Eckental ist eine Marktgemeinde am nördlichen Rand von Nürnberg und ein paar Kilometer westlich von Erlangen. 1972 im Rahmen der bayerischen Gebietsreform aus einigen bis dahin eigenständigen Bauerndörfern als Großgemeinde gebildet, nahm der Ort die Entwicklung, die durch seine wirtschaftsgeographische Lage auch vorgegeben war. In seinen Grenzen wuchsen die typischen Eigenheimsiedlungen, die den Angestellten der prosperierenden Industrie (Siemens!) und den Bediensteten der Hochschulen und Verwaltungen des Raums Nürnberg-Erlangen Heimstätten boten. Die soziologische Struktur des gut 14.000 Einwohner zählenden Marktfleckens kann somit als mittelständisch-bildungsbürgerlich beschrieben werden.
Auch die Region Nürnberg hat in unserer Zeit natürlich viele Migranten, Asylsuchende und Bürgerkriegsflüchtlinge eingeschlossen, aufzunehmen. Allenthalben bilden sich auch ehrenamtliche Strukturen, die den zuständigen Behörden helfen wollen, zu einem großen Teil auch wertvolle Hilfe leisten. In Eckental hat sich nun eine Flüchtlingsinitiative Eckental – FLEck e.V. – gebildet. Sie entfaltet allerhand Aktivitäten von der Hilfestellung bei Behördengängen bis zu Sprachkursen und sonstigen Integrationsbemühungen. Das Ganze ist ziemlich professionell aufgezogen. Natürlich hat man eine eigene Internetseite, auf der jedermann nachlesen kann, was die Leute so tun und was ihr Vorstand für wichtig hält. Unter anderem gibt es Informationsseiten für Asylsuchende einerseits und Einheimische andererseits. Die erstgenannte bietet Hinweise und Informationen vorwiegend zum Asylverfahren und sonstigem behördlichen Alltag. Darüber hinaus informiert er in verschiedenen Sprachen über die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland. Die „Für Einheimische“ übertitelte Seite überrascht aber inhaltlich doch sehr. Neben den Hinweisen auf ein Bürgertelefon, die Caritas etc. findet sich ein Abschnitt mit der Überschrift:
Übrigens: hätten Sie’s gewusst?
Um Menschen aus anderen Kulturkreisen besser verstehen zu können und um ihnen mit Respekt begegnen zu können, muss man sich zunächst über Nicht-Selbstverständlichkeiten bewusst werden. Hier ein paar Beispiele als AugenÖffner. Die Liste könnte fortgesetzt werden.
In manchen Regionen in Afrika…
… nimmt man keine gebrauchten Kleider an. Denn man geht davon aus, dass der Geist des Vorbesitzers noch in den Kleidern wohnt.
Kommentar:
Das ist sicher eine interessante Information für uns Einheimische. Indessen fehlt die Anregung, eben jenen Afrikanern zu erklären, daß dies bei uns nicht so gesehen wird. Das einzige, was vom Vorbesitzer in den Kleidern möglicherweise noch „gewohnt“ hat, nämlich der Geruch seines Körpers und vielleicht der zuletzt besuchten verrauchten Schafkopfrunde, ist nach der Wäsche bzw. Reinigung nicht mehr da. Wir haben deswegen keine Vorbehalte gegen Kleidung, die schon jemand anders getragen hat. Wer von uns zum Beispiel Soldat gewesen ist, hat während seiner Dienstzeit viele Kleidungsstücke getragen, die zuvor andere Soldaten getragen hatten.
Zum Thema „etwas umsonst bekommen“:
Im Internationalen Café für Flüchtlinge möchten iranische junge Männer nichts essen und nichts trinken. Die Erklärung: es kostet nichts! Denn das bedeutet für sie, dass man im Gegenzug etwas von ihnen will, wie Auskünfte geben oder Tätigkeiten tun, die sie eigentlich nicht machen wollen.
