Geht’s noch?

Die Leser dieses Blogs wissen ja schon lange, daß die politische Klasse unseres Landes auf die Couch des Therapeuten gehört. Diese Diagnose bestätigt sie täglich. Ein besonders schönes Beispiel war nun jüngst in Erlangen zu besichtigen. Was war geschehen?

Der Kaminabend

Die Mittelstands-Union, so nennt sich die Arbeitsgemeinschaft der mittelständischen Unternehmer innerhalb der CSU, dürfte wohl als eines der Kernelemente dieser Partei zu betrachten sein. Ist doch traditionell die soziale Marktwirtschaft eine wesentliche ideologische Grundlage der Unionsparteien und sind traditionell mittelständische Unternehmer überproportional dort vertreten. Genau aus diesem Grunde gibt es diese Arbeitsgemeinschaft in beiden Unionsparteien. Ihre örtliche Untergliederung, die Mittelstands-Union Mittelfranken, hatte für Freitag, den 23. August 2024 den Rechtsanwalt und Privatdozenten an der Universität Köln für Verfassungsrecht, Dr. Ulrich Vosgerau, zu einer als „Kamingespräch“ bezeichneten Veranstaltung in das Hotel Bayerischer Hof in Erlangen eingeladen. Man wollte von Herrn Vosgerau als ausgewiesenem Verfassungsrechtler seine Ansicht zu den europäischen Verträgen im Spannungsfeld zum deutschen Grundgesetz hören. Dazu gibt es in der juristischen Literatur in der Tat Kontroversen, an denen sich eben auch der Verfassungsrechtler Dr. Vosgerau beteiligt. Er ist der Auffassung, daß die europäischen Verträge in verschiedenen Punkten mit dem Grundgesetz, etwa seiner Eigentumsgarantie, kollidieren.

Der Referent aus dem Reich des Bösen

Also eine Veranstaltung in der Höhenluft des Verfassungsrechts mit entsprechenden Anforderungen an die Rechtskenntnisse, aber auch das Verfassungsverständnis der Zuhörer. Veranstaltungen dieser Art haben für gewöhnlich auch keinen Widerhall in der Presse, dafür ist das Thema zu trocken. Im vorliegenden Falle war das indessen völlig anders. Nicht wegen des Themas. Nein, der Referent war der Stein des Anstoßes. Denn der Rechtsanwalt Dr. Vosgerau verteidigt den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in dessen Strafverfahren wegen angeblicher Verwendung nationalsozialistischer Symbole gemäß § 86a StGB („Alles für Deutschland!“). Die Einladung eines solchen Anwalts ist in den Augen der örtlichen politischen Parteien von CSU bis links außen ein Skandal. Schon im Vorfeld der Veranstaltung berichteten die Zeitungen der Verlagsgruppe Nürnberger Presse unter der Überschrift „Höcke-Anwalt eingeladen“ über diesen offensichtlich als Skandal eingestuften Vorgang. Die örtliche CSU ließ verlauten, man sehe mit großem Bedauern, daß sich die Führung der Mittelstandsunion in einer Stoßrichtung positioniere, die deutlich außerhalb des von der CSU Erlangen – und im übrigen auch der Mittelstands-Union auf Landesebene – vertretenen liberal-konservativen Spektrums stehe. Es folgten dann Mandatsniederlegungen von Funktionären der Erlanger Mittelstandsunion und Forderungen des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, in Erlangen Bezirksvorsitzender der CSU, nach einer klaren Abgrenzung zur AfD. ZUr Erinnerung: Joachim Herrmann ist von Amts wegen Hüter der Verfassung in Bayern und natürlich auch Volljurist. Tatsächlich. Nicht fehlen durften Forderungen der sogenannten Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, diesem Treiben entgegenzutreten. Ihr durch ständige Hetze gegen alles, was seinem linksradikalen Weltbild entgegensteht auffallender Vorsitzender forderte den Minister auf, diese angeblich demokratiefeindliche Veranstaltung zu unterbinden. Dabei durfte auch das längst von den Fakten widerlegte Gefasel von einem „Remigrationstreffen“ von Rechtsextremen in Potsdam nicht fehlen.

