Aus dem Irrenhaus

Zu den absurdesten und bizarrsten Verirrungen des sogenannten Zeitgeistes gehört die Gendertheorie. Das ist kurz gesagt die Behauptung, es gebe keine natürlichen (biologischen) Geschlechter. Vielmehr handele es sich bei der Wahrnehmung von Menschen als männlich oder weiblich tatsächlich nur um gesellschaftlich entwickelte Zuschreibungen. Letztere können natürlich einem permanenten Wandel unterworfen sein. Allgemein bekannt ist, daß es dann auch eine Vielzahl von Geschlechtern geben soll, wobei sich die Gender-“ Wissenschaftler“ über deren Zahl nicht einig sind, was bei diesem theoretischen Ansatz nicht weiter wundert. Ob 84 oder 384 Geschlechter existieren, ist demnach eine Frage des gesellschaftlichen „Aushandelns“, wie man im neudeutschen akademischen Sprech Diskussionen und Entscheidungsfindungen wohl zu bezeichnen geruht.

Natürlich ist die sogenannte Genderwissenschaft ein genuin linkes Projekt. Es geht immer um angebliche gesellschaftliche Benachteiligungen, hier durch Sprachgebrauch, die nach linker Denkungsart unbedingt überwunden werden müssen, denn sie begründen und verfestigen Ungleichheit. Nun ist der Lehrsatz von der Gleichheit aller Menschen das tragende Fundament aller linken Theorien. Daß er grundfalsch ist, sieht jeder mit einem Blick in seine Umgebung, was es für Linke, in Eigenwahrnehmung Intellektuelle, umso reizvoller macht, die übrige Welt darüber aufzuklären, daß sie fundamental irrt. Daß nämlich Wasser naß und Feuer heiß ist, ist schlicht und einfach zu simpel, um wahr zu sein. Deswegen benötigt die Menschheit eben jene linken Intellektuellen, die im Besitze der höheren Wahrheit sind, um sie aus dem Dunkel der Unwissenheit herauszuführen. Ob sie das dann alles auch verstehen, was ihnen von den Kathedern der Universitäten und aus den Redaktionsstuben der Qualitätsmedien so entgegenschallt, ist nicht so wichtig. Hauptsache, sie halten sich dran.

In welch bizarrer Gedankenwelt Protagonisten dieser Theorie leben, hat jüngst die in Deutschland wohl bekannteste Vertreterin des Genderismus, Frau Professor, Entschuldigung, „Professx“, Lann Hornscheidt, dankenswerterweise vorgeführt. Sie gab dem Berliner Tagesspiegel jüngst ein Interview, in welchem sie ihre erstaunliche Gedankenwelt ausbreitete und mitteilte, man sollte sich nun von Gender verabschieden. Denn die Kategorie Geschlecht vertiefe ungleiche Machtverhältnisse. Solange wir weiter an Geschlechterkategorien festhielten – egal wie viele es seien –, könne die damit zusammenhängende Diskriminierung nicht grundlegend überwunden werden. Das will also wohl heißen, daß schon die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, sei es nun, wie es in der Wirklichkeit ist, biologisch bestimmt, sei es, wie uns die Gendertheoretiker weismachen wollen, eine bloße gesellschaftliche Zuschreibung ist, diskriminierend wirke. Bekanntlich ist eine Diskriminierung über die Wortbedeutung hinaus, die nichts anderes als Unterscheidung bedeutet, im Sprachgebrauch eine abwertende Unterscheidung. 

Mich zum Beispiel als Mann wahrzunehmen und anzusprechen, ist demnach bereits diskriminierend. Gendertheoretiker werden allerdings nicht verstehen, daß ich das nicht so wahrnehme. Vielleicht bin ich auch nur zu dumm dazu. Meine ich doch tatsächlich, daß Männer und Frauen äußerlich immer ein männliches bzw. weibliches Erscheinungsbild aufweisen, gleichgültig, welche sexuelle Veranlagung sie haben, und daß die Körperfunktionen bei den sexuellen Aktivitäten immer die gleichen sind, unabhängig davon, ob Männlein und Weiblein, Männlein und Männlein, Weiblein und Weiblein oder was weiß ich sich miteinander vergnügen.

