Archiv der Kategorie: Nachrichten aus Absurdistan

Geht’s noch?

Die Leser dieses Blogs wissen ja schon lange, daß die politische Klasse unseres Landes auf die Couch des Therapeuten gehört. Diese Diagnose bestätigt sie täglich. Ein besonders schönes Beispiel war nun jüngst in Erlangen zu besichtigen. Was war geschehen?

Der Kaminabend

Die Mittelstands-Union, so nennt sich die Arbeitsgemeinschaft der mittelständischen Unternehmer innerhalb der CSU, dürfte wohl als eines der Kernelemente dieser Partei zu betrachten sein. Ist doch traditionell die soziale Marktwirtschaft eine wesentliche ideologische Grundlage der Unionsparteien und sind traditionell mittelständische Unternehmer überproportional dort vertreten. Genau aus diesem Grunde gibt es diese Arbeitsgemeinschaft in beiden Unionsparteien. Ihre örtliche Untergliederung, die Mittelstands-Union Mittelfranken, hatte für Freitag, den 23. August 2024 den Rechtsanwalt und Privatdozenten an der Universität Köln für Verfassungsrecht, Dr. Ulrich Vosgerau, zu einer als „Kamingespräch“ bezeichneten Veranstaltung in das Hotel Bayerischer Hof in Erlangen eingeladen. Man wollte von Herrn Vosgerau als ausgewiesenem Verfassungsrechtler seine Ansicht zu den europäischen Verträgen im Spannungsfeld zum deutschen Grundgesetz hören. Dazu gibt es in der juristischen Literatur in der Tat Kontroversen, an denen sich eben auch der Verfassungsrechtler Dr. Vosgerau beteiligt. Er ist der Auffassung, daß die europäischen Verträge in verschiedenen Punkten mit dem Grundgesetz, etwa seiner Eigentumsgarantie, kollidieren.

Der Referent aus dem Reich des Bösen

Also eine Veranstaltung in der Höhenluft des Verfassungsrechts mit entsprechenden Anforderungen an die Rechtskenntnisse, aber auch das Verfassungsverständnis der Zuhörer. Veranstaltungen dieser Art haben für gewöhnlich auch keinen Widerhall in der Presse, dafür ist das Thema zu trocken. Im vorliegenden Falle war das indessen völlig anders. Nicht wegen des Themas. Nein, der Referent war der Stein des Anstoßes. Denn der Rechtsanwalt Dr. Vosgerau verteidigt den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in dessen Strafverfahren wegen angeblicher Verwendung nationalsozialistischer Symbole gemäß § 86a StGB („Alles für Deutschland!“). Die Einladung eines solchen Anwalts ist in den Augen der örtlichen politischen Parteien von CSU bis links außen ein Skandal. Schon im Vorfeld der Veranstaltung berichteten die Zeitungen der Verlagsgruppe Nürnberger Presse unter der Überschrift „Höcke-Anwalt eingeladen“ über diesen offensichtlich als Skandal eingestuften Vorgang. Die örtliche CSU ließ verlauten, man sehe mit großem Bedauern, daß sich die Führung der Mittelstandsunion in einer Stoßrichtung positioniere, die deutlich außerhalb des von der CSU Erlangen – und im übrigen auch der Mittelstands-Union auf Landesebene – vertretenen liberal-konservativen Spektrums stehe. Es folgten dann Mandatsniederlegungen von Funktionären der Erlanger Mittelstandsunion und Forderungen des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, in Erlangen Bezirksvorsitzender der CSU, nach einer klaren Abgrenzung zur AfD. ZUr Erinnerung: Joachim Herrmann ist von Amts wegen Hüter der Verfassung in Bayern und natürlich auch Volljurist. Tatsächlich. Nicht fehlen durften Forderungen der sogenannten Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, diesem Treiben entgegenzutreten. Ihr durch ständige Hetze gegen alles, was seinem linksradikalen Weltbild entgegensteht auffallender Vorsitzender forderte den Minister auf, diese angeblich demokratiefeindliche Veranstaltung zu unterbinden. Dabei durfte auch das längst von den Fakten widerlegte Gefasel von einem „Remigrationstreffen“ von Rechtsextremen in Potsdam nicht fehlen.

Die öffentliche Empörung

Über die Veranstaltung selbst berichteten dann die Zeitungen des VNP auf immerhin einer halben Zeitungsseite unter der Überschrift „Empörung über Auftritt von Höckes Anwalt“, wobei prominent der SPD-Oberbürgermeister von Erlangen in Wort und Bild erwähnt wurde. Er wurde mit der Aussage zitiert, die Mehrheit der CSU lehne solche Veranstaltungen ab. Ob die Leser des Blattes sich Gedanken darüber gemacht haben, mit welcher Kompetenz ein SPD-Politiker über das Meinungsbild in der CSU berichtet, wollen wir einmal offen lassen. Vielleicht ist das ja auch nur die Allparteienkoalition gegen die AfD als Manifestation des Bösen. Zu dem Erlanger OB Florian Janik sei allerdings noch einmal darauf hingewiesen, daß dieser Herr in der Vergangenheit dadurch aufgefallen ist, daß ihn Recht und Gesetz wenig scheren, wenn es darum geht, politische Propaganda zu machen. So hat ihm das Verwaltungsgericht Ansbach zweimal hintereinander untersagt, in amtlicher Eigenschaft über die AfD herzuziehen. Daß das Politikern, die in amtlicher Eigenschaft auftreten, nicht erlaubt ist, war ihm natürlich bekannt, denn das Bundesverfasssungsgericht hatte das zuvor drei Mal prominenten Politikern, an der Spitze die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, untersagt. Er darf auch für sich in Anspruch nehmen, als vermutlich einziger prominenter Politiker ein gerichtliches Unterlassungsverbot ignoriert zu haben, weswegen ihm dann auch vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Ordnungsgeld auferlegt worden ist. Natürlich nicht ihm in Person, sondern der Stadt Erlangen, also letztendlich den Erlanger Steuerzahlern. Ein solcher Spezialdemokrat und Politiker mit einem gebrochenen Verhältnis zum Recht wird von der örtlichen Presse gefeiert, ein Lokalpolitiker der CSU indessen, der sich erdreistet, einen Rechtsanwalt zu einer Veranstaltung einzuladen, der unter anderen einen prominenten-AfD-Politiker anwaltlich vertreten hat hingegen wird dafür beschimpft und wenn nicht wörtlich, so doch sinngemäß als Rechtsextremist diffamiert.

Verkehrte Welt

Man muß sich das in der Tat auf der Zunge zergehen lassen. Ein Anwalt, der nichts anderes getan hat, als seinen Berufspflichten nachzukommen, wird genau deswegen als Unperson beschrieben, mit der ein anständiger demokratischer Politiker nichts zu tun haben darf. Insoweit erinnere ich jedoch an die vom Gesetz definierte Stellung des Rechtsanwaltes und zitiere nachstehend die einschlägige Vorschrift aus der Bundesrechtsanwaltsordnung:

Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
§ 3 Recht zur Beratung und Vertretung

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

Wenn man Herrn Janik und den Journalisten des Verlags Nürnberger Presse glauben darf, dann ist der Strafverteidiger, der etwa einen Kinderschänder vor Gericht vertritt, nicht einfach ein Anwalt, der seine Pflicht tut, sondern naja, eben „auch so einer“. Das Verständnis solcher Politiker und Journalisten von Demokratie und Rechtsstaat ist, gelinde gesagt, erstaunlich. Statt unter der Überschrift „Empörung über Auftritt von Höckes Anwalt“ die Mär vom rechten Anwalt und nicht vom Rechtsanwalt breitzutreten, hätte es den selbst ernannten Verteidigern der Demokratie und des Rechtsstaates wohl angestanden, derartigen Verächtern von Demokratie und Rechtsstaat wie dem Oberhetzer von der sogenannten Allianz gegen Rechtsextremismus wie auch dem Oberbürgermeister von Erlangen auszubuchstabieren, was Demokratie und Rechtsstaat eigentlich sind. Doch solange der „Krampf gegen rechts“ und nicht die sachliche Berichterstattung als Kernaufgabe des Journalismus angesehen wird, werden wir leider noch mehr solche Sumpfblüten auf dem mit politischem Odel überreich kontaminierten Feld der Medien sehen müssen.

Recht, Politik und Sommerhitze

Nein, wir leben gerade nicht im Sommerloch. Aber in der Sommerhitze. Und da ist offenbar möglich, was unter normalen Umständen hinter den Mauern der Anstalten bleibt, in denen die Wohnräume der Insassen innen keine Klinken haben, und deren Insassen auch schon mal Jacken tragen, deren Ärmel vorne verschlossen sind und die die von ihrem Träger nicht geöffnet werden können.

Der Skandal

Anders kann der Vorgang wohl nicht erklärt werden, den wir uns heute ein wenig näher anschauen wollen. Was ist geschehen? Die AfD hat im laufenden Thüringer Wahlkampf auf ein Heimatgedicht aus dem Jahr 1911 zurückgegriffen. Hier der Text:

Erntegruß

Rauscht ihr noch ihr alten Wälder
hoch vom Rennstieg euren holden Sang?
Wiegt ihr noch durch goldne Felder
graue Dome euren Feierklang?
Und du wunderkühle Sagenquelle
liebe Saale, spiegelst du noch helle
Berg und Burg und reifen, reifen Rebenhang?

Ja. es taucht aus trauten Fluren
und es glänzt mir her vom klaren Fluß
Vaterhaus und Wanderspuren
Schlägerklang und rascher Turnergruß
Hörselberg, aufspringt die wilde Pforte
Locken wehn im Wind und Mädchenworte
und die Lippe blüht vom ersten, ersten Kuß

Jahre, die da hingezogen
eure Pulse fühl ich warm und klar
und des Lebens bunter Bogen
überspringt was jung und selig war
Volle Ernte wogt zu meinen Füßen
und ihr rauscht, den Abend mir zu grüßen
Heimatwälder, auf mein weißes Haar.

Die Aufdeckung des Skandals

Das gefiel dem Grünen-Politiker Bernhard Stengele, derzeit Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz in Thüringen und Schauspieler von Beruf, überhaupt nicht. (Nicht daß ich Schauspielern generell die Fähigkeit absprechen wollte, politisch wirken zu können. Seit Ronald Reagan wissen wir, daß das auch schon mal gutgehen kann.) Deswegen ließ er die Kanzlei des Würzburger Anwalts Chan-jo Jun gegen die Vorsitzenden der Thüringer AfD, Björn Höcke und Stefan Möller, Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstatten. Schließlich sei der Verfasser des Gedichts Franz Langheinrich (1864 – 1945) ein Nazi gewesen. Ein Gedicht aus der Feder dieses Nazis, dazu noch von der in seinen Augen neuen Nazipartei im Wahlkampf verwendet, könne nur der Verherrlichung des NS-Regimes dienen und sei daher auch geeignet, den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer des NS-Regimes verletzenden Weise zu stören. Daß ein Thüringer Grünen-Politiker sich einer Würzburger Anwaltskanzlei bedient, ist insofern nicht weiter überraschend, als der Kollege Jun auf Vorschlag der Grünen das ehrenvolle Amt eines stellvertretenden nichtrichterlichen Mitgliedes des bayerischen Verfassungsgerichtshofs ausübt. Der im IT- und Äußerungsrecht ausgewiesene Anwalt fällt aber auch schon einmal durch abstruse Äußerungen auf, wie die, von den finsteren Vertreibungsplänen der Potsdamer Geheimkonferenz sei natürlich auch er als Abkömmling koreanischer Einwanderer betroffen und müsse dann, wenn diese Leute an die Macht kämen, wohl mit seiner Ausweisung rechnen. So jedenfalls hat er sich sinngemäß kurz nach Bekanntwerden der Lügengeschichte von Correctiv über das angebliche Potsdamer Geheimtreffen vom 23.11.2023 geäußert. Nun sind ja bekanntlich Einwanderer aus Ostasien nicht nur in Deutschland, sondern überall im westlichen Kulturkreis bestens integriert, weisen regelmäßig excellente Berufs- und Studienabschlüsse auf und tragen die Wirtschaft ihrer neuen Heimatländer zu einem erheblichen Teil. Was man von den Zwanderern aus Afrika und dem Orient, vor allem den Muslimen, nur eher selten sagen kann. Deswegen werden Zuwanderer aus dem ostasiatischen Raum gerade auch von den grundsätzlich migrationskritischen Parteien gewissermaßen als Musterbeispiele gelungener Integration von Migranten geschätzt. Auch Herrn Jun kann das nicht verborgen geblieben sein. Also muß sein erwähnter Thread als bullshit bezeichnet werden, um einmal in das gerade bei den Grünen so beliebte englisch zu wechseln.