Kommentar:
Es mag in der Tat im Iran so sein, daß man grundsätzlich nichts umsonst bekommt. Gerade weil Asylsuchende und Flüchtlinge bei uns eigentlich alles ohne Gegenleistung bekommen, muß man ihnen natürlich auch sagen, daß dies auch in jenem Flüchtlingscafé so ist. Man sollte ihnen natürlich auch klarmachen, daß es unhöflich gegenüber dem Gastgeber ist, seine Freigebigkeit zurückzuweisen.
Begrüßung in vielen Teilen der Welt:
Händeschütteln wird als fremdartig empfunden. Männer und Frauen, die nicht verwandt sind, geben sich nicht die Hand.
Kommentar:
Hier vermisse ich die Aufforderung an die Einheimischen, ihre Gäste aus aller Herren Länder darüber aufzuklären, daß es bei uns zu den selbstverständlichen Höflichkeitsformen gehört, sich mit Händedruck zu begrüßen und zu verabschieden. Selbstverständlich gilt das bei uns für Männer und Frauen gleichermaßen, ob miteinander verwandt oder nicht. Wer sich an diese Umgangsformen nicht hält, der gilt als Stoffel. Mehr noch, wer in Kenntnis der hiesigen Höflichkeitsformen es ablehnt, sich daran zu halten, kann nicht erwarten, akzeptiert zu werden.
In die Augen schauen:
Bei einigen muslimisch geprägten Kulturen sieht man sich bei einem Gespräch nicht in die Augen – das würde als äußerst unhöflich empfunden. Wenn eine Frau einem Mann in die Augen sieht oder umgekehrt, könnte dies als sexuelles Interesse verstanden werden.
Kommentar:
Ich vermisse die Aufforderung an die angesprochenen Einheimischen, ihren Gästen aus den genannten muslimisch geprägten Kulturen klar zu machen, daß deren geschilderte Umgangsformen bei uns als grob unhöflich empfunden werden. Die Vorstellung, man blicke seinem bzw. seiner Gegenüber aus sexuellem Interesse in die Augen, werde bei uns als Ausprägung krankhafter sexueller Phantasien empfunden. Wer bei uns willkommen sein wolle, der müsse sich schon auch insoweit an unsere Umgangsformen gewöhnen und sie praktizieren.
Die Sache mit den Schuhen…
In vielen Ländern üblich: vor Betreten der Wohnung oder des Hauses werden die Schuhe ausgezogen.
Kommentar:
Hier überschneiden sich wohl die Gewohnheiten von Einheimischen und Migranten. Allerdings ist es bei uns so, daß man sich in aller Regel einfach erst einmal darüber verständigt, wie man das halten will. Absolutes Dreckwetter natürlich ausgenommen. Auch diese Feinheiten unserer Umgangsformen sollte beherrschen, wer hier auf Dauer heimisch werden will.
Die Sache mit der Zeit….
Die Deutschen haben die Uhren, andere haben die Zeit. Das Zeitverständnis in vielen Kulturen richtet sich nach Jahreszeiten, Tageszeiten oder anderen Gegebenheiten, jedoch nicht nach der Uhr. Pünktlichkeit wird daher nicht großgeschrieben. Und das Verständnis für Zeitvorgaben ist nur wenig vorhanden.
Kommentar:
Natürlich ist das so. Allerdings erlaube ich mir die Bemerkung, daß die Rückständigkeit jener Länder, insbesondere ihre bescheidene wirtschaftliche Leistungskraft unter anderem auch auf die beschriebenen Eigenheiten zurückzuführen ist. Würden wir das übernehmen, wäre damit wohl langfristig das Problem der massenhaften Zuwanderung gelöst. Denn die wirtschaftliche Attraktivität unseres Landes würde mehr und mehr schwinden. An die Einheimischen sollte daher nach dieser Beschreibung die Aufforderung gerichtet werden, ihre Gäste darüber aufzuklären, daß unser Wohlstand zu einem guten Teil darauf beruht, daß wir die Uhren nicht nur haben, sondern auch benutzen, und die Probleme jener Länder, die sie mangels Perspektive verlassen haben, unter anderem darauf beruhen, daß man dort die Zeit hat, ohne sie zu nutzen.
