Ist die AfD völkisch und undemokratisch?

Aus Schülerzeiten  kennen wir das. Wer neu in der Klasse ist, hat es schwer. In der Politik gilt dieser Grundsatz offenbar vermehrt. Die Grünen der frühen achtziger Jahre konnten davon ein Lied singen. Als heute etablierte und von den Medien gehätschelt Partei wollen sie sich daran lieber nicht erinnern. Daß es der AfD als Neugründung ebenso ergehen würde, war zu erwarten. Nicht zu erwarten war indessen der Haß, der ihr nicht nur von der etablierten Konkurrenz, sondern noch mehr aus dem politisch korrekten Milieu entgegen schlug und weiter entgegenschlägt. Das zeigt sich insbesondere an der Behauptung, diese Partei verneine grundlegende Regeln unserer Verfassung, wie etwa die Achtung vor den Menschenrechten und die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat. Ersteres wird der Behauptung unterlegt, statt der Achtung eines jeden Menschen als Person stehe bei ihr die Unterscheidung zwischen blutsmäßigen deutschen und „fremdvölkischen“ Menschen, wobei erstere natürlich von höherem Wert seien und deswegen alleine „richtige“ Deutsche sein könnten. Demokratie und Rechtsstaat wolle man durch das Führerprinzip ersetzen. Mehr oder weniger offen werden diese Zuschreibungen gebetsmühlenartig formuliert.

Nun gibt es die spöttische Redensart: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Im Zusammenhang mit unserem Thema muß man allerdings diesen Satz dahingehend abwandeln, daß Erkenntnisse nur gewinnen kann, wer auch lesen will. Um die Behauptung der NS-Affinität dieser Partei überprüfen zu können, muß man natürlich erst einmal nachlesen, was die NSDAP seinerzeit eigentlich wollte. Ihr Kronzeuge ist natürlich Adolf Hitler selbst. In seinem programmatischen Buch „Mein Kampf“ schreibt er unter anderem:

„Wenn wir versuchen, aus dem Worte „völkisch“ den sinngemäßen innersten Kern herauszuschälen, kommen wir zu folgender Feststellung: Unsere heutige landläufige politische Weltauffassung beruht im allgemeinen auf der Vorstellung, daß dem Staate zwar an sich schöpferische, kulturbildende Kraft zuzusprechen sei, daß er aber mit rassischen Voraussetzungen nichts zu tun habe, sondern eher noch ein Produkt wirtschaftlicher Notwendigkeiten, bestenfalls aber das natürliche Ergebnis politischen Machtdranges sei. Diese Grundanschauung führt in ihrer logisch-konsequenten Weiterbildung nicht nur zu einer Verkennung rassischer Urkräfte, sondern auch zu einer Minderbewertung der Person. Denn die Ableitung der Verschiedenheit der einzelnen Rassen in Bezug auf ihre allgemeinen kulturbildenden Kräfte muß zwangsläufig diesen größten Irrtum auch auf die Beurteilung der Einzelperson übertragen.“ und weiter: „Es wäre ein Wahnwitz, den Wert des Menschen nach seiner Rassenzugehörigkeit abschätzen zu wollen, mithin dem marxistischen Standpunkt: „Mensch ist gleich Mensch“ den Krieg zu erklären, wenn man dann doch nicht entschlossen ist, auch die letzten Konsequenzen zu ziehen. Die letzte Konsequenz der Anerkennung der Bedeutung des Blutes, also der rassenmäßigen Grundlage im allgemeinen, ist aber die Übertragung dieser Einschätzung auf die einzelne Person.“ Und weiter: „Eine Weltanschauung, die sich bestrebt, unter Ablehnung des demokratischen Massengedankens, dem besten Volk, also dem höchsten Menschen, diese Erde zu geben, muss logischerweise auch innerhalb dieses Volkes wieder dem gleichen aristokratischen Trieb gehorchen und den besten Köpfen die Führung und den höchsten Einfluß im betreffenden Volke sichern. Damit baut sie nicht auf dem Gedanken der Majorität, sondern auf den der Persönlichkeit auf.“

Der seinerzeit führende Verfassungsrechtler und politische Theoretiker des Nationalsozialismus, Ernst Rudolf Huber, skizzierte das völkische Staatswesen folgendermaßen:

„Das politische Volk ist als geschichtliche Erscheinung durch die Prinzipien der Einheit und Ganzheit bestimmt. Nur als Einheit und Ganzheit ist das Volk eine politische Wirklichkeit.  Die Freiheit und Selbstherrlichkeit des einzelnen, von der jedes politische Denken ausging, zerstörten die innere Einheit der Gemeinschaft und lösten jede ganzheitliche Ordnung auf.“ Die Prinzipien von Einheit und Ganzheit setzten nach Huber voraus, daß innerhalb der „völkischen Einheit“ nur „organische Gliederungen“, nicht aber „feindliche Gruppen und Klassen“ bestehen könnten:  „Denn die Parteienbildung ist kein Ausdruck naturgegebener, organischer Verschiedenheit im Volkskörper, sondern sie bedeutet eine willkürliche Zerreißprobe, die die politische Gemeinsamkeit in Frage stellt. Die völkische Einheit setzt eine einheitliche politische Weltanschauung voraus, die allein und ausschließlich Geltung besitzt. Jede Parteienspaltung wäre mit diesem Prinzip politisch weltanschaulicher Einheit unvereinbar. Im Unterschied zur Demokratie, in der der politische Prozess sich in Form von Abstimmungen und nach dem Mehrheitsprinzip vollzieht (Art. 20 GG) handelt Huber zufolge das auf „völkischer“ Grundlage geeinte Volk nur geschlossen, und zwar „nach dem Prinzip von Führung und Gefolgschaft.“

Betrachten wir nun die Programme der AfD. In ihrem Grundsatzprogramm wird das Kapitel 7 – Kultur, Sprache und Identität – mit folgender Präambel eingeleitet:

„Deutschland gehört zu den großen europäischen Kulturnationen. Deutsche Schriftsteller und Philosophen, deutsche Musiker, bildende Künstler und Architekten, in jüngerer Zeit auch deutsche Designer und Filmemacher, haben wesentliche Beiträge zu ihren jeweiligen Disziplinen im weltweiten Maßstab geleistet. Kultur ist außerdem die zentrale Klammer, in der sich auch ein neues Politikverständnis sehen muß. Unser aller Identität ist vorrangig kulturell determiniert. Sie kann nicht dem freien Spiel der Kräfte ausgesetzt werden. Vielmehr soll ein Bewußtsein gestärkt werden, welches kulturelle Verbundenheit wahrnimmt, fördert und schützt. Für die AfD ist der Zusammenhang von Bildung, Kultur und Identität für die Entwicklung der Gesellschaft von zentraler Bedeutung.“

Im Wahlprogramm 2017 heißt es, daß über Qualität und Quantität einer Einwanderung selbst zu bestimmen, sei herausragendes Merkmal staatlicher Souveränität; das müsse auch für Deutschland gelten. Ausführlich werden Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip im ersten Kapitel des Wahlprogramms so vorgestellt, wie es auch in den einschlägigen Artikeln unserer Verfassung festgeschrieben ist. Auch die Forderung nach einer Reform des Staatsbürgerrechts in Gestalt einer Rückkehr zum bis 2000 geltenden Abstammungsprinzip ist in diesem Rahmen nicht anstößig, denn auch die erbittertsten Feinde der AfD werden nicht behaupten wollen, bis zum Jahre 2000 habe in Deutschland ein völkisches Staatsbürgerrecht gegolten.

Wer also lesen kann und will, kann nicht ernsthaft auch nur annähernd von völkischen oder demokratiefeindlichen Bestrebungen dieser Partei sprechen. Vielmehr steht sie programmatisch genauso fest auf dem Boden unserer Verfassung, wie die anderen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Genau deswegen versuchen ja offensichtlich viele ihrer Feinde, ihr solche Bestrebungen ohne irgend einen Beleg zu unterstellen und bemühen dafür phantasievolle Verschwörungstheorien ebenso wie im Wege abenteuerlicher Hermeneutik aus einzelnen Redebeiträgen herausgefilterte angebliche Substrate ihrer Politik. Dagegen nimmt sich die Wahrsagerin mit ihrer Glaskugel geradezu seriös und wissenschaftlich aus.

Wenn aber gerade bürgerliche Parteien in dieses Horn der Diffamierung blasen und die Zuschreibungen der demokratiefeindlichen Antfa übernehmen, dann ist das nicht nur dumm, sondern mittelfristig gefährlich für die Demokratie. Denn wenn die Grenzen der Verfassungsmäßigkeit verwischt und verdunkelt werden, wird die Demokratie selbst beschädigt. Abgesehen davon wird die Tür zum demokratischen Miteinander so fest zugeschlagen, daß man sie später wohl nur noch sehr mühsam wieder öffnen kann. Von dieser Torheit profitieren auf Dauer nur die Feinde bürgerlch-konservativer, aber auch liberaler Politik. Intelligente, vorausschauende und umsichtige Politik ist das nicht.

 

 

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