Die öffentliche Empörung

Über die Veranstaltung selbst berichteten dann die Zeitungen des VNP auf immerhin einer halben Zeitungsseite unter der Überschrift „Empörung über Auftritt von Höckes Anwalt“, wobei prominent der SPD-Oberbürgermeister von Erlangen in Wort und Bild erwähnt wurde. Er wurde mit der Aussage zitiert, die Mehrheit der CSU lehne solche Veranstaltungen ab. Ob die Leser des Blattes sich Gedanken darüber gemacht haben, mit welcher Kompetenz ein SPD-Politiker über das Meinungsbild in der CSU berichtet, wollen wir einmal offen lassen. Vielleicht ist das ja auch nur die Allparteienkoalition gegen die AfD als Manifestation des Bösen. Zu dem Erlanger OB Florian Janik sei allerdings noch einmal darauf hingewiesen, daß dieser Herr in der Vergangenheit dadurch aufgefallen ist, daß ihn Recht und Gesetz wenig scheren, wenn es darum geht, politische Propaganda zu machen. So hat ihm das Verwaltungsgericht Ansbach zweimal hintereinander untersagt, in amtlicher Eigenschaft über die AfD herzuziehen. Daß das Politikern, die in amtlicher Eigenschaft auftreten, nicht erlaubt ist, war ihm natürlich bekannt, denn das Bundesverfasssungsgericht hatte das zuvor drei Mal prominenten Politikern, an der Spitze die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, untersagt. Er darf auch für sich in Anspruch nehmen, als vermutlich einziger prominenter Politiker ein gerichtliches Unterlassungsverbot ignoriert zu haben, weswegen ihm dann auch vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Ordnungsgeld auferlegt worden ist. Natürlich nicht ihm in Person, sondern der Stadt Erlangen, also letztendlich den Erlanger Steuerzahlern. Ein solcher Spezialdemokrat und Politiker mit einem gebrochenen Verhältnis zum Recht wird von der örtlichen Presse gefeiert, ein Lokalpolitiker der CSU indessen, der sich erdreistet, einen Rechtsanwalt zu einer Veranstaltung einzuladen, der unter anderen einen prominenten-AfD-Politiker anwaltlich vertreten hat hingegen wird dafür beschimpft und wenn nicht wörtlich, so doch sinngemäß als Rechtsextremist diffamiert.

Verkehrte Welt

Man muß sich das in der Tat auf der Zunge zergehen lassen. Ein Anwalt, der nichts anderes getan hat, als seinen Berufspflichten nachzukommen, wird genau deswegen als Unperson beschrieben, mit der ein anständiger demokratischer Politiker nichts zu tun haben darf. Insoweit erinnere ich jedoch an die vom Gesetz definierte Stellung des Rechtsanwaltes und zitiere nachstehend die einschlägige Vorschrift aus der Bundesrechtsanwaltsordnung:

Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
§ 3 Recht zur Beratung und Vertretung

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

Wenn man Herrn Janik und den Journalisten des Verlags Nürnberger Presse glauben darf, dann ist der Strafverteidiger, der etwa einen Kinderschänder vor Gericht vertritt, nicht einfach ein Anwalt, der seine Pflicht tut, sondern naja, eben „auch so einer“. Das Verständnis solcher Politiker und Journalisten von Demokratie und Rechtsstaat ist, gelinde gesagt, erstaunlich. Statt unter der Überschrift „Empörung über Auftritt von Höckes Anwalt“ die Mär vom rechten Anwalt und nicht vom Rechtsanwalt breitzutreten, hätte es den selbst ernannten Verteidigern der Demokratie und des Rechtsstaates wohl angestanden, derartigen Verächtern von Demokratie und Rechtsstaat wie dem Oberhetzer von der sogenannten Allianz gegen Rechtsextremismus wie auch dem Oberbürgermeister von Erlangen auszubuchstabieren, was Demokratie und Rechtsstaat eigentlich sind. Doch solange der „Krampf gegen rechts“ und nicht die sachliche Berichterstattung als Kernaufgabe des Journalismus angesehen wird, werden wir leider noch mehr solche Sumpfblüten auf dem mit politischem Odel überreich kontaminierten Feld der Medien sehen müssen.

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