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Üble Nachrede statt demokratischer Wettbewerb

Nun ist es amtlich. Die AfD wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Alles klar? Nichts ist klar. Nein, eines ist klar: Die Parteien des Wahren, Guten und Schönen mißbrauchen ihre Macht. Weil die Wähler ihnen immer noch in Scharen weglaufen und den Heerscharen Luzifers per Wahlzettel die Türen ins bundesrepublikanische Paradies öffnen. Und weil die Wähler das tun, wenn man auch mit Engelszungen redet. Da ist natürlich Schluß mit Lustig. Jetzt wird es ernst. Die Rednerpulte werden weggeräumt und die Kanonen aufgestellt. Wenn sich die Satansbrut nicht von selbst verkrümelt, dann wird sie eben niederkartätscht. Die Kanonen heißen Ämter für den Verfassungsschutz, und die verschießen Explosivgeschosse namens „Prüfauftrag“ und „Beobachtung“. Damit werden wir euch schon klein kriegen, ihr „brauner Dreck“! (Söder), ihr seid ja „offen nationalsozialistisch“! (Merz). Zitate von politischen Stinktieren wie Stegner wollen wir mal höflich weglassen.

Völlig klar ist auch, daß es nicht darum geht, ob die AfD verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder nicht. Natürlich spielt es auch keine Rolle, daß die AfD jedenfalls im Ganzen nicht einmal entfernt die juristischen Kriterien der Verfassungsfeindlichkeit erfüllt. Deswegen gibt es ja auch nur den Prüfauftrag. Aber das genügt ja schon, wenn es öffentlich gemacht wird. Die üble Nachrede reicht allemal zur Erreichung des Zwecks.  Es geht allein um ihre politische Vernichtung. Dazu wird eben das Bundesamt für den Verfassungsschutz benutzt. Es handelt sich ja schließlich dabei um eine Behörde, die von einem weisungsunterworfenen Beamten geführt wird. Dabei spielt es auch schon keine Rolle mehr, ob tatsächlich der Bundesinnenminister als Dienstvorgesetzter  des Präsidenten dieser Behörde ihm die förmliche Weisung erteilt hat, nun die AfD zu beobachten und dies bekannt zu geben oder nicht. Der neue Präsident des Bundesverfassungsschutzes weiß ganz genau, was der Bundesinnenminister und die gesamte Bundesregierung von ihm erwarten. Die können auch mit dem vorauseilenden Gehorsam des Behördenleiters rechnen, der als politischer Beamter nun einmal jederzeit auch ohne Angabe von Gründen gefeuert werden kann. Der Mann hat ja gewissermaßen aus der Proszeniumsloge beobachten können, was seinem seitherigen Chef und nunmehrigen Vorgänger im Amt passiert ist.

Doch was ist da wirklich dran?

Bei der Beobachtung durch den Verfassungsschutz wie auch der Vorstufe dazu, der Prüfung, ob eine Beobachtung angezeigt ist, handelt es sich natürlich um behördliche Maßnahmen. Verwaltungsbehörden, und dazu gehören natürlich auch die Verfassungsschutzämter, sind an Recht und Gesetz gebunden. Die Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder beschreiben die Aufgaben dieser Behörden. Danach haben sie selbstverständlich, dafür sind sie ja überhaupt da, stets und ständig die politische Landschaft zu beobachten und dann, wenn Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen irgendwelcher Einzelpersonen oder Personenzusammenschlüsse bestehen, gegebenenfalls offene Quellen systematisch auszuwerten oder gar zusätzlich nachrichtendienstliche Mittel, sprich V-Leute, einzusetzen. Dabei unterliegen sie ebenso selbstverständlich der Kontrolle durch die Gerichte. Wir sind ja schließlich hier in einem Rechtsstaat, Gott sei Dank. Und der Maßstab der Gerichte für die Überprüfung der Tätigkeit des Verfassungsschutzes ist selbstverständlich die Verfassung und nichts anderes. Dabei entscheiden die Gerichte eigenverantwortlich. Insbesondere sind sie nicht an die rechtliche Beurteilung der Verfassungsschutzämter gebunden. In einschlägigen Verfahren stehen diese nämlich prozessual auf Antragsgegner- bzw. Beklagtenseite. Mitnichten sind sie etwa als Sachverständige anzuhören.

Dabei sind weiter zwei Dinge zu unterscheiden. Das eine ist die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Tätigkeit dieser Ämter im Einzelfall. Die Frage also, ob sie tatsächlich einen rechtlich handfesten Grund für ihr Tätigwerden haben. Ob also zum Beispiel genügende Verdachtsmomente dafür bestehen, daß eine Einzelperson oder ein Personenzusammenschluß verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt. Ist das nach eigenverantwortlicher Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht der Fall, so untersagt es dem betreffenden Bundes- oder Landesamt für den Verfassungsschutz die Beobachtung der betroffenen Person oder Personenmehrheit. Das andere ist die Bekanntmachung dieser Tätigkeit. Denn diese Bekanntmachung ist ebenso Verwaltungshandeln wie  die Beobachtungstätigkeit mit welchen Mitteln auch immer. In ihr liegt auch eine eigene Beschwer. Beschwer ist der juristische Fachausdruck für die Belastung oder den Nachteil, der dem betroffenen Bürger durch das Handeln einer Verwaltungsbehörde entsteht. Es ist klar, daß  einem Bürger kein Nachteil dadurch entsteht, daß eine Verfassungsschutzbehörde ihn tatsächlich beobachtet, mit welchen Mitteln auch immer, unter Nutzung offener Quellen oder nachrichtendienstlich. Denn das erfährt er regelmäßig nicht einmal selbst.

Öffentlich bekannt wird es naturgemäß ebenfalls nicht. Wird hingegen von der Behörde bekannt gegeben, daß sie gegen  einen Bürger oder einen Verein, gar gegen eine politische Partei im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages tätig wird, so stellt dies  selbstverständlich einen erheblichen Nachteil für den oder die Betroffenen dar.  Denn von dieser Minute an  haftet ein Makel  an diesen Personen,  die nun zum Objekt staatlichen Handelns in Form  verfassungsschützender Maßnahmen geworden sind. Wer vom Verfassungsschutz beobachtet wird, gilt in der wenig differenzierenden Öffentlichkeit schon deswegen als mindestens zwielichtig, wahrscheinlich sogar als politischer Extremist, jedenfalls als Mensch, mit dem man besser nichts zu tun hat.

Genau hier liegt auch im vorliegenden Fall der sprichwörtliche Hund begraben. Und genau das ist auch die böse Absicht, die dahinter steckt. Merkel, Scholz, Seehofer und Co. ebenso wie  die übrige politische Konkurrenz wiegen sich in der Hoffnung, daß der AfD nun Mitglieder in Scharen davonlaufen werden, weil sie nun berufliche (Beamte, Sodaten, Richter, aber auch Angestellte in der freien Wirtschaft) oder auch geschäftliche Nachteile besorgen müssen, oder überhaupt Sorge um ihr gesellschaftliches Ansehen und ihre Familie haben. Vor allem aber erhofft man sich  davon eine gründliche und nachhaltige Abschreckung der Wähler. Steht eine Partei erst einmal im Geruch  der Verfassungsfeindlichkeit, braucht man sich nicht weiter um sie zu kümmern. Der Absturz in das 0,x % Ghetto der sogenannten Sonstigen bei der nächsten Wahl ist sicher. NPD und Co. lassen grüßen. Das ist natürlich das Verhaltensmuster, das die Politik insgesamt als schmutziges Geschäft erscheinen läßt und weswegen unsere Eltern uns davor gewarnt haben, in die Politik zu gehen. In der Tat kann sich ein anständiger Mensch nicht mit denen gemein machen, die zu solchen Methoden greifen.

Doch kehren wir zurück  zum Recht. Wie gesagt, handeln die Verfassungsschutzämter nicht im luftleeren Raum. Ihre Maßnahmen sind justiziabel, wie das so schön heißt. Wer da überzieht, wird eben von den Gerichten zurückgepfiffen. Das ist auch den Verantwortlichen der AfD gut bekannt.  Der bayerische AfD Politiker Petr Bystron wurde im Sommer 2017 von der Nachricht überrascht, daß das bayerische Landesamt für den Verfassungsschutz ihn beobachte, weil dieses Amt das dann auch öffentlich bekannt gegeben hatte.  Dagegen wandte sich  der Politiker und beantragte beim Verwaltungsgericht München, dem bayerischen Landesamt für den Verfassungsschutz zu untersagen, ihn zu beobachten, mindestens jedoch dies auch öffentlich bekannt zu machen.

Das Verwaltungsgericht München entschied mit Beschluß vom 28.07.2017, Az. M 22 E 17.1861, daß nach Sachlage zwar nicht zu beanstanden sei, daß das Amt aus seiner Sicht genügend Anhaltspunkte für eine Beobachtung des Politikers gesehen habe, daß es jedoch von Rechts wegen nicht angehe, diese Beobachtung öffentlich bekannt zu machen. Denn dies sei ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Politikers und benachteilige auch seine Partei unangemessen, insbesondere im Hinblick auf anstehende Wahlen. Es sei auch nicht ersichtlich, warum die Tatsache der Beobachtung öffentlich gemacht werden müsse, denn jedenfalls mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Politikers und die von der Verfassung garantierte Stellung seiner Partei sei kein sachlicher Grund ersichtlich, der  diese Eingriffe in die Rechte des Politikers und seiner Partei notwendig mache. Wörtlich erklärt das Gericht:

Wer vom Verfassungsschutz als für den Rechtsstaat gefährlich eingestuft wird – in diesem Sinne wird die Öffentlichkeit auch Ausführungen zu Verdachtsfällen verstehen –, ist in der Teilhabe am politischen Meinungsbildungsprozeß und am öffentlichen Leben erheblich behindert. Bei einer Verdachtsberichterstattung ist daher Sorgfalt und Zurückhaltung angebracht, eröffnet sie doch weiträumige Möglichkeiten für Irrtum und Mißbrauch und bewirkt regelmäßig eine „Stigmatisierung“ in der Öffentlichkeit, die schwerlich rückgängig gemacht werden kann, und die durch ein Aufrechterhalten und Wiederholen noch intensiviert wird. Dies gilt im Falle des Antragstellers umso mehr, als die wiederholte Bekanntgabe seiner Beobachtung seine Handlungsoptionen im politischen Meinungsstreit erheblich beeinträchtigen dürfte und damit zumindest faktisch auch die von ihm repräsentierte Partei und insoweit – insbesondere mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl – auch die Chancengleichheit von Parteien (Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG) und das in Art. 20 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und die integrative Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen tangiert werden. Diesen gewichtigen Nachteilen für den Antragsteller (und seine Partei) durch die Bekanntgabe der personenbezogenen Daten stehen keine überwiegenden Interessen der Allgemeinheit gegenüber, die eine Bekanntgabe der Daten nahe legen würden. Der Verfassungsschutz kann seiner Aufklärungsaufgabe auch ohne konkrete Bezugnahme auf den Antragsteller und seine Äußerungen genügen.“

Der Beschluß des Verwaltungsgericht ist rechtskräftig geworden. Angesichts der wirklich glasklaren Rechtslage wäre ein Rechtsmittel dagegen auch  ohne Chancen gewesen.

Im November 2018 hat das bayerische Landesamt für den Verfassungsschutz die Beobachtung des Herrn Bystron auch sang- und klanglos eingestellt. Wohl eher zur Gesichtswahrung hat es zur Begründung dieses Schrittes erklärt,  zwischenzeitlich sei  der Politiker ja in den Bundestag gewählt worden. Da müßten nun andere Maßstäbe gelten.

Es bleibt abzuwarten, ob auch im vorliegenden Fall das zuständige Verwaltungsgericht angerufen wird. Jedenfalls hinsichtlich der Veröffentlichung des sogenannten Prüfauftrages und der teilweisen Beobachtung wäre es doch sehr verwunderlich, wenn das vom Gericht nicht verboten würde. Was jedenfalls jetzt schon feststeht ist, daß im deutschen Politiktheater ein veritables Schurkenstück gegeben wird. Die literarischeQualität von Schillers Räubern hat es jedenfalls nicht. Doch wer die Kanaille ist, das liegt auf der Hand.


   

Wider den moralischen Hochmut

Das Unerwartete ist manchmal nicht bloß überraschend, sondern einfach gut. Klares Denken und das Aussprechen einfacher Wahrheiten haben bei uns in Deutschland einen solchen Seltenheitswert, daß die Konfrontation damit zu eben solchen unerwarteten Erlebnissen führt. So geschehen letzte Woche in Nürnberg.

