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Grün, Gender, Gaga

Wer glaubt, beim Zeitunglesen oder Fernsehen hinreichend über die Narreteien unserer Zeit unterrichtet zu werden, irrt sich. Man muß zum Beispiel hin und wieder die Publikationen der politischen Stiftungen zur Kenntnis nehmen. Denn dort spiegelt sich die Gedankenwelt der Parteien und ihres Umfelds wider. Man könnte auch sagen, da werden Ihre Ideologien fabriziert. Da findet sich deswegen auch allerhand. Eine besonders bizarre Blüte aus dem Sumpf des akademischen Milieus unserer Zeit findet man auf der Internetseite der Heinrich-Böll-Stiftung. Das ist bekanntlich die Parteistiftung der Grünen. Unter ihrem Dach existiert ein „Gunda Werner Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie“. Dort findet sich nun unter der Überschrift: „Alle Heteros sind homophob. Eine kleine Erklärungshilfe“ ein Text, den man sich einfach anschauen muß, um die abstruse Gedankenwelt des linksgrünen Milieus in Deutschland näher kennen zu lernen. Verstehen wird man es im Wortsinne natürlich nicht. Wenig überraschend ist dieses Institut nach einer Hamburger Kampflesbe benannt, der es tatsächlich gelungen ist, erheblichen Einfluß im Milieu der deutschen Intellektuellen zu gewinnen. Solche Leute werden natürlich bei den Grünen zur Ehre der Altäre erhoben, sprich zum Namensgeber von Instituten gemacht.

Als Verfasser dieses Geschwurbels zeichnet ein gewisser Fabian Goldmann, nach eigenen Angaben freier Journalist, Politik- und Islamwissenschaftler. Dabei handelt es sich um ein Pseudonym, denn mit bürgerlichem Namen heißt er Fabian Köhler. Er meint wohl, mit einem jüdisch klingenden Namen seine Distanz zu allem Traditionellen und typisch Deutschen unterstreichen zu müssen. In seinem Artikel behauptet er allen Ernstes, Homosexualität sei keine Veranlagung des Menschen in dem Sinne, daß seine Gene ihn nun einmal unfähig machen, für das andere Geschlecht erotische Empfindungen und sexuelles Begehren zu entwickeln, sondern ausschließlich für das eigene. Dafür führt er selbstverständlich keine naturwissenschaftlich-medizinischen Belege an. Bekanntlich könnte er es auch nicht. Stattdessen meint er, in der Geschichte fündig geworden zu sein. Es lohnt sich, diesen Schwachsinn wörtlich zu zitieren:

Wann die Idee von einer „heterosexuellen“ Normalität in die Welt kam, ist schwer zu sagen. In Europa begann die katholische Kirche im 13. Jahrhundert massiv ihre Vorstellung von einer gottgewollten Sexualmoral zu propagieren. Diese orientierte sich damals zwar noch eher an den Praktiken (anal = schlecht, vaginal = gut), aber die Idee von einer natürlichen und widernatürlichen Sexualität war geboren. Sich neben der Ehefrau noch einen Liebhaber gönnen? Das endete im mittelalterlichen Europa oft mit dem Scheiterhaufen. 600 Jahre später waren es Psychiater, die im 19. Jahrhundert aus der religiös legitimierten Zweiteilung der Sexualität eine medizinische machten. „Heterosexualität“ wurde zum Symptom einer gesunden Lebensweise, jede Abweichung zur Krankheit erklärt. Die psychiatrische Zwangseinweisung ersetzte die Verfolgung von Sodomiten, die medizinische Behandlung die Teufelsaustreibung. Aus der Ablehnung sexueller Praktiken wurde die Ablehnung einer „kranken“ sexuellen Identität. „Normal“ war nur der, der sich zur „gesunden“ Form von Liebe und Sex bekannte: der Heterosexuelle.

