nach Südafrika importiert wurden.“ Deshalb sei „die Sichtbarmachung von Intersektionalen queeren Lebensrealitäten“ in Berlin so etwas wie eine späte Wiedergutmachung. Obwohl Muholi die Ausstellungsarchitektur und die Raumgestaltung direkt mit entscheiden konnte, war ihr wegen der Corona-Situation eine Anreise aus Südafrika nicht möglich. Dennoch ist die Kuratorin glückselig: „So queer gab es den Gropiusbau noch nie.“

Wer versteht so etwas überhaupt?

Man gebe diesen Text einmal in der nötigen Zahl von Kopien morgens, wenn alle zur Arbeit fahren, den Leuten in der U-Bahn zu lesen. Kurz genug ist er ja. Allerdings werden, und darauf möchte ich sogar Wetten annehmen, 95 % derjenigen, die diesen Text überhaupt lesen wollen, schon nach wenigen Sätzen kopfschüttelnd das Papier weglegen. Sowohl Inhalt als auch Sprache sind weit entfernt von dem, was die übergroße Mehrheit der Leute interessiert, bzw. was sie überhaupt schon sprachlich aufnehmen können. Was „queer“, „nicht-binär“, „cisgeschlechtlich“ und wie alle diese Vokabeln aus der Anstalt lauten, überhaupt bedeuten sollen, wird sich so gut wie niemanden erschließen. Es ist die Sprache einer abgehobenen Klasse von Halbgebildeten, die sich in dessen für die akademische Elite halten. Es ist aber auch die Sprache und Vorstellungswelt derjenigen, von denen kaum jemand mit den Berufen und Jobs der angesprochenen U-Bahn-Passagiere seinen Lebensunterhalt verdienen könnte. Es sind die Töne in einer Echokammer, zu der Zutritt nur hat, wer sich von Kultur und Tradition seiner Eltern und Großeltern losgesagt und sich akademischen Sekten angeschlossen hat, in deren Bibeln ausschließlich das zu lesen ist, was alles entschieden verneint, was die Lebenswirklichkeit der übrigen Welt ist.

Dort ist die Gendersprache zu Hause, die außer ihren neurotischen Befürwortern niemand versteht. Diese Leute, obwohl mit wohlfeilen akademischen Titeln ausgestattet, wie sie nun einmal universitäre Seilschaften bereitwillig an die verteilen, die sich unten anschließen, haben indessen nicht die geringsten Kenntnisse von den Grundlagen ihrer Muttersprache. Wer das grammatische Geschlecht mit dem biologischen Geschlecht gleichsetzt, dabei aber gar nicht merkt, daß auch tote Gegenstände ein grammatisches Geschlecht haben – der Baum, die Tasse, das Bild – der merkt auch nicht, daß die krampfhafte Neutralisierung des grammatischen Geschlechts wie etwa beim „Studierenden“ anstelle des herkömmlichen „Studenten“ in seinem Sinne gar nicht weiterführen kann. Hätte er ein Mindestmaß an klassischer Bildung, so wüsste er und sie bzw. es (für weder – noch), daß Student die Eindeutschung des lateinischen Partizips „studens“ ist, was er nichts anderes heißt, als studierend.

Keine Ahnung, keine Bildung, aber Haltung!

Doch wird die mangelnde Bildung durch Haltung in überreichem Maße ersetzt. Da werden dann eben Denkmäler gestürzt und Inschriften aus vergangenen Jahrhunderten müssen mit Erläuterungstafeln versehen werden, damit das „woke“ Geschichtsbild öffentlich sichtbar wird. Ach ja, „woke“. Ich denke daß alle Leser dieses Blogs der englischen Sprache mindestens so gut mächtig sind, wie unsere Außenministerin, höchstwahrscheinlich deutlich besser. Ja, diese Halbgebildeten in der Echokammer halten sich eben für besonders wache Menschen, die anders als ihre wohl etwas geistig zurückgebliebenen Mitmenschen die Welt eben richtig erklären können. Sie allein wissen natürlich, daß unsere Vorfahren allesamt Verbrecher waren, daß wir nur deswegen gut leben können, weil unsere Vorfahren den Rest der Menschheit unterdrückt und ausgebeutet haben. Was sie natürlich nicht wissen, ist zum Beispiel, daß sämtliche Erfindungen und technischen Entwicklungen, die Demokratie und der Rechtsstaat, Literatur und Musik, Theater und Unterhaltungsindustrie nahezu ausschließlich auf den Erfindungsgeist und den Unternehmergeist der vielgescholtenen weißen Männer zurückzuführen sind. Nichts, aber auch gar nichts dergleichen ist aus Afrika oder dem vorderen Orient gekommen. Wer sich etwa als Patentanwalt seine Mandanten ausschließlich in Afrika und dem vorderen Orient suchen würde, müsste wohl sehr bald seine Kanzlei wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit schließen. Er sollte sie dann vielleicht irgendwo in Ostasien wieder eröffnen. Lediglich die großen Weltreligionen haben ihren Ursprung dort. Gäbe es indessen alle die erwähnten Erfindungen und Kulturtechniken des weißen Mannes nicht, säßen wir alle heute noch zu Füßen orientalischer Propheten und lauschten mit gläubiger Einfalt ihren Predigten.

Berlin, arm aber nicht sexy, sondern irre

Abschließend ein Wort zu Berlin. Es verwundert eigentlich nicht, daß gerade in der Bundeshauptstadt, die nicht wenige spöttisch den Bundeshauptslum nennen, derartige Sumpfblüten wie geschildert aus dem weithin maroden Straßenpflaster wuchern. Gerade das Bundesland, das gut 11 % seines Haushalts aus dem Länderfinanzausgleich finanziert, nämlich 3.454.440.000 €, gerade dieses Bundesland wirft das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus und baut zum Beispiel zusätzliche Toiletten für sogenannte „Transgender“-Menschen, während gleichzeitig die Schultoiletten unbenutzbar sind, soweit nicht die Eltern sie aus eigenen Mitteln und mit eigener Arbeitskraft sanieren, damit ihre Kinder sie benutzen können.

Es reicht

Es ist an der Zeit, diesen Leuten allüberall entschlossen entgegenzutreten. Blamieren wir sie, wo wir sie antreffen. Spießen wir Ihre abgehobene Sprache wie ihre verquasten Denkmuster auf. Nehmen wir keine Rücksicht auf die überkommenen Regeln des Small Talk. Denken wir laut darüber nach, ob man nicht Forschungsarbeiten zu dem Thema vergeben sollte, ob derartige gesellschaftliche und politische Forderungen nicht mit degenerativen Veränderungen des Gehirns einhergehen. Wir haben uns zu lange verhalten wie der Hofstaat im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Es wird Zeit, daß wir in die Rolle des Kindes schlüpfen, das laut gerufen hat: „Der hat ja gar nichts an.“

 


Ein Zwischenruf

Es gibt Dinge, die so selbstverständlich sind, daß man einfach darüber nicht reden muß. Indessen zeigen die Ereignisse der letzten Wochen, daß auch bare Selbstverständlichkeiten offensichtlich noch angemahnt werden müssen.

Es ist zweifellos Jedermanns Recht, anderer Meinung zu sein als andere Leute, auch anderer Meinung zu sein als parlamentarische Mehrheiten, ja sogar anderer Meinung zu sein, als Wissenschaftler. Denn gerade bei letzteren sind auch andere Meinungen der Normalfall. Wir können allenfalls feststellen, ob eine Aussage von größeren oder kleineren Teilen der Wissenschaftler geteilt wird, die sich öffentlich äußern. Von denen, die sich öffentlich nicht äußern, hören wir ohnehin nichts.