Man fragt sich natürlich,was das Ganze soll, und noch mehr, was das eigentlich für Leute sind, die derart wirres Zeug propagieren. Was das soll, habe ich schon angesprochen. Allerdings verkaufen uns Politik und Medien das Ganze scheinheilig und wahrheitswidrig als Förderung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, was im übrigen tatsächlich ein offizielles Programm von UNO und auch ein solches der EU ist. Tatsächlich geht es um Gleichmacherei, denn die Menschen sollen nicht lediglich gleiche Rechte und gleiche Chancen haben, wie das im aufgeklärten Staat auch ohne Gender Mainstreaming völlig normal ist, sondern sie sollen im Ergebnis alle gleich sein, und zwar in jeder Hinsicht, persönlich, gesellschaftlich, wirtschaftlich. Eines der vielen Beispiele für politischen Unfug, der einfach in der Ämter-Gigantomanie der internationalen Organisationen ausgebrütet und dann über Verordnungen und internationale Verträge in die Gesetzgebung der Länder implementiert wird. Hätten die Bürger die Möglichkeit, derartiges auf einem Wahlzettel anzukreuzen, so wäre dieser Unfug nie aus den Studierstuben der Damen und Herren Dr. Seltsam herausgekommen.

Einen Hinweis auf den Nährboden, auf dem eine solche Giftpflanze wachsen kann, gibt die Biographie der famosen Genderwissenschaftlerin selbst. Als Antje Hornscheidt geboren entschied sie eines Tages, nicht mehr den unzweifelhaft weiblichen Vornamen Antje führen zu wollen, sondern bestand darauf, den ihres Erachtens geschlechtsneutralen Vornamen „Lann“ zu führen. Nebenbei bemerkt, wäre es interessant zu erfahren, ob das zuständige Standesamt das dann auch gebilligt und in die Personalpapiere der Dame eingetragen hat. Daß sie sich überhaupt mit der Problematik Geschlecht, Geschlechtszugehörigkeit, Rolle des geschlechtlichen Menschen in der Gesellschaft intensiv, sogar akademisch befaßt hat, dürfte wohl auch mit ihrer eigenen sexuellen Veranlagung zu tun haben. Wie nicht wenige sexuell abweichend von der übergroßen Mehrheit ihrer Mitmenschen veranlagte Menschen scheint sie diese als problematisch empfunden zu haben. Derartiges führt wohl nicht selten zur Suche nach Erklärungsmustern, nach Begründungen für Ablehung oder Akzeptanz und dergleichen mehr.

Sie selbst erklärt in diesem Interview, sie habe alle Kategorien von Frau, Lesbe, Dyke, Trans Dyke und Trans* einmal durchprobiert und mit allen ein Unwohlsein gehabt. Denn jede Kategorie schaffe auch Normen und Ausschlüsse. Sie weiß also selbst nicht so genau, was sie eigentlich ist. Es ist hier nicht der Ort, die zitierten Bezeichnungen jeweils zu erläutern. So etwas kann man ja schließlich googeln. Allerdings kommt mir bei einer solchen Selbstbeschreibung unweigerlich das bissige Bonmot von Karl Kraus in den Sinn, wonach die Psychoanalyse jene Geisteskrankheit sei, für deren Therapie sie sich halte. Damit soll natürlich nichts gegen die Psychotherapie als seriöse, medizinisch indizierte Behandlungsmethode gesagt sein. Und auch nicht gegen die große Mehrheit der nicht nach dem allgemeinen Muster veranlagten Menschen, die davon kein Aufhebens machen und einfach so leben, wie es ihnen die Natur halt gegeben hat. Die von Frau Hornscheidt geschilderte Reise durch die sexuellen Identitäten mag auch einen Hinweis darauf geben, warum sie und ihresgleichen glauben, daß es eine Vielzahl von Geschlechtern gibt, die dann auch noch „verhandelbar“ sein sollen. Doch die persönlichen Probleme eines Menschen können nicht der Maßstab sein, an dem die Menschheit als Ganzes zu messen ist.

Man könnte derartige Sumpfblüten auf dem akademischen Humus achselzuckend zur Kenntnis nehmen, wenn sie nicht begonnen hätten, die Felder zu überwuchern, auf denen eigentlich Ertragreiches für die Menschheit wachsen sollte. Und man könnte es bei einem nachsichtigen Lächeln bewenden lassen, wenn sich die Kosten dieser Narretei für die Allgemeinheit in engen Grenzen hielten. Doch dem ist nicht so.