Anläßlich einer der zahllosen Belehrungsveranstaltungen, durch die dem tumben Volk das politisch korrekte Denken eingetrichtert werden soll, meldete sich auch der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN) zu Wort. Seine Wortmeldung wurde indessen in der Presse offenbar falsch – er selbst spricht höflich von missverständlich – zitiert. Seine dann in der Nürnberger Zeitung abgedruckte Klarstellung ist bemerkenswert und soll deswegen hier erst einmal unverändert zitiert werden:

Jo-Achim Hamburger habe bei einer Veranstaltung des Präventionsnetzwerks gegen religiös begründete Radikalisierung die Frage gestellt, was die Deutschen aus dem Holocaust gelernt hätten, und selbst die Antwort gegeben, heißt es im Text. Zitiert wird er mit dem Wort „Nichts“.  „Die Frage habe ich anders formuliert und selbst anders bentwortet“, schreibt Hamburger in seiner Stellungnahme an die Redaktion. „Was ich gesagt habe, ist: Was kann man aus dem Holocaust lernen, was können wir ‚Deutsche‘ aus dem Holocaust lernen? Darauf habe ich geantwortet: Nichts. Sie sehen schon, die Fragestellung ist völlig verschieden, ein völlig anderer Sinn, ich sagte auch wir Deutsche.“ Die Begründung seiner Antwort habe gelautet: „Haben wir die Shoa gebraucht, um zu wissen, dass man Millionen Menschen nicht berauben, entrechten und industriell ermorden darf? Haben wir den Angriffskrieg gebraucht mit mehr als 50 Millionen Toten, um zu wissen, dass dies Unrecht ist? Daraus lassen sich keine ‚Lehren‘ ziehen, das weiß man vorher und hat es immer gewusst.“ Und weiter schreibt er: „Wir neigen dazu, uns nachträglich zu den moralischen Siegern zu küren, die jetzt der ganzen Welt Moral und Ethik beibringen dürfen, weil wir ja ‚gelernt‘ haben. Die Deutschen als Weltfriedensstifter und Moralisten. Eine gewisse Bescheidenheit und Zurückhaltung wäre angebrachter. Was waren die Gründe für den fast totalen moralisch-ethischen Bankrott in unserem Lande und wie kann so etwas in Zukunft ein für alle Mal verhindert werden?“

Diese Stellungnahme enthält zwei Kernaussagen. Zum einen ist es für Herrn Hamburger selbstverständlich, daß es nicht erst der Greuel der Nazizeit bedurft hätte, um zu erkennen, daß man Menschen nicht rechtlos machen und ermorden darf. Das gehört in der Tat vielmehr zu den Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens, was ja nun spätestens seit ihrer Kodifizierung im profanen Teil der zehn Gebote (Gebote 4-10) jedem Menschen klar ist. Zum anderen charakterisiert er in begrüßenswerter Klarheit die moralische Überheblichkeit des deutschen juste milieu, die es in seiner Verblendung aus der Einbildung zieht, mit weltweit einzigartiger Einsicht in die Schuld seines Volkes an einem historisch einzigartigen Menschheitsverbrechen moralisch auf einer Gipfelhöhe zu stehen, von der herab es die übrige Menschheit über Recht und Unrecht nicht nur belehren darf sondern muß.

Die Frage im letzten Satz dieses Beitrages kann ebenso einfach und klar beantwortet werden, wie sie gestellt ist. Es war nun einmal eine fatale Kombination von virulentem Antisemitismus – nicht nur in Deutschland –, der politisch mehr als unklugen Knebelung Deutschlands durch den Versailler Diktatfrieden und des wirtschaftlichen Elends der Hyperinflation der Zwanzigerjahre und danach folgenden Weltwirtschaftskrise, die eine Clique von politischen Verbrechern, gestützt durch uneinsichtige Teile des Bürgertums, an die Macht bringen konnte. In dieser Antwort auf die Frage nach den Gründen für den fast totalen moralisch-ethischen Bankrott in unserem Lande, die Herr Hamburger stellt, liegt auch schon die Antwort auf seine weitere Frage, wie so etwas in Zukunft ein für alle Mal verhindert werden kann. Glücklicherweise hat sich die Welt weiter gedreht. Zum einen ist eine solche Konstellation nicht mehr vorstellbar, und zum anderen ist gerade in unserer Zivilisation eine so schwachsinnige Ideologie wie der Antisemitismus, dazu in einer eliminatorischen Variante, allenfalls noch in randständigen Zirkeln überlebensfähig. Bei anderen Zivilisationen auf unserem Globus bin ich mir da allerdings nicht so sicher. Aber wir sprechen hier ja von Deutschland und seiner autochthonen Bevölkerung.

Deutsche Historiker glaubten lange Zeit, und zum Teil glauben sie es heute noch, der deutschen Politik seit Gründung des Kaiserreichs vorwerfen zu müssen, einen Sonderweg gegangen zu sein. Mithin also gesellschaftlich und außenpolitisch abseits der Wege gegangen zu sein, die andere Völker eingeschlagen hätten. Darin habe die Wurzel allen Übels gelegen, das dann auch folgerichtig Deutschland über die Welt gebracht habe. Wir wissen, daß das falsch ist und auf Prämissen beruht, die mit der historischen Wahrheit nicht in Einklang gebracht werden können. Herausgegriffen sei hier nur die unsägliche Debatte über die Schuld am Ersten Weltkrieg, deren intellektuelle Dürftigkeit sich bereits daran zeigt, daß es eine Schuld an einem Kriege nicht geben kann, allenfalls eine Verursachung, wobei es sich regelmäßig um Verursachungsbeiträge der Beteiligten handelt. Letzteres ist hinsichtlich des Ersten Weltkrieges zwischenzeitlich glücklicherweise Gemeingut auch bei den meisten deutschen Historikern.

Tatsächlich einen Sonderweg des Umganges mit der eigenen Geschichte geht die politische Klasse in Deutschland. Keine Nation auf dieser Erde zieht in Ansehung der dunklen Seiten der eigenen Geschichte so bereitwillig das Büßerhemd an, wie die Deutschen. Natürlich nicht die Deutschen in ihrer Gesamtheit, sondern diejenigen, die sich infolge ihrer akademischen Bildung und ethischen Reinheit dazu berufen fühlen, der Weltöffentlichkeit ein zerknirscht-stolzes mea culpa zuzurufen. Alles politische Handeln ihres Landes muß aus dieser Bussfertigkeit begründet werden, weswegen die Ablehnung alles dessen, was andere Nationen selbstverständlich tun, mit dem Satz eingeleitet wird: „Angesichts unserer Vergangenheit…“

Es ist erfreulich, daß ein deutscher Jude, dessen Wort kraft seines Amtes natürlich besonderes Gewicht hat, seinen Landsleuten hier einmal diese einfachen Tatsachenfeststellungen ins Stammbuch geschrieben hat. Indessen muß leider damit gerechnet werden, daß diejenigen, an die er diese Worte gerichtet hat, wegen ihrer ausgeprägten Leseschwäche auf diesem Gebiet diese Erkenntnisse nicht gewinnen und deswegen unverdrossen auf dem Sonderweg des Umganges mit der eigenen Geschichte fürbaß schreiten werden.



Den Deutschen fehlt es am Selbstbewußtsein – warum eigentlich?

Das nationale Selbstbewußtsein ist in Deutschland, vorsichtig gesagt, nur wenig ausgeprägt. Von Stolz auf das eigene Land kann bei den meisten Deutschen nicht die Rede sein. In flapsiger Jugendsprache formuliert: Deutsch ist irgendwie uncool. Da nimmt es nicht Wunder, daß Zuwanderer lieber in ihrer mitgebrachten Kultur verharren, statt die Kultur einer Nation zu übernehmen, die sich ihrer selbst offenbar nicht sicher ist. Symptomatisch dafür sind ja Diskussionen darüber, ob es Nationen überhaupt gibt. Solche Diskussionen sind wohl nur in Deutschland denkbar.

Doch woher rührt dieses  neurotische Verhältnis der Deutschen zu ihrer Nation und damit doch zu sich selbst? Eine Antwort findet man vielleicht dann, wenn man die historische Bildung der Deutschen näher betrachtet. Denn das Verhältnis zur eigenen Nation ist untrennbar mit dem Wissen über ihre Vergangenheit verbunden, sei es objektiv oder nur auf Legenden gestützt.  Anders gesagt: Wenn Elternhaus, Schule und gegebenenfalls auch Universität ein Bild der eigenen Geschichte vermittelt haben, das Leistungen und Erfolge der voraufgegangenen Generationen in den Vordergrund stellt, die weniger glänzenden Seiten jedoch marginalisiert oder gar verschweigt – was auch nicht geschehen sollte -, dann ist natürlich zu erwarten, daß dies ein positives Bild der eigenen Nation verursacht, ja Stolz darauf hervorrufen kann. Werden hingegen die Ereignisse der Vergangenheit, soweit sie das eigene Volk betreffen,  vorwiegend negativ geschildert, tritt natürlich das genaue Gegenteil ein. Aber auch dann, wenn positiv zu wertende Ereignisse der Vergangenheit einfach nicht berichtet werden, entsteht ein unzutreffendes Bild der  Geschichte, das sich  auf  die Wertschätzung der eigenen Nation ungünstig auswirkt. Tatsächlich ist in Deutschland ein verbreitetes Unwissen über die eigene Geschichte festzustellen. Hinzu tritt  eine ungleichgewichtige Wissensvermittlung,  die  unbestreitbar negativ zu bewertende Ereignisse wie den Holocaust in den Vordergrund stellt, positiv zu bewertende Entwicklungen, wie etwa das Bildungswesen ausspart. Wer weiß denn in Deutschland schon, daß im Jahre 1900 das Verhältnis von Analphabeten zur Gesamtbevölkerung im Vergleich zu großen anderen Nationen folgendermaßen aussah:

Deutschland 0,9 %

Großbritannien 9,6 %

Frankreich 10 %

USA 12 %

Es lohnt sich daher, einen Blick auf  den Geschichtsunterricht in unseren Schulen zu werfen. Dabei liegt es nahe, sich auf die Gymnasien zu konzentrieren, denn zum einen werden in unserer Zeit nahezu 50 % der Schüler zum Abitur geführt, und zum anderen  ist dieser Teil der Bevölkerung natürlich für die Meinungsbildung  in der Gesamtbevölkerung maßgeblich. Dabei wird man zunächst einmal prüfen, mit welcher Zielsetzung die Schulbehörden den Geschichtsunterricht  ausgestalten. Bekanntlich liegt in Deutschland die Kulturhoheit und damit die Ausgestaltung des Schulwesens in der Verantwortung der Bundesländer. Somit werden hier unterschiedliche Erkenntnisse zu gewinnen sein. Wir beschränken uns dabei auf die Bundesländer Freistaat Bayern, Land Niedersachsen und Bremen.

Der aktuell genehmigte Lehrplan für das Fach Geschichte in Bayern legt eingangs das Ziel des Unterrichts fest. Es heißt dort: Die Schüler erlangen durch den Unterricht im Fach Geschichte am Gymnasium vertiefte Erkenntnisse über Strukturen, Entwicklungen, Ereignisse und Persönlichkeiten, welche die Vergangenheit geprägt haben und damit auch das Leben in der Gegenwart beeinflussen… Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fördert die Bereitschaft, sich mit  dem zeitlich und räumlich Fernen sowie dem Fremden und Ungewohnten auseinanderzusetzen und ihm mit Offenheit zu begegnen. Gleichzeitig erleichtert die Beschäftigung mit Zusammenhängen zwischen Vergangenheit und Gegenwart die Orientierung der Schüler in ihrer eigenen Lebenswelt. Um die Zukunft mit zu gestalten, bedarf es der Erkenntnis, dass die Gegenwart historisch bedingt ist.

Das „Kerncurriculum Geschichte“ des Landes Niedersachsen enthält einen Hinweis darauf, wie man dort Geschichtswissenschaft und gymnasialen Geschichtsunterricht versteht. Es heißt dort unter anderem: Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung waren in Deutschland vielfältigen Wandlungen ausgesetzt, die sich auch auf den seit rund 200 Jahren bestehenden Geschichtsunterricht auswirkten. Das methodische Objektivitätsideal sowie der Anspruch auf Ideenerkenntnis hoben zunächst das Handeln berühmter Einzelpersönlichkeiten und den Begriff des Staates ins Zentrum des historischen Lernens, das im wesentlichen das Ziel einer affirmierenden Aneignung und Identitätsstiftung verfolgte. Erst ab den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts erweiterte vor allem die historische Sozialwissenschaft in der kritischen Auseinandersetzung mit der Höhenkammwanderung der traditionellen, ereigniszentrierten Politik Geschichte den Gegenstandsbereich des Faches um die Bereiche Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Strukturgeschichte. Zugleich legte sie das gesellschaftskritische Potenzial des Faches frei und führte es einem Modernisierungsdiskurs zu, der vor allem die 1970er Jahre prägte. Seit dem Ende des letzten Jahrhunderts ist in der Geschichtswissenschaft mit der historischen Kulturwissenschaft eine abermalige Wendung eingetreten,  die zugleich einen entscheidenden Pluralisierungsschub bewirkt hat. An die Stelle der schulbildenden  Zuspitzung charakteristischer Gegenstandsbereiche und Erkenntnisinteressen ist eine bunte Vielfalt an perspektivischen Zugriffen in der Rekonstruktion der Vergangenheit getreten. Damit rücken – erneut, aber anders – die Rolle des handelnden und leidenden Subjekts, seine Vorstellungen und Deutungsmuster sowie die von ihm verwendeten Symbole und Praktiken ins Zentrum. Dazu wurde die Theorie der historischen Erkenntnis auf eine neue, konstruktivistische Grundlage gestellt. Und schließlich hat dies zu einer breiteren Kenntnisnahme der historischen Forschungstraditionen anderer Länder geführt.