Eine Meinung zu haben und diese zu äußern, das ist das eine. Das ist aber auch das eine, das in einem demokratischen Rechtsstaat immer und unbedingt gelten muß, auch wenn man die eine oder andere Meinungsäußerung als Unfug, Ausfluss geistiger Umnachtung oder sonst keinesfalls seriös betrachtet. Denn gestützt auf unsere Verfassung lassen die Gerichte eben auch solche Meinungen zu. Die Meinungsfreiheit gehört zu den tragenden Säulen unserer verfassungsmäßigen Ordnung.

Etwas anderes indessen ist es, die Regeln des Anstandes zu verletzen, und noch etwas ganz anderes ist es, die Persönlichkeitsrechte Dritter zu verletzen, was im Übrigen auch das Strafgesetzbuch mit angemessenen Strafen bedroht. Es geht wirklich nicht an, den privaten Lebensbereich von Politikern oder sonstigen Persönlichkeiten zu verletzen, die sich in irgendeiner Weise anders äußern, als einem das selbst lieb ist. Auch ein noch so berechtigter Protest hat im privaten Bereich von Politikern, Wissenschaftlern oder Journalisten nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Wie gesagt, ist das nicht nur unanständig, das ist auch strafbar.

Eine weitere Bemerkung ist allerdings auch veranlasst. Eine Reihe von AfD-Politikern wäre in den letzten Monaten sehr froh gewesen, vor ihren Häusern hätten lediglich Leute demonstriert, vielleicht auch ein wenig randaliert. Indessen flogen Pflastersteine durch ihre Fensterscheiben, klatschten Farbbeutel an die Fassaden und wurden ihre Autos vor dem Hause angezündet. Soweit ich mich erinnere, hat sich darüber kaum jemand aufgeregt, insbesondere nicht in den öffentlich-rechtlichen Medien und den führenden Tageszeitungen.

Gerade diejenigen, die mit Recht die eine oder andere Maßnahme unserer Regierungen im Rahmen der Corona-Bekämpfung kritisieren, und sei es auch nur als völlig ungeeignete Maßnahme, gerade diejenigen sollten sich durch besondere Besonnenheit auszeichnen. Damit heben sie sich ja auch von den Leuten positiv ab, die sich offenbar im Besitze der alleinigen Wahrheit wähnen und jeden, der vom regierungsamtlichen Pfad der Tugend abweicht, als Querdenker, Quatschkopf, Reichsbürger oder Rechtsextremen abgrenzen.

Schlicht und einfach: lassen wir die Kirche im Dorf.

Die Chinesifizierung der deutschen Politik

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen heutigen Entscheidungen endgültig die Verfassungsbeschwerden gegen die sogenannte Bundesnotbremse, korrekt das 4. Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, zurückgewiesen. Das Gesetz greife zwar unmittelbar erheblich in die Grundrechte der Bürger ein. Das sei aber eben zum Schutze überragender Rechtsgüter wie des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung erforderlich und selbstverständlich nach Abwägung der in Rede stehenden Rechtsgüter verhältnismäßig.

Der Systemwechsel

Es war an und für sich nichts anderes zu erwarten. Spätestens seit dem für sehr viele Juristen überraschenden Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollte klar sein, daß die Politik sich auf „Karlsruhe“ verlassen kann, jedenfalls soweit es um ihre grundsätzlichen Entscheidungen geht. Der meines Erachtens fachlich glänzende und politisch unerschrockene Verfassungsrechtler – der deswegen in Deutschland nichts mehr werden kann – Ulrich Vosgerau hat dafür den treffenden Begriff der Chinesifizierung der deutschen Politik geprägt. Auf das politische System Chinas, das nach wie vor von einer kommunistischen Partei, allerdings mit starken kapitalistischen Neigungen, beherrscht wird, trifft wohl das bekannte Lied aus der untergegangenen DDR zu : „Die Partei, die Partei hat immer recht!“

Der Dank des Gewählten ist dem Wähler gewiß

Dem ordnet man sich auch als Richter des höchsten deutschen Gerichts gerne unter, jedenfalls in unserer Zeit. Das System der Richterauswahl, das ja nun zu 100 % allein in den Händen der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, und somit der politischen Elite liegt, ermöglicht es ja, die Richterstühle in Karlsruhe ausschließlich mit linientreuen Gefolgsleuten zu besetzen. Hatte man in früheren Jahrzehnten noch den Eindruck, daß die Politik dieser Versuchung jedenfalls nicht vollends und allzu auffällig erlegen war, und auch die Richter nach ihrer Wahl nicht selten eine bemerkenswerte Unabhängigkeit, auch von den politischen Überzeugungen ihrer Förderer, an den Tag legten, so ist diese politisch/juristische Idylle im verklärenden Licht der Vergangenheit verschwunden. Wer wie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts zuvor als stellvertretender Vorsitzender einer Regierungsfraktion, und somit als Einpeitscher der Bundeskanzlerin gedient hat, von dem kann nichts anderes erwartet werden, als daß er diese Aufgabe nun in seinem noch einflussreicheren Amt getreulich erledigt. Aber auch wer nicht aus so hervorgehobenen politischen Ämtern, jedoch als, wie das so schön heißt, politisch nahestehend zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählt worden ist, weiß sich heute offenbar seinen Förderern weiterhin verbunden. Natürlich gibt es nach wie vor keine Weisungen aus Berlin an die Karlsruher Richter. Das ist auch nicht nötig, da reicht auch schon ein Abendessen im Kanzleramt.

Je dünner die Faktenlage, je einfacher die Entscheidung

Das Verfahren über die Verfassungsbeschwerde ebenso wie andere Prozessarten vor dem Bundesverfassungsgericht ist kontradiktorisch, wie das juristisch so schön heißt. D.h. vor dem Gericht streiten zwei Parteien darüber, ob ein Gesetz gegen die Verfassung verstößt oder nicht, Rechte des Klägers verletzt werden oder nicht. Deswegen erhebt das Bundesverfassungsgericht gemäß § 26 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht auch Beweis, wie im übrigen jedes andere Gericht im Rahmen seiner Prozessordnung. Die einschlägige Gesetzesvorschrift lautet, und das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Das Bundesverfassungsgericht erhebt den zur Erforschung der Wahrheit erforderlichen Beweis.“ Eine solche Beweiserhebung kann eben die Vernehmung von Zeugen, die Anhörung von Sachverständigen und die Einsichtnahme in Urkunden bedeuten, häufig eine Kombination von alledem. Die Parteien des Verfahrens haben auch das Recht, entsprechende Beweisanträge zu stellen, und etwa einem vom Gericht erholten Gutachten eines Sachverständigen ein eigenes Gutachten, natürlich ebenfalls von einem – politisch korrekt natürlich auch von einer – Sachverständigen entgegen zu setzen, sodaß das Gericht sich inhaltlich mit den unterschiedlichen Auffassungen der Sachverständigen auseinandersetzen muß.

