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Die Feinde der Meinungsfreiheit

Der Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist das in unserer Verfassung garantierte Recht der Meinungsfreiheit, so wie es vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung seit 1958 immer wieder definiert wird.

Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (un des droits les plus précieux de l“homme nach Artikel 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789). Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205]). Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt, „the matrix, the indispensable condition of nearly every other form of freedom“ (Cardozo). [Cardozo war ein seinerzeit berühmter Richter des US Supreme Courts]

Zitat aus dem sog. Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.Januar 1958, Az.: 1 BvR 400/51.

Der Maßstab

Ich habe dieses Zitat aus dem grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bedeutung der Meinungsfreiheit meinen Ausführungen vorangestellt. Denn es gibt den Maßstab vor, der alle staatliche Gewalt im Umgang mit den Freiheitsrechten der Bürger beschränkt. Hervorzuheben sind dabei vor allem zwei Gesichtspunkte: Zum einen handelt es sich hier um das meines Wissens erste und einzige Mal, wo das Bundesverfassungsgericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung Zitate in der Originalsprache neben der deutschen Übersetzung benutzt. Gerade der Rückgriff auf die allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus der französischen Revolution belegt, welch grundsätzliche Bedeutung das Gericht dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit einräumt. Zum anderen ist auch der Ausgangspunkt dieser Entscheidung für ihre Einordnung in unser Rechtssystem erhellend. Ein hoher Beamter des Hamburger Senats hatte privat, nicht amtlich, zum Boykott eines Spielfilms des Regisseurs Veit Harlan aufgerufen. Nun verstoßen Boykottaufrufe, jedenfalls dann, wenn sie nachteilige wirtschaftliche Folgen für Dritte nach sich ziehen können, klar gegen § 826 BGB, der die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung Dritter verbietet. Deswegen verurteilte das Landgericht Hamburg jenen Herrn Lüth, der dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts unfreiwillig seinen Namen gegeben hat, mit Urteil vom 22.11.1951 zur Unterlassung eines solchen Boykottaufrufs. Doch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hatte das Landgericht zu Unrecht angenommen, Herr Lüth habe damit gegen ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 GG verstoßen, nämlich die zitierte Vorschrift des BGB. Denn bei der Auslegung auch von Normen unterhalb des Grundgesetzes müßten die Grundrechte beachtet werden. Wörtlich: „Eine Meinungsäußerung, die eine Aufforderung zum Boykott enthält, verstößt nicht notwendig gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB; sie kann bei Abwägung aller Umstände des Falles durch die Freiheit der Meinungsäußerung verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein“. Das war nach Auffassung des Gerichts hier der Fall, denn die inkriminierte Meinungsäußerung des Herrn Lüth, wenige Jahre nach Beendigung der nationalsozialistischen Diktatur, der sich eben dieser Regisseur Veit Harlan in nachgerade peinlicher Weise angedient hatte, und unter anderem den berüchtigten antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ in die Kinos gebracht hatte, könne man nicht ausgerechnet in Deutschland einen Film dieses Regisseurs in die Kinos bringen, war eben nicht von niedrigen Beweggründen getragen, wie dies bei Boykottaufrufen in der Regel der Fall ist, sondern von einem beachtenswerten Motiv.

Unberührt davon bleiben natürlich Äußerungen, die eindeutig gegen die Strafgesetze verstoßen.

Eine Zeitenwende ganz eigener Natur

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht über Jahrzehnte durchgehalten, bis heute. Das war aber auch ersichtlich Konsens in Politik und Medien. Doch die Zeiten haben sich wohl geändert. Man beginnt, Meinungsäußerungen, die eindeutig nicht gegen Strafgesetze verstoßen, sondern einfach nur nicht genehm sind, zu unterbinden. Es geht offensichtlich darum, die Meinungshoheit der, man muß es wohl so sagen, herrschenden politisch-medialen Kaste jeder öffentlichen Kritik zu entziehen.

Diese Tendenz zeigt sich in den nachstehend aufgeführten Äußerungen:

In einer Runde des Spartensenders Phoenix erklärte vor kurzem ein Maik Fielitz, Leiter der Abteilung Rechtsextremismus- und Demokratieforschung am „Institut für Demokratieforschung und Zivilgesellschaft“ (IDZ), worin er die größte Gefahr für die Demokratie sieht und deutete auch an, wie er sich die Abwehr dieser Bedrohung vorstellt. Bevor es um seine Institution, ihre Struktur und ihren Zweck geht, soll Fielitz selbst zu Wort kommen. Denn er spricht aus, was nicht nur ein paar subalterne Personen im IDZ denken. In der Sendung beklagte er, daß auf X „bestimmte Menschen halt über Formate einfach auch größere Reichweiten als Qualitätsmedien erreichen und somit auch jenseits von editorischen Standards da kommunizieren können. Ich glaube, das ist halt auch alles, was eben Regulation angeht, da kann es einfach nicht auf Strafen und so weiter stehenbleiben, sondern da muss sich eigentlich eine EU überlegen, okay, wie wird einfach das digitale Mediensystem gestaltet? Kann jeder einfach mit einem Massenpublikum halt kommunizieren? Ist wirklich jeder sich der Verantwortung bewusst, und ist es einer Demokratie zuträglich?“

Dieses Institut wird, wenig überraschend, von der berüchtigten Amadeu-Antonio-Stiftung getragen. Deren linksradikale politische Ausrichtung setze ich als allgemein bekannt voraus. Gewissermaßen in ihren Genen steckt die Mentalität der Stasi unseligen Angedenkens, denn ihre Gründerin war jahrelang sogenannte IM des berüchtigten Inlandsgeheimdienstes der untergegangenen DDR, dessen Aufgabe es war, die Bürger zu bespitzeln, um sogenannte Klassenfeinde auszumachen.

Das zweifelhafte Grundrechtsverständnis (auch) der CDU

Aber auch führende Politiker unseres Landes arbeiten an der Einschränkung des Grundrechts der Meinungsfreiheit. Zitieren wir den wohl künftigen Bundeskanzler Friedrich Merz aus seiner aktuellen „MerzMail“:

„Die Aufregung schon über die Diskussion darüber, ob und gegebenenfalls wie die sozialen Medien von heute im digitalen Zeitalter denn kontrolliert werden sollen, ist dagegen groß. Bis in deutsche Tageszeitungen hinein wird allein der Versuch, einen Rechtsrahmen für die Plattformen zu schaffen, die strafbare Handlungen in der Lage wären zu unterbinden, schon als Anschlag auf die Meinungsfreiheit gesehen. Und es wird die Entscheidung von Mark Zuckerberg geradezu bejubelt, nach dem Vorbild von X nun auch auf Facebook und Instagram auf die Zusammenarbeit mit externen Faktencheck-Redaktionen zu verzichten.

Zugegeben, es ist eine Gratwanderung. Aber ist es wirklich so, dass die Meinungsfreiheit nur dann gewährleistet ist, wenn jeder alles schreiben und senden darf, was er will, egal ob richtig oder falsch? Ja, „richtig“ und „falsch“ mögen die falschen Kategorien sein, anhand derer Inhalte geprüft werden. Aber soll deshalb alles erlaubt sein? Grobe Falschmeldungen, KI-generierte, täuschend echt aussehende, aber grob gefälschte Memes mit Aussagen, die der vermeintliche Verfasser nie gemacht hat? Einflussversuche ausländischer Regierungen und ganzer Trollarmeen, die beständig die Plattformen fluten mit Propaganda und Fake News? Sollen wir resignieren und uns allenfalls selbst auf das Niveau von Propaganda und Fake News begeben, um dem Meinungskrieg auf den Plattformen wenigstens etwas entgegenzusetzen?“

Gerade der Volljurist und ehemalige Richter Friedrich Merz sollte doch wissen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs auch falsche, unsinnige und sogar unvertretbare Meinungen unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen. Der Staat hat auch kritische und polemische Meinungsäußerungen auszuhalten, was das Bundesverfassungsgericht erst im vergangenen Jahr entschieden hat. Das gilt natürlich generell für die Politiker, denen wir derartige Gesetze wie das Gesetz über digitale Dienste verdanken. Sie bieten die Instrumente dafür, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung schleichend auszuhöhlen und letztendlich zu einem rechtlich bedeutungslosen Programmsatz herabzustufen. Man könnte hier über den Tatbestand der verfassungsfeindlichen Bestrebungen nach dem Gesetz über den Bundesverfassungsschutz nachdenken.

Dem folgen dann auch Taten. Der hessische Innenminister Roman Posek (CDU) hat mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 eine „Offensive gegen Desinformation“ angekündigt. In seinen Ausführungen fällt ein Begriff besonders auf: „ungefilterte Meinungen“. Dieser Politiker befürchtet, daß sich falsche Nachrichten ungehindert ausbreiten könnten. Besonders soziale Medien seien eine Brutstätte dieser ungefilterten Meinungen. Deswegen habe man in Hessen nun eine Sonderauswertungseinheit beim Landesamt für Verfassungsschutz eingerichtet, die Informationen bündeln und Informationskampagnen schneller erkennen soll. Wohlgemerkt geht es nicht um strafbare Inhalte und Meinungen. Es geht offensichtlich um solche Meinungsäußerungen, die dem politischen Mainstream zuwiderlaufen. Die Bürger sollen sie am besten erst gar nicht zur Kenntnis nehmen können, denn damit wird zuverlässig die Gefahr ausgeschaltet, daß die Bürger anders denken, als sie nach Meinung der politisch-medialen Kaste unseres Landes denken sollen. Das erfordert dann eben die erwünschten „gefilterten“ Meinungen im Netz. Diese Geisteshaltung ist mit dem Menschenbild unseres Grundgesetzes nicht vereinbar. Wie gerade die Art. 2 (Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit) und Art. 5 (Meinungsfreiheit) zeigen, sieht unsere Verfassung die Bürger des Landes als mündige Bürger an, die insbesondere keiner Bevormundung dürfen, gerade auch was ihre Meinungsbildung angeht. In der Demokratie geht ja nun nach der unabänderlichen Vorschrift des Art. 20 GG alle Staatsgewalt vom Volke aus. Das bedingt, daß die Bürger selbst sich ihre Meinung bilden, auf deren Grundlage sie Politiker mit Macht auf Zeit ausstatten und nicht etwa, daß die Regierung den Bürgern bei der Meinungsbildung auch nur behilflich ist, geschweige denn sie steuert. Die Meinungsbildung in der Demokratie vollzieht sich von unten nach oben und nicht umgekehrt. Genau deswegen will die politisch-mediale Kaste diese Meinungsbildung steuern.

Das Zensurgesetz des Internetzeitalters

Zur Umsetzung der staatlich gesteuerten Meinungsbildung dient dann natürlich auch die Umsetzung des Gesetzes über digitale Dienste, welches auf der Grundlage der einschlägigen EU-Richtlinie aus dem Jahr 2022 bereits zwei Jahre später Anfang 2024 vom Deutschen Bundestag mit überwältigender Mehrheit beschlossen worden ist. Aus der Sicht der Politik soll dieses Gesetz natürlich die Nutzer der digitalen Medien schützen, nämlich vor „irreführenden Nachrichten“. Das Gesetz über digitale Dienste erleichtert nach Auffassung der Europäischen Union und der Bundesregierung die Entfernung illegaler Inhalte und schützt die Grundrechte der „Nutzerinnen und Nutzer“. Es verpflichtet im Ergebnis die Plattformbetreiber dazu, Meinungsäußerungen ausdrücklich unterhalb der Strafbarkeitsschwelle zu blockieren, wenn sie eben kritisch etwa gegenüber der Einwanderungspolitik oder dem sogenannten Klimaschutz argumentieren. Letztendlich wird es dann derartigen Institutionen ermöglicht, auf der Basis von Meldungen sogenannter Faktenchecker oder „Trusted Flagger“ wie der unsäglichen Desinformationsagentur correctiv oder der fragwürdigen NGO REspect derartige Beiträge zu löschen. Nicht die Gerichte, sondern weder gesetzlich noch demokratisch legitimierte Personen entscheiden dann darüber, was veröffentlicht werden darf, und was nicht. Dabei ist nach Sachlage garantiert, daß an diesen Stellen nur handverlesene, „vertrauenswürdige“ Personen mit der „richtigen“ Gesinnung sitzen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit wird hier eindeutig ausgehebelt. Das ist nicht nur ein glasklarer Verstoß gegen unsere Verfassung. Dazu der renommierte Verfassungsrechtler Professor Dr. Josef Franz Lindner:

„Wenn man später einmal den Niedergang der Meinungsfreiheit in Deutschland und den Einstieg in den Zensurstaat rekonstruieren will, wird dem Leitfaden der Bundesnetzagentur für die zertifizierten Meldestellen (den sogenannten Trusted Flaggern, welche etwaige Verstöße prüfen und diese Plattformbetreibern melden), die Rolle eines Schlüsseldokuments zukommen.“

Principiis obsta!

Wir sind nicht nur technisch weiter, als es zu Zeiten des Fürsten Metternich überhaupt denkbar war. Seine Mentalität indessen feiert fröhliche Urständ. Die Installierung derartiger privater Zensurbehörden ist geeignet, langfristig eine Mentalität in der Bevölkerung zu generieren, in der die Freiheitsrechte des Grundgesetzes keine Rolle mehr spielen, sondern die Bürger sich in scheinbarer Freiwilligkeit dem autoritären bis diktatorischen Staat unterwerfen. Dieser Weg kann ohne weiteres in ein System münden, das etwa, wie vor kurzem in Russland geschehen, unbotmäßige Rechtsanwälte in Straflager schickt. Wehret den Anfängen, sagten schon die Römer. Am 23. Februar 2025 haben die Deutschen Gelegenheit, den Anfängen zu wehren.

Kurz und klar

Kaum ein Thema bewegt die Gemüter mehr, als die Migration. Dieses Thema wird auch den gerade begonnenen Bundestagswahlkampf prägen, neben der desolaten Wirtschaft unseres Landes. Es gibt aber auch kaum ein anderes Thema, das in der Debatte von so viel Unschärfe und Missverständnissen geprägt ist wie dieses. Deswegen in aller Kürze, und somit auch für Nichtjuristen verständlich:

Sowohl das undifferenzierte Bejubeln jeder Art von Zuwanderung, gleichgültig ob es um berechtigte oder unberechtigte Asylgewährung, um berechtigte oder unberechtigte Geltendmachung eines Flüchtlingsstatus nach den Regeln der Vereinten Nationen, oder schlicht um die Suche nach einem besser bezahlten Job geht, als auch die pauschale Ablehnung der Zuwanderung aufgrund der Herkunft oder Religion von Menschen sind objektiv falsch. Einzig die Ablehnung des Rechtsmissbrauchs zum Zwecke der Zuwanderung in die Sozialsysteme ist grundsätzlich richtig. Das aber nuß man individuell feststellen.

Naive linke Träumereien und linker Rassismus

Was die Zuwanderungseuphorie linker Politiker und Journalisten angeht (Stichwort: „Es kommen Menschen zu uns!“), so braucht dazu eigentlich nichts mehr gesagt zu werden. Über die Gründe solcher Migrationslobbyisten brauchen wir auch kein Wort zu verlieren. Absicht (Stichwort: „Deutschland muß bunter werden!“) oder Dummheit, es genügt, daß eine solche Politik ganz offensichtlich falsch ist.

