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Kriegsgeschichte nach Art des deutschen Fernsehens

Gestern (31.03.2016) Abend konnte man zum wiederholten Male erleben, wie im deutschen Fernsehen über Kriegsverbrechen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg berichtet wird. Diesmal war es die Sendung „Kontraste“ im Rotfunk Berlin Brandenburg. Die investigativen Journalisten dieses Senders hatten herausgefunden, daß ein inzwischen 94-jähriger Kommunalpolitiker aus dem Schwarzwald an einem Kriegsverbrechen in Italien am 29.09.1944 beteiligt war (in Wirklichkeit: daß die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen ihn ermittelt). Demnach soll er als Angehöriger der 16. Panzergrenadierdivision der Waffen-SS an Massakern im Bereich der Gemeinde Marzabotto nördlich von Florenz teilgenommen haben. Aufschlußreich ist, wie das in dieser Sendung dargestellt worden ist. Man kann das im übrigen ja in der ARD Mediathek immer noch nachträglich anschauen.

Nach der Darstellung in dieser Sendung hat eben der Beschuldigte damals an Greueltaten mitgewirkt, wie etwa die Einschließung von Dutzenden von Dorfbewohnern in einer Kapelle, um sie anschließend mit Handgranaten zu massakrieren, Massenerschießungen und sogar dem buchstäblichen Abschlachten von Dorfbewohnern. Natürlich präsentierte man auch einen „Zeugen“, der damals 16 Jahre alt war und seine Angehörigen mit aufgeschlitzten Bäuchen und heraushängenden Gedärmen vor seinem Elternhaus aufgefunden haben will. Der Beschuldigte habe eingeräumt, an dem Einsatz gegen Partisanen im Raum Marzabotto beteiligt gewesen zu sein. Von Greueltaten habe er aber nichts gewußt. Offensichtlich glauben ihm die Journalisten davon kein Wort. Vielmehr erweckt man den Eindruck, er sei führend an Greueltaten beteiligt gewesen. Schließlich habe er Dienstgrad eines Unterscharführers gehabt und sei als „Befehlshaber“ seiner Soldaten für jenen Einsatz verantwortlich gewesen. Wegen dieser Sache seien auch insgesamt zehn SS-Angehörige, darunter der Beschuldigte, von italienischen Militärgerichten verurteilt worden. Dies werde in Deutschland jedoch nicht anerkannt. Warum das so ist, wird dem Zuschauer nicht mitgeteilt. Das soll nun an dieser Stelle erläutert werden. Regelmäßig finden diese Verfahren vor italienischen Militärgerichten in Abwesenheit der deutschen Angeklagten statt. Solche Urteile entsprechen nicht rechtsstaatlichen deutschen Maßstäben. Sie binden daher unsere Gerichte nicht. Verräterisch ist auch der Sprachgebrauch dieser famosen Journalisten. Die Bezeichnung des Beschuldigten als Befehlshaber suggeriert, er sei damals in einer Position gewesen, in der er verantwortlich entscheiden konnte, ob und wie ein Einsatz gegen Partisanen oder unbeteiligte Zivilbevölkerung durchgeführt wird. Davon kann nicht entfernt die Rede sein, was sich schon aus dem SS-Dienstgrad des Beschuldigten ergibt. Er war Unterscharführer, was in der damaligen Wehrmacht und heutigen Bundeswehr dem Dienstgrad des Unteroffiziers entspricht. Ein Soldat in diesem Dienstgrad verfügte weder damals noch heute über die Befehlsgewalt, etwa einen derartigen Einsatz zu befehlen oder auch nur im Rahmen dieses Einsatzes über taktische Einzelheiten zu entscheiden. Vielmehr handelte es sich dabei um Soldaten, denen zum Beispiel selbst die Staatsanwaltschaft Dortmund in der Sache Kephallonia zugebilligt hat, keinerlei Handlungsspielraum gehabt zu haben, als es um die Erschießung von Gefangenen ging.

Aber es kam noch dicker. „Kontraste“ sprach mit dem ermittelnden Stuttgarter Staatsanwalt, der darauf hinwies, daß man einem Beschuldigten in einem solchen Falle konkret nachweisen müsse, was er im einzelnen getan habe, also mit anderen Worten, ob er persönlich unbeteiligte Zivilisten ermordet hat, oder zumindest unmittelbar daran beteiligt war. Das ist natürlich völlig richtig. Da dies aber im deutschen Fernsehen im Falle von wirklichen oder auch nur behaupteten Kriegsverbrechen deutscher Soldaten nicht sein darf, mußte man die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft „korrigieren“. Dazu befragte man die bekannte Linksanwältin Gabriele Heinecke, die schon in mehreren Verfahren wirkliche oder angebliche Hinterbliebene von wirklichen oder angeblichen Kriegsverbrechen deutscher Soldaten auf dem italienischen Kriegsschauplatz des Zweiten Weltkrieges vertreten hat. Ihre engen Verbindungen zur kommunistisch dominierten Resistenza sind offensichtlich. Nach dem sie erst einmal erklärt hatte, hier handele es sich ja um ein Gruppenverbrechen, sodaß jeder Angehörige der Gruppe verantwortlich sei, verwies man in der laufenden Sendung dann auf die Fälle Demjanjuk und Gröning. Hier handelte es sich jeweils um Angehörige von SS-Wachmannschaften, die in den Vernichtungslagern Auschwitz und Sobibor Dienst getan hatten. In jenen Fällen kamen die Gerichte zu dem Schluß, daß hier ausnahmsweise schon die Feststellung genügt, daß jemand dort Dienst getan hat, weil eben diese Lager keinen anderen Zweck hatten, als die dorthin verschleppten Menschen umzubringen. Der Stuttgarter Staatsanwalt wies dann zu Recht darauf hin, daß diese Fälle sich im entscheidenden Punkt von dem vorliegenden unterscheiden. Während es dort ausschließlich um die Vernichtung der eingelieferten Personen gegangen sei, sei das bei einer militärischen Einheit anders, die auch Kampfaufgaben, hier im Partisanenkampf, zu erledigen hatte. Da müsse man schon feststellen, was der betreffende Beschuldigte denn nun genau getan habe. Im vorliegenden Fall hat sich ja der Beschuldigte dahingehend eingelassen, am Kampfeinsatz gegen die Partisanen teilgenommen zu haben, von anderen Dingen jedoch nichts gewußt zu haben. Hinzu kommt, daß an jenem Einsatz gegen die Partisanenbande „Stella Rossa“, die sich in einer Stärke von mehreren 100 Mann in den Dörfern der Gemeinde Marzabotto buchstäblich verschanzt hatte, und den angreifenden deutschen Truppen harten Widerstand leistete, neben Verbänden der 16. SS-Panzergrenadierdivision auch das Ost-Regiment 1059 der Wehrmacht und das Flakregiment 105 der Wehrmacht, letzteres auch mit infanteristischen Kräften, teilgenommen hatten. Somit können einzelne Kampfhandlungen wie auch Tötungen von Dorfbewohnern nicht einzelnen Truppenteilen, und noch weniger einzelnen Soldaten, zugeordnet werden.

Damit aber auch jeder Fernsehzuschauer sicher sein kann, daß sämtliche Teilnehmer an diesem Einsatz als Straftäter angesehen werden müssen, wurde dann noch der Historiker Carlo Gentile als Fachmann für den Partisanenkrieg in Italien vorgestellt. Der wußte natürlich, daß die 16. SS-Panzergrenadierdivision Erfahrung im Vernichten der Zivilbevölkerung hatte, und dies arbeitsteilig organisiert war. Richtig ist, daß Carlo Gentile sehr viel über den Partisanenkrieg in Italien geschrieben hat, wobei er tendenziell stets die Deutschen belastet und die Partisanen entlastet. Richtig ist auch, daß diese Division der Waffen-SS sehr häufig für derartige Kriegsverbrechen verantwortlich war. Somit konnten dann die wackeren Mitarbeiter der Agitpropabteilung des Senders feststellen, daß der Beschuldigte unmittelbarer am Mord beteiligt war, als etwa „ein kleiner Buchhalter in Auschwitz“. Für den unkundigen Zuschauer war damit klar, daß die deutsche Justiz hier – wieder einmal, so sollte es scheinen – einen Kriegsverbrecher der NS-Zeit schützt. Die bereits erwähnte Linksanwältin durfte dann auch abschließend erklären, die Staatsanwaltschaft Stuttgart sei hier gewissermaßen der Stöpsel in der Flasche, den man auch haben wolle, um diese Verfahren zu beenden. Das sei aber nicht die Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Es sei rechtsstaatswidrig, nicht die entscheiden zu lassen, die dazu berufen sind, und das seien nun einmal die Gerichte. Diese Erklärung ist nicht nur unverschämt, ja beleidigend gegenüber der Staatsanwaltschaft in Stuttgart. Sie ist aus dem Munde einer erfahrenen Rechtsanwältin auch fachlich bodenlos, das aber mit voller Absicht. Natürlich weiß die Dame, daß die Strafprozessordnung der Staatsanwaltschaft nicht die letzte Entscheidung darüber zubilligt, ob ein Ermittlungsverfahren zur Anklage führt oder nicht. Denn gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens kann von den Verletzten bzw. ihren nahen Angehörigen das sogenannte Klageerzwingungsverfahren durchgeführt werden, an dessen Ende die Entscheidung eines Oberlandesgerichts steht. So war es ja beispielsweise auch im Falle Kephallonia, in dem gegen den Führer des Exekutionskommandos ermittelt wurde, vor das der italienische General Gandin und seine Stabsoffiziere gestellt worden waren. Hier wurde eben dann von einem Gericht festgestellt, daß ein hinreichender Tatverdacht des Mordes nicht vorlag, und somit auch eine Anklage nicht zu erheben war. Natürlich wurde in diesem Beitrag auch nicht erwähnt, daß sowohl der Kommandeur der 16. SS Panzergrenadierdivision GenLt Simon, als auch der Führer jenes Einsatzes im Gebiet der Gemeinde Marzabotto, Sturmbannführer (entspricht dem Dienstgrad Major) Reder, unter anderem wegen dieses Falles von einem britischen bzw. den italienischen Militärgerichten zum Tode bzw. langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind.

Abschließend kann man nur feststellen, daß seriöse Berichterstattung anders aussieht. Weder die damaligen Vorgänge in Marzabotto, die nun beim besten Willen nicht mehr juristisch aufgeklärt werden können, noch die Rechtslage wurden den Fernsehzuschauern auch nur annähernd zutreffend erklärt. Sicherlich ist es so, daß in Marzabotto sowohl Gefechte zwischen den eingesetzten deutschen Truppen und den italienischen Partisanen stattgefunden haben, in deren Verlauf ganz sicher auch unbeteiligte Dorfbewohner umgekommen sind. So haben die Partisanen ja aus bewohnten Häusern heraus gekämpft. Diese wurden auch, teilweise mit Artillerie, beschossen. Auf der anderen Seite hat es ganz sicher auch Kriegsverbrechen deutscher Truppenteile gegeben. Auch wenn nach den überlieferten Feststellungen der britischen militärischen Ermittler den Aussagen italienischer Zeugen häufig nicht geglaubt werden kann, weil sie gar zu übertrieben und phantasievoll, teilweise ganz offensichtlich falsch waren, so können ja nicht sämtliche Berichte über die Ermordung von unbeteiligten Zivilisten falsch sein. Nur ist es eben so, daß im Nachhinein das eine vom anderen nicht mehr unterschieden werden kann, jedenfalls nicht mit der Sicherheit, die es einem Juristen ermöglicht, einem bestimmten Soldaten ein bestimmtes Verbrechen zur Last zu legen.

Um eine solche ausgewogene Berichterstattung geht es hier aber offensichtlich nicht. Nach dieser Sendung kann man keinen anderen Eindruck haben als den, daß es hier nur darum geht, die Zuschauer darüber zu belehren, daß ihre Vorfahren Kriegsverbrecher gewesen seien. Man nennt das heute, wie man hört, Qualitätsjournalismus. Ach ja, beinahe hätte ich’s vergessen. Nach deutschem Recht gilt jeder als unschuldig, der nicht von einem deutschen Gericht rechtskräftig wegen der zur Last gelegten Tat verurteilt worden ist. Man nennt das auch die Unschuldsvermutung. Für das deutsche Fernsehen gilt das offenbar nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn es um deutsche Soldaten geht. Da gilt vielmehr der Verdacht als Schuldbeweis.

Die Mannschaft

Gestern (27.03.2016) abend hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ein Freundschaftsspiel gegen das englische Nationalteam 2:3 verloren. Das ist an sich nicht der Rede wert. Doch ist die Art und Weise, wie sich die Spieler, mehr jedoch noch die Verantwortlichen des Deutschen Fußballbundes und auch die Zuschauer, pardon, Fans natürlich, dargeboten haben, einer näheren Betrachtung wert. Nimmt man nur den Spielverlauf, so gilt es allgemein als wenig schmeichelhaft, sich nach einer 2:0 Führung noch die sprichwörtliche Butter vom Brot nehmen zu lassen und am Ende mit 2:3 zu verlieren. Bei genauerem Hinsehen hat man allerdings auch feststellen können, daß es vielfach an der Entschlossenheit gefehlt hat, durch die sich eine Spitzenleistung auf dem Platz von der Alltagskickerei unterscheidet.

Grund genug, auch das Umfeld genauer zu betrachten, denn auch die Spieler bewegen sich nicht im luftleeren Raum. So mußte es denn auch auffallen, daß während des gesamten Spiels nahezu ausschließlich die englischen Fans akustisch vernehmbar waren und immer wieder ihre Nationalhymne anstimmten. Das waren nur rund 4.000 Engländer. 71.413 Zuschauer sahen das Spiel, also waren die Deutschen mit rund 67.000 Zuschauern zahlenmäßig um ein Vielfaches überlegen. Dennoch hörte man von ihnen während des gesamten Spiels kaum einmal etwas. Nun fallen gerade die englischen Fans generell nicht als höfliche und zurückhaltende Zeitgenossen auf. Vielmehr geben sie sich meist als arge Proleten. Aber sie stehen fest, lautstark und unerschütterlich zu ihrem Team. Beim Absingen der Nationalhymnen vor dem Spiel übertrafen sie die deutschen Zuschauer in der Lautstärke um mehrere Dezibel. Bekanntlich ist die Steigerung um ein Dezibel als akustische Verdoppelung der Lautstärke wahrnehmbar. Auch die englischen Spieler singen ihre Nationalhymne vor dem Spiel mit Inbrunst, auch die farbigen Mannschaftskameraden. Die deutschen Zuschauer hingegen pflegen ja in ihrer übergroßen Mehrzahl überhaupt nicht mitzusingen, ihre Spieler zumeist nur recht dezent, falls man einen sogenannten Migrationshintergrund hat, im allgemeinen überhaupt nicht. Daran ändert es auch nichts, daß sich der DFB seit einigen Jahren einen sogenannten Fanclub zugelegt hat. Dieses Retortenprodukt unterscheidet sich von den häufig leider zu lebendigen Fanclubs der Fußballvereine denn auch vor allem dadurch, daß seine zahlenden (!) Miiglieder so brav und gesittet auftreten, wie ein Mädchenpensionat beim Theaterbesuch. Aber auch als nicht organisierter Eintrittskartenkäufer oder Fernsehzuschauer hat man wenig Anlaß zur Entwicklung von Emotionen. Der DFB scheint es offenbar irgendwie unpassend zu finden, sein Auftreten mit nationalen Symbolen zu verbinden. Jedenfalls in der Außendarstellung ist aus der deutschen Fußballnationalmannschaft „Die Mannschaft“ geworden. Und abweichend von der weltweit geltenden ungeschriebenen Regel, wonach die Heimmannschaft auch ihr traditionelles Trikot trägt, ließ man die deutschen Spieler in einem sogenannten Auswärtstrikot auflaufen, dessen Farbgebung allein schon dazu herausfordert, daraus Schlüsse auf die Mentalität der Verantwortlichen zu ziehen. Ein Trikot in dunkelgrau und gedecktem dunkeloliv, gewissermaßen in Tarnfarben, und eine weiße Hose, gewissermaßen das Weiß der Unschuld, passen so recht zum neuen Image des DFB. Dem ganzen wird die Krone aufgesetzt, in dem der Mannschaftsbus und die Spielfeldumrandung mit dem Schriftzug: „Vive La Mannschaft“ verunziert werden. Auch hier wieder die offenbar bewußte Abkehr von Tradition und nationaler Symbolik. Statt auf den Mannschaftsbus einfach „Deutschland“ zu schreiben, ist nur noch von einer „Mannschaft“ die Rede, von welcher eigentlich? Das ganze dann auch noch – offenbar mit Blick auf die Austragung der diesjährigen Europameisterschaft in Frankreich – mit einem französisch/deutschen Mischmasch zu präsentieren, kann wohl nur Werbeagenturen einfallen, die ja auch schon einmal eine Braut mit ihrem Mops auf dem Arm zum Traualtar schreiten lassen. Vielleicht wollte man sich auch nur krampfhaft bemühen, für die deutsche Nationalmannschaft einen ähnlich populären Begriff zu kreieren, wie ihn etwa die Italiener mit ihrer Squadra Azzurra und die Argentinier mit ihrer Albiceleste haben. Allerdings kann so etwas nicht von einer Werbeagentur kreiert und von einem Vorstand dekretiert werden. Derartiges kann, wenn überhaupt, nur über Jahrzehnte in den Herzen einer fußballbegeisterten Nation heranwachsen. Vor allem aber würde es zum Beispiel den Franzosen nicht einmal in einem Fiebertraum einfallen, ihren Mannschaftsbus etwa mit der Aufschrift: „Es lebe die Equipe!“ zu beschriften, nur weil das Turnier gerade in Deutschland stattfindet.

Das Bemühen um eine gewissermaßen antiseptische, weitgehend von allen starken Gefühlsäußerungen gereinigte fröhliche Atmosphäre, selbstverständlich fernab von allem als dumpf denunzierten Nationalen, paßt so recht zu Merkel-Deutschland, personifiziert in dieser Nutella-Atmosphäre mit Oliver Bierhoff, dem Traum aller Schwiegermütter, inmitten. Überschäumende Emotionen, Leidenschaften und Identifikation mit der im Wortsinne National-Mannschaft haben da keinen Platz. Naive Fröhlichkeit und aufgesetzte Internationalität genügen. Dann ist auch die Teilnahme wichtiger als der Sieg. „Freundschaft, Freundschaft“ ließ Honecker rufen.

Armageddon

Das Maß ist nicht einfach voll. Nein, es läuft über. In rascher Folge schlagen Terroristen im Namen Allahs zu. Sie führen einen Krieg, einen schmutzigen Partisanenkrieg gegen uns. Sie hassen und verachten uns, die wir uns alle Genüsse leisten und leisten können, und ihrer asketischen Unterwerfung unter einen strengen und strafenden Gott allenfalls mit einem gleichgültigen: „Wenn ihr es denn glaubt“ begegnen. Sie halten es für ihre Pflicht, das Banner ihres Propheten auf den Regierungspalästen aller Länder aufzupflanzen. Sie sind damit die zeitgemäßen Nachfolger der islamischen Heere, die Karl Martell bei Tours und Poitiers 732 zurückgeschlagen und Prinz Eugen in der Schlacht von Peterwardein 1716 endgültig besiegt hat. Sie glauben fest daran, als im Krieg gegen die Ungläubigen Gefallene in ein Paradies einzugehen, das ihnen ihre Schriftgelehrten als riesiges Freudenhaus beschrieben haben, in dem ihnen ständig zahllose attraktive Frauen zu Willen sind. Ihre Lust wird nach diesen Heilsversprechungen niemals versiegen und die physiologischen Folgen der Lust werden auch nie nachlassen. Daß derartige Heilsversprechungen im Hinblick auf ihren alles andere als transzendentalen Charakter überhaupt eine nennenswerte Schar von Anhängern gefunden haben, ist einer eigenen Untersuchung wert. Entscheidend ist jedoch, daß wir es hier mit religiösen Überzeugungen zu tun haben, die rationales Denken vollständig ausschalten. Nur dann ist ein solcher Fanatismus möglich, wie er Selbstmordattentäter und Angehörige von im Wortsinne Himmelfahrtskommandos beseelen muß. Für uns aufgeklärte und vom Hedonismus geprägten Menschen der westlichen Welt, ob Anhänger eines aufgeklärten Christentums oder Agnostiker, ist eine solche Persönlichkeitsstruktur überhaupt nicht mehr vorstellbar. Wenn wir uns jedoch darauf besinnen, daß die frühen Christen in Scharen zu Märtyrern wurden, weil sie sich der in unseren Augen lächerlichen kleinen Formalität verweigerten, neben der Verehrung ihres Gottes eben auch der römischen Staatsräson zu entsprechen und dem göttlichen Kaiser zu huldigen, dann sollten wir doch eine Ahnung von dem bekommen, was ein unerschütterlicher Glaube bei einem Menschen auszurichten vermag. Wir müssen schlicht und einfach als Tatsache erkennen, daß der streng und ursprünglich verstandene Islam eben solche Persönlichkeiten formt.

Diese Soldaten Allahs haben uns den Krieg erklärt. Einen Krieg bis zur vollständigen Unterwerfung. Wenn wir den Kampf aufnehmen wollen, dann müssen wir analysieren und erkennen, mit welchem Feind wir es zu tun haben. Wir werden dann um die oben skizzierte Erkenntnis nicht herumkommen. Wir werden dann auch erkennen müssen, daß man einen Krieg nur gewinnen kann, wenn man die Gesetze des Krieges befolgt. Für den gelernten Soldaten ist das eine Binsenweisheit. Gepanzerten Feind wird man nur mit gepanzerten Truppen und panzerbrechenden Waffen besiegen können. Und so wird man zunächst einmal darüber nachdenken müssen, ob es angesichts des kriegerischen Willens und der kriegerischen Mittel des Feindes noch ausreicht, polizeiliche Mittel unter Beachtung des Polizeirechts mit seinem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dagegen zu setzen. Ja, wir müssen darüber nachdenken, ob wir in diesem Kampf nicht doch auch das Kriegsrecht anwenden müssen. Im Gefecht unter den rechtlichen Bedingungen des Krieges ist die Ausschaltung bzw. Vernichtung des Feindes das taktische Ziel des Einsatzes. Der Feind verhält sich schon lange so. Allerdings mit dem gravierenden Unterschied zu unseren Vorstellungen vom Recht des Krieges, das auf den Kampf der militärischen Kombattanten gegeneinander zugeschnitten ist, massakriert er in der Absicht, vor allem die wehrlose feindliche Zivilbevölkerung psychisch zu lähmen, bedenkenlos und willkürlich Badeurlauber, Fluggäste, Passanten und U-Bahn Benutzer.

Vor allem aber ist es an der Zeit, sich auch geistig zu rüsten. Es wird vom Feind als Schwäche angesehen und stachelt ihn deswegen nur noch mehr an, wenn Politiker und Publizisten auf die Nachricht vom neuesten Terroranschlag erst mal mit Bestürzung, Betroffenheit und Entsetzen reagieren. Alles Beschreibungen einer Haltung der Schwäche und des Ausdrucks der Unterlegenheit. Die über Jahrzehnte anerzogene Kultur der Gewaltlosigkeit, das Ideal der Sanftmut und der Glaube an das Gute im Menschen haben uns unfähig gemacht, einen Gegner, der von alledem nichts wissen will und eine solche Geisteshaltung nur verachtet, als das zu erkennen, was er ist und daraus die gebotene Konsequenz zu ziehen. Wenn wir in diesem Krieg nicht untergehen wollen, dann muß jede Reaktion auf die Nachricht von einem feindlichen Angriff die Entschlossenheit erkennen lassen, mit jeder Faser des Herzens den Kampf aufnehmen zu wollen und die Überzeugung spüren lassen, diesen Kampf am Ende zu gewinnen. Es sind nicht die Tage der Sanftmütigen. Es sind die Tage des Zorns. Erst wenn wir die Wölfe erlegt haben werden, können wir uns den Blumen im Garten wieder zuwenden.

Die Mogelpackung

Parturient montes, nascetur ridiculus mus spottete einst Horaz. Was er noch im sprachlichen Futur formulierte, kann nun nach dem gefühlt dreißigsten „Gipfel“ der europäischen Staatenlenker samt ihrer Brüsseler selbstinstallierten Vormünder nun in der Vergangenheitsform skandiert werden: Parturiebant montes, nascebatur ridiculus mus. Die nicht des Lateinischen Kundigen unter meinen Lesern muß ich natürlich zunächst einmal um Nachsicht bitten. Angesichts des Possenspiels, das uns die europäischen Spitzenpolitiker unter der Führung unserer Kanzlerin wieder einmal geboten haben, bot sich dieses klassische Zitat einfach an. Wörtlich übersetzt heißt es, daß die Berge kreißen werden, indessen nur ein lächerliches Mäuslein geboren werden wird. Will heißen, daß eine gewichtige Entscheidung von epochaler Bedeutung mit größtmöglichen Tamtam angekündigt wird, tatsächlich jedoch ein lächerliches kleines Beschlüßchen zu erwarten ist. Und das hat sich auch wieder einmal als richtige Prognose erwiesen. Deswegen kann der zitierte Satz des römischen Dichters Horaz nun in der Vergangenheitsform formuliert werden.

Wochenlang hat man uns Bürgern versichert, nur eine europäische Lösung nach den Vorstellungen unserer Kanzlerin werde dem Flüchtlingsproblem gerecht. Eine solche europäische Lösung wäre natürlich die Schließung der Grenzen in der Art und Weise gewesen, wie sie Österreich und die Balkanländer inzwischen durchführen. Daß wir derzeit nur noch wenige Flüchtlinge in unser Land kommen sehen, ist ja allein darauf zurückzuführen, auch wenn die Kanzlerin und ihre Knappen nun den Eindruck erwecken wollen, dies sei ihr Verdienst. Für Frau Merkel und ihre Anhänger war die konsequente Schließung und Abriegelung der Grenzen indessen eine unmenschliche Horrorvorstellung. Deswegen ist man über eine europäische Lösung hinausgegangen und hat die zweifelsfrei außereuropäische Türkei zur Hilfe gerufen. Die soll es nun richten. Über die vielfachen praktischen Schwierigkeiten, die mit dem in Brüssel nun beschlossenen Vorgehen einhergehen, und die das Gelingen dieser Aktion von vornherein sehr in Frage stellen, ist zu Recht schon viel gesagt worden. Daß ausgerechnet Griechenland, dessen staatliche Ordnung weitgehend überhaupt nicht funktioniert, die Registrierung und Rückführung der Flüchtlinge in die Türkei organisieren soll, mutet wie ein schlechter Witz an. Das wird auch nicht dadurch besser, daß die übrigen europäischen Staaten den Griechen hierzu Fachpersonal in Gestalt von Beamten, Polizisten und Richtern zur Verfügung stellen wollen. Alleine diese Regelung zeigt ja bereits, daß Griechenland überhaupt nicht in der Lage ist, den erwarteten Beitrag zu leisten. Daß man sich dann ausgerechnet von der Türkei abhängig gemacht hat, wirft schon die Frage danach auf, was die Gipfelteilnehmer eigentlich während der Tagung geraucht und getrunken haben. Das Schicksal des Gelingens dieser Vereinbarung ausgerechnet in die Hände eines Landes zu legen, dessen undurchsichtige Strukturen jede Kontrolle durch die Europäische Union unmöglich machen, und dessen demokratisches System zügig durch ein autokratisches, künftig wohl eher diktatorisches System ersetzt wird, ist schlicht und einfach abenteuerlich. Nur unter der Wirkung von Chrystal Meth kann man die Visafreiheit für Türken zusagen, die uns Millionen von Sozialhilfeempfängern bescheren wird. Vor allem aber ist die getroffene Vereinbarung, wonach für jeden illegal nach Griechenland eingereisten Syrer, sofern ihm dort nicht nach einem rechtsstaatlichen Asylverfahren (in Griechenland!) Asyl gewährt wird, ein Syrer legal in die Europäische Union einreisen darf, ein Nullsummenspiel. Dies auch nur hinsichtlich der Flüchtlinge syrischer Nationalität. Für Afghanen, Iraker und Kurden gilt das nicht. Im Ergebnis werden wir in Europa noch mehr Migranten haben, als zuvor. Völlig unklar ist, welche europäischen Länder denn nun die sogenannten legalen syrischen Flüchtlinge aufnehmen sollen. Daß hier eine Verteilung nach einem wie auch immer zu berechnenden Schlüssel stattfinden wird, glaubt doch niemand. Nicht einmal die laut EU-Beschluß vom November 2015 innerhalb der Union zu verteilenden 160.000 Flüchtlinge sind tatsächlich vereinbarungsgemäß aufgeteilt worden. Tatsächlich sind das weniger als 1.000, vorwiegend natürlich in Deutschland. Es bedarf keiner Prophetengabe vorherzusagen, daß Deutschland weiterhin die allermeisten Flüchtlinge aufnehmen wird, diejenigen Länder indessen, die in den letzten Monaten überhaupt keine Flüchtlinge mehr aufgenommen haben, auch künftig keine mehr aufnehmen werden. Von dem Problem der Hunderttausenden von einwanderungswilligen Afrikanern in Libyen und anderswo ist überhaupt noch keine Rede.

Alle bis jetzt schon sattsam bekannten Probleme, Arbeitsmarkt, Integration, Krankenkassen und nicht zuletzt Innere Sicherheit harren nicht nur weiterhin einer Lösung, die diesen Namen verdient. Vielmehr ist mit einer Verschärfung der Situation zu rechnen.

Die Vereinbarung zwischen Europäischer Union und Türkei vom letzten Freitag muß also, was ihr Problemlösungspotenzial angeht, in der Tat als lächerliches Mäuslein bezeichnet werden. Was indessen tatsächlich an unserer europäischen Südgrenze zum Sprung in die deutsche Mitte der Europäischen Union ansetzt, ist indessen ein ausgehungerter Löwe.

 

Das Schlaumeierle

Ich habe heute Abend mal in eine dieser Flüchtlinge-sind-gut-für-uns Sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hineingeschaut. Die Verantwortung für die politisch korrekte Desinformation der Zuschauer lag in diesem Falle bei Maybrit Illner. Zu ihren Gästen gehörte Thomas Strobl, seines Zeichens Vorsitzender der CDU in Baden-Württemberg. Sein Auftritt war das Musterbeispiel des politischen Bühnenspiels. Aus jedem Wort, jeder Gesichtsregung und jedem Blick sprach das verzweifelte Bemühen, den Erwartungen der Moderatorin und des natürlich wie immer handverlesenen Publikums zu entsprechen. Dies schien ihm offensichtlich den Chancen seiner Partei bei der Wahl am Sonntag förderlich zu sein. Körpersprache, verquaste Argumentation und Mimik erinnerten mich als seit Jahrzehnten mit dem Verhalten von Parteien, Angeklagten und Zeugen vor Gericht vertrauten Anwalt an einen Angeklagten oder Zeugen, der einen Sachverhalt schönredet, sich herauswindet oder glatt lügt. Dabei schreckte dieser Spitzentrottel seiner Partei nicht einmal davor zurück, im Vertrauen auf das kurze Gedächtnis der mittleren bis älteren Generation und die Unwissenheit der jüngeren Generation offensichtliche Unwahrheiten zu behaupten. Im Zusammenhang mit der Fragestellung, ob angeblich „rassistische“ Verhaltensweisen der eingesessenen Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen etwas damit zu tun haben könnten, daß es sich um Muslime handele, suchte er diese offensichtliche Tatsache damit schönzureden, besser gesagt, umzufälschen, daß er behauptete, nach dem Fall der Mauer 1989 seien in seinem Heimatland Baden-Württemberg Unterkünfte von Flüchtlingen – da ist niemand geflohen, da sind Leute umgezogen – attackiert worden. Also seien ja auch sogar Deutsche in Deutschland den geflüchteten Deutschen mit Ablehnung begegnet. Damit meinte er wohl den Beweis dafür geführt zu haben, daß der religiös-kulturelle Hintergrund von Zuwanderern keine Rolle spielt. Daß dies offensichtlich Unsinn ist, muß nicht weiter vertieft werden.

Der Fisch stinkt stets vom Kopf her. Das gilt natürlich auch für politische Parteien. Man muß also der CDU in Baden-Württemberg von Herzen wünschen, daß sie am Sonntag eine krachende Wahlniederlage erleidet. Etwas anderes hat sie mit solch einem Vorsitzenden nicht verdient. Wer in Baden-Württemberg noch bürgerlich-konservativ denkt und deswegen eine entsprechende politische Kraft in seinem Lande sehen will, der muß eben darauf warten, daß diese CDU erst einmal verbrennt. Aus der Asche mag ein Phönix entstehen. Daneben gibt es allerdings auch eine bürgerliche Alternative.

Geht’s noch?

Der Sonntags-Stammtisch des Bayerischen Fernsehens ist eine Talkshow ganz eigener Art. Einer der wenigen Journalisten, denen man ein großes Maß von Klugheit und Unabhängigkeit attestieren darf, Helmut Markwort, moderiert an nahezu jedem Sonntagvormittag des Jahres ein Gespräch mit zwei Stammgästen und zwei geladenen Gästen aus Politik, Medien, Kultur oder Wirtschaft. Im allgemeinen wird dort ausgewogen, aber durchaus auch pointiert diskutiert, was sich in der vergangenen Woche ereignet hat. Es gibt aber auch Ausreißer. Einen solchen konnte man am letzten Sonntag erleben. Ein bayerischer Bänkelsänger, dessen Name hier nichts zur Sache tut, und den man sich auch nicht unbedingt merken muß, meinte als seinen sogenannten Ärger der Woche anführen zu müssen, daß die frühere Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach MdB vor einigen Tagen auf Twitter ein Bild gepostet hat, das ein kleines blondes Mädchen im Kreis von Menschen offensichtlich vom indischen Subkontinent zeigt, übertitelt mit „Deutschland 2030“ und der Unterzeile: „Woher kommst du denn?“ Darüber hat sich jener Zeitgenosse offenbar derartig gemopst, daß er glaubte erklären zu müssen: „Es ist unmöglich, daß die Frau immer noch im Deutschen Bundestag sitzt und vor allem später mal Pensionsansprüche stellt, die aus der Tasche der deutschen Steuerzahler bezahlt werden müssen.“ Was ist denn das für ein Demokrat? Seine Vorstellungen von Meinungsfreiheit bezieht er offenbar von Erdogan oder Putin. Das ohne wirklich entschiedenen Widerspruch am Tisch. Lediglich der Moderator selbst warf dazu die Frage auf, wie man jemanden eine Pension wegnehmen könne, wenn er seine Meinung äußert.

Es spielt im übrigen auch keine Rolle, ob Frau Steinbach das satirisch gemeint hat oder nicht. Wenn es Satire war, dann ist mit Kurt Tucholsky zu fragen: „Was darf Satire?“ Und mit ihm zu antworten: „Alles!“ Wenn es keine Satire ist und auch nicht so gemeint war, dann ist es eben ein sehr drastischer Hinweis auf die in Gang gekommene Veränderung der ethnischen Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung. Wenn man in Deutschland nämlich ethnische Ghettos nach Art der französischen Banlieus zulassen sollte, wie wir sie leider teilweise in Berlin oder Duisburg schon haben, dann könnten sich in gut 20 Jahren dort derartige Szenen durchaus abspielen. Gerade eine Politikerin hat durchaus das Recht, vielleicht sogar die Pflicht, anstehende Probleme auch in plakativer, drastischer Form darzustellen.

Wenn man den Bereich der Satire betrachtet, etwa die diversen Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitschrift ebenso wie in dem französischen Satiremagazin Charlie Hebdo, und sich daran erinnert, wie die deutschen Intellektuellen, die Künstler zumal, auch angesichts der geschmackloseren Exemplare jener Karikaturen eisern das Banner der Kunstfreiheit hochgehalten haben, dann fragt man sich schon, ob nicht bei dem eingangs genannten bayerischen Bänkelsänger und all denen, die auf Frau Steinbach wegen dieses tweets eingeschlagen haben, einige Hirnwindungen eingefroren sind. Den Problemen der Zuwanderung darf man sich jedenfalls in dem Teil der deutschen Gesellschaft, der vor den Fernsehkameras agiert, ausschließlich mit Merkel-freundlichen Kommentaren zuwenden, und wenn man das nicht tut, jedenfalls mit heiligem Ernst und der Beteuerung, auf der Suche nach noch humaneren Lösungen zu sein.

Glücklicherweise können wir vor den Bildschirmen wenigstens in Abständen von unserem Wahlrecht Gebrauch machen. Es scheint so, daß ein Teil der Bürger dies gerade in einer Weise tut, die den Leuten vor den Kameras ganz und gar nicht gefällt. Und das ist Demokratie.

Weißt du noch…

So beginnen die Geschichten, die man sich von alters her über die gute alte Zeit erzählt. Und so beginnen heute die Geschichten von unvergesslichen Fernsehabenden in Bayern, als auf dem Nockherberg noch fröhlich-gutmütig derbleckt wurde. Unvergessen die Salvatorreden aus der Feder des vortrefflichen Hannes Burger, von wem auch immer vorgetragen. Unvergesslich das Singspiel, in dem die bayerische wie auch die bundesdeutsche Politik trefflich persifliert wurde, zum Beispiel mit den Volksschauspielern Gerd und Walter Fitz in den Rollen von Franz Josef Strauß und Hans-Dietrich Genscher. Hier wurden geistreich mit feinem Humor, auch wenn dieser bisweilen krachledern daherkam, die bayerischen Politiker insbesondere, die übrigen bundesdeutschen am Rande, durch den sprichwörtlichen Kakao gezogen. Niemals indessen landeten die Schläge der Nockherberg-Kabarettisten unter der Gürtellinie der derbleckten Politiker an den Biertischen zu ihren Füßen. Man pflegte eben einen feinen, launigen Humor. Und niemals hatte man vor dem Bildschirm den Eindruck, die Zielscheiben stünden nur in einer politischen Himmelsrichtung und man befinde sich auf einer verkappten Wahlveranstaltung der SPD respektive der Grünen.

Diese Zeiten sind vorbei.

Wer am vergangenen Mittwochabend im Bayerischen Fernsehen die Veranstaltung auf dem Nockherberg angesehen hat, der sah sich im Verhältnis zu den oben geschilderten seligen Zeiten in eine andere Welt versetzt. Die Salvator-Rede der als „Mama Bavaria“ auftretenden Kabarettistin Luise Kinseher hätte man – zugegebenermaßen mit deutlich weniger rhetorischem Schliff – auch im bayerischen Landtag anhören können, wenn die Opposition die Regierungsmehrheit grundsätzlich angeht. Allerdings sollte man künftig davon Abstand nehmen, diese in einem demokratischen Rechtsstaat ganz sicher juristisch zulässigen Beschimpfungen aus dem Munde einer symbolischen Mutter über die betroffenen Politiker tönen zu lassen. Derart ätzende und persönlich herabwürdigende Invektiven, wie sie Frau Kinseher glaubte als strenge Mama über ihre Opfer ausgießen zu müssen, würde eine wirkliche Mutter ihren leiblichen Kindern niemals um die Ohren schlagen. Vielleicht steht dieser Erkenntnis nicht nur der offen zutage getretene politische Eifer von Frau Kinseher entgegen, sondern auch der Umstand, daß ihr die Gefühlswelt einer leiblichen Mutter jedenfalls bisher nicht eigen ist.

Auch über das anschließende Singspiel kann nichts Besseres gesagt werden. Nicht nur die inhaltsarmen Längen der Inszenierung und ihre vielfachen Anleihen beim modernen sogenannten Regietheater, das der unvergessene Loriot einmal so schön mit der Bemerkung gekennzeichnet hat: „…und man nimmt auf einer Stehleiter Platz“, sondern vor allem die auch hier penetrant einseitige Verteilung der politischen Zensuren ließen das schale Gefühl aufkommen, der Vorstellung einer grün-roten Laienspieltruppe beizuwohnen, deren Darbietung dramaturgisch allenfalls solchen Menschen gefallen konnte, die beim Frühstück in der Süddeutschen Zeitung („Seien Sie anspruchsvoll!“) erst das Feuilleton und dann den Leitartikel von Herrn Prantl mit nach Selbsteinschätzung kritischer Sympathie zu lesen pflegen.

Versucht man Ursachenforschung zu betreiben, so wird man sehr schnell darauf stoßen, daß bei unseren lieben und beliebten Kulturschaffenden eben nahezu durchgängig das Herz nicht nur medizinisch betrachtet links schlägt, sondern vor allem im übertragenen Sinne. Nun muß man Kulturschaffenden, Regisseuren und Schauspielern zumal, durchweg ein ausgeprägt emotionales Wesen zubilligen. Der kalte Verstandesmensch mit einer Vorliebe für Zahlen oder gar für das Organisieren und Anordnen ist im allgemeinen zum Künstler nicht begabt und hat auch keine Neigung dazu. Künstler indessen leben geradezu von der Emotion. Gefühl, Mitgefühl, ein großes Herz, der Wunsch die Welt zu umarmen, das alles sind Eigenschaften, die den Künstler zu seinen Leistungen befähigen. Und so nimmt es nicht Wunder, daß solche Menschen in der Flüchtlingskrise eben nur Menschen sehen, nicht aber verantwortungsbewußt zu lösende Probleme. Und so siegt bei ihnen regelmäßig das Herz über das Hirn. Natürlich rührt der Anblick eines Flüchtlingskindes am Stacheldrahtzaun das Herz, meines im übrigen auch. Wer sich allerdings Gedanken darüber macht, wie man verantwortungsvoll mit dem zig-millionenfachen Elend auf dieser Erde umgehen und dabei die berechtigten Interessen unserer eigenen Bürger wahren kann, dem stehen Gefühle nur im Wege. Als denkender Mensch muß man wohl damit leben, daß fühlende Menschen dies als herzlos tadeln, ja geißeln. Wer indessen seinen Acker nicht ordentlich bestellt, der wird dort alsbald nur noch wenig bis gar nichts ernten. Weder wird er dann für sich selbst genug zu essen haben, noch gar für andere sorgen können. Linke haben das noch nie begriffen. Die Geschichte des Sozialismus ist deswegen auch eine Geschichte des Scheiterns.

An der Seite des Sultans

Angie allein zu Haus. Das gemeinsame Haus Europa, von dem man jahrzehntelang geträumt hat, wenn es überhaupt existiert, dann ist es verlassen. Nur noch Angie harrt unverdrossen darin aus. Betrachtet man die Flüchtlingspolitik der europäischen Länder unserer Tage, so muß man feststellen, daß es eine gemeinsame europäische Politik – natürlich – nicht gibt. Alleine Frau Merkel scheint noch daran zu glauben, jedenfalls verlangt sie unverdrossen eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik. Da ist sie in der Tat allein im Haus.

Damit könnte man es bewenden lassen und den Tag abwarten, an dem Frau Merkel entweder ganz gegen ihre Natur zugibt, seit dem 4. September 2015 eine falsche Politik verfolgt zu haben, oder aber die Konsequenz aus ihrem Scheitern zieht und zurücktritt. Politiker von Charakter und Statur ziehen schon einmal diese Konsequenz. Ob sie dazugehört, werden wir sehen.

Um das zu verhindern, ist Frau Merkel auf den wohl nur aus ihrer Sicht grandiosen Gedanken gekommen, die Hilfe der Türkei zu erbitten. Dieses Land soll den Flüchtlingsstrom aus dem Orient nach Europa aufhalten. Für Errichtung und Betrieb von Lagern, Errichtung und Bewachung von Grenzanlagen sowie Patrouillen in türkisch-griechischen Grenzgewässern verlangen die Türken natürlich eine angemessene, vielleicht auch üppige Bezahlung. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird man auch unter günstigen Umständen kaum bewerten können.

Warum das ganze? Die Antwort liegt auf der Hand. Frau Merkel möchte keine Fernsehbilder von meterhohen Zäunen, aufgetürmten S-Rollen und bewaffneten Grenzschützern auf der einen und Flüchtlingsfamilien auf der anderen Seite. Wenn überhaupt, dann sollten solche Bilder, natürlich auch sehr sparsam, aus der Türkei kommen, und nicht etwa von der Grenze zwischen Deutschland und Österreich.

Und dazu begibt sie sich in die Hände des Islamisten Erdogan. Es liegt auf der Hand, welches strategische Ziel dieser moderne Sultan verfolgt. Innenpolitisch betreibt er konsequent die Umwandlung des laizistischen Staates Kemal Atatürks in einen Gottesstaat iranischen Musters, nur eben in der sunnitischen statt der schiitischen Variante. Außenpolitisch geht es um die Vergrößerung des Einflusses der Türkei sowohl in der Region, was unter anderem die Verhinderung der Entstehung eines Kurdenstaates, gleichgültig auf welchem Staatsgebiet, bedingt. Auf türkischem Boden ohnehin nicht, aber auch nicht auf syrischem oder irakischem Boden. Nur das ist das Ziel des Einsatzes der türkischen Streitkräfte an ihrer Südgrenze. Die türkische Armee bekämpft kurdische Milizen, die von Deutschland ausgerüstet und ausgebildet werden. Das ist paradox. Wo es diesen Zielen dienlich erscheint, unterstützt der Sultan in Ankara sogar die Halsabschneider des sogenannten IS. Damit nicht genug. Nicht nur einmal hat Erdogan auf deutschem Boden vor tausenden begeisterter Türken mit oder ohne deutschen Paß dazu aufgefordert, Deutschland mittel- bis langfristig zu einer türkischen Provinz zu machen, in der natürlich alleine die Gesetze Allahs Geltung haben sollen.

Man reibt sich die Augen. Frau Merkel, die jahrelang die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union zu Recht blockiert hat, will nun zur Rettung ihrer völlig verfehlten Flüchtlingspolitik das Schicksal unseres Landes einem Mann anvertrauen, dessen Verhältnis zur Demokratie mehr als zweifelhaft ist. Daß dabei unter Umständen auch der Beistandsmechanismus des NATO-Vertrages ausgelöst werden könnte, scheint sie nicht zu interessieren. Dabei sollte man angesichts der Entwicklung dieses Landes zurück in den islamischen Staat in der Nachfolge des Propheten Mohammed – und als nichts anderes sah sich der türkische Sultan jahrhundertelang – eher Gedanken darüber machen, ob die Mitgliedschaft der Türkei in der NATO noch zeitgemäß ist. 1952 wurde sie gleichzeitig mit Griechenland in das Bündnis aufgenommen, was damals durchaus geostrategisch geboten war. Ein Blick auf die Landkarte zeigt das überdeutlich. Die Südflanke der NATO konnte so mit Stützpunkten belegt werden. Wie alle Bündnisse, ist auch die NATO kein auf Ewigkeit angelegtes Konstrukt. Vielmehr kann man nach 20 Jahren ohne weiteres austreten. Das Bündnis existiert natürlich sehr viel länger. Man kann zwar kein Mitglied ausschließen. Wenn aber alle anderen austreten, ist das Bündnis am Ende. Ich halte es derzeit ohnehin für weit überdehnt. Ein neues Bündnis der NATO-Kernstaaten wäre weiterhin erforderlich, allerdings als Reaktion auf die heutigen sicherheitspolitischen Herausforderungen der westlichen Welt. Die Türkei gehört schon jetzt eher zu den Herausforderungen als zu den Antworten darauf.

Wer weder eine realistische Vorstellung von Europa, noch von den geopolitischen Problemen und Lösungsmöglichkeiten hat, sollte sein Scheitern einsehen und Platz machen für andere. Es wird zwar häufig gesagt, es sei zu unsicher, was nach Merkel komme, um ihren Rücktritt zu wünschen. Ich teile dieses Bedenken nicht. Schlechter kann es nicht mehr werden.

Der Gorilla auf der Hollywoodschaukel

Die Redewendung vom Gorilla auf der Hollywoodschaukel ist eine plastische Umschreibung für politische Tabus. Man stelle sich eben eine Gartenparty vor. Gastgeber und Gäste unterhalten sich angeregt über dies und jenes. Auf der Hollywoodschaukel hat ein 400 kg schwerer Gorilla Platz genommen. Aber niemand darf darüber sprechen. Er sitzt zwar formatfüllend im Bild, aber alle tun so, als sei er nicht zu sehen, ja gar nicht vorhanden.

Der Gorilla auf der Hollywoodschaukel unserer Tage ist der als Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtling eingewanderte junge Mann aus dem vorderen Orient oder Nord-Afrika. Weitab vom Klischee des bemitleidenswerten Flüchtlings ist sein Verhalten in vielen Fällen nicht akzeptabel, aber davon darf nicht gesprochen werden. Diskriminierung! Ausländerfeindlichkeit! Wir müssen dabei nicht einmal auf die Silvesternacht von Köln schauen. Vor Wochen bereits gingen schon Nachrichten durch die Medien, allerdings eher verhalten, daß Diskothekenbetreiber orientalisch aussehenden jungen Männern den Zutritt verweigerten. Natürlich führte das zu den erwartbaren Protesten der sogenannten Anständigen und Beanstandungen durch die Ordnungsbehörden. Inzwischen aber wird klar, daß es sich zum einen nicht um Einzelfälle handelt, wenn davon die Rede ist, daß Disco-Besucher Frauen belästigen und Brieftaschen stehlen. Die Betreiber dieser Lokale haben keine andere Wahl, als ihre Türsteher anzuweisen, arabisch aussehende junge Männer, vor allem wenn sie in Gruppen auftreten, nicht einzulassen. Man will ja schließlich seine Stammgäste nicht verlieren. Die Investitionen in derartige Tanzlokale sind beträchtlich. Wenn Ihnen nicht entsprechende Einnahmen gegenüberstehen, dann ist die Insolvenz nicht zu verhindern. Man muß dann auch in Kauf nehmen, daß die ein oder andere Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das sogenannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erfolgt, und eine hohe Geldbuße bezahlt werden muß.

Natürlich trifft eine solche Praxis im Einzelfall auch die falschen. Gut verdienende und bestens integrierte junge Männer mit arabischen Wurzeln werden natürlich allein aufgrund ihres Aussehens ebenfalls von den Türstehern abgewiesen. Das ist in zweifacher Hinsicht mißlich. Nicht nur, daß dem Betreiber gute Umsätze entgehen, sondern es ist vor allem bedauerlich, daß solche Bürger unseres Landes wegen ihres Aussehens mit ausbaden müssen, was die verantwortungslose Flüchtlingspolitik der Bundesregierung angerichtet hat. Es ist doch ganz offenkundig, daß die ungeheure Menge von zum Teil nicht einmal registrierten Menschen aus jenen Regionen nicht im Ansatz integriert werden kann, insbesondere nicht innerhalb weniger Monate. Selbstverständlich können auch nicht diejenigen aussortiert werden, die aufgrund ihrer tief eingewurzelten kulturellen Vorstellungen weder bei uns integriert werden können, noch dies überhaupt wollen. Das können und wollen Menschen bei uns auch nicht begreifen, die dem Dogma huldigen, daß alle Menschen unbedingt gleich seien. Die Wirklichkeit zeigt nun einmal, daß dem nicht so ist. Und hier stößt ja auch ein solches Konstrukt des Gutmenschentums wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz an seine Grenzen. Sicherlich sind alle Menschen insoweit gleich, als ihre Menschenwürde grundsätzlich ohne Ansehen der Person unverletzlich ist. Sie benehmen sich aber leider nicht alle gleich, ganz im Gegenteil. Und hier muß ein Gesetz, das auf einer so grundlegenden Fehlvorstellung beruht, schlicht und einfach an der Wirklichkeit scheitern. Vulgär ausgedrückt: das AGG ist kack.

Auch an diesem Beispiel zeigt sich, daß es völlig unverantwortlich war, den massenhaften und unkontrollierten Zustrom von Menschen zuzulassen, die in Deutschland ein besseres Leben als in ihrer Heimat zu finden hoffen. Selbst wenn für einige von ihnen gilt, daß sie unserer Hilfe bedürfen, so gilt doch grundsätzlich auch in diesem Zusammenhang, was schon vor 3000 Jahren über dem Sitz des Orakels von Delphi zu lesen war: Nicht zuviel!

Moral geht vor Recht?

Nehmen wir mal an, die Stadt Augsburg hätte den Rechtsanwalt Dr. Kurt Gribl beauftragt, ein Rechtsgutachten zu der Frage zu erstatten, ob sie der Bundesvorsitzenden der AfD für das Augsburger Rathaus Hausverbot erteilen könne. Der erfahrene Rechtsanwalt Dr. Gribl hätte seiner Auftraggeberin klar gemacht, daß es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe, ob sich nun die Politikerin mit umstrittenen Äußerungen hervorgetan habe oder nicht. Dies gelte umso mehr, als die Politikerin ja zu einer Veranstaltung zweier Mitglieder des Augsburger Stadtrates ins Rathaus eingeladen worden sei. Schließlich sei es gang und gäbe, daß öffentliche Gebäude auch für Veranstaltungen von politischen Parteien, insbesondere solchen, die in den Kommunalparlamenten vertreten seien, zur Verfügung stünden. Daß der Rechtsanwalt Dr. Gribl ein Gutachten mit diesem Inhalt geschrieben hätte, folgt nicht nur aus der eindeutigen Rechtslage. Er selbst hat das ja nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg, mit der das von der Stadt gegen die Politikerin verhängte Hausverbot aufgehoben worden ist, öffentlich erklärt. Er habe nicht davon ausgehen können, daß die Stadt mit ihrem Hausverbot durchkomme, zitiert ihn die Augsburger Allgemeine. Wenn man aber einer Überzeugung sei, dürfe sie auch juristisch durchgesetzt werden.

Nun ist der Rechtsanwalt Dr. Gribl nach 15 Jahre währender erfolgreicher Berufspraxis seit 2008 Oberbürgermeister der Stadt Augsburg und hat jenes skandalöse Hausverbot verhängt. Offensichtlich wider besseres Wissen, wie das nicht nur jedem Juristen klar ist, sondern was er ja selbst zugibt. Bemerkenswert an dem Vorgang ist, mit welcher Selbstverständlichkeit hier ein durchaus hochrangiger Politiker – Gribl ist auch stellvertretender Vorsitzender der CSU – erklärt, sich an Recht und Gesetz nicht halten zu müssen, wenn er anderer Überzeugung ist. Welche das ist, hat er ja anläßlich der Verhängung dieses skandalösen Hausverbots erklärt. Seinen Augsburger Ratskollegen von der AfD hat er ja ins Stammbuch geschrieben: „Mit Ihrem Neujahrsempfang und dem Auftritt von Frau Petry muten Sie als Stadtratsmitglieder der Stadt Augsburg und deren Bürgern nicht nur eine unerträgliche Verletzung des Sittlichkeits- und Anstandsempfindens zu, sondern eine Verletzung der Identität und Gemeinschaft stiftenden Seele der Stadt Augsburg.“ Wer auf einem derart hohen moralischen Roß sitzt, der hat natürlich keinen Blick mehr für die Niederungen des Rechts.

Das Gefasel des Politikers Gribl von einer unerträglichen Verletzung des Sittlichkeits- und Anstandsempfindens sowie das weinerliche Gerede von einer Verletzung der Seele der Stadt ist es jedoch, was nicht auszuhalten ist. Es mag von Frau Dr. Petry ungeschickt gewesen sein, im Zusammenhang mit der Diskussion um die Sicherung der Grenzen gegen den ungebremsten Zustrom von Flüchtlingen auf das einschlägige Gesetz hinzuweisen. In diesem Gesetz steht ja tatsächlich, daß unter Umständen und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Bundespolizei auch im Grenzdienst Schußwaffen einsetzen kann. Nichts anderes bedeutet die Formulierung der Politikerin, dies sei ultima ratio. Auch wenn Politik und Medien nahezu einhellig aufgeheult haben, als seien Hitler und Honecker gleichzeitig auf die Erde und nach Deutschland zurückgekehrt, so kann doch nicht entfernt von unerträglichen, gar die Seele der Stadt Augsburg verletzenden Äußerungen gesprochen werden. Wer derartig maßlos übertreibt, macht sich unglaubwürdig. Schlimmer noch: Wer eine dazu noch dem Gesetz entsprechende Äußerung des politischen Gegners nicht als bloß falsch bezeichnet, sondern als moralisch minderwertig abqualifiziert, der verläßt den Boden der demokratischen Diskussionskultur.

Was wirklich unerträglich ist, ist die Vorstellung, daß bei uns in Deutschland künftig selbst gezimmerte Maßstäbe der Moral Gesetz und Recht vorgehen, und Politiker frei von gesetzlichen Vorschriften agieren können. Das ist möglicherweise die Folge des vielfachen offenen Rechtsbruchs, den die Bundesregierung im Zusammenhang mit der massenhaften und unkontrollierten Zuwanderung seit September 2015 nicht nur begeht, sondern auch noch als moralisch geboten verteidigt. Wer das zutreffend als Herrschaft des Unrechts bezeichnet, wie das der bayerische Ministerpräsident getan hat, auf den wird medial eingeprügelt. Allerdings gilt auch hier, daß mit zweierlei Maß gemessen wird. Herrn Seehofer ist außer der üblichen Schelte seitens der anderen Parteien und ihrer medialen Steigbügelhalter nichts passiert. Man stelle sich aber nur einen Augenblick lang vor, Frau Petry oder andere führende Vertreter ihrer Partei hätten das gleiche gesagt. Es wäre wohl nicht unter einer Verdammung durch mindestens drei öffentliche Tribunale (Talkshows) abgegangen.