Es ist nicht zu übersehen, daß der Schwerpunkt weniger auf der  Vermittlung von Faktenwissen, als vielmehr auf der Interpretation unter soziologischen Gesichtspunkten liegt. Nun muß das nicht von vornherein negativ zu bewerten sein, zumal wenn das Faktenwissen erst einmal vermittelt und dann die Interpretation geleistet wird. So läßt sich an den Lehrplänen für die Sekundarstufe 1 in Bayern durchaus ablesen, daß Faktenwissen vermittelt wird. Allerdings ist doch interessant, was offensichtlich nicht Unterrichts- und Prüfungsstoff ist. Deswegen wollen wir einen Blick auf die Themen richten, die Gegenstand der Abiturprüfungen in den Ländern sind.

In Bremen zum Beispiel müssen die Abiturienten mit Prüfungsfragen aus folgenden Themenbereichen rechnen: Die Industrialisierung, Restauration und Revolution im 19. Jahrhundert; Das deutsche Kaiserreich, Imperialismus und erster Weltkrieg; Weimarer Republik und Nationalsozialismus; Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, der kalte Krieg, Umbruch in der DDR und Wiedervereinigung; Die europäische Einigung; Wendepunkte des 20. Jahrhunderts. Die deutsche Geschichte vor 1870 müssen Bremer Abiturienten offenbar nicht kennen.  In diesem Zusammenhang fällt auf, daß die Bildungssenatoren in diesem Bundesland seit dem 6.6.1945 durchgehend der SPD angehört haben bzw. angehören.

In Bayern liegen die Anforderungen – wenig überraschend – höher. Die Themenbereiche umfassen die Felder: Leben in der Ständegesellschaft des 15.-18. Jahrhunderts; Leben in der entstehenden Industriegesellschaft des 19. Jahrhunderts; Die Weimarer Republik – Demokratie ohne Demokraten?; Hitlers „willige Volksgenossen“? – Die Deutschen und der Holocaust; Die frühe Bundesrepublik – Erfolg der Demokratie durch „Wohlstand für alle“?; Die DDR – eine deutsche Alternative?; Wurzeln europäischer Denkhaltungen und Grundlagen moderner politischer Ordnungsformen; „Volk“ und „Nation“als Identifikationsmuster;  Der Nahe Osten: historische Wurzeln eines weltpolitischen Konflikts; Die USA – von den rebellischen Kolonien zur globalen Supermacht. Daraus kann man natürlich viel machen und wird es auch manchmal tun.

Indessen lohnt es sich natürlich, hier Einzelheiten zu betrachten. So wird in dem Kapitel Die Weimarer Republik – Demokratie ohne Demokraten?  der Abiturient in der Prüfung tunlichst schreiben müssen, daß die antidemokratische Rechte unter anderem faktenwidrig die deutsche Schuld am Kriegsausbruch verleugnet habe. Der aktuelle Stand der Geschichtswissenschaft zu dem Thema der Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs, wobei natürlich richtigerweise nicht von Schuld, sondern von Verursachung zu sprechen ist, wird hier immer noch ignoriert. Die längst überholte Fischer-These spukt offenbar immer noch in den Köpfen der verantwortlichen Ministerialräte herum. Nicht erst seit Veröffentlichung von Christopher Clarks „Die Schlafwandler“ herrscht Konsens darüber, daß vor allem Frankreich und Russland im ersten Halbjahr 1914 auf den Krieg hingearbeitet haben, wobei die  aktive Rolle Großbritanniens immer mehr ins Blickfeld gerät, aber auch die  ungeschickte Politik Deutschlands durchaus einen Beitrag geleistet hat. Auch die offenbar nicht tot zu kriegende Legende von der Reichswehr als „Staat im Staate“ gehört offenbar zum Faktenwissen bayerischer Abiturienten. Daß der maßgebliche Soldat der Reichswehr, Generaloberst Hans von Seeckt, das genaue Gegenteil gefordert und 1929 geschrieben hat: „Nicht zum Staat im Staat soll das Heer werden, sondern im Staat dienend aufgehen und selbst zum reinsten Abbild des Staates werden“, wissen bayerische Abiturienten nicht und werden demgemäß ihr ganzes Leben lang davon überzeugt sein, daß die Reichswehr sich als Staat im Staate verstanden hat. Daß ihr Offizierkorps vorwiegend monarchistisch gesinnt war, steht auf einem anderen Blatt, sagt aber nichts über Gehorsam und Loyalität aus.

Zur Zeit des Nationalsozialismus  sollen die Abiturienten unter anderem wissen, daß der Begriff der Volksgemeinschaft für die Nationalsozialisten ein wirksames Propagandamittel zur Ansprache der Unzufriedenen, zur Festigung ihrer Macht sowie zur Vorbereitung der Angriffskriege und der Rassepolitik gewesen sei. Das ist von den Intentionen Hitlers her sicher richtig. Verschwiegen wird indessen, daß dieses Konzept grandios gescheitert war. Man weiß aus den einschlägigen Berichten der Gestapo ebenso wie aus den Berichten der Exil-SPD, daß von einer nationalsozialistischen Volksgemeinschaft tatsächlich keine Rede sein konnte. Warum denn sonst wurde ein gut organisiertes Spitzelsystem eingerichtet, und warum denn sonst sah sich das Regime genötigt, Bürger hart zu bestrafen, die ausländische Radiosender gehört hatten? Bayerische Abiturienten sollen ferner wissen, daß die Deutschen im Dritten Reich über den Holocaust gut informiert gewesen seien, es habe sich sozusagen um ein offenes Geheimnis gehandelt. Daß dem tatsächlich so nicht gewesen ist, sondern hier zu differenzieren ist zwischen dem Wissen um die Entrechtung der Juden durch die Nürnberger Rassengesetze, was ganz offen und unter propagandistischer Begleitung geschah, und der streng geheim gehaltenen sogenannten Endlösung der Judenfrage, soll nicht zum historischen Wissen bayerischer Abiturienten gehören. Daß die Vernichtungslager, anders als die sozusagen gewöhnlichen KZ’s samt und sonders in den vorübergehend eroberten Ostgebieten und somit weitab von den deutschen Städten und Dörfern lagen, ja daß das Regime sogar zu Täuschungsmaßnahmen derart gegriffen hatte, daß man den zur Ermordung bestimmten Juden mittels amtlicher Bescheide vorgaukelte, sie würden nun in Arbeitslager verbracht, wobei sie festes Schuhwerk, warme Kleidung und Arbeitsgerät mitzubringen hätten, das ist zwar belegt, aber in Deutschland weitestgehend unbekannt. Nachdem es sich beim Holocaust in der Tat um das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte handelt, das natürlich für die Selbstwahrnehmung  der Deutschen von größter Bedeutung ist, wäre hier auch eine differenzierte Darstellung notwendig. Denn wenn praktisch zwei Generationen damals lebender Deutschen unterstellt wird, vom Holocaust gewußt zu haben (und dennoch nichts dagegen unternommen zu haben), dann ist das natürlich geeignet, diese Generationen der eigenen Vorfahren in Gänze ausschließlich negativ zu sehen.

Bemerkenswert ist auch die Darstellung der Geistesgeschichte. Zur Aufklärung wird zwar auf die Definition Immanuel Kants zurückgegriffen, wonach der aufgeklärte Mensch in der Lage sein soll, selbst zu denken und Dinge zu hinterfragen. Als wichtige Theoretiker der Aufklärung werden jedoch keine Deutschen genannt, sondern John Locke, Charles Montesquieu und Jean-Jacques Rousseau. Die Erkenntnistheorie Immanuel Kants, die Kritik der reinen Vernunft, fehlt in diesem Zusammenhang ebenso wie der Hinweis auf Aufklärer wie Christian Thomasius, der als Rechtslehrer in Halle ab 1687 erstmals Recht und Religion voneinander trennte, wonach die Rechtsnormen eben nicht mehr auf religiösen Geboten, sondern auf einem ethisch fundierten Tugendkanon gründeten, der sich weltlich und aus den Notwendigkeiten menschlichen Zusammenlebens verstehe. Zu nennen wären auch Christian Wolff (1679-1754), der mit Fug und Recht als Vater der Aufklärung bezeichnet werden kann, ebenso wie der Bildungsreformer August Hermann Francke (1663-1727), der unter anderem dafür gesorgt hatte, daß auch Mädchen schulisch und beruflich gefördert wurden.

Der Begriff des Volkes erscheint als Konstrukt eines Geschichtsbildes, was dann am Beispiel des Aminius und der Schlacht im Teutoburger Wald, die hier natürlich Varusschlacht heißt, dargestellt wird. Daß tatsächlich die Völker Abstammungs-, Erlebnis- und Kulturgemeinschaften – dabei offen für die Integration und Assimilierung Fremder – sind, deren Selbstwahrnehmung natürlich unter anderem auch von der Rezeption ihrer Geschichte durch die Nachfahren  der historischen Akteure bestimmt wird, wird nicht thematisiert. Wenn das schon in Bayern so ist, welche Mängel enthalten dann die Curricula anderer Bundesländer? Pars pro toto haben wir Bremen schon erwähnt, ob es anderen Orts viel besser ist, muß mit einem großen Fragezeichen versehen werden.

Vor allem aber fällt auf, was alles offenbar aus der Sicht von Kultusbürokraten, die nun einmal für die Inhalte des Geschichtsunterrichts verantwortlich sind, offenbar so unwichtig ist, daß es nicht in die Curricula aufgenommen wird. Programmatisch ist in diesem Zusammenhang die oben zitierte Stelle aus dem Kerncurriculum Geschichte des niedersächsischen Kultusministeriums, das „als offenbar überwundene Zielsetzung herkömmlichen Geschichtsunterrichts die affirmierende Aneignung und Identitätsstiftung“ betrachtet. Die großen Ereignisse der deutschen Geschichte und die herausragenden Leistungen deutscher Akteure auf der historischen Bühne sind natürlich geeignet, bei jungen Menschen die Identifikation mit der Geschichte des eigenen Volkes zu bewirken. Nichts anderes bedeutet ja die affirmierende Aneignung und Identitätsstiftung, die man jedoch „überwunden“ haben will.

Schon die Aufzählung weniger Beispiele zeigt, worum es eigentlich geht. Der Beginn deutscher Staatlichkeit wird allgemein mit der Könung Heinrich I. zum deutschen König 919 datiert. Das wird auch zumindestens in Bayern auch als Wissen eines Abiturienten vorausgesetzt. Indessen gehört es maßgeblich zur Identitätsstiftung der deutschen Nation, daß es Otto dem Großen gelang, in der Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955 die Ungarn zu schlagen, die zuvor vier Jahre lang das südliche Bayern drangsaliert und verwüstet hatten. Schüler sollten eigentlich auch wissen, daß die deutschen Könige seither mit der bewußten Anknüpfung an das römische Kaisertum – beginnend mit der Krönung Otto des Großen 963 zum Kaiser – in Gestalt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation den Geist der Antike, die Universalität des Christentums und die deutschen Stämme zu einem Staatswesen ganz eigener Art verbunden hatten, das über viele Jahrhunderte das Gesicht Europas maßgeblich bestimmen sollte. Wir wollen einmal annehmen, daß wenigstens die kulturellen Leistungen der Deutschen seit dem Mittelalter den Schülern im Kunstunterricht nahe gebracht werden.

Eine Besonderheit wie die Hanse indessen gehört ganz sicherlich in den gymnasialen Geschichtsunterricht. Gerade wenn Europa und die Europäische Union Gegenstand sowohl des Geschichtsunterrichts als auch der Sozialkunde sind, dann wäre es doch reizvoll, eine solch frühe Form der Handelsorganisation über Staatsgrenzen hinweg kennen zu lernen und zu untersuchen. Ein Ereignis von veritabler Weltbedeutung wie die Reformation kann nicht zutreffend dargestellt werden, wenn nicht Martin Luther und Philipp Melanchthon als typische Vertreter des deutschen Geisteslebens im 16. Jahrhundert vorgestellt werden. Daß die Reformation dann auch ausgehend von Deutschland Europa verändert hat, zeigt ebenfalls die Bedeutung Deutschlands für die Entwicklung hin zur aufgeklärten Gesellschaft unserer Tage auf. Sowohl als Beispiel für die Verteidigung der christlich-abendländischen Identität als auch im Hinblick auf das heute wieder zu beobachtende Vordringen des Islam in Europa wären die jahrhundertelangen Abwehrkämpfe der Europäer gegen den Islam unter deutscher Führung – Seeschlacht bei Lepanto 1571 und die erfolgreiche Abwehr der Türken vor Wien 1683 und dann endgültig bei Peterwardein 1716 – sowohl als Ereignisgeschichte als auch im historischen Kontext bis in unsere Tage darzustellen. 