… Krankheit…
In vielen Kulturen spricht man mit den Kranken nicht über ihre Krankheit. Üblich in vielen Ländern ist, dass man den Kranken Unklaren über seine Erkrankungen lässt.
Kommentar:
Es mag in Einzelfällen ein Akt der Barmherzigkeit sein, mit dem Kranken nicht über seine Krankheit zu sprechen. Vor allem dann nicht, wenn keine Aussicht auf Heilung besteht. An die Einheimischen sollte jedoch die Empfehlung ausgesprochen werden, ihren Gästen zu erläutern, warum das bei uns völlig anders ist. Neben der menschlichen Neugier, die selbstverständlich im Small Talk über Wehwehchen eine Rolle spielt, ist das Gespräch über die Krankheit des Gegenüber durchaus sinnvoll, zum Beispiel im Hinblick auf die Empfehlung von bestimmten Ärzten, Krankenhäusern oder Therapien. Wir sind eben eine offene Gesellschaft, die sich vor allem auch als Informationsgesellschaft nicht nur in der Förderung des wirtschaftlichen Erfolges, sondern auch in der Verbesserung des Alltagslebens abgeschlossenen archaischen Gesellschaften als überlegen erweist.
Die Sache mit den Einladungen und Besuchen…
Üblich in vielen Ländern ist: Man geht einfach jemanden besuchen. Die Notwendigkeit einer Terminabsprache wird nicht verstanden. In der Regel ist es so: Egal wann man jemanden besucht, man bekommt immer etwas angeboten. In der Tür stehen und sich unterhalten ist nicht üblich.
Kommentar:
Es fehlt die Empfehlung an die Einheimischen, diese Information dazu zu benutzen, ihre Gäste über die völlig andere Kultur des Zusammenlebens bei uns zu informieren, und dabei vor allem die Vorteile der bei uns üblichen Verhaltensweisen aufzuzeigen. Das gilt nicht nur für die allgemein als unhöflich empfundenen unangekündigten Besuche, sondern vermehrt auch für die Unabdingbarkeit von Terminabsprachen in einer durchorganisierten und zeitlich eng getakteten Lebenswelt.
Es zeigt: wir brauchen AugenÖffner, die helfen Missverständnisse aufzuklären und ein beidseitiges Verstehen fördern.
Kommentar:
In der Tat brauchen wir „Augenöffner“, die helfen Mißverständnisse aufzuklären und ein beidseitiges Verstehen fördern. Die oben zitierte Handreichung ohne die aus meiner Sicht unbedingt notwendigen Empfehlungen für die Einheimischen zum Umgang mit ihren Gästen, die ja (hoffentlich) aus Gästen zu Einheimischen werden wollen, ist eher kontraproduktiv. Denn damit wird doch gefordert, die Kultur der Zuwanderer dem Zusammenleben mit ihnen zugrunde zu legen. Mit anderen Worten: nicht die Zuwanderer, sondern die Einheimischen müssen sich anpassen. Paradox. Dabei nützt es wenig, daß es auf der Internetseite des Vereins ja auch einen Katalog gibt, der über das Leben in Deutschland aufklärt. Denn es ist keineswegs sicher, daß er von einer nennenswerten Zahl der Adressaten überhaupt gelesen wird. Schließlich sind nicht wenige von Ihnen nicht einmal imstande, Texte in ihrer Muttersprache zu lesen oder gar zu verstehen. Vielmehr ist es wichtig, daß die Einheimischen jede Gelegenheit nutzen, den Migranten zu erklären, wie es bei uns zugeht und warum. So aber wird den Einheimischen der Eindruck vermittelt, man müsse die Eigenheiten der Zuwanderer verstehen und alles werde gut. Davon haben beide Seiten nichts.