Die Bundeskanzlerin befahl, Hauptmann der Reserve Christian Lindner salutierte und befahl seinerseits dem mit den Stimmen der Zwangsnazis gewählten Thüringer Ministerpräsidenten den Rücktritt. Auch dieser Befehl wurde natürlich umgehend ausgeführt. Damit ist aus der Sicht der politischen Klasse und ihrer Weihrauchkessel schwingenden Ministranten in den Medien der politische Sündenfall gerade noch rechtzeitig rückgängig gemacht worden, gerade noch rechtzeitig jedenfalls bevor der Thüringer Landtag zum politischen Sündenpfuhl werden konnte. Allerdings sollten diese demokratischen Erzengel künftig davon absehen, mit den Fingern auf Diktaturen wie China oder autokratische Regime wie Russland und die Türkei zu zeigen. Denn sie haben nun gleichgezogen.
Der Sündenfall
Zur Erinnerung: Am 05.02.2020 hat eine Mehrheit der Abgeordneten des Thüringer Landtags in freier und geheimer Wahl den Vorsitzenden der FDP-Fraktion zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Darüber wäre wohl kaum ein Wort verloren worden, hätten nicht offensichtlich auch die 22 Abgeordneten der AfD-Fraktion ihn gewählt, wie das die Abgeordneten von CDU und FDP offensichtlich auch getan hatten. Die AfD gilt jedoch den übrigen Parteien als Schmutzkonkurrenz, wohl vor allem deswegen, weil sich hier politische Neulinge erdreisten, auf der politischen Bühne mitzuspielen, ja mitbestimmen zu wollen, mehr noch, den Allparteienkonsens hinsichtlich Europapolitik, Euro-„Rettung“ und Migrationspolitik empfindlich zu stören. Und das sind sakrosankte politische Ziele, ja gewissermaßen Heilserwartungen und quasireligiöse Dogmen. Wer so etwas tut, kann nur ein Nazi sein, und deswegen hat er es auch in den Augen der Wähler zu sein.
Die Zwangsnazifizierung
Und diese Zwangsnazifizierung wird den Bürgern unseres Landes täglich mit dem Nürnberger Trichter ins Hirn gespült, wobei die Radikalität der Wortwahl und der Argumentation immer mehr zunimmt. Man entblödet sich ja nicht, ganz offen von Nazis zu sprechen, in der Hoffnung, die stete Wiederholung werde überzeugend wirken. Daß diese Vokabel noch vor mehr als 70 Jahren von einem deutschen Oberlandesgericht als Beleidigung klassifiziert worden ist, lag wohl nur daran, daß man damals noch ganz genau wußte, was Nazis eigentlich sind. Heute indessen sind Nazis schlicht und einfach diejenigen, die den Konsens stören. Und Konsens ist aus der Sicht dieses Allparteienklüngels das Merkmal der Demokratie. Wer den Konsens stört, ist demgemäß kein Demokrat. Und wer kein Demokrat ist, kann ja nur ein Nazi sein. Daß man damit nicht nur die 22 Abgeordneten der AfD im Thüringer Landtag (und natürlich ihre Kollegen im Deutschen Bundestag und den anderen Landtagen) in übelster Weise verleumdet, und auch die 259.382 Thüringer Wähler, die diese Partei gewählt haben, gleich mit, ebenso wie die 5.878.115 Wähler in Deutschland, die 2017 bei der Bundestagswahl AfD gewählt haben, spielt für diese Spezialdemokraten offenbar keine Rolle.
Wenn die Verfassung nicht geändert werden kann, wird sie eben gebrochen
Zur Erinnerung: Sowohl Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes als auch Art. 53 Abs. 1 der Thüringer Verfassung geben den Abgeordneten unserer Parlamente ein freies, unabhängiges Mandat. Sie sind keinen Weisungen, sondern ausschließlich ihrem Gewissen unterworfen. Demgemäß hätten die Parteiführungen von CDU/SPD/FDP/Grünen/Linken die Wahl jener 45 Abgeordneten des Thüringer Landtages schlicht akzeptieren und abwarten müssen, wie sich eine Regierung Kemmerich dann geschlagen hätte. Wie weit sie gekommen wäre, hätte dann im freien Spiel der demokratischen Kräfte ausgetestet werden können. Wenn man schon dieses Wahlverhalten der eigenen Parteimitglieder missbilligte, dann wäre im Zuge der Kandidatenaufstellung für die nächste Wahl Raum dafür gewesen, die Mitglieder an der Basis und die von diesen gewählten Delegierten für die Aufstellungsversammlungen davon zu überzeugen, daß jene Parteifreunde aus der Sicht ihrer Parteivorstände ungeeignet seien und zur Wahl anderer Kandidaten aufzurufen. Mit welchem Erfolg, hängt natürlich alleine von diesen Delegierten ab. Auch hier gilt eben nicht das Prinzip von Befehl und Gehorsam. So sieht es das Grundgesetz vor, und so steht es in den Wahlgesetzen und den einschlägigen Satzungen der Parteien.
Haben Merkel/Söder/Lindner e tutti quanti noch das richtige Volk?
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Das ist offenbar nicht mehr gültig. Ohne förmliche Änderung der Verfassung, die gemäß Art. 79 Abs. 3 GG überhaupt nicht möglich wäre, hat man diesen Passus faktisch aus dem Grundgesetz gestrichen und durch die Formel ersetzt: Alle Staatsgewalt geht vom Rat der Parteivorsitzenden aus. Natürlich wird in diesen Rat nicht aufgenommen, wer Nazi ist. Und wer Nazi ist, bestimmt der Rat der Parteivorsitzenden. Daran ändert es nichts, daß das Volk eben auch diese Nazis gewählt hat. Es war damit eben unbotmäßig. Sollte die politische Klasse unseres Landes da nicht den Rat des Dichters Bertolt Brecht befolgen: „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“
Zum letzten Satz:
Ja, die Regierung scheint in der Tat auf der Suche nach einem neuen Staatsvolk zu sein. Dies wäre eine Erklärung für die Grenzöffnung* von 2015. Auch scheint nicht mehr jeder vor dem Gesetz gleich zu sein: Während Frau Künast (nach erster Instanz) noch folgenlos auf das Übelste beleidigt werden konnte, schlägt der Begriff „Quotenmigrantin der SPD“ (Frau Chebli) mit 1.500 € zu Buche. Dabei sind doch im eher linken Parteienspektrum Frau und Muslimin Schlüsselqualifikationen für eine Parteikarriere.
*Ich weiß nicht, ob Grenzöffnung der korrekte Begriff ist, denn innerhalb des Schengen-Raums sind die Grenzen ja offen.