Die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben mit Bedacht als erste und bedeutendste Festlegung den Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ an den Anfang des Verfassungstextes gesetzt. Art. 1 unserer Verfassung, die mit diesem Satz beginnt, ist auch mit verfassungsändernder Mehrheit nicht zu ändern oder gar abzuschaffen, ebenso wie das Demokratieprinzip, in welchem die essentialia einer demokratischen Staatsordnung festgeschrieben sind. Alle Gewalt geht vom Volke aus, die Staatsgewalt ist zwischen gesetzgebenden Parlamenten, Regierungen und Gerichten aufgeteilt. Aus dem Demokratieprinzip ergibt sich natürlich mit zwingender Logik, daß sich einerseits Minderheiten den Mehrheiten fügen müssen, andererseits aber Mehrheiten es hinnehmen müssen, durch das Ergebnis demokratischer Wahlen zur Minderheit zu werden.
Auf diese Dinge hinzuweisen, mag auf den ersten Blick als öde Steißpaukerei erscheinen. Mancher Leser wird zu Recht denken: „Habe ich solche Belehrungen überhaupt nötig?“ Nein, werte Leserschaft, unter Ihnen vermute ich keinen, der solcher Nachhilfe bedarf. Indessen bedürfen dieser Nachhilfe ganz offensichtlich eine Reihe von Leuten, die sich öffentlich als Verteidiger der Demokratie aufspielen, bei Lichte besehen jedoch die Demokratie gerade gegen sie verteidigt werden muß. Deswegen ist der Titel dieses Beitrages auch so gewählt. Exclusiv heißt nun einmal auf deutsch wörtlich „ausschließlich, nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich“, wie uns der Duden lehrt.
Spitzenpolitiker werden in diesen Tagen nicht müde, vor der Verrohung der Sitten in der öffentlichen Debatte, insbesondere in der Anonymität des Internets, zu warnen. Der gewählte Bundespräsident meinte ebenso wie der Präsident des Bundestages anlässlich der Bundesversammlung am 12. Februar dieses Jahres einschlägige Warnungen gewissermaßen ex cathedra aussprechen zu müssen. Doch müssen wir leider feststellen, daß gerade auch aus diesen Kreisen Töne klingen, die ganz und gar nicht dazu angetan sind, den respektvollen Umgang miteinander zu fördern. Wenn der nun gewählte Bundespräsident noch als Außenminister den gewählten Präsidenten eines anderen Landes als Hassprediger bezeichnet, dann disqualifiziert er sich nicht nur als erster Diplomat seines Landes, sondern trägt dazu bei, daß der sachliche politische Diskurs durch Pöbeleien ersetzt wird. Und dann darf man sich nicht wundern, wenn ein offenbar mit aller Macht nach oben drängender Nachwuchsjournalist während der Bundesversammlung twittert: „So, ich hoffe Olivia Jones boxt Frauke Petry jetzt auf der Empfangsparty um“, und ein durch ein mehr als eigenartiges Verständnis von Satire, nämlich die Formulierung von zügellosen Beleidigungen anstelle von witziger Kritik, aufgefallener Medienschaffender namens Böhmermann Kritik daran mit den Worten kommentiert: „Wir dürfen uns nicht von Schwangerenaugen erpressen lassen“, dann ist der Tiefpunkt politischer Kultur, menschlichen Anstandes und sogar medialer Pöbelei erreicht oder gar unterschritten. Wer öffentlich die Hoffnung äußert, eine ersichtlich schwangere Politikerin möge körperlich attackiert werden, der hat entweder von Menschenwürde noch nie etwas gehört, oder sie ist ihm völlig egal, wenn es um Menschen mit einer politischen Anschauung geht, die ihm nicht paßt. Wer sich freuen würde, wenn im Rahmen der Bundesversammlung, die nun einmal nach allgemeinem Verständnis gewissermaßen das Hochamt der parlamentarischen Demokratie darstellt, jemand niedergeschlagen würde, der hat nicht nur keinen Anstand und keine Kinderstube, der hat auch nicht den mindesten Respekt vor den demokratischen Institutionen dieses Landes. Ausgerechnet Leute, die für sich in Anspruch nehmen, sich In Humanität und demokratischer Gesinnung von niemanden übertreffen zu lassen, treten die Menschenwürde und die demokratischen Institutionen mit Füßen, sobald es um Menschen geht, deren politische Einstellung ihnen nicht paßt. Der noch größere Skandal besteht allerdings darin, daß solche Figuren wie dieser Böhmermann und dieser Huber ihre menschenverachtenden Pöbeleien munter durch die Gegend twittern können, ohne daß sie von den maßgeblichen Politikern und Chefredakteuren dieses Landes in die Schranken gewiesen werden. Es scheint darauf anzukommen, wer etwas tut, und sei es etwas ganz sicher Unrechtes. Man stelle sich einmal vor, ein Journalist aus dem nationalkonservativen Spektrum, vielleicht Thorsten Hinz oder Michael Klonovsky hätte gleiches oder ähnliches in Richtung einer schwangeren Politikerin aus den im Deutschen Bundestag derzeit vertretenen Parteien öffentlich geäußert. Abgesehen davon, daß dies wirklich nur eine Fiktion ist, und zum Beispiel die beiden genannten Herren wohl nicht einmal unter stärkstem Alkohol- oder Drogeneinfluß zu einer solchen Entgleisung fähig wären, der Aufschrei in den Medien wäre in größtmöglicher Lautstärke umgehend zu hören gewesen. Die Staatsanwaltschaften unseres Landes hätten eine Flut von einschlägigen Strafanzeigen abzuarbeiten.
In diesem Klima können auch unbeanstandet Hotels und Gasthöfe mit Boykottdrohungen, Androhung von physischen Angriffen oder einer Flut von Schmähanrufen traktiert werden, nur weil sie einer demokratischen Partei, die sich zu unserer Verfassung programmatisch bekennt, und die deswegen natürlich auch nicht Gegenstand der Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist, Veranstaltungsräume vermieten. In diesem Klima ist es möglich, daß die Lehrer eines Gymnasiums eine Schulveranstaltung im Saal eines Gasthofes absagen, weil dort zuvor eine Veranstaltung eben dieser Partei stattgefunden hat. Man ist versucht, diesen famosen Pädagogen Nachhilfeunterricht über die Grundlagen unserer Demokratie zu erteilen, selbstverständlich mit anschließender benoteter Leistungskontrolle. Schließlich sollten die Eltern dieser Schüler wissen, welchen pädagogischen Geisterfahrern ihre Kinder ausgeliefert sind.
In diesen Tagen hat offensichtlich der Wahlkampf begonnen. Der Wortbestandteil Kampf scheint hier in seiner unheilvollsten Bedeutung Wirklichkeit zu werden. Wir werden uns also darauf gefaßt machen müssen, daß Anstand, Höflichkeit, Sachlichkeit und die Achtung vor dem Menschen, gleichgültig welcher politischen Auffassung er ist, bis zum 27. September 2017 keinen Platz mehr in der öffentlichen Debatte haben werden. Man wird sich also am 27. September 2017 wohl auch zwischen Demokraten und Demokratieabschaffern entscheiden müssen.