Im vorliegenden Falle hat das Bundesverfassungsgericht davon abgesehen, wie im übrigen auch im sogenannten Klimaurteil. Das Gericht ist hier einfacher verfahren. Es hat ein Verfahren gewählt, das der Gesetzgeber erst später in das Verfassungsprozessrecht eingeführt hat. Gemäß § 27a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes kann das Gericht sachkundigen Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Was für den Laien auf den ersten Blick so aussieht, wie eine Beweiserhebung oder dem doch zumindest gleichsteht, ist etwas völlig anderes. Man kann so zum Beispiel das Robert-Koch-Institut um eine Stellungnahme bitten, oder eine andere der in der Öffentlichkeit im Rahmen der Corona-Krise bekannt gewordenen Institutionen. Das ist keine förmliche Beweiserhebung, hier können auch keine Gegengutachten prozessordnungsgemäß beigebracht werden, und vor allem stehen solche Stellungnahmen nicht unter dem strengen Regime der Wahrheitspflicht, wie das für Zeugen und Sachverständige der Fall ist. Nicht umsonst werden Zeugen und Sachverständige vor ihrer Einvernahme vom Gericht ausdrücklich über ihre Wahrheitspflicht und die Konsequenzen, und zwar strafrechtlichen Konsequenzen eines Verstoßes dagegen belehrt. Die Wahl des Verfahrens nach § 27a BVerfGG zeigt, wie man in Karlsruhe inzwischen denkt. Was die Regierung im Verfahren erklärt, ist eben einfach wahr. Eine Beweiserhebung im klassischen Sinne ist somit entbehrlich.

Schöne neue Verfassungswelt

Ich denke, genau das ist der Teil der Entwicklung, die Vosgerau so zutreffend die Chinesifizierung des deutschen Rechts nennt. Was von der Politik und ihren Beratern für gut befunden wird, das ist eben so. Wir werden in den nächsten Jahren bei grundlegenden politischen Entscheidungen unserer Regierungen wohl noch häufiger erleben, daß diese vom Bundesverfassungsgericht praktisch nicht infrage gestellt werden. Entscheidungen „gegen den Strich“ sind aus Karlsruhe nicht mehr zu erwarten. Das gilt natürlich auch für die zu erwartenden einschneidenden Maßnahmen, welche die Politik aus ihrer Sicht zur Eindämmung der Pandemie für notwendig halten wird. Ob beispielsweise auch Geimpfte das Virus weitertragen können oder nicht, ob auch Geimpfte in nennenswertem Anteil an Corona sterben können oder nicht, wird dann keine Rolle mehr spielen. Entscheidend wird nur sein, daß eben die Regierung das Narrativ verbreitet, die Ausbreitung des Virus werde dadurch wenigstens eingegrenzt. Stellungnahmen der eigenen Institute wie des Robert Koch Instituts werden das selbstverständlich so bestätigen. Ausführungen von ebenso qualifizierten Sachverständigen, die eine andere wissenschaftliche Auffassung vertreten, werden in das Verfahren wohl kaum jemals eingeführt werden. Berlin kann also sicher sein. Was dort entschieden wird, wird in Karlsruhe „durchgewunken“.


Das Böse ist immer und überall

Wer von uns älteren (dazu darf ich mich, Jahrgang 1946, wohl rechnen) hat es nicht mehr im Ohr? Die österreichische Kultband „Erste Allgemeine Verunsicherung“ belegte 1986 mit ihrem Hit oder soll man besser sagen Spottlied vom Banküberfall die ersten Plätze in den Hitparaden. Allüberall wurde man damit beschallt, ob in den Supermärkten oder im Lift über der Skipiste. „Das Böse ist immer und überall“, offenbar nicht nur in diesem putzigen Liedchen der österreichischen Kultband aus den achtziger Jahren. Es ist vor allem in Deutschland offenbar allgegenwärtig, und natürlich vor allem in den Herzen der bösen Rechten, die heimlich oder auch unheimlich am Wiedererstehen des Hitlerreiches basteln. Deswegen haben wir Deutschen natürlich auch Vorsorge getroffen und in unserem Strafgesetzbuch scharfe Abwehrwaffen installiert, von denen Staatsanwälte und Gerichte dann natürlich auch Gebrauch machen und konsequent der braunen Schlange den Kopf abschlagen, wo auch immer sie ihn erhebt.

Je länger Hitler tot ist….

Die Sache hat natürlich zwei Seiten. Natürlich ist es auf der einen Seite so, daß wir Deutschen weltexklusiv mit den Mitteln des Strafrechts gegen die Ideologie eines längst untergegangenen Unrechtsregimes vorgehen. Nur in Deutschland sind die Symbole der NS-Herrschaft strafrechtlich verboten. Länder mit ähnlicher Diktaturerfahrung wie die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, Russland allen voran, Spanien oder Italien kennen einen solchen Krieg gegen die Mumien nicht. Man hat dort offenbar die Überzeugung, daß seine Bürger bis auf randständige Sonderlinge immun sind gegen die Versuchungen, die von den Geistern der Vergangenheit möglicherweise ausgehen könnten. In Russland zum Beispiel sind nicht nur die Symbole der Sowjetherrschaft wie der Rote Stern, Hammer und Sichel oder die Abbilder Lenins und Stalins allgegenwärtig, man duldet sogar die Weiterexistenz der kommunistischen Partei. Einer Partei, die doch im 20. Jahrhundert gemordet hat, was das Zeug hielt. Die Schätzungen, was allein die Todesopfer der marxistisch-leninistischen Ideologie angeht, bewegen sich irgendwo zwischen 50 und 100 Millionen Menschen. Die Zahl der in Gefängnissen und Arbeitslagern geknechteten Menschen dürfte weitaus höher liegen. Doch man geht entspannt mit seiner Vergangenheit um.

Daß dies in Deutschland anders ist, liegt sicherlich an der alliierten Gesetzgebung nach dem Kriege. Indessen ist das schon sehr lange her. Die Bundesrepublik Deutschland existiert schon seit über 70 Jahren, seit 1955 kann man wohl von einer teilweisen Souveränität, seit 1990 von einer wirklichen Souveränität ausgehen. Doch es scheint völlig ausgeschlossen, daß die politische Klasse dieses Landes jene seltsamen Relikte aus der Nachkriegszeit „historisieren“, also in die Geschichtsbücher verbannen könnte. Vielmehr wenden wir Deutschen viel Arbeitskraft und Zeit der Juristen dafür auf, auch noch den letzten geistig zurückgebliebenen Hitlerverehrer strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Man muß halt wissen, was Sache ist

Indessen muß man damit nüchtern und sachlich umgehen. Es ist nicht nur dumm, sondern im Sinne einer bürgerlich-patriotischen Politik schlicht und einfach kontraproduktiv, dagegen nicht nur zu räsonieren, sondern vermeintlich schlaue Umwegezu gehen. Oder aber einfach gedankenlos vermeintlich „nationale“ Parolen und Symbole in die eigene politische Botschaft einzubauen. So hat es in den letzten Tagen zu großer Aufregung geführt, daß Björn Höcke, seines Zeichens Vorsitzender der AfD in Thüringen und Vorsitzender seiner Fraktion im dortigen Landtag, in diesem Sommer offenbar glaubte, seinen politischen Botschaften den nötigen „nationalen“ Anstrich geben zu müssen, indem er in einer Wahlkampfrede ausrief: „Alles für Deutschland“. Das brachte ihm nach einiger Zeit eine Strafanzeige seiner Intimfeinde von den Grünen ein. In diesem Zusammenhang fällt allerdings auf, daß der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages mit Datum vom 10.11.2021 eine juristisch zutreffende Analyse des § 86a StGB, der nun einmal die Verwendung nationalsozialistischer Symbole bei Strafe verbietet, vorgelegt hat. Die fragliche Parole fällt natürlich unter diese Strafvorschrift, weil es sich dabei um eine Parole der SA handelt, die wohl so wichtig war, daß sie auf der Klinge des SA-Dolches eingraviert war. Über die Strafbarkeit auch dieser Parole kann es jedenfalls seit dem 1.2.2006 keinen Zweifel mehr geben, denn an diesem Tag verkündete das Oberlandesgericht Hamm ein Urteil, wonach die Verwendung dieser Parole in der Öffentlichkeit eben strafbar ist.