Auch der Dummheit setzt die Verfassung Grenzen

Was die Ablehnung der Zuwanderung von rechts angeht, so erscheint es offenbar notwendig zu sein, diesen Leuten das Einmaleins des demokratischen Rechtsstaats zu erläutern. Es ist zwar zwischenzeitlich unter Juristen nicht mehr streitig, daß es Völker (Ethnien) gibt. Es ist auch nicht streitig, daß sie durch Herkunft und Kultur bestimmt werden, und deswegen auch unterscheidbar sind. Bestandteil der Kultur sind Sprache, Bräuche, und auch religiöse Vorstellungen. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Förderung der traditionellen Kultur auch eine staatliche Aufgabe sein darf. Im Gegenteil. Was man schätzt, fördert man, was man nicht schätzt, toleriert man nur, soweit es im Rahmen der Gesetze bleibt. Die Schulen nicht nur in Deutschland vermitteln auch diese Kultur, vor allem Sprache, Geschichte und gesellschaftliche Standards. Und selbstverständlich wird das allen Schulkindern vermittelt, gleichgültig, ob sie aus seit Generationen hier ansässigen oder eben erst ins Land gekommenen Familien stammen.

Verallgemeinerungen sind halt immer falsch

Es ist auch unübersehbar und deswegen ebenfalls unstreitig, daß die ungeregelte, ob ihrer schieren Masse nicht administratierbare Zuwanderung erhebliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme mit sich bringt. Ebenso wenig kann bestritten werden, daß diese Probleme je nach Herkunft der Zuwanderer unterschiedlich sind, von praktisch nicht vorhanden bis massiv. Indessen geht es gar nicht an, aus dieser Tatsache zu schlussfolgern und die politische Forderung abzuleiten, Zuwanderer aus bestimmten Regionen grundsätzlich nicht zuzulassen bzw. umstandslos zurückzuschicken. Denn damit wird ein Kriterium angewandt, das der Menschenwürde widerspricht. Sie ist nicht nur wegen ihrer Stellung im Grundgesetz, sondern nach Überzeugung der großen Mehrheit in diesem Lande, der Juristen ohnehin, ein tragender Grundsatz unserer Verfassung. Die Menschenwürde wird von der Verfassung als unveräußerlich beschrieben, haftet also jedem Menschen kraft Geburt an, und er kann nicht einmal selbst darüber verfügen. Daraus folgt natürlich zwingend, daß man einen Menschen weder positiv noch negativ allein aufgrund seiner schieren Existenz beurteilen darf, sondern ausschließlich aufgrund seines Verhaltens und seiner Überzeugungen, die er ja jederzeit und in jede Richtung verändern kann. Seine Herkunft indessen ist von ihm nicht zu beeinflussen. Daraus folgt, daß es eben gegen die Menschenwürde verstößt, bestimmten Gruppen pauschal allein aufgrund ihrer Existenz und ihrer Herkunft die Eignung abzusprechen, sich in unsere Gesellschaft einfügen zu können. Abgesehen davon, daß es natürlich sehr viele Beispiele für das Gegenteil gibt, würde man damit Menschen allein deswegen, weil sie aus einer anderen Kultur kommen, eine andere Herkunft haben, oder auch eine andere Religion, die Fähigkeit absprechen, einen eigenen Willen zu bilden und danach zu handeln. Religiöse Überzeugungen und gesellschftliches Verhalten kann man ändern, seine Herkunft nicht. Genau das aber macht den Menschen aus und unterscheidet ihn vom Tier.

Sachpolitik versus Ideologie

Das ist auch nicht damit zu verwechseln, daß jeder Staat das Recht, möglicherweise auch die Pflicht hat, solche Menschen, die sich an seine Rechtsordnung nicht halten, gegebenenfalls wieder außer Landes zu schicken. Und auch nicht damit, daß jeder Staat das Recht hat, die Zuwanderung nach wirtschaftlichen Kriterien zu steuern, sowohl von der Zahl her, als auch der Qualifikation. Das sind alles sachliche Gesichtspunkte, die nicht an die unveränderlichen Eigenschaften eines Menschen kraft Geburt, sondern an außerhalb seiner Person liegende Kriterien anknüpfen, etwa daran, ob ein Staat daran interessiert ist, daß seine Bevölkerung wächst oder nicht wächst, oder in einem bestimmten Maß, daß seine Bürger möglichst hoch qualifiziert sind, daß die Zahl der straffälligen Bürger möglichst schon präventiv reguliert wird, und deswegen bereits niedrigschwellige Rechtsverletzungen und gesellschaftliche Unverträglichkeiten, wie etwa ein archaisches, und sei es religiös begründetes, Menschenbild dem friedlichen Zusammenleben im Lande entgegenstehen.

Bitte denken!

So viel Differenzierungsvermögen muß man einfach verlangen, auch von Politikern. Wer sich anders äußert und verhält, darf sich nicht wundern, wenn er in den Berichten des Verfassungsschutzes auftaucht und wenn er Glück hat, nur als Intellektueller Minderleister belächelt wird, wenn er Pech hat, von ihm keiner das sprichwörtliche Stück Brot haben will.

Hitler ante portas!

Mangels Feind muß ein Feindbild her!

Deutschland, genauer gesagt, seine politisch-mediale Kaste findet sich seit geraumer Zeit gefühlt in einem Abwehrkampf gegen eine heraufziehende rechtsextreme Diktatur von der Qualität des unseligen Dritten Reiches. Nachdem nun die historischen Nationalsozialisten schon lange tot sind und damit als Todfeind der Demokratie nicht mehr verfügbar, der Feind indessen auf jeden Fall rechts stehen muß, ist dann eben eine Partei, die politisch durchaus rechts von den Unionsparteien steht, zumindest als Feinddarstellung tauglich, nach eigener Überzeugung jedoch als veritabler Verfassungsfeind zu bekämpfen, obgleich das nur ein Popanz ist. Ihr ist eben die Eigenschaft als demokratische Partei abzusprechen, zwischen der Gemeinschaft der Demokraten und diesen verfassungsfeindlichen Gesellen muß dann eben eine „Brandmauer“ errichtet werden. Ihre Mitglieder unterliegen als Parias der demokratischen Gesellschaft einer Quarantäne, die bis in die Kantinen der Rathäuser wirkt und sogar die flüchtigsten gesellschaftlichen Kontakte und grundlegenden Höflichkeitsformen ausschließt, sodaß es bereits als Verstoß gegen die Quarantäneregeln gilt, wenn sich ein Vertreter der „demokratischen Parteien“ auf eine Tasse Kaffee an dem Tisch niederlässt, an dem bereits ein heimlicher Nazi sitzt.

Die Verschwörungstheorie

Da nützt es dieser Partei namens Alternative für Deutschland nichts, daß sich weder in ihrem Programm noch in irgend einer Äußerung eines führenden Politikers Bestrebungen zur Einschränkung oder gar Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung finden. Vielmehr unterstellt man schlichtweg derartige Bestrebungen. So wird von den Verfassungsschutzbehörden, die nun einmal Teil der Exekutive sind, wie auch teilweise bereits von den Gerichten, man kann es nicht anders sagen, die Verschwörungstheorie vertreten, daß diese Partei ein dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 GG zuwiderlaufendes völkisches Menschenbild vertritt, demzufolge etwa Zuwanderer alleine aus ethnischen Gründen nicht Teil des deutschen Volkes sein könnten, und nicht etwa lediglich deswegen, weil sie unabhängig von ihrer Herkunft die hiesigen Gesetze nicht einhalten oder eben langfristig nicht einmal Anstalten machen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Auch wenn das in Programmen und Äußerungen führender Politiker nirgends zu lesen ist, wird das eben schlicht unterstellt. So zum Beispiel in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13.5.2024 betreffend die Beobachtung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als sogenannter Verdachtsfall. So heißt es dort wörtlich unter anderem:

„Weder in dem Parteiprogramm noch in sonstigen Veröffentlichungen oder Äußerungen der Klägerin oder ihr zurechenbarer Anhänger finden sich eindeutige Forderungen nach einer rechtlichen Diskriminierung deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund. Hinreichende Anhaltspunkte für dahingehende Bestrebungen bieten aber auch abwertende Äußerungen, die kein konkretes Ziel benennen, aber deutlich machen, daß deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund nicht als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft angesehen werden, wenn diese Äußerungen im Zusammenhang mit der politischen Betätigung der Klägerin abgegeben werden und sich aus dem Kontext ergibt, daß der Migrationshintergrund als solcher als Problem gesehen wird und nicht lediglich – rechtlich zulässig – eine fehlende Integration beklagt oder für eine restriktive Migrations- und Einbürgerungspolitik geworben werden soll. Da die Klägerin als politische Partei grundsätzlich darauf ausgerichtet ist, die nach ihrer Überzeugung bestehenden Problemlagen nicht nur zu benennen, sondern etwaigen Fehlentwicklungen mit politischen und rechtlichen Mitteln aktiv entgegen zu steuern, rechtfertigt dies zumindest den Verdacht, daß die wahren Zielsetzungen aus taktischem Kalkül bewußt nicht vollständig offengelegt werden. (RNr. 211)

Selbst die unmissverständliche programmatische Formulierung: „Unabhängig davon, welchen ethnisch-kulturellen Hintergrund jemand hat, wie kurz oder lang seine Einbürgerung oder die seiner Vorfahren zurückliegt, er ist vor dem Gesetz genauso deutsch wie der Abkömmling einer seit Jahrhunderten in Deutschland lebenden Familie, genießt dieselben Rechte und hat dieselben Pflichten. Staatsbürger erster und zweiter Klasse gibt es für uns nicht.“ ist aus der Sicht dieses Gerichts nicht geeignet, den Verdacht zu zerstreuen, die AfD vertrete ein ganz anderes Menschenbild, in dem Zuwanderer eben tatsächlich Staatsbürger zweiter Klasse seien. Nach Zitaten der Aussagen führender Politiker der Partei (Gauland, Höcke) stellt das Gericht fest: „Diese Aussagen stellen für sich genommen keine Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen dar. Sie schließen aber auch nicht aus, daß zur Bewahrung der ‚ethnisch-kulturellen Identität‘ gegebenenfalls auch diskriminierende Maßnahmen gegenüber deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund herangezogen werden sollen.“ (RNrn. 219, 221). Damit verstößt das Oberverwaltungsgericht klar gegen die Auslegungsregel des Bundesverfassungsgerichts, wonach bei mehrdeutigen Äußerungen zugunsten desjenigen, dessen Äußerung rechtlich beanstandet wird, stets die Auslegung zu wählen ist, die aus dem rechtlich verbotenen Bereich herausführt. Hier interpretiert das Gericht nicht einmal eine Äußerung der Klägerin als rechtlich beanstandenswert, sondern stellt ganz im Gegenteil fest, daß die Äußerung an sich rechtlich unbedenklich ist, indessen doch der Verdacht gerechtfertigt sei, die Klägerin verfolge in Wahrheit verfassungsfeindliche Absichten. Dieser, mit Verlaub gesagt, verschwörungstheoretische Ansatz durchzieht die Urteilsbegründung wie der sprichwörtliche rote Faden.

Das erinnert doch fatal an die berühmte Szene in der Ringparabel des Dichters Heinrich von Kleist, wo der fanatisch antisemitische Patriarch die Verteidigung des Juden Nathan durch den jungen Tempelritter brüsk mit den Worten abschneidet: „Tut nichts, der Jude wird verbrannt!“

Der Staatsfeind wird geschaffen

Es herrscht also faktenwidrig in der politisch-medialen Kaste unseres Landes die Auffassung vor, bei der AfD handele es sich gewissermaßen um die Wiedergeburt des Nationalsozialismus. Somit müsse unter allen Umständen verhindert werden, daß sie „die Macht ergreift“, eine Formulierung nota bene, die bewußt an 1933 anknüpft. Hitler ante portas.

Warum sich 1933 nicht wiederholen kann

Unterstellen wir einmal für einen Augenblick, auch in der Wirklichkeit hätte eine eindeutig verfassungsfeindliche Partei die Bundestagswahl gewonnen und könnte die Regierung bilden. Wie 1933 würde sie ganz sicher binnen weniger Wochen die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen und eine Diktatur errichten. Ginge das überhaupt? Dazu muß man einen rechtsvergleichenden Blick auf die 1933 geltende Weimarer Verfassung einerseits und die aktuelle Verfassung unseres Landes andererseits richten. Dann fallen zwei wesentliche Unterschiede ins Auge. Zum einen kannte die Weimarer Reichsverfassung noch kein Verfassungsgericht mit den weitreichenden Befugnissen, die das Bundesverfassungsgericht hat. So kann das Bundesverfassungsgericht jederzeit auf Antrag einer politischen Partei, einer Anzahl von Abgeordneten oder auch einer Fraktion des Bundestages ein Gesetz für null und nichtig erklären. Unterhalb des Gesetzes kann dies auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ein „Ermächtigungsgesetz“ wie das am 24.3.1933 von der Reichstagsmehrheit, die bereits von der NSDAP dominiert war, beschlossene „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ würde heute auf Antrag unverzüglich vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. Alle Behörden, die Polizei und notfalls auch die Bundeswehr, wären natürlich verpflichtet, diese Entscheidung des höchsten Gerichts auch durchzusetzen. Der Versuch, auf rechtsförmigem Wege die Verfassung abzuschaffen, wäre gescheitert.

Aber auch ein am Gesetz vorbei mit Gewalt vollzogener Umsturz wäre heute nicht möglich. Die elementaren Grundsätze unserer Verfassung, zu denen sowohl der Schutz der Menschenwürde als auch vor allem die freiheitliche demokratische Grundordnung einschließlich des Rechtsstaats gehören, können bekanntlich auf legalem Wege niemals abgeschafft werden, Art. 79 Abs. 3 GG. Gemäß Art. 20 Abs. 4 GG hat darüber hinaus jedermann das Widerstandsrecht. „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Das bedeutet nicht nur, daß man in einem solchen Falle als Bürger den Diktator frank und frei zur Rede stellen und gegebenenfalls festnehmen dürfte. Vielmehr hat dieses Recht ja ausdrücklich jeder Deutsche, mithin jeder Polizeibeamte und jeder Soldat. Der große Roman Herzog hat in seiner Kommentierung dieser Verfassungsbestimmung ausgeführt, daß selbstverständlich auch die Soldaten der Bundeswehr in Ausübung dieses Widerstandsrechts sich aller Mittel bedienen dürfen, die ihnen zur Verfügung stehen, gerade auch ihrer Waffen und ihrer militärischen Organisation. Ein moderner Hitler hätte jedenfalls im Zeitpunkt seines Putschs Polizei und Militär (noch) nicht in seiner Hand, sondern gegen sich. Wer also Hitler ante Portas schreit, kennt entweder die unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen damals und heute nicht, oder er kennt sie doch, führt aber bewusst die Öffentlichkeit in die Irre. Auch wenn man mit Fug und Recht bezweifeln darf, daß ein großer Teil unserer Politiker und Journalisten hinreichende Kenntnisse in Geschichte und Recht hat, so gehe ich doch davon aus, daß hier die Absicht vorherrscht, den ungeliebten, ja verhassten politischen Gegner zu diffamieren. Hier liegt auch der Grund dafür, daß auch heute noch die Münchhausiade vom Geheimtreffen Rechtsextremer zu Potsdam im November 2023 von Politik und Medien als unumstößliche Tatsache vom Range des heliozentrischen Weltbildes behandelt wird, obgleich inzwischen Dutzende von Gerichtsentscheidungen das Gegenteil bestätigt haben.