Es geht dann allen Ernstes in diesem Text so weiter. Er meint, selbstverständlich weiterhin ohne wissenschaftliche Belege, auch sonst aus der Menschheitsgeschichte herleiten zu können, daß Homosexualität jedenfalls in anderen Regionen dieser Erde als normal angesehen worden sei. Natürlich gehört das Ganze auch zur Verdammung der „patriarchalischen“ Gesellschaft, die er in unserer Geschichte als Kontinuum auszumachen glaubt.

Dieser fulminante Blödsinn fügt sich nahtlos ein in den Strom von pseudowissenschaftlichem Schriftgut, mit dem die sogenannte Gender- Forschung an den Universitäten die Bibliotheken überschwemmt. Dazu gehört schon als Standard die Behauptung, es gebe nicht nur die zwei Geschlechter männlich und weiblich, sondern ca. 300 oder 400 Geschlechter, und das sei auch alles für den Menschen gewissermaßen frei wählbar. An deutschen, österreichischen und Schweizer Hochschulen gibt es – Stand Herbst 2014 – in 30 Fachgebieten 223 Professuren mit einer Denomination (also ausdrücklichen Bestimmung) für die sogenannte Frauen- und Geschlechterforschung/Gender Studies. Von ihnen sind – kaum überraschend – lediglich zehn mit Männern besetzt. Man kann davon ausgehen, daß es sich dabei um solche Figuren wie eben jenen Fabian Goldmann handelt. In Deutschland haben wir 146 Gender-Professuren an den Universitäten und 50 an den Fachhochschulen. Zum Vergleich: Lehrstühle für Pharmazie haben wir 191 an der Zahl, solche für Altphilologie lediglich 113. Luft- und Raumfahrttechnik kann man in Deutschland an 19 Hochschulen studieren. Man sieht, in welchem Ausmaß der Wahnsinn sich breitgemacht hat. Wie hoch die finanziellen Mittel für diesen pseudowissenschaftlichen Hokuspokus sind, will man sich lieber nicht vorstellen. Nun ist es allerdings bei weitem nicht so, daß die zuständigen Bildungsministerien samt und sonders von den Grünen dominiert würden. Nein, dieser Wahnsinn hat sich auch an vielen Universitäten eingenistet, die unter der Regie von Ministern stehen, die mit den Parteibüchern von CDU, CSU und SPD ausgestattet sind. Wie Fäulnis und Schimmel sich in einem Korb voller Äpfel ausbreiten, so ist das mit den kranken Hirnen bei den Menschen. Die Erreger springen über.

Wie gesagt, sind die politischen Stiftungen gewissermaßen die Labore der politischen Parteien. Im Falle der Grünen muß man wohl sagen, daß der angemessene Umgang ihnen nur in der Praxis des Psychotherapeuten gepflogen werden kann.

Der Gute erlaubt sich alles

Wir Deutschen mögen es gerne einfach. Deswegen teilen wir auch gerne ein. Hier die Guten, dort die Bösen. Hier die Intelligenten und Kreativen, dort die Dumpfen und Bornierten. Und so läßt sich die sogenannte Flüchtlingsdebatte auch handhaben. Natürlich aus der Sicht der Guten, Intelligenten und Kreativen. Dazu gehören wir doch alle, oder?