Bemerkenswert an dem Vorgang ist, daß hier ein hochrangiger Politiker mit dem beruflichen Hintergrund des gelernten und examinierten Historikers mit jahrelanger Tätigkeit als Geschichtslehrer an einem Gymnasium, von dem gerade wegen seiner politischen Ausrichtung erwartet werden darf, daß er diese Dinge schlicht und einfach weiß, sich dazu hinreißen hat lassen, diese Parole als Wahlkampfredner zu benutzen. Mindestens aber seine Berater, von denen ein so hochrangiger Politiker wie er natürlich eine gute Hand voll zur Verfügung hat, wobei sicherlich auch Juristen darunter sind, hätten ihn warnen müssen, falls es sie überhaupt gefragt hat. Warum dann nicht einfach zum Beispiel: „Wir geben alles für unser Land!“?

Was so alles bei uns verboten ist…

Natürlich ist es mit den Parolen aus der braunen Zeit so eine Sache. „Meine Ehre heißt Treue“ stand auf den Koppelschlössern der SS. Mithin ist diese Parole gemäß § 86 a StGB strafbar. Und das gilt aber auch, wenn sie von Bundesliga-Fanclubs benutzt wird, wie etwa vom FC Bayern München oder vom VfB Stuttgart. Auch wer einen Brief gerne mit der Formel „Mit deutschem Gruß“ beendet, weil er eben meint, damit seine Verbundenheit zu seinem Vaterland deutlich zu machen, sollte wissen, daß dies der Bundesgerichtshof schon vor mehr als 40 Jahren verboten hat, genauso wie den „Weckruf“: Deutschland erwache!. Ob man die sogenannte Schwarze Sonne ästhetisch findet oder nicht, sie war nun einmal bei den Nationalsozialisten beliebt und beispielsweise als Marmormosaik in den Fußboden des sogenannten Obergruppenführersaals im Nordturm der Wewelsburg, einer Kaderschmiede des NS-Nachwuchses, eingelegt. Mindestens in einschlägigen Zusammenhängen, also mit politischen Aussagen, wird das wohl jeder Staatsanwalt als Verstoß gegen § 86a StGB werten. Es kommt überhaupt auf den Zusammenhang an. So kann das Keltenkreuz unverfänglich sein, aber je nach Gestaltung und Zusammenhang als verbotenes Symbol einer NS-affinen Vereinigung gewertet werden. Das Hakenkreuz selbst, über seine Eigenschaft als NS-Symbol hinaus Swastika (ein uraltes Sonnensymbol) genannt, ist natürlich viel älter als der Nationalsozialismus. Es findet sich demgemäß zum Beispiel in alten Kirchenfenstern und bleibt dort natürlich auch unbeanstandet. Wer indessen meint, die Schwastika in anderem Zusammenhang verwenden zu dürfen, weil man sie auch in Kirchenfenstern findet, der ist mindestens juristisch schlecht beraten. 

Seid klug wie die Schlangen…

Man muß es wohl vor allem unseren politisch rechts denkenden Mitbürgern, wobei das selbstverständlich eine genauso ehrbare politische Meinung ist, wie etwa das liberale oder soziale Denken, zu bedenken geben, daß gerade sie sich eines deutlichen Abstandes zu allem befleißigen sollten, was ihnen von ihren politischen Feinden als Affinität zum Nationalsozialismus ausgelegt werden könnte. Vielleicht hilft auch hier ein Blick in die Bibel. „Seid klug wie die Schlangen und ohne falsch wie die Tauben (Mt 10,16)“, empfahl Jesus seinen Jüngern, wohl wissend, auf welche Widerstände seine Lehre bei den Zeitgenossen stoßen würde. Das gilt für den homo politicus unserer Tage vermehrt, gerade für den, der gegen den derzeit übermächtigen linken Zeitungeist angehen will. Es ist eben unklug, dem politischen Gegner, der vielfach in der Tat mit dem Furor eines Feindes auftritt, unnötige Angriffsflächen zu bieten. An diesem Punkt scheiden sich auch die Geister. Es gibt eben kluge und weniger kluge Menschen. Herr Höcke jedenfalls scheint die Bibel nicht so sorgfältig gelesen zu haben, wie es für ihn gut wäre.





Viel Lärm um Nichts

Nun haben wir nach der „Akte Rosenburg“, wie die Broschüre zur Ausstellung über die Nachkriegsgeschichte des Bundesjustizministeriums aus dem Jahr 2016 genannt wurde, seit 17.11.2021 auch eine wissenschaftliche Studie zur Bundesanwaltschaft in den Nachkriegsjahren. Bestellt vom Generalbundesanwalt und verfaßt von dem Historiker Friedrich Kießling und dem Strafrechtler Christoph Safferling – letzterer war schon an der Studie über das Bundesjustizministerium beteiligt – erhebt auch diese Studie den Anspruch, endlich klarzustellen, daß auch diese Behörde in der Nachkriegszeit von ehemaligen Nazis nur so wimmelte. Es wird die personelle Kontinuität zur Zeit zwischen 1933 und 1945 hervorgehoben. Sehr viele Beamte im höheren Dienst, also Juristen, hätten auch schon im Nationalsozialismus im Justizdienst gestanden. 1953 habe deren Quote bei knapp 83 % gelegen. Allerdings sei man weder auf ehemalige SS-Angehörige gestoßen, noch auf NSDAP-Mitglieder, die der Partei schon vor 1933 beigetreten waren. Der wissenschaftlichen Redlichkeit und Professionalität ist es natürlich geschuldet, wenn die Autoren betonen, daß diese Zahlen zwar nichts über das tatsächliche Verhalten einzelner Personen und deren individueller Schuld aussagten. Den Intentionen des Auftraggebers, der wiederum nur zu gut weiß, was die Politik von ihm erwartet, ist indessen die weitere Feststellung geschuldet, die  große und lange Amtskontinuität wie die hohe Zahl an formal belasteten Beamten zeige allerdings, daß es einen Bruch, gar einen bewußten Bruch mit der NS-Vergangenheit auch im Fall der Bundesanwaltschaft nicht gegeben habe. Bei der Personalauswahl habe lediglich die fachliche Eignung im Zentrum gestanden, nicht die politische Haltung.

Fachliche Qualifikation, was sonst?

Das ist an sich wenig überraschend. Denn bei der Betrauung eines Menschen mit einer Aufgabe kann doch grundsätzlich zunächst einmal nur die fachliche Eignung entscheidend sein. Alles andere tritt dahinter zurück. Für andere Bereiche als das Rechtswesen wird man das selbst als eifriger Kämpfer „gegen Rechts“ nicht in Zweifel ziehen. Wenn etwa in einer Baubehörde die Position eines Prüfstatikers zu besetzen ist, dann wird man nur auf die fachliche Qualifikation schauen können, allenfalls dann, wenn gleich qualifizierte Persönlichkeiten zur Verfügung stehen, auch andere Gesichtspunkte in die Abwägung einbeziehen.

