Das Märchen vom unbegrenzten Anspruch auf Asyl

Nun verkündet einerseits Herr Seehofer, der bislang offenbar unbegrenzte Zuzug von Flüchtlingen werde künftig zwar keine Begrenzung erfahren, die Obergrenze heißt, dennoch würden künftig nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge, Asylbewerber, geduldete Ausreisepflichtige und sonstige Personen, bei denen ein Abschiebungshindernis besteht, jährlich in Deutschland aufgenommen werden. Andererseits werden die selbsternannten Verteidiger der Humanität, von den Grünen über die Kirchen zur SPD und den Medien nicht müde, dem staunenden Volk zu erklären, daß aus Rechtsgründen eine Begrenzung der Zuwanderung gar nicht möglich sei. Tatsächlich wird uns der sogenannte Asylkompromiß der Unionsparteien nicht einen Zuwanderer weniger bescheren, von der zu erwartenden noch schlechteren Regelung in einem „Jamaika“-Koalitionsvertrag einmal ganz abgesehen. Dabei werden die juristischen Kategorien munter durcheinander geworfen.

Am liebsten operiert man mit der Vokabel Asyl, weil man da tatsächlich mit einem Artikel des Grundgesetzes argumentieren kann. Nun steht wirklich im Grundgesetz, daß Menschen, die vor politischer Verfolgung fliehen, in Deutschland einen Anspruch auf Asyl haben. Weil das nun einmal im Grundgesetz steht, suggerieren diese Leute gerne, damit sei unabänderlich festgeschrieben, daß es eine Begrenzung, insbesondere eine sogenannte Obergrenze, für die Asylgewährung nicht geben könne.

Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Zunächst einmal muß man festhalten, daß in der Tat mit dem Asyl nur eine von mehreren Fallgestaltungen der Zuwanderung rechtlich geregelt ist. Das ist die individuelle politische Verfolgung gemäß Art. 16a des Grundgesetzes, der den Anspruch dieser Menschen auf Gewährung von Asyl regelt. Er gehört zunächst einmal nicht zu den unabänderlichen Artikeln des Grundgesetzes. Unabänderlich sind tatsächlich nur Art. 1 (Menschenwürde) und 20 (demokratischer, föderaler Rechtsstaat). Genau deswegen konnte der ursprüngliche Text des Artikels 16 GG im Jahre 1993 auch geändert werden. Seither kann Deutschland Asylbewerber abweisen, die aus einem sogenannten sicheren Drittland nach Deutschland einreisen. Damit kann Deutschland praktisch jeden Asylbewerber abweisen, der auf dem Landweg nach Deutschland kommt. Denn Deutschland ist ausschließlich von solchen Staaten umgeben, in denen diesen Menschen auch nicht ansatzweise politische Verfolgung droht. Bemerkenswert ist im übrigen, daß diese Änderung des Grundgesetzes im Jahre 1993 anlassbezogen erfolgt ist. Denn damals kam eine ungeheure Zahl von Asylbewerbern aus den Nachfolgestaaten des zerfallenen Jugoslawien, was zu erheblicher Unruhe im Lande geführt hatte. Vor allem aber kam aus diesem Grunde eine dezidiert rechte Partei in den Landtag von Baden-Württemberg, nämlich die Republikaner. Der Schrecken, der den etablierten Parteien dadurch in die Glieder gefahren war, war nun groß genug, das bis dahin als geheiligt gepriesene Asylrecht zu beschränken. Leider war dieses Erschrecken wohl nur eine einmalige Erscheinung. Denn es steht kaum zu erwarten, daß der Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag eine entsprechende Reaktion der etablierten Parteien nach sich ziehen wird. Denn dies ist ja auch nach dem Einzug dieser Partei in eine Reihe von Landesparlamenten nicht geschehen.

Es ist also lediglich eine Frage des politischen Willens, ob und in welchem Umfang man das Asylrecht in der Verfassung einschränkt. Überhaupt ist es ja die dümmste Ausrede der Politik, sich auf bestehende Gesetze, und sei es die Verfassung, zu berufen. Denn die Änderung der Gesetze, auch der Verfassung, ist allein den Politikern als gewählten Abgeordneten möglich, und das ist auch ihre Aufgabe. Grundsätzlich sollte man das auch als Unverschämtheit bewerten, denn die meisten Bürger sind über diese rechtlichen Gegebenheiten nicht oder nicht sicher informiert. Sie sind daher idealen Opfer für politische Lügner. Wer die Bürger seines Landes derart unverschämt belügt, offenbart damit ein seltsames Demokratieverständnis. Der ehrliche Umgang mit den Bürgern erfordert es, die Wahrheit zu sagen. Dann muß man eben, wenn man das Asylrecht nicht ändern will, das den Leuten auch sagen, und nicht behaupten, man könne das nicht. Die Bürger werden im Laufe der Zeit in den Wahlen schon dafür sorgen, daß dann solche Politiker gewählt werden, die bereit sind, notfalls auch die Verfassung zu ändern, und zwar in ausreichender Zahl. Davor hat man offenbar Angst.

Es lohnt sich natürlich auch ein Blick auf die rechtliche Situation in unseren Nachbarländern. Österreich kennt ein verfassungsmäßiges Grundrecht auf Asyl nicht. Gleiches gilt für die Schweiz. Auch Frankreich kennt ein solches Grundrecht nicht, vielmehr kann nach der französischen Verfassung der Staat mit anderen europäischen Staaten entsprechende Abkommen schließen. Wohlgemerkt, er kann. Ähnlich ist die Rechtslage in Großbritannien. Auch die Niederlande kennen ein individuelles Grundrecht auf Asyl nicht. Vielmehr wird dort auf einfach gesetzlicher Grundlage geprüft, ob jemand politisch verfolgt ist und zwar nach einem sehr strengen Maßstab. Die Verfahren dauern auch nicht wie in Deutschland jahrelang, sondern nur wenige Wochen. Unsere osteuropäischen Nachbarn kennen ein solches Grundrecht ebenfalls nicht. Ihre generell ablehnende Haltung gegenüber Asylsuchenden und Flüchtlingen muß hier nicht referiert werden. Es handelt sich bei allen diesen Ländern durchweg um demokratische Rechtsstaaten. Nirgendwo steht geschrieben, daß Deutschland verpflichtet ist, in punkto Humanität den Vorreiter bis zur Tollheit zu geben.

Was im übrigen die Kriegsflüchtlinge angeht, die einen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention haben, so ist das eben kein verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht. Deutschland hat sich durch seinen Beitritt zur Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 in der Neufassung von 1967 lediglich verpflichtet, unter den dort genannten Kautelen Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist eben ein völkerrechtlicher Vertrag, der natürlich auch ein Kündigungsrecht vorsieht, und dessen Umsetzung in die Wirklichkeit von Land zu Land sehr verschieden ausfällt.

Was die sonstigen Rechtsgründe angeht, die einer Abschiebung entgegenstehen oder eine Duldung begründen, so handelt es sich dabei durchweg um sogenanntes einfach gesetzliches Recht in Deutschland. Natürlich wird insoweit auch immer mit der Menschenwürde und den Menschenrechten argumentiert. Indessen gilt auch hier, daß es jedem Land frei steht, insoweit strenge oder großzügige Gesetze zu erlassen. Nichts kann die Politiker daran hindern, die Gesetzeslage so zu verändern, daß die Gerichte dann in aller Regel behördliche Entscheidungen bestätigen müssen, die eine Verlängerung des Aufenthalts untersagen und eine umgehende Abschiebung verfügen.

Wenn dies dennoch nicht geschieht, so fehlt es schlicht und einfach am Willen, jedenfalls am Willen der Mehrheit.Wer dennoch weiterhin Politiker wählt, die keine wirkliche Begrenzung der Zuwanderung wollen, und uns über die Gründe dafür auch noch dreist belügen, dem ist nicht zu helfen. Für diese Leute gilt der Brecht’sche Merksatz: „Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber!“

 

Hitler reloaded?

Drei Tage nach der Bundestagswahl muß der unbefangene Betrachter den Eindruck gewinnen, daß die Deutschen verrückt geworden sind. Gut 12 % haben die AfD gewählt. Fast 100 % der übrigen Politiker und der Journalisten laufen seither verbal Amok. Das begann schon am Wahlabend. Ob der geäußerten Besorgnisse, die sich bei manchen ins Panische gesteigert hatte, öffnete ich das Fenster, nicht der frischen Luft wegen, sondern um in die Nacht hinaus zu horchen. Doch es war still. Kein Marschtritt der SA-Kolonnen, kein Horst Wessel Lied, nicht einmal ein Fackelzug von jungen Männern in Springerstiefeln und schwarzen Bomberjacken. Nichts. Die Nazis, die doch angeblich drauf und dran waren, die Macht an sich zu reißen, sie hatten ihren Sieg offenbar verschlafen.

