Der Bundespräsident, der Bundestagspräsident, die Bundeskanzlerin, die führenden Medienschaffenden, sie alle werden nicht müde zu betonen, daß es in Deutschland selbstverständlich gut um die Meinungsfreiheit stehe. Jeder könne doch in Deutschland seine Meinung äußern, insbesondere müsse man nicht besorgen, dafür bestraft zu werden. Und gewissermaßen als quod erat demonstrandum pflegen unsere Talkshow Moderatorinnen einschlägigen Einwendungen besorgter Bürger oder „rechter“ Politiker, wenn sie denn einmal zu Wort kommen, entgegenzuhalten, alleine der Umstand, daß sie hier ihre Bedenken äußern könnten, beweise durchschlagend, daß wir in Deutschland Meinungsfreiheit hätten.
Gesetz und Recht sind das eine,
Natürlich und Gott sei Dank schützen die Gerichte in Deutschland die Meinungsfreiheit, sogar sehr weitgehend. So kann man Politiker Faschist, Obergauleiter der SA-Horden oder Zwangsdemokrat nennen, Transparente mit der Aufschrift „Deutsche wehrt euch gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“ vor sich hertragen oder auch kritisieren, daß gegen Reemtsma nicht auf Grund seiner Wehrmachtsausstellung wegen Volksverhetzung juristisch vorgegangen worden ist. In der Tat halten die Gerichte den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes hoch.
das gesellschaftliche Klima ist das andere.
Doch darum geht es nicht. Werner Patzelt hat das Problem jüngst auf den Punkt gebracht, als er davon sprach, daß die „sozialen Kosten“ hoch, häufig zu hoch sind, wenn jemand von seinem Recht auf Meinungsfreiheit – ganz und gar im Rahmen der Gesetze – Gebrauch macht. Diese sozialen Kosten treten in vielfacher Weise auf. Wer etwa seine Karriere ruinieren und seinen Freundeskreis halbieren will, der äußere sich nur kritisch zur Flüchtlingspolitik, wie sie von der Bundesregierung unter dem Beifall der Oppositionsparteien mit Ausnahme der AfD (und ein bißchen der FDP) vertreten wird, und wie sie von den christlichen Kirchen allen Ernstes als Zeugnis des Glaubens gelobt wird. Das zeigt sich vor allem daran, daß vom politischen Weltbild – genau genommen könnte man auch von einer Gesinnung mit Glaubensqualität sprechen – abweichende Meinungen gesellschaftlich nicht geduldet, ja sogar unterdrückt werden. Trotz der selektiven Berichterstattung der Medien, wenn es um die Bürgerrechte so genannter „Rechter“ geht, lesen wir schon seit Jahren immer wieder von Brandanschlägen und körperlichen Attacken auf Politiker der einzigen „rechten“ Partei von Bedeutung, der AfD. Im allgemeinen geht die veröffentlichte Meinung auch achselzuckend daran vorbei, wenn die Häuser dieser Politiker mit Steinen oder Brandsätzen beworfen und mit Farbe beschmiert werden, ihre Autos angezündet und sie selbst verprügelt werden. Ja sogar die Attacken auf ihre Kinder in öffentlichen Schulen werden ersichtlich hingenommen. Mancher denkt sich wohl, das kommt halt davon, wenn man ein „Rechter“ ist.
Grundgesetz und Wirklichkeit
Man fragt sich natürlich, was in den Köpfen der Leute vorgeht, die sich anmaßen, abweichende Meinungen mit Gewalt zu unterdrücken. An und für sich sollte es unter Demokraten doch unstrittig sein, daß die Meinungsfreiheit schlechthin die Grundlage der Demokratie ist, wie das unser Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung feststellt. In seinem grundlegenden und daher immer wieder zitierten Lüth-Urteil vom 15.01.1958 formuliert es ja mit beeindruckender Wortwahl:
„Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist. Es ist im gewissen Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“
Im Land der Manichäer und Zeloten
Doch in der seltsamen Vorstellungswelt solcher Leute finden diese Grundsätze keinen Platz. Gewissermaßen der Schulfall des Gesinnungsterrors durch die sogenannte Zivilgesellschaft, die doch gemeinhin als die Verwirklichung der Demokratie überhaupt gilt, ist derzeit in München zu beobachten. Dort soll am 22./23. November dieses Jahres eine Konferenz des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE) stattfinden. Es handelt sich dabei um ein nichtstaatliches, außerhalb des universitären Wissenschaftsbetriebes geführtes Institut, das allerdings als gemeinnützig anerkannt ist. Seine Veröffentlichungen stehen quer zu den Verlautbarungen etwa des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und des Weltklimarates (IPCC). Das genügt offenbar, gegen dieses Institut mit der Wut der Heiligen Inquisition unseligen Angedenkens vorzugehen, wobei hier wie seinerzeit keine Beschränkung auf den geistigen Kampf stattfindet, vielmehr mit der Inbrunst des rechten Glaubens Gewalt ausgeübt wird.