So oder ähnlich denken offenbar die Verantwortlichen des Mainzer Staatstheaters. Angesichts einer angemeldeten und – natürlich – nicht verbotenen Demonstration einer politischen Partei auf dem Gutenbergplatz vor dem Staatstheater verfiel man auf die grandiose Idee, einen 120-köpfigen Chor während der Kundgebung die Ode an die Freude von Beethoven/Schiller singen zu lassen. Und das in einer Lautstärke, selbstverständlich bei weit geöffneten Fenstern, daß die Parteivorsitzende während ihrer Rede kaum zu verstehen war. Nicht schwer zu erraten ist, daß es sich bei dieser Partei nicht um die Grünen, sondern um die Alternative für Deutschland handelt, und bei der erwähnten Parteivorsitzenden nicht um Simone Peter, sondern um Frauke Petry. Den Verantwortlichen und wohl auch einer ganzen Anzahl von Mitarbeitern der Mainzer Staatsoper gefällt diese Partei, insbesondere ihre Haltung zur sogenannten Flüchtlingsproblematik, überhaupt nicht. Zur Erläuterung bekannte die Sprecherin des Staatstheaters auch frank und frei: „Wir wollten mit dieser freiwilligen Aktion ein Zeichen setzen. Wir mußten direkt vor unserer Haustür die Kundgebung einer Partei ertragen, die die Ängste vieler Menschen ausnutzt, um daraus Profit zu schlagen. Das haben wir als Provokation empfunden. Wir finden deren Thesen nur schwer erträglich und hatten das dringende Bedürfnis, Stellung zu beziehen. Das Theater ist ja ein Teil der kritischen Öffentlichkeit.“ Auf die Frage, warum man denn nicht einfach an einer Gegendemonstration teilgenommen habe erklärte sie wörtlich: „Wir unterstützen diese Demonstrationen, aber wir wollten mit unseren Mitteln Position beziehen, mit den Mitteln der Musik und mit den Mitteln der Aufklärung. Dieses Musikstück wird von einem unheimlich großen Optimismus getragen. Es sind gerade schwierige Zeiten, viele sehen sich vor gesellschaftliche Herausforderungen gestellt. Es gibt Dinge, für die wir keine Grammatik haben. Unser Ziel war, einen gemeinsamen Optimismus zu entwickeln. Eine neue Kraft und Stärke. Zu zeigen, daß man mit dieser Situation umgehen kann. Das alles vermittelt dieses Lied.“

Damit vermittelt uns diese Dame einen tiefen Einblick in die Denkweise des sogenannten „juste milieu“ in Deutschland, das natürlich gerade unter den Kulturschaffenden viele Mitglieder hat. „Natürlich“ steht man emotional auf der Seite von Flüchtlingen und Verfolgten. Menschen hingegen, die auf die vielen Probleme hinweisen, die mit dieser massenhaften ungesteuerten Zuwanderung verbunden sind, deren Zeugen wir seit Monaten sind, erwecken allenfalls „Ängste“, wenn sie nicht noch Schlimmeres tun. Gegen sie muß also Widerstand geleistet werden. Dabei ist man als Künstler selbstverständlich kreativ und bedient sich in der Eigenwahrnehmung „intelligenter“ Formen des Protestes. Was kann schon Böses an diesem Musikstück sein? Ach Gott, sind wir pfiffig! Daß es sich dabei um ein beträchtliches Maß an Überheblichkeit und Intoleranz handelt, kommt solch wackeren Streitern für eine bessere Welt nicht in den Sinn.

Nicht einmal, als die Polizei mehrfach die im Vollgefühl ihres Edelmutes aus vollem Halse singenden Mitarbeiter des Staatstheaters aufforderte, Rücksicht auf die Teilnehmer der Kundgebung vor dem Hause zu nehmen, die ja immerhin gekommen waren, um die Ansprache von Frau Petry zu hören, ließen sie von dieser Aktion ab. Und nun nimmt man erstaunt zur Kenntnis, daß die Polizei eine Strafanzeige wegen der Störung einer Demonstration erstattet hat! Offenbar benötigen diese Leute etwas Nachhilfe in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Das Recht, sich friedlich und ohne Waffen unter freiem Himmel zu versammeln, ist ein Grundrecht. Auch jene wackeren Sänger dürften darauf bestehen, demonstrieren zu dürfen. Sie wären auch mit Recht empört, wenn sie bei einer angemeldeten und erlaubten Demonstration von dritter Seite gestört würden, etwa durch akustischen Terror mit Trillerpfeifen. Allerdings kommt es ihnen offenbar überhaupt nicht in den Sinn, daß dieses Grundrecht für alle Deutschen gilt, unabhängig von ihren politischen oder sonstigen Anliegen. Und es gilt auch ganz unabhängig vom politischen Inhalt, der durch diese Demonstration allgemein bekannt gemacht werden soll. Und das gilt selbstverständlich auch für Parteien und Organisationen, die nicht jedermann mag oder gar unterstützen würde. Nein, das gilt auch für solche Demonstranten, deren Anliegen man selbst für unbegründet, falsch oder gar schädlich hält. Man hat es halt zu dulden, weil die Ausübung der Grundrechte eben jedermann freisteht, soweit nicht Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstehen, oder soweit verfassungsfeindliche Inhalte propagiert werden. Das alles war hier ganz offensichtlich nicht der Fall, weswegen die Polizei zurecht das Verhalten dieser unrühmlichen Mainzer Hofsänger beanstandet und Strafanzeige gegen sie erstattet hat.