Goethe und Hoffmann von Fallersleben wußten es schon: Politisch Lied, ein garstig Lied!

Jeder blamiert sich, so gut er kann

Immer wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Diese treuherzige Volksweisheit meinte ja damals, als die Worte noch so verstanden wurden, wie sie ohne Interpretation, genauer, Hineingeheimnissen, gemeint und zu verstehen waren, die Hoffnung, ja Lebenserfahrung, daß selbst aussichtslos erscheinende Situationen letztendlich im Guten aufgelöst werden würden. Recht war eben Recht, Unrecht war eben Unrecht. Regierung, Polizei und Verwaltung arbeiteten verlässlich daran, daß Schaden von den Bürgern des Landes abgewendet wurde. Doch Lummerland ist abgebrannt. Der gute alte Vater Staat hat abgedankt. An seine Stelle ist der Leviathan des Staatsphilosophen Thomas Hobbes getreten. Er will unser Denken und Tun bestimmen. Was er nicht will, sind freie Bürger. Was er will, ist die Unterwerfung unter seinen Willen und den Gruß seines Gesslerhuts. Wie anders soll man die folgenden Nachrichten aus dem Staate Absurdistan verstehen?

3,4 cm Terrorgefahr

Bekanntlich hat unsere fantastische Innenministerin unter dem Eindruck der tödlichen Messerattacke eines Islamisten in Mannheim Messerverbotszonen in den deutschen Innenstädten eingeführt. Offenbar sind demnach die Polizeibeamten angewiesen, auch das Mitführen von kleinen Schweizer Messern mit einer Klingenlänge von 3,4 cm als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen und natürlich diese furchterregenden Mordwerkzeuge zu beschlagnahmen. Offensichtlich ist in der Ausführungsverordnung nicht nach Klingenlänge differenziert worden, wie das ansonsten allgemein im Waffenrecht der Fall ist. Gewöhnliche, nicht zu arrentierende Taschenmesser und feststehende Messer bis zu einer Klingenlänge von 12 cm dürfen außer in den sogenannten Messerverbotszonen überall mitgeführt werden. Der Schutz der Bevölkerung vor messerschwingenden Islamisten indessen gebietet wohl, auch solche Messerchen unter das Mitführungsverbot fallen zu lassen, von denen nicht einmal in den Händen eines Terroristen wirklich eine Gefahr ausgehen kann. Jeder Spazierstock ist in den Händen eines entschlossenen Täters gefährlicher, als solche Federmesser, mit denen man zwar Briefe öffnen, aber nicht einmal problemlos Orangen schälen kann.

Glauben Sie nicht? Derzeit geht ein Video vom Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen viral durch das Internet. Dort kann man sehen, wie eine Polizeistreife eine ältere Dame anhält und auffordert, einen Blick in ihre Handtasche werfen zu können, um eventuell mitgeführte Waffen festzustellen und zu beschlagnahmen. Tatsächlich findet sich in der Handtasche ein kleines Schweizer Messer. Der Polizeibeamte stellt auch fest, daß die Klinge etwa so lang ist wie ein kleiner Finger. Allerdings muß er die Dame darüber belehren, daß sie damit gegen das Messerverbot an diesem Ort verstoßen hat. Das Messer muß er leider beschlagnahmen und der Dame überdies ankündigen, daß sie demnächst einen Bußgeldbescheid in ihrem Briefkasten vorfinden wird.

Ich selbst habe vor kurzem Gelegenheit gehabt, die Handhabung des Messerverbots durch die bayerische Polizei überprüfen zu können. Letzte Woche war ich mit meiner Frau in der Stadt, um Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Spontan wollte sie dann noch auf den Christkindlesmarkt. Wie man weiß, ist auch dieser Bereich in Nürnberg Messerverbotszone. Nun hängt an meinem Schlüsselbund die Miniaturausführung des Schweizer Messers mit einer Klingenlänge von immerhin 3,4 cm. Ich konnte mir also vorstellen, daß die Polizei angewiesen ist, auch solche Mordwaffen zu konfiszieren und wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz ein Bußgeldverfahren gegen den Besitzer einzuleiten. Also sprach ich die vor dem Weihnachtsmarkt diensthabenden Polizeibeamten an und zeigte ihnen meinen Schlüsselbund mit dem kleinen Schweizer Messer vor, verbunden mit der Frage, ob ich dieses Messer auf den Christkindlesmarkt mitnehmen dürfe, oder aber die Beamten freundlicherweise bereit wären, dieses Messer während meines Besuchs auf dem Christkindlesmarkt in ihre Obhut zu nehmen. Das bejahten die Beamten recht freundlich, wobei man ihnen ansah, was sie von dieser Vorschrift hielten.

Natürlich ist es völlig klar. Der Gewinn an an innerer Sicherheit dieses unterschiedslose Verbotes für uns von Messern aller Art in bestimmten Bereichen ist glatt null. Abgesehen davon, daß die Einhaltung dieser Vorschrift durch die Bevölkerung praktisch nicht kontrolliert werden kann, geht von einem Großteil der davon betroffenen Messer keinerlei ernsthafte Gefahr aus. Es wäre auch jedem Juristen, schon dem blutigsten Berufsanfänger, durchaus möglich eine derartige Vorschrift mit der nötigen Differenzierung zu versehen. Man müsste nur die Länge der Klinge in die Vorschrift schreiben, etwa 12 cm aufwärts. Das ist auch für jeden Polizeibeamten mit Leichtigkeit zu überprüfen. Notfalls führt er eben einen Maßstab von der erlaubten Länge mit sich, den er kurz an die Klinge des zu begutachtenden Messers hält. Warum im Übrigen die eingangs besagte ältere Dame kontrolliert wurde, hat natürlich den Hintergrund, daß Polizeibeamte in solchen Situationen sich dem Vorwurf des sogenannten racial profiling aussetzen, wenn sie solche Menschen überprüfen, die eben so aussehen, wie derartige Attentäter aus dem vorderen Orient eben im Allgemeinen aussehen. Also kontrollieren wir erst einmal drei ältere Damen mit offensichtlich biodieutschem Aussehen, und erst dann schauen wir uns einen jungen Mann von orientalischem Aussehen an.

Majestätsbeleidigung 2.0

Der Leviathan ist nicht nur allgewaltig. Er regelt nicht nur alle Lebensbereiche. Er ist auch außerordentlich ehrpusselig. Der nun unrühmlich im Meer der bundesdeutschen Geschichte versunkenen Ampelkoalition war es vorbehalten, die moderne Version der Majestätsbeleidigung unter Strafe zu stellen. Sie führte 2021 eine Änderung des § 188 StGB ein, wonach nicht nur wie bisher unwahre und ehrenrührige Tatsachenbehauptungen über Inhaber politischer Ämter strafbar sind, sondern auch bloße Beleidigungen, dazu noch zum Schutze völlig bedeutungsloser Politiker wie etwa Gemeinderäte. Es bedarf für die Strafverfolgung nicht einmal eines Strafantrages seitens des Verletzten. Vielmehr ist auch eine an sich harmlose, jedoch möglicherweise verletzende Äußerung über einen einfachen Gemeinderat, von Ministern ganz zu schweigen, von Amts wegen durch Polizei und Staatsanwaltschaften zu verfolgen und vor Gericht zu bringen. Das ist eben der juristische Hintergrund von „Habeck-Gate“ bzw. der sogenannten Schwachkopf Affäre. Offensichtlich sind die Staatsanwaltschaften auch angewiesen, hier auch bis in den Bagatellbereich hinunter alles zu verfolgen, was an Unbotmäßigkeiten dieser Art bekannt wird. Und offensichtlich entblöden unsere Politiker sich letztlich auch nicht, bloße Geschmacklosigkeiten strafrechtlich verfolgen zu lassen.

Die Weiterverbreitung des sogenannten Schwachkopf-Memes durch einen unterfränkischen Rentner hat ja sogar dazu geführt, daß das Amtsgericht Bamberg auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bamberg einen Durchsuchungsbeschluss gegen den Mann erlassen hat, der dann auch nach allen Regeln der polizeilichen Kunst ausgeführt wurde, natürlich morgens um 6:00 Uhr. Und vor kurzem ist bekannt geworden, daß auf den Strafantrag der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern ein Strafbefehl gegen einen Ingenieur erlassen worden ist, der diese fantastische Politikerin in einer an sie gerichteten E-Mail Märchenerzählerin genannt und ihr vorgeworfen hat, den Menschen dummes Zeug zu verkaufen. Im Strafbefehl wurde eine Geldstrafe in Höhe von immerhin 3.000,00 € festgesetzt. Weil der gute Mann nicht formgerecht Einspruch dagegen eingelegt hatte, wurde der Strafbefehl auch rechtskräftig. Und weil der „Täter“ nicht zahlen wollte, wurde er an seinem Arbeitsplatz verhaftet und zur Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen in eine JVA verbracht. Anschließend, wenig überraschend, verlor er auch seinen Job.

Was wird hier bezweckt?

Was mich als Rechtsanwalt angesichts dieser Fälle schon die Augenbrauen hochziehen und die Stirn in Falten legen lässt, ist die offensichtliche Unprofessionalität der beteiligten Staatsanwälte und Richter. Wir haben eigentlich alle das gleiche im Studium gelernt. Auch § 188 StGB, der Tatbestand der Majestätsbeleidigung unserer Zeit, setzt zunächst einmal das Vorliegen einer Beleidigung im Sinne von § 185 StGB voraus. Dieser Tatbestand ist ganz sicher in den Fällen der sogenannten Formalbeleidigung von der Qualität des „berühmten“ A-Worts gegeben. Sowohl die Märchentante als auch der Schwachkopf erfüllen diesen Tatbestand bei weitem nicht. Wenn derartiges gleichwohl von der Staatsanwaltschaft aufgegriffen und ein Haftbefehl beim zuständigen Amtsgericht beantragt wird, dann kann dies nur auf einer Weisung von ganz oben beruhen, wonach jegliche harsche Kritik an Politikern, gleichgültig ob Formalbeleidigung oder nicht, eben zu verfolgen ist. Und es gibt dann offensichtlich auch Richter, die dies entweder unbesehen durchwinken oder zumindest innerlich nicht ganz unabhängig sind, und sei es nur mit dem Hintergedanken des persönlichen Fortkommens. Natürlich wird jeder der beteiligten Richter und Staatsanwälte diesen Verdacht entrüstet von sich weisen, und jeder Justizminister entrüstet darauf hinweisen, daß wir schließlich in einem Rechtsstaat leben. Wirklich?

Der Unterschied zwischen einem Souverän und einem Kleingeist

Angesichts der Böhmermann/Erdogan Affäre wurde in Deutschland vielfach zu Recht verlangt, eine so antiquierte Strafvorschrift wie den § 188 StGB auch in der damaligen Form ersatzlos zu streichen. Die Majestätsbeleidigung sei eben doch ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Wie wir wissen, fand das in Berlin keinen Widerhall. Vielmehr wurde der Tatbestand der Majestätsbeleidigung erheblich ausgeweitet. Die Weisheit der seinerzeitigen Ampelkoalition hat nun jedem Amtsträger vom Gemeinderat bis zum Bundespräsidenten ein wenig Majestätsgefühl beschert. Und das wird offenbar freudig angenommen und „Riesenpolitiker“ (Franz Josef Strauß über Jürgen Möllemann) wie Agnes Strack-Zimmermann, Robert Habeck, Annalena Baerbock und Manuela Schwesig treten Lawinen von Strafanträgen über Deutschland los. Ein wirklicher Souverän im Wortsinn geht mit Schmähungen seiner Person anders um. Friedrich der Große gibt uns Beispiel und Maßstab. Es wurde ihm eines Tages von seinen Höflingen zugetragen, daß an den Ästen der Alleebäume der Prachtstraßen in Berlin Plakate voller Schmähungen des Königs hingen. Und sie erbaten seine Befehle, was nun zu geschehen habe. Zu ihrem großen Erstaunen verfügte der König knapp: „Niedriger hängen!“ Ja, warum denn, fragten die Höflinge. Die Antwort des Königs: „Damit sich die Leute nicht so die Hälse verrenken müssen.“

Der Abstand zwischen einem wirklichen Souverän, der eben auch souverän handelt, und bundesrepublikanischen Politikern unserer Zeit könnte nicht größer sein. Wir sollten uns indessen daran erinnern, daß der Souverän unseres Landes das Volk ist, und die sich als souverän wähnenden Politiker unsere Diener sind. Vielleicht spricht sich das auch noch bei unseren Gerichten herum. Art 20 GG wird ja nun im Jurastudium eingehend behandelt. Fazit für heute: Wir haben immerhin ein Gleichgewicht. Fachliche Unfähigkeit und fehlende Souveränität halten sich bei der Mehrheit unserer Politiker die Waage.

Armes Deutschland!

Si vis pacem para bellum: der Wahrheitsbeweis

Zu den Standardargumenten von linken Pazifisten wie auch bürgerlichen Bundeswehrverächtern gehörte während des Kalten Krieges die Behauptung, Deutschland benötige eigentlich keine Armee, auf gar keinen Fall die Wehrpflicht. Denn die äußere Sicherheit werde allein durch die Atomwaffen der USA garantiert. Ich selbst habe von solchen Argumenten nie etwas gehalten. Bestätigt wurde ich in meiner Einschätzung fünf Jahre nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes. Und zwar aus erster Hand.

Zu Besuch in der Vergangenheit

Im Mai 1994 nahm ich in meiner damaligen Eigenschaft als Kommandeur eines nichtaktiven Pionierbataillons der Bundeswehr an einer Kommandeurtagung meiner Truppengattung teil. Für Nichtmilitärs: Unter nichtaktiven Truppenteilen versteht man solche, deren Waffen und Gerät vorhanden, deren Soldaten indessen als Reservisten nicht präsent sind, sondern bei Bedarf einberufen werden. Im sogenannten Kalten Krieg bis zum Zusammenbruch des Warschauer Paktes verfügte die Bundeswehr über derartige nichtaktive Truppenteile in großem Umfang, dazu über Personalersatz für die präsenten, aktiven Truppenteile, so daß zu den ständig präsenten mehr als 500.000 aktiven Soldaten rund 700.000 gut ausgebildete Reservisten kamen. Das ist heute ganz anders. Noch mehr als die aktive Truppe ist die Reserve zusammengeschrumpft. Dies liegt vor allem an der Aussetzung der Wehrpflicht seit 2011. Ohne deren Wiederaufleben wird eine die effiziente Landesverteidigung erst ermöglichende Schaffung von nichtaktiven Truppenteilen zur Ergänzung der präsenten Armee nicht möglich sein.