Wer selbst Opfer des Regimes war, hatte wohl den klarsten Blick

Daran hat man sich beim Wiederaufbau der Justiz nach dem Kriege offensichtlich auch gehalten. In der erwähnten Rosenburg-Studie kann man das auch nachlesen. Für die Personalauswahl des Bundesjustizministeriums war von 1949-1963 Staatssekretär Dr. Walter Strauß verantwortlich, ein Jurist, der selbst vom NS-Regime verfolgt worden war. Seine Personalauswahl betonte die juristisch-fachlichen Fähigkeiten der Bewerber. Vor seinem Amtsantritt schrieb er in einer Denkschrift vom 12.08.1947: „Personen mit Befähigung für einen solchen Ministerialdienst stehen zu allen Zeiten in nur relativ beschränktem Maße zur Verfügung… Eine Verwaltung kann solche Aufgaben nur lösen, wenn es ihr gelingt, beste Männer zur Mitarbeit heranzuziehen. Nur die sachliche Qualifikation darf entscheiden.“ Leute wie dieser Staatssekretär wußten natürlich auch, daß die bloße Mitgliedschaft eines Beamten oder Richters in der NSDAP oder einer ihrer Unterorganisationen für sich allein genommen noch wenig über seine Haltung aussagen konnte. Vielmehr war es doch so, daß wie in jeder Diktatur auch in der NS-Zeit es mehr als geraten schien, „mit den Wölfen zu heulen“ und sich dem Wunsch der Machthaber nicht zu verschließen, in die Partei einzutreten. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, daß etwa 1957 immerhin 99 % der Mitarbeiter des Ministeriums eine NS-Vergangenheit aufwiesen, und, wie wir nun wissen, auch in der Bundesanwaltschaft 1953 knapp 83 % der Juristen eine solche Vergangenheit hatten.

Parteimitglied = Nazi?

Es war wohl selbst solchen Beamten, die innerlich dem Regime fern standen, kaum möglich, sich dem Wunsch der Vorgesetzten zu entziehen, wenigstens durch die Mitgliedschaft in der Partei nach außen Loyalität, wenn nicht gar Unterwürfigkeit zu beweisen. Ich kann dazu ein Beispiel aus meiner eigenen Familie berichten. Einer meiner beiden Großväter war Beamter im gehobenen Justizdienst, genauer gesagt, Justizinspektor. Er war ein sehr frommer Katholik. Deswegen war es für ihn natürlich selbstverständlich, daß seine Kinder katholisch erzogen wurden und die vorgeschriebenen Sakramente empfingen. So stand nun eine seiner Töchter zur Erstkommunion an. Dies wurde in seinem Amtsgericht auch bekannt und kam damit dem zuständigen Parteifunktionär zu Ohren. Dieser bestellte nun meinen Großvater ein und erklärte ihm, in „seiner“ Behörde komme es keinesfalls infrage, daß die Kinder von Justizbeamten kirchlich erzogen und etwa zur Erstkommunion geschickt würden. Und überhaupt, er entnehme der Personalakte meines Großvaters, daß er nicht in der Partei sei! Mein Großvater war nicht nur fromm, sondern auch stur. Es muß wohl eine heftige Debatte zwischen den beiden Herren gewesen sein, an deren Ende ein Kompromiss stand. Das Kind ging zur Erstkommunion, mein Großvater trat in die Partei ein. Daß ihm dies nach dem Kriege trotz der Umstände des Parteieintritts erheblich schadete und das abrupte Ende seiner Karriere bedeutete, steht auf einem anderen Blatt. Wie die hier besprochenen Studien zeigen, hatten viele andere Beamte mehr Glück.

Es ist wohl davon auszugehen, daß viele Beamte damals aus ähnlichen Gründen, mindestens aber mit Blick auf ihre Karriere und den Unterhalt ihrer Familie es für zweckmäßig und geboten gehalten haben, nun eben in die Partei einzutreten. Wie die Zahlen aus dem Justizministerium wie auch aus der Bundesanwaltschaft zeigen, gab es deswegen nach dem Krieg kaum „unbelastete“, richtig: zuvor nicht der NSDAP angehörige Beamte. Berühmt geworden ist die Antwort Konrad Adenauers 1955 anlässlich des Aufbaus der Bundeswehr auf die Frage: „Werden die Generale Adolf Hitlers auch die Generale Konrad Adenauers sein?“ Der Bundeskanzler, selbst bekanntlich vom NS-Regime verfolgt, antwortete schlagfertig: „Ich glaube, daß mir die NATO 18-jährige Generale nicht abnehmen wird.“

Es gab eben solche und solche – wen wundert’s

Natürlich konnte es nicht ausbleiben, daß auch der ein oder andere wirkliche Nationalsozialist weiterbeschäftigt wurde, wie etwa der seinerzeitige Bundesanwalt Fränkel. Als man herausgefunden hatte, daß dieser Beamte nicht nur formal Mitglied der NSDAP war, sondern aktiv und aus eigenem Antrieb, man kann es kaum anders sagen, Justizmorde als wissenschaftlicher Miitarbeiter des Oberreichsanwalts initiiert hatte, wurde er auch umgehend aus seinem Amt entfernt. Solche Leute indessen waren wohl untypisch. Repräsentativ für die Haltung der allermeisten Juristen kann die Person des späteren Präsidenten des Bundesgerichtshofs, Hermann Weinkauff, gesehen werden. Er war der typische Spitzenjurist, der natürlich auch schon in der NS-Zeit Karriere gemacht hatte und Richter am Reichsgericht geworden war. Nach dem Kriege war er zunächst Präsident des Landgerichts Bamberg, dann des Oberlandesgerichts Bamberg und von 1950-1960 Präsident des Bundesgerichtshofs. Wer ihn für einen in der Wolle gefärbten Nazi hält, der es geschafft hatte, sich in die Nachkriegsjustiz einzuschleichen, der lese zunächst einmal die nachstehend zitierten Sätze aus dem Urteil der Strafkammer des Landgerichts Bamberg vom 26.11.1946, die unter seinem Vorsitz sieben Teilnehmer des Pogroms vom 09.11.1938, bei dem die Bamberger Synagoge in Flammen aufgegangen war, zu mehrjährigen Freiheitsstrafen, vorwiegend Zuchthausstrafen, verurteilt hat:

