…hat sich wohl auch der bayerische Oppositionsführer Markus Rinderspacher gedacht. Markus Rinderspacher, das ist dieser SPD-Politiker mit dem verlegenen Dauerlächeln, das aus dem Bewußtsein der Überforderung mit der Aufgabe herrührt, der Opposition im Parlament des einzigen einigermaßen gut funktionierenden deutschen Bundeslandes ein Gesicht zu geben. „Mit Musik geht alles besser“ ist natürlich politisch unkorrekt, denn das ist ein populärer Schlager von 1943 aus der Durchhaltereihe von Joseph Goebbels. „Mit Musik geht alles besser“, möglicherweise auch die Bildung des richtigen politischen Bewußtseins. Und da hapert es ja vor allem in Bayern. Es will den Leuten offenbar nicht so recht in den Kopf, daß sie ihr Glück künftig nur finden werden, wenn die Nationalstaaten im europäischen Bundesstaat aufgehen, und das ganze mit einer kräftigen Dosis Multikulti gewürzt wird. Sie kennen nun mal keinen, der „europäisch“ lesen und schreiben kann, und finden die Sitten und Gebräuche überall in Europa doch sehr verschieden. Und die meisten können auch mit islamischen Kleidungs- und Speisevorschriften gar nichts anfangen. Und überhaupt, die Bayern. Die sagen mehr oder weniger offen: „Mia san mia“, mit Unterschieden im Dialekt, versteht sich. Am besten, so das linksgrüne Credo unserer Zeit, wird das kulturell homogene deutsche Volk aufgebrochen und zu einem Konglomerat unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturkreise, selbstverständlich mit einem ordentlichen Schuß Afrika und vorderer Orient, umgeformt. Das unsägliche Arbeitspapier der sogenannten Integrationsbeauftragten der Bundesregierung – selbstverständlich einer Parteifreundin des Herrn Rinderspacher – habe ich kürzlich hier kommentiert.
Und deswegen kam er wohl auf die Idee, der Bayernhymne eine dritte Strophe anzufügen, in der diese strahlende Zukunft der Bayern besungen wird. Das ganze ist natürlich Produkt eines Schülerwettbewerbs, den die bayerische Staatsregierung, man glaubt es kaum, initiiert haben soll. Das löst erhebliche Bedenken dahingehend aus, was alles derzeit in bayerischen Schulen wohl so getrieben wird, ohne daß die Eltern der armen Kinder davon wissen. Also zitieren wir einmal diese Hervorbringung, die das Wohlgefallen des bayerischen Oppositionsführers gefunden hat:
„Gott mit uns und allen Völkern, ganz in Einheit tun wir kund: in der Vielfalt liegt die Zukunft, in Europas Staatenbund. Freie Menschen, freies Leben, gleiches Recht für Mann und Frau! Goldne Sterne, blaue Fahne und der Himmel weiß und blau.“
Irgendwie haben wohl grammatisch die Gender-Sternchen nicht so ganz hineingepaßt. Doch die Richtung stimmt, weswegen Rinderspacher begeistert erklärt: „Der unselige Nationalismus ist überall in Europa auf dem Vormarsch. Da ist ein Bekenntnis Bayerns zur europäischen Zusammenarbeit wichtig und notwendig.“ Besonders gefällt ihm die Zeile: „In der Vielfalt liegt die Zukunft.“ Zukunft, da war doch mal was? Richtig: „…und der Zukunft zugewandt“ hieß es doch in der DDR-Hymne. Die Zukunft wurde dann doch ganz ordentlich, aber ganz anders als von Ulbricht erdacht. Egal, wenn die Leute das oft genug singen, dann glauben sie es irgendwann, nicht war? Mit Musik geht alles besser,lalala.
Wenn dieser Riesenpolitiker, so hätte ihn wohl Franz Josef Strauß genannt, sich einmal in der seriösen politikwissenschaftlichen Literatur zum Thema Nationalstaat kundig machen würde, dann könnte er natürlich zu Einsichten gelangen, die diesem ganzen Europagegaukel, Gendergeschwafel und Multikulti-Stuß den Boden entziehen. So zum Beispiel bei dem frühen Ralf Dahrendorf: „Der Nationalstaat ist das einzige Domizil der repräsentativen Demokratie, das bisher funktioniert hat. Nur er ist in der Lage, Strukturen der Kontrolle, der Rechenschaft und der effizienten Bürgerbeteiligung anzubieten, und zu sichern.“ Eine ganze Nummer größer in den Memoiren von Charles de Gaulle: „Welch tiefer Illusion muß man verfallen, um glauben zu können, europäische Nationen, deren jede ihre eigene Geographie, ihre Geschichte, ihre Sprache, ihre besondere Tradition und Institution hat, könnten ihr Eigenleben ablegen und nur noch ein einziges Volk bilden?“ Über „gender and diversity“ sollte man ohnehin nur reden, wenn auch ein Psychiater hinzugezogen wird.
Das erinnert sehr an die Posse, die unsere österreichischen Nachbarn vor einigen Jahren mit ihrer Bundeshymne aufgeführt haben. Natürlich hatten auch dort seit Jahrzehnten Feministinnen immer wieder Anläufe unternommen, den ihres Erachtens „chauvinistischen“ Text zu ändern, in dem die Frauen nicht genügend gewürdigt werden. Daß im übrigen eine Frau den Text vor Jahrzehnten geschrieben hat, half da nicht. Mit der historischen Bildung haben es moderne Politiker, pardon: „Politiker*innen“, nicht so. Und so hieß es in der Bundeshymne bis zum 31.12.2011: „Heimat bist du großer Söhne“, und seit dem Gesetz vom 27.12.2011 nun „Heimat großer Töchter und Söhne“, was wegen der zusätzlichen Textsilbe natürlich auch eine leichte „Abschrägung“ der Melodie bedingt. Mit dem Spott der halben Welt – der Rest der Welt hat das sicherlich nicht mitbekommen – müssen die Österreicher nun leben. Die Bayern werden wohl von diesem europäisch/multikulti/gendergerechten Zusatz zu ihrer Hymne verschont bleiben, denn die CSU hat schon ihr entschiedenes Veto angekündigt. Dabei könnte es wohl auch bleiben, denn innerhalb der bayerischen Grenzen sieht sie sich offenbar nicht unbedingt verpflichtet, jede Merkelei der SPD mit Gebetbuch, wie man die CDU wohl zutreffend auch bezeichnen könnte, mitzumachen. Aber so ganz kann man der Sache wohl doch nicht trauen, denn Herr Seehofer hat dazu natürlich die üblichen wolkigen Phrasen vom Stapel gelassen. „Man kann doch über alles mal nachdenken“, Sie wissen schon.
Sollte Herr Rinderspacher jedoch den Wunsch verspüren, auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden, dann könnte er vielleicht die Amerikaner, Briten oder Franzosen fragen, ob sie über derartige zeitgeistige Anpassungen ihrer Nationalhymnen nachdenken wollen. Das sollte er allerdings aus sicherer Entfernung tun. Denn für seine körperliche Unversehrtheit könnte sonst wohl nicht unbedingt garantiert werden. Absurdistan liegt nun einmal innerhalb der deutschen Grenzen.