Der ehemalige Feind und heutige Kamerad berichtet

Diese Kommandeurtagung fand auf dem Truppenübungsplatz Klietz statt, zwischen Elbe und Havel teils in Sachsen-Anhalt, teils in Brandenburg gelegen. Dieser Übungsplatz ermöglicht wegen seiner geographischen Lage unter anderem das Üben des taktisch außerordentlich anspruchsvollen Angriffs über Gewässer, natürlich auch die Verteidigung dagegen. Das war seine Hauptfunktion für die Streitkräfte des Warschauer Paktes. So berichtete es mir der damalige stellvertretende Kommandant dieses Übungsplatz, der noch wenige Jahre zuvor als Oberstleutnant der NVA Kommandant, und nunmehr als Major der Bundeswehr eben stellvertretender Kommandant dieses Truppenübungsplatzes war. Jedes Jahr habe es eine Großübung von Truppen der NVA, der Roten Armee und weiterer Bündnisarmeen dort gegeben. Geübt worden sei jeweils der Angriff von Osten nach Westen, zunächst über die Havel, und dann über die Elbe. Das sei in kleinem Maßstab die Darstellung des Angriffs auf die NATO über die Elbe und dann über den Rhein gewesen. Dieses Manöver war offenbar jeweils so wichtig, daß es von prominenten Politikern und Generälen des Warschauer Paktes beobachtet wurde. Allerdings hätte der leitende General dieses Manövers jedes Mal am Ende den anwesenden politischen und militärischen Führern des Warschauer Paktes gemeldet, daß das Übungsziel nicht erreicht worden sei. Denn bei realistischer Annahme der Stärke und Gefechtsführung des Feindes sei man auch dieses Mal wieder zu dem Ergebnis gekommen, daß, so wörtlich, „es nicht geht“.

Wir haben alles richtig gemacht

Das war in die Tat die Bestätigung dessen, daß die NATO so stark war, daß sie einem konventionellen Angriff der Truppen des Warschauer Paktes standhalten konnte. Weil in dem geübten Szenario als Problemlösung die nukleare Option nicht beinhaltet war, konnte ich daraus nur schließen, daß diese Option von den Generälen des Warschauer Pakts seinerzeit nicht wirklich als realistisch angesehen worden war. Was jahrzehntelang in Deutschland von sich für klug und gut informiert haltenden Zeitgenossen belächelt worden war, erwies sich tatsächlich als erfolgreiche Abschreckung. Und auch als die historisch zum gefühlt tausendsten Male aufs Neue bestätigte römische Erkenntnis: si vis pacem, para bellum.

Außenpolitik mit und ohne Hirn

Es ist schon merkwürdig. In Sachen Krieg und Frieden, Rüstung und Abrüstung sowie Freund und Feind hat sich in den letzten Jahren eine merkwürdige Verschiebung der politischen Einstellungen ergeben.

In den Zeiten des Kalten Krieges waren innenpolitisch bei uns die Fronten klar:

Die Linke aller Schattierungen stand für Pazifismus, zum großen Teil auch an der Seite der sozialistischen/kommunistischen Brüder und Schwestern im Osten. Die Rechte, von den Liberalen über die Bürgerlichen bis hin zu den Nationalen stand für Wehrhaftigkeit und bekannte sich zur NATO. Das ist heute offensichtlich in weiten Teilen genau umgekehrt, in geringeren Teilen mindestens unklar. Darüber sollte man schon ein paar Worte verlieren.

Die Bundeswehr war wenigstens halbwegs gut finanziert, mehr als 2 % des Bruttosozialprodukts standen zur Verfügung. Mit 595.000 präsenten Soldaten und zusätzlich rund 700.000 sofort verfügbaren Reservisten konnte sie auch einem überraschenden Angriff des Warschauer Pakts ca. 1,3 Millionen gut ausgebildete Soldaten entgegenstellen. Gut ausgebildet, denn auch die wehrpflichtigen Mannschaftsdienstgrade dienten 15 bzw. 18 Monate lang. Heute haben wir 180.000 präsente Soldaten zzgl. 34.000 Reservisten. Hatte die Bundeswehr 1985 noch ca. 4600 Kampfpanzer, so sind es heute nur noch bescheidene 295 Stück. Trotz der vom Bundeskanzler nach dem Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine ausgerufenen Zeitenwende hat sich daran bis jetzt nichts geändert.

Nun ist der Kalte Krieg gottlob vorbei. Wir können mit Recht auch sagen, daß der politische und wirtschaftliche Zusammenbruch des Warschauer Paktes in erster Linie der glaubhaft gestalteten Verteidigung, zu einem nicht geringen Anteil der immer größer werdenden wirtschaftlichen Überlegenheit des Westens und auch dem glaubhaft dokumentierten Willen der Bürger unseres Landes und der verbündeten Staaten geschuldet war. Pazifismus war die Bewegung einer linken Minderheit, stärker im universitären Milieu und den Kirchen, schwach bis bedeutungslos in der Arbeiterschaft und dem Bürgertum.

Das hat sich fundamental geändert. Die Lage ist insoweit äußerst unübersichtlich. Auffallend ist jedoch, daß früher glühende Pazifisten wie die Grünen, die Linke und Teile der SPD nun einer weitgehenden militärischen Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland das Wort reden, teilweise über die bloße Lieferung von effizienten Waffen hinaus. Auffallend ist auch, daß nicht nur im BSW, seiner von jeher russlandfreundlichen Vorsitzenden Sahra Wagenknecht folgend, sondern auch in der AfD ein entschiedener Pazifismus herrscht, der vor allem einen Friedensschluss um jeden Preis fordert, und mit teils schrillen Tönen davor warnt, daß Deutschland in diesem Krieg hineingezogen werden könnte. Es ist ebenfalls auffallend, daß jedenfalls in Teilen der SPD, der Linken überhaupt, vom BSW ganz abgesehen, mit Blick auf den Konflikt zwischen Israel und den palästinensischen Terrororganisationen, eine dezidiert palästinenserfreundliche und gegenüber Israel mindestens kritische Haltung vorherrscht. Erstaunlich deswegen, weil jedenfalls seit 1949 über Jahrzehnte auch im linken Teil des deutschen politischen Spektrums die uneingeschränkte Unterstützung Israels gegenüber seinen Feinden gewissermaßen zum guten politischen Ton gehörte.

Sicherlich war die gewaltige Bedrohung durch den Warschauer Pakt während des Kalten Krieges die Garantie dafür, daß die politischen Verhältnisse außerordentlich stabil waren. Wer Freund und wer Feind war, daran konnte kein Zweifel bestehen. Heute ist nun die politische Lage volatil und wechselhaft, was natürlich allerorten, auch in Deutschland, zu unklaren Verhältnissen führt. Indessen mag das zwar der Demokratie wesenseigen sein, muss aber nicht in jedem Falle zu begrüßen sein.

Vor allem muss man hinterfragen, was diese gewandelten politischen Überzeugungen betreffend Sicherheit, Verteidigung und Bündnispolitik verursacht hat. Daß etwa das linke politische Spektrum jedenfalls hinsichtlich des Russland/Ukraine Krieges seinen Pazifismus über den Bord geworfen und durch einen entschiedenen Willen zur auch militärischen Unterstützung der Ukraine gesetzt hat, mag zwar zu begrüßen sein. Es ist aber unklar, wie lange das anhält, ob das wirklich letztendlich die Übernahme des Prinzips si vis pacem para bellum ist, oder ob das nicht viel mehr eine tagespolitische Eintagsfliege genannt werden muss, wird abzuwarten sein.

Nicht wirklich nachvollziehbar ist jedenfalls tagesaktuelle Pazifismus in der AfD. Galt es doch früher als ausgemacht, daß nationale, rechte Parteien die Wehrhaftigkeit des Landes gewissermaßen auf ihr Panier geschrieben hatten, so nimmt man heute zur Kenntnis, daß auf dem kommenden Wahlparteitag der AfD höchstwahrscheinlich der Antrag, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder einzuführen, erst gar nicht zur Abstimmung kommen wird. Angesichts etwa eines Anton Hofreiter von den Grünen, der offenbar alle Anstrengungen unternimmt, demnächst zum General h.c. zu avancieren, wirkt der Pazifismus eines Tino Chrupalla von der AfD wie absurdes Theater. Es mag zwar auch sein, daß diese Haltung derzeit in weiten Teilen der Bevölkerung populär ist. Sie sorgt aber erkennbar nicht für entsprechende Wahlchancen, die ja heute nicht größer sind, als sie in der Zeit vor dem Ukraine Krieg immer wieder in den Umfragen abzulesen waren. Viele der Mitglieder und Wähler dieser Partei kommen letztendlich aus den Unionsparteien. Es war aber seit Adenauer die Westbindung Deutschlands gewissermaßen DNA der Union. Die Stationierung von US-amerikanischen Streitkräften einschließlich atomar bestückter Raketen war nicht nur in der Union, sondern auch in weiten Kreisen der politisch weniger gebundenen Bevölkerung selbstverständlicher Bestandteil der bundesdeutschen Existenz. Diese ehemaligen Mitglieder der Unionsparteien und ehemaligen Wähler haben in diesem Punkt sicherlich ihre Auffassungen nicht geändert und sind etwa deswegen Wähler oder Anhänger der AfD geworden. Das waren bekanntlich ganz andere Punkte, zunächst die desaströse Wirtschaftspolitik (Griechenland-Rettung, wachsende Abhängigkeit von Brüssel) der Frau Merkel, dann der Atomausstieg, unter dem wir heute zu leiden haben und vor allem die Zulassung, ja sogar Förderung einer ungeregelten, unkontrollierten und finanziell für Deutschland ruinösen Einwanderung. Aus überzeugten Befürwortern der NATO und der Bundeswehr sind indessen mit Sicherheit keine Pazifisten geworden.

Unabhängig davon, daß der Pazifismus grundsätzlich ein Holzweg ist, ist diese Haltung in der aktuellen Situation noch unverständlicher. Man fasst sich an den Kopf. Russland unter der Führung eines nur schlecht getarnten Diktators greift ein Nachbarland an, um es sich einzuverleiben. Putin erklärt auch unumwunden, der Zusammenbruch der Sowjetunion sei die größte Katastrophe seines Landes gewesen, und er sehe sich nun in der Situation Peters des Großen, der bekanntlich seine Aufgabe darin gesehen hat, die russische Erde zu sammeln, egal, zu welchem Staat sie gerade gehörte. Vor allem aber hat Russland mit dem Angriff auf die Ukraine das völkerrechtlich verbindliche Verbot des Angriffskrieges missachtet. Das ist die sprichwörtliche rote Linie. Dabei ist völlig unerheblich, ob geopolitisch ein gewisses Verständnis für den Wunsch Russlands bestehen könnte, die Westbindung des Nachbarlandes Ukraine zu verhindern. Insoweit weint Herr Putin aber auch Krokodilstränen, denn er hat bis vor zehn Jahren sämtliche Verträge ehemaliger Warschauerpakt-Staaten mit der NATO unterschriftlich gebilligt. Näheres kann man in meinem Buch „Tatort Ukraine“ nachlesen. Die Vorstellung, an der Seite einer autoritär bis diktatorisch regierten Weltmacht namens Russland stehe Deutschland besser da, als an der Seite einer demokratischen und weitgehend rechtsstaatlichen Weltmacht namens USA, ist an Abwegigkeit kaum zu übertreffen. Auch wenn AfD in ihren übrigen Programmpunkten durchaus eine demokratische und seriöse Alternative zu den übrigen politischen Parteien unseres Landes ist, auch wenn diese und ihre medialen Steigbügelhalter uns anderes weismachen wollen, sie wird mit diesem seltsamen Pazifismus nicht wenige potentielle Wähler vergraulen. Man reißt also dort buchstäblich mit dem Gesäß ein, was man vorne mit seinen Händen aufgebaut hat. In diesem Zusammenhang muss über den linken Pazifismus natürlich kein Wort verloren werden. Trifft er auch noch noch mit einer traditionellen Russlandfreundlichkeit zusammen, wie in Teilen der SPD, der gesamten Linken und vor allem bei Sahra Wagenknecht, dann kann man seine Nichtwählbarkeit kaum besser beweisen.

Nebenbei bemerkt. Abgesehen davon, daß wir auf diesem Erdball überhaupt, und in der NATO speziell eine nur überschaubare Bedeutung haben, verspielen wir mit einer solchen Haltung, falls sie jemals die Politik unseres Landes einmal bestimmen sollte, jede Möglichkeit, politischen Einfluss auf unsere Verbündeten zu nehmen, wenn sie das dann überhaupt noch sind.

Intelligenz ist etwas anderes.

Werft das alte Denken über Bord!

Die Wahlen in den USA und in den ostdeutschen Bundesländern, aber auch das Scheitern der Ampel-Koalition, geben deutliche Hinweise auf einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel, der jedoch jedenfalls in Deutschland von der großen Mehrheit der Politiker und Journalisten offenbar nicht gesehen wird. Vielmehr scheint das „Weiter so!“ die Devise zu sein. Doch wir folgen dieser Devise schon viel zu lange. Vor jeder Entscheidung ist jedoch eine Beurteilung der Lage notwendig, denn sonst entscheidet man an der Realität vorbei.

Wer hat wen warum gewählt?

Die jüngsten Wahlergebnisse in Deutschland und den USA werden allgemein als „Rechtsruck“ interpretiert. Indessen bleibt man allgemein dabei stehen, ohne nach den Ursachen zu fragen. Es fällt zunächst einmal auf, daß sowohl die Wähler von Donald Trump als auch die Wähler der AfD in ihrer Zusammensetzung gerade nicht den Klischees entsprechen, die man über Jahre hinweg propagiert hat. Die Wähler sogenannter rechtspopulistischer Parteien und Politiker sind keineswegs durchweg die sprichwörtlichen alten weißen Männer von hinterwäldlerischer Denkungsart und niedrigem Bildungsgrad. Wir hören aus den USA, daß erstaunlich viele Frauen, junge Leute, Latinos und sogar Schwarze Donald Trump und nicht Kamala Harris gewählt haben. Wir hören, daß die Grundlage ihrer Wahlentscheidung regelmäßig die Sorgen um die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse und damit auch um die Wirtschaft des Landes überhaupt, die Probleme der ungezügelten Zuwanderung und ein tiefsitzendes Misstrauen gegen die Eliten der Gesellschaft waren.

Betrachtet man das Wahlverhalten der unter 30-jährigen in Deutschland am Beispiel der Wahl in Thüringen vom 1.9.2024, dann stellt man fest, daß 35 % die AfD, 15 % die Linke, 13 % die CDU, 12 % das BSW, 9 % die SPD und 6 % die Grünen gewählt haben. Betrachtet man CDU, SPD und Grüne als staatstragende Parteien, als die sie sich selbst sehen, dann entfiel auf sie in dieser Altersgruppe ein Wähleranteil von nur 28 %. Rechnet man das BSW ebenfalls zu den populistischen Parteien, allerdings eher linkspopulistisch, dann finden die sogenannten Populisten bei den unter 30-jährigen in Thüringen bei immerhin 47 % der Wähler Zustimmung. Einer von dem Meinungsforschungsinstitut statista am 11.7.2024 veröffentlichten Umfrage zum Wählerprofil der AfD nach Altersgruppen und Geschlecht 2024 zufolge wählten in der Altersgruppe über 60 Jahre nur 15 % der Männer und nur 7 % der Frauen AfD, während es bei den 18 bis 29-jährigen 18 % bzw. 9 %, bei den 30 bis 44-jährigen 23 % bzw. 15 % und bei den 45 bis 59-jährigen 25 % der Männer und 12 % der Frauen waren. Dazu paßt, daß bei der Europawahl die 16 bis 24-jährigen zu 17 % AfD gewählt haben, bei einem Gesamtergebnis von 15,9 %.