Die besagte Tagung sollte im Hotel „NH München Ost Conference Center“ in Aschheim bei München stattfinden. Der Veranstalter hatte dieses Hotel ordnungsgemäß gebucht. Der Hotelgesellschaft war auch durchaus bekannt, um wen es sich bei diesem Kunden handelte, insbesondere, daß radikale Klimaschützer sich ihm gegenüber nicht mehr auf verbale Kritik beschränkten. Dennoch hatte man zunächst einmal genügend Rückgrat, den üblichen Veranstaltungsmietvertrag mit diesem Institut abzuschließen. Doch nun trat eine Organisation auf den Plan, die sich „Umweltinstitut München“ nennt, und in der Tat ein eingetragener, als gemeinnützig anerkannter Verein ist. Dieses Institut richtete unter dem 11.11.2019 – das Datum hat in diesem Fall mit dem Fasching wirklich nichts zu tun – ein Schreiben an dieses Hotel NH, in dem es wörtlich unter anderem heißt:
„Wir möchten Sie herzlich bitten, der Konferenz von EIKE keine Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, da diese Organisation gefährliche Propaganda verbreitet und unseren demokratischen Grundwerten entgegensteht.“
Umstrittene wissenschaftliche Meinungen werden zum Dogma erhoben. Ketzer werden nicht geduldet.
Bemerkenswert daran ist zunächst einmal, daß man überhaupt mit dem Ansinnen hervortritt, ein Hotel möge einen rechtswirksam geschlossenen Mietvertrag kündigen, weil der Mieter in den Augen der Verfasser dieses Schreibens „gefährliche Propaganda“ verbreitet (welche das sein soll, wird anschließend erklärt) und sogar unseren demokratischen Grundwerten entgegensteht. Letzteres ist derartig starker Tobak, daß man nun im Anschluß an diese Behauptung den Beleg dafür etwa in Gestalt eines Zitats aus dem Verfassungsschutzbericht des Bundes, mindestens des Freistaates Bayern, erwartet. In dieser Erwartung wird man jedoch enttäuscht. Nichts dergleichen ist dort zu lesen.
Stattdessen wird in denunziatorischem Ton ausgeführt:
„EIKE leugnet den menschengemachten Klimawandel, täuscht Wissenschaftlichkeit vor, verbreitet gezielt Desinformationen und versucht, Einfluß auf Parteien sowie die öffentliche Meinung zu nehmen. EIKE arbeitet unter anderem mit dem „Heartland Institute“ in den USA zusammen, einer maßgeblich von Geldern der Öl- und Gasindustrie finanzierten Organisation, die auf Desinformation und Zweifel setzt und damit über Jahrzehnte wirksamen Klimaschutz zum Schaden der Bevölkerung verhindert hat. Pseudowissenschaftliche Organisationen wie EIKE liefern hierzulande die Grundlage für die klimapolitischen Positionen der AfD. Die AfD leugnet ebenfalls alle (Anm. d. Verf.: alle!) gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur globalen Klimakrise und stellt sich der dringend notwendigen ambitionierten Klimapolitik entgegen. Sie ist außerdem eine Partei, in der rassistische, faschistische, antisemitische und frauenfeindliche Positionen geduldet oder direkt vertreten werden. (Anm.: Ohne diesen ganzen Quatsch geht es bei unseren Bessermenschen halt nicht, ob’s zum Thema gehört oder nicht.) In Zeiten der Klimakrise den wissenschaftlichen Konsens des menschengemachten Klimawandels zu leugnen und zu bekämpfen verhindert dringend notwendige Lösungen für die Klimakrise und gefährdet so unser aller Zukunft.“
Ein wenig Sprachkritik am Rande. „Klimaleugner“ klingt ja so wie „Holocaustleugner“. Leugnen ist von der Qualität her etwas anderes als in Abrede stellen, bestreiten, in Frage stellen. Leugnen heißt in der Umgangssprache vielmehr Dinge als unwahr hinzustellen, von deren Wahrheit doch jedermann überzeugt ist, und die so wahr sind, wie 2 × 2 eben 4 ist. Wer das leugnet, ist entweder dumm bis zur Grenze der Debilität oder schlimmer noch, ein Meinungsverbrecher.
Zur Rettung des Klimas muß die Aufklärung rückabgewickelt werden.
Nun mag es jedem unbenommen bleiben, die Verlautbarungen des IPCC und des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung für unumstößliche wissenschaftliche Wahrheiten zu halten, sich von deren Forderungen die Rettung der Welt zu versprechen und Leute, die dem nicht folgen, für unwissenschaftlich, dumm, gefährlich oder sonst was zu halten. Es ist eben Ausfluß der Meinungsfreiheit, daß Meinungen zu tolerieren sind, gleichgültig ob sie richtig oder falsch, wertvoll oder wertlos, politisch opportun oder das Gegenteil sind. Sie jedoch in der Art der Heiligen Inquisition unseligen Angedenkens wie Gotteslästerung zu behandeln und die übrige Menschheit aufzufordern, ja zu beschwören, schon ihre Äußerung zu verhindern und den Andersgläubigen, Ungläubigen, ja Ketzern, keine Möglichkeit zu geben, ihre Argumente öffentlich vorzutragen, ist der Rückfall in die Zeiten vor der Aufklärung. Gotteslästerung und Kirchenbann sind Begriffe, die wir glücklicherweise nur noch aus der Geschichte kennen. Nun aber feiern sie fröhliche Urständ, indessen nicht mehr in geistlichem Gewande, sondern unter dem Heckerhut der Vorkämpfer des gesellschaftlichen Fortschritts, ja der Weltenretter.
