Es gibt Diskussionen, die niemand braucht. Dazu gehört ganz sicher die neueste gesellschaftliche Modetorheit. Kein Tag vergeht, an dem nicht eine mehr oder weniger prominente Dame enthüllt (darf man im Zusammenhang mit Frauen eigentlich noch die Vokabel enthüllen benutzen?), daß auch sie von Männern sexistisch angegangen worden ist, mindestens in verbaler Form. Ein unverschämter Kerl habe sich anerkennend über ihre Frisur, ihre Urlaubsbräune, ihr elegantes Kostüm, das sie so gut kleide, ja sogar über ihre ansehnliche Figur geäußert. Die Posse um jene Berliner Staatssekretärin, die sich statt der Komplimente eines Kavaliers alter Schule offenbar lieber Lobhudeleien bezüglich ihrer politischen Bedeutung angehört hätte, ist ja nun an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten.
Auslöser der ganzen Hysterie war ja nun offensichtlich, daß endlich an den Tag gekommen ist, in welchem Ausmaß ein Filmproduzent seine wirtschaftliche Machtposition ausgenutzt hat, um sich Schauspielerinnen sexuell gefügig zu machen. In normalen Zeiten hätte man das allgemein lediglich mit dem Wunsch zur Kenntnis genommen, daß die Justiz diesen Herrn seiner gerechten Bestrafung zuführt. Heute indessen wird daraus ein Medienereignis gemacht, an dem auf der Bühne möglichst viele mitwirken wollen. Und so twittert täglich ein Dutzend Damen # me too. Wie in unserer völlig durchgeknallten Gesellschaft inzwischen üblich, wird dabei weit überzogen und das sprichwörtliche Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Dabei merken diese wackeren Streiterinnen für die Rechte der Frauen überhaupt nicht, daß sie sich auch widersprüchlich verhalten. Man kann nicht auf der einen Seite jedes klassische höfliche Kompliment zur sexistischen Zumutung erklären, auf der anderen Seite jedoch seine körperlichen Vorzüge mit sorgfältigem Make Up und möglichst eleganter Kleidung, durchaus gelegentlich auch freizügig, herausstreichen. Der Wunsch, schön zu sein, und das auch aller Welt zu zeigen, ist doch seit Menschengedenken den Frauen von frühester Jugend an eigen. Die Natur hat das auch so eingerichtet, und zwar ganz ersichtlich auch aus dem Grund, daß die Männer darauf so reagieren, wie das die Natur nun einmal vorsieht. Altmodisch, wie ich bin, finde ich das auch schön. Konventionell, wie ich bin, finde ich auch, daß sexuelle Belästigungen und Übergriffe konsequent und streng bestraft werden müssen. Und ich finde auch, daß das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Und ich denke auch, daß der natürliche Anstand jedenfalls die allermeisten Männer davon abhält, sich unangemessen oder sogar beleidigend gegenüber Frauen zu verhalten. Man weiß im Allgemeinen doch, was sich gehört und was nicht.
Wenn man allerdings diese Hysterie über den angeblich verbreiteten Sexismus in der Gesellschaft ernst nimmt, dann muß man ja auch über Abhilfe nachdenken. Weil man nun einmal Männer nicht mittels politisch korrekter Erziehung zu Eunuchen machen kann, bleibt doch nur noch übrig, sie auf anderem Wege daran zu hindern, sündhafte Gedanken überhaupt erst zu entwickeln. Die Objekte der Begierde müssen also verhüllt werden. Sollen sich doch die Holden in Burka oder Niqab hüllen. Dann laufen sie garantiert nicht mehr Gefahr, lüsterne Blicke ertragen zu müssen oder gar sexistische Sprüche anhören zu müssen wie: „Sie sehen heute aber wieder hinreißend aus!“ Nach dem nicht zu erwarten ist, daß unsere vom Machogehabe und Sexismus gequälten Damen zur Vollverschleierung greifen und die Modeindustrie komplett in die Insolvenz treiben werden, wird es wohl bei der virtuellen Verhüllung, der Gedankenburka gewissermaßen, bleiben. Sauertöpfisch und miesepetrig wandeln sie durch die Fußgängerzonen und Büroflure, mit giftigen Blicken jedem Mann begegnend, der sie auch nur anzuschauen wagt. Schöne neue Welt!
Merkwürdig nur, daß von weiblichem Sexismus nie die Rede ist. Uns Männer stört es tatsächlich nicht, daß die Damen bei Junggesellinnenabschieden gerne auch mal begeistert zuschauen, wenn sich die Chippendales entblättern und im Fußballstadion anerkennende Kommentare von sich geben, wenn die Jungs auf dem Rasen beim Torjubel ihr Trikot ausziehen und ihre muskulösen Oberkörper präsentieren. Als seinerzeit Margot Werner mit „So ein Mann, so ein Mann, der zieht mich unwahrscheinlich an!“ die Hitparaden stürmte, hat sich niemand aufgeregt. Man fand es lustig. Hätte sie mir etwa auf den Fingern nachgepfiffen, wie sie das in ihrem Lied als ihre Gewohnheit schilderte, so hätte ich mich garantiert nicht sexistisch belästigt gefühlt. Doch ist vielleicht nicht nur grammatikalisch Humor männlich und Hysterie weiblich.