Die wirklichen Probleme unseres Landes

Wenn man von den Programmen der Parteien auf die Zustimmung bei den Wählern schließen darf, dann haben auch in Deutschland vor allem die als Rechtspopulisten gescholtenen AfD-Politiker erfolgreich die Wünsche vor allem junger Wähler bedient. In erster Linie die Sorge um den Wirtschaftsstandort Deutschland und damit verbunden die eigene finanzielle Zukunft. Aber auch das Problem der ungeregelten und überbordenden, zum großen Teil illegalen Immigration, gerade mit ihren Folgen für die innere Sicherheit. Wenn man beim abendlichen Zug um die Häuser und durch die Diskotheken stets im Hinterkopf haben muß, daß man attackiert, belästigt, vergewaltigt oder gar abgestochen wird, dann macht das was mit einem, wie man so schön sagt. Und wenn Politik und Medien daran offensichtlich nichts ändern wollen, was schon beim Sprachgebrauch in der Berichterstattung beginnt (Täter werden irreführend lediglich als „Männer“ bezeichnet, und nicht zutreffend als junge Männer muslimischen Glaubens aus dem Orient), dann fühlt man sich eben allein gelassen. Hinzu kommt das Misstrauen gegen staatliche Institutionen, insbesondere die Sorge um den Verlust der Meinungsfreiheit. Es sollte doch zu denken geben, daß auch unter jungen Leuten nicht wenige durchaus nicht grundlos glauben, daß man in Deutschland nicht mehr alles sagen kann/darf. Das ist ähnlich wie in den USA ein Misstrauen gegen die Politik und die gesellschaftlich bestimmenden Eliten, die in Wahrheit nur in ihrer Selbstwahrnehmung Eliten sind, indessen glauben, ihre abgehobenen Vorstellungen über die Welt dem Rest der Menschheit aufoktroyieren zu können.

Der ganz normale Wahnsinn in Deutschland

Nur beispielhaft will ich dazu die sogenannte Gender-Politik und ihre angeblich wissenschaftliche Begründung anführen. Schon der Sprachgebrauch dieser akademisch sozialisierten Kaste ist verräterisch. Ebenso typisch wie für diese Gruppe prägend ist die amerikanische irgendwas mit Kultur, Soziologie und Medien-Wissenschaftlerin Judith Butler, die gemeinhin als Gründerin der sogenannten Gender-Wissenschaften gilt. Weitab von der Lebenswirklichkeit ist zum Beispiel Butlers Theorie der Performativität. Und das klingt so: „Die Geschlechterrealität ist performativ, was ganz einfach bedeutet, daß sie nur insoweit real ist, als sie performt wird“. Butler geht sogar so weit, zu behaupten, daß Geschlecht als objektives, natürliches Phänomen nicht existiere. Die politische Klasse in den westlichen Ländern saugt so etwas auch noch begierig auf mit der Folge, daß man Schwierigkeiten bekommt, wenn man auf die biologische Tatsache hinweist, daß es nur zwei Geschlechter gibt. Dann wird einer Biologin (!) von einer Universität untersagt, einen Vortrag mit diesem Inhalt zu halten. So etwas versteht der größte Teil der Bevölkerung schon sprachlich nicht, vom inhaltlichen ganz abgesehen. Indessen wird das weltweit in die Gesetzgebung eingebracht, wie in Deutschland jüngst das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz gezeigt hat. Es gibt dann Politiker, selbstverständlich linksgrün, die etwa behaupten, es gebe Frauen mit Penis. Da werfen die Anhängerinnen solcher Theorien mit Begriffen wie TERF um sich, die selbstverständlich auch außerhalb ihrer Filterblase niemand versteht. TERF ist nach Wikipedia „ein Akronym für englisch Trans-Exclusionary Radical Feminist („Trans-ausschließende(r) Radikalfeminist(in)“. Es soll ausdrücken, daß die damit bezeichnete Person transgender Personen, insbesondere trans Frauen, diskriminiert. Ich bin mir sicher, daß selbst die zitierte Definition außerhalb der linksgrünen akademischen Filterblase nur selten überhaupt sprachlich verstanden, geschweige denn inhaltlich akzeptiert wird. Meinen denn unsere Politiker und Ihre journalistischen Steigbügelhalter wirklich, die Arbeiterin am Fließband bei VW und der Dachdecker auf der Baustelle um die Ecke wüssten überhaupt nur, über was da gesprochen wird? Oder das etwa wichtig finden? Sogar notwendig?

Das Versagen der Politik

Die Wirtschaft unseres Landes stürzt derzeit in atemberaubendem Tempo ab. Nahezu täglich lesen wir in den Zeitungen und hören in den Nachrichten von Massenentlassungen, geplanten Werksschließungen und Verlagerung der Produktion ins Ausland. Zur Begründung wird regelmäßig angeführt, daß in Deutschland die Energie viel zu teuer, die Bürokratie überbordend und die Steuern viel zu hoch sind. Die politische Klasse dieses Landes indessen ist offensichtlich weder fähig noch willens, die Ursachen zu benennen und dann auch zu beseitigen, im Grunde genommen das Land wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Auch wenn die Spatzen von den Dächern pfeifen, daß die irrsinnigen Energiekosten wesentlich auf die wahnhafte Klimapolitik zurückzuführen sind, die zur Abschaltung sämtlicher Kernkraftwerke und damit ebenso preisgünstiger wie umweltfreundlicher Energieproduktion in Deutschland geführt hat, während rund um unser Land und selbstverständlich auch sonst in der Welt der Bau von Kernkraftwerken boomt, und der Ersatz durch Flüssiggas aus Übersee nicht nur unglaublich teuer, sondern selbstverständlich auch alles andere als umweltschonend ist, die politische Klasse unseres Landes sieht darin das Heil. Nicht die Wirtschaftswissenschaftler und Vorstandsvorsitzenden bestimmen insoweit die politische Debatte, sondern die Dummschwätzer und Klugscheißer vom Schlage Luisa Neubauer und Jakob Blasel. Davor ist nicht einmal der Oppositionsführer und voraussichtlich künftige Kanzler Friedrich Merz gefeit, der jüngst davon gesprochen hat, die sogenannte Klimawende sei irreversibel.

Zwar ist für einen großen, wenn nicht sogar den allergrößten Teil der Wähler die Zuwanderung, insbesondere die illegale Einwanderung, eines der wesentlichen Probleme unserer Zeit. Indessen reagiert die Politik nur mit halbherzigen Maßnahmen, die dann natürlich auch nur zu überschaubaren Ergebnissen führen. Hatte man 1993 noch wenigstens den Mut, das Grundgesetz zu ändern, um den massenhaften Missbrauch des Asylrechts wenigstens einzugrenzen, so ist das heute leider nicht mehr so, obgleich es verfassungsrechtlich unproblematisch wäre. Obgleich spätestens mit Putins Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022, tatsächlich jedoch bereits seit 2014 mit der Besetzung der Krim und von Teilen des Donbass, der Krieg nach Europa zurückgekommen ist, bleibt die notwendige Vergrößerung und Wiederaufrüstung der Bundeswehr auf ein Maß, das für die Landesverteidigung unerlässlich ist, weiter aus. Statt 2 % des Bruttosozialprodukts müssten es wenigstens 3-4 % sein, so wie seinerzeit während des Kalten Krieges. Statt der derzeit rund 180.000 präsenten Soldaten müßte es eigentlich die doppelte Menge sein, plus rund 300-400.000 gut ausgebildeten und sofort verfügbaren Reservisten. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß die dafür notwendige Wehrpflicht nicht wieder in Vollzug gesetzt wird, und Beschaffung von Panzern und Artillerie nur in dem bescheidenen Umfang, wie wir ihn vor 20 Jahren hatten, zwischen 40 und 100 Jahren dauern wird, wenn das Tempo nicht erheblich erhöht wird.

Umdenken tut not

Indessen fehlt es bereits an der nüchternen und vorurteilslosen Lagebeurteilung. Denn dazu müssten die Deutschen erst einmal umdenken und ihr altes, verstaubtes, in einer Endlosschleife verharrendes Denken über Bord werfen. Es darf keine Tabus geben. Was in der Vergangenheit als der Weisheit letzter Schluss gegolten hat, muß gegebenenfalls als Irrweg erkannt werden. Gerade in der Ausgabenpolitik des Staates ist die Aufgabenkritik zunächst ansetzen. Warum in aller Welt fördern wir mit unglaublichen Finanzmitteln die sogenannten NGO’s, darunter solche Negativbeispiele wie die Desinformationszentrale Correctiv? Warum in aller Welt bezahlen wir Bürger die Kosmetikerin der Außenministerin und den Fotografen des Wirtschaftsministers? Warum in aller Welt bezahlen wir Radwege in Peru und „Genderprojekte“ in Afrika? Auch wenn das jeweils im Einzelfall keine großen Summen, gemessen an den Staatsausgaben sind, die ja insgesamt auf den Billionenbereich zugehen, kann man derartiges nicht vernachlässigen, sondern sollte eigentlich damit anfangen, das zu ändern, denn nur so wird ein Bewusstsein für sparsame Haushaltsführung entwickelt.

Das gilt aber auch für den gesellschaftspolitischen Irrsinn, der schon in die Gesetzbücher eingedrungen ist. Es wird ja inzwischen bestraft, wer wahrheitsgemäß benennt, daß es sich bei laut Einwohnerregister Frau Julia Müller (mit Penis und ohne Gebärmutter) jedenfalls bis dahin um Herrn Julius Müller gehandelt hat. Und es wird nicht etwa in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen, wer seiner minderjährigen Tochter einflüstert, sie sei in Wirklichkeit ein Junge, weil das Kind in seinen schlechten Träumen davon fantasiert hat, und dann noch weitergehend das Kind dazu ermuntert, sich die Brüste abschneiden zu lassen, damit die „Transformation“ auch wirklich gelingt.

Nur dem Mutigen gehört die Zukunft

Wir müssen hier nicht den legendären Spruch von Oliver Kahn zitieren. Es braucht offenbar Mut dazu, radikale Veränderungen durchzusetzen, vor allem für Berufspolitiker, die leider offenbar mehr die Fortdauer ihrer Karriere, als das Staatswohl im Auge haben. Natürlich wird man so manche unpopuläre Maßnahme, insbesondere in den Augen der linksgrünen Journalistenblase, ergreifen müssen. Daß dies aber möglich ist, hat beispielsweise Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010 bewiesen. Sie hat ihn durchaus erwartbar das Amt gekostet, die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität des Landes jedoch auf Jahre gesichert. Allerdings war es Schröder seinerzeit wohl auch gelungen, sowohl seine Partei als auch den Koalitionspartner davon zu überzeugen, daß es anders eben nicht mehr geht. Wenn wir in der Geschichte unseres Landes weiter zurückgehen, dann stellen wir fest, daß auch die Grundentscheidung Konrad Adenauers für die Westbindung der Bundesrepublik eine mutige Entscheidung war. Denn sie war in weiten Teilen der Bevölkerung nicht populär, insbesondere die damit verbundene Notwendigkeit der Wiederaufrüstung. Daß dies heute noch so wäre, ist offen, ist aber den Versuch nicht nur wert, sondern unerlässlich.

Wer Veränderungen will, darf keine Tabus ernst nehmen

Zu den Tabus, die einfach gebrochen werden müssen, damit aus dem kranken Mann Europas, der Deutschland in den Augen seiner Nachbarn inzwischen ist, wieder die führende Wirtschaftsnation werden kann, gehört auch der Umgang mit den sogenannten Populisten, zuvörderst der AfD. Außerhalb Deutschlands versteht man nicht, daß eine Partei, die auch bundesweit gegen 20 % der Wähler hinter sich hat, völlig aus dem politischen Leben ausgegrenzt wird. Abgesehen davon, daß damit ja auch diesen 20 % der Wähler der Status des Demokraten aberkannt wird, verbaut sich das bürgerliche Lager in der Politik damit den Weg zu stabilen Mehrheiten nachhaltig. Sehr zur Freude der Linken aller Schattierungen, die allein auf diesem Wege zu eigenen Mehrheiten, teils in politisch absurden Konstellationen, gelangen können. Sowohl im Bund als auch in den Bundesländern hätte eine schwarz-blaue Koalition eine solide Mehrheit. Es ist natürlich abwegig anzunehmen, damit würde etwa eine Politik des Nationalsozialismus in Deutschland Einkehr halten können. Weder aus dem Parteiprogramm noch aus den Äußerungen führender Politiker der AfD ist so etwas auch nur in Ansätzen herzuleiten. Aus diesem Grunde wird ja auch erst gar kein Parteiverbotsverfahren gegen sie eingeleitet. Soweit dort Standpunkte vertreten werden, die mit der Mehrheitsmeinung im Lande nicht vereinbar sind, ist das natürlich Sache der Koalitionsverhandlungen. Niemand geht aus Koalitionsverhandlungen mit einem Regierungsprogramm heraus, mit dem er in sie hineingegangen ist. Vor allem der jeweils kleinere Koalitionspartner muß regelmäßig einen erheblichen Teil seiner Forderungen fallen lassen. Das ist zwar alles ganz offensichtlich, indessen sprechen Unionspolitiker mit nahezu religiöser Inbrunst von der Notwendigkeit einer „Brandmauer“ gegen die angeblichen Demokratieverächter. Das ist altes, verstaubtes Denken in der Endlosschleife der political correctness. Mehr noch, man kann das nur noch als albern bezeichnen. Auch das ist rund um Deutschland herum in Europa völlig anders. Denn in vielen Ländern sind die sogenannten Rechtspopulisten selbstverständlicher Teil des politischen Spektrums und stehen nicht selten auch in Regierungsverantwortung. Schon wieder mal ein deutscher Sonderweg.

Zu dem notwendigen Mentalitätswechsel gehört unter anderem die Abschaffung solcher deutschen Besonderheiten wie ein Verfassungsschutz genannter Inlandsgeheimdienst, der sich als Gedankenpolizei präsentiert, unglaublich viel Geld kostet und die wirklichen Gefahren für unser Land, wie sie in Gestalt des islamistischen Terrors auftreten, nicht wirksam bekämpft. Dazu gehört auch, endlich einmal die Nachwirkungen des Dritten Reiches wie die Strafbarkeit von wirklichen oder angeblichen Naziparolen („Alles für Deutschland“) der Rechtsgeschichte zu überantworten. Kann es denn wirklich eine Gefahr für die Demokratie sein, wenn etwa ein Rudel von Deppen hinter einer Hakenkreuzfahne durch die Fußgängerzone stolpert? Reicht es nicht, daß sie sich lächerlich machen und sich die Leute angesichts dieses Schauspiels an die Stirn tippen? Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen Donald Trumps Parole „America first“ und Björn Höckes „Alles für Deutschland“? Diese Bekämpfung des nun wirklich mausetoten Nationalsozialismus ist völlig aus der Zeit gefallen und ruft bei verständigen Menschen hierzulande, im Ausland sowieso, nur noch Kopfschütteln hervor.