Politik und Recht – zwei Welten begegnen sich

Es lohnt sich also, der Sache auch juristisch auf den Grund zu gehen, zumal Kollege Jun ja für sich ganz unbescheiden, wie es seine Art ist, in Anspruch nimmt, Rechtsverstöße auch da zu erkennen, wo andere sie nicht einmal vermuten. Schauen wir uns also zunächst die einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuches an:

§ 1 StGB lautet: „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“

Das ist der gesetzliche Ausdruck des in allen zivilisierten Ländern der Welt, insbesondere des europäischen Kulturkreises, geltenden lateinischen Rechtsgrundsatzes nulla poena sine lege.

Die Langfassung der lateinischen Formel nullum crimen, nulla poena sine lege scripta, praevia, certa et stricta umschreibt die vier Einzelprinzipien des Gesetzlichkeitsprinzips:

Notwendigkeit zur schriftlichen Fixierung der Strafbarkeit (Verbot strafbegründenden Gewohnheitsrechtsnulla poena sine lege scripta)

Notwendigkeit der Fixierung vor Begehung der Tat (strafrechtliches Rückwirkungsverbotnulla poena sine lege praevia)

Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit des Gesetzes (strafrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatznulla poena sine lege certa)

Verbot von Analogie zu Lasten des Täters über den Wortlaut des Gesetzes hinaus (Analogieverbot im Strafrecht, nulla poena sine lege stricta)

Vor allem dem Bestimmtheitsgrundsatz wollen wir unsere Aufmerksamkeit schenken. Er ist nicht nur im europäischen, sondern auch im amerikanischen Rechtskreis von Bedeutung, denn nach einer Entscheidung des Supreme Court muß jeder Bürger vor Begehung einer Tat aus dem Gesetz entnehmen können, was verboten und was erlaubt ist. Vereinfacht ausgedrückt: das richtige Verständnis des Gesetzes muß mit dem gesunden Menschenverstand möglich sein, Recht darf keine Geheimwissenschaft sein. Das gilt auch für die Vorschrift, die der Abdruck des inkriminierten Gedichts im Wahlprogramm der Thüringer AfD verletzen soll, nämlich § 130 Abs. 4 StGB. Er lautet:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, daß er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht ooder rechtfertigt.“

Nun fehlt diesem Gedicht jeglicher Bezug zur nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft. Selbst in den Augen des Anzeigeerstatters Stengele und seines Anwalts Jun ist das Gedicht vielleicht kitschig, sentimental, melancholisch-heimattümeld und schwülstig, aber ansonsten völlig unbedenklich. Es braucht also offenbar einen erheblichen Begründungsaufwand, dennoch den Straftatbestand des § 130 Abs. 4 StGB als erfüllt anzusehen. Dieses Kunststück gelingt dem politisierenden Schauspieler und seinem ebenfalls politikaffinen Anwalt auf die Weise, daß die Person des Dichters ebenso wie die Partei, die es für ihren Wahlkampf verwendet, in den gesetzlichen Tatbestand gewissermaßen hineingelesen werden. Denn immerhin war Franz Langheinrich ein glühender Unterstützer des nationalsozialistischen Regimes. Und die AfD wird von Leuten der politischen Denkungsart des Anzeigeerstatters und seines Anwalts als gewissermaßen NSDAP des 21. Jahrhunderts gesehen. Mit anderen Worten: wenn ein heimattümelndes Gedicht eines Nazi-Dichters von einer Nazipartei im Wahlkampf verwendet wird, dann wird damit die NS- Gewalt-und Willkürherrschaft mindestens gebilligt, wenn nicht verherrlicht, was selbstverständlich die Würde der Opfer des Regimes verletzt und den öffentlichen Frieden stört.

Wie geht eigentlich Rechtsklitterung? Rechtsanwalt Jun weiß das.

Doch mit welchem Wort wird hier überhaupt nur auf den Nationalsozialismus Bezug genommen, geschweige denn dieses Terrorregime gebilligt oder gar verherrlicht? Und warum soll das bei einem Gedicht aus dem Jahre 1911 der Fall sein, einem Gedicht von einem Verfasser, den niemand kennt? Mir jedenfalls war dieser Dichter bis zum Bekanntwerden dieser Posse völlig unbekannt. Dabei habe ich mich mit der Geschichte des Nationalsozialismus durchaus beschäftigt und glaube mit Fug und Recht sagen zu können, daß mein Wissensstand insoweit überdurchschnittlich ist. Auch die Lebensdaten des Dichters (1864-1945) sind für sich allein genommen kein Hinweis darauf, daß er das NS-Regime unterstützt hat.

Die Argumentationstechnik des Kollegen Jun ist in zweifacher Hinsicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 StGB nicht vereinbar. Er entnimmt den NS-Bezug des inkriminierten Gedichts ausschließlich solchen Umständen, die im Gesetzeswortlaut nicht beschrieben werden. Ein juristisch unverfänglicher Text wird durch die Person seines Verfassers und durch seinen Verwender in einem bestimmten Kontext (Wahlkampf) zum Rechtsverstoß, zur strafbaren Volksverhetzung. Und diese Erkenntnis kann nur gewinnen, wer Umstände außerhalb dieses Textes kennt und „richtig“ einordnet.

An alle Jurastudenten: Bitte nicht im Examen sowas schreiben!

Wäre das richtig, so dürften zum Beispiel die Filme von Leni Riefenstahl, die sie vor den bekannten Filmen über die Reichsparteitage und die Olympischen Spiele gedreht hat, nicht mehr gezeigt werden, insbesondere aber nicht von Veranstaltern, die der sogenannten rechten Szene zugeordnet werden. Denn dann dienten ihre Bergfilme ja nur der Verherrlichung des NS-Regimes, das es nota bene zum Zeitpunkt ihrer Entstehung noch gar nicht gab, wie das auch hier mit dem Entstehungsjahr des inkriminierten Gedichts der Fall ist. Auch dürften Skulpturen des Bildhauers Arno Breker entweder gar nicht oder auf keinen Fall von Veranstaltern ausgestellt werden, denen man eine Nähe zur Identitären Bewegung, zur AfD oder vom Verfassungsschutz braun angestrichenen Vereinigungen nachsagen kann. Schließlich hat Hitler den Künstler Arno Breker sehr geschätzt. Und die ganz spannende Frage: darf sich Björn Höcke einen Schäferhund anschaffen und mit ihm spazieren gehen? Bekanntlich hatte Hitler einen Schäferhund. Diese Beispielsfälle zeigen wohl hinreichend deutlich, wie absurd die Argumentationslinie dieses grünen Kronanwalts ist. Dazu fällt mir eigentlich nur der Meister des subtilen Spotts Harald Schmidt ein: „Er hat Autobahn gesagt!“

Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!

Einer der erschütterndsten Sätze der Weltliteratur ist die Bitte des Marquis von Posa an König Philipp II. von Spanien in Schillers Don Carlos: „Geben Sie Gedankenfreiheit.“ Die beiden Sätze davor lauten: „Gehen Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu erschaffen wird die Erde.“ Was für eine Welt war das, in der eine solche Bitte entstehen konnte? Hieß es doch schon in den Digesten (XLVIII, 19,18) des Corpus Juris Civilis des (ost)römischen Kaisers Justinian (482 bis 565): „Für seine Gedanken wird niemand bestraft“ („Cogitationis poenam nemo patitur“). Es war die geistige Enge des spanischen Hofs, der Gegenreformation und der Inquisition. Leben wir erneut in einer solchen Zeit?

Die Meinungsfreiheit ist für die Demokratie schlechthin konstitutiv

Unsere Verfassung, von der gerade Bürgerliche und Konservative sehr viel halten, gibt uns als eines der zentralen und die Freiheit erst ermöglichenden Grundrechte Meinungs- Wissenschafts- und Pressefreiheit. Das ist die Quintessenz des Lüth-Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1958, auf das sich das Gericht seither immer wieder bezieht. Auch wenn Steinmeier, Faeser und andere in der Wolle gefärbte Linksradikale das nicht hören wollen: Sozialismus und Meinungsfreiheit schließen einenander aus.

Das vergiftete Meinungsklima

Seit Jahren, beginnend mit der Kanzlerschaft der zu Unrecht vielfach gelobten Frau Merkel, erleben wir immer neue staatliche Repression unter der Überschrift „wehrhafte Demokratie“, tatsächlich jedoch die Vergiftung des politischen Meinungsklimas. Der Verfassungschutz unter Führung von Herrn Haldenwang ist da nur ausführendes Organ, allerdings durchaus kreativ, wenn man an die Schaffung eines neuen Aufgabenbereichs namens „verfassungsschutzrelevante Deligitimierung des Staates“ am Gesetz vorbei mit der Anmaßung des Gesetzgebers denkt. Die Technik der scheinbar rechtskonformen Brandmarkung des politsch Andersdenkenden besteht einfach darin, einen unbestimmten Rechtsbegriff wie die Menschenwürde so auszulegen, daß schon die Kritik an Mißständen wie der ungesteuerten und unkontrollierten Zuwanderung als menschenwürdewidrig ausgelegt und damit in den Bereich der Verfassungsfeindlichkeit verschoben wird.

Der Abgrund ist näher

Nun sind wir seit heute einen Schritt weiter. Die Zerstörerin der Verfassung, die sich in Orwell’scher Manier als ihre Hüterin aufspielt, hat heute morgen dem Herausgeber des Magazins „Compact“ eine Verbotsverfügung zustellen lassen, nicht durch einen Zustellungsbeamten oder Postboten, wie das bei Verwaltungsakten üblich ist, sondern durch bis an die Zähne bewaffnete Polizeibeamte eines Sondereinsatzkommandos. Und das vor den laufenden Kameras der rechtzeitig informierten Fernsehanstalten, was ja zum Erziehungskonzept des fürsorglichen Staates gehört. Das wissen wir ja seit der „Reichsbürger“- Aktion vom 7.12.2022.

Das Wesen der Demokratie

Nun muß man Herrn Elsässer und seine Publikationen nicht mögen. Auch ich gehöre mitnichten zu seinen Anhängern. Indessen gilt der Voltaire zugeschriebene Satz: „Ich hasse, was du sagst, aber ich würde mein Leben dafür geben, daß du es sagen darfst“. Das ist nämlich das Lebenselixier der Demokratie: Wir tauschen uns über widerstreitende Meinungen aus und finden im freien Diskurs allgemein akzeptierte Lösungen. Und das geht von Verfassungs wegen sehr weit. Entgegen der Verlautbarungen von Faeser und ihren journalistischen Büchsenspannern ist auch Kritik, sogar fundamentale Kritik an unserer Verfassung bis zum Ruf nach ihrer Abschaffung zulässig, solange das nicht zu Aktivitäten, vor allem gewaltsamer Natur führt, die zur Gefahr für den Bestand unserer freiheitlichen Grundordnung führen. Mosern und Räsonnieren im Stile eines Herrn Elsässer und ähnlicher Randfiguren auf der politischen Bühne gehören nicht dazu.

Faesers Aktion ist greifbar verfassungswidrig

Nicht unerwartet haben sich heute schon besonnene Stimmen aus dem Bereich der Verfassungsjuristen, allen voran der Nestor des Verfassungsrechts Prof. Rupert Scholz, erhoben und auf die Verfassungswidrigkeit dieser Aktion hingewiesen. Und es ist nicht nur die mangelnde Zuständigkeit des Bundes für Vereinsverbote wie das vorliegende, es ist vor allem auch das Zensurverbot des Grundgesetzes wie auch der Europäischen Menschenrechtskonvention, die der Verbotsverfügung unserer forschen Innenministerin entgegenstehen. Hätte im Übrigen der damalige Innenminister Seehofer angesichts eines Beitrages der damaligen hessischen SPD-Vorsitzenden Faeser in einer Zeitschrift der Antfa ähnlich forsch reagiert wie seine Nachfolgerin Faeser, so hätte er ja mindestens ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz anordnen müssen. Das hat er nicht getan, und das war richtig. Wir Bürger können schon selbst beurteilen, was da so alles in die politische Landschaft gerufen wird. Es hat auch jeder das Recht, sich zu blamieren, Frau Faeser ebenso wie Herr Elsässer. Es hat jedoch niemand das Recht, unsere Verfassung zu brechen. Die gerichtliche Reaktion auf diese Aktion Faesers wird eindeutig sein.