Haben wir Bürger vielleicht nicht mitbekommen, was da wirklich abläuft? Sind unsere Politiker tatsächlich klüger und wissen mehr als wir? Denn was da ins Parlament eingezogen ist, und zwar mit mehr als 90 Abgeordneten, das ist doch der „Bodensatz“ (Ministerpräsident Kretzschmar), das ist das „Pack“ (Außenminister Gabriel), das ist nach der Erkenntnis des SPD-Vorstandsmitgliedes Stegner die „rechtsextreme AfD Bande“, wahlweise auch handelt es sich um  die „AfD-Idioten“, und das ist eine „Schande für Deutschland“ (Martin Schulz, SPD-Vorsitzender), oder, um sich auch sprachlich proletarisch , tatsächlich aber proletenhaft zu geben,“ein Haufen rechtsradikaler Arschlöcher“ (Johannes Kahrs, SPD) bar jeder hanseatischen Zurückhaltung.

Der SPIEGEL, dieses selbsternannte Sturmgeschütz der Demokratie, fährt einen Sondereinsatz, pardon, erscheint mit einer Sonderausgabe zur Wahl, dessen Titelbild die Apokalypse suggeriert. Die Spitzenkandidaten Gauland und Weidel, darunter Merkel mit angewidertem Gesichtsausdruck, das ganze in einer Farbe wie von blau-weißem Halogenlicht angestrahlt. Unheil dräuend zieht die neue Zeit herauf, so künden die Hellseher aus dem Spiegel-Hochhaus.

Tatsächlich ist doch nichts anderes geschehen, als daß eine Partei in den Bundestag eingezogen ist, die schlicht und einfach die von den Unionsparteien jahrelang vernachlässigten, ja sogar ignorierten national-konservativen Wähler angesprochen hat. Sie hat vor allem die abenteuerliche Flüchtlingspolitik, aber auch andere Eigenmächtigkeiten der Kanzlerin wie die überstürzte Energiewende, die diversen Griechenland- und Eurorettungs Beschlüsse sowie die für konservative Wähler nicht vermittelbaren Entscheidungen wie die absurde „Ehe für alle“ oder die faktische Abschaffung der Wehrpflicht thematisiert. Was ihre Gegner ihr vorwerfen, etwa Demokratiefeindlichkeit, „Rassismus“, Europafeindlichkeit, Antisemitismus, das ist weder in ihrem Programm, noch in den Aussagen ihrer Spitzenpolitiker zu finden. Dem hysterischen Gezeter der deutschen Politiker und Journalisten – oder sollte man mit Peter Scholl-Latour besser von Skribenten sprechen – wollen wir einfach Stimmen aus dem Ausland gegenüberstellen:

„Israel Hajom“ (Israel): „Die AfD ist eine konservativ-nationale Protestpartei, welche erfolgreich den ansteigenden Ärger und die Empörung in verschiedenen Teilen der Gesellschaft in Deutschland für sich genutzt hat, die durch Masseneinwanderung ausgelöst wurden; durch Terrorismus, Kriminalität und Gewalt, die mit der Ankunft der muslimischen ‚Flüchtlinge‘ verbunden wurde; durch ihren Unwillen, weiter die Rechnung für scheiternde EU-Volkswirtschaften zu bezahlen, um diese zu stützen.“

„Lidove noviny“ (Tschechien): „Das ist die Strafe für die bisherige Regierungsarbeit und für das Experiment, die Grenzen zu öffnen und Deutschland zum ‚Licht für die Völker‘ zu machen. Um so mehr die Kritiker als Populisten und Extremisten verschrien wurden, desto mehr konnten sie bei den Wählern zulegen.“

„Der Standard“ (Österreich): „Wer jetzt noch glaubt, er könne weitermachen wie bisher, dem ist nicht zu helfen. Das gilt insbesondere für Merkel und Schulz. Beide haben im Wahlkampf nicht hingesehen oder das Ausmaß des Frustes nicht begriffen.“

Tatsächlich hat die AfD nur erkannt und dann auch ihren Wahlaussagen zu Grunde gelegt, was in Deutschland und im übrigen Europa, jedenfalls soweit es von der Migrationswelle in ähnlichem Ausmaß betroffen ist, wie Deutschland, außerhalb des politisch-medialen Milieus gefühlt und gedacht wird. Joachim Lottmann hat das im „Cicero“ recht gut umrissen: „Was sind nun die Widersprüche der Migrantenfrage? Es ist die nach dem Dritten Reich geradezu religiöse Gewißheit, daß es keine feindlichen Kulturen gebe. Alle Kulturen seien freundlich und gut, natürlich auch und gerade solche anderer Religionen. Die einfachen Leute wissen es leider besser. Auch Ideologien sind Kultur, und zwar in aller Regel feindlich gesinnte. Der Nationalsozialismus war feindlich und aggressiv gegen jede andere Weltsicht, und der zunehmend konservative Islam des 21. Jahrhunderts ist es auch. Das muß kein AfD-Hetzer behaupten, ein Blick in die Fernsehnachrichten genügt. Aus einer nur tiefenpsychologisch erklärbaren ständigen Verwechslung der beiden größten Gegensätze, nämlich Kultur und Rasse, erfolgt ein innerliches Verbot der Kulturkritik. Das haben wir alle. Jedenfalls alle, die noch alle Tassen im Schrank haben. Wer Kultur sagt, meint angeblich Rasse. Wer Islam sagt, meint angeblich Araber. Wer die Ideologie des Islam kritisiert, will angeblich und in Wirklichkeit die Araber als minderwertige Rasse beschreiben. So geht die falsche Logik unseres Mißverständnisses. In der Folge darf kein Politiker, der nicht medial geächtet werden will, etwas gegen Muslime sagen.“ Anzumerken bleibt nur, daß Lottmann AfD-Hetzer schon in Anführungszeichen hätte setzen müssen, zum einen der Wahrheit wegen, und zum anderen, um seinen Aussagen wirklich Stringenz zu verleihen.

Doch wir werden in den nächsten Wochen und Monaten erleben, daß die Wut der politisch-medialen Klasse in diesem Lande sich ins unermessliche steigern wird. Das Vokabular führender Politiker, wie oben zitiert, läßt gar keine andere Erwartung mehr zu. Schon jetzt ist zu erwarten, daß man zu den absurdesten und lächerlichsten Ausgrenzungsmaßnahmen im Bundestag greifen wird.  Die Verweigerung des Amtes eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages wird dabei nur der Auftakt sein. Wer ein wenig die jüngste Geschichte kennt, der weiß ja, wie man seinerzeit mit den zwar bizarr auftretenden, aber doch gewählten Grünen umgegangen ist, ebenso mit der in der Wolle gefärbten SED, die als PDS aber in den Bundestag gewählt worden war. Bis hier Normalität eingekehrt ist, hat es mehrere Legislaturperioden gebraucht. Der AfD muß prophezeit werden, daß es ihr noch schlimmer ergehen wird. Denn bei Grünen und Linken handelte sich es ja nur um die Schmuddelkinder derselben Familie, die auf dem Wege des Fortschritts wandelte, Liberté, Egalité, Fraternité auf ihren Bannern trug und an die historische Gesetzmäßigkeit der Entwicklung vom Feudalismus zum Sozialismus unbeirrbar glaubte. Da verzeiht man schon mal, wenn einer aus der Reihe tanzt, wenn es denn nur in die richtige Richtung geht. Die AfD indessen wird den Deutschen als Wiedergeburt des Nationalsozialismus verkauft, weil man nicht mit Aussicht auf Erfolg konservative Politiker als Ausgeburt der Hölle darstellen kann. Denn auch die Umkehr zu einer mehr bürgerlich-konservativen Politik, auch eine Ablehnung allzu bunter europäischer Blütenträume, wird schon als Abfall vom linken Glauben verfolgt und ist deswegen mit Stumpf und Stiel auszurotten.