Im 30-jährigen Krieg verlor Deutschland ca. 30 % seiner Bevölkerung. Dennoch konnte es sich von dieser Katastrophe relativ rasch erholen, was für eine beachtliche Moral und Stabilität seiner Bevölkerung spricht. Hier können Parallelen etwa zur Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg gezogen werden.  Anzumerken ist, daß der 30-jährige Krieg keineswegs eine allein innerdeutsche Angelegenheit, und noch weniger ein bloßer Religionskrieg war, vielmehr ausländische Mächte (Frankreich und Schweden) ihre machtpolitischen Interessen zu Lasten Deutschlands durchzusetzen suchten, wobei sie  auf beiden Seiten deutsche Fürsten als Bundesgenossen gewinnen konnten. Das gehört zwar zu den Schattenseiten der deutschen Geschichte, prägt jedoch das kollektive Bewußtsein der Deutschen bis heute.

Die Entwicklung zum aufgeklärten Staat ist nun einmal in Deutschland früher und schneller erfolgt, als das heute im Bewußtsein des Volkes verankert ist. Preußen,  – ja gerade Preußen! – hatte bereits im 18. Jahrhundert  eine unabhängige Justiz, was zum Beispiel Friedrich der Große persönlich erfahren mußte, der bereits bei seinem Regierungsantritt 1740 die Folter abgeschafft hat. Baden folgte 1767, Mecklenburg 1769, Sachsen (und Dänemark) 1770, Österreich 1776. Frankreich war erst mit der französischen Revolution 1789 so weit wie Preußen ein halbes Jahrhundert zuvor, Italien folgte erst 1859. Wurde in der preußischen Armee die Prügelstrafe bereits 1807 nahezu vollständig abgeschafft, so behielten diese Barbarei die Streitkräfte ihrer Majestät der Königin von Großbritannien bis 1907 bei.

Ob  das deutsche Kaiserreich von 1871 wirklich militaristisch, nationalistisch und obrigkeitsstaatlich geprägt war, wie bayerische Schüler in der Sekundarstufe 1 lernen müssen, sollten sie anhand geschichtlicher Fakten selbst beurteilen können. So waren in der Zeit von 1701-1933 an Kriegen beteiligt: Frankreich mit 28 %, England mit 23 %, Russland mit 21 %, Österreich mit 19 %, Türkei mit 15 %, Polen mit 11 %, Preußen/Deutschland mit gerade einmal 8 %. Der Stellenwert des Militärs war in allen Staaten sehr hoch, was angesichts dessen, daß sie sich nahezu ständig in kriegerischen Auseinandersetzungen befanden, doch nur natürlich ist. Die Porträts der Könige und Fürsten zeigen sie über die Jahrhunderte hinweg regelmäßig in den Uniformen ihrer Armeen. Zumeist führten sie diese auch auf dem Schlachtfeld persönlich.  Gerade am Beispiel des „Lernbereichs“ Das Deutsche Kaiserreich wird deutlich, daß die Betrachtung der Geschichte nach heutigen Maßstäben erfolgen soll, was zwangsläufig zu einer Abwertung der Gesellschaftsordnung und Überzeugungen unserer Vorfahren führen muß. Daß man Handlungen und Überzeugungen von Menschen aus ihrer Zeit hraus verstehen muß, um ihnen gerecht zu werden, scheint gerade nicht das Ziel des heutigen Geschichtsunterrichts zu sein. Um den Deutschen jener Zeit gerecht zu werden, ist ferner eine vergleichende Betrachtung notwendig. Sie zeigt zum Beispiel, daß Großbritannien und Frankreich bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges praktisch die halbe Welt erobert hatten, Deutschland hingegen außerhalb seiner traditionellen, mit dem deutschen Sprachgebiet im wesentlichen identischen Grenzen so gut wie keine Gebietseroberungen aufzuweisen hatte. Unter einem nationalistisch und militaristisch geprägten Volkscharakter stellt man sich etwas anderes vor.

Die vollständige Darstellung der deutschen Geschichte bedingt auch die Vermittlung der Technikgeschichte. Bergbau und Handwerk waren bereits im Mittelalter weit entwickelt. Der Buchdruck und das Schießpulver sind in Deutschland erfunden  worden. Beide haben die Welt verändert. Die Vielzahl von deutschen Erfindern im Industriezeitalter hier aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Die Erfindung des Automobils durch Gottlieb Daimler und Carl Benz – unabhängig voneinander – gehören in diese Reihe ebenso wie die Entdeckungen der Röntgenstrahlen, der Schutzimpfung und der Kernspaltung. Es nimmt daher nicht Wunder, daß Deutschland nach Stiftung des Nobelpreises erst einmal die  mit Abstand führende Nation war, wie die nachstehende Aufstellung für die Jahre 1901-1930 zeigt:

Zahl der Nobelpreisträger             Physik          Chemie      Medizin

Deutschland                                     10                  12                5

Großbritannien                                  7                    5                 3

Frankreich                                           6                    4                 4

USA                                                      3                     1                 0            

Es nimmt nicht wunder, daß nicht Englisch, sondern Deutsch bis zum Zweiten Weltkrieg die Sprache der Wissenschaft war. Weil die grundlegenden Lehrbücher der Chemie in deutscher Sprache verfaßt waren, wurde noch 1950 in den USA die Kenntnis der deutschen Sprache für die Zulassung zum Chemiestudium gefordert. Die führende Stellung Deutschlands gerade in dieser Disziplin zeigt die vorstehende Tabelle recht deutlich. Damit hing auch der Aufstieg Deutschlands zur führenden Industrienation zusammen. Mit synthetischen Farben und Fasern, mit Kunststoffen, mit Arznei und Düngemitteln aus Kohle, Wasser, Kalk und Luft stießen die deutschen Wissenschaftler die Tür zu einem neuen Zeitalter auf, dem Zeitalter der Chemie. Begriffe wie Perlon und Dralon, Plexiglas, Styropor, Buna und Moltopren, Indanthren und Agfa Color, Aspirin, Salvarsan und Bayer 205 wurden weltweit geläufige Begriffe. In diesen Zusammenhang gehört natürlich der Grad der Alphabetisierung in den genannten Ländern, wie eingangs dargestellt. Dies wiederum kann zwanglos auf die Einführung der allgemeinen Schulpflicht zurückgeführt worden, die etwa in Preußen 1717 datiert,in England erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Dazu gehört auch eine Darstellung der Gesellschaftsentwicklung, gerade auch mit Blick auf die Lage der unteren Bevölkerungsschichten. Hier wäre die im internationalen Vergleich beispiellose Sozialgesetzgebung Bismarcks zu nennen ebenso wie etwa die Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Aussagekräftig ist immer der internationale Vergleich. Das gilt sowohl für Zeiten allgemeiner wirtschaftlicher Prosperität wie auch für die Auswirkungen kriegerischer oder sonst grundstürzender Ereignisse auf eine Volkswirtschaft.

Dazu nachstehende Tabelle der Arbeitslosenquoten:

Jahr        Deutschland    USA          Großbritannien

1898      0,4 %                  12,4 %        ?

1900      2,0 %                  5,0 %        3,0 %

1905      1,6 %                  4,3 %         5,0 %

1919      3,7 %                  1,4 %          ?              

Anmerkung: 1919, das Jahr 1 nach dem Ersten Weltkrieg!

War 1933 nach der Weltwirtschaftskrise in Deutschland noch 7,4 % der Bevölkerung ohne Arbeit, so waren das 1939, allerdings unter ganz speziellen Umständen, nur noch 0,15 %. In den USA hingegen waren es 1933 9,9 %, 1933 immerhin noch 7,24 %. 

Das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Frauen wurde in Deutschland 1919, in Großbritannien 1928 und in Frankreich gar erst 1945 eingeführt. Soviel zur gesellschaftlichen Rückständigkeit Deutschlands.

Wer die deutsche Geschichte kennt, und zwar mit allen Höhen und Tiefen, der hat keinen Grund, beschämt zu sein, ganz im Gegenteil. Über gut 1000 Jahre verlief sie im wesentlichen erfolgreich. Mitten in Europa, im Westen und im Osten ohne natürliche Grenzen und die längste Zeit ohne wirkliche zentrale Staatsgewalt, entwickelte sich dieses Land politisch, wirtschaftlich und kulturell zu einem Staatswesen, das seinen Bürgern zunehmend Sicherheit und Wohlstand gewährleisten konnte. Der Beitrag seiner Naturwissenschaftler und Philosophen zur europäischen Entwicklung war bedeutend. Humanismus und Aufklärung in Europa sind ohne ihre deutschen Protagonisten schlechthin nicht denkbar. Alles das muß  zum präsenten Wissen wenn nicht aller Bürger, so doch der gebildeten Schichten des Volkes gehören. Nur dann kann auch die dunkle Stunde des Nationalsozialismus zutreffend in die Geschichte dieses Landes eingeordnet und bewertet werden.  Die Gesamtbetrachtung der deutschen Geschichte kann nur zu einem natürlichen nationalen Selbstbewusstsein führen. Angesichts der Lehrpläne unserer Gymnasien muß jedoch die Frage erlaubt sein, ob die politische Klasse unseres Landes daran überhaupt interessiert ist.






Aus dem Deutschen Bundestag

Am 01.12.2018 habe ich wegen der Vorgänge um die gescheiterte Wahl für das Amt einer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages die Nürnberger Abgeordneten des Hohen Hauses angeschrieben. Nun hat am 10.12.2018 immerhin einer der angeschriebenen Abgeordneten geantwortet. Den Text gebe ich nachstehend wieder:

Sehr geehrter Herr Thesen,

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 1. Dezember 2018 zur Wahlniederlage von Frau Maria Harder-Kühnel MdB. Der Bundestag hatte in seiner konstituierenden Sitzung am 24. Oktober 2017 beschlossen, dass jede Fraktion einen Bundestagsvizepräsidenten oder eine Bundestagsvizepräsidentin stellen kann.

Die CSU Landesgruppe hatte die Abstimmung freigegeben. Für andere Fraktionen kann ich nicht sprechen. Es ist auch nicht an mir, die Wahlentscheidung von frei gewählten Abgeordneten zu kommentieren. Für das Bundestagspräsidium wird in geheimer Wahl abgestimmt. Das ist richtig und wichtig. Das Parlament muss sich nicht nach dem Gutdünken von jeder Fraktion einen Präsidiumsmitglied “ vorsetzen“ lassen. Es kann frei entscheiden.

Ich persönlich würde keinen Kandidaten per se deswegen ablehnen, weil er der AfD Fraktion angehört. Schon allein deshalb, weil die AfD den Posten seit dem Scheitern von Herrn Glaser bewusst unbesetzt ließ, damit sie sich beklagen konnte, sie werde unfair behandelt. Alexander Gauland wartete bewusst bis nach den Landtagswahlen im Herbst, bevor eine neue Kandidatin nominiert wurde. Auch jetzt werden die Wahlgänge öffentlichkeitswirksam auf mehrere Wochen verteilt, um ein Maximum an Aufmerksamkeit zu erzielen.

Die AfD hat keinen einzigen zustimmungswürdigen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht und kennt nur ein einziges Thema Migration. In Sachfragen kann sie nicht überzeugen und verlegt sich deswegen auf taktische Spielchen. Dieses Vorgehen halte ich für wenig demokratisch. Wir sollten uns alle auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren

.Mit freundlichen Grüßen

Michael Frieser, MDB

Das konnte nicht ohne Antwort bleiben. Am 13.12.2018 erhielt der Abgeordnete daher auch folgenden Brief:

Sehr geehrter Herr Frieser,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 10.12.2018. Sie haben als einziger Adressat meines Schreibens vom 01.12.2018 geantwortet. Im Gegensatz zu Ihren Kollegen nehmen Sie somit Bürger ernst, die sich mit einem sachlichen Anliegen an Sie wenden.

In der Sache selbst ist Ihre Antwort indessen enttäuschend. Sie verfehlen das Thema und argumentieren ausschließlich politisch. Der von Ihnen erwähnte Beschluß des Bundestages in seiner konstituierenden Sitzung am 24. Oktober 2017 bestätigt lediglich die von mir zitierte Regelung in § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Die Rechtslage ist klar:  Jede Fraktion stellt ein Mitglied des Präsidiums. Weitere Bedingungen als den Vorschlag der jeweiligen Fraktion knüpft die Geschäftsordnung an die Auswahl dieser Person nicht. Die Handhabung dieser Bestimmung in den Legislaturperioden nach 1994 war denn auch stets so, daß die jeweils von ihren Fraktionen vorgeschlagenen Abgeordneten vom Plenum in das Präsidium des Deutschen Bundestages entsandt wurden. Als Jurist wissen Sie, daß die langjährige Übung der Vertragsparteien oder auch der rechtsanwendenden Behörden bei der Auslegung eines Vertrags- oder Gesetzestextes maßgeblich ist. Eine Abweichung davon im Einzelfall bedarf eines wichtigen Grundes. So könnte man wohl einen Abgeordneten ablehnen, von dem bekannt geworden ist, daß er sich persönliche Verfehlungen wie etwa Straftaten vorwerfen lassen muß. Politische Wertungen indessen können einen solchen wichtigen Grund niemals darstellen, denn die politische Argumentation ist der praktischen parlamentarischen Arbeit wesenseigen. Dort gehören politische Argumente hin.