Der Vorgang wirft ein Schlaglicht auf das Meinungsklima in Deutschland. Wir erleben einen Gesinnungsterror der in ihrer Selbstwahrnehmung Anständigen, Aufgeklärten und Guten. Wenn nach den Feststellungen des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts inzwischen 45 % der Befragten es ablehnen, Antworten auf politische Fragestellungen, insbesondere im Zusammenhang der sogenannten Flüchtlingskrise, zu geben, weil sie befürchten, daß bekannt wird, welche Auffassung sie zu diesen Themen haben, dann sind wir auf dem geraden Wege in die Meinungsdiktatur. In diesem Zusammenhang sei den Verantwortlichen für diese keineswegs intelligente, sondern mit Verlaub gesagt, saudumme Aktion weiter folgendes ins Stammbuch geschrieben:

Woher wissen Sie denn eigentlich, daß alle Sänger Ihres Hauses in der sogenannten Flüchtlingsfrage Ihre Meinung teilen? Könnte es nicht sein, daß nicht wenige unter ihnen entweder gar keine Meinung zu diesem Thema haben, oder eine solche, die nicht sehr weit von dem entfernt ist, was die AfD vertritt? Immerhin vertreten ja auch politische Parteien zur Gänze (CSU) oder in Teilen (CDU) dazu Standpunkte, die nicht weit entfernt von dem der AfD, aber sehr weit entfernt von dem der Bundeskanzlerin und noch viel weiter entfernt von den Vorstellungen gewisser Intellektueller und Kulturschaffender in Deutschland sind. Meinen Sie nicht, daß der Aufruf zu einer solchen „spontanen“ Gesangseinlage so manches Ensemblemitglied unter einen Gruppenzwang setzt, dem man sich einfach nicht entziehen kann? Meinen Sie nicht, daß so manches Ensemblemitglied seine politische Meinung für sich behalten und nicht vor seinen Kollegen rechtfertigen möchte? Welches Menschenbild ist denn das, das jeden, der eine andere Meinung hat, aus dem Kreis der anständigen, aufgeklärten und kultivierten Künstler ausschließt? Und wie ist das eigentlich mit der Neutralitätspflicht des Staates? Ist nicht auch ein Staatstheater wie jede andere staatliche Einrichtung zur politischen Neutralität verpflichtet? Und nicht zuletzt: Sie beschimpfen einen großen Teil der Besucher Ihres Hauses. Denn unter den Mitgliedern, Anhängern und Wählern der AfD sind die Akademiker, Freiberufler und Kulturinteressierten immer noch klar in der Mehrheit, insbesondere in den Jahrgängen jenseits der jugendlichen Konsumenten von Pop und Rock. Letztere allerdings finden sich überproportional unter Anhängern der Grünen und anderer Linksparteien. Überspitzt gesagt, könnte man formulieren: Zwischen den Künstlern und ihrem Publikum ist nicht nur der Orchestergraben!

Im „K(r)ampf gegen Rechts“ ist offenbar alles erlaubt. Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie! Der Rechtsstaat muß gelegentlich auch gegen die verteidigt werden, die sich im Recht wähnen, weil sie „Rechte“ bekämpfen, indem sie ihnen ihre Rechte nehmen.

