dann wird es eben passend gemacht.
Das scheint jedenfalls die Auffassung des Sozialsenators der Freien und Hansestadt Hamburg zu sein. Wie komme ich zu dieser Aussage? Kurz zum Sachverhalt. Im zweifellos noblen Stadtteil Harvestehude der Hansestadt, die von einer Bebauung mit schönen und repräsentativen Wohnhäusern (Villen) geprägt ist, steht seit vielen Jahren das ehemalige Kreiswehrersatzamt leer. Auch die Hansestadt Hamburg steht vor dem Problem, den ständig anschwellenden Strom von Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen irgendwo unterbringen zu müssen. Da kam dieses große leerstehende Bürogebäude gerade recht, meinte man in der Hamburger Baubehörde und erteilte am 26. September 2014 eine Baugenehmigung für die „öffentlich-rechtliche Unterbringung in Wohneinheiten“ in dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt, wonach dort bis zu 220 Personen in 23 Wohneinheiten unterschiedlicher Größe (Wohnflächen von 50 m² bis zu 240 m²) mit zwei,drei, vier, fünf oder acht Zimmern untergebracht werden sollen. Gegen diesen Bescheid erhoben drei Nachbarn Widerspruch und beantragten beim Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Zur Begründung führten sie an, die Nutzung des Gebäudes als Unterkunft für Asylbewerber und Flüchtlinge verändere den Charakter dieses Wohngebiets nachteilig. Sie hätten doch einen Anspruch auf Erhaltung des Gebietscharakters. Diesem Argument folgte das Verwaltungsgericht Hamburg auch mit Beschluss vom 22. Januar 2015. Die Freie und Hansestadt Hamburg sowie der künftige Betreiber des Flüchtlingsheims legten dagegen Beschwerde ein, die das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28.Mai 2015 zurückwies. Auf absehbare Zeit wird das ehemalige Kreiswehrersatzamt nicht mit Flüchtlingen und Asylbewerbern belegt werden. Auch das Oberverwaltungsgericht ist der Auffassung, daß man es den umliegenden Nachbarn in einem solchen Baugebiet einfach nicht zumuten kann, eine derartige Einrichtung in ihrer unmittelbaren Nähe zu haben. Maßstab für die Zulässigkeit einer solchen Nutzung sei die Gebietsverträglichkeit, bei der es um die Frage gehe, ob ein Vorhaben – unabhängig vom Einzelfall – mit der Eigenart des Gebietes städtebaulich verträglich sei. Das Vorhaben sei gebietsunverträglich, weil es aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirke. Denn die typischerweise bestehende räumliche Enge in einer Flüchtlingsunterkunft werde häufig dazu führen, daß sich die Bewohner nicht nur in den Gemeinschaftsräumen, sondern in größerer Zahl auch im Freien vor der Unterkunft aufhalten würden. Dies sei geeignet, eine Unruhe in das Gebiet zu bringen, die eine erhebliche Auswirkung auf die im besonders geschützten Wohngebiet erstrebte gebietsbezogene Wohnruhe darstelle. Bei diesen Auswirkungen einer Flüchtlingsunterkunft handele es sich auch nicht bloß um wohnähnliche Störungen, die ungeeignet seien, in einem Wohngebiet eine Gebietsunverträglichkeit zu begründen. Denn die Auswirkungen beruhten auf den besonderen Verhältnissen in einer Flüchtlingsunterkunft, die in vergleichbarer Weise in einem Wohngebäude so regelmäßig nicht anzutreffen seien. Dazu gehörten beispielsweise solche Umstände, wie ein mit dieser Nutzung einhergehender gesteigerter Ziel- und Quellverkehr, sowie die Tatsache, daß sich nach der Lebenserfahrung das Leben in dieser Einrichtung vielfach im Freien vor dem Hause abspielen werde, was zu entsprechenden Unzuträglichkeiten führen werde, für die es nicht einmal auf die absolute Geräuschentwicklung ankomme. Das alles sei mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht in Einklang zu bringen, zu der unter anderem die Berücksichtigung der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen gehöre.
Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht möglich. Deswegen will der Hamburger Senat nun nach den Worten seines Sozialsenators den Bebauungsplan ändern. „Wir werden hier modernes Planrecht schaffen und sind fest entschlossen, so die dauerhafte Unterbringung von 220 Flüchtlingen an der Sophienterrasse zu ermöglichen!“ Also wird das Recht passend gemacht, wenn es nicht paßt. Natürlich wird auch hier die Änderung der einschlägigen Hamburger Bausatzung nicht das letzte Wort sein. Auch gegen Gesetze und Satzungen kann geklagt werden. Den betroffenen Nachbarn wird ja auch nichts anderes übrig bleiben. Derartige Verfahren nehmen auch erhebliche Zeit in Anspruch. Zu wünschen ist, daß bis dahin das Asyl-und Flüchtlingsproblem sich in anderer Weise erledigt hat, am besten dadurch, daß die Probleme in den Herkunftsländern dieser Menschen so gelöst werden, daß sie keinen Grund mehr haben, ihr Heimatland zu verlassen.
Interessant ist allerdings, wie gewisse Politiker, zu denen jener famose Sozialsenator offenbar gehört, über die Rechte ihrer Bürger und Wähler denken. Jener Herr Scheele (SPD) wird mit der Aussage zitiert, es seien ja nur „drei reiche Pinsel“ in Harvestehude, die da Stimmung machten. Damit sind offenbar die drei Antragsteller des erwähnten Verfahrens vor den Hamburger Verwaltungsgerichten gemeint. Daß diese „drei reichen Pinsel“ ersichtlich zu den 10 % der Steuerzahler gehören, die ca. 50 % des Steueraufkommens leisten, und deren Arbeitnehmer neben den öffentlich Bediensteten für die zweite Hälfte aufkommen, scheint dieser Leuchte der Hamburger Politik entweder nicht bewußt oder aber völlig gleichgültig zu sein. Das Verhältnis dieses Mitgliedes der Hamburgischen Landesregierung zur Dritten Gewalt – den Gerichten – scheint ein ganz besonderes zu sein.
Aufschlussreich ist auch der Sprachgebrauch dieses Herrn. Gerade seine politischen Freunde werden nicht müde, ihren politischen Gegnern eine menschenverachtende Sprache vorzuwerfen, wenn sie sich erdreisten, Mißstände beim Namen zu nennen. Wer sich indessen dem Gutmenschentum verweigert, der darf getrost mit abfälligen Vokabeln belegt werden.
Aus einer solchen Haltung spricht auch ein erhebliches Maß an Geringschätzung für solche Bürger, die nicht bereit sind, persönlich jede Zumutung zu tragen, die ihnen von der Politik angesonnen wird. Wenn die Politik uns eben befiehlt, eine sogenannte Willkommenskultur zu entwickeln, und jeden willkommen zu heißen, den wir selbst gar nicht eingeladen haben, dann haben wir eben zu gehorchen. Und wer da glaubt, er könne sich für viel Geld, das er sich in den meisten Fällen auch durch seine Leistung verdient hat, wenigstens ein ruhiges Privatleben kaufen, dem muß klargemacht werden, daß eine solche Haltung nicht geduldet wird. Und wenn das Recht dazu nicht paßt, dann wird es eben passend gemacht. Wenn die Gerichte nicht mitmachen, dann werden eben Gesetze geändert.
Politiker werden gewählt. Vielleicht kommt inzwischen so manchem in Hamburg ein Zitat von Bert Brecht in den Sinn. „Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.“