Staatsanwälte sind arm dran. Wenn andere Fasching feiern, sich über Büttenreden und mehr oder weniger lustige Motivwagen in Karnevalsumzügen amüsieren, müssen sie schon mal völlig humorlos prüfen, ob da nicht über Verbotenes gelacht wird. So zum Beispiel über einen Weltkrieg II Panzer aus Pappmaschee mit der unsinnigen Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“, der im Faschingszug des Dörfchens Steinkirchen in der Hallertau mitrollte. Volksverhetzung! schallt es da politisch korrekt aus den meisten medialen Lautsprechern. Strafanzeigen flattern den Staatsanwälten auf den Tisch. Üble Hetze gegen Flüchtlinge, die Aufforderung, Asylanten zusammenzuschießen und was noch mehr in diesen Beitrag der Karnevalisten aus der Provinz hinein interpretiert wird.
Die Staatsanwälte werden sich natürlich mit § 130 StGB befassen müssen. Diese Strafvorschrift hat natürlich das im Visier, was in ihrer Überschrift steht, die Volksverhetzung. Allerdings setzt das voraus, daß in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung usw. zum Haß aufgestachelt und zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen aufgefordert wird, oder das ganze die Menschenwürde der genannten Gruppen in den Dreck zieht. Nach ganz allgemeiner Auffassung der Juristen hat die Vorschrift, wie schon ihr erster Satz zeigt, die Wahrung des öffentlichen Friedens als Schutzgut. D.h., Geschmacklosigkeiten, dummes Gerede etc. fallen durch den Rost. Um den öffentlichen Frieden zu gefährden, muß viel mehr passieren. Vor allem aber ist natürlich auch ein Strafgesetz im Lichte der Verfassung auszulegen, die nun einmal die Meinungsfreiheit schützt. Und hier sind wir bei der Satire. Was darf Satire? Die Antwort lautet mit Tucholsky: Alles! Wie war das noch mit den Mohammed- Karikaturen? Und wie war das eigentlich mit Charlie Hebdo? Betrachtet man gerade die Karikaturen dieses französischen Satiremagazins, dann fällt einem gerade als Jurist doch hin und wieder § 130 oder 166 (Beschimpfung von Religionsgemeinschaften) StGB ein. Indessen wird weder in Frankreich noch in Deutschland ein Staatsanwalt mit einer Ausgabe dieses Satiremagazins in der Hand eine Ermittlungsakte gegen seine Redakteure anlegen lassen.
Man kann vielleicht noch fragen, ob Satire ein bestimmtes Maß an intellektueller Qualität haben muß. Das ist eine gefährliche Frage. Da kommen wir ins Geschmäcklerische. Man muß auch, das mag jetzt arrogant klingen, auch den einfachen Leuten ihrer Art von Satire lassen. Bös gemeint war es sicher nicht.
Mein Rat: keine Aufregung! Laßt die Gouvernanten Gouvernanten sein und gönnt den Staatsanwälten ihre Freizeit!