Der Spezialdemokrat

Es ist Freitag der 8. Juli 2022. Der Stadtrat von Erlangen begeht sein jährliches Sommerfest. Dr. Florian Janik, seit 2014 Oberbürgermeister, hat zu diesem geselligen Abend geladen, in dessen Rahmen auch die langjährige Bürgermeisterin der Stadt verabschiedet und gewürdigt wird. Im Schmuck der Amtskette tritt der OB ans Rednerpult und hebt zur Laudatio an, die zunächst ganz im Rahmen des erwarteten bleibt und die Leistungen der ausscheidenden Kommunalpoltikerin aufzählt, verbunden mit großem Lob und persönlichen Worten. Doch dann verknüpft der OB dieses Lob mit der Parteipolitik und preist den Einsatz der Geehrten für Demokratie, für Menschenwürde, und ihren Einsatz dafür. Wörtlich: „Daß man die Feinde der Demokratie nicht ignorieren darf, sondern, daß wenn die Feinde der Demokratie und ob sie NPD heißen ob sie Dritter Weg heißen ob sie als die AfD heißen, wie auch immer sie heißen mögen, daß man diesen Feinden der Demokratie niemals das Feld überlassen darf, daß man den Mut haben muß, sich gegen sie zu stellen, daß man den Mut haben muß ihnen immer wieder deutlich zu machen, daß das wofür sie eintreten nicht nur irgendeine politische Meinung ist, daß ihre politische Meinung darauf abzielt alle anderen politischen Meinungen und alle die andere politische Meinung am Ende mundtot zu machen.“ (Original aus Redemitschrift)

Die Sache geht zu Gericht

Abgesehen davon, daß derartige Beschimpfungen des politischen Gegners in einer offiziellen Laudatio nichts zu suchen haben, und daß die gelöste Stimmung eines Sommerfestes ohnehin derart scharfe Rhetorik nicht verträgt, ist die Rechtslage in Deutschland glasklar. Es gilt das Gebot der strikten Trennung von Staatsamt und Parteifunktion. Mag der Politiker als Repräsentant seiner Partei noch so rüde über den politischen Gegner herziehen dürfen, in seiner Funktion als Amtsträger darf er das nicht. Das ist auch allgemein bekannt, insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht in drei (!) bekannten Urteilen vor diesem Auftritt des Erlanger OB klipp und klar diese Rechtslage bestätigt und die Bundesminister Wanka mit Urteil vom 27.2.2018 und Seehofer mit Urteil vom 9.6.2020 dazu verurteilt, es künftig zu unterlassen, in amtlicher Eigenschaft den politischen Gegner schlecht zu machen. Es handelte sich, angesichts der derzeitigen politischen Großwetterlage wenig überraschend, jeweils um den politischen Gegner AfD. Der Erlanger OB hält es offenbar auch für den Ausdruck seiner besonders demokratischen Haltung, die Stadträte der AfD während der Sitzungen grundsätzlich nur mit bürgerlichem Namen anzusprechen, die übrigen Stadträte jedoch mit „Frau Kollegin“ bzw. „Herr Kollege“. Das ist nicht demokratisch, das ist schlicht flegelhaft. Auch hatten in den Jahren zuvor eine Reihe von Verwaltungsgerichten jeweils Kommunalpolitikern untersagt, in amtlicher Eigenschaft über ihren politischen Gegner AfD herzuziehen. Und mit Aufsehen erregendem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.6.2022, also gerade einmal rund drei Wochen vor dieser Veranstaltung der Stadt Erlangen, wurde der seinerzeitigen Bundeskanzlerin Angela Merkel gleiches ins Stammbuch geschrieben, nachdem sie anlässlich einer Auslandsreise als Bundeskanzlerin den Landtag von Thüringen dazu aufgefordert hatte, die soeben erfolgte Wahl eines FDP-Politikers zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD rückgängig zu machen.

Rechtsblind und stur

Mit anderen Worten, Janik wusste was er tat, und er tat es trotzdem. Der Vorgang ist schon für sich genommen skandalös genug. Doch dabei ließ dieser hoffnungsvolle Nachwuchspolitiker (Jahrgang 1980) der SPD es nicht bewenden. Die örtliche AfD forderte ihn im Anschluss an die Veranstaltung auf, derartiges künftig zu unterlassen, und insoweit auch eine Unterlassungserklärung abzugeben. Dazu konnte sich der Herr Oberbürgermeister nicht verstehen, sodaß der örtliche Kreisverband die Stadt Erlangen vor dem zuständigen Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach verklagte. Das Gericht solle der Stadt per Urteil untersagen, durch ihren Oberbürgermeister im Rahmen offizieller Veranstaltungen bezüglich des Klägers (AfD-Kreisverband) im Rahmen offizieller Veranstaltungen zu erklären: „Die Feinde der Demokratie, ob sie NPD heißen, ob sie Dritter Weg heißen oder ob sie AfD heißen“. Obwohl die Rechtslage keinen Zweifel daran zuließ, daß die Klage Erfolg haben würde, ließ der OB seine Stadtverwaltung gegen den Unterlassungsanspruch argumentieren und Klageabweisung beantragen. Naturgemäß erging dann am 23.3.2023 ein Urteil entsprechend dem Klageantrag. Offenbar waren die städtischen Juristen nach Lektüre des Urteils der Auffassung, ein Rechtsmittel werde kaum erfolgreich sein können, weswegen dann auch das Urteil rechtskräftig wurde.

Soweit, so gut, mag man denken. Weit gefehlt.

Wem das Recht gleichgültig ist…

Am 10.1.2024 berichtete die Tagesschau in sensationeller Aufmachung über ein sogenanntes Geheimtreffen „rechter“ Kreise, das am 23. November des Vorjahres in Potsdam stattgefunden habe. Es seien dabei Pläne zur millionenfachen Vertreibung von Migranten mit und ohne deutschen Pass geschmiedet worden, um einmal diese Räuberpistole in wenige Worte zu fassen. Bekanntlich führte das in den Wochen danach zu massenhaften Demonstrationen auf den Straßen und Plätzen der Republik, die sich ganz eindeutig vor allem gegen die AfD richteten. Dies unbeschadet dessen, daß sehr bald schon die Urheber dieser Sensationsgeschichte zurückruderten und erklärten, von massenhaften Vertreibungen sei eigentlich nicht die Rede gewesen. Doch da lief die absichtsvoll in Gang gesetzte Empörungsmaschinerie schon auf vollen Touren. Der Erlanger OB musste sich da natürlich in seiner Stadt an die Spitze der Proteste setzen. Auf seiner amtlichen Homepage rief er zu einer für Freitag, den 19.1.2024 geplanten Kundgebung auf und „motivierte“ die Bürger seiner Stadt dazu mit den Worten: „Die Enthüllungen des Rechercheteams von Correctiv sind erschreckend, aber nicht überraschend. Schon lange ist klar, daß die AfD eine rechtsextreme Partei ist. Nun liegt es schwarz auf weiß vor: Die Alternative für Deutschland plant gemeinsam mit Neonazis, Rechtsextremen, Funktionären der CDU-nahen Werteunion und einer Gruppe von Unternehmern die massenhafte Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund – ob mit oder ohne deutschen Pass. Mut macht in diesen Zeiten, daß Tausende Menschen in Deutschland aufstehen und auf großen Kundgebungen für Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit eintreten. Auch in Erlangen ist eine solche Kundgebung geplant. Sie findet am Freitag, dem 19. Januar ab 16:00 Uhr auf dem Hugenottenplatz statt. Erlangen ist offen aus Tradition und wir erleben die Vielfalt unserer Stadtgesellschaft jeden Tag als Bereicherung. Zeigen wir das auch!“

Erregte Politiker treffen auf kühle Juristen

Nun ist abgesehen von dem erschreckend niedrigen politischen Niveau dieser Aussage vor allem bemerkenswert, daß hier jemand vorgibt, für den Rechtsstaat einzutreten, der auf denselben offensichtlich pfeift. Nicht nur, daß dem Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt von Amts wegen klar sein muß, daß er Amt und Parteipolitik streng voneinander zu trennen hat, sondern auch der Umstand, daß gerade ihm als Oberbürgermeister von Erlangen mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23.3.2023 weniger als ein Jahr zuvor persönlich klargemacht worden war, daß er so etwas nicht darf, macht an sich sprachlos. Es bleibt nur die Feststellung, daß dieser Spezialdemokrat für sich in Anspruch nimmt, an Recht und Gesetz nicht gebunden zu sein.

Der Erlanger Kreisverband der AfD mahnte also die Stadt Erlangen dieserhalb ab und forderte sie mit Anwaltsschreiben vom 26.1.2024 zur Abgabe einer sogenannten strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, also der Erklärung, künftiges nicht wiederholen zu wollen, bei Meidung einer Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung. Dem kam die Stadt Erlangen, man muß schon sagen, erwartungsgemäß nicht nach. Deswegen beantragte der Anwalt des Kreisverbandes am 1.2.2024 beim Verwaltungsgericht in Ansbach, der Stadt Erlangen bei Meidung eines auf Antrag des Antragstellers vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes zu untersagen, durch ihren Oberbürgermeister öffentlich erklären zu lassen: „Die Enthüllungen des Rechercheteams von Correctiv sind erschreckend, aber nicht überraschend. Schon lange ist klar, daß die AfD eine rechtsextreme Partei ist. Nun liegt es schwarz auf weiß vor: die Alternative für Deutschland plant gemeinsam mit Neonazis, Rechtsextremen, Funktionären der CDU-nahen Werteunion und einer Gruppe von Unternehmern die massenhafte Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund – ob mit oder ohne deutschen Pass.“ Der Oberbürgermeister wies seine Verwaltung erwartungsgemäß an, dem entgegenzutreten, was mit Schriftsatz vom 5.2.2023 auch geschah. Indessen konnte sie damit das Gericht nicht überzeugen. Mit Beschluss vom 6.2.2024 verurteilte es die Stadt Erlangen antragsgemäß.

Als „wahrer“ Demokrat pfeift man auf die Gerichte – Haltung ist Alles!

Indessen war die inkriminierte Äußerung des OB auch nach Zustellung dieser Entscheidung noch wochenlang auf seiner offiziellen Homepage unverändert für jedermann lesbar. Der Kreisverband der AfD ließ deswegen mit Schriftsatz seines Anwalts vom 16. Februar 2024 beim Verwaltungsgericht beantragen, wegen dieses Verstoßes gegen den Beschluss des Gerichts vom 6.2.2024 ein Ordnungsgeld festzusetzen. Dem trat die Stadt Erlangen mit dem merkwürdigen Argument entgegen, man sei ja nicht zur Löschung, sondern nur zur Unterlassung dieser Aussage verurteilt worden. Erstaunlicherweise fand sie mit diesem Argument beim Verwaltungsgericht Gehör, das den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes zurückwies. Dagegen war natürlich Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzulegen, was der Anwalt des Kreisverbandes mit Schriftsatz vom 22.2.2024 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung der obersten Gerichte in Deutschland auch tat. Mit Beschluss vom 18.3.2024 setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach gegen die Stadt Erlangen ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 € fest. Denn im vorliegenden Falle handele es sich ja bei dem streitgegenständlichen Post auf der Homepage des OB der Stadt Erlangen um eine Dauerhandlung. Wer zur Unterlassung einer Dauerhandlung verpflichtet ist, kann diese Verpflichtung natürlich nur dadurch erfüllen, daß er dafür sorgt, daß sie niemanden mehr zur Kenntnis gelangt. Eine zu unterlassende Äußerungen im Internet kann also nur durch löschen eines solchen Posts ungeschehen gemacht werden.