Der „wahre“ Glaube kommt mit dem Argument allein nicht aus. Es muß nicht nur schlagkräftig sein, sondern auch mit Schlagkraft in die Hirne geprügelt werden.
Dem bloßen Argument, und kommt es auch so massiv daher, wie im vorliegenden Falle, vertraut man in diesen Kreisen allerdings nicht allein. In einem gleichzeitig verbreiteten Flugblatt wird dazu aufgerufen, das Hotel anzurufen und seinen Unmut kund zu tun. Man wolle diese Konferenz „nicht ungestört“ stattfinden lassen. Daher wird zum Treffen am Freitag, dem 22. November, um 7:30 Uhr am S-Bahnhof München-Riem aufgerufen. Was sich die Organisatoren darunter vorstellen, wurde kurz darauf deutlich. Das Tagungshotel bekam dann anschließend auch unliebsamen Besuch von einer Gruppe randalierender sogenannter Aktivisten. „Aktivist“ ist ja in der Sprachregelung unserer politisch korrekten Medien die Chiffre für Straftäter mit „richtiger“ Gesinnung. Mit Geschrei und ein wenig Sachbeschädigung deuteten sie an, mit welchen Konsequenzen das Tagungshotel rechnen muß, wenn es ungeachtet der Ermahnungen im zitierten Schreiben den sogenannten Klimaleugnern vertragsgemäß Räume zur Verfügung stellt. Das Tagungshotel ist dann auch eingeknickt und hat den Mietvertrag mit EIKE aus wichtigem Grunde, wie das im Gesetz heißt, gekündigt. Das ist wenig überraschend.
Die Manipulation der öffentlichen Meinung durch Verschweigen
Genauso wenig überrascht mich, daß in den politisch korrekten Medien, und das sind fast alle, über diesen Vorgang nichts zu finden ist. Vermutlich ist das, wie es seinerzeit zu einem einschlägigen Thema der Chefredakteur der Tagesschau formuliert hat, „keine Sache von überregionaler Bedeutung“, und daher auch nicht berichtenswert. Es gibt eine andere Lesart. Diese Nachrichten könnten unvoreingenommene Bürger beunruhigen, und zwar nicht im Sinne der herrschenden Meinung, die gerade in diesem Falle die Meinung der Herrschenden ist, wie das die achtundsechziger Studenten so gerne formuliert haben.
Unliebsame Meinungen sollen erst gar nicht verbreitet werden können. Dieses politische Muster scheint sich durchzusetzen. Ausgerechnet im sogenannten Mutterland der Demokratie Großbritannien hat jüngst die BBC sich dazu entschlossen, sogenannte Klimaskeptiker in ihren Sendungen nicht mehr zu Wort kommen zu lassen. Offenbar herrschen dort Vorstellungen, wie sie in dem zitierten Schreiben jenes famosen Umweltinstituts aus München aufscheinen. Bei uns in Deutschland stößt das erwartungsgemäß bei der Partei an der Spitze der Bewegung auf Zustimmung. Die mit gut 97 % der Delegiertenstimmen wiedergewählte Vorsitzende der Grünen Annalena Baerbock hat diese Entscheidung ausdrücklich begrüßt und in Deutschland zur Nachahmung aufgerufen.
Die „schöne neue Welt“ wird Wirklichkeit
Die Vorstellungen von George Orwell werden hier deutlich übertroffen. Die allumfassende Diktatur in seiner Dystopie „1984“ arbeitete noch mit der Umerziehung. Die Grünen und ihre militanten Kohorten in den Medien und diversen Umweltverbänden arbeiten mit der schlichten Unterdrückung unliebsamer Meinungen. Wenn unerwünschte Meinungen erst gar nicht verbreitet werden können, dann muß man die Bevölkerung auch nicht umerziehen. Sie nehmen den allein seligmachenden Glauben auf wie die Atemluft, denn andere Informationen als die Dogmen der Klimaideologie können sie erst gar nicht hören oder lesen. Wer nie davon gehört hat, daß man aus Weintrauben auch Wein machen kann, der wird das auch nicht tun. Hier zeigt sich ein Verständnis von Staat und Gesellschaft, das wir längst überwunden geglaubt haben. Der Co-Vorsitzende von Frau Baerbock, der von linken Tagträumen bereits als Bundeskanzler herbeiphantasierte Robert Habeck, hat ja schon öffentlich darüber nachgedacht, ob China das effektivere Politikmodell ist. Ja, Mao Ze Dong hat die Linken unseres Landes schon immer fasziniert. Darüber sollten wir nachdenken, und auch danach handeln, bevor wir eines Morgens in der Volksrepublik Deutschland aufwachen.