Zu Ihrer politischen Argumentation ist daher zunächst zu sagen, daß dahinstehen kann, ob sie sachlich zutreffend ist. Denn, wie oben ausgeführt, kann eine Abweichung von der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages insoweit nur juristisch, nicht aber politisch begründet werden. Darüber hinaus bleibt es dabei, daß Sie mit der Ausgrenzung der AfD-Fraktion auch die rund 5,8 Millionen Wähler stigmatisieren, die diese Partei gewählt haben. Das wissen Sie auch, und gehen deswegen auf dieses Argument aus meinem Schreiben vom 01.12.2018 nicht ein.

Indessen können auch die vorgetragenen politischen Argumente nicht unwidersprochen bleiben. Soweit Sie der AfD-Fraktion vorwerfen, politisch zu taktieren, fällt dieser Vorwurf auf Sie selbst zurück. Sie räumen ja ein, daß Ihre Fraktion jedenfalls mehrheitlich wie auch die anderen Fraktionen des Hohen Hauses ihre Entscheidung, Frau Harder-Kühnel nicht zu wählen, aus politischen Erwägungen heraus getroffen hat. Soweit Sie rügen, daß die AfD den Posten des Vizepräsidenten „seit dem Scheitern von Herrn Glaser bewußt unbesetzt ließ“ – wohl ein Freud’scher Versprecher, denn damit erkennen Sie an, daß die Fraktionen praktisch die Person des Vizepräsidenten bestimmen – verwechseln Sie hier auch Ursache und Wirkung. Hätte sich das Plenum damals verhalten, wie in den Legislaturperioden zuvor, hätten wir diese Situation ja nicht. Soweit Sie rügen, daß die AfD bisher keinen einzigen zustimmungswürdigen – auch eine politische Wertung – Gesetzentwurf auf den Weg gebracht habe, mag das ja in Ihren Augen so sein, kann jedoch keine Begründung dafür sein, ihre Kandidatin für einen Sitz im Präsidium nicht zu wählen. Aufgabe des Präsidium ist ja nicht die Einbringung von Gesetzesvorlagen, sondern darauf zu achten, daß die Sitzungen dieses Parlaments geordnet und möglichst reibungslos ablaufen. Soweit Sie ihr vorwerfen, sie kenne nur ein einziges Thema: Migration, so ist das zum einen in dieser Absolutheit offensichtlich nicht richtig.So hat diese Fraktion bereits vor vier Wochen beantragt, wegen der fragwürdigen Praxis des Bundesministeriums der Verteidigung bei der Bestellung externer Sachverständiger einen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Nun haben soeben die anderen Oppositionsfraktionen eben einen solchen Beschluß gefaßt. Als Bürger macht man sich da schon so seine Gedanken. Vor allem aber klingt ein solches Monium aus der Feder eines Abgeordneten der Partei merkwürdig, deren Vorsitzender noch im Sommer dieses Jahres die Flüchtlingsproblematik als „die Mutter aller politischen Probleme“ bezeichnet hat.

Die Besetzung des Präsidiums des Deutschen Bundestages sollte eben nicht Gegenstand taktischer Spielchen sein, und auch nicht dazu dienen, eine Fraktion politisch „vorzuführen“. Mit der Würde des Parlaments ist das nicht vereinbar.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Thesen

Die Beurteilung der Qualität dieser Texte überlasse ich natürlich Ihnen, meine geneigten Leser, denn dieser Blog heißt ja bekanntlich sapere aude. Und ich gehe auch davon aus, daß meine Leserschaft sich dadurch auszeichnet, daß sie selbständig zu denken gewohnt ist.


Auf dem Narrenschiff

Josef Kraus ist ein scharfsichtiger Beobachter des Zeitgeschehens. 30 Jahre lang war er Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, daneben leitete er viele Jahre ein Gymnasium. Man kann also sagen, daß er von Erziehung etwas versteht. Sein Ruhestand ist glücklicherweise eher ein Unruhestand. Er teilt seine Beobachtungen einem breiteren Publikum mit, vor allem auf Tichys Einblick. Seine Beiträge liest man gern und mit Gewinn.

Nun berichtet er wirklich Unglaubliches von dem Narrenschiff, zu dem die akademische Welt offenbar geworden ist. An einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, wie die Fachhochschulen inzwischen heißen, im idyllischen Coburg, lehrt eine Professorin namens Claudia Lohrenscheit. Studenten, im Neusprech: Studierende, hören dort Vorlesungen über „Internationale soziale Arbeit“ und “ Menschenrechte“. Nun fragt man sich angesichts dieses doch offenbar sehr schmalen Gebiets von Lehre und Forschung, ob das auch eine Professur mit entsprechendem personellen und sachlichen Apparat rechtfertigt. Mir scheint doch, daß es sich dabei um einen kleinen Ausschnitt der Politikwissenschaften mit einem soziologischen Einsprengsel handelt. Als Jurist wundere ich mich darüber hinaus darüber, wie man als Nichtjuristin über ein Rechtsthema wie die Menschenrechte akademisch dozieren kann. Frau Lohrenscheit würde es sicherlich nicht wagen, ohne komplettes Jurastudium und zwei Staatsexamina etwa über Grundpfandrechte, Vermögensdelikte oder das öffentliche Baurecht akademisch zu lehren. Bei den Menschenrechten scheint ihr das möglich zu sein, weswegen man auch den Verdacht hegen muß, daß es sich dabei eher um politisches Gelaber handelt.

Diese Dame fordert nun ganz aktuell das Wahlrecht für Grundschüler. Ja, Sie lesen richtig. Grundschüler sollen Gemeinderäte wie auch Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Bezirksräte wie auch Abgeordnete der Landtage wählen. Das impliziert, daß sie dies selbstverständlich selbständig und geheim tun sollen. Mit dem allgemeinen und freien Wahlrecht wäre es schließlich unvereinbar, wenn etwa die Eltern ihren Kindern dabei in der Wahlkabine oder im Falle der Briefwahl am Küchentisch helfen würden. Im Falle von Frau Prof. Dr. Lohrenscheit kann ich mir allerdings vorstellen, daß ihr eine Wahlhilfe durch Organisationen wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung, der sie offenbar so nahe steht, daß sie auf ihrer Homepage erwähnt wird, oder, besser noch, durch die Amadeu-Antonio-Stiftung lieber wäre. Denn dann wäre ja gewährleistet, daß die lieben Kleinen „antifaschistisch“ wählen und ihr Wahlverhalten nicht an dem ihrer „reaktionären“ Eltern ausrichten..

Denn Frau Professor hat ausweislich der Internetseite ihrer Hochschule da ganz spezielle Interessens- und Wissensgebiete, wie die angekündigten Lehrveranstaltungen zeigen:

„Politik und Menschenrechte“, „Interkulturelle Öffnung“, „Gender, Inklusion, Diversity“, „Anti-Rassismus“, „Diskriminierungsschutz“ und „Sexuelle Selbstbestimmungsrechte“.

Die Frage, ob diese famose Wissenschaftlerin vielleicht selbst Kinder hat, an deren Entwicklung sie in natura studieren könnte, ob man im Alter zwischen sechs und zehn Jahren überhaupt begreift, was Politik und was demokratische Wahlen sind, kann man sich wohl eher sparen. Denn Frau Prof. Lohrenscheit gehört nach ihren Angaben dem Verein intersexueller Menschen an. Dagegen ist an sich nichts zu erinnern. Sie selbst erklärt in einem Wahlaufruf zur bayerischen Landtagswahl, daß es sich bei der Intersexualität um eine Spielart von Mutter Natur handelt, weswegen man an solchen Menschen auch tunlichst nicht herumoperieren oder medikamentös therapieren sollte. Doch ist es eben eine sehr sehr seltene Spielart von Mutter Natur. Man könnte auch sagen, Mutter Natur hat diesen Menschen einen Streich gespielt, einen üblen zumal. Denn die Abweichung von der im mathematisch-statistischen Sinne Normalität ist für die betroffenen Menschen regelmäßig eher eine Last als ein Gewinn an Lebensqualität. Man muß halt damit leben, und kann damit auch in Würde leben, ohne diese Veranlagung, oder sollen wir sagen, Abweichung, wie eine Monstranz vor sich her zu tragen und daraus politische Forderungen abzuleiten.

Es ist sicherlich nicht einfach, damit fertig zu werden, daß die Natur einem ein Familienleben versagt hat, wie es die allermeisten Menschen führen, jedenfalls führen können. Hilfskonstrukte, wie die Adoption fremder Kinder, oder gar per künstlicher Befruchtung der Partnerin erzeugter Kinder, können das zum einen nicht aufwiegen, zum anderen halte ich das auch für einen überheblichen Versuch, die Schöpfung zu korrigieren, von der damit einhergehenden Belastung dieser Kinder mit einer mindestens sehr komplizierten Biografie einmal ganz abgesehen. Indessen erleben wir es ja auch bei der Homosexuellenbewegung, daß es Leute gibt, die diesen biologischen Nachteil und daraus nicht selten resultierenden Minderwertigkeitskomplex damit kompensieren wollen, daß sie daraus ein politisches Programm, selbstverständlich im Sinne von Emanzipation und Liberalität machen, statt schlicht und einfach selbstbewußt zu sagen, ich bin nun mal so, und so ist es eben.

Doch ist der Vorgang symptomatisch für die Narretei, die sich über die Hochschulen, ausgenommen natürlich die sogenannten MINT- Fächer, in die Gesellschaft verbreitet hat wie ein Hochwasser in den Flußauen. Nicht einmal vor der Juristerei macht dergleichen Narretei halt, wie man an der Person der Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Susanne Baer sehen kann. Ärgerlich und bedenklich dabei ist, daß inzwischen Generationen von Studenten durch solche Dozenten geprägt und verdorben werden. Denn was ex kathedra verkündet wird, ist nicht nur für den gläubigen Katholiken Richtschnur, sondern was vom Katheder im Hochschulhörsaal verkündet wird, ist für die künftigen Akademiker ebenso verbindlich, nicht zuletzt, weil man es eben in der Prüfung so und nicht anders zu Papier bringen muß. Wenn man dergleichen geistige Prägung überhaupt einmal ablegt, so dauert das Jahre. Denn man ist schließlich damit beschäftigt, erst einmal beruflich Fuß zu fassen. Ein kritisches Hinterfragen des Gelernten kommt, wenn überhaupt, erst Jahre später.

Nicht nur aus Sparsamkeitsgründen wäre eine kritische Durchsicht des Lehrstoffs unserer Hochschulen mehr als notwendig. Letztendlich geht es um die Prägung unserer jungen Generationen. Und da ist es unverantwortlich, sie mit politmodischem Unfug zu indoktrinieren.

Spezialdemokraten

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, so formuliert es unsere Verfassung. In der Politik gilt das offensichtlich nicht. Nachstehend dokumentiere ich einen Vorgang, der in Deutschland erstaunlicherweise keinen Entrüstungssturm ausgelöst hat, sondern von  der Masse der Stimmbürger offenbar gleichgültig hingenommen wird. Es geht um die gescheiterte Wahl zur Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages am 29.11.2018. Ich habe mir deswegen erlaubt, am 01.12.2018 die Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus Nürnberg, wo ich ja seit Jahrzehnten lebe, anzuschreiben. Nachstehend der Wortlaut dieses Briefs, der allen Adressaten am gleichen Tage per e-mail zugegangen ist:

An die Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus Nürnberg Sebastian Brehm, Martin Burkert, Michael Frieser, Gabriela heinrich und Katja Hessel

Wahl zur Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

ich wende mich an Sie als Abgeordnete des Deutschen Bundestages aus der Stadt, in der ich seit Jahrzehnten wohne und arbeite.  Falls Sie wider Erwarten im Adressfeld Ihren Nürnberger Kollegen Martin Sichert vermissen sollten, so ist diese Fehlstelle dadurch begründet, daß dieses Schreiben ihn mit Sicherheit nicht betrifft.

Am 29.11.2018 stellte sich die Abgeordnete Maria  Harder-Kühnel (AfD) für den noch vakanten und ihrer Fraktion zustehenden Sitz im Präsidium des Deutschen Bundestages zur Wahl. Sie erhielt 223 von 654 abgegebenen Stimmen; gegen sie votierten 387 Mitglieder des Hohen Hauses, 44 enthielten sich.