In solchen Zeiten treten stets auch Quislinge auf den Plan. Nicht nur daß das politische Piratenpärchen Petry und Pretzell aus durchsichtigen Gründen an der Legende von der untergründigen Nazifizierung der AfD strickt, es hat sich nun ein Gefolgsmann aus der Fraktion in ihr Lager begeben und ebenfalls von mangelnder Distanzierung der Parteiführung von Figuren wie Höcke gefaselt. Daß die Parteiführung, auch als ihr Frau Petry noch angehörte, ein Parteiausschlussverfahren gegen diesen Höcke eingeleitet hat, sie selbst aber noch im Frühjahr dieses Jahres ohne Absprache mit dem übrigen Vorstand Frau Le Pen und Herrn Wilders zu einer Großveranstaltung der europäischen Rechten eingeladen hat, spielt dabei offenbar keine Rolle. Und daß Pretzell auf dem Spaltungsparteitag in Essen 2015 das Parteivolk mit der Aussage vom Rednerpult „Wir sind die Pegida-Partei!“ für sich einnehmen wollte, paßt natürlich auch nicht zur Attitüde des Demokraten, der rechtzeitig den Weg zurück in die Bürgerlichkeit gefunden haben will. Doch dergleichen Scharaden werden wir sicher noch mehr erleben. Denn für das juste milieu dieses Landes gilt es einfach zu verhindern, daß die Geschichte zurückgedreht wird. Und da ist offenbar jedes Mittel recht. Doch gerade weil das mit einem solchen Furioso geschieht, und in den schrillsten Tönen aus den Lautsprechern tönt, werden die von Joachim Lottmann apostrophierten kleinen Leute auf der Straße wirklich aufmerksam werden und feststellen, daß es sich um falschen Alarm handelt. Denn Nazis sind weit und breit nicht zu sehen. Den politischen und medialen Veitstänzern ist zu wünschen, daß sich ihre schrille Kampagne gegen sie selbst kehren wird.

 

Ihr seid mer ja scheene Demogradn!

Ob König Friedrich August III. diesen Satz 1920 seinen ehemaligen Untertanen zugerufen hat, um damit sein Erstaunen über den überaus freundlichen Empfang ihres ehemaligen Herrschers zum Ausdruck zu bringen, wissen wir nicht. Aber es ist eine schöne Anekdote. In ganz anderem Sinne möchte man diesen Satz den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zurufen, die erklärt haben, den von der AfD-Fraktion für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten aufgestellten Abgeordneten Albrecht Glaser nicht wählen zu wollen. Denn der Mann habe sich ja in nicht hinnehmbarer Weise über den Islam geäußert und das Grundrecht auf Religionsfreiheit in Frage gestellt.

Der Vorgang ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist es guter parlamentarischer Brauch, daß jede Fraktion im Deutschen Bundestag einen Vizepräsidenten des Parlaments stellt. Natürlich wird diese Position mittels Wahl besetzt, so daß die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig ist, damit jemand auf dem Stuhl des Vizepräsidenten Platz nehmen kann. Bisher war es auch immer so, daß die jeweiligen Fraktionen eines ihrer Mitglieder zur Wahl durch das Hohe Haus aufgestellt haben, und diese Person dann einstimmig oder nahezu einstimmig gewählt worden ist. Die zuvor von der jeweiligen Fraktion getroffene Auswahl unter ihren Mitgliedern wurde von den übrigen Fraktionen niemals in Frage gestellt. Somit ist der erste bemerkenswerte Umstand die schiere Tatsache, daß Angehörige anderer Fraktionen sich überhaupt dazu äußern, wen die Fraktion der AfD für dieses Amt nominiert. Noch unerhörter ist es, daß jedenfalls die Fraktionen der SPD, der Grünen, der Linken und auch der FDP erklärt haben, Herrn Glaser auf keinen Fall wählen zu wollen. Ein Abgeordneter der CDU soll indessen zur Besonnenheit aufgerufen haben. Das werden ihm seine Oberen mit Rücksicht auf „Jamaika“ und die Muslime wohl auch noch verbieten. Eine solche Haltung wäre nur dann verständlich, wenn dem Abgeordneten ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte, etwa in der Qualität der Straftaten, für die der frühere Abgeordnete Edathy von der SPD rechtskräftig verurteilt worden ist.

Doch weit gefehlt. Nicht der Besitz von Kinderpornos, nicht Steuerhinterziehung, nicht einmal eine Trunkenheitsfahrt wird dem Abgeordneten vorgeworfen. Nein, in den Augen seiner politisch korrekten Kollegen ist er wegen der nachstehend zitierten Äußerung nicht wählbar:

„Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muß man das Grundrecht entziehen.“ Überdies, so hat er sich weiter eingelassen, sei der Islam keine Religion, sondern eine politische Ideologie.

In der Sache ist es natürlich richtig, daß der Islam jedenfalls auch eine politische Ideologie ist, die in der Tat überall dort, wo sie die politische Macht hat, andere Religionen mindestens benachteiligt, meistens aber bedrängt und verfolgt. Hier fordert Herr Glaser nichts anderes ein, als das Prinzip der Gegenseitigkeit. Nun kann man juristisch wohl darüber trefflich streiten, in welchem Umfange die Freiheit der Religionsausübung (nicht die Religionsfreiheit) in Deutschland eingeschränkt werden kann. Zwar garantiert Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes die Freiheit der Religionsausübung. Indessen gilt das nicht schrankenlos. Schon heute gibt es Beschränkungen, man denke nur an die Fälle, in denen Gerichte das Läuten der Kirchenglocken reglementiert haben. Und es ist in Deutschland bisher jedenfalls unstrittig, daß auch religiöse Vorstellungen von Muslimen nicht uneingeschränkt ausgelebt werden können. So kann ein Muslim in Deutschland nicht mehr als eine Frau heiraten, auch wenn Koran und Scharia ihm die Mehrfach-Ehe erlauben. So kann er sich auch nicht durch bloße Verstoßung nach islamischem Ritus von seiner Ehefrau trennen mit der Folge, daß er erneut heiraten darf. Und auch wenn die deutschen Politiker nicht den Mut hatten, den archaischen und barbarischen Brauch der Beschneidung von Knaben gänzlich zu verbieten, so haben sie doch allen ihren Mut zusammen genommen, und wenigstens die übliche Knabenbeschneidung durch medizinische Laien untersagt. Auch wenn gewisse Strömungen des Islam die Vollverschleierung der Frauen anordnen, so haben sich die deutschen Politiker wenigstens getraut, diesen Mummenschanz Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu untersagen. Von solchen Köstlichkeiten des Islam, wie der Pflicht zur Tötung vom Glauben abgefallener oder dem religiösen Gesetz, das eine Muslimin keinen „Ungläubigen“ heiraten darf, einmal ganz abgesehen, denn dies ist mit der öffentlichen Ordnung in Deutschland nicht vereinbar. in meinem Blog vom 10.8.2017 „Darf man vor dem Islam warnen?“ habe ich zu dem Thema ausführlich Stellung genommen.

Es ist doch ganz offensichtlich, daß die Äußerungen des Abgeordneten Glaser nicht einmal den Anfangsverdacht einer Straftat begründen, und er wird auch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Was bleibt, ist nur, daß der Abgeordnete eine Meinung vertritt, die von den meisten seiner Kollegen im Deutschen Bundestag nicht geteilt wird, ja, die ihnen ausgesprochen quer liegt. Aber genau das ist doch der Normalfall in der Demokratie. Ihr konstituierendes Grundrecht ist die Meinungsfreiheit. Von der Mehrheit abweichende Meinungen dürfen nicht unterdrückt, sondern müssen diskutiert werden. Die Demokratie lebt davon, daß über Meinungen gestritten wird, ein Konsens gefunden wird oder die Mehrheit die Minderheit überstimmt. Die Demokratie stirbt, wenn Meinungen nicht geäußert werden dürfen. Wenn man jedoch hört, was die Vertreter der etablierten Parteien in den letzten Wochen so alles von sich gegeben haben, dann muß man den Eindruck haben, ihre Vorstellung von Demokratie finde ihr Ideal im Parlament von Nordkorea. Das sind mir in der Tat schöne Demokraten.

 

Arg daneben, Herr Professor!

Er ist offenbar so etwas wie eine Ikone des linksliberalen Milieus. Edelfeder des Süddeutschen Beobachters, magna cum laude promovierter Jurist, ehemaliger Rechtsanwalt, Staatsanwalt und Richter, Honorarprofessor an einer deutschen Universität, Ehrendoktor einer theologischen Fakultät, mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft, Dauergast in den Talkshows der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Diese geballte Kompetenz, gepaart mit einem zur Schau getragenen Sendungsbewusstsein als Verteidiger des gesellschaftlichen Fortschritts, ruft die schrankenlose Bewunderung im juste milieu hervor.

Doch sind die Flügel, die ihn hoch zur Sonne zu tragen scheinen, doch nur eingebildet. Wie Ikarus aus der griechischen Sage muß er abstürzen, wenn er das menschliche Maß verliert. Mit anderen Worten, sich über seinesgleichen allzu sehr erhebt. Eine Kostprobe davon konnte man gestern Abend in der Talkshow von Anne Will erleben. Abgesehen davon, daß er zum eigentlichen Thema des Abends – Machbarkeit der sogenannten Jamaika-Koalition – nichts Erhellendes beitragen konnte, spielte er sich als Verteidiger der Rechtsordnung auf, wobei er sich nicht nur im Ton vergriff, sondern sich auch als Jurist blamierte.

Als Markus Söder zu Recht meinte, man müsse doch wenigstens konsequent das Recht durchsetzen und rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber, besonders solche, die sich Straftaten zuschulden kommen haben lassen, konsequent abschieben, rastete der Kämpfer für das Gute, Wahre und Schöne aus. „Das legt bei uns der Rechtsstaat fest, Herr Söder! Es gibt Abschiebungs-Hindernisse, und die setzen nicht Sie fest, zum Teufel noch mal! Die Art und Weise, wie Sie nach Afghanistan abschieben lassen, aus Bayern, ist eine Sauerei!“ Das ganze in einer Mischung aus Empörung, Oberlehrergehabe und Kasernenhofton. Als der so gescholtene Söder versetzte: „Reißen Sie sich mal zusammen. Was ist denn das für ein Ton?“ blaffte er zurück: „Der Ton ist ein rechtsstaatlicher Ton!“

Nun war der Ton nicht rechtsstaatlich – kann ein Ton rechtsstaatlich sein? – sondern ungehörig. Vor allem aber lag der Herr Professor hier auch fachlich daneben. Offensichtlich will oder kann er nicht zwischen der Anwendung geltenden Rechts, was Aufgabe der Behörden und der Gerichte ist, und der Schaffung neuen und Änderung geltenden Rechts, was Aufgabe der Parlamente, mithin der Politiker ist, unterscheiden. Leider läßt es das in Deutschland geltende Recht offenbar zu, daß sich auch rechtskräftig abgelehnte, ja sogar rechtskräftig strafrechtlich verurteilte Asylbewerber oder Kriegsflüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention auf Umstände berufen können, die einer Abschiebung entgegenstehen, auch zum Beispiel dann, wenn sie keine Papiere (mehr) haben. Nun ist es Aufgabe des Gesetzgebers, erkannte Fehler und Schwachstellen in den geltenden Gesetzen zu korrigieren. Ja, Gesetzgebung ist von alters her nichts anderes, als die Reaktion des Staates auf aktuelle Probleme. Genau deswegen muß angesichts der Komplexität und des stetigen Wandels unserer Welt ständig an den Gesetzen gearbeitet und geändert werden. Ein Jurist sollte also ohne weiteres das eine vom anderen unterscheiden können. Die Entscheidung über eine Abschiebung nach geltendem Recht ist eben etwas grundlegend anderes, als die Änderung alten oder gar Schaffung neuen Rechts. Natürlich ist der Gesetzgeber nicht völlig frei, sondern an die Verfassung gebunden. Damit gehen Zeitgenossen vom Schlage eines Herrn Prantl auch gerne hausieren und wollen den Leuten weismachen, genau deswegen könne man gegen solche Misstände auch als Gesetzgeber nichts unternehmen. Nun dürfte allgemein bekannt sein, daß selbst das Asylgrundrecht keinesfalls unumstößlich in der Verfassung steht. So wurde es 1993 erheblich eingeschränkt. Die Einreise aus einem sicheren Land in Europa nach Deutschland läßt das Recht auf Asyl in Deutschland entfallen, um ein Beispiel zu nennen. Selbstverständlich kann der Gesetzgeber auch das Grundgesetz ändern, nur eben mit qualifizierter Mehrheit. Aber genau das ist ja die Aufgabe der Politiker, daß sie notfalls auch mit verfassungsändernder Mehrheit das geltende Recht den Herausforderungen unserer Zeit anpassen. Natürlich gibt es auch die absolute Grenze der Menschenwürde. Indessen ist es kein Wesensmerkmal der Menschenwürde, etwa trotz rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen und strafgerichtlicher Verurteilung in Deutschland bleiben zu dürfen, noch weniger, weil man seinen Pass weggeworfen hat.

Doch hat dieser praeceptor Germaniae, als der sich Prantl offenbar versteht, hier nur sein wahres Gesicht gezeigt. Es geht nicht um das Recht. Es geht darum, den vermeintlichen gesellschaftlichen Fortschritt auf Biegen und Brechen durchzusetzen. Daß es dem linken Milieu in Deutschland als Ausweis des gesellschaftlichen Fortschritts gilt, möglichst alle Mühseligen und Beladenen dieser Erde mit offenen Armen zu empfangen, zu behausen und zu speisen, ist nicht zu übersehen. Wer es wagt, sich dem so verstandenen Fortschritt in den Weg zu stellen, darf auch schon mal niedergebrüllt werden. Und das Recht hat selbstverständlich der guten Absicht zu weichen. Daran ist allenfalls richtig, daß das Recht generell dienende Funktion hat. Wir müssen allerdings darauf achten, daß es nicht den Falschen dient, denn das hatten wir schon mal.

Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Der massenhafte Missbrauch des Asylrechts und der Genfer Flüchtlingskonvention kostet den Steuerzahler viele, viele Millionen Euro jährlich. Daß ein Teil dieses Betrages auch in die Taschen besonders bemerkenswerter Anwälte fließt, ist nicht so allgemein bekannt. Was da tatsächlich abläuft, läßt sich anhand der nachstehend zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur erahnen. Vorweg bemerke ich, daß selbstverständlich jeder in Deutschland, auch derjenige, der in Deutschland den Status des Kriegsflüchtlings oder des Asylberechtigten auf dem Verwaltungsrechtsweg begehrt, einen Anspruch auf Entscheidung nach Recht und Gesetz und selbstverständlich auch auf Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts hat. Ist er mittellos, steht ihm natürlich auch die staatliche Prozeßkostenhilfe zur Verfügung. Das Anwaltshonorar ebenso wie die Gerichtskosten zahlt dann der Steuerzahler.

Zwischenzeitlich gibt es bereits den Fachanwalt für Migrationsrecht. Das liegt daran, daß einerseits die Gesetze, Rechtsvorschriften und darauf fußende Rechtsprechung so kompliziert und unübersichtlich geworden sind, daß in der Tat nur noch Spezialisten die Materie beherrschen können. Die Verwaltungsgerichte sind mit Rechtsstreitigkeiten auf diesem Gebiet überlastet, und zwar für Jahre, wie wir leider häufig von Gerichtspräsidenten vernehmen müssen. Gewisse Organisationen, die sich mit anmaßenden Bezeichnungen wie etwa „bayerischer Flüchtlingsrat“ schmücken und damit eine gewisse Seriosität vorspiegeln, aber auch die üblichen Verdächtigen aus dem politischen und vorpolitischen Raum streben ganz offen an, auch auf dem Rechtsweg so viele Einwanderer wie möglich, ob zu Recht oder zu Unrecht ( „legal, illegal, scheißegal“) auf Dauer in unserem Land sesshaft zu machen, selbstverständlich staatlich alimentiert. Diesem politischen Ziel haben sich natürlich auch nicht wenige Juristen mit Anwaltszulassung verschrieben. Sie können dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen das politische Ziel des linksgrünen Milieus, möglichst viele Einwanderer aus Afrika und dem Orient zwecks Herausbildung der multikulturellen Gesellschaft im Lande zu halten. Zum anderen kann damit ordentlich Geld verdient werden, denn die luxussanierte Altbauwohnung nebst mit Bordeaux und Chablis gefülltem Weinkeller müssen ja finanziert werden. Vertritt man finanziell gut gestellte Mandanten, die es auch unter den sogenannten Flüchtlingen durchaus gibt (wir wollen lieber nicht fragen, wo das Geld herkommt), dann ist pro Fall schon ein Honorar in der Größenordnung von 1.800,00 € netto fällig, und wenn der Mandant wirklich oder angeblich arm ist, die Hälfte. Vertritt man als Spezialist oder in einschlägigen Kreisen bekannter „Geheimtipp“ jährlich Hunderte solcher Mandanten, was bei solchen Massengeschäften ohne weiteres gehandhabt werden kann, dann ist der Lebensstandard gesichert. Da schreckt man dann auch vor Machenschaften nicht zurück, die zum Beispiel mir als seit über 40 Jahren bei den Gerichten tätigem Anwalt die Zornesader auf der Stirn anschwellen lassen.

Schauen wir uns den Sachverhalt an, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 14. September 2017 zu beurteilen hatte:

„Der am 31. Dezember 1992 geborene Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 5. August 2011 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. August 2011 einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. Februar 2013 ab. Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab; das Urteil ist seit dem 9. August 2013 rechtskräftig. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik wurde der Antragsteller wegen Diebstahls und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von insgesamt 70 Tagessätzen verurteilt. Am 10. März 2014 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, der mit Bescheid vom 16. Februar 2017 abgelehnt wurde. Er erhob hiergegen Klage, über die noch nicht entschieden ist. Am 31. März 2017 heiratete er nach islamischem Ritus eine deutsche Staatsangehörige; eine standesamtliche Trauung hat nicht stattgefunden. Die Ausländerbehörde hat am 6. und 8. September 2017 erfolglos versucht, den Antragsteller in Abschiebehaft zu nehmen. Der Antragsteller hat am 11. September 2017 bei dem Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verpflichten, die an die Ausländerbehörde ergangene Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG zu widerrufen…… Die Ankündigung der Bundesregierung, am 12. September 2017 ausschließlich Straftäter abschieben zu wollen, werde die Gefahr einer Verfolgung sowohl durch staatliche Behörden als auch durch die Taliban massiv erhöhen…… Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 11. September 2017 abgelehnt und den Beschluß dem Bevollmächtigten des Antragstellers an demselben Tag gegen 18:00 Uhr zugestellt……. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 12. September 2017 zwischen 15:20 Uhr und 18:45 Uhr an das Bundesverfassungsgericht per Fax einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit zahlreichen Anlagen (etwa 470 Seiten) übermittelt; allerdings waren weder der Bescheid vom 28. Februar 2013 (Asylerstverfahren) noch derjenige vom 16. Februar 2017 (Folgeverfahren) beigefügt. Eine Abschiebung stehe unmittelbar, noch am 12. September 2017, bevor…. Tatsächlich war der Antragsteller bereits am Morgen des 12. September 2017 untergetaucht. Sein Anwalt wußte das auch, als er den Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichte.“

Das Bundesverfassungsgericht hat bei dieser Sachlage natürlich den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Antragsteller weiterhin den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, zurückgewiesen. Bemerkenswert ist allerdings, daß das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers eine Mißbrauchsgebühr aufzuerlegen, und zwar im gesetzlichen Höchstmaß von 2.600,00 €. Das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, daß ein solcher Missbrauch seiner Arbeitskraft natürlich die Entscheidung anderer Verfahren, in denen die Parteien in der Tat ein zumindest nachvollziehbares Interesse daran haben, daß ihr Anliegen vom höchsten deutschen Gericht behandelt und entschieden wird, verzögert. Dem Gericht wurde ja wirklich angesonnen, am frühen Abend des 12. September 2017 sich durch Hunderte von Seiten einer Antragsschrift mit Anlagen durchzuarbeiten und dann – möglichst im Sinne des Antragstellers – zu entscheiden. Daß jene Zierde der Anwaltschaft – das Wort Kollege möchte ich hier wirklich nicht in den Mund nehmen – das Gericht mit diesem Fall blockierte, obgleich er wußte, daß es einer Entscheidung schon deswegen nicht mehr bedurfte, weil sein Mandant untergetaucht war, ist ein Beispiel für die Verwilderung der Sitten auch in der Anwaltschaft. Man läßt sich politisch instrumentalisieren, ist vielleicht sogar „Überzeugungstäter“, und kassiert dabei ordentlich ab. Pfui Deibel!

Das eigentliche Problem ist natürlich der mangelnde politische Wille, diesen Saustall auszumisten. Herkules konnte ja den Augiasstall auch nur deswegen ausmisten, weil ihm weder Politiker noch Gesetze im Wege standen. Das ist natürlich heute auch keine Lösung, auch wenn man angesichts dieses Falles schon mal sagen könnte: leider.

 

 

Vorhang auf!

Die neue Spielzeit im Deutschen Theater ist eröffnet. Regietheater, Realsatire, komische Oper, gallige Kritik an den guten Darbietungen und Lobhudelei für die schlechten, aber zeitgeistigen Stücke und ein wohl weiterhin ratloses Publikum werden auch diesmal die Spielzeit prägen. Diese Prophezeiung schon am zweiten Kalendertag nach der Wahl des neuen Deutschen Bundestages ist nicht schwer. Obwohl die Wähler Protagonisten wie Statisten diesmal ganz anders zusammengestellt haben, als dies in den voraufgegangenen Spielzeiten bzw. Legislaturperioden der Fall war, zeigt sich bereits jetzt, daß die alten Regisseure und Kritiker nichts verstanden haben, auch wenn der dümmliche Satz: „Wir haben verstanden“ offenbar zum Standardrepertoire der Akteure gehört. Doch der Reihe nach.

Beginnen wir mit den Volksparteien, die diesen Namen nun wirklich nicht mehr verdienen. Wen nur noch 20 % wählen, der kann nun wirklich nicht von sich sagen, das Volk zu repräsentieren. Rechnet man die 3.0 % Nichtwähler mit ein, so haben sich nur 14 % der Deutschen für die SPD entschieden. Aber auch die Unionsparteien, bei denen heuer nur ein Drittel der Wähler ihr Kreuz gemacht haben, können damit nicht mehr ernsthaft den Anspruch erheben, Volksparteien zu sein. Denn ihnen haben tatsächlich weniger als ein Viertel der Deutschen ihre Stimme gegeben. Volksparteien, wie sie die ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik Deutschland geprägt haben, hatten jeweils einen beträchtlichen Anteil der gesamten Bevölkerung hinter sich, dazu noch soziologisch gut unterscheidbar strukturiert. Die Union vertrat das Bürgertum, die Sozialdemokratie die Arbeiterschaft, dazwischen zahlenmäßig überschaubar die FDP mit liberaler, wohlhabender Klientel. Von alledem sehen wir heute nichts mehr. Die Wählerschaft ist volatil, wie die Börsianer sagen. Das klassische Arbeitermilieu gibt es nicht mehr, die wohlhabende Klientel wird zum großen Teil von linksgrünen Akademikern gestellt. Die Kirchen, die einst vor den Wahlen von den Kanzeln ganz unverblümt dazu aufgerufen haben, nur Parteien mit dem großen C im Namen zu wählen, verstehen sich heute ganz offensichtlich nicht mehr als Verkünder des Reiches Gottes, sondern als Lehranstalten für politisch korrekte Sozialpädagogik, was natürlich nicht mehr zur Verkündung des Evangeliums, sondern zur Verbreitung linksgrüner Parolen führt. Die schon sprichwörtlich gewordene schwäbische Notarsgattin randalierte Arm in Arm mit Antifa-Kämpfern vor der Großbaustelle des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Was man früher einmal höhere Töchter genannt hat, stand im Herbst 2015 massenhaft mit glücklichem Lächeln an den Bahnsteigen um ankommende vermeintliche wie wirkliche Flüchtlinge mit Teddybären zu bewerfen. Die politische Landschaft ist so unübersichtlich geworden, daß die Landmarken und Wegezeichen kaum noch zu erkennen sind. Es verwundert also nicht, daß immer mehr Lotsen ihre Dienste anbieten, und damit notwendigerweise auch die Zahl derer, die ihnen jeweils folgen, kleiner wird. Und damit sind wir bei den Gewinnern der Bronzemedaille und den auf die Plätze verwiesenen, um einmal vom Theater weg in die Arena zu gehen.

Schauen wir uns zunächst die größte der klein gewordenen Parteien an. Nichts Neues im Westen, und auch aus dem Osten kommt nicht das Licht. Und täglich grüßt das Murmeltier, heißt das Stück, das diese Compagnie auf den Spielplan gesetzt hat. Der Prinzipalin fällt weiterhin nichts anderes ein, als die immer gleichen Darsteller das immer gleiche Stück spielen zu lassen. Inhalt und Botschaft des Stückes heißen wie die Jahre zuvor: Auf dem Regiestuhl sitze ich, egal was gespielt wird. Daß mit dieser Monotonie immer weniger Besucher angelockt werden, liegt wohl auf der Hand. Die Zahl der Abonnenten für die nächste Spielzeit wird sich erneut deutlich nach unten bewegen. Da hilft es auch nichts, daß man künftig wohl nicht mehr die unsägliche Ursula von der Leine auf der Bühne sehen wird, denn überforderte Statisten wie Kauder und Tauber werden uns weiter zugemutet.

Wenig Freude wird dem Publikum die alte Tante SPD machen. Denn es sieht nicht so aus, als ob sie aus ihrem Ensemble wenigstens solche Fehlbesetzungen wie den Mann aus Würselen oder den Pöbler vom Dienst aus Schleswig Holstein entfernen würde. Regie soll ja nun die massive Dame aus der Eifel führen, der nie etwas anderes einfällt, als für ihre Stücke mehr Geld auszugeben, als an der Kasse eingenommen wird.

Die Folkloretruppe aus Bayern muß schockiert zur Kenntnis nehmen, daß ihre Schuhplattler immer weniger Freunde finden, auch wenn sich ihr Regisseur schneller dreht, als das Mädel auf der Bühne. Natürlich werden schon jetzt die Messer gelockert. Noch kein CSU-Vorsitzender hat eine verlorene Wahl überlebt. Allerdings muß bezweifelt werden, ob die Protagonisten der Truppe begriffen haben, daß sie nie mehr wieder die absolute Mehrheit des Publikums in ihre Vorstellungen locken werden. Den Herold, der vor jeder Vorstellung verkündet: “ Rechts neben uns kann es eine demokratische Partei nicht geben“, kann man getrost zur Künstleragentur zurückschicken. Nur wenn sie selbst das Stück spielt, das national-konservative Zuschauer in ihre Vorstellungen lockt, und dabei auf Drehbuch, Regie und Intendanz ihrer großen Schwester gänzlich verzichtet, stattdessen auch in deren Häusern auftritt, ohne dabei von der Furcht geplagt zu werden, daß auch die nun bei ihr Zuhause die Bühnen bespielt, nur dann hat sie in der künftigen vielfältigen Theaterlandschaft eine Überlebenschance.

Mit dem Anspruch, dem Publikum ein in jeder Hinsicht modernes Stück zu bieten, tritt der Alleinunterhalter und Posterboy von den vorübergehend in der Versenkung verschwunden Liberalen an. Ob der Unterhaltungswert seiner Vorstellungen die Erwartungen des Publikums enttäuschen oder übertreffen wird, wird sich zeigen. Jedenfalls Unterhaltungswert dürfte das Programm haben, auch in Ansehung des Personals auf der Bühne. Der Quartals-Rambo aus Schleswig Holstein ist alle Mal als Buffo wie als Harlekin verwendbar, auch wenn dem Publikum nicht selten ob der Qualität des Gebotenen das Lachen im Halse stecken bleiben wird.

Die grüne Kulisse wird zwar wenig Natur, dafür aber allerhand Merkwürdigkeiten vor dem staunenden Publikum ausbreiten. Ein zu Hause leutselig schwäbelnder Außenminister, dessen Qualifikation für dieses Amt außer der personifizierten Internationalität nicht erkennbar ist, kann positiv immerhin als lustige Knallcharge gewertet werden. Die abgebrochene Theologin aus Thüringen mit dem Gehabe der Kindergartentante garantiert seichte Unterhaltung, wie sie die Produzenten moderner Vorabendserien in den Fernsehprogrammen kaum schlechter hinbekommen. Das Genre der unfreiwilligen Komik beherrscht perfekt der ernste Tümpelforscher aus Oberbayern, dem dabei natürlich kein Lacherl auskommt.

Das Kapital von Marx (dem aus dem 19. Jahrhundert mit dem Rauschebart, nicht dem seelenverwandten dicken Kardinal aus München) gibt wie immer die Berliner Volksbühne. Rosa Luxemburg feiert dort ja auch optisch immer wieder ihre Auferstehung, was Oscars Sara mit Leichtigkeit zu beweisen pflegt. Ihr Publikum wird sich auch weiterhin nicht in der Tür irren. Es seitens der anderen Intendanten zu umwerben, scheint verlorene Liebesmüh‘.

So richtig was los ist eigentlich nur bei dem Ensemble, das die anderen partout nicht mitspielen lassen wollten. Schon im Vorspiel zum ersten Akt flogen die Fetzen. Das politische Piratenpärchen Petry und Pretzell führte erst mal eine veritable Schmierenkomödie auf, um sich dann von der Bühne gleich wieder zu verabschieden. P & P werden sich wohl neuen Geschäftsfeldern zuwenden und mit Furioso Varietétheater und Kneipen stürmen um am Ende wie Bonnie & Clyde im (virtuellen) Kugelhagel von Justiz und Medien zu unterzugehen. Derweil wird die Kritikerzunft unter dem Beifall der politischen Konkurrenz die Darbietungen des Ensembles in Grund und Boden schreiben. Ihren Protagonisten werden die Rollen der klassischen Finsterlinge wie Hagen von Tronje (Alexander Gauland) oder gar der kalten Kommandeuse eines KZ (Alice Weidel) zugewiesen werden. Doch gibt Ihnen das die Möglichkeit, am Anfang des Stückes alle Grausamkeiten zu begehen, wie das Macchiavelli dem Fürsten geraten hat. D.h. also, erst mal alle Pfosten ihrer Truppe abzusägen und zu entsorgen. Wenn dann in der Pause nach dem ersten Akt das Blut von den Brettern gewischt worden ist, können die erhebenden wie auch die unterhaltenden Texte rezitiert werden, und der Wohlklang Mozart’scher Arien kann den Zuschauerraum füllen. Man braucht keine vertiefte Kenntnis der Szene um festzustellen, daß die Intendanten der Konkurrenz mitsamt ihrer willfährigen Kritikerschar genau davor Angst haben. Denn den Angstschweiß sieht man bereits auf ihren Gesichtern und riecht ihn auch.

Viel Vergnügen, verehrtes Publikum!

Kampagnenjournalismus

Der Bundestagswahlkampf erreicht seinen Höhepunkt. In der letzten Woche vor dem Tag, da die Wähler sich nun final entscheiden und mittels Stimmzettel ihr zentrales demokratisches Recht ausüben, in dieser Woche muß möglichst noch der letzte unwillige, unentschlossene, vielleicht auch uninteressierte Wähler (m/w, versteht sich) überzeugt werden zu wählen, natürlich „richtig“. Da will der erprobte Meinungsmacher keine Chance auslassen, die Leute vom Guten, Wahren und Schönen zu überzeugen und vor der Herrschaft des Satans zu warnen, die doch heraufziehen könnte, weil der Dummlack an der Wahlurne gar nicht begreift, was da in Deutschland abläuft. Und so wird dann gelogen und verleumdet, was das Zeug hält, denn der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. Ein besonders häßliches Beispiel dafür konnten die Nürnberger heute morgen beim Frühstück lesen. Das hat mich dann veranlaßt, der Redaktion dieser Postille folgendes ins Stammbuch zu schreiben:

„Der Kommentar von Wolfgang Schmieg kann als Musterbeispiel für Kampangnenjournalismus angesehen werden. Jedenfalls trifft diese Bewertung auf seine Ausführungen zur AfD zu. Ist schon die Charakterisierung als „Sammelsurium aus konservativen, nationalistischen und völkischen Elementen“ grenzwertig und polemisch, so sind die nächsten Zeilen nur noch als Hetze zu qualifizieren. Denn daß der Einzug dieser Partei in den Bundestag „den demokratischen Kern des Parlaments vor eine harte Probe stellen“ soll, ist in zweierlei Hinsicht verleumderisch. Zum einen, und das hat Herr Schmieg in seinem furor wohl gar nicht bemerkt, insinuiert er damit, nur der Kern, aber nicht die Masse der Abgeordneten sei demokratisch gesinnt. Jedenfalls kann das denknotwendig nicht anders verstanden werden. Und zum zweiten heißt das natürlich, die AfD sei keine demokratische Partei, wobei man schon fragen muß, ob es um die demokratische Gesinnung der Mitglieder oder die demokratische Wahl der Partei geht. Natürlich soll der Leser glauben, es mangele den Mitgliedern dieser Partei an demokratischer Überzeugung. Worauf dieses Urteil gegründet werden könnte, verschweigt er wohlweislich, denn weder das Partei- noch das Wahlprogramm geben dafür einen Anhaltspunkt. Die Hetze wird dann weiter verschärft mit persönlicher Verächtlichmachung von führenden Politikern der Partei, wenn es heißt, daß künftig zum Alltag der parlamentarischen Arbeit „die direkte Konfrontation mit unappetitlichen Figuren wie Gauland und Storch“ gehören werde. Das ist sprachlich unter der Gürtellinie und findet sein historisches Vorbild da, wo der Verfasser diese Partei und ihre Repräsentanten in verleumderische Absicht verorten will. Die Einstufung als „rechtsextrem“ schließlich ist entweder die bewußte Steigerung der Verleumdung oder der Ausweis mangelnder politischer Bildung, was man dem ehemaligen Chefredakteur einer deutschen Tageszeitung eigentlich kaum unterstellen kann. Denn im Unterschied zu „rechts“, was ein bloß relativer politischer Begriff ist, weil es zum Beispiel auch innerhalb der SPD einen „rechten“ Flügel gibt (Seeheimer Kreis), „rechtsradikal“, was als gerade noch innerhalb des Verfassungsbogens verordnet wird, weil es an der aktiv-kämpferischen Gesinnung gegen den demokratischen Rechtsstaat fehlt, ist  „rechtsextrem“ die gängige Bezeichnung für eine politische Gesinnung, die den demokratischen Rechtsstaat abschaffen will und daran mit allen Mitteln arbeitet. Das ruft zwingend die Verfassungsschutzbehörden auf den Plan, die jedoch ausdrücklich erklärt haben, es bestehe kein Anlaß, diese Partei auch nur zu beobachten. Mir ist auch nicht bekannt, daß irgend ein Inhaber eines Lehrstuhls für Politische Wissenschaften an einer deutschen Universität die AfD so einstufen würde. Wenn also ein Journalist wie Herr Schmieg jemanden als „rechtsextrem“ bezeichnet, dann ist die verleumderische Absicht zu unterstellen nach dem alten Grundsatz: „Audacter calumniare, semper aliquid haeret!“ Oder aber auch auf dieser journalistischen Höhe kuschelt man sich im Kokon der Unkenntnis ein, warm umspült vom mainstream der political correctness, im Wohlgefühl der Gewißheit, zur übergroßen Mehrheit der Medienschaffenden, Künstler, Geistlichen und Intellektuellen bzw. derjenigen, die sich für solche halten, zu gehören. Ein Verlag, der sich nicht entblödet, Anzeigen aller politischen Parteien zu veröffentlichen, solche der AfD jedoch unter Hinweis auf seine politische Linie abzulehnen, ist natürlich das Mistbeet, in dem solcher Kampangnenjournalismus wächst und gedeiht.“

Soweit der zitierte Brief. Solcher Kampangnenjournalismus ist nicht besser als das Pöbeln und Herumschreien von wohlwollend „Wutbürgern“ genannten Leuten, die sich schlichtweg nicht benehmen können. Ihnen kann man nur raten, die Klappe zu halten, wenn sie nicht imstande sind, sich auszudrücken wie ein kultivierter Mensch, auch wenn man den politischen Gegner hart ins Gebet nehmen will. Wenn solche Leute indessen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, dann ist das ihr demokratisches Recht, ja ihre demokratische Pflicht. Und dabei können sie auch, weil sie ja nur zwei Kreuzchen machen, sprachlich nicht ins sprichwörtliche Klo greifen. Das unterscheidet sie dann auch von Skribenten wie dem oben vorgestellten Herrn Schmieg.

Si tacuisses, philosophus mansisses

Es kann kein wohlmeinender Mensch gewesen sein, der unserem Zensurministerlein geraten hat, sich öffentlich zu Rechtsfragen zu äußern. Denn um eine Rechtsfrage geht es, wenn die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei beurteilt werden soll. Am juristischen Hochreck des Verfassungsrechts hat Heiko Maas nun die Riesenfelge zu turnen versucht. Geworden ist daraus eine klägliche Bauchwelle mit armrudernden Absturz statt einem Abgang in den Stand. Angesichts der juristischen Qualifikation und Expertise dieser Verlegenheitslösung für das angesehene Amt des Bundesjustizministers verwundert das auch nicht.

Zur Sache: In einem Namensbeitrag für die Frankfurter Rundschau – wer, wenn nicht ein seit Jahrzehnten treu zur SPD stehendes Blatt könnte sich auch dafür zur Verfügung stellen – vom 10.09.2017 unternahm es dieser famose Jurist, der geneigten Leserschaft auszudeutschen, daß und warum die AfD jedenfalls in Teilen verfassungswidrig sei. Denn das Programm dieser Partei mißachte an mehreren Stellen die verfassungsmäßige Ordnung. Sogar die Würde des Menschen sei für sie antastbar.

Das ist starker Tobak und bedarf daher einer überzeugenden Begründung. Nun hat das Bundesverfassungsgericht bereits im SRP-Urteil vom 23.10.1952 die Mindestprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland definiert. Das sind die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip, die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Verfassungswidrig im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG ist eine Partei aber erst, wenn sie mit Gewalt gegen diese Grundordnung vorgeht oder Gewalt als Mittel propagiert. Im KPD-Urteil vom 17.08.1956 heißt es daher: „Es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen. Sie muß planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen, im weiteren Verlauf diese Ordnung selbst beseitigen zu wollen.“ Gemäß Art. 79 Abs. 3 GG kann der Gesetzgeber nicht einmal mit verfassungsändernder Mehrheit die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze ändern. Das ist die sogenannte Ewigkeitsgarantie des demokratischen, föderalen Rechtsstaates.

Wenn der Rechtskandidat im Staatsexamen prüfen soll, ob eine politische Partei verfassungswidrig ist, muß er sich also an diese Vorgaben halten, wenn er das Examen bestehen will. Schauen wir also, was der Bundesjustizminister zu diesem Thema schreibt.

Zu Beginn schwurbelt er unverbindlich weit weg vom Wortlaut des Grundgesetzes über dessen Entstehungsgeschichte und sein angebliches historisches Wertefundament. Davon wolle jene Partei nichts wissen, weil sie im Geschichtsunterricht angeblich den Schwerpunkt auf das 19. Jahrhundert und die Befreiungskriege legen will. Identitätsbildend solle jene Epoche des Nationalismus sein, in der Preußen-Deutschland Kriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich vom Zaune gebrochen habe. Nun findet sich davon im Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl kein Wort. Was übrigens daran verfassungswidrig sein könnte, in den Schulen wieder mehr über die Zeit zu lehren, in der Deutschland sich einerseits zum Nationalstaat, und andererseits auch zur Demokratie entwickelte, bleibt wohl das Geheimnis des Juristen Heiko Maas.

Seine Behauptung, das Grundgesetz sei als bewußter Gegenentwurf zur Nazibarbarei geschaffen worden, deswegen sei auch seit 1949 das „vereinte Europa“ als Staatsziel im Grundgesetz verankert, würde ihm in der Prüfungsklausur sicherlich einen dicken roten Strich und einen strengen Kommentar des Prüfers einbringen. Denn im Grundgesetz von 1949 fand sich nichts von alledem. Art. 24 legte ursprünglich nur fest, daß der Bund durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen könne und er sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen könne. Erst Jahrzehnte später nach Schaffung der Europäischen Union wurde die heutige Fassung des Art. 23 GG eingeführt. Danach wirkt die Bundesrepublik Deutschland zur Verwirklichung eines vereinten Europas bei der Entwicklung der Europäischen Union mit. Wie dieses vereinte Europa verfaßt sein soll, legt das deutsche Grundgesetz naturgemäß nicht fest. Bekanntlich gibt es in Deutschland und Europa sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Rechtsnatur des vereinten Europa, ob Bundesstaat oder Staatenbund. Im Wahlprogramm der AfD heißt es dazu: „Die Zukunft Europas liegt nicht in der EU in ihrem jetzigen Zustand und auch nicht in ihrer weiteren Zentralisierung, sondern in einem Europa souveräner Staaten, die partnerschaftlich zusammen arbeiten.“ Was daran auch nur im Ansatz verfassungswidrig sein soll, ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Der Prüfer wird also in der Klausur nicht nur die unzutreffende Darstellung der Verfassungsgeschichte, sondern auch eine abwegige verfassungsrechtliche Beurteilung des zu prüfenden Wahlprogramms rügen.

Ausdrucksstark und begründungsschwach fährt unser Rechtskandidat weiter und schreibt: „Der Rassenwahn der Nazis hatte zur Ermordung von 6 Millionen Juden geführt. Dieses Menschheitsverbrechen vor Augen, wurden 1949 die Religionsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen in den Artikeln 3 und 4 des Grundgesetzes festgeschrieben.“ Da wirft unser Prüfling einiges durcheinander. Rasse und Religion sind zwei verschiedene Dinge. Auch sind der Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 GG, und die Religionsfreiheit (genau genommen: Freiheit, seine Religion auszuüben), Art. 4 Abs. 3 GG, zwei verschiedene Regelungsbereiche. Rassenwahn und Holocaust haben auch nicht die Mütter und Väter des Grundgesetzes dazu bewogen, die Religionsfreiheit einzuführen. Vielmehr findet sich diese bereits in Art. 135 der Weimarer Reichsverfassung, wo es heißt: „Alle Bewohner des Reichs genießen volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die ungestörte Religionsausübung wird durch die Verfassung gewährleistet steht unter staatlichem Schutze. Die allgemeinen Staatsgesetze bleiben hiervon unberührt.“ Auch dieser Abschnitt der Arbeit des Rechtskandidaten dürfte vor dem Auge des Prüfers keine Gnade finden.

Im folgenden echauffiert sich der Verfasser darüber, daß die AfD pauschal das Verbot von Minaretten und Muezzinrufen fordert. Nun kann man Zweifel daran haben, ob eine solche Forderung, auch in einem Wahlprogramm, besonders klug ist. Indessen kann man keinesfalls diese Forderung für verfassungswidrig halten. Auf die Definition der Verfassungswidrigkeit ist nochmals hinzuweisen. Art. 4 Abs. 3 GG unterfällt eben nicht der sogenannten Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG. Der Verfassungsgesetzgeber kann mit Zweidrittelmehrheit Gesetze beschließen, die insoweit die Religionsausübungsfreiheit einschränken, als sie beispielsweise öffentliche Bauvorschriften so gestalten, daß etwa die orientalische Bauform der Moschee mit Minaretten nicht zugelassen ist. Im übrigen zeigt die religiöse Praxis der Muslime in Deutschland seit Jahrzehnten, daß Moscheen nicht zwingend diese orientalische Bauform haben müssen. Auch dieser Passus aus der Feder des Prüflings wird ihm keine Punkte bringen.

Wo im Wahlprogramm der AfD unser Zensurministerlein einen Passus gefunden haben will, wonach Untersuchungshaft auch ohne Vorliegen von Haftgründen verhängt werden können soll, bleibt wohl sein Geheimnis. Der reklamierte Verstoß gegen die Garantie der Menschenwürde in Art. 1 des Grundgesetzes kann also nicht aufgefunden werden. Ob im übrigen jede staatlich angeordnete Freiheitsentziehung auch ohne richterliche Entscheidung immer gegen das Grundgesetz verstoßen würde, ist eine ganz andere Frage. Wir wollen sie hier nicht weiter prüfen. Erinnert sei nur an die vorläufige Festnahme durch Polizeivollzugsbeamte.

Die Forderung, das Waffenrecht zu lockern, um den Bürgern damit mehr Sicherheit zu geben, sieht der juristische Überflieger gar als Angriff auf den Rechtsstaat an, selbstverständlich im Kontext ebenfalls verfassungswidrig. Für soviel Kreativität bekommt man allerdings keinen Ehrendoktor, sondern in der Prüfung Null Punkte.

Besonders aufzustoßen scheint dem Politiker, der sich auf das Glatteis der Juristerei begibt, die Forderung der AfD in Ziff. 7.2 ihres Wahlprogramms, wonach sie das vom Grundgesetz geschützte und bewährte Leitbild der Ehe und traditionellen Familien mit Kindern bewahren und stärken will. Wo der Verfasser im übrigen die Forderung nach einem Ministerium, das die Bevölkerungsentwicklung nach wissenschaftlichen Kriterien koordiniert, gefunden hat, bleibt im Dunkeln. Was daran aber verfassungswidrig sein soll, noch viel mehr. Daraus auch noch ableiten zu wollen, die Partei wolle vorschreiben, wie viele Kinder wir bekommen sollen und dürfen, ist schon abenteuerlich. Inwieweit das vor allem die in der Tat von unserem Grundgesetz garantierte freie Lebensgestaltung des einzelnen nur berühren soll, erschließt sich nicht. Sicher ist das Familienbild der AfD ein anderes, als das der diversen Propagandisten von Gender and Diversity, wonach Familie so ziemlich alles ist, was mehr als zwei Personen umfaßt.

An und für sich sollte man über diese Auslassungen eines leibhaftigen Bundesjustizministers mit beiden juristischen Staatsexamina den sprichwörtlichen Mantel des barmherzigen Schweigens breiten. Indessen hat dieser juristische Rohrkrepierer ein hohes Staatsamt inne, in dessen Zuständigkeitsbereich die Gerichte und die Vorbereitung der Gesetzgebung fallen. Erstaunlicherweise ist die Zahl seiner politischen und medialen „Follower“, um einmal diesen Begriff zu gebrauchen, erheblich. Mir scheint es daher durchaus geboten zu sein, die juristische Blamage auch öffentlich zu machen.

 

 

 

 

Alle gegen einen

Der Mensch, so sagt man, ist ein Herdentier. Im Zweifel verhält er sich so, wie er glaubt, daß die anderen es von ihm erwarten. Nicht von ungefähr gilt es daher als herausragende Charaktereigenschaft, sich völlig entgegengesetzt zu verhalten und gegen den Strom zu schwimmen.

Ein Schulbeispiel dafür können wir in diesen Wahlkampfwochen erleben. Als es eine neue politische Partei gewagt hatte, den allgemeinen Konsens zu stören und die großen Erzählungen der führenden Politiker aller Parteien und der maßgeblichen Journalisten in den Medien in Frage zu stellen, trat vorhersehbar der „Schwarzes-Schaf-Reflex“ auf. Von nun an galt die Parole, den Störer auszugrenzen und vor ihm zu warnen wie vor einem Aussätzigen. Daß die zur Diagnose berufenen Ärzte – in diesem Fall natürlich die Juristen in den Verfassungsschutzämtern – diesen Aussatz in Gestalt der Verfassungsfeindlichkeit nicht festgestellt hatten, spielte keine Rolle. Vielmehr verließen sich die Stichwortgeber in der politischen Debatte auf die altrömische Weisheit: „Audacter calumniare, semper aliquid haeret!“ Zu deutsch: „Nur wacker verleumden, es bleibt immer etwas hängen!“ Natürlich hat es funktioniert. Nachdem man angesichts der stabilen Umfragewerte davon ausgehen muß, daß die AfD in den nächsten Bundestag einziehen wird, mußte die Strategie der Schweigespirale aufgegeben werden. Seither treten die Spitzenkandidaten der Partei in den Talkshows auf. Und dort kann man sehr schön das Herdenverhalten der etablierten Politiker und ihrer Steigbügelhalter in den öffentlich-rechtlichen Medien beobachten. Jede dieser Talkrunden läuft nach dem Schema „Alle gegen einen“ ab. Dabei schadet es nicht, die plattesten politischen Kalauer einzusetzen, wenn sie nur dazu tauglich erscheinen, den oder die betreffende Vertreterin der Schwarzes-Schaf-Partei lächerlich machen zu können.

So zum Beispiel am Dienstag Abend im ZDF. Die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel wurde unter der Regie von Marietta Slomka von den Vertretern der Parteien gemobbt, die für sich das Monopol in Sachen Anstand, Fachkenntnis und Weisheit in Anspruch nehmen. Nicht etwa, daß CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke dies tatsächlich für sich in Anspruch nehmen können. Sie sind genau genommen nur schon länger am Tisch und dulden keinen weiteren Esser mehr.

Bemerkenswert niedrig ist auch das Niveau, auf dem dieses Mobbing stattfindet. Unser Zensurministerlein Maas fand sich offenbar richtig witzig, als er Frau Weidel vorhielt: „Im übrigen Frau Weidel, Sie sind doch selbst ein Flüchtling, Sie sind aus der Schweiz nach Deutschland geflohen.“ Damit wollte er sich daran hochziehen, daß seine Kollegin Weidel – ja, seine Kollegin, denn er wird sich in Zukunft damit abfinden müssen, daß auch sie zu den Mitgliedern des Deutschen Bundestages gehört – derzeit ihren Wohnsitz in der Schweiz hat. Was er mit seiner nur durchschnittlichen Intelligenz nicht gemerkt hat, ist, daß er mit diesem unsäglichen Vergleich die Schweiz mit solchen Ländern auf dieser Erde gleichgesetzt hat, aus denen tatsächlich Menschen vor politischer Verfolgung, Bürgerkrieg oder blanker wirtschaftlicher Not fliehen, einmal ungeachtet der Tatsache, daß nur ein überschaubarer Teil von ihnen im Rechtssinne als Flüchtling anzusehen ist. Da konnte Andreas Scheuer von der CSU nicht zurückstehen. Er meinte den moralischen Glanz seiner Partei damit aufpolieren zu können, daß er Frau Weidel anblaffte: „Ja Frau Weidel, bevor Sie da jetzt rumstänkern, machen Sie erst mal den Zuschauern klar, daß Sie sich von Gauland und Höcke distanzieren!“ Nun ist es ein Auswahlkriterium in der Stellenbeschreibung für einen CSU-Generalsekretär, daß er zu flegelhaftem Benehmen neigt. In Bayern nennt man einen solchen Typen natürlich handfest-krachledern „Wadlbeißer“, womit wir im Bereich der Folklore angekommen sind. Allerdings hat Scheuer hier bewiesen, daß er den Unterschied zwischen frotzeln und präpotentem Pennälerverhalten nicht kennt. Das aufmunternde Feixen der als Moderatorin kraß fehlbesetzten Hohenpriesterin der political correctness Marietta Slomka dürfte allerdings dazu beigetragen haben, daß er sich in seiner Rolle als der Lümmel von der letzten Bank noch wohler fühlt als bisher.

Mit ihrem vorzeitigen Abgang aus dieser alles andere als edlen Runde hat Frau Weidel Charakter gezeigt. Die zurückgebliebenen Pharisäer beiderlei Geschlechts dürften allerdings nicht begriffen haben, wie sehr sie damit düpiert worden sind. Es bedarf keiner Prophetengabe zu prognostizieren, daß diese politische Groteske jedenfalls nicht Frau Weidel und ihrer Partei geschadet hat, eher im Gegenteil. Denn es gibt noch genügend Leute in diesem Lande, die Anstand und Fairness noch für Werte halten, die man gerade bei Politikern gerne finden würde.

 

Literaturempfehlung

Aufmerksame Leser meines Blogs wissen schon lange, daß mir die wahrheitsgemäße Darstellung unserer deutschen Geschichte am Herzen liegt. Deswegen habe ich ein Buch über die Nürnberger Prozesse von 1945 – 1949 geschrieben, das nun im Osning-Verlag erschienen ist. Der Titel „Keine Sternstunde des Rechts – Die Nürnberger Prozesse und die Rechtswirklichkeit“ ist ebenso bewußt provokant wie beschreibend. Das Buch kann im Versandbuchhandel oder direkt beim Verlag erworben werden. ISBN 978-3-9814963-6-9.