Für die Erlanger Steuerzahler sind die beschriebenen Eskapaden ihres Oberbürgermeisters nicht ganz billig. Nicht nur das Ordnungsgeld in Höhe von immerhin 1.000 €, sondern auch die Verfahrenskosten schlagen zu Buche. Auch wenn es sich dabei nicht um gewaltige Beträge handelt, so wäre das Geld doch etwa in der Möbilierung von städtischen Spielplätzen oder in der Beschaffung von Schulbüchern weitaus besser angelegt. Vor allem aber muß man konstatieren, daß sich jener famose Kommunalpolitiker offenbar herausnimmt, mit Recht und Gesetz „nach Gutsherrenart“ umzugehen. Ein Spezialdemokrat eben. Wer in Deutschland gefährdet eigentlich den demokratischen Rechtsstaat?

Die Gedankenpolizei

Heinrich Hoffmann von Fallersleben ist nicht nur der Schöpfer des Textes unserer Nationalhymne, des Deutschlandliedes, sondern hat auch das alte Volkslied „Die Gedanken sind frei“ in seine endgültige Fassung gebracht. Ich stelle die erste Strophe meinen nachfolgenden Überlegungen voran.

Musiknoten zum Lied - Die Gedanken sind frei

Es ist leider an der Zeit, dieser Melodie einen neuen Text zu unterlegen. Unsere wackere Kämpferin gegen den wieder auferstandenen Nationalsozialismus, als die sie sich offenbar unter dem Beifall des woken, linksgrünen Publikums sieht, die unvergleichliche Nancy Faeser, arbeitet offensichtlich an dem dringend notwendigen Staatssicherheitsgesetz. In der albernen Diktion der typischen Ampelgesetze wird es wohl „Gutes Denken Förderungsgesetz“ heißen. Sein Vorläufer ist der soeben vorgestellte 13-Punkte-Plan unter der Überschrift „Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen – Instrumente der wehrhaften Demokratie nutzen“. Durchweg in Orwell’schem Neusprech gehalten, wird skizziert, was künftig Art. 5 des Grundgesetzes ersetzen soll.

Es geht natürlich ausschließlich gegen „Rechts“, Faesers Freunde von der Antifa, die ja schon gerne mal sogenannten Rechten, aber auch schon mal Unbeteiligten mit dem Hammer die Knie- oder Fußgelenke zertrümmern, sind natürlich ebensowenig gemeint, wie IS-Anhänger, Salafisten oder sonstige Islamisten, ob gewalttätig oder „nur“ wortradikal. Einige Beispiele:

So sollen beispielsweise die zuständigen Ordnungsbehörden Maßnahmen vor Ort ergreifen – etwa in Form gaststättenrechtlicher oder sonstiger gewerberechtlicher Maßnahmen oder durch das ordnungsrechtliche Einschreiten gegen rechtsextremistische Veranstaltungen. Nun ist Rechtsextremismus kein gesetzlicher Tatbestand, sondern wird von den Verfassungsschutzbehörden mit dem Segen der zuständigen Politiker jeweils definiert. Ein Verein, eine Partei oder einfach ein Stammtisch kann dann jedenfalls aus dem öffentlichen Leben verbannt werden, denn auf diesem Wege können Gaststätten oder auch Vermieter von Veranstaltungshallen angehalten werden, diese Leute auszuschließen, selbstverständlich bei entsprechender Strafdrohung.

Die kapitalbezogenen Strukturen und Zusammenhänge des rechtsextremistischen Spektrums werden durch das Bundesamt für Verfassungsschutz systematisch analysiert. Dies umfasst unter anderem Unternehmensstrukturen oder Finanzierungsnetzwerke, um so Trends, Muster und Vorgehensweisen herausarbeiten zu können. In vorauseilendem Gehorsam hat das ja vor kurzem eine mittelfränkische Sparkasse vorexerziert und einem Kunden mit der Kontosperrung gedroht, der eine Spende an eine politische Partei überwiesen hatte. Geplant ist auch, die angeblich zu hohe Hürde des Verhetzungs -und Gewaltsbezugs für Aktivitäten des Verfassungsschutzes in § 8a des Bundesverfassungsschutzgesetzes durch einen auf das Gefährdungspotenzial abstellenden Ansatz zu ersetzen. D.h. nichts anderes, als daß anstelle des bisher erforderlichen Nachweises verfassungsfeindlicher Bestrebungen nun die bloße Annahme einer Gefährdung in dieser Richtung ausreichen soll, mit geheimdienstlichen Mitteln gegen Vereinigungen und Personen vorzugehen, und dies dann auch öffentlich zu machen, also diese Leute an den Pranger zu stellen. Ebenfalls soll ein erleichterter Zugriff auf Bankdaten und ein noch einzurichtendes Immobilientransaktionsregister ermöglicht werden. Das ist natürlich die Vorstufe zu Enteignungen und Vermögenseinzug.

Der wackeren Verteidigerin der Verfassung ist es natürlich auch ein Dorn im Auge, daß sogenannte Rechtsextremisten ein- und ausreisen können wie sie wollen. Das soll künftig verhindert werden.

Ein besonderes Steckenpferd der Ministerin und ihrer Gesinnungsgenossen ist der sogenannte Hass (kein gesetzlicher Straftatbestand!) im Netz, allerdings nur wenn er „rechtsextrem“ ist. Daß in dieser Szene bis hinein ins öffentlich-rechtliche Rundfunkwesen dergleichen sehr beliebt ist, hat ja jüngst der Karl Eduard von Schnitzler des ZDF namens Jan Böhmermann vorgeführt, der nichts weniger gefordert hat, als das Keulen von Rechtsextremisten, die er natürlich Nazis nennt. Bemerkenswert ist nicht nur der unbedingte Vernichtungswille, sondern auch der Sprachgebrauch. Bisher versteht man unter Keulen die Tötung von Tierbeständen, die von einer Seuche befallen sind. Das ist für den auch bei Faeser sehr beliebten Herrn Böhmermann wohl die richtige Methode des Umganges mit Leuten, die anderer politischer Meinung sind, für ihn und seine Freunde indessen Nazis. Faeser will deswegen schon so genannte inkriminierte Inhalte, offensichtlich unterhalb der Strafbarkeitsgrenze, löschen lassen. Zur Erinnerung: Art. 5 zieht die Grenzen der Meinungsfreiheit beim Gesetzesverstoß, vor allem beim Verstoß gegen Strafgesetze.

Besonders wichtig ist der Polizeiministerin die Säuberung des öffentlichen Dienstes, im Orwell’schen Neusprech Entfernung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst. Es heißt in ihrem Programm: „Um eine deutliche Beschleunigung der Verfahren zu erreichen, werden künftig alle Disziplinarmaßnahmen, einschließlich der statusrechtlichen Entfernungen und andere statusrelevante Disziplinarmaßnahmen, durch Disziplinarverfügung ausgesprochen. Das langwierige Disziplinarklageverfahren, mit dem der Dienstherr statusrelevante disziplinarische Maßnahmen vor Gericht beantragen musste, entfällt.“ Im Klartext: unbotmäßige Staatsdiener fliegen durch einfachen Brief der vorgesetzten Dienststelle raus. Sie können dann ja klagen. Das dauert Jahre. Zwischenzeitlich kann man ja vom Bürgergeld leben, oder sich beim Aldi an die Kasse setzen.

Um künftig einen bewaffneten Umsturz in der Art der Rollatorrevolution des Prinzen Reuß zu verhindern, muß natürlich auch das Waffenrecht geändert werden. So soll künftig schon die Mitgliedschaft in einer Organisation, die vom Verfassungsschutz als „bloßer“ Verdachtsfall geführt wird, bereits zuverlässigkeitsschädlich sein und damit zum Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis führen. Damit die potentiellen rechten Putschisten auch keine vertieften Fertigkeiten im Umgang mit gefährlichen Waffen erwerben können, soll die Nutzung von Schießplätzen eingeschränkt werden, sodaß erlaubnisfreies Schießen für jedermann nur noch mit bestimmten Waffen gestattet werden soll. Ich gehe mal davon aus, daß das mit dem Luftgewehr künftig wohl noch möglich sein wird, mehr aber nicht.

Diese kleine Auswahl soll genügen. Wir werden dann in einem anderen Land leben, jedenfalls nicht mehr in einem freien Land. Und wir werden dann, jedenfalls wenn wir sicher sind, daß kein Fremder in der Nähe ist, singen:

Die Gedanken Polizei

sie wird uns verraten.

Sie kommet vorbei

wie nächtliche Schatten.

Kein Tyrann kann sie missen,

kein Bürger begrüßen.

Es faesert herbei

die Gedanken Polizei.

McCarthy hat übernommen

Das politische Klima in Deutschland entwickelt sich zunehmend weg von der freiheitlichen Gesellschaft. Bezeichnend ist unter anderem die Wortwahl in Politik und Medien, aber auch seitens der Verfassungsschutzbehörden. So wirft man politisch missliebigen Personen und Vereinigungen häufig vor, „die Grenzen des Sagbaren“ verschieben zu wollen. Daran schließen sich dann konkrete Vorwürfe an, die eine verfassungsfeindliche Grundeinstellung der Betroffenen dokumentieren, oder zumindest einen entsprechenden Verdacht begründen sollen. Dieser Sprachgebrauch ist verräterisch. Denn wer so denkt, hält es für richtig und rechtens, daß man nicht alles sagen darf, sondern bestimmte Meinungen nicht nur politisch unerwünscht sind – was ja wohl immer nur einen Teil des politischen Spektrums betreffen kann, denn der jeweils andere Teil wird das genau umgekehrt sehen –, sondern auch von Rechts wegen nicht geäußert werden dürfen.

Die zentrale Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Demokratie

Dazu muß man in aller Kürze darauf hinweisen, daß unsere Verfassung in Art. 5 GG die Meinungsfreiheit schützt. Es handelt sich dabei um das für den Bestand jeder Demokratie unverzichtbare Bürgerrecht. In seinem berühmten Lüth-Urteil vom 15.1.1958 hat das Bundesverfassungsgericht dazu ausgeführt: „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (un des droits les plus précieux de l‘ homme nach Art. 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789). Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205]). Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt, „the matrix, the indispensable condition of nearly every other form of freeedom“ (Cardozo).“ Damit formuliert das Bundesverfassungsgericht den überragenden Stellenwert dieses Grundrechts. Es benutzt in diesem Urteil übrigens zum ersten und einzigen Male das Stilmittel, tragende Gründe seiner Entscheidung auch in anderen Sprachen zu formulieren. Das muß natürlich bei der Auslegung der allgemeinen Gesetze stets so durchschlagen, daß im Zweifel der Freiheit der Vorrang vor allen anderen Belangen gebührt. Ihre Grenzen findet sie nur in den allgemeinen Gesetzen, also dem Strafgesetzbuch, aber auch an den Persönlichkeitsrechten anderer Menschen. Die Verleumdung mag eine Meinungsäußerung sein, sie ist aber gerade aus diesem Grunde nicht zulässig. Politische Meinungen indessen sind nach unserer Verfassung ebenso frei wie etwa Meinungen zu künstlerischen Darbietungen oder der Qualität von Wein. Innerhalb der so von der Verfassung definierten Meinungsfreiheit gibt es eben keine „Grenzen des Sagbaren“. So dient schon der Vorwurf, die Grenzen des Sagbaren verschieben zu wollen, genau genommen der Einschüchterung.