Der Vorgang ist so bemerkenswert wie ärgerlich. Unstrittig entspricht es der parlamentarischen Übung und ist mit Beschluß des Plenums vom 10.11.1994 in § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages festgehalten, daß „jede Fraktion des Deutschen Bundestages durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten ist.“ Das ist seither auch immer so gehandhabt worden, auch wenn es anfänglich im Falle der ehemaligen SED (nach mehrfacher Namensänderung nunmehr „Die Linke“) damit etwas geholpert hat hat. Die Benennung der Kandidaten für dieses Amt ist das Recht der Fraktionen. Bisher hat man das auch respektiert.

Im Falle der AfD ist das nun offenbar anders.  Hier hat sich die Mehrheit des Hohen Hauses erst einmal in drei Wahlgängen geweigert, den von seiner Fraktion vorgeschlagenen Abgeordneten Albrecht  Glaser zu wählen. Seine Aussagen über den Islam stünden der Wahl zum Vizepräsidenten entgegen. Welche genau, erschließt sich im übrigen nicht. Strafbare waren offenbar nicht darunter, denn von einschlägigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen oder gar einem Hauptverfahren vor einem ordentlichen Gericht ist nichts bekannt geworden. Nun hat sich die Rechtsanwältin Maria Harder-Kühnel zur Wahl gestellt. Was sie für die Mehrheit der Abgeordneten nicht für das Amt einer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages geeignet erscheinen läßt, bleibt zwar nicht völlig im Dunkeln, sondern ist wohl im  Nebel der üblichen Diffamierungen ihrer Partei wenigstens schemenhaft zu erkennen: Man hält ihre Partei eben für undemokratisch, ja sogar „offen nationalsozialistisch“ und was der Invektiven mehr sind.

Das ist skandalös. Zunächst einmal haben immerhin 5.878.115 Wähler am 24.09.2017 dieser Partei ihre Zweitstimme gegeben. Da wir wohl – hoffentlich – übereinstimmend der Meinung sind, daß es sich dabei wie auch bei allen anderen Wählern um mündige Bürger gehandelt hat, die ihre Wahl nach sorgfältiger Prüfung der Parteiprogramme und Aussagen der jeweiligen zur Wahl stehenden Kandidaten getroffen haben, implizieren derartige Zuschreibungen denknotwendig, daß sie nicht nur für diese Partei, sondern auch für ihre Wähler gelten. Mit anderen Worten: Wer einer Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen zuschreibt, der tut das damit auch in Ansehung ihrer Wähler. Man beleidigt also in der Praxis tagtäglich mehr als 5,8 Millionen Menschen dieses Landes, das sind mehr als Berlin und Hamburg zusammen und deutlich mehr als Sachsen und Rheinland-Pfalz je für sich Einwohner haben.  Ja man beleidigt sie, denn auf der Skala der verachtungswürdigen Personen kommt in Deutschland der Nazi noch vor dem Kinderschänder auf Platz 1.

Was im übrigen das Verdikt der Verfassungsfeindlichkeit angeht, so steht dieses Urteil allein dem Bundesverfassungsgericht zu, wie Sie wissen. Es ist daher auch eine Anmaßung sondersgleichen,, wenn Politiker (und Journalisten) sich derartig über eine politische Partei äußern, gegen die noch nicht einmal ein derartiges Verfahren anhängig ist.

Das Verhalten der Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages gegenüber ihrer Kollegin Maria Harder-Kühnel ist daher nur als undemokratisch, ja unanständig zu bewerten. Natürlich liegt auch gegen sie nichts dergleichen vor, vielmehr hat auch sie als Rechtsanwältin gemäß § 12a BRAO geschworen, die verfassungsmäßige Ordnung zu wahren. Davon, daß sie dem bisher nicht entsprochen hätte und etwa deswegen gegen sie ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet worden wäre, ist nichts bekannt.

Selbst wenn auf die Partei von Frau Harder-Kühnel der Vorwurf des Populismus zuträfe, rechtfertigte das keinesfalls, sie als Paria zu behandeln, wie das die politisch korrekte Einstellung wohl fordert. Denn zum einen kann nach Ralf Dahrendorf der Populismus-Vorwurf selbst populistisch, ein demagogischer Ersatz für Argumente sein. Zum anderen erwarten wir Bürger von unseren gewählten Abgeordneten zu Recht, daß sie stets das Sachargument ins Feld führen, egal gegen wen, und sich der Argumente ad personam oder gar in personam enthalten. Denn wir wollen wissen, was einem Argument entgegensteht oder dafür spricht, damit wir wiederum die Sacharbeit unserer Abgeordneten beurteilen können. Das steht uns, dem Volk, als dem demokratischen Souverän einfach zu. Und erst recht können wir erwarten, daß ein so unwürdiges „Ätschi-Bätschi-Spiel“ wie in diesem Falle unterbleibt. Denn das ist nicht nur undemokratisch und unanständig, sondern es beschädigt auch das Ansehen unserer Demokratie.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Thesen

P.S. Sie werden – je nach politischer Sozialisation auch mit Verärgerung – zur Kenntnis genommen haben, daß ich stets den einheitlichen, generisch maskulinen Plural benutze. Das ist keine Geringschätzung des biologischen weiblichen Geschlechts. Vielmehr habe ich mich in meiner Muttersprache „unfallfrei“ zu verständigen gelernt, bevor solche Torheiten wie der gespaltene Plural die deutsche Sprache usurpiert haben. Die traditionelle Sprech-und Schreibweise ist eben ganz einfach flüssig statt holprig.

 

Bis heute hat keiner der angeschriebenen Nürnberger Abgeordneten dieses Schreiben beantwortet. Es ist wohl nur „vox populi“ und damit nach Franz Josef Strauß „vox Rindvieh“. Oder, um einen Repräsentanten des alten Preußen zu zitieren: „Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen“. (Gustav von Rochow, Preußischer Innenminister und Staatsminister 1792-1847). Es hat sich also nichts geändert.

Sollte wider Erwarten doch noch eine Antwort bei mir eingehen, so werde ich diese natürlich veröffentlichen.

 

 

 

Europa – warum?

Zu den politischen Gewissheiten, die Journalisten und Politiker wie ein Mantra ihren Verlautbarungen einzufügen pflegen, gehört die Beschwörung eines vereinten Europa. Mehr Europa, so scheint es, ist nicht nur die Lösung aller aktuellen Probleme. Nein, mehr Europa,, das ist eine historische Gesetzmäßigkeit. Mehr Europa, das ist die Garantie des ewigen Friedens, verbunden mit wachsendem Wohlstand für alle Bewohner der Landmasse zwischen Nordkap und Kreta, der Staaten von Irland im Westen bis Ungarn im Osten. Doch bei so viel Gewissheit sollten nachdenkliche Menschen hin und wieder Zweifel anmelden. Denn  nicht einmal in den Naturwissenschaften gibt es durchgehend unhinterfragbare und nicht mehr widerlegbare Gewissheiten. Umso mehr muß dies für die von vielen Faktoren bestimmte Entwicklung der Menschheit und ihrer politischen Systeme gelten.  Wer Gewißheiten infrage stellt, kann leicht als Ketzer angesehen werden. In früheren Jahrhunderten endeten Ketzer nicht selten auf dem Scheiterhaufen. In unserer Zeit, so scheint es, ist man natürlich schon weiter und begnügt sich mit dem virtuellen Scheiterhaufen, sprich, der Erklärung zur Unperson. Gerade in Deutschland gibt es dafür ja nun einmal aktuelle Beispiele genug. Stellvertretend für alle will ich nur Thilo Sarrazin erwähnen.

In ihrer Europa-Begeisterung lassen sich die deutschen Journalisten und Politiker von niemandem  übertreffen. Das muß nicht weiter ausgeführt werden. Wer dagegen einwendet, es sei doch eher der französische Präsident Macron, der derzeit die europäische Einigung vorantreibt, der hat offenbar immer noch nicht begriffen, daß französische Politiker stets Frankreich meinen, wenn sie Europa sagen.

Doch woran liegt es, daß gerade in Deutschland die Bereitschaft so groß ist, nationale Souveränität Stück für Stück an Europa  abzugeben? Eine Erklärung liegt sicherlich darin, daß unter deutschen Politikern, mehr noch unter ihren journalistischen Büchsenspannern, der Gedanke außerordentlich virulent ist, die Nationen überhaupt aufzulösen und in einer europäischen, besser noch Weltbevölkerung aufgehen zu lassen. Mit einem Schlage wären dann doch alle  nationalistisch grundierten Spannungen und Feindschaften beseitigt,  eine friedliche Masse von Konsumenten ohne Erinnerung an die finstere Vergangenheit wandelte entspannt und glücklich durch das Elysium, in das sich auf diese Weise die Erde verwandelt hätte. Hinzu kommt noch, daß infolge mangelnden, oft sogar völlig fehlenden historischen Wissens diese Vordenker der deutschen „Bevölkerung“ der festen Überzeugung sind, daß gerade von dem deutschen Volk jahrhundertelang nichts anderes ausgegangen sei, als Spannungen, Streit, Krieg und Völkermord. Ach wie schön wäre es doch, einem  derartig  kontaminierten Kollektiv nicht angehören zu müssen! Und so findet man bei deutschen Politikern solche Aussagen wie die  der seinerzeitigen SPD-Ministerin Renate Schmidt aus dem Jahr 1987:  „Die Frage, (ob die Deutschen aussterben), das ist für mich eine, die ich an allerletzter Stelle stelle, weil dieses ist mir, also so wie sie hier gestellt wird,  verhältnismäßig wurscht“. Und wenig überraschend bekennt die bis vor kurzem amtierende Bundesvorsitzende der Jusos, Franziska Drohsel,: „Ja, also deutsche Nation, das ist für mich überhaupt nichts, worauf ich mich positiv beziehe. Würde ich politisch sogar bekämpfen.“ Und für den Bundesvorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, gibt es Völker überhaupt nicht, mindestens nach eigener Interpretation dieses unglaublichen Satzes jedenfalls jenseits der Völkerrechtssubjekte nicht, denn das sei ja alles völkisch, etc. pp. Man ist versucht, diesem famosen Politiker den vergifteten Rat zu geben, solche Behauptungen doch einmal in Frankreich, China, Persien oder der Türkei aufzustellen. Man braucht wenig Phantasie um sich vorzustellen, daß er dort künftig in einem Raum leben würde, dessen Tür von innen nicht geöffnet werden kann. Die Nähe gerade seiner Partei zu den unsäglichen Zeitgenossen, die ihr eigenes Land geradezu pathologisch hassen, zeigt sich an seiner Parteifreundin Claudia Roth. Sie marschiert schon einmal ganz gerne hinter einem Transparent her, auf dem zu lesen ist: „Deutschland, du mieses Stück Scheiße!“

Mindestens naiv ist auch die Vorstellung, wirtschaftlicher Wohlstand  werde gewissermaßen durch die Addition  der Volkswirtschaften Europas wenigstens linear, wenn nicht sogar exponential gesteigert. Zumindest kann infrage gestellt werden, ob zum Beispiel in Deutschland der Nachweis erbracht werden kann, daß sich Wirtschaftskraft und Wohlstand nachweislich aufgrund der Mitgliedschaft in EU und im Euroraum deutlich besser entwickelt haben, als dies der Fall gewesen wäre, wenn Deutschland den Weg der Schweiz oder Norwegens gegangen wäre. Denn der zeitliche Gleichlauf von Wirtschaftsentwicklung und europäischer Einigung sagt nichts überden Ursachenzusammenhang aus. Kausalität und Korrelation sind nun einmal zweierlei.

Vielleicht auch deswegen wird gerne von den Verfechtern einer immer weitergehenden staatlichen Vereinigung Europas ins Feld geführt, Europa sei doch auch  kulturell eigentlich eine Einheit, und deswegen sei es doch nur logisch, auch die staatliche Einheit, mindestens in der Form eines europäischen Bundesstaates, anzustreben. Das  ist zu hinterfragen.

In der Tat ist gerade die Kultur in ihren Ausprägungen Kunst und Wissenschaft supranational. Das gilt vor allem für die europäische Kultur. Beginnen wir bei der Musik. Bach, Händel, Beethoven, Mozart, Schumann, Mendelssohn, Strauß, Vivaldi, Verdi, Rossini, Puccini,  Boccherini, Berlioz, Bizet, Saint-Saens und so weiter und so fort. Unübersehbar ist die klassische Musik, egal in welchem Lande ihr Komponist lebte, und welchem Volk er angehörte, europäische Musik. Das gilt ungeachtet etwa der Thematik, die in Opern verarbeitet wurde, und das gilt auch ungeachtet der politischen Einstellung mancher großen Komponisten. Daß etwa Giuseppe Verdi ein glühender italienischer Nationalist war, tut der Internationalität seines Opernwerkes keinen Abbruch. Nicht viel anders ist es mit der Literatur. Auch wenn sie selbstverständlich sprachgebunden ist, so ist sie dennoch durch ihre Übersetzungen in andere Sprachen Gemeingut geworden. Shakespeare etwa ist in Deutschland genauso populär wie in Großbritannien, Dante Ailghieri gehört nicht Italien allein,  Goethe und Jünger gelten in Frankreich viel, letzterer sogar mehr als in Deutschland. Über die Malerei wollen wir erst gar nicht reden, sie ist genauso europäisches Gemeingut we zum Beispiel die Architektur, die uns romanische und gotische Dome in allen christlichen Ländern gegeben hat. Was in Europa an wissenschaftlichem Fortschritt entstanden ist, blieb niemals innerhalb der nationalen Grenzen. Die Entdeckung der Röntgenstrahlen und der Kernspaltung gelang jeweils deutschen Wissenschaftlern. Doch wurde das nicht nur europäisches, sondern weltweites Gemeingut. Was im übrigen hier zu Europa gesagt wird, gilt darüber hinaus für alle Gegenden dieser Erde, die europäisch geprägt sind, wie etwa Nord- und Südamerika oder Australien. Ganz deutlich wird dies  in der Musik, die ja auch in ihren amerikanischen Vertretern wie Bernstein oder Piazolla in der europäischen Tradition steht.