Das Sprachgesetzbuch

Man hat es ja geahnt. Der Sprachgebrauch in den Medien wird seit Jahren immer einförmiger. Die political correctness verbietet Journalisten ganz offensichtlich bestimmte Begriffe. Das Schnitzel mit dem verbotenen Namen ist keineswegs nur eine skurrile Arabeske der öffentlich wahrnehmbaren Sprache. Die immer groteskeren Umschreibungen von Sachverhalten und schönfärberischen Wortneuschöpfungen hat man zunächst amüsiert, dann irritiert zur Kenntnis genommen. Inzwischen macht sich Verständnislosigkeit breit. So wurde der Neger erst zum Schwarzen, dann zum Farbigen um inzwischen als Afrodeutscher politisch korrekt in den Medien zu erscheinen. Man kann Wetten darauf abschließen, daß auch dieser Begriff irgendwann als diskriminierend betrachtet und durch eine noch absurdere Vokabel ersetzt werden wird.

Natürlich ist allgemein bekannt, daß unter den Medienschaffenden, um einmal einen „gendergerechten“ geschlechtsneutralen Begriff zu benutzen, die Anhänger der linken Parteien (SPD, Grüne, Linke) mit rund 70 % nicht nur quantitativ dominieren, sondern auch die veröffentlichte Meinung prägen.

Daß es jedoch schon ein Wörterbuch des politisch korrekten Sprachgebrauchs gibt, überrascht den Zeitungsleser und die Fernsehzuschauerin dann doch. Es ist wohl der Erkenntnis geschuldet, daß der Zensur, die ja immer erst nach der Erstellung von Artikeln und Manuskripten aktiv werden kann, eine vorherige Schulung der Textverfasser vorzuziehen ist. Denn dann muß die Zeitung nicht mit peinlichen Schwärzungen erscheinen. Vielmehr sorgt die soziale Selbstkontrolle der beteiligten Journalisten schon dafür, daß keiner aus der Reihe tanzt. Im Dritten Reich und in der DDR hat das ja auch prima funktioniert. Für die Umsetzung dieser wirklich bahnbrechenden Erkenntnis sorgt ein eingetragener Verein namens „Neue deutsche Medienmacher“. Er gibt bereits in 3. Aufl. ein Glossar, also ein Verzeichnis von Begriffsdefinitionen, heraus, das den unmißverständlichen Titel trägt: „Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland“. Dies mit freundlicher Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung unter dem Vorsitz der bekannten Frau Annetta Kahahne, weniger bekannt als von 1974-1982 für die Stasi tätige IM Victoria. Auf über 50 Seiten werden hier die politisch korrekten Bezeichnungen für Personen und Sachverhalte rund um das Thema Einwanderung vorgegeben. Wenn man aufmerksam gedruckte und gesendete Medien verfolgt, so wird man schnell feststellen, daß dieses Sprachgesetzbuch peinlich genau befolgt wird. Die soziale Kontrolle funktioniert hervorragend. Niemand will in das gesellschaftliche und berufliche Abseits geraten. Der Disziplinierungsfaktor der sozialen Selbstkontrolle ist hier deutlich höher, als der des Strafgesetzbuches. Wer beispielsweise in diesem Glossar die Definition für Rechtsextremismus nachliest, der wird feststellen, daß sie höchstwahrscheinlich auch auf ihn selbst zutreffen dürfte, es sei denn, er gehöre zu denen, die an diesem Wörterbuch mitarbeiten oder es freudig benutzen.

Es wäre in der Tat interessant zu wissen, ob dieses Wörterbuch in den Redaktionen auf den Schreibtischen liegt, oder inzwischen als elektronische Datei oder bedrucktes Papier gar nicht mehr benötigt wird, weil die Damen und Herren Journalisten es auswendig herunterbeten können.