Der neurotische „Kampf gegen Rechts“

Das politische Meinungsklima in Deutschland indessen treibt in die entgegengesetzte Richtung. Die Mehrheitsmeinung erhebt nicht nur den Anspruch, jeweils sachlich zutreffend zu sein, sie maßt sich auch an, abweichende Meinungen als nicht nur sachlich unzutreffend, sondern moralisch verwerflich und staatsgefährdend zu bewerten. Dabei schreckt man auch vor offensichtlichen Verleumdungen nicht zurück, wenn sie nur geeignet erscheinen, die Furcht der Bevölkerung vor Krieg und Tod, Bürgerkrieg und Diktatur und was der diffusen Ängste noch mehr sein mögen, zu fördern. Wir erleben dies gerade im Zusammenhang mit den angeblichen Enthüllungen über eine sogenannte Geheimkonferenz finsterer rechtsextremer Figuren, auf deren Tagesordnung nicht weniger als die millionenfache Deportation von Menschen mit der angeblich falschen Hautfarbe oder Abstammung, und zwar auch mit deutscher Staatsbürgerschaft, gestanden haben soll. Nichts von dem allen ist wahr, wie das auch schon in der Vergangenheit mehrfach der Fall gewesen ist. Erinnert sei an die Fälle der komplett erlogenen Ertränkung eines sechsjährigen Kindes mit Migrationshintergrund durch Neonazis im Freibad von Sebnitz im Sommer 2000, des angeblich rassistischen Mordanschlages auf Ermyas Mulugeta im April 2006, die angebliche Hetzjagd von Mügeln im August 2007, die verleumderische Verfälschung des Textes der Ansprache des Politikers Martin Hohmann vom 3. Oktober 2003, die angebliche Hetzjagd von Chemnitz vom August 2018, den nicht stattgefundenen, jedoch journalistisch gehypten Sturm auf den Reichstag am 29.8.2020 und die Falschmeldung über angebliche Bedrohungen von Angestellten anderer Fraktionen durch Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion 2019. Sie alle hatten eins gemeinsam: Sie waren komplett erfunden, erschienen jedoch nützlich im sogenannten Kampf gegen Rechts zu sein, ebenso wie der maßlos aufgebauschte angebliche Reichsbürgerputsch um die verwirrten Zeitgenossen um den merkwürdigen Heinrich XIII. Prinz Reuß. Gleichwohl schaffen es Politiker und Journalisten, nahezu täglich zig-tausende von Bürgern auf die Straße zu treiben, um dort gegen die Wiederkehr Hitlers und seiner Spießgesellen, selbstverständlich in Gestalt der verhassten AfD und anderer angeblicher Umstürzler zu demonstrieren. Die apokalyptischen Reiter der Verleumdung – Furcht, Unwissenheit, Fanatismus und Verunglimpfung, treiben die Massen vor sich her.

Der Verfassungsschutz als Gedankenpolizei

Eine tragende Rolle in diesem bösen Spiel hat das Bundesamt für Verfassungsschutz übernommen, das man seit geraumer Zeit besser Bundesamt für Verdachtschöpfung nennen sollte. Es hat sich ganz offen als Instrument der Politik gezeigt, als sein Präsident unverblümt erklärte, seine Behörde könne es nicht alleine leisten, die Umfragewerte der AfD zu reduzieren. Es hat auch seine gesetzlichen Aufgaben eigenmächtig erweitert, indem es die sogenannte „Delegitimierung des Staates“ seiner Aufgabenbeschreibung in § 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes hinzugefügt hat. Das Gesetz selbst weist ihm jedoch nur die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen zu, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, sowie weiter sicherheitsgefährdende, geheimdienstliche und sonstige Bestrebungen, vor allem durch Anwendung von Gewalt, und auch Bestrebungen die gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Von einer „Delegitimierung des Staates“ kann keine Rede sein, auch die ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane ist etwas völlig anderes als die angebliche Delegitimierung. Nachdem die ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Verfassungsorganen bereits im Gesetz steht, und der Angriff gegen die Verfassungsordnung überhaupt ebenso wie gegen die Sicherheit des Staates, kann der neue Begriff nur Aktivitäten und Meinungsäußerungen unterhalb dieser Schwelle betreffen. Sie sind jedoch von dem tragenden Freiheitsrecht des Art. 5 GG geschützt.

Diese Selbstermächtigung des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist als Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung unseres Landes zu werten. Die Verfassung muß vor diesem Verfassungsschutz geschützt werden. Nicht mehr der Schutz der bürgerlichen Freiheiten vor einem autoritären oder gar diktatorischen System, das sie abschaffen will, steht auf der Agenda des Amtes, sondern man arbeitet daran, den Geist der Freiheit einzusperren.

Nur hilflos oder schon erbärmlich?

Exemplarisch zeigt sich dies nun daran, daß man nun den Vorgänger des heutigen Präsidenten, Herrn Dr. Hans-Georg Maaßen, als Beobachtungsobjekt führt. Nicht nur die Absurdität dieses Sachverhalts als solche, vielmehr die nun öffentlich gemachten Gründe hierfür verdienen eine nähere Betrachtung. Nachdem dies bekannt geworden war, ließ Herr Dr. Maaßen mit Schreiben vom 18.8.2023 über seine Anwälte das Amt auffordern, Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen. Dem hat das Amt nun mit Bescheid vom 16.1.2024 entsprochen und auf 20 Seiten dargelegt, welche Daten es aus welchem Grunde über die Person Dr. Hans-Georg Maaßen gespeichert hat. Dieses Dokument ist so bemerkenswert, daß Herr Dr. Maaßen seiner Veröffentlichung zugestimmt hat. Die Lektüre dieses Schreibens gestattet tatsächlich einen Blick in die Gedankenwelt dieser Behörde, die wiederum maßgeblich von der Regierungspolitik bestimmt wird.

Hier werden Denkweisen und Methoden sichtbar, die an die geistigen Grundlagen und Arbeitsmethoden von diktatorischen Systemen erinnern, wie wir sie in unserem Lande leider schon hatten, und wie wir sie heute in Ländern wie Russland und China sehen. Doch auch demokratische Gesellschaften sind vor solchen Entwicklungen nicht sicher. Ein Beispiel aus der neueren Geschichte ist die McCarthy-Ära in den USA. Den meisten Menschen in Deutschland wird der Begriff nichts mehr sagen. Es handelte sich kurz gesagt um eine Kampagne in den USA der frühen fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wohl eingebettet in eine hysterische Furcht vor dem Kommunismus. Dem politischen Schwindler Joseph McCarthy war es gelungen, bis zum Senator aufzusteigen und sich die Furcht seiner Landsleute vor dem Erstarken des Kommunismus im gerade begonnenen Kalten Krieg zu Nutze zu machen. Ein Klima, in dem die absurdesten Verdächtigungen gegen Künstler, Intellektuelle, Politiker, aber auch Neid und Missgunst fröhliche Urständ feierten. Abweichende Meinungen konnten sehr schnell als Beleg für kommunistische Verschwörungen angesehen und bewertet werden. Natürlich musste diese kollektive Psychose scheitern, und brach dann auch nach wenigen Jahren zusammen.

Aufschlussreich ist also, was der Verfassungsschutz so alles über seinen früheren Präsidenten gespeichert hat. Verdachtbegründend sind demnach schon Veröffentlichungen Dritter über Maaßen. Besonders verdächtig ist es, wenn Leute etwas über ihn schreiben, die ihrerseits vom Verfassungsschutz der Reichsbürgerbewegung zugerechnet werden, verdächtig ist es aber auch, wenn der Jurist Dr. Maaßen sich über Verhältnismäßigkeit oder Unverhältnismäßigkeit von polizeilichen Maßnahmen äußert. Natürlich darf auch die Verschwörungstheorie unserer Verfassungsschützer nicht fehlen, wonach schon die Wortwahl einer verdächtigen Person den Verdacht des Antisemitismus begründen kann oder gar muß. Dabei greift man zu dem semantischen Taschenspielertrick, dem betreffenden Verfasser zu unterstellen, er meine gar nicht, was die von ihm benutzte Vokabel bedeutet, sondern benutze sie gewissermaßen als Geheimzeichen, wie das in der Ganovensprache, auch Rotwelsch genannt, der Fall ist. Dort gibt es ja nicht nur Vokabeln, die man sonst weder in der Umgangs- noch der Hochsprache findet, sondern auch Vokabeln, die nur für Eingeweihte vertändlich sind, zum Beispiel „Kachny“ (Huhn) oder „schinageln“ (arbeiten). Oder solche, die für Eingeweihte eine andere Bedeutung haben, als für uns. So meinen sie betteln, wenn sie fechten sagen, und Hunger, wenn sie Bock sagen. Die Verschwörungstheoretiker vom Bundesamt für Verdachtschöpfung sprechen dann von „Codes“ und „Chiffren“. Der Begriff des Globalismus, der nun einmal ganz wertneutral für die Bedeutung der weltweiten Wirtschaftsbeziehungen und die Macht der weltumspannenden Konzerne steht, soll dann belegen, daß der Verfasser in Wirklichkeit damit ein antisemitisches Stereotyp bedient, und in der Nachfolge Hitlers von einer jüdischen Weltherrschaft fabuliert. Die Heimtücke dieser Methode besteht natürlich darin, daß bereits die Unterstellung, sich einer Geheimsprache zu bedienen, denknotwendig voraussetzt, daß der Betreffende zu eben den Kreisen gehört, die man als verfassungsfeindlich und/oder kriminell einstuft. Das ist so grotesk und absurd, daß man darüber nachzudenken beginnt, ob die Urheber solcher Verschwörungstheorien nicht doch einer intensiven psychotherapeutischen Behandlung bedürfen.

Aber auch die übliche parteipolitische Kritik, auch Polemik, ist für den Verfassungsschutz offenbar Anlass genug, derartiges zu speichern. Offenbar sieht man sich aufgerufen, insbesondere die Partei Bündnis 90/die Grünen zu schützen, weswegen man Aussagen des Delinquenten dazu speichert. Verdächtig sind dann Äußerungen in Interviews mit Publikationen wie der Züricher Weltwoche, der Neuen Zürcher Zeitung, der Welt, Cato oder auch im Spiegel. Für eine seriöse Informationsquelle hält man aber offenbar die Publikation der linksradikalen Amadeu Antonio Stiftung namens Belltower. Nun gut, diese sogenannte Nichtregierungsorganisation ist ja inzwischen faktisch eine zivilrechtlich verfasste Verfassungsschutzbehörde. Dem Fass schlägt den Boden aus der Hinweis auf das Schreiben eines unbekannten Verfassers von 23.5.2017 an Maaßen als seinerzeitigen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das nach Meinung der Verfasser dieser Recherche in einem für „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ typischen Sprachgebrauch abgefasst sein soll, dicht gefolgt von dem Hinweis auf eine Zusammenstellung von Presseartikeln vom 12.3.2018, zu denen auch ein Bericht des Spiegel vom 10.3.2018 gehören soll. Gewissermaßen zur Entschuldigung beruft sich dann das Autorenkollektiv auf die automatisierte Suche nach Belegen für verfassungsschutzrelevante Nennungen des Namens Maaßen. Die Krone des Ganzen ist allerdings die Erwähnung der E-Mail einer Person an die Bundesministerin des Innern und für Heimat vom 9. Dezember 2022, in welcher der Versender im Zusammenhang mit der „Razzia in der Reichsbürgerszene“ Funktionsträger im öffentlichen Dienst verdächtigt, rechtsextremistische, cyberfaschistische und scientologische Ideologien auszuleben. Wohlgemerkt, es handelt sich bei all diesen „Fundstücken“ nicht etwa um Äußerungen des Beobachtungsobjekts Dr. Maaßen. Es genügt offenbar, wenn eine Suchmaschine Verknüpfungen zwischen Texten dieser Art und dem verfassungsfeindlicher Umtriebe verdächtigten Dr. Hans-Georg Maaßen herstellt. Willkommen in Absurdistan!

…denn sie wissen nicht, was sie tun

Deutschland erlebt eine Demonstrationswelle, wie es sie in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Allenthalben folgen zigtausende, nein, hunderttausende dem Aufruf von Politik und Medien, „gegen rechts“ auf die Straße zu gehen. Es sei höchste Zeit, gegen die Verfassungsfeinde Gesicht zu zeigen, die Verfassungsfeinde von rechts natürlich. Islamisten, die schwerste Straftaten begehen und Linksextremisten, die es ihnen gleich tun und schon einmal politischen Gegnern mit dem Hammer die Gelenke zertrümmern, spielen in diesem Zusammenhang offenbar keine Rolle.

Wer oder was treibt die Leute auf die Straße?