Dieser flüchtige Blick auf Kultur und Wissenschaft zeigt, daß ihre Entwicklung  international verlaufen ist, obgleich es keine supranationale Staatlichkeit gab. Kultur und Wissenschaft gedeihen unabhängig von staatlichen Formen und Organisationen. Überspitzt gesagt: Mozart brauchte Europa nicht. Das Automobil durchbrach auf seinem Siegeszug sämtliche Grenzen, ja ignorierte sie schlichtweg.  Kultur und Wissenschaft kennen keine Staatsgrenzen. Und deswegen muß man sie für die weitere oder gar bessere Entwicklung von Kultur und Wissenschaft erst gar nicht  abschaffen.

Das heißt nicht, daß supranationale Organisationsformen nicht sinnvoll oder zweckmäßig sein können. Ganz im Gegenteil. Die Geschichte kennt immer wieder Organisationsformen über  oder neben den Staaten. Sie ersetzten sie indessen nicht. Vielmehr ergänzten sie  den Nationalstaat. Ein typisches Beispiel ist die Hanse. Es handelte sich um eine Art Zweckverband von Handelsstädten über nationale Grenzen hinaus. Gegenstand war jedoch nur der Handel und nichts anderes, etwa eine gemeinsame Außenpolitik. Ein anderes Beispiel ist der deutsche Zollverein. Auch hier ging es, ähnlich wie beim Vorläufer der heutigen EU, lediglich um die Beseitigung von Handelshemmnissen in Gestalt von  unterschiedlich hohen Zöllen. Derartige Zweckverbände ließen die Staatlichkeit der beteiligten Völker völlig unberührt. Gleiches gilt für militärische Bündnisse von der Antike an (Attischer Seebund) bis zur Gegenwart (NATO).

Abgesehen davon, daß der Nationalstaat die natürliche Organisationsform der Völker ist,  kann auch nur der Nationalstaat wwirklich demokratisch organisiert werden. Denn das Grundprinzip  der Demokratie ist nun einmal, daß jeder Staatsbürger gleichberechtigt an der politischen Willensbildung mitwirken kann. Es gilt international der Grundsatz: „One man, one vote“. Dies ist zum Beispiel in einem europäischen Bundesstaat nicht möglich.  Schon jetzt ist die EU insoweit völlig undemokratisch organisiert.  Denn die Stimmrechte bei den europäischen Wahlen sind keineswegs gleichgewichtig. Die Wählerstimme etwa eines Deutschen hat nur einen geringen Bruchteil des Wertes der Wählerstimme eines Luxemburgers oder gar eines Maltesers. Wollte man das Gewicht einer jeden Wählerstimme in der Europäischen Union gleich bemessen, so müßte man die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament um ein Vielfaches erhöhen, sodaß seine Funktionsfähigkeit nicht mehr gegeben wäre. Denn es ist nicht möglich, ein Parlament mit tausenden von Mitgliedern arbeitsfähig zu organisieren. Dies ist ja gerade der Grund dafür, daß die repräsentative Demokratie an die Stelle der direkten  Demokratie getreten ist. Die vollständige Abschaffung der Nationalstaaten in Europa indessen ist absolut unvorstellbar. Denn entgegen der Traumtänzereien deutscher Politiker existieren die Völker, und zwar durchaus vital. Nicht nur, daß sie jeweils ihre eigenen Sprachen haben und es eine europäische Sprache nicht gibt. Sie sind nun einmal in der Tat historisch gewachsen und  bestehen letztendlich auf jeden Fall vorwiegend aus den Nachkommen der Menschen, die auch in den Jahrhunderten zuvor auf diesem Staatsgebiet gelebt haben. Darin liegt auch die tiefere Ursache der Feststellung von Ralf Dahrendorf: „Der Nationalstaat ist das einzige Domizil der repräsentativen Demokratie, das bisher funktioniert hat.  Nur er ist in der Lage, Strukturen der Kontrolle, der Rechenschaft und der effizienten Bürgerbeteiligung anzubieten und zu sichern.“

Europa, das ist ein geographisch abgegrenzter Kulturraum. Seine Vielfalt ist auch seine Stärke. Es gibt keinen vernünftigen Grund, daran  etwas zu ändern. Es gibt jedoch viele Gründe dafür, die Zusammenarbeit auf einigen Gebieten zu intensivieren, ohne dabei die einzelnen Völker zu entmündigen.

In memoriam George Bush sen.

Heute, am 1. Dezember 2018, hat George Bush sen. das Zeitliche gesegnet. Wir Deutschen verdanken ihm und Michail Gorbatschow die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes. Insbesondere George Bush sen. hat sich damals gegen die beiden anderen westlichen Siegermächte Frankreich und Großbritannien durchgesetzt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß die Sowjetunion unter Gorbatschow nach offizieller Beendigung des Kalten Krieges keine Einwände dagegen hatte, daß sich die Bundesrepublik Deutschland und der Satellitenstaat der Sowjetunion namens DDR vereinigten. George Bush sen. indessen war der Überzeugung, daß damit nur zusammenwachsen würde, was zusammen gehört, um das berühmte Wort Willy Brandts zu zitieren. Daß dies aber auch zum Nutzen und Frommen seines Landes geschehen werde, war jeoch das ganz natürliche Motiv seiner Entscheidung, diese Entwicklung zu fördern.

Anders indessen François Mitterrand und Margret Thatcher. Beide kamen mental wie intellektuell aus den Schützengräben der beiden Weltkriege nicht heraus. War es im Falle Frankreichs die jahrhundertelange Rivalität zwischen den Erben Karls des Großen, die mit der Teilung des Reichs in den Verträgen von Verdun 843 n.Chr. begonnen hatte, so war es im Falle Großbritanniens die jahrhundertelang gepflegte Politik des British Empire auf dem Kontinent, wonach es im vitalen Interesse Großbritanniens lag, dort keine Macht so stark werden zu lassen, daß sie in der Lage wäre, Großbritannien ihre Bedingungen zu diktieren (Winston Churchill). Die einzige Macht auf dem Kontinent, die dazu potentiell in der Lage war, das war über die Jahrhunderte Deutschland, insbesondere in der Form der staatlichen Einigkeit des deutschen Sprachraumes.

Und so wollte Margret Thatcher ihr Veto gegen die Wiedervereinigung Deutschlands einlegen, das doch weder völkerrechtlich noch machtpolitisch begründbar war. François Mitterrand war etwas klüger und knüpfte seine Zustimmung letztendlich daran, daß Deutschland als Wirtschaftsmacht durch die Einführung des Euro seine nationale Handlungsfreiheit aufgeben würde. Doch sowohl Frankreich als auch Großbritannien übersahen dabei, daß auch sie selbst durch die Mitgliedschaft in EU und NATO schon längst ihre Eigenständigkeit verloren hatten, von dem Großmachtstatus, den sie noch vor dem Ersten Weltkrieg hatten, ganz abgesehen. Denn mit dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 und der russischen Oktoberrevolution im gleichen Jahr, die aus dem bis dato rückständigen Zarenreich eine aggressive Weltmacht werden ließ, verschwand die Weltmachtstellung europäischer Staaten. Insofern muß das Verhalten Mitterrands und Thatchers als nostalgische Theatervorstellung eingeordnet werden.

George Bush sen. indessen hatte erkannt, daß ein wiedervereinigtes Deutschland in der Weltordnung nach dem Kalten Krieg für die USA eine wichtige Rolle spielen konnte. Ein wirtschaftlich starkes, politisch stabiles, militärisch jedoch via NATO unter Kontrolle der USA stehendes Deutschland mit über 80 Millionen Einwohnern war im Interesse der USA. Wirtschaftlich als Absatzmarkt, politisch als beeinflußbarer und daher verlässlicher Verbündeter und militärisch als Truppensteller. Nicht naiver Altruismus, sondern kühles politisches Kalkül ließ George Bush sen. seine Entscheidung für die Wiedervereinigung Deutschlands treffen. Damit zeigte er sich als Realpolitiker im Sinne von Charles de Gaulle, der wie andere große europäische Politiker vor ihm die Maxime beherzigte: Staaten haben keine Freunde, Staaten haben Interessen.

Requiescat in pace!

O du schöner Westerwald

Wer gedacht hatte, im „K(r)ampf gegen Rechts“ sei keine Steigerung des Schwachsinns mehr möglich, der ist jüngst eines, nein, nicht besseren, sondern schlechteren belehrt worden.

Zum Sachverhalt:

Am 9. November dieses Jahres feierte eine Gruppe von Nachwuchspolitikern der CDU (Junge Union) aus den Kreisverbänden Limburg und Rheingau-Taunus in einer Berliner Kneipe zum Abschluß einer der üblichen Bildungsreisen, die nun einmal dem Nachwuchs der im Bundestag vertretenen Parteien angeboten werden. Natürlich ging es wohl feucht-fröhlich zu, und es wurde gesungen. Ob bei einigen Teilnehmern die Erinnerung an die Bundeswehrzeit den Wunsch aufkommen ließ, das Lied vom schönen Westerwald zu singen, dürfte heute, acht Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht, eher zweifelhaft sein. Doch ganz sicher war es der Heimatstolz der Westerwälder, der unter anderem dieses Lied erklingen ließ.

Nun kann man offenbar in einer Berliner Kneipe nicht so einfach singen, was einem in den Sinn kommt. Denn dort muß man damit rechnen, daß solche politisch korrekten Zeitgenossen im Raum sind, wie eine Kunststudentin. Diese junge Dame fühlte sich von dem „dominanten weißen männlichen Verhalten“ gestört, als das derartige bierselige Fröhlichkeit junger Männer von politisch korrekten, ganz sicher feministisch begeisterten, dafür aber intellektuell eher unterdurchschnittlichen und mit engem Bildungshorizont ausgestatteten Absolventinnen deutscher Bildungseinrichtungen nun einmal wahrgenommen wird. Deswegen griff sie dann auch gleich zum Smartphone und filmte die Gruppe, natürlich mit Ton. Persönlichkeitsrechte, wie etwa das Recht am eigenen Bild, Datenschutz etc. mußten dann auch hintanstehen, denn im K(r)ampf gegen Rechts gelten die üblichen Gesetze und Regeln nicht. Nein, man filmt die unerhörte Szene, spielt sie in bester Gestapo- und Stasi Manier den Wächtern über die political correctness zu, als die sich nicht wenige Medien fühlen. Zu diesen gehört natürlich der Berliner Tagesspiegel. Dort wird so etwas mit Jauchzen aufgenommen und daraus eine Story über rechtslastige Nachwuchspolitiker gestrickt. Das Generationen von deutschen Soldaten, aber auch Schülern, Wanderern und Liebhabern von Fernsehsendungen mit Heino bekannte Lied vom schönen Westerwald wird denn auch als Nazi-Lied vorgestellt, das ja schließlic bei Reichswehr, Wehrmacht „oder so ähnlich“ gesungen worden sei. Die JU-ler haben das dann auch in der Diktion des famosen Herrn Alexander Fröhlich, so heißt diese Leuchte des deutschen Journalismus, nicht gesungen, sondern gegrölt, versteht sich.

Schaut man sich näher an, welche Journalisten sich an diesem Schmierenstück beteiligt haben, dann stößt man auf linksradikale Schreiberlinge, ach was, Zeitungsschmierer, die auf der anderen Seite des politischen Spektrums zum Beispiel in Jubel darüber ausbrechen, daß linksextreme Demonstranten mit einem Spruchband auftreten, auf dem zu lesen ist: „Deutschland, du mieses Stück Scheiße!“ Hinter einem solchen Spruchband marschieren natürlich auch gerne schon mal Grüne her, wie die unsägliche Claudia Roth.