„Die Schwere und die Verworfenheit der begangenen Straftaten sprechen für sich selbst. Das organisierte Niederbrennen, Zerstören, Berauben und Schänden von Gotteshäusern, vor dem auch der Roheste unwillkürlich zurückschreckt, das unmenschliche Mißhandeln und das schimpfliche Erniedrigen wehrloser und schuldloser Menschen, vor dem einen Jeden schon die einfachste Selbstachtung zurückhält, dieses alles angeordnet zur Entfaltung eines aus politischen Gründen gewollten Gesamthasses und ausgeführt mit schimpflichem Gehorsam oder ebenso schimpflicher Wut, das bewußte Mißbrauchen einer Einzeltat, die ihrer Strafe entgegensah, zur Auslösung einer wilden, alle Schranken überschreitenden Gesamtrache an Unschuldigen, die ihrerseits wieder bewußt als eine Etappe auf dem Wege zur Vernichtung eines ganzen Bevölkerungsteiles gedacht war, und die hemmungslose Hingabe an eine so schmachvolle Aktion, dies alles zeigt eine solche Entartung an und bedeutet eine so schwere und elementare Verletzung des Rechtes, daß diese Taten nur mit schweren Strafen gesühnt werden können. Die Handlungen wiegen umso schwerer, als sie von der sogenannten staatstragenden Bewegung ausgingen, der alle Macht im Staate gehörte und der darum auch die gesamte Verantwortung hätte zukommen müssen, und als sie sich gegen eine Menschengruppe richten, die damals schon allzu sehr verfolgt und mißhandelt und die wahrhaft wehrlos war. Daher rührt das Schimpfliche und Niedrige dieser Straftaten, die nicht nur Schrecken, sondern vor allem auch Scham erregen. Die Schändung, die die Täter ihren unglücklichen Opfern zudachten, hat sich auf sie selbst und, was schlimmer ist, auf das ganze Deutsche Volk zurückgewandt. Daran kann bei der strafrechtlichen Würdigung so wenig vorbeigegangen werden, wie an der unheilvollen geschichtlichen Bedeutung dieser Taten, die ein Markstein waren auf dem Wege in Rechtlosigkeit, Gewalt, Greuel und Untergang.“

„Tut nichts, der Jude wird verbrannt!“ Nathan der Weise wird immer Nachfolger finden

Gleichwohl wurde auch Hermann Weinkauff nach Übernahme der Deutungshoheit über die deutsche Geschichte durch die achtundsechziger Generation als Repräsentant einer personellen Kontinuität, ja Identität in „Drittem Reich“ und Bundesrepublik Deutschland diffamiert. Und man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, daß auch heute die nun vollständig durch die Achtundsechziger geprägte politische Klasse unseres Landes an dem Narrativ von den NS-affinen Deutschen jener Jahre arbeitet, wie es im Titel des unsäglichen Buches von Daniel Jonah Goldhagen plakativ zum Ausdruck kommt: „Hitlers willige Vollstrecker“. Dieses Narrativ dient natürlich dazu, die Deutungshoheit über die Geschichte, aber auch die daraus folgende Gestaltungshoheit der Gegenwart allein in den Händen jener linksgrünen Eiferer zu belassen, die Politik, Medien und Universitäten beherrschen.

Die Besonnenen unter uns, die den Wagen auf seiner abschüssigen Fahrt aufhalten und umlenken wollen, werden nicht umhin kommen, sich erst einmal kundig zu machen, wenn sie mit derartigen offiziösen Produkten moderner Geschichtsdarstellung und Interpretation konfrontiert werden. Nur das solide Wissen um die Fakten versetzt in die Lage, der auf Halbwahrheiten gegründeten organisierten Volksverdummung entgegenzutreten und die unwissenden Mitbürger aufzuklären. Wie auch sonst, haben auch hier die Götter vor den Erfolg den Schweiß gesetzt.



Die Scheindemokraten

Es war zu erwarten. In der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages wurde sein Präsidium gewählt, allerdings unvollständig. Nach parlamentarischem Brauch steht jeder Fraktion ein Sitz im Präsidium des Parlaments zu, traditionell der stärksten Fraktion das Amt des Präsidenten, den übrigen Fraktionen jeweils das Amt eines Vizepräsidenten. So wurde auch gewählt. Mit einer Ausnahme. Die Fraktion der AfD konnte ihren Kandidaten nicht durchbringen. Die Mehrheit des Parlaments stimmte gegen ihn. Mit seiner Person kann das nichts zu tun haben. Ein lebenserfahrener Hochschullehrer, ein früherer Vizepräsident des thüringischen Landtages. Beides Qualifikationen, über die im gewählten Präsidium ersichtlich niemand verfügt.

Tatsächlich gab es keinen sachlichen Grund, diesen Kandidaten nicht zu wählen. Daß gleichwohl nur wenige Abgeordnete aus anderen Fraktionen ihm ihre Stimme gegeben haben, liegt ersichtlich ausschließlich daran, daß seine Partei in den Augen der anderen Parteien und des journalistischen Mainstreams als Paria gilt, und das ist noch zurückhaltend ausgedrückt. In der Debatte vor der Abstimmung entblödete sich ein Abgeordneter ausgerechnet jener Partei, die nicht nur rechtsidentisch mit der kommunistischen SED ist, sondern in ihren Reihen Kommunisten aller Schattierungen duldet, die sogar offizielle Arbeitsgemeinschaften dort bilden, unter anderem mit dem bezeichnenden Namen Kommunistische Plattform, entblödete sich also jener famose Parlamentarier nicht, die AfD als in der Tradition der Nazis stehend zu beschimpfen, im Rechtssinne genau genommen zu verleumden. Indessen ist es für den politischen Mainstream in diesem Lande kein Problem, wenn jemand die Menschheitsverbrecher Lenin und Stalin anhimmelt. Ein Riesenproblem ist es jedoch, wenn jemand abweichend vom Mainstream patriotische, konservative Positionen vertritt. Diese werden dann schlankweg als menschenfeindlich, Nazi-Propaganda und ähnlicher Müll rhetorisch entsorgt.

Solange der politische Mainstream dieses Landes auf diesem erbärmlichen intellektuellen Niveau dahinvegetiert, wird eine wirklich demokratische Kultur in diesem Lande leider nur zu erhoffen sein. Die Hoffnung besteht darin, daß die Mehrheit der sprichwörtlichen Menschen da draußen, wie sich unsere schon in diesem Sprachgebrauch ihre Abgehobenheit manifestierenden Politiker sich auszudrücken belieben, mit der Zeit schlicht und einfach die Verlogenheit dieser Kaste von Berufspolitikern mit durchgängig allenfalls mittelmäßiger intellektueller Ausstattung erkennen und sich fragen, wo denn nun endlich der Beweis für derartige Anschuldigungen ist. Diese Frage wird unbeantwortet bleiben, denn der Beweis kann mangels Vorliegen dieser Tatsachen nicht geführt werden.

Der Thüringer Landtag hatte seinerzeit eben jenen Michael Kaufmann mit den Stimmen aller Parteien, auch des der Linken angehörenden Bodo Ramelow gewählt. Eben weil es guter parlamentarischer Brauch ist, jeder Fraktion einen Sitz im Parlamentspräsidium zuzubilligen. Vor diesen Politikern habe ich Achtung, vor der Mehrheit der Abgeordneten des aktuellen Deutschen Bundestages ebenso wie seines Vorgängers habe ich diese nicht. Bei den Abgeordneten des Thüringischen Landtages handelt es sich eben um wirkliche Demokraten, bei den Abgeordneten des Deutschen Bundestages seit 2017 indessen mehrheitlich um Scheindemokraten.

Dem Paria der deutschen Politik indessen kann man nur empfehlen, sich nicht in den Schmollwinkel zurückzuziehen und sein Heil in purer Obstruktion, Organisation außerparlamentarischer Bewegungen und ähnlichem Schmonzes zu suchen. Der große Max Weber sagte seinerzeit zutreffend, Politik sei nun einmal das beharrliche Bohren dicker Bretter. Nur dieser Weg ist in einer parlamentarischen Demokratie gangbar. Nur  wer diesen Weg geht, vermeidet es mit dem Recht zu kollidieren. Gerade eine Partei, die sich als Rechtsstaatspartei bezeichnet, zu Recht im übrigen, kann sich nicht anders verhalten. Wer ihr anderes empfiehlt, empfiehlt ihr den Weg in den eigenen Untergang.