Seit Veröffentlichung der Recherche des linksradikalen „Redaktionsnetzwerks“ correctiv, das keineswegs eine Redaktion im herkömmlichen Sinne ist, sondern eine mit viel Geld von dubiosen Stiftungen, aber auch aus Steuermitteln geförderte NGO, über ein angebliches Geheimtreffen in Potsdam berichtet haben, an dem auch drei AfD-Politiker aus der dritten Reihe teilgenommen haben, fegt ein Sturm der Entrüstung durch die Medien. Politiker vom Bundespräsidenten angefangen überschlagen sich geradezu in Warnungen vor dem heraufdämmernden Nationalsozialismus in Gestalt der AfD. Wer die Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschaltet oder zur Tageszeitung greift, wird täglich mit schrillen Warnungen vor diesen gefährlichen Feinden von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten geradezu überschüttet. Was es mit diesem angeblichen Geheimtreffen auf sich hat, habe ich ja schon beschrieben. Zwischenzeitlich kann man beispielsweise ein Interview mit einem der Teilnehmer dieses Gesprächsabends, Herrn Rechtsanwalt Dr. Ulrich Vosgerau mit der Zürcher Weltwoche auf YouTube zur Kenntnis nehmen. Nach Sachlage ist auch zu erwarten, daß diese dreiste Lügengeschichte jener Kampagnejournalisten vor Gericht platzen wird wie die sprichwörtliche Seifenblase.

Warum ist es so leicht, die Leute aufzuhetzen?

Ein unverzichtbares Mittel der Wirtschaftswerbung ebenso wie der politischen Propaganda ist die ständige Wiederholung einprägsamer Begriffe. Das wissen wir seit den Forschungen amerikanischer Soziologen vor 100 Jahren. Wir müssen leider auch davon ausgehen, daß die meisten Leute keine tiefergehenden Kenntnisse der politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge haben, noch weniger über Hintergründe wissen und auch im allgemeinen keine längeren Texte zu irgend einem Sachthema, geschweige denn Texte im Umfange eines Buches lesen. Ich bin mir sehr sicher, daß von den Leuten die den Aufrufen zur Demo gegen Rechts hunderttausendfach Folge geleistet haben und auch noch leisten werden allenfalls 1 bis 2 Prozent etwa das Parteiprogramm der AfD gelesen haben, geschweige denn Aufsätze oder gar Bücher der Protagonisten des rechten Spektrums wie etwa das in diesem Zusammenhang erwähnte Buch des österreichischen rechten Aktivisten Martin Sellner zur sogenannten Remigration, oder etwa das vor Jahren erschienene Interview-Buch des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke. Ihre Meinung bilden sich die Leute vielmehr ausschließlich auf der Grundlage von Fernsehsendungen oder Artikeln in der Tageszeitung, allerdings bitte möglichst kurzer Artikel. Dagegen ist zunächst einmal nichts zu sagen, denn die allermeisten Leute müssen ihre Zeit in erster Linie Familie und Beruf widmen, und die knapp bemessene Freizeit wollen sie dann nicht auch mit dem Bohren harter Bretter aufbrauchen, jener harten Bretter, womit der große Politologe Max Weber seinerzeit den mühsamen Weg zur Erkenntnis der Wahrheit beschrieben hat. Das ist aber nun mal die Chance der Hetzer und Verführer, die das kognitive Vakuum des Publikums dann eben mit Fälschungen und politischem Müll anfüllen. Frei nach dem Motto: wer wenig weiß, muß viel glauben; wer nichts weiß, muß alles glauben.

Die Strategie der Rechtschaffenen:

Wenn der politische Gegner erst einmal zum Volksfeind gestempelt worden ist, dann gelten ihm gegenüber natürlich keine Anstandsregeln, politischen Sitten und nicht einmal mehr Rechtsregeln. Wir leben dann ja nicht mehr in normalen Zeiten, sondern es gilt den Umsturz zu verhindern, wozu natürlich jedes Mittel recht ist. Schließlich ist es höchste Zeit. Wer Ohren hat zu hören, der hört doch bereits den Marschtritt der SA-Kolonnen zu den Klängen des Horst-Wessel-Liedes. Da wird es geradezu zur Pflicht, „gegen rechts“ auf die Straße zu gehen. Dabei spielt es natürlich keine Rolle, daß rechte Politik innerhalb des Verfassungsbogens durchaus ihren Platz hat, und für Verfassungsfeinde letztlich die Gerichte zuständig sind, denn nur sie können rechtsverbindlich feststellen, auf wen diese Zuschreibung tatsächlich zutrifft, und nur sie können entscheiden, welche Konsequenzen der Rechtsstaat dann daraus ziehen muß. Die bloße Einordnung durch die Verfassungsschutzbehörden indessen ist nicht rechtsverbindlich. Das Bundesverfassungsgericht hat schon vor Jahrzehnten entschieden, daß die behördliche Einstufung als verfassungsfeindlich niemanden von Rechts wegen entgegengehalten werden darf. Denn das ist nach unserer Rechtsordnung den Gerichten vorbehalten. Im übrigen fällt auch auf, mit welcher Inbrunst sich etwa der Präsident des Bundesamtes für den Verfassungsschutz als treuer Knappe der Politik im Kampf gegen die AfD präsentiert und mit bedauerndem Unterton erklärt, seine Behörde könne es ja nicht alleine bewerkstelligen, daß die Umfragewerte dieser Partei zurückgehen. Somit wird der Kampf gegen rechts, in Wahrheit der Kampf gegen die ungeliebte politische Konkurrenz mit allen propagandistischen und juristischen Mitteln geführt, nur nicht in der sachlichen Debatte, denn dann könnten sich die Leute ja ihre eigene Meinung ganz ohne den erhobenen Zeigefinger der Gouvernanten aus Politik und Medien bilden.

Die juristischen Folterwerkzeuge:

Nicht ganz zufällig wird nun neben den ebenso allfälligen wie aus juristischer Sicht völlig unsinnigen Rufen nach einem Verbot der Satanistenpartei durch das Bundesverfassungsgericht der Ruf nach einem Verbot der Parteienfinanzierung zugunsten der AfD laut und lauter. Hat doch das Bundesverfassungsgericht nun die lange erwartete Entscheidung gegen die nunmehr in „Heimat“ umbenannte NPD getroffen. Schon im Urteil von 2017 wurde zwar das Verbot dieser Partei nicht ausgesprochen, allerdings ihre Verfassungsfeindlichkeit festgestellt und das Verbot letztlich nur deswegen nicht ausgesprochen, weil von dieser Kleinstpartei keine ernsthafte Gefahr mehr ausgeht. Indessen wies das Gericht darauf hin, daß ein gesetzlicher Ausschluss einer solchen verfassungsfeindlichen Partei von der staatlichen Finanzierung durchaus möglich sei. Das ist nun Wasser auf die Mühlen der wackeren vermeintlichen Verteidiger des demokratischen Rechtsstaats. Denn die Grundsätze dieser Entscheidung seien doch nun auf die AfD anzuwenden. Wenn schon die Verfassungsjuristen Bedenken gegen ein Verbotsverfahren hätten, dann könne doch wenigstens die Finanzierung aus Steuergeldern eingestellt werden. Nun trügt diese Hoffnung. Kenner der Materie wissen, daß weder das Parteiprogramm noch die Aussagen der führenden Politiker jener Partei auch nur in die Nähe dessen kommen, was hinsichtlich der NPD/Heimat vom Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist. Indessen geben manche Äußerungen von Politikern dieser Partei Anlass, näher hinzuschauen.

Das politische Glatteis

Man darf nicht übersehen, daß ja nun einmal inzwischen auch Entscheidungen von Verwaltungsgerichten vorliegen, die eine Einstufung von Landesverbänden der AfD als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes oder gar dessen Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ – was auch immer das sei- für rechtens erklärt haben. In diesen Fällen haben die Verwaltungsgerichte zwar die Parteiprogramme und offiziellen Stellungnahmen von führenden Politikern für unbedenklich erachtet. Sie haben aber angesichts einer von den Verfassungsschutzbehörden dokumentierten Vielzahl von Äußerungen nachrangiger Parteimitglieder geurteilt, nicht Programme und offizielle Stellungnahmen, sondern die Vielzahl von Äußerungen in der Breite der Partei rechtfertigten die Annahme, daß hier der Wesenskern der Partei liege und demzufolge Parteiprogramm und Vorstandsbeschlüsse nicht maßgeblich seien. Ob das durch die Instanzen und für die gesamte Partei Geltung haben kann, insbesondere in einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, ist zwar sehr zweifelhaft, liest man etwa den Tatbestand des sogenannten NPD-Urteils vom Januar 2017, der von nicht nur unappetitlichen, sondern in der Tat verfassungsfeindlichen Parolen nur so strotzt. Indessen dürfte es nicht nur juristisch gefährlich sein, sondern auch Wähler abschrecken, wenn die Parteiführung es duldet, daß Mandatsträger wie einfache Mitglieder unsägliche Parolen über den Stammtisch rülpsen oder über die Straße brüllen. Es ist auch dringend geboten, gegen derartiges Verhalten von Mitgliedern disziplinarisch vorzugehen, also Parteiausschlussverfahren konsequent durchzuführen. Leider geschieht dies nicht überall, im bayerischen Landesverband der AfD überhaupt nicht. So hat ja bekanntlich der Bundesvorstand der Partei den bayerischen Landesverband aufgefordert, den Abgeordneten Halemba aus der Partei auszuschließen, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung und der Verbreitung nationalsozialistischer Symbole ermittelt, und dem nachgewiesen worden ist, daß er die Versammlung seines Kreisverbandes zur Aufstellung von Listenkandidaten für den Landtag in der Weise manipuliert hat, daß er ihm gewogene Mitglieder dazu veranlasst hat, zum Schein einen Wohnsitz anzumelden, den sie niemals hatten, der aber auf dem Gebiet seines Stimmkreises liegt. Nach Sachlage droht auch hier eine Verurteilung, nämlich wegen mittelbarer Falschbeurkundung. Der bayerische Landesvorstand indessen ist dem nicht gefolgt. Es liegt nahe, daß man hier innerhalb der dort dominierenden Strömung, die dem Thüringer Landesvorsitzenden Höcke verbunden ist, den Parteifreund schont. Angesichts der Zusammensetzung dieses Landesvorstandes wie auch des Fraktionsvorstandes im bayerischen Landtag ist das nicht weiter verwunderlich. Der politische Pöbel ist dort doch reichlich vertreten. Der Bundesvorstand der Partei muß sich wohl Gedanken darüber machen, ob er nicht gemäß § 8 der Bundessatzung die Amtsenthebung des Landesvorstandes oder gar die Aufhebung des Landesverbandes Bayern verfügt. Denn damit könnte man Bestrebungen des politischen Gegners, mittels Gerichtsbeschluss die Finanzierung der Partei zu unterbinden, den sprichwörtlichen Wind aus den Segeln nehmen. Abgesehen davon wäre dies ein positives Signal an die bürgerlichen Wähler im politischen Spektrum rechts der Mitte. Unterbleibt das, so kann dies als negatives Signal in diese Richtung gewertet werden.

Der Spezialdemokrat

Ob es daran liegt, daß er nicht mehr in der ersten Reihe der Grünen steht, oder ob es einfach seine Natur ist: hin und wieder muß er einen ‚raushauen. So ist er halt, der Hofreiter Toni. Was ihm derzeit offenbar tierisch auf den Geist geht, das sind Wahlerfolge und Umfragewerte der AfD, für ihn natürlich die Wiedergeburt der Nazi-Partei, was zu seinem Kummer indessen immer weniger Leute in Deutschland glauben. Wie anders wäre es auch zu erklären, daß inzwischen gut ein Fünftel der wahlberechtigten Bürger in Umfragen erklären, diese Partei bei der nächsten Bundestagswahl wählen zu wollen? Himmiherrgottzackrament! Zefixhallelujah! Da muß doch was gescheh’n!

Die Idee

Und da fällt ihm natürlich was ein. Parteien kann man bekanntlich nicht so einfach verbieten. Aber austrocknen, indem man ihnen Mitglieder nimmt, das wäre doch ein Weg! Würde man schon alle Beamten und sonstigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes aus dieser Partei verjagen können, dann bliebe ja nicht mehr viel, so denkt sich der erfahrene Politiker. Also sind sämtliche Mitglieder der AfD aus dem Staatsdienst zu entfernen. So erklärt er der Berliner Morgenpost, die AfD sei eine weitgehend rechtsradikale Partei. Sie werde von Verfassungsschutz überwacht. Daher hätten AfD-Mitglieder im Staatsapparat nichts zu suchen. Auch in den Kommunen sei eine „klare Trennwand“ zu ziehen. Friedrich Merzens Brandmauer läßt grüßen.