Man sucht natürlich nach Erklärungen für so etwas. Die einfache Erklärung ist die, daß solche Zeitungsschmierer einfach nicht wissen, wovon sie schreiben. Man kann davon ausgehen, daß diese Zeitgenossen nicht in der Bundeswehr gedient haben. Denn sonst könnten sie ja auch nicht behaupten, es handele sich um ein Wehrmachtslied, das in der Bundeswehr nicht erlaubt sei. Die Unkenntnis über alles, was mit Tradition, Vergangenheit,, insbesondere mit Militär zu tun hat, ist ja nun leider gerade unter den sogenannten Medienschaffenden und Künstlern  weit verbreitet. Nicht von ungefähr hat sich ja hier eine Kunststudentin  als Denunziantin hervorgetan.

Doch das ist zu kurz gegriffen. Es ist durchaus davon auszugehen, daß auch diese Zeitungsschmierer genau wußten, daß das Lied vom schönen Westerwald absolut unverfänglich ist.  Seine Wurzeln liegen in einem Volkslied, das natürlich irgendwann einmal in den dreißiger Jahren zum Marschlied geworden ist. Es war in der Tat in der Wehrmacht beliebt, aber später auch in der Bundeswehr. Und es ist dort entgegen den unwahren Behauptungen dieser Zeitungsschmierer keineswegs verboten, wenn es auch sicherlich zu dem Liedgut gehört, das der grandiosen Fehlbesetzung auf dem Sessel des Verteidigungsministers mißfällt, die am liebsten jede Erinnerung an die Armeen vor Gründung der Bundeswehr aus dem Gedächtnis der Soldaten tilgen möchte.

Nein, es geht diesen linksradikalen Zeitungsschmierern um etwas anderes. Das zeigt ja auch ihre Begeisterung für einen Text wie „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“. Es geht schlicht und einfach darum, jegliche Verbindung der Deutschen zu ihrer Vergangenheit abzuschneiden. Nicht nur das Wissen um die  Vergangenheit, vielmehr die Wertschätzung früherer Generationen, von denen man ja immerhin abstammt, und denen man seinen Wohlstand zu einem nicht geringen Teil verdankt, soll vernichtet werden. Das politische Ziel ist der geschichtslose, bindungslose, unwissende und damit vorzüglich manipulierbare Mensch. Am besten als Einheitsmodell im Sinne der „One World“ Ideologie  eines Herrn Soros und seiner Jünger, aber auch den Förderern einer unbegrenzten Zuwanderung aus der Dritten Welt, zu denen nicht wenige deutsche Politiker gehören, von unseren Medienschaffenden einmal ganz abgesehen.

Das ist der eigentliche Skandal. Die “ Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ Fraktion in Politik und Medien wird immer größer. Deswegen kommt es darauf an,  diesen Leuten immer und überall entgegenzutreten, sie zu demaskieren und  an den Pranger zu stellen. Nur so können die ebenso unwissenden wie gutwilligen Bürger dieses Landes erkennen, was tatsächlich gespielt wird, und zwar gegen sie.

 

Ein globaler Migrationspakt, der das Problem lösen könnte

Über den nur als unsäglich zu bezeichnenden globalen Migrationspakt habe ich mich an dieser Stelle schon geäußert. Mehr zu sagen, ist müßig. Ulrich Vosgerau hat sich dazu rechtswissenschaftlich in seinem Gutachten für die Fraktion der AfD im Deutschen Bundestag geäußert. Stefan Aust und Helmar Büchel haben sich jüngst in der WELT umfassend und kenntnisreich mit diesem angeblich unverbindlichen Vertrag – ein Widerspruch in sich wie der berühmte schwarze Schimmel – befaßt. Natürlich ist der Pakt – das lateinische Wort für Vertrag –  verbindlich, nämlich politisch verbindlich, wie Aust und Büchel zutreffend erläutern. Und das führt unweigerlich zur Implementierung aller Verpflichtungen dieses Papiers in die Gesetzgebung und Rechtsprechung der Teilnehmerstaaten. Man kann absolut sicher sein, daß Deutschland sich in der Bereitwilligkeit, jede dieser Verpflichtungen in nationales Recht umzusetzen, von niemanden übertreffen lassen wird, vielmehr über den Text dieses Abkommens noch hinausgehen wird. Denn alles, was von internationalen Organisationen kommt, ist für deutsche Politiker und ihre medialen Steigbügelhalter Gottes Wort, soweit sie religiös sind. Die meisten von Ihnen sind es nicht, doch auch sie begrüßen alles, was von dort kommt, mit nachgerade orgiastischen Lustschreien.

Doch reizt der Sachverhalt dazu, sich einmal Gedanken darüber zu machen, ob man nicht vielleicht doch einen globalen Migrationspakt braucht. Natürlich einen solchen, der das offenkundige Problem der globalen Migration auch löst. Natürlich muß sich eine solche Lösung an den Interessen der beteiligten Nationen orientieren, und zwar an den wohlverstandenen Interessen. Dabei müssen kurzsichtige und eigensüchtige Überlegungen außen vor bleiben. Ein Vertrag ist nur dann für die Beteiligten rundum befriedigend, wenn er einen objektiv gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen beinhaltet und gewährleistet.

Zunächst einmal muß also untersucht werden, welche Interessen im Zusammenhang mit dem steigenden Migrationsdruck auf dieser Erde jeweils inmitten liegen. Fangen wir doch zunächst einmal mit den Staaten an, die unter einer exponential wachsenden Überbevölkerung leiden. Ja leiden, denn anders kann man es wohl nicht bewerten, wenn ein Land wie Nigeria 1950 noch 40 Millionen Einwohner hatte, 2050 indessen voraussichtlich 400 Millionen Menschen Nahrung und Wohnung bieten muß. Ähnliche Verhältnisse finden wir in allen Staaten des afrikanischen Kontinents, vor allem aber in denen Afrikas südlich der Sahara. Der Abfluß von Millionen, ja zig Millionen Menschen aus diesem Kontinent löst jedoch die wirtschaftlichen Probleme dieser Länder nicht. Angesichts ihrer Reproduktionsrate spüren die Bevölkerungen jener Staaten eine Abwanderung von ein bis zwei Millionen Menschen jährlich nicht einmal. Hinzu kommt, daß in aller Regel die besten und stärksten jungen Männer das Land verlassen. Doch gerade diese Bevölkerungsgruppe ist allein geeignet, eine Gesellschaft und ein Land voranzubringen. Nur sie sind leistungsfähig, nur sie haben das Potenzial, die Wirtschaft ihres Landes voranzubringen. Wenn gerade diese Leute weggehen, bleiben die übrig, die auf deren Arbeits- oder Unternehmer-Einkommen angewiesen sind. Die Gelder, die von diesen jungen Männern im Erfolgsfalle aus den Zielländern der Migration nach Hause überwiesen werden, mögen zwar für die daheim gebliebenen erstrebenswert sein, bleiben jedoch weit hinter dem zurück, was diese Ausgewanderten tatsächlich im eigenen Lande erwirtschaften könnten, wenn sie nur hinreichend dazu motiviert würden. Ein sehr starkes Motiv dazu ist natürlich die Alternativlosigkeit. Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, voranzukommen, als eigene Arbeit und Leistung, vor allem, weil Sozialtransfers aus den reichen Ländern nicht stattfinden, dann wird sich ein Land zwangsläufig entweder wirtschaftlich und gesellschaftlich entwickeln, oder aber es geht zu Grunde. Letzteres wäre dann selbst verschuldet und entspräche tatsächlich der Menschheitsentwicklung seit Menschengedenken. Man mag das für brutal, sozialdarwinistisch oder sonstwie unmenschlich halten. Das Leben ist jedoch so und nicht anders. Die künstliche Alimentierung statt des Anreizes zur Entwicklung verschärft die Probleme, statt sie zu lösen.

Betrachten wir in einem zweiten Schritt die wohlverstandenen Interessen der Ziel- oder Geberländer. Es handelt sich um die Staaten der sogenannten ersten Welt, also Nordamerika, Japan, die meisten ostasiatischen Staaten und China sowie Europa. Von dort geht niemand aus wirtschaftlichen Gründen und um der Armut zu entrinnen nach Afrika, Süd- und Mittelamerika oder in den vorderen Orient. Diese Länder sind vielmehr ausschließlich Zielländer der globalen Wirtschaftsmigration. Ihr Interesse kann es nur sein, diese Migration einzudämmen und auf den Zuzug derjenigen zu beschränken, die dem wirtschaftlichen Vorankommen der eigenen Bevölkerung nutzen. Dazu gibt es überall Einwanderungsgesetze, inzwischen sogar in Deutschland.  Eine internationale Regelung über die Migration im allgemeinen, Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge und Wirtschaftsmigranten, muß im wohlverstandenen Interesse der Zielländer eben eine Auswahl der Zuwanderer ermöglichen, die aus der Sicht des jeweiligen Ziellandes seinen eigenen Interessen dient und andere, insbesondere altruistische und humanitäre Erwägungen hintanstellt. Denn so edel es sein mag, den Mühseligen und Beladenen dieser Erde zu helfen, so unmöglich ist es jedenfalls für uns Menschen dies auch nur annähernd tatsächlich zu tun. In diesem Zusammenhang sei auch unseren vor Edelmut nur so triefenden Geistlichen der christlichen Konfessionen ins Stammbuch geschrieben, daß von Jesus Christus eine solche Aussage zwar überliefert ist.  Wer jedoch ein solches Versprechen abgibt, muß es auch einlösen können. Deswegen konnte ein solches Versprechen auch nur ein Gott abgeben, wobei er dabei ganz offensichtlich nicht die Erlösung von irdischen Übeln, sondern die Erquickung der Mühseligen und Beladenen im Himmelreich versprochen hat. Ein Aufruf an uns Irdische, den Armen unter uns diese paradiesischen Verhältnisse schon im Diesseits zu schaffen, kann darin nicht gesehen werden. Sollte ich mich an dieser Stelle in einem theologischen Irrtum befinden, lasse ich mich gerne aus berufenem Munde eines besseren belehren, behalte mir natürlich vor, zu überprüfen, ob das dann auch tatsächlich das bessere ist.

So müßte denn ein globaler Migrationspakt, der seinen Namen wirklich verdient, in seiner Präambel festlegen, daß die globale Migration Problem und Herausforderung für Quell- und Zielländer gleichermaßen ist. Daß diese Herausforderung darin besteht, die Migration qualitativ und quantitativ so zu steuern, daß weder die armen und unterentwickelten Staaten durch den Abzug ihrer besten jungen Menschen geschwächt werden, noch die wohlhabenden und gut organisierten Zielländer mit Massen von Menschen überschwemmt werden, die weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich integriert werden können, vielmehr, wie man das heute schon gerade in Deutschland und Schweden beobachten kann, die Zielländer der Migration eine Hypothek auf sich nehmen, die sie niemals abbezahlen können.

Deswegen, so muß es dann in einem sinnvollen globalen Migrationspakt geregelt werden, sind zunächst einmal strenge Zugangskontrollen an jeder Landesgrenze, im Falle internationaler Organisationen wie der EU eben an deren Außengrenzen notwendig. Selbstverständlich sind alle Formen illegaler Migration wie etwa die Einreise ohne oder mit gefälschten Papieren vollständig zu unterbinden. Selbstverständlich muß jeder Staat autonom entscheiden können, welche und wie viele Zuwanderer er in welchem Zeitraum aufnehmen will. Selbstverständlich muß es jedem Staat freistehen, Personen, die sich illegal auf seinem Gebiet aufhalten, vor allem aber auch Straftäter, jederzeit auszuweisen und das auch durchzusetzen. Selbstverständlich muß es jedem Staat freistehen, die Höhe der Alimentierung von Zuwanderern, die noch keine Arbeit gefunden haben, frei und vor allem abweichend von den Sozialleistungen für die eigenen Staatsbürger festzusetzen. Auch die unveräußerbaren Menschenrechte verpflichten kein Land dieser Erde, seinen Staatsbürgern einerseits und Immigranten andererseits Sozialleistungen in gleicher Höhe zu gewähren. Es sei der Hinweis gestattet, daß auch die Grundrechte unserer Verfassung zum Teil nur deutschen Staatsbürgern gewährt werden, Ausländern hingegen nicht. Und selbstverständlich darf ein globaler Migrationspakt keinerlei Regelungen darüber enthalten, ob und in welchem Umfang auf die Medien eines Landes und die Meinungsfreiheit seiner Bürger Einfluß genommen werden soll oder darf, was das Thema Migration angeht.  Der von Deutschland selbstredend alsbald unterzeichnete Pakt enthält ja bezeichnenderweise eine Verpflichtung, die Rede- und Pressefreiheit insoweit einzuschränken. Die Karlsbader Beschlüsse also in aktualisierter Fassung. Fürst Metternich wird es im Jenseits mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen.

Leider wird es einen Migrationspakt dieser Art nicht geben. Denn angesichts der wirklich erschütternden Berichte über die Begleitumstände seines Zustandekommens und das daran beteiligte beamtete und politische Spitzenpersonal muß vielmehr konstatiert werden, daß die Verfechter einer einheitlichen Weltbevölkerung das Heft in der Hand haben. Es ist eher fünf nach als fünf vor zwölf.