Bitte nicht schießen!

„Empörung über Petrys Schußwaffenforderung“ und ähnlich schallt es aus den gesendeten und gedruckten Medien. „AfD-Chefin: Polizisten sollen notfalls auf Flüchtinge schießen“ – Empörung auf allen Kanälen.

Um Gottes Willen! Sie will auf Flüchtlinge schießen lassen! Jetzt ist doch die Katze aus dem Sack! Da sieht man doch, wessen Geistes Kind diese Petry und ihre Leute sind. Auf Flüchtlinge schießen! Da tauchen doch vor dem sprichwörtlichen geistigen Auge die schrecklichsten Bilder auf. Herzige Flüchtlingskinder, von Maschinengewehrgaben zerrissen. Kaltblütig in die Menge feuernde Männer in schwarzen (ja, tatsächlich schwarzen!) Uniformen. SS reloaded. Und schon beeilt sich ein Polizeigewerkschafter zu versichern, daß Polizei natürlich niemals auf Flüchtlinge schießen würde. Und ein Koalitionspolitiker ruft ganz schnell Mauer und Schießbefehl an der Grenze zwischen Deutschland und Deutschland in Erinnerung..

Was ist geschehen? Die Vorsitzende der AfD hat auf eine entsprechende Frage erklärt: „Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur ultima ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt. Wenn ein Grenzübertritt durch Worte und Maßnahmen nicht verhindert werden kann, dann muß im Notfall eben auch von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden. So steht es im Gesetz.“

Wenn die Empörung am größten ist, sollte größte Gelassenheit einkehren. Was hat die Dame eigentlich gesagt? Sie hat erst einmal gesagt, daß kein Polizist und sie selber auch nicht auf Flüchtlinge schießen wolle. Das ist selbstverständlich. In der medialen Öffentlichkeit muß man aber wohl auch Selbstverständliches betonen. Sie hat dann weiter gesagt, daß im Notfall, wenn also gar nichts anderes mehr geht, auch von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden kann. Eben als ultima ratio, was ja auf deutsch nichts anderes heißt, als letzte Wahl unter den überhaupt zur Verfügung stehenden Mitteln. Politiker mit juristischen Staatsexamina und Polizisten, die sich eifrig am Ölen der Empörungsmaschinerie beteiligen, sei ein Blick ins Gesetz angeraten. Den empfiehlt ja auch Frau Petry. Wenn es um die Grenzen geht, geht es natürlich um Vollzugsbeamte des Bundes. Für die gilt § 10 Abs. 2 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG). Und da heißt es: „Schußwaffen dürfen gegen eine Menschenmenge nur dann gebraucht werden, wenn von ihr oder aus ihr heraus Gewalttaten begangen werden oder unmittelbar bevorstehen und Zwangsmaßnahmen gegen einzelne nicht zum Ziele führen oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen.“ D.h. also, wenn etwa eine Menschenmenge drauf und dran ist, gewaltsam einen Grenzzaun niederzureißen und die dahinter postierten Bundespolizisten niederzutrampeln, dann werden sie ihre Schußwaffen einsetzen dürfen, wenn sie dieser Lage anders nicht Herr werden können. Natürlich muß dann immer erst einmal zur Warnung in die Luft geschossen werden, und danach möglichst nur in die Beine. Das steht nun einmal im Gesetz.

Worüber regt man sich eigentlich auf? Die Aufregung scheint mir künstlich zu sein und das Zitat der Politikerin ihren Feinden in den etablierten Parteien und Medien wie gerufen gekommen zu sein. Zwar hat sie sich vor ein paar Tagen bei Sandra Maischberger schon ähnlich geäußert, dazu noch in Anwesenheit solcher politischen Todfeinde wie Ralf Stegner und Jakob Augstein, ohne daß die mediale Entrüstungsmaschinerie umgehend angeworfen wurde. Nun hat Frau Petry den Medien den Gefallen getan, im Prinzip das gleiche noch einmal zu sagen. Besonders pfiffig war das natürlich nicht. Sie müßte eigentlich wissen, daß man stets bemüht ist, ihr das Hitlerbärtchen anzukleben. Klug wäre es daher, derart durchsichtige Fragemanöver zu durchkreuzen und etwa zu verlangen, nach realen Sachverhalten und nicht nach vielleicht theoretisch denkbaren Situationen gefragt zu werden, schließlich sei man nicht in der mündlichen Prüfung zum Polizeirecht.

Sei’s drum. Politiker, die aus der Sicht der etablierten Parteien Schmutzkonkurrenz und aus der Sicht der ihnen hörigen Medien rechtspopulistisch bis rechtsradikal sind, können an und für sich sagen was sie wollen. Man wird es ihnen immer so auslegen, daß es der eigenen Strategie nützt. Ein schönes deutsches Sprichwort sagt dazu: „Dem Reinen ist alles rein. Dem Schweine ist alles Schwein.“

 

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