Aus einer Dokumentation des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, übertitelt: „Genderprofessuren an Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland“, Az.: WD8-3000-047/17 vom 15.12.2017 geht hervor, daß es in Deutschland insgesamt 185 Genderprofessuren, davon 141 an Universitäten und 44 an Fachhochschulen gibt. Davon wiederum sind 27 sogenannte Volldenominationen, also Lehrstühle, an denen nichts anderes betrieben wird, als eben diese Wissenschaft von des Kaisers neuen Kleidern, die bekanntlich nur in der Einbildung derjenigen existierten, die sich von den mit offenbar exzellenter Menschenkenntnis ausgestatteten Scharlatanen einreden ließen, es existierte wirklich, was sie in Wahrheit nur wortreich anpriesen. Die weiteren Lehrstühle haben hinsichtlich der sogenannten Genderforschung nur eine Teildenomination, d.h., dieser Unfug wird in eine andere akademische Disziplin teilweise integriert. Das ist nur konsequent, denn die Genderideologie will uns ja weismachen, daß alle Lebensbereiche aus ihrem Blickwinkel betrachtet, bewertet und vor allem verändert werden müssen. Interessant ist allerdings, mit welchen anderen Lehrinhalten diese Ideologie verbreitet wird, nämlich 102 in Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 35 in Geisteswissenschaften, 15 in den sogenannten MINT-Fächern, also Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik, 13 in Kunst/Kunstwissenschaften, deren 8 in der Frauen-, Geschlechter-und Genderforschung – hier hat sich offenbar etwas verselbständigt – weitere 8 in den Gesundheitswissenschaften, wozu offenbar auch die Medizin zählt, 3 in den Ingenieurwissenschaften und einer in den Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften. Mit anderen Worten: an naturwissenschaftliche Lehrstühle im weiteren Sinne haben die Gender“wissenschaftler“ nur in 27 von 158 Fällen andocken können, dazu kommen die erwähnten 27 eigenen Lehrstühle.

Natürlich fällt auf, daß die Affinität der Naturwissenschaften und der Medizin zum Genderismus eher schwach ausgeprägt ist. Man kann davon ausgehen, daß die Implementierung dieses Unfugs in naturwissenschaftliche Lehrstühle auf erheblichen politischen Druck zurückzuführen ist.

Das nimmt auch nicht weiter Wunder wenn man weiß, daß die sogenannten Genderwissenschaftler wie etwa Frau Hornscheidt natürlich nicht aus den Naturwissenschaften kommen, sondern in ihrem Falle aus der Linguistik. Sowohl die Promotion als auch ihre Habilitation hat sie in dieser Disziplin erreicht. Es fällt auch auf, daß hier nicht naturwissenschaftlich, insbesondere nicht biologisch oder medizinisch argumentiert wird, sondern eben allein auf der Ebene von Semantik und Hermeneutik, garniert mit etwas verschwurbelter Soziologie.

Doch zurück zum Geld. Die erwähnte Dokumentation des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages klärt uns darüber auf, daß die Aufwendungen pro geförderter Professur im Rahmen des „Professorinnenprogramms“, also der politisch motivierten Berufungen auf Lehrstühle, bei jährlich rund 300.000 € liegen. Es ist wohl zulässig, die durchschnittlichen Kosten eines Lehrstuhls in dieser Größenordnung anzunehmen. Ob damit tatsächlich auch alle Kosten erfaßt sind, etwa Baukosten und sonstige Sachmittel, wollen wir einmal dahinstehen lassen. Allein das Jahresgehalt einer solchen Professorin wie Frau Hornscheidt schlägt mit gut 100.000 € zu Buche. Der ganze Unfug kostet den Steuerzahler jährlich also viele Millionen Euro. Wie sinnvoll dieses Geld etwa in der Förderung der Ingenieurwissenschaften angelegt wäre, dort also, wo die Grundlagen für unseren Wohlstand, ja für unser wirtschaftliches Überleben gelegt werden, liegt auf der Hand. Doch in der Politik hat die Realität schlechte Karten, Hirngespinste indessen haben Konjunktur. Hans Christian Andersen hat in seinem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern schon im Jahre 1837 hellsichtig unser Absurdistan beschrieben.


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