Schuster bleib‘ bei deinen Leisten! Dieses alte deutsche – Aua, nationalistisch! – Sprichwort kam mir in den Sinn, als ich heute Morgen die Frühnachrichten hörte. Der Vorstandsvorsitzende – pardon: CEO – der Siemens AG hat also davor gewarnt, daß Nationalismus und Rassismus in Deutschland salonfähig werden. Das wäre auch für die Wirtschaft und sein Unternehmen verheerend. Deutschland lebe in der heutigen Zeit vom Export und dabei möglichst offenen Grenzen. Die Konzerne seien global aufgestellt, mit Mitarbeitern und Kunden jeder Hautfarbe sowie Religion. Und dann glaubte er noch eins drauf setzen zu müssen. Wörtlich: „Es haben damals beim Nationalsozialismus zu viele Menschen geschwiegen, bis es zu spät war. Und das darf uns in Deutschland nicht wieder passieren.“ Er habe Äußerungen der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel vor Monaten im Deutschen Bundestag als rassistisch und ausgrenzend empfunden. Sie hätten ihn im Ton an die NS-Zeit erinnert. Frau Weidel hatte damals in der Tat gesagt: „Burka, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichts werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“ Käser hatte darauf getwittert, lieber Kopftuchmädchen als Bund Deutscher Mädel.
Nun ist es in der Politik üblich, sich einer blumigen und nicht selten drastischen Sprache zu bedienen. Anderenfalls wird man ja nicht zur Kenntnis genommen. Die akademisch-nüchterne Sprache bleibt im Hörsaal, im Plenarsaal hingegen wird zugespitzt und draufgehauen. Typisch für die Kultur in der politischen Debatte unserer Tage ist es allerdings, bei jeder passenden, vor allem aber auch unpassenden Gelegenheit, die NS-Zeit zu instrumentalisieren. Da spielt es keine Rolle, daß auch Frau Weidel vom Nationalsozialismus mindestens so weit entfernt ist, wie die Erde von der Sonne. Denn je länger Hitler und seine Schergen tot sind, um so heftiger werden sie bekämpft (Johannes Gross). Wer vor den längst zu Staub Zerfallen warnt, kann sich sicher sein, von vielen Deutschen als Erzengel Michael in strahlender Rüstung wahrgenommen zu werden, der den Satan immer wieder niedermacht.
Der Vorgang ist symptomatisch für den geistigen Zustand weiter Kreise nicht nur in Politik und Medien, sondern leider auch in der Wirtschaft. Kaeser ist vielleicht ein besonders plakatives Beispiel für diesen Typus Manager. Zwar hat er keine Ahnung, wovon er spricht. Als gelernter Kaufmann mit einem Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaftslehre gehörte die Befassung mit philosophischen, staatsrechtlichen und gesellschaftspolitischen Themen zumindest nicht zum Schwerpunkt seiner Ausbildung. Wenn er dann im Zusammenhang mit seinen Tiraden gegen Frau Weidel und die seines Erachtens nationalistische und rassistische Entwicklung in der Gesellschaft über humanistische Werte spricht, dann eben wie der sprichwörtliche Blinde von der Farbe. Natürlich geht es ihm ums Geschäft, und nur ums Geschäft. Wer in der Welt der Unternehmenskennzahlen lebt, dem sind Patriotismus, Kultur und hergebrachte Lebensart des Volkes, in das man hineingeboren worden ist, eher zweitrangige Begriffe, allenfalls irgendwo zwischen Folklore und lästigem deutschen Aufsatz in der Abiturprüfung angesiedelt.
Geld wird eben in der Wirtschaft verdient, und am meisten, wenn sie global gut aufgestellt ist. Und so wird man Teil einer internationalen Managerkaste. Da ist es egal, ob vielleicht im eigenen Land die Lebensverhältnisse infolge ungebremster und unbeherrschbarer Zuwanderung aus fremden Kulturen unzuträglich werden. Dann spielt man eben irgendwo anders Golf. In Niederbayern als Josef Käser geboren, ändert man während seiner beruflichen Tätigkeit in den USA seinen Namen in Joe Kaeser, weil man sich davon nun einmal verspricht, von den Amerikanern als einer der ihren akzeptiert zu werden. In der globalen Wirtschaft, so scheint es, sind nationale Eigenheiten wohl eher hinderlich. Erfolgreicher ist da doch die One-World-Ideologie eines George Soros, wonach die Welt doch besser ein globales Dorf wird, mit gleichförmiger Gesellschaft und vor allem gleichgerichteten Konsumwünschen. Nationen stören da nur. Folglich ist es eben nationalistisch, wenn man das eigene Volk davor schützen will, sich bis zur Unkenntlichkeit zu verändern. Und natürlich darf dann auch der Vorwurf des Rassismus nicht fehlen, auf meiner persönlichen Rangliste der unsäglichen Begriffe die absolute Nummer eins. Natürlich gibt es in Deutschland Rassismus nicht. Wer wissen will, was das ist, der möge vielleicht in das südliche Afrika reisen. Dort kann er dann beobachten, wie Menschen alleine wegen ihrer Hautfarbe enteignet, vertrieben oder gleich totgeschlagen werden. Vorausgesetzt, sie sind weiß. Hierüber Besorgnisse zu äußern, wäre einem internationalen Manager vielleicht auch angemessen.
Es ist doch schlichtweg falsch anzunehmen, die Artikulation nationaler Positionen in der deutschen Politik könne der deutschen Exportwirtschaft schaden. Tatsächlich ist es dem amerikanischen oder chinesischen Autokäufer völlig gleichgültig, ob in Deutschland Herr Gauland oder Herr Hofreiter Bundeskanzler ist. Niemand in Deutschland wird ein preiswertes Fernsehgerät oder Mobiltelefon aus chinesischer Produktion nicht kaufen, weil das Verhältnis der chinesischen Führung zu den Menschenrechten kritikwürdig ist. Auch interessiert es keinen deutschen Manager, der mit China Geschäfte machen will, ob die Chinesen Kriegsflüchtlinge aus anderen Ländern aufnehmen oder politisch Verfolgten Asyl gewähren oder nicht. Bekanntlich ist letzteres der Fall, was aber weder Mr. Kaeser noch Frau Merkel daran hindert, mit China Geschäfte zu machen. Allerdings dürfte Frau Merkel die jüngsten Äußerungen von Herrn Kaeser befriedigt zur Kenntnis genommen haben. Mit dem wohlfeilen AfD-Bashing kommt man bei deutschen Politikern und Journalisten immer gut an. Herrn Kaeser und seinem Unternehmen kann das nur nützlich sein. Das Wohlwollen der Kanzlerin läßt sich ganz bestimmt in vielfältiger Hinsicht für Siemens nutzbar machen.
Si tacuisses, philosophus mansisses möchte man Herrn (weiland) Josef Käser aus der schönen Bayerwaldgemeinde Arnbruck zurufen.
Seine polemischen Äußerungen und völlig unangebrachten Nazivergleiche erzeugten offensichtlich bei seinen Dax-Vorstandskollegen Fremdschämen; ein möglicher Grund, warum sich diese trotz Aufforderung ihres Kollegen mit öffentlichen Äußerungen zurückhalten