Ja so einfach ist das. Wird bekannt, daß Herr Meier oder Frau Müller Mitglied jener Partei sind, schwupps, fliegen sie aus dem Dienst. Seine Freundin im Geiste Nancy Faeser hat es ja schon erklärt. Das umständliche jahrelange Disziplinarverfahren bei den Gerichten, wo der Diensther ja erst einmal beantragen muß, den mißliebigen, pardon, verfassungsfeindlichen Beamten aus dem Dienst zu entfernen, taugt natürlich nichts im Kampf gegen rechts. Das Verfahren muß umgedreht werden. Das Gericht kann erst nach dem Rausschmiss angerufen werden. Ob dann nach Jahr und Tag die Wiedereinstellung erfolgt, bleibt zweifelhaft. Darauf kann sich kein Beamter oder Angestellter einlassen. Also vermeidet er jeden Angriffspunkt, vor allem tritt er aus der AfD aus oder erst gar nicht ein.

Ach, das Grundgesetz! Brauchen wir das überhaupt?

Dumm nur, daß da die Verfassung entgegensteht. Jeder hat nun einmal das Recht, Vereinen oder politischen Parteien seiner Wahl beizutreten. Jeder, das sind nun einmal auch Angehörige des öffentlichen Dienstes. Solange Vereinigungen oder politische Parteien nicht verboten sind, geht es den Dienstherrn nichts an, ob seine Beamten und Angestellten dort Mitglied sind, möglicherweise sogar führende Funktionäre. Erst die Mitgliedschaft in einer vom Bundesverfassungsgericht – das dafür allein zuständig ist – verbotenen politischen Partei oder einem vom Bundesinnenministerium verbotenen Verein, wobei dieses Verbot gerichtlich bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht überprüft werden kann, begründet Zweifel an der Verfassungstreue des Beamten bzw. Soldaten oder Richters. Wenn sich diese Zweifel in der Person des betreffenden Beamten oder Soldaten bzw. auch Richters so verdichten, daß die zuständigen Gerichte davon ausgehen müssen, daß er eben nicht jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten gewillt ist, erst dann kann das Gericht die Entfernung aus dem Dienstverhältnis anordnen. Wie gesagt, als Instrument im Kampf gegen rechts nach dem Geschmack von Herrn Hofreiter und Konsorten taugt das nicht.

Grundrechte gelten für alle, auch für angebliche Nazis

Vielmehr würde ein solches Verfahren nach dem Geschack von Herrn Hofreiter das von der Verfassung garantierte Grundrecht aller Deutschen, Vereine und Gesellschaften zu bilden, in seinem Wesensgehalt aushöhlen. Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit wäre dann auf kaltem Wege abgeschafft. Das scheint auch das Ziel des famosen Herrn Hofreiter zu sein. Die Grundrechte gelten eben nur für die braven, politisch korrekten Bürger des Landes. Für angebliche oder auch wirkliche Rechtsradikale gelten sie eben nicht. Das ist doch ein sehr spezielles Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat, ein grünes eben.

Offenbar hat es Herrn Hofreiter auch tief getroffen, daß vor einigen Tagen in Thüringen ein Gesetz gegen die von seinen Freunden gestellte Landesregierung mit den Stimmen von CDU, FDP und – verdammt noch mal! – der AfD zustande gekommen ist. „Eine demokratische Partei darf sich nicht davon abhängig machen, die eigene Idee mit den Stimmen der AfD durchzubringen.“ Wenn beispielsweise eine neue Turnhalle nur mit Stimmen der AfD gebaut werden könne, und diese würde dafür stimmen, „sollte man sie nicht bauen“. Also kommt es nicht darauf an, ob ein Beschluss oder ein Gesetz für die Bürger gut oder schlecht ist, sondern alleine darauf, ob es ohne die Teufelsanbeter von der AfD nicht hätte zustande kommen können. Das ist natürlich Demokratie in Reinform, jedenfalls nach dem Geschmack von Toni Hofreiter und seinen (Gesinnungs-)genossen.

Auch hier wird die Verfassung auf den Kopf gestellt. Das demokratische Grundprinzip, wonach die Mehrheit bestimmt, und die Minderheit nur Schutz vor Willkür genießt, vor allem wonach die gewählten Abgeordneten ihr Mandat frei und unabhängig ausüben, all das wirft der Spezialdemokrat Hofreiter auf den Müllhaufen der Geschichte. Moderne Demokratie geht eben anders. Nicht die Mehrheit, sondern die „richtige“ Gesinnung entscheidet.

Wehret den Anfängen!

Nun ist ja Hofreiter nicht irgendwer. Seine Auslassungen und Äußerungen sind von Gewicht. Lässt man ihn gewähren, so wächst die Gefahr, daß seine zutiefst undemokratischen Ansichten sich auf Dauer durchsetzen. Man könnte das auch im Sinne der Verfassungsschutzgesetze Bestrebungen zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nennen. Nichts anderes ist hier festzustellen. Damit ist der gesetzliche Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes eröffnet. Für Behörden gilt das Legalitätsprinzip. Das heißt, sie haben tätig zu werden, wenn ihr Aufgabenbereich betroffen ist.

Herr Haldenwang, übernehmen Sie!

Zweierlei Maß

Wir erleben derzeit ein Schauspiel auf der politischen Bühne, von dem wir noch nicht ganz genau wissen, ob man es als Posse oder Skandal einordnen muß. Die Rede ist von der sogenannten Flugblattaffäre um den bayerischen Politiker Hubert Aiwanger.

Der Sachverhalt

Zunächst einmal ist es immer hilfreich, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Und das können immer nur die wirklich feststehenden Tatsachen sein, insbesondere das, was der jeweils Beschuldigte bzw. an den Pranger gestellte einräumt, jedenfalls wenn nicht das Gegenteil mit gerichtsfesten Beweisen vorgetragen wird. Demnach hat der ältere Bruder des Politikers vor 35 Jahren ein Flugblatt verfasst und vervielfältigt, dessen Inhalt vor widerwärtigen antisemitischen Phrasen nur so strotzt. Der Text ist weithin öffentlich bekannt, sodaß er hier nicht wiederholt werden muß. Der Vorgang ist nun von einer oder mehreren anonym gebliebenen Personen über die Süddeutsche Zeitung an die Öffentlichkeit getragen worden. Zufällig wird in Bayern am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt und jetzt, sechs Wochen vorher, beginnt eben die heiße Phase des Wahlkampfs. Honi soit qui mal y pense. Natürlich haben sich sowohl der Politiker als auch sein Bruder entschieden von diesen Text distanziert.

Somit muß von einem Sachverhalt ausgegangen werden, wonach eine aktive Beteiligung des Politikers an dem Vorgang ausscheidet. Er hat allenfalls, soweit man das nach 35 Jahren überhaupt noch seinem Gedächtnis zuverlässig entnehmen kann, eine oder mehrere Kopien dieses Pamphlets in seiner Schultasche gehabt. Wie und aus welchem Grunde sie dort hinein gelangt sind, kann man heute nicht mehr feststellen. Spekulationen darüber werden indessen phantasievoll angestellt, wenig überraschend vom politischen Gegner und seiner Journaille, zu der natürlich die Süddeutsche Zeitung gehört. Vor allem muß man es auch beiden Herren abnehmen, daß sie sich wie hoffentlich jeder von uns auch persönlich weiter entwickelt haben und nicht auf der Stufe des unreifen Jugendlichen stehen geblieben sind. Auch das muß man wohl gewissen Politikern und Medienschaffenden in Erinnerung rufen. Zumal sie das in anderem Zusammenhang Politikern aus dem eigenen Lager gerne zubilligen, wie wir noch sehen werden.

Von Rechts wegen…

Natürlich muß bei einem solchen Sachverhalt auch die rechtliche Prüfung erfolgen. Nicht behandelt werden muß an dieser Stelle, daß die Verdachtsberichterstattung der Süddeutschen Zeitung angesichts der Substanzlosigkeit des Vorwurfs glatt rechtswidrig ist. Damit werden sich hoffentlich die Gerichte befassen müssen. Der Text dieses Flugblattes erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung, § 130 Abs. 1 StGB. Täter im Sinne dieser Vorschrift ist allerdings nur, wer einen solchen Text verfasst und/oder verbreitet. Beides trifft auf den Politiker Aiwanger nicht zu. Somit müssen wir auf der Grundlage des bekannten Sachverhalts als Zwischenergebnis festhalten, daß sich Herr Aiwanger nicht strafbar gemacht hat. Zur rechtlichen Einordnung ist indessen weiter hilfreich, gewissermaßen hilfsweise zu prüfen, was denn hätte geschehen müssen, wenn damals der 16-jährige Hubert Aiwanger wegen dieser Tat angeklagt worden wäre. Natürlich wäre Jugendstrafrecht zur Anwendung gekommen. Der bis dahin offensichtlich strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Jugendliche hätte vielleicht Jugendarrest bzw. eine Auflage, gemeinnützige Arbeit zu leisten, bekommen. Letztere hätte aus erzieherischen Gründen etwa darin bestehen können, Hilfsdienste bei der Instandhaltung und Pflege einer der KZ-Gedenkstätten zu leisten, um dem ausweislich seiner Tat offensichtlich unreifen Jugendlichen vor Augen zu führen, mit welchem Entsetzen er Scherz getrieben hat. Zu bemerken ist ferner, daß eine solche Straftat auch nach fünf Jahren verjährt. Wer auch immer der Täter war, seine Tat ist seit Ablauf des Jahres 1993, also seit 30 Jahren, verjährt.

Der Blick nach links

Wenn wir uns schon mit politischen Jugendsünden von Politikern befassen, dann müssen wir in alle Richtungen der politischen Landschaft schauen. Hubert Aiwanger und seine Freien Wähler werden grob dem konservativen Lager, also politikwissenschaftlich mitte/rechts eingeordnet. Blicken wir also nach links. Beginnen wir mit dem seinerzeit äußerst populären Außenminister Joschka Fischer von den Grünen. Vor seiner Laufbahn als Politiker hat er allerdings eine Laufbahn als politischer Straftäter hinter sich gebracht. Unbestritten war er in der Zeit von 1971-1976 Anführer einer gewalttätigen linksextremen Vereinigung, die sich selbst stolz „Putztruppe“ nannte. Man machte eben ordentlich Putz. Auf einem Foto aus dem April 1973 ist Fischer zusammen mit dem Terroristen Hans-Joachim Klein zu sehen, wie beide auf einen am Boden liegenden Polizisten einschlagen. 1975 ist Fischer am Angriff der Putztruppe auf das spanische Generalkonsulat beteiligt, bei dem Steine und Molotowcocktails geworfen werden. Am 10. Mai 1976 werden während einer von Fischer und seinen Mitstreitern geplanten Demonstration zugunsten der Terroristin Ulrike Meinhof unter dem Motto „Rache für Ulrike Meinhof“ schwere Gewalttaten begangen, unter anderem wird – um auch einmal den Namen eines unschuldigen Opfers zu nennen – der Polizist Jürgen Weber von Putztruppen-Aktivisten lebensgefährlich verletzt. Fischer selbst hat 2001 öffentlich zugegeben: „Ja, ich war militant, … wir haben Steine geworfen“. Nun ist Fischer am 12. April 1948 geboren, war also während der Begehung der geschilderten Taten zwischen 25 und 28 Jahre alt. Also erwachsen und strafrechtlich voll verantwortlich. Verurteilt wurde er deswegen nie. Offenbar war jedenfalls in unverjährter Zeit die Beweislage so schlecht, daß der Tatnachweis nicht in der zur Anklageerhebung erforderlichen Gewissheit geführt werden konnte. Die inmitten stehenden Straftaten indessen, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung, schwere Körperverletzung, Landfriedensbruch etc. haben auch entsprechend lange Verjährungsfristen, hier bis zu 10 Jahren.