Strafe oder Rache

Vor dem Landgericht Neuruppin muß sich zur Zeit 100-jähriger ehemaliger KZ-Wachmann dafür verantworten, daß er im seinerzeitigen Konzentrationslager Sachsenhausen eben den Dienst des Wachmannes versehen hat. Aus der Sicht der Staatsanwaltschaft ist das Beihilfe zum Mord in 3518 Fällen. Zwischen Januar 1942 und Februar 1945 sei der Angeklagte wissentlich und willentlich an der Ermordung von Häftlingen in dem rund 20 km nördlich von Berlin gelegenen Lager beteiligt gewesen. Zwar habe er sich selbst nicht direkt an Tötungshandlungen beteiligt, jedoch könne seine Tätigkeit als Wachmann nicht hinweggedacht werden, ohne daß der Betrieb des Konzentrationslagers und die Tötung von Häftlingen dort möglich gewesen seien. „Durch gewissenhafte Ausübung des Wachdienstes, die sich nahtlos in das Tötungssystem einfügte“ habe Josef S. Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord geleistet. Soweit in Kürze der Sachverhalt, der nun vor diesem Landgericht verhandelt wird.

Der Fall wirft Fragen auf. Um einschlägigen Missverständnissen, seien sie gewollt oder ungewollt, schon an dieser Stelle entgegenzutreten: zweifellos handelt es sich bei den Verbrechen, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet haben soll, um monströse Verbrechen. Zweifellos ist der Charakter des NS-Regimes als verbrecherisch mit Überschneidungen zum Wahnsinn zu bewerten. Zweifellos ist jeder, der diesem System und einzelnen seiner Untaten wissentlich und willentlich Vorschub geleistet hat, ein Verbrecher. Indessen kann man in einem Fall wie dem vorliegenden bei dieser einfachen Feststellung nicht stehen bleiben.

Die Diktatur und ihre Helfer, Helfershelfer, Mitläufer und auch ihre bloß Unterworfenen

Natürlich war das NS-System wie alle Diktaturen nur möglich, weil seine Vordenker, der Diktator selbst allen voran, sich auf eine große Zahl von Helfern stützen konnten. Indessen ist bei diesen Helfern zu unterscheiden zwischen denen, die sich die Ideologie des Systems zu eigen gemacht hatten, und denen, die zwar objektiv zum Gelingen beigetragen, dies subjektiv jedoch entweder gleichgültig, oder gar nur unter dem Zwang der Umstände getan hatten. Im Sinne einer strengen Kausalität, die jede Teilbedingung eines Geschehensablaufs als gleichwertige Ursache des Erfolges ansieht, müßte man ja sogar die Tätigkeit der Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft und in den Rüstungsbetrieben als mitursächlich für das Funktionieren des NS-Staates betrachten. Ihnen indessen eine Mitschuld am Funktionieren des Systems zuzuerkennen, wäre ganz offensichtlich absurd.

Vom Rad zum Rädchen

Die Rechtsauffassung der Justiz in Deutschland in dieser Frage hat sich bekanntlich mit der Entscheidung des Landgerichts München II vom 12.05.2011 in der Sache John Demjanjuk fundamental geändert. Auch Demjanjuk war als Wachmann in einer sehr untergeordneten Funktion in einem Vernichtungslager tätig. An den Vernichtungsmaßnahmen selbst hatte er nicht mitgewirkt. Gleichwohl kam das Landgericht seinerzeit zu einer Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord, weil eben auch eine so untergeordnete Tätigkeit wie die eines Wachmannes für das Funktionieren des Systems insgesamt mitursächlich gewesen sei. Der Bundesgerichtshof hat das später bestätigt. In der Zwischenzeit hat es eine Reihe von ähnlichen Verfahren vor den deutschen Gerichten gegeben. Soweit die hochbetagten Angeklagten nicht während des Verfahrens verstorben sind, wurden sie auch regelmäßig verurteilt, so etwa im Juli 2015 der damals 93-jährige Oskar Gröning, der von 1942-1945 als Buchhalter im Konzentrationslager Auschwitz gearbeitet hatte. Am 23.07.2020 verurteilte das Landgericht Hamburg den zur Tatzeit 18-jährigen Bruno D. wegen Beihilfe zum Mord in 5332 Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren. Er war Wachmann im KZ Stutthof.

Bis dahin waren die Juristen in Deutschland in ihrer übergroßen Mehrheit der Meinung, daß eine untergeordnete Tätigkeit wie die geschilderten den Vorwurf der Beihilfe zum Mord nicht begründen kann. So hat zum Beispiel die Staatsanwaltschaft Dortmund mit Verfügung vom 08.03.2007 das Ermittlungsverfahren wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord gegen zwei ehemalige Angehörige der 12. Kompanie des Gebirgsjägerregiments 98 wegen der Erschießung von Kriegsgefangenen eingestellt und zur Begründung unter anderem ausgeführt: „Abgesehen davon, daß beide ehemaligen Wehrmachtsangehörigen die Tötung nicht selbst oder durch einen anderen begingen, ist nicht zu belegen daß sie – wie auch die nicht bekannten Schützen – ein irgendwie geartetes eigenes Interesse an der Erschießung hatten. Als am unteren Ende in der Militärhierarchie stehende Mannschaftssoldaten und Befehlsempfänger hatten sie auch keine Tatherrschaft, nicht einmal einen eigenen Spielraum bei der Ausführung des Tötungsbefehls. Ein täterschaftliches Handeln ist somit nicht zu bejahen. Darüber hinaus fehlt es auch an einer nachweisbaren vorsätzlichen Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB. Der Wille, die Handlung der befehlsgebenden Täter zu fördern und damit zur Tatbestandsverwirklichung beizutragen, ist nicht zu beweisen. Beide Soldaten haben sich nicht erst nach der Leistung ihrer Tatbeiträge – allenfalls psychische Beihilfe durch bloße Anwesenheit – bewußt von der Haupttat distanziert. Zudem hätten sie sich einem rechtswidrigen Befehl nicht entziehen können, und zur Tatbestandsverwirklichung beitragen müssen. Zumindest aber wäre ihre Schuld ausgeschlossen, weil sie einen zwar rechtswidrigen, aber dennoch verbindlichen Befehl ausgeführt hätten.“ Natürlich könnte man auch in diesem Falle argumentieren, daß die Anwesenheit der beiden Beschuldigten im Sinne einer gleichwertigen Kausalität zumindest geeignet war, eventuelle Fluchtversuche der zur Erschießung vorgesehenen Kriegsgefangenen zu verhindern. Aber hätte ihre Nichtanwesenheit etwas geändert?

Notwendiger oder austauschbarer Helfer?