Sprachverwirrung

In Deutschland herrscht eine eigentümliche Scheu vor Begriffen, die klar beschreiben, worum es geht, doch anscheinend politisch vergiftet sind. Dazu gehört neben anderen das Wort Ideologie. Vor allem konservative, aber auch sozialdemokratische Politiker und Journalisten möchten die eigene Position ungern mit diesem Begriff belegt sehen, belegen aber gerne die Position des Gegners mit diesem Begriff. Es lohnt sich daher, sich diesem Begriff mit den Methoden der Semantik zu nähern, die ja dazu dient, den Sinngehalt eines Wortes herauszuarbeiten. Die Vokabel setzt sich aus den Bestandteilen Idee und logos zusammen, also dem Gedanken, der Vorstellung einerseits und dem Wort andererseits. Das Wort benennt die Sache. Eine Ideologie ist demnach der ausgesprochene bzw. niedergeschriebene Gedanke. So ist es ja auch. Eine Ideologie ist nach allgemeinem Verständnis ein Gedankengebäude, eine Theorie. Das ist zunächst einmal eine sachliche Beschreibung und paßt deswegen auch auf jedes theoretische Gedankengebäude. In Verruf geraten ist das Wort offensichtlich dadurch, daß man die jeweils abgelehnte politische Theorie des Anderen damit bezeichnet hat, weswegen im Laufe der Zeit die Vokabel Ideologie negativ konnotiert ist. Wer von Ideologen spricht, meint genau genommen die Anhänger einer Ideologie, die der seinen entgegengesetzt ist. Aus der Sicht des Konservativen ist der Linke ein Ideologe, aus der Sicht des Linken ist der Konservative ein Ideologe. Das gilt natürlich auch für jede andere politische Theorie, denn sie ist die Ausformung einer Idee, mithin eine Ideologie. Warum also wehrt man sich so vehement dagegen, als Anhänger einer Ideologie bezeichnet zu werden? Warum will man partout nicht eine Ideologie verbreiten? Sprachlich zutreffend ist es also, zur Beschreibung politischer Grundsatzpositionen und Theorien stets von einer Ideologie zu sprechen. Die kann richtig oder falsch, hilfreich oder schädlich sein, Ideologie ist sie immer. Man sollte also den Vorwurf, eine „ideologische“ Position zu vertreten, als substanzlos betrachten, wenn man nicht gar seinen Gegenüber mit der Frage bloßstellen will, ob es eine Theorie ohne Idee geben kann.

Merkwürdig ist auch die Scheu konservativer Bürger, Journalisten und Politiker vor der Bezeichnung des eigenen Standpunktes als „rechts“. Linke hingegen, ob sozialdemokratisch oder sozialistisch orientiert, haben mit der Benennung ihres Standpunktes als „links“ offenbar überhaupt kein Problem. Kommunisten und noch weiter links zu verortende Extremisten erst recht nicht. Warum eigentlich werden politische Positionen („Ideologien“!) mit Begriffen benannt, die zunächst einmal von ihrer Wortbedeutung her völlig neutral sind, weil sie lediglich eine topographische Zuordnung bezeichnen? Links und rechts bezeichnen die Lage eines Gegenstandes vom Betrachter aus, sei es die eigene Hand, die eben aus dem Blickwinkel eines jeden Menschen eben die rechte oder linke ist, sei es das Gebäude, das sich aus dem Blickwinkel des Betrachters vor dem Hause rechter Hand, aus dem Betrachter hinter dem Hause aber linker Hand befindet, vorausgesetzt die Standpunkte der beiden Betrachter liegen auf den Schnittpunkten der Linie, welche die Vorder- und Rückseite des Hauses im rechten Winkel schneidet. Inhaltlich sagt die Situierung eines Menschen im Raum zunächst einmal nichts aus. Erstmals politisch wurde die unschuldige Richtungsbezeichnung 1789, als in der französischen Nationalversammlung die Anhänger einer egalitären Umgestaltung des politischen Systems im Sitzungssaal vom Parlamentspräsidenten aus gesehen links Platz nahmen, um möglichst weit von den Vertretern der ersten beiden Stände Adel und Klerus entfernt zu sitzen, die rechts vom Präsidenten die Ehrenplätze einnahmen. Auf der vom Präsidenten aus gesehenen rechten Seite im Saal nahmen denn auch die Monarchisten Platz, denen eben eine