Die kommunistische Vergangenheit, gern vergessen

Nicht nur die kriminelle Vergangenheit von Politikern ist interessant, auch sollte für den Wähler von Interesse sein, ob ein Politiker in seiner Jugend bereits fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stand, oder sich in extremistischen, verfassungsfeindlichen Kreisen bewegt hat. Da ist auf der linken Seite des politischen Spektrums in Deutschland doch einiges zu finden. Beginnen wir mit dem Herrn Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier war als Student Redakteur der linken Zeitschrift „Demokratie und Recht“, die im Pahl-Rugenstein Verlag – seinerzeit auch spöttisch „Pahl-Rubelschein Verlag“ genannt – erschien und zumindest geraume Zeit als Mitteilungsblatt der Vereinigung der Juristen in der DDR fungierte. Das Blatt wurde demgemäß auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Vielleicht deswegen forderte der Jurist Steinmeier schon damals eine Diskussion über eine linke Verfassungsinterpretation.

Betrachtet man unter diesem Aspekt die Vergangenheit einer Vielzahl von Politikern der Grünen, dann muß man zu dem Ergebnis kommen, daß starke Wurzeln dieser Partei die linksextremen kommunistischen Gruppen „Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW)“ und „Kommunistischer Bund (KB)“ sind. Diese jeweils maoistisch orientierten, teils straff organisierten und auch mit beträchtlichen finanziellen Mitteln ausgestatteten Organisationen spielten innerhalb der Linken in Deutschland vor allem in den siebziger Jahren eine große Rolle. Maßgebliche Funktionäre des KBW waren seinerzeit unter anderem die Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer, Ralf Fücks, Wilfried Kretschmann – ja, der volkstümlich schwäbelnde baden-württembergische Landesvater -, Joscha Schmierer, Freund und Günstling von Joschka Fischer und die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, allerdings nicht von den Grünen, sondern von der SPD. Funktionäre des KB waren unter anderem Angelika Beer, 2002-2004 Bundesvorsitzende der Grünen und der langjährige Parteivorsitzende und Bundesminister Jürgen Trittin. Aber auch „Die Linke“ ist prominent vertreten mit ihrer Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpcke.

Scheinheilig ist nun mal das Gegenteil von heilig

Es ist geradezu peinlich, wie nun vor allem das linke politische Lager in Deutschland von SPD bis Die Linke mit den Fingern auf Hubert Aiwanger zeigt. Die Bedeutung des Sprichworts, daß wer mit dem Finger auf andere zeigt, gleichzeitig mit drei Fingern auf sich selbst zeigt, kann kaum augenfälliger demonstriert werden, als an diesem Falle. Wenn etwa die bislang allerdings weder durch brillante intellektuelle Leistungen noch beruflichen Erfolg aufgefallene SPD-Vorsitzende Saskia Esken nun in dieser Geschichte herumwühlt, damit wenigstens irgendwelche Verdächtigungen die Nachrichtensendungen und Zeitungsartikel beherrschen, dann genügt natürlich ein Blick auf die derzeitigen Meinungsumfragen zur Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober. Da liegen die Freien Wähler bei 12,5 %, die SPD bei 10,2 %. Und, nebenbei bemerkt, die scheinheiligen Ermahnungen des CSU-Chefs Markus Söder, die Sache müsse sorgfältig aufgeklärt werden, obgleich alles aufgeklärt ist, lassen sich leicht mit dem Umfragewert seiner Partei erklären. Der liegt bei für CSU-Verhältnisse mageren 37,8 %.

Politisch‘ Lied

Es wird eben mit zweierlei Maß gemessen. Ein im linken Spektrum, das nun einmal seit der unseligen Ära Angela Merkel bereits bei den Unionsparteien beginnt und bei der Antifa endet, reichlich unbeliebter konservativer Politiker muß niedergemacht werden, egal wie, und egal was man gegen ihn anführen kann. Semper aliquid haeret wussten schon die alten Römer. Mit anderen Worten: es ist völlig gleichgültig, was wirklich passiert ist, maßgeblich ist allein, was in der Öffentlichkeit gesagt und geschrieben wird. „Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied!“ läßt Goethe in der Szene Auerbachs Keller im Faust I den Brandner sprechen. Betrachten wir die politischen Sitten zur Zeit Goethes und vergleichen wir sie mit Vorgängen wie der Affäre Aiwanger, überhaupt mit dem Verhalten von Politikern und Journalisten unserer Tage, dann fragen wir uns schon, welche Worte Goethe dafür fände, kehrte er auch nur für wenige Stunden auf die Erde zurück.

Akademische Freiheit war gestern

Es besteht wohl kein Zweifel daran, daß die Universitäten einen maßgeblichen Einfluss auf Kultur und Gesellschaft haben. Vor allem was die Geisteswissenschaften angeht, sind ihre Lehren prägend für das Denken eines Volkes, zumindest seiner Eliten. Die Ablösung des theokratischen mittelalterlichen Denkens durch die Gedankenwelt der Aufklärung konnte nur geschehen, weil Hochschulen entstanden, die unabhängig von den Lehren der Kirche rationale wissenschaftliche Forschung betrieben und ihre Studenten in den neben der Theologie nun zugelassenen freien Wissenschaften in diesem Sinne unterrichteten. Wir nennen hier stellvertretend die Vorkämpfer der Wissenschaftsfreiheit Immanuel Kant und Wilhelm von Humboldt. Nicht von ungefähr waren es dann zuerst die Studenten, die etwa in Deutschland Recht und Freiheit für alle Bürger einforderten. Für die Halbgebildeten unserer Tage ist dann, wenn sie sich näher mit diesem Teil der deutschen Geschichte befassen, erstaunlich bis verstörend, daß hier die Burschenschaften die Speerspitze der Freiheitsbewegung waren, angeführt auch von Professoren wie Ernst Moritz Arndt, dessen Namen heutzutage eine Universität nicht mehr führen darf, weil er für eben diese halbgebildeten Professoren und Studenten kein Demokrat gewesen ist.

Und damit sind wir beim Thema.

Die akademische Freiheit hat es schwer

Wo einst der Geist der Freiheit wehte, herrscht nun die stickige Luft der political correctness, die akademische Kultur ist der cancel culture gewichen. Der aktuelle Academic Freedom Index führt Deutschland nicht mehr auf dem ersten Platz, sondern nach Tschechien, Estland, Belgien und Italien erst auf den fünften Platz. Wenig überraschend finden sich in dem 179 Plätze umfassenden Index die USA erst auf Platz 76, was auch der dort seit Jahren um sich greifenden cancel culture geschuldet sein dürfte. Die Ukraine findet sich auf Platz 129, Russland auf Platz 149 und natürlich belegt Nordkorea Platz 179. Dieser Index wird im übrigen federführend an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen erarbeitet, was im vorliegenden Zusammenhang durchaus pikant erscheint.

Wissenschaftsfreiheit nach Erlanger Art

Am 14. Juli 2023 sollte der emeritierte Althistoriker Egon Flaig einen Vortrag zum Thema „Individuelle Freiheit gegen politische Freiheit: die Polis im europäischen Republikanismus“ einen Vortrag im Kollegienhaus der Universität halten. Der Termin war schon bekannt gemacht worden. Doch dann erhob sich Widerspruch. Nicht näher bezeichnete Angehörige des Hauses, auch am Lehrstuhl des Historikers Andreas Grüner, der seinen Kollegen Flaig eingeladen hatte, liefen Sturm. Äußerungen des Gelehrten aus früheren Jahren, insbesondere ein sicherlich sprachlich verunglückter Erklärungsversuch zur Einstufung der Geschichte des Warschauer Ghettos als singulär, aber auch nicht näher genannte weitere Texte des Historikers wurden als „rechts“ eingestuft und somit ihr Verfasser als unwürdig, an dieser Universität vortragen zu können. Man befürchtete, die Veranstaltung könne Anklang bei, so wörtlich, Burschenschaften und anderen Rechten finden. Merke: Burschenschaften haben an einer Universität, jedenfalls an der Friedrich Alexander Universität, nichts zu suchen. Rechte überhaupt nicht. Nun ist Egon Flaig ein weithin anerkannter Gelehrter, sicherlich konservativ, sicherlich auch streitbar. Als indessen die Luft in der Universität noch frisch war, ging man als Student gerne in die Vorlesungen eines derart auftretenden Professors. Doch heute erstickt man an dem Mief, den ausgerechnet diejenigen in den Universitäten erzeugt haben, die 1968 dazu angetreten sein wollen, den angeblich unter den Talaren der Professoren angesammelten Muff von 1000 Jahren wegzublasen.

Die Vorbilder

Der Vorgang steht in einer Reihe mit vielen gleichartigen. Wir wollen nur zwei davon herausgreifen, die sich in Deutschland zugetragen haben. Daß man gerade im angelsächsischen Sprachraum nur noch linksdrehende, „woke“ Dozenten an den Universitäten duldet, ist wohl hinlänglich bekannt. Dort müssen ja die Bibel und Shakespeares Werke mit Warnhinweisen versehen werden. Denken wir einfach ein Jahr zurück. Im Juli 2022 sollte die Biologin Marie-Luise Vollbrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin einen Vortrag halten, in dem es um die biologische Tatsache ging, daß es eben nur zwei und nicht 42 oder 82 Geschlechter gibt. Auf die wütenden Proteste der dominierenden linksradikalen Studenten und Dozenten (pardon: Studierenden und Lehrenden) reagierte die Universitätsleitung erwartungsgemäß feige: der Vortrag konnte natürlich nicht stattfinden. Im Sommersemester 2011 trat der weltberühmte israelische Militärhistoriker Professor Martin van Crefeld an der Universität Trier eine Gastprofessur an. Nach der ersten Vorlesung kündigte die Universitätsleitung auf den massiven Druck der linksradikalen Studenten und Dozenten (pardon: Studierenden und Lehrenden) den Vertrag mit dem Professor. Denn, so der Asta, seine Thesen seien „frauenfeindlich, militaristisch, antiisraelisch, vulgärwissenschaftlich und methodisch primitiv“. Diese Aufzählung richtet ihre Verfasser selbst und ist der schlagende Beweis dafür, daß wir es bei den tonangebenden Akteuren unserer Universitäten regelmäßig mit Halbgebildeten zu tun haben. Natürlich ist der Forschungsgegenstand eines Militärhistorikers das Militär und der Krieg, und es klingt geradezu bizarr, jemanden als antiisraelisch einzustufen, der an einer israelischen Universität lehrt. Und man macht sich als Student doch lächerlich, wenn man die Vorlesung eines Professors als vulgärwissenschaftlich und methodisch primitiv einstuft.

Die neue Ausgewogenheit

Zurück nach Erlangen. Offenbar war man sich im Kreis der Protagonisten dieser Ausladung seiner Sache nicht ganz sicher und holte sich deswegen Verstärkung in Gestalt der früheren Sozialbürgermeisterin der Stadt, die natürlich eine akademische Qualifikation aufweist, indessen als Naturwissenschaftlerin. Doch vertritt sie das sogenannte Erlanger Demokratie-Bündnis „Aktion Courage“ im Koordinierungsgremium der „Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg“. Wer ein solches Amt ausübt, ist natürlich qualifiziert und berufen, über die Einhaltung demokratischer Standards zu wachen und darüber zu befinden, was an einer Universität gesagt werden darf. Sie gibt also die Richtung vor, wie mit solchen rechten Volksverderbern wie Professor Flaig umzugehen ist. Ihres Erachtens sind Debatten mit „Personen, die eine andere, womöglich sehr rechte Meinung“ vertreten, durchaus möglich, solange auch Gegenpositionen am Tisch zu hören sind. Wenn aber niemand gefunden wird, der Gegenargumente bringt, steht sie dazu, eine solche Person wieder auszuladen, denn was zum Beispiel Professor Flaig vertritt, „das sind Thesen, die demokratiefeindlich sind“. Damit sei eben eine rote Linie überschritten, und eine Ausladung gerechtfertigt. Man ist versucht diese demokratische Lichtgestalt zu fragen, ob das auch in der Gegenrichtung so geahandhabt werden muß. Muß dann, wenn ein dezidiert linker Dozent vorträgt, gleich ein Diskutant mit entgegengesetzter Auffassung, also so ein böser Rechter, mit auf dem Podium sitzen, um dem Publikum die Gegenposition zugänglich zu machen? Die Antwort auf diese Frage mag sich jeder selbst geben.

Akademische Freiheit war gestern. Demokratie auch. Und das Grundgesetz brauchen wir auch nicht mehr.