Indessen gilt für diese beiden Soldaten das gleiche wie für einfache Wachleute, Arbeiterinnen in der Wäscherei oder Schreibkräfte von Kommandanten in den Konzentrationslagern, daß sie so austauschbar waren wie ihre Gewehre oder Arbeitsgerätschaften. Die Abwesenheit etwa eines geflohenen oder desertierten Wachmannes hätte nichts am Funktionieren der Tötungsmaschinerie geändert. Er wäre unverzüglich ersetzt worden. Diese Überlegungen lagen wohl auch dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zu Grunde, daß am Ende des ersten großen Auschwitz-Prozesses der Lagerzahnarzt vom Vorwurf der Beihilfe zum Massenmord freigesprochen wurde. Eine Tätigkeit bei der Selektion der Opfer an der sogenannten Rampe konnte ihm nicht nachgewiesen werden, die Tätigkeit als Lagerzahnarzt indessen wurde nicht als Beihilfe zum Massenmord gewertet, denn damit wurde nicht unmittelbar ein Beitrag zum Mordgeschehen erbracht. Der Bundesgerichtshof hatte seinerzeit das Urteil auch bestätigt. Somit ist hier bei der Frage der Kausalität anzusetzen. War die Tätigkeit des angeklagten 100-jährigen tatsächlich conditio sine qua non für das Funktionieren der Organisation dieses Konzentrationslagers? Als Jurist verneine ich diese Frage. Damit fällt aber die neuere Rechtsprechung zur Strafbarkeit solcher „kleinen Rädchen“ im Getriebe der Mordmaschinerie in sich zusammen. Wenn es schon an der objektiven Ursächlichkeit der Tätigkeit des Angeklagten für den Tod der 3518 Häftlinge im KZ Sachsenhausen fehlt, dann ist die subjektive Tatseite, also die Frage, ob der Angeklagte wissentlich und willentlich den Massenmord gefördert hat, den seine Vorgesetzten befohlen hatten, erst gar nicht zu prüfen.

Macht Freiwilligkeit stets schuldig?

Die weitere Frage, ob der Angeklagte schon mit seinem Eintritt in die SS bewußt deren Mordauftrag unterstützt hat, wäre an sich nach den obigen Darlegungen ebenfalls nicht mehr zu prüfen. Doch selbst, wenn es darauf ankäme: was hat eigentlich junge Leute von seinerzeit um die 20 Jahre dazu bewogen, sich ausgerechnet diesen Arbeitgeber auszusuchen? Gab es denn nicht genug andere Möglichkeiten, sein Brot anständig zu verdienen? Die Frage scheint aus heutiger Sicht durchaus verständlich. Ein Blick in die damalige Zeit indessen läßt Zweifel aufkommen. Es ist allgemein bekannt, daß infolge der Weltwirtschaftskrise 1929, aber auch schon der wirtschaftlichen Verwerfungen in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, die Arbeitslosigkeit in Deutschland ein ungewöhnlich hohes Ausmaß angenommen hatte. So lag die Arbeitslosenquote in Deutschland 1932, dem letzten Jahr vor der sogenannten Machtergreifung Adolf Hitlers, bei 30,8 %, also etwa 16,8 % der Gesamtbevölkerung. Anders gewendet, auf rund 12 Millionen Erwerbstätige kamen rund 6 Millionen Arbeitslose. Es herrschte eben bittere Not. Bezeichnend sind nicht nur Lebensläufe wie etwa des Ukrainers John Demjanjuk, der ersichtlich aus allereinfachsten Verhältnissen kam und sich glücklich schätzen konnte, überhaupt eine Arbeit zu finden. Richard Drexl hat soeben das Buch einer Autorin besprochen, die den Lebenslauf ihres Vaters schildert. Dieser Mann fand eben nach Ableistung des Wehrdienstes im Alter von 30 Jahren endlich eine Anstellung bei der SS. Ähnlich dürfte es vielen jungen Männern gegangen sein. Der zügige Abbau der Arbeitslosigkeit durch die Nationalsozialisten war ja nicht etwa die Folge einer prosperierenden Wirtschaft, sondern der Eingliederung großer Teile der jungen Männer in Wehrmacht, SS und andere staatliche oder staatsnahe Organisationen. Kann man ihnen wirklich vorwerfen, jede, auch eine solche Arbeitsstelle angenommen zu haben? „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“

Warum muß Strafe sein?

Die aktuelle Rechtsprechung der deutschen Gerichte führt aber auch zur Frage nach dem Sinn der Strafe. Diese Frage hat die europäischen Denker von Alters her umgetrieben. Denn die Fragen von Schuld und Sühne, Verantwortlichkeit und einstehen müssen sind Grundfragen der menschlichen Existenz und des Lebens in der menschlichen Gesellschaft. So lesen wir bei Platon, Protagoras, 324: „Denn wenn du dir klar machst, Sokrates, was es eigentlich bedeutet, wenn man die, welche Unrecht tun, bestraft, so ergibt sich für dich doch gerade daraus die Lehre, daß die Menschen der Ansicht sind, man könne die menschliche Tüchtigkeit erwerben. Denn niemand züchtigt den Übeltäter in dem Gedanken und nur deshalb, weil er Unrecht getan hat, es sei denn, daß man unvernünftig wie ein Tier einfach Rache übt. Wer aber mit Vernunft züchtigen will, der straft nicht des begangenen Unrechts wegen (denn das Getane kann er ja doch nicht ungeschehen machen), sondern um des zukünftigen willen, damit dieser selbe Mensch nicht wiederum Unrecht tut und auch ein anderer nicht, nachdem er nämlich gesehen hat, wie dieser bestraft wurde. Wer eine solche Überlegung macht, denkt wohl auch, daß die Tüchtigkeit anerzogen werden kann; denn er straft zum Zweck der Abschreckung. Dieser Meinung sind alle, die Strafe verhängen, sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Leben.“ Dieser Gedanke ist in der Folgezeit von vielen Philosophen und Juristen aufgegriffen worden, so etwa von Seneca, Dialogorum liber 111, Ad Novatum, De ira, lib.1, 97: „Denn, wie Plato sagte, kein kluger Mensch straft, weil gesündigt worden ist, sondern damit nicht mehr gesündigt werde; Vergangenes kann nämlich nicht widerrufen werden, Künftiges jedoch verhindert werden.“ Thomas von Aquin führ das in seiner Summa Theologica fort und erklärt daß Strafen im gegenwärtigen Leben eher Arzneien als Vergeltung sind. Denn die Vergeltung sei dem göttlichen Urteil vorbehalten. Die Reihe ließe sich fortsetzen.

Welchem Zweck dient ein Starfverfahren?

Zur Rechtfertigung der neueren Rechtsprechung wird gerne von Juristen, Journalisten und Opfern jener Straftaten vorgebracht, daß nun endlich auch die Opfer gehört würden und die Dinge aufgearbeitet werden könnten. Indessen wird ein Strafverfahren grundsätzlich wegen der Tat und des dieser Tat angeklagten Menschen geführt, nicht um den Opfern der Tat Genugtuung zu geben oder sie anzuhören. Die Aufarbeitung jener schrecklichen Ereignisse wird ohnehin in Zukunft allein den Historikern zugewiesen sein. Es ist nicht ersichtlich, warum dieser Gesichtspunkt nicht auch jetzt schon gelten soll, wo in der Tat der ein oder andere auf Täterseite beteiligte, um es neutral auszudrücken, noch lebt. Ohnehin muß das Ergebnis eines Strafverfahrens schon aus prozessualen Gründen nicht unbedingt die historische Wahrheit widerspiegeln, wenn auch die juristische Untersuchung eines Sachverhalts vor Gericht außerordentlich gründlich erfolgt.

Ob der Regelung in § 24 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes, wonach Eintragungen, die eine über 90 Jahre alte Person betreffen, aus dem Register zu entfernen sind, auf rechtsphilosophischen Erwägungen zur Vergänglichkeit von Schuld beruht, oder einfach der praktischen Überlegung folgt, daß eine solche Information für niemanden mehr von Interesse ist, will ich einmal dahinstehen lassen. Aber vielleicht wird nun ein vom Zeitgeist durchdrungener Justizminister dieser Vorschrift noch einen Halbsatz anfügen lassen, wonach dies für NS-Verbrechen nicht gilt.