Es ist im Leben der Menschen so, wie in der Natur. Ein Gewitter reinigt die Luft, sie wird klar und gibt den Blick frei auf Dinge, die man zuvor durch den Nebel nicht gesehen hat. Ein Schulbeispiel dafür erleben wir derzeit bei der politischen Aufarbeitung, oder soll man besser sagen: der Instrumentalisierung des tragischen Mordfalles Lübcke. Politik und Medien haben nicht gezögert, den aus richterlicher Sicht wohl vorliegenden dringenden Tatverdacht gegen einen Mann aus der rechtsextremen Szene zum Anlaß zu nehmen, die demokratische Rechte der Mitschuld an der Mordtat zu bezichtigen. Aus den Reihen der AfD, aber auch der Werte Union sei gewaltauslösende Hetzrede gekommen. Man versteigt sich sogar dazu, diesen Teilnehmern am politischen Diskurs die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG entziehen zu wollen.
Das treibt bizarre Sumpfblüten. Prof. Max Otte, langjähriges Mitglied der CDU und auch der vor nicht allzulanger Zeit gegründeten Werte Union, nahm das vorgestern, am 17.06.2019, zum Anlaß auf Twitter mitzuteilen: „Lübcke – endlich hat der Mainstream eine neue NSU-Affäre und kann hetzen. Es sieht alles so aus, daß der Mörder ein minderbemittelter Einzeltäter war, aber die Medien hetzen jetzt schon gegen die „rechte Szene“ was immer das ist. Rechtsextremismus.“ (Diesen komischen # der Twitterei lasse ich weg.)
Damit hat er recht exakt beschrieben, was in Politik und Medien geschieht. Geradezu notgeil stürzt man sich auf die vermeintlich wunderbare Gelegenheit, „endlich“ den Ursachenzusammenhang von konservativer, rechter Politik und gewaltbereitem Rechtsextremismus „beweisen“ zu können. Gleichwohl sah er sich veranlaßt, aufgrund allenthalben geäußerter Aufregung vorgestern diesen Text zu löschen und zu erläutern: „Aufgrund der vielen Reaktionen möchte ich klarstellen: ich entschuldige mich, wenn ich im Mordfall Lübcke Gefühle verletzt habe und spreche der Familie mein tief empfundenes Beileid aus.“
Nun können beide Äußerungen ohne weiteres nebeneinanderstehen, ohne sich zu widersprechen. Die zutreffende Analyse des Verhaltens der meisten Medien und das Beileid für die Familie des Opfers sind zwei ganz verschiedene Dinge, vor allem schließt, wie gesagt, das eine das andere nicht aus.
Interessant ist allerdings die Reaktion des Vorsitzenden der Werte Union, Alexander Miksch. Er distanziert sich in aller Schärfe von Otte und erklärt, „Solche Gedanken schockieren uns“. Unter den Mitgliedern hätten Ottes Äußerungen eine „Welle des Entsetzens“ ausgelöst. Naja, mit kleinerer Münze wird in der Politik nun einmal nicht bezahlt. Doch ist diese Reaktion ebenso wie der Ruf nach dem Parteiausschluß des dezidiert konservativen, unabhängigen Professors symptomatisch für den Zustand der Union. Sie ist unter der Führung Angela Merkels weit nach links abgedriftet, was die Werte Union beklagt und zu ändern wünscht. Die Konsequenz, die Union zu verlassen, weil sie sich von den eigenen Positionen weit entfernt hat, will man nicht ziehen, wie dies viele andere getan haben, die dann zum Teil zur AfD abgewandert sind, an ihrer Spitze Alexander Gauland und Jörg Meuthen. Man hängt der Illusion an, die Union doch noch von innen heraus ändern und zurück auf den rechten Weg führen zu können. Die Unionsparteien zeigen den wackeren Kämpen von der Werte Union jedoch die kalte Schulter. Sie werden nicht einmal als Arbeitsgemeinschaft innerhalb der Union anerkannt.
Es drängt sich das Bild von dem verschmähten Liebhaber auf, der unter dem Fenster der Angebeteten schmachtende Lieder singt. Sie aber weist ihn brüsk zurück, denn sie macht schon längst einem anderen schöne Augen. Dieser andere kommt grün gewandet daher, erzählt auch den Leuten, er sei Robin Hood, will sie jedoch in Wahrheit in eine autoritär regierte andere Republik führen, wo die richtige Lebensweise von den grünen Besitzern der Wahrheit vorgeschrieben wird.
Die Luft ist nun eigentlich klar genug, als daß jeder diese Bewegungen im Gelände erkennen kann. Doch die Menschen neigen dazu, Illusionen anzuhängen. Denn das Leben ist doch so, wie man es sich wünscht, sehr viel schöner, als es in Wirklichkeit ist. Und so wird Herr Miksch auch weiterhin unter dem Fenster der angebeteten Angela sitzen und schmachtende Lieder singen. Davon wird er sich auch nicht abhalten lassen, wenn sie hin und wieder einen ihrer Lakaien herunter schickt um ihm ausrichten zu lassen, er möge sich sonstwohin verfügen. Erst der Mann im Robin Hood Kostüm wird ihn endgültig verjagen. Aus seinen Träumen und aus dem Deutschland, das wir jetzt noch kennen.