Deutschland muß den Staub aus seinen Kleidern schütteln.

Was zu Solingen wirklich zu sagen ist

Wer sich von dem ganzen Müll erholen will, den er in den öffentlich-rechtlichen Medien und den Mainstream Zeitungen vorgesetzt bekommt, kann wieder durchatmen, wenn er den nachstehenden Artikel von Alexander Wendt gelesen hat. Am besten natürlich auf seinem Blog Publico oder auf Tichys Einblick, denn da findet man noch viel mehr Gescheites. Wer den nachstehenden Text gelesen und verstanden hat, weiß, was zu tun ist. Zum Beispiel am 1. September 2024.

Das Land des zwanghaften Lügens

Deutschland hat sich – wie 2015 vorausgesagt – drastisch verändert. Zum schlechten. Es ist das Werk eines Milieus, das nicht zugeben will, gescheitert zu sein. Deshalb ist nach Solingen vor dem nächsten Messermord.

Von Alexander Wendt  Posted on   In Politik & Gesellschaft  7  11

Ein Detail am Ort des Anschlags in Solingen kommt nur auf einer Amateuraufnahme groß ins Bild: metallumgitterte gefüllte Wassertanks, die leichter transportable Variante zu den Betonblocks, die in Deutschland heute jede Fläche von Massenveranstaltungen begrenzen.

Im Volksmund heißen die Sperren Merkellego. Produkte wie diese Bezeichnung stammen von 2016, dem Jahr des LKW-Attentats auf Weihnachtsmarktbesucher am Berliner Breitscheidplatz. Merkellego heißen die Fahrzeugsperren nur in der inoffiziellen Kommunikation. Die korrekte Bezeichnung dafür – Betonsperren – taucht medial nur sehr selten auf. Es gehört zu den vielen unausgesprochenen Übereinkünften des institutionellen Deutschlands, weder die Merkelsteine selbst zu erwähnen noch die Tatsache, dass es eine Zeit gab, in der Volksfeste diese panzersperrenähnlichen Abschirmklötze nicht brauchten.

Auf dem Fronhof in Solingen, dem Platz, auf dem die Stadt das „Fest der Vielfalt“ feierte, fuhr bekanntlich kein LKW in die Menge, sondern ein Messerträger spazierte zwischen den Sperrblocks auf das Gelände, tötete drei Menschen und verletzte weitere acht. Gegen Attentäter, die zu Fuß kommen, um in Hälse zu stechen, gibt es bis jetzt noch keine symbolische Maßnahme, die Sicherheit simuliert. Aber die politisch-mediale Debatte dazu nimmt, um es in der Sprache der dazugehörigen Journalisten zu sagen, gerade Fahrt auf. Das Verdrängungsorgan Süddeutsche Zeitung kannte schon kurz nach dem Anschlag den schuldigen Teil: „Und wieder ein Messer“.

In der ausschließlich technisch geführten Diskussion reichen die Vorschläge von der Ausweitung von Messerverbotszonen über Eingangskontrollen bis zu dem Vorschlag des grünen Bundestagsabgeordneten Marcel Emmerich, jetzt flächendeckend gegen Messer vorzugehen, um damit ein Zeichen zu setzen.

Die gleichen Leute wissen natürlich, dass nicht die Messer zustechen, sondern seine Träger. Deshalb weist der Polizeipräsident von Wuppertal, Markus Röhrl, die Bürger aus gegebenem Anlass noch einmal darauf hin, dass das eigentliche Risiko nicht Messer heißt, sondern öffentlicher Raum, zumindest für den Personenkreis, der weder über Fahrbereitschaftslimousinen noch Personenschützer verfügt:„Jeder muss mit sich ausmachen, ob er zu Festivitäten geht, ob er zu Fußballspielen geht, ob er im öffentlichen Personennahverkehr unterwegs ist.“

Auf der parallellaufenden Tonspur erklärt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, was Politiker seiner Sorte nach größeren Anschlägen und Ausschreitungen wie Silvester 2015/16  in Köln immer wieder erklären: „Wir werden unsere Art zu leben verteidigen.“ Wobei ihm die Textbausteine, die offenbar nicht ganz so stabil stehen wie die Merkelschen Großpoller, ein bisschen verrutschten: „Der Anschlag von Solingen hat unser Land ins Herz getroffen.“ Aber: „Unser Land wankt nicht.“

Innenministerin Nancy Faeser beherrscht das Schiefsprechen ähnlich gut wie Wüst, kümmert sich aber schon um die eigentliche Gefahr, nämlich die Instrumentalisierung des Anschlags von Solingen: „Meine Botschaft an alle, die jetzt Hass säen wollen – lassen Sie sich nicht davon beeindrucken.“ Unvermeidlich gesellt sich der Bundespräsident mit der Aufforderung dazu, jetzt zusammenzustehen. Um die diversen Wortmeldungen einmal übersichtlich zusammenzufassen:

Wir verteidigen unsere Art zu leben mit Merkelblöcken bei jeder Kleinstadtfeier, mit Polizeigroßaufgebot und Frauenschutzzonen zu jedem Silvester, mit Waffenverbotszonen und demnächst Kontrollschleusen an jeder blockumstellten und wahrscheinlich bald auch abgegitterten Dorfkirmes, jedenfalls, solange es Leute gibt, die immer noch meinen, zu ihrer Art zu leben würde es auch gehören, überhaupt Festivitäten dieser Art zu besuchen. Zweitens: Nach den Anschlägen vom Breitscheidplatz, von Würzburg, von Brokstedt, Dresden, Mannheim und vielen Orten durch messerstechende Muslime besteht die eigentliche Gefahr darin, dass jetzt jemand Hass sät. Lassen Sie sich also nicht beeindrucken, auch dann nicht, wenn der Stahl in Ihrer Nähe aufblitzt. Denn der schadet Ihnen vielleicht, eine verkehrte Reaktion nützt aber nur den Falschen. Drittens und letztens: Stehen Sie zusammen – aber meiden Sie größere Menschenansammlungen.

Bei der Behauptung in den staatsnahen Medien, die Fachleute stünden vor einem Rätsel, woher der Anstieg der Messergewalt in Deutschland kommt, handelt es sich um ein kleines Element und für sich genommen unbedeutendes in einem strukturellen Lügengeflecht.

In einem Land, in dem sich etablierte Medien, Gewerkschaften, Kirchen und Politiker 2015 zu einer Einheitsfront unterhakten, um einen begeisterten Konsens der Gesellschaft über die schrankenlose Masseneinwanderung zu fingieren, können die Beteiligten von damals heute gar nicht anders, als zwanghaft zu lügen. Nur eine wirklich kleine Minderheit lehnte 2015 die Aufnahme von Migranten samt und sonders ab. Aber eine Mehrheit, die allerdings nicht zu Wort kam, betrachtete das Experiment mit Skepsis, die Grenzen eines Landes faktisch aufzugeben (Merkel: „Wir haben es nicht in der Hand, wie viele zu uns kommen“), und Hunderttausende unbesehen ins Land zu lassen, hauptsächlich junge muslimische Männer aus den gewalttätigsten Zonen der Erde. Und kaum jemand außerhalb eines wiederum sehr kleinen Milieus auf der anderen Seite des politischen Spektrums betrachtete diesen Zustrom als Schwungmasse, um die Verhältnisse in Deutschland selbst grundstürzend zu ändern. Es lohnt sich, jetzt noch einmal die zentralen Sätze aus Katrin Göring-Eckardts berühmter Rede vom Dezember 2015 in Halle zu hören.

Dort sagte sie nicht nur: „Und ja, unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch, und ich sag euch eins: Ich freu mich drauf.“ Sondern auch den eigenartigen Satz, sie sehe das so, „weil ich schon einmal eine friedliche Revolution erlebt habe. Die hier könnte die sein, die das Land besser macht.“ Im Gegensatz zu der anderen? Und überhaupt: Eine Migration, deren Verlauf nur die Migranten selbst bestimmen, als Revolution zur Verbesserung der eigenen Gesellschaft? Ein paar Sätze weiter rief Göring-Eckardt damals zur Bekräftigung in den Saal: „Für dieses neue Land, dieses bessere Land, dafür kämpfen wir.“

Einem kleinen Zirkel, dessen Mitglieder nie etwas mit der alten Bundesrepublik anfangen konnten, erschien Merkels Migrationsentscheidung damals als fantastischer Aufbruch in einen immerwährenden Karneval der Kulturen, bei dem es nicht nur weniger deutsch zugehen sollte, sondern auch weniger westlich. Die Vision hieß seinerzeit „Regenbogengesellschaft“, definiert als „ein bisschen Kirchentag, ein bisschen Antifa“, wie es Cordt Schnibben 2015 in seinem programmatischen Text „Abschwellender Bocksgesang“ schrieb.

Im Vorspann dieses Textes hieß es: „Es geht nicht nur um Flüchtlinge, es geht darum, in welchem Land wir leben wollen.“ Genauer gesagt: Es ging ihm und seinen Gesinnungskameraden nie um die Flüchtlinge selbst, sondern ihre Wirkung auf die von ihm abgelehnte deutsche Mehrheitsgesellschaft, in Schnibbens Worten, „die Ängstlichen, Zyniker und trüben Tassen“. Bei jemandem mit seiner Biografie überrascht diese Logik nicht: Kind eines bis 1945 und darüber hinaus fanatisch nationalsozialistischen Elternpaars, Eintritt in die DKP, einjähriges Studium der Gesellschaftswissenschaften am Franz-Mehring-Institut in Ostberlin, Karriere bei Zeit und Spiegel, heute einer der Leute im Hintergrund bei Correctiv.

Diese wie gesagt winzige, allerdings mit einem privilegierten Öffentlichkeitszugang ausgestattete Kaste von Leuten, die 2015 einer großen Umwälzung Deutschlands durch junge Männer aus Syrien, Afghanistan und Nordafrika entgegenfieberte, fühlte sich seinerzeit als überlegene Avantgarde. Sie bildete den heißen Kern, alle anderen, Unternehmen, die vom Fachkräftewunder erzählten, ein Medienunternehmen, das „Refugees welcome“-Sticker ausgab, opportunistische Politiker, die sie sich ansteckten, die gruppierten sich um diesen Kern und redeten sich ein, diese Allianz stünde repräsentativ für das ganze Land. Dass sie das nicht tat, konnte schon 2015 eigentlich jeder an den Schimpftiraden Schnibbens gegen die trüben Tassen ablesen, und an dem touretteartigen Verdammungstext eines Autors der Süddeutschen, der 2015 Folgendes zu Papier brachte:

„Ihr heimatliebenden Zustandsbewahrer, empathielosen Wüteriche, wunderlichen Nicht-Neger, aufrechten Stehpinkler, verkrampften Gutmenschen-Schlechtfinder. Ihr deutschen Kosten-Nutzen-Denker. Ihr besorgten Patrioten. Ihr IchbinkeinNaziaber-Sager, Ihr IchkenneauchnetteTürken-Kartoffeln, ihr unkorrekten Pegidisten, ihr nationalen Oberlehrer. Es ist 2015. Und ihr kommt aus euren Löchern ans Licht gekrochen.“

Eine Zeitung, die 2015 jeden, der den Zustrom nicht ansatzlos bejubelte, als Wüterich und Lochbewohner betrachtete, kann gar nicht anders, als sich 2024 noch dümmer zu stellen als unbedingt nötig: „Und wieder ein Messer.“
Der entscheidende Punkt liegt darin, dass sich die 2015-Vision der Katrin Göring-Eckardt verwirklicht hat, und zwar so sehr, dass auch das schmale Bündnis Merkel-Göring-Eckardt-Schnibben-Süddeutsche nicht daran vorbeikommt: Deutschland hat sich verändert, und zwar drastisch.

Die wirkungsvollste Änderung betrifft den öffentlichen Raum. Jeder, der in den frühen Neunzigern als Tourist nach New York kam, erhielt von Einheimischen Ratschläge, nicht jenseits der soundsovielten Straße herumzulaufen (die Angaben schwankten je nach Ratgeber). Reisende in San Francisco sollten bestimmte Ecken des Dolores Park meiden; irgendwann gab es entsprechende Tipps auch für Berlin. Kein zurechnungsfähiger weiblicher Mensch und auch sonst niemand spaziert heute nachts durch den Görlitzer Park oder an den Wochenenden in der Gegend rund um die Warschauer Brücke. Mit Warnungen dieser Art kann jeder noch leben. Das Besondere an der deutschen Gegenwartslage besteht darin, dass die Aufteilung in Unsicherheitszonen und den Rest keinen Sinn mehr ergibt. Tödlich kann ein Spaziergang im abendlichen Dresden ausgehen, wo der gerade aus dem Gefängnis entlassene syrische Islamist Abdullah al Haj Hasan am 4. Oktober 2020 den Spaziergänger Thomas Lips erstach und dessen Lebensgefährten schwer verletzte, tödlich die Fahrt im norddeutschen Regionalexpress, wo der gerade aus der Haft entlassene Palästinenser Ibrahim A. am 25. Januar 2020 zwei Menschen erstach und drei weiteren schwere Wunden zufügte. Tödlich kann der Bummel in der Innenstadt von Würzburg sein, wo der Somalier Abdirahman Jibril A. am Nachmittag des 25. Juni 2021 drei Frauen mit dem Messer tötete und auf fünf weitere Menschen einstach. Für einen Polizisten tödlich und für mehrere andere Personen mit schweren Verwundungen endete der Angriff des Afghanen Sulaiman Ataee auf dem Marktplatz von Mannheim am 31. Mai 2024. Einer ukrainischen Frau, die am 10. Juni 2024 am frühen Nachmittag in der Sonne am Frankfurter Mainufer saß, kostete der Aufenthalt auf der Parkbank fast das Leben – ein 19-jähriger Afghane stach ihr mehrfach ohne erkennbaren Anlass mit einem Cuttermesser in den Hals.

Dazu kommen Taten, die anders als in Solingen, Mannheim und Dresden keine klar terroristischen Züge tragen. Beispielsweise der Messerangriff eines Syrers auf ein vierjähriges Mädchen in Wangen am 4. April 2024, die Tötung eines jungen Mannes im Kurpark von Bad Oeynhausen am 23. Juni 2024 durch einen 18-jährigen syrischen Asylbewerber mit umfangreicher Polizeiakte, die Tötung eines Familienvaters auf dem Bahnhof von Uelzen am 13. Juli 2024 durch den 18-jährigen Marokkaner (NDR: „Tödlicher Treppensturz“).

Wie alle anderen aufgeführten Täter besaß auch dieser Migrant keinen Asylstatus, durfte aber trotzdem in Deutschland bleiben. Es gibt mittlerweile eine Rangfolge der gefährlichsten Bahnhöfe Deutschlands (Hamburg, Hannover, Frankfurt). Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht auch jeden beliebigen Reisenden zu jeder Stunde an jedem Krähwinkelbahnhof treffen kann. Aus der Statistik lassen sich zwar besonders gefährliche Plätze herausfiltern, aber keine garantiert harmlosen Orte für Normalbürger in Deutschland. Metropole oder ruhige Kleinstadt, Festwiese oder Kurpark, Stadtzentrum oder Zugabteil, nachts oder tagsüber – überall und immer kann eine Zufallsbegegnung dazu führen, dass jemand nicht mehr nach Hause zurückkehrt. Es gibt kein Muster, an dem man sein Verhalten so ausrichten könnte, dass man unbehelligt bleibt. Es gibt keine friedlichen Zonen, kein Grundgefühl der Sicherheit. In einem Land, in dem Mitglieder des tonangebenden Milieus ständig vor einem ‚Generalverdacht‘ warnen, herrscht eine Generalunsicherheit. Jeder in diesem tonangebenden Milieu und außerhalb erst recht kennt diesen Zustand. Wobei die einen die Verantwortung dafür tragen, während die anderen ihn nur erleiden. Jeder weiß, dass unsere Art zu leben nicht mehr existiert, nämlich ein Leben in einem einigermaßen zivilisierten Land, in dem es weder Sperrklötze rund um Volksfeste noch Ausweiskontrollen in Berliner Schwimmbädern gab, und in dem es sich bei mitgeführten Messern in aller Regel um Andenken aus der Schweiz handelte.

Der Aufruf eines mit Limousine und Personenschützern ausgestatteten Hendrik Wüst, das imaginäre Wir sollte sich seine Art zu leben nicht nehmen lassen, gehört zu dem zwanghaften Lügen, das mittlerweile die gesamte politisch-mediale Zone durchdringt. Nach dem Totschlag in Bad Oeynhausen erklärte Innenministerin Nancy Faeser, die deutsche Gesellschaft habe sich um den Täter nicht genug gekümmert, er habe „außer der Flüchtlingsunterkunft nichts anderes gekannt“. Nichts davon stimmt. Der Totschläger lebte in einer regulären Wohnung, er erhielt einen Sprachkurs und, obwohl nicht politisch verfolgt, einen Aufenthaltsstatus. Genau hier, in dem kontrafaktischen Geplapper einer Ministerin, in deren Zuständigkeitsbereich die innere Sicherheit fällt, zeigt sich das Phänomen des zwanghaften Lügens: Es fließt seinen Urhebern nach dem Muster der Pseudologia fantastica ganz locker von den Lippen.

Jemand, der bleiben darf, obwohl der Asylartikel des Grundgesetzes für ihn gar nicht gedacht ist, der hier Geld und eine Wohnung bekommt, schlägt jemanden aus nichtigstem Anlass tot? Dann muss der Grund in der mangelnden Anstrengung der Gesellschaft liegen. Denn ein kollektives Eliteversagen in der Migrationspolitik kommt als Ursache von vornherein nicht in Frage. An die Seite von Faeser, die dazu aufruft, sich von dem Anschlag in Solingen nicht beeindrucken zu lassen, an die Seite von Olaf Scholz, der ein schärferes Waffenrecht und im Übrigen nicht ein Viertel und nicht neunzig Prozent, sondern die ganze Härte des Gesetzes für den Täter fordert, tritt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken mit der Aussage, aus dem Messermassaker könnten wir „nicht viel lernen“. Schließlich sei der Zustecher von Solingen nicht polizeibekannt gewesen. Sondern nur ausreisepflichtig; Eigentlich sollte er 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er die EU zuerst betrat, dann tauchte er vorübergehend unter, solange die Überstellungsfrist von 18 Monaten lief, danach wieder auf – und durfte unbehelligt weiter in Solingen wohnen.

Der Mörder von Dresden kam frisch aus dem Gefängnis, wo er wegen Aktivitäten für den IS saß, der Mörder von Brokstedt ebenfalls gerade aus der Haft wegen Gewalttaten, zu dem angeblich schlecht behandelten Totschläger von Bad Oeynhausen existierte schon vor der Tat eine lange Polizeiakte. Der Iraker, der 2018 zusammen mit anderen Asylbewerbern in Chemnitz einen Mann erstach und zwei andere schwer verletzte, hatte schon vorher eine Messerstraftat begangen, seinen Asylantrag lehnte die Behörde ab, sogar seinen Duldungsstatus besaß er zum Zeitpunkt, als er tödlich zustach, nicht mehr. Seit Jahren wiederholt sich das immergleiche Muster. Auch in der medialen Reaktion. Nach dem Massaker in Solingen holte die ARD sofort einen Fernsehexperten vor die Kamera, der über traumatisierte Flüchtlinge dozierte, , während er Normalbürger in diesem Land offenbar für erfreulich robust und traumaresistent hält. Der Evangelische Pressedienst wiederum klingelte den Universalexperten Andreas Zick aus Bielefeld an, der schon nach den linksextremen Ausschreitungen zu G20 in Hamburg meinte: „Ideologie spielt kaum eine Rolle“. Nach Solingen warnte der Narrativspender erwartungsgemäß vor der „Instrumentalisierung des Anschlags“ – also dem bekanntermaßen Schlimmsten, was überhaupt passieren kann – und gleichzeitig vor einer Zunahme von „fremdenfeindlicher Gewalt“.

Auch diese Phrase von einer unterstellten „Fremdenfeindlichkeit“ gehört zum Reich der zwanghaften Lüge: Erstens stellt es noch keine Feindlichkeit dar, ein Problem zu diagnostizieren. Und zweitens haben weder Alteingesessene noch gut integrierte Zugewanderte ein Problem mit Chinesen, Japanern, Vietnamesen, Brasilianern, Spaniern oder Dänen, die in Deutschland leben. Es gibt auch eine große Zahl von Menschen, die aus muslimischen Ländern stammen und gerade deshalb hier leben – so jedenfalls ihre ursprüngliche Absicht –, um sich fanatischer Religionsausübung und Alltagsgewalt nicht auszusetzen. Auf der medialen Seite verkörpert kaum jemand den Typus des Zwangslügners so perfekt wie Gabor Halasz, Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio, der sofort nach dem vorerst letzten Mehrfachmord im immergleichen Schema weiß, dass eine restriktivere Einreisekontrolle und eine Abschiebung abgelehnter und vor allem krimineller Migranten „entweder nur sehr schwer oder gar nicht umsetzbar ist“. Er weiß es schon, bevor es die politischen Verantwortlichen überhaupt versuchen – wobei: Sie versuchen es unter anderem auch deshalb nicht, weil sie sich der Unterstützung solcher öffentlich-rechtlichen Unterstützungsjournalisten sehr sicher sein können.

Stattdessen schlägt der ARD-Mann vor: „Wir nehmen uns Zeit. Setzen uns zusammen. Und gehen wirklich an die Ursachen des Islamismus ran.“ Wobei er an anderer Stelle feststellt, dass der Islamismus „nicht automatisch“ etwas mit dem Islam zu tun hat. Nicht dass das Narrativ noch in die verkehrte Richtung läuft, den Falschen Wasser auf die Mühlen etc. etc.

Dabei befinden sich Halasz und sein Milieu an dieser Stelle gar nicht weit von einem wichtigen Realitätspunkt entfernt. Sie scheinen es zu spüren und zucken instinktiv zurück. Nicht irgendeine Einwanderung verändert seit 2015 die Gesellschaft drastisch. Sondern die Migration aus dem islamischen Krisengürtel. Eine alternde, schon weitgehend abgerüstete, permissive und individualistische Gesellschaft trifft auf junge testosterongeladene Männer, sehr viele davon aus zerrütteten Ländern und Zonen permanenter Kriege.
Es kommen Männer, die nie eine zivile Ordnung erlebten, dafür aber eine simplizistische Überlegenheitsideologie in ihren Köpfen mitschleppen. Und diejenigen, die aus Weltgegenden stammen, in denen Gewalt als selbstverständliches Mittel und ein unbewaffneter Mann als lächerliche Erscheinung gilt, treffen eben nicht zu hunderten oder tausenden ein, sondern zu Hunderttausenden, zu Millionen. Selbst eine Gesellschaft, die sehr viel stabiler und selbstbewusster wäre als die deutsche, würde sich nach einer derart extremen Veränderung nicht mehr wiedererkennen. In der Welt, aus der diese jungen Männer stammen, gehört der Gebrauch von Waffen und die Anwendung von Gewalt zum Selbstverständnis. Sie stellt in der Regel nicht das letzte, sondern das erste Mittel dar. Vor allem dann, wenn sie sich mit einem ganz bestimmten Verständnis der Religion als Überlegenheits- und gleichzeitig Todesideologie verbindet. Fast gleichzeitig mit dem Attentat in Solingen fand im französischen La Grande-Motte ein Anschlag auf die dortige Synagoge statt. Und unmittelbar nach Solingen eine Islamistenkundgebung mit IS-ähnlichen Fahnen vor einer Kirche in Nürnberg. Diese Art systematischer Landnahme ereignet sich auch anderswo im Westen, beispielsweise in London, wo es 500 Moscheen gibt, was Muslime aber nicht davon abhält, demonstrativ direkt vor der Westminster Abbey zu beten.
An den Schulen in NRW und in anderen westdeutschen Bundesländern können so genannte Scharia-Polizisten Mädchen ziemlich ungehindert vom Staat dazu anhalten, sich züchtig zu kleiden und andere islamische Vorschriften zu befolgen.

Das Faeser-Steinmeier-Halasz-Konsortium, das es erklärtermaßen für unmöglich hält, Grenzen zu kontrollieren und Migranten ohne Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, behauptet gleichzeitig, diese von ihm geprägte schwache und in Selbstvorwürfen ertränkte Gesellschaft könnte die Gewalt- und Sittenvorstellungen aus hunderttausenden jungen Muslimen im Westen irgendwie heraustherapieren.

Schlangenölverkäufer wirken im Vergleich zu diesen Gestalten seriös. Zwangslügner belügen in erster Linie sich selbst. Und es drängt sich der Gedanke auf, dass sie als einzige ihre Zwangslügen noch glauben. Das müssen Gescheiterte auch, um weitermachen zu können. Gerade dann, wenn sie über ihr Scheitern genau Bescheid wissen. Sie wissen, dass sie die Gesellschaft drastisch zum Schlechten verändert haben. Und dass sich diese Auswirkungen nur dann wenigstens mildern ließen, wenn sie, diese Funktionselite, komplett abtreten würde.
Am 29. November wird die Stadt Solingen den Preis „Die schärfste Klinge“ an die Journalistin Dunja Hayali vom ZDF verleihen, und zwar für „Toleranz, Vielfalt, Mut, Haltung“.

Nach den Landtagswahlen im Osten werden diese Begriffshülsen klappern wie nie zuvor. Es geht also weiter und weiter und weiter. Vorerst jedenfalls.


Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.

Ich kann die Bücher und Artikel von Alexander Wendt nur jedem dringend empfehlen, jedenfalls jedem, der sein Gehirn auch nutzen will.


Geht’s noch?

Die Leser dieses Blogs wissen ja schon lange, daß die politische Klasse unseres Landes auf die Couch des Therapeuten gehört. Diese Diagnose bestätigt sie täglich. Ein besonders schönes Beispiel war nun jüngst in Erlangen zu besichtigen. Was war geschehen?

Der Kaminabend

Die Mittelstands-Union, so nennt sich die Arbeitsgemeinschaft der mittelständischen Unternehmer innerhalb der CSU, dürfte wohl als eines der Kernelemente dieser Partei zu betrachten sein. Ist doch traditionell die soziale Marktwirtschaft eine wesentliche ideologische Grundlage der Unionsparteien und sind traditionell mittelständische Unternehmer überproportional dort vertreten. Genau aus diesem Grunde gibt es diese Arbeitsgemeinschaft in beiden Unionsparteien. Ihre örtliche Untergliederung, die Mittelstands-Union Mittelfranken, hatte für Freitag, den 23. August 2024 den Rechtsanwalt und Privatdozenten an der Universität Köln für Verfassungsrecht, Dr. Ulrich Vosgerau, zu einer als „Kamingespräch“ bezeichneten Veranstaltung in das Hotel Bayerischer Hof in Erlangen eingeladen. Man wollte von Herrn Vosgerau als ausgewiesenem Verfassungsrechtler seine Ansicht zu den europäischen Verträgen im Spannungsfeld zum deutschen Grundgesetz hören. Dazu gibt es in der juristischen Literatur in der Tat Kontroversen, an denen sich eben auch der Verfassungsrechtler Dr. Vosgerau beteiligt. Er ist der Auffassung, daß die europäischen Verträge in verschiedenen Punkten mit dem Grundgesetz, etwa seiner Eigentumsgarantie, kollidieren.

Der Referent aus dem Reich des Bösen

Also eine Veranstaltung in der Höhenluft des Verfassungsrechts mit entsprechenden Anforderungen an die Rechtskenntnisse, aber auch das Verfassungsverständnis der Zuhörer. Veranstaltungen dieser Art haben für gewöhnlich auch keinen Widerhall in der Presse, dafür ist das Thema zu trocken. Im vorliegenden Falle war das indessen völlig anders. Nicht wegen des Themas. Nein, der Referent war der Stein des Anstoßes. Denn der Rechtsanwalt Dr. Vosgerau verteidigt den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in dessen Strafverfahren wegen angeblicher Verwendung nationalsozialistischer Symbole gemäß § 86a StGB („Alles für Deutschland!“). Die Einladung eines solchen Anwalts ist in den Augen der örtlichen politischen Parteien von CSU bis links außen ein Skandal. Schon im Vorfeld der Veranstaltung berichteten die Zeitungen der Verlagsgruppe Nürnberger Presse unter der Überschrift „Höcke-Anwalt eingeladen“ über diesen offensichtlich als Skandal eingestuften Vorgang. Die örtliche CSU ließ verlauten, man sehe mit großem Bedauern, daß sich die Führung der Mittelstandsunion in einer Stoßrichtung positioniere, die deutlich außerhalb des von der CSU Erlangen – und im übrigen auch der Mittelstands-Union auf Landesebene – vertretenen liberal-konservativen Spektrums stehe. Es folgten dann Mandatsniederlegungen von Funktionären der Erlanger Mittelstandsunion und Forderungen des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, in Erlangen Bezirksvorsitzender der CSU, nach einer klaren Abgrenzung zur AfD. ZUr Erinnerung: Joachim Herrmann ist von Amts wegen Hüter der Verfassung in Bayern und natürlich auch Volljurist. Tatsächlich. Nicht fehlen durften Forderungen der sogenannten Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, diesem Treiben entgegenzutreten. Ihr durch ständige Hetze gegen alles, was seinem linksradikalen Weltbild entgegensteht auffallender Vorsitzender forderte den Minister auf, diese angeblich demokratiefeindliche Veranstaltung zu unterbinden. Dabei durfte auch das längst von den Fakten widerlegte Gefasel von einem „Remigrationstreffen“ von Rechtsextremen in Potsdam nicht fehlen.

Die öffentliche Empörung

Über die Veranstaltung selbst berichteten dann die Zeitungen des VNP auf immerhin einer halben Zeitungsseite unter der Überschrift „Empörung über Auftritt von Höckes Anwalt“, wobei prominent der SPD-Oberbürgermeister von Erlangen in Wort und Bild erwähnt wurde. Er wurde mit der Aussage zitiert, die Mehrheit der CSU lehne solche Veranstaltungen ab. Ob die Leser des Blattes sich Gedanken darüber gemacht haben, mit welcher Kompetenz ein SPD-Politiker über das Meinungsbild in der CSU berichtet, wollen wir einmal offen lassen. Vielleicht ist das ja auch nur die Allparteienkoalition gegen die AfD als Manifestation des Bösen. Zu dem Erlanger OB Florian Janik sei allerdings noch einmal darauf hingewiesen, daß dieser Herr in der Vergangenheit dadurch aufgefallen ist, daß ihn Recht und Gesetz wenig scheren, wenn es darum geht, politische Propaganda zu machen. So hat ihm das Verwaltungsgericht Ansbach zweimal hintereinander untersagt, in amtlicher Eigenschaft über die AfD herzuziehen. Daß das Politikern, die in amtlicher Eigenschaft auftreten, nicht erlaubt ist, war ihm natürlich bekannt, denn das Bundesverfasssungsgericht hatte das zuvor drei Mal prominenten Politikern, an der Spitze die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, untersagt. Er darf auch für sich in Anspruch nehmen, als vermutlich einziger prominenter Politiker ein gerichtliches Unterlassungsverbot ignoriert zu haben, weswegen ihm dann auch vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Ordnungsgeld auferlegt worden ist. Natürlich nicht ihm in Person, sondern der Stadt Erlangen, also letztendlich den Erlanger Steuerzahlern. Ein solcher Spezialdemokrat und Politiker mit einem gebrochenen Verhältnis zum Recht wird von der örtlichen Presse gefeiert, ein Lokalpolitiker der CSU indessen, der sich erdreistet, einen Rechtsanwalt zu einer Veranstaltung einzuladen, der unter anderen einen prominenten-AfD-Politiker anwaltlich vertreten hat hingegen wird dafür beschimpft und wenn nicht wörtlich, so doch sinngemäß als Rechtsextremist diffamiert.

Verkehrte Welt

Man muß sich das in der Tat auf der Zunge zergehen lassen. Ein Anwalt, der nichts anderes getan hat, als seinen Berufspflichten nachzukommen, wird genau deswegen als Unperson beschrieben, mit der ein anständiger demokratischer Politiker nichts zu tun haben darf. Insoweit erinnere ich jedoch an die vom Gesetz definierte Stellung des Rechtsanwaltes und zitiere nachstehend die einschlägige Vorschrift aus der Bundesrechtsanwaltsordnung:

Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
§ 3 Recht zur Beratung und Vertretung

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

Wenn man Herrn Janik und den Journalisten des Verlags Nürnberger Presse glauben darf, dann ist der Strafverteidiger, der etwa einen Kinderschänder vor Gericht vertritt, nicht einfach ein Anwalt, der seine Pflicht tut, sondern naja, eben „auch so einer“. Das Verständnis solcher Politiker und Journalisten von Demokratie und Rechtsstaat ist, gelinde gesagt, erstaunlich. Statt unter der Überschrift „Empörung über Auftritt von Höckes Anwalt“ die Mär vom rechten Anwalt und nicht vom Rechtsanwalt breitzutreten, hätte es den selbst ernannten Verteidigern der Demokratie und des Rechtsstaates wohl angestanden, derartigen Verächtern von Demokratie und Rechtsstaat wie dem Oberhetzer von der sogenannten Allianz gegen Rechtsextremismus wie auch dem Oberbürgermeister von Erlangen auszubuchstabieren, was Demokratie und Rechtsstaat eigentlich sind. Doch solange der „Krampf gegen rechts“ und nicht die sachliche Berichterstattung als Kernaufgabe des Journalismus angesehen wird, werden wir leider noch mehr solche Sumpfblüten auf dem mit politischem Odel überreich kontaminierten Feld der Medien sehen müssen.

Recht, Politik und Sommerhitze

Nein, wir leben gerade nicht im Sommerloch. Aber in der Sommerhitze. Und da ist offenbar möglich, was unter normalen Umständen hinter den Mauern der Anstalten bleibt, in denen die Wohnräume der Insassen innen keine Klinken haben, und deren Insassen auch schon mal Jacken tragen, deren Ärmel vorne verschlossen sind und die die von ihrem Träger nicht geöffnet werden können.

Der Skandal

Anders kann der Vorgang wohl nicht erklärt werden, den wir uns heute ein wenig näher anschauen wollen. Was ist geschehen? Die AfD hat im laufenden Thüringer Wahlkampf auf ein Heimatgedicht aus dem Jahr 1911 zurückgegriffen. Hier der Text:

Erntegruß

Rauscht ihr noch ihr alten Wälder
hoch vom Rennstieg euren holden Sang?
Wiegt ihr noch durch goldne Felder
graue Dome euren Feierklang?
Und du wunderkühle Sagenquelle
liebe Saale, spiegelst du noch helle
Berg und Burg und reifen, reifen Rebenhang?

Ja. es taucht aus trauten Fluren
und es glänzt mir her vom klaren Fluß
Vaterhaus und Wanderspuren
Schlägerklang und rascher Turnergruß
Hörselberg, aufspringt die wilde Pforte
Locken wehn im Wind und Mädchenworte
und die Lippe blüht vom ersten, ersten Kuß

Jahre, die da hingezogen
eure Pulse fühl ich warm und klar
und des Lebens bunter Bogen
überspringt was jung und selig war
Volle Ernte wogt zu meinen Füßen
und ihr rauscht, den Abend mir zu grüßen
Heimatwälder, auf mein weißes Haar.

Die Aufdeckung des Skandals

Das gefiel dem Grünen-Politiker Bernhard Stengele, derzeit Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz in Thüringen und Schauspieler von Beruf, überhaupt nicht. (Nicht daß ich Schauspielern generell die Fähigkeit absprechen wollte, politisch wirken zu können. Seit Ronald Reagan wissen wir, daß das auch schon mal gutgehen kann.) Deswegen ließ er die Kanzlei des Würzburger Anwalts Chan-jo Jun gegen die Vorsitzenden der Thüringer AfD, Björn Höcke und Stefan Möller, Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstatten. Schließlich sei der Verfasser des Gedichts Franz Langheinrich (1864 – 1945) ein Nazi gewesen. Ein Gedicht aus der Feder dieses Nazis, dazu noch von der in seinen Augen neuen Nazipartei im Wahlkampf verwendet, könne nur der Verherrlichung des NS-Regimes dienen und sei daher auch geeignet, den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer des NS-Regimes verletzenden Weise zu stören. Daß ein Thüringer Grünen-Politiker sich einer Würzburger Anwaltskanzlei bedient, ist insofern nicht weiter überraschend, als der Kollege Jun auf Vorschlag der Grünen das ehrenvolle Amt eines stellvertretenden nichtrichterlichen Mitgliedes des bayerischen Verfassungsgerichtshofs ausübt. Der im IT- und Äußerungsrecht ausgewiesene Anwalt fällt aber auch schon einmal durch abstruse Äußerungen auf, wie die, von den finsteren Vertreibungsplänen der Potsdamer Geheimkonferenz sei natürlich auch er als Abkömmling koreanischer Einwanderer betroffen und müsse dann, wenn diese Leute an die Macht kämen, wohl mit seiner Ausweisung rechnen. So jedenfalls hat er sich sinngemäß kurz nach Bekanntwerden der Lügengeschichte von Correctiv über das angebliche Potsdamer Geheimtreffen vom 23.11.2023 geäußert. Nun sind ja bekanntlich Einwanderer aus Ostasien nicht nur in Deutschland, sondern überall im westlichen Kulturkreis bestens integriert, weisen regelmäßig excellente Berufs- und Studienabschlüsse auf und tragen die Wirtschaft ihrer neuen Heimatländer zu einem erheblichen Teil. Was man von den Zwanderern aus Afrika und dem Orient, vor allem den Muslimen, nur eher selten sagen kann. Deswegen werden Zuwanderer aus dem ostasiatischen Raum gerade auch von den grundsätzlich migrationskritischen Parteien gewissermaßen als Musterbeispiele gelungener Integration von Migranten geschätzt. Auch Herrn Jun kann das nicht verborgen geblieben sein. Also muß sein erwähnter Thread als bullshit bezeichnet werden, um einmal in das gerade bei den Grünen so beliebte englisch zu wechseln.

Politik und Recht – zwei Welten begegnen sich

Es lohnt sich also, der Sache auch juristisch auf den Grund zu gehen, zumal Kollege Jun ja für sich ganz unbescheiden, wie es seine Art ist, in Anspruch nimmt, Rechtsverstöße auch da zu erkennen, wo andere sie nicht einmal vermuten. Schauen wir uns also zunächst die einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuches an:

§ 1 StGB lautet: „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“

Das ist der gesetzliche Ausdruck des in allen zivilisierten Ländern der Welt, insbesondere des europäischen Kulturkreises, geltenden lateinischen Rechtsgrundsatzes nulla poena sine lege.

Die Langfassung der lateinischen Formel nullum crimen, nulla poena sine lege scripta, praevia, certa et stricta umschreibt die vier Einzelprinzipien des Gesetzlichkeitsprinzips:

Notwendigkeit zur schriftlichen Fixierung der Strafbarkeit (Verbot strafbegründenden Gewohnheitsrechtsnulla poena sine lege scripta)

Notwendigkeit der Fixierung vor Begehung der Tat (strafrechtliches Rückwirkungsverbotnulla poena sine lege praevia)

Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit des Gesetzes (strafrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatznulla poena sine lege certa)

Verbot von Analogie zu Lasten des Täters über den Wortlaut des Gesetzes hinaus (Analogieverbot im Strafrecht, nulla poena sine lege stricta)

Vor allem dem Bestimmtheitsgrundsatz wollen wir unsere Aufmerksamkeit schenken. Er ist nicht nur im europäischen, sondern auch im amerikanischen Rechtskreis von Bedeutung, denn nach einer Entscheidung des Supreme Court muß jeder Bürger vor Begehung einer Tat aus dem Gesetz entnehmen können, was verboten und was erlaubt ist. Vereinfacht ausgedrückt: das richtige Verständnis des Gesetzes muß mit dem gesunden Menschenverstand möglich sein, Recht darf keine Geheimwissenschaft sein. Das gilt auch für die Vorschrift, die der Abdruck des inkriminierten Gedichts im Wahlprogramm der Thüringer AfD verletzen soll, nämlich § 130 Abs. 4 StGB. Er lautet:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, daß er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht ooder rechtfertigt.“

Nun fehlt diesem Gedicht jeglicher Bezug zur nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft. Selbst in den Augen des Anzeigeerstatters Stengele und seines Anwalts Jun ist das Gedicht vielleicht kitschig, sentimental, melancholisch-heimattümeld und schwülstig, aber ansonsten völlig unbedenklich. Es braucht also offenbar einen erheblichen Begründungsaufwand, dennoch den Straftatbestand des § 130 Abs. 4 StGB als erfüllt anzusehen. Dieses Kunststück gelingt dem politisierenden Schauspieler und seinem ebenfalls politikaffinen Anwalt auf die Weise, daß die Person des Dichters ebenso wie die Partei, die es für ihren Wahlkampf verwendet, in den gesetzlichen Tatbestand gewissermaßen hineingelesen werden. Denn immerhin war Franz Langheinrich ein glühender Unterstützer des nationalsozialistischen Regimes. Und die AfD wird von Leuten der politischen Denkungsart des Anzeigeerstatters und seines Anwalts als gewissermaßen NSDAP des 21. Jahrhunderts gesehen. Mit anderen Worten: wenn ein heimattümelndes Gedicht eines Nazi-Dichters von einer Nazipartei im Wahlkampf verwendet wird, dann wird damit die NS- Gewalt-und Willkürherrschaft mindestens gebilligt, wenn nicht verherrlicht, was selbstverständlich die Würde der Opfer des Regimes verletzt und den öffentlichen Frieden stört.

Wie geht eigentlich Rechtsklitterung? Rechtsanwalt Jun weiß das.

Doch mit welchem Wort wird hier überhaupt nur auf den Nationalsozialismus Bezug genommen, geschweige denn dieses Terrorregime gebilligt oder gar verherrlicht? Und warum soll das bei einem Gedicht aus dem Jahre 1911 der Fall sein, einem Gedicht von einem Verfasser, den niemand kennt? Mir jedenfalls war dieser Dichter bis zum Bekanntwerden dieser Posse völlig unbekannt. Dabei habe ich mich mit der Geschichte des Nationalsozialismus durchaus beschäftigt und glaube mit Fug und Recht sagen zu können, daß mein Wissensstand insoweit überdurchschnittlich ist. Auch die Lebensdaten des Dichters (1864-1945) sind für sich allein genommen kein Hinweis darauf, daß er das NS-Regime unterstützt hat.

Die Argumentationstechnik des Kollegen Jun ist in zweifacher Hinsicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 StGB nicht vereinbar. Er entnimmt den NS-Bezug des inkriminierten Gedichts ausschließlich solchen Umständen, die im Gesetzeswortlaut nicht beschrieben werden. Ein juristisch unverfänglicher Text wird durch die Person seines Verfassers und durch seinen Verwender in einem bestimmten Kontext (Wahlkampf) zum Rechtsverstoß, zur strafbaren Volksverhetzung. Und diese Erkenntnis kann nur gewinnen, wer Umstände außerhalb dieses Textes kennt und „richtig“ einordnet.

An alle Jurastudenten: Bitte nicht im Examen sowas schreiben!

Wäre das richtig, so dürften zum Beispiel die Filme von Leni Riefenstahl, die sie vor den bekannten Filmen über die Reichsparteitage und die Olympischen Spiele gedreht hat, nicht mehr gezeigt werden, insbesondere aber nicht von Veranstaltern, die der sogenannten rechten Szene zugeordnet werden. Denn dann dienten ihre Bergfilme ja nur der Verherrlichung des NS-Regimes, das es nota bene zum Zeitpunkt ihrer Entstehung noch gar nicht gab, wie das auch hier mit dem Entstehungsjahr des inkriminierten Gedichts der Fall ist. Auch dürften Skulpturen des Bildhauers Arno Breker entweder gar nicht oder auf keinen Fall von Veranstaltern ausgestellt werden, denen man eine Nähe zur Identitären Bewegung, zur AfD oder vom Verfassungsschutz braun angestrichenen Vereinigungen nachsagen kann. Schließlich hat Hitler den Künstler Arno Breker sehr geschätzt. Und die ganz spannende Frage: darf sich Björn Höcke einen Schäferhund anschaffen und mit ihm spazieren gehen? Bekanntlich hatte Hitler einen Schäferhund. Diese Beispielsfälle zeigen wohl hinreichend deutlich, wie absurd die Argumentationslinie dieses grünen Kronanwalts ist. Dazu fällt mir eigentlich nur der Meister des subtilen Spotts Harald Schmidt ein: „Er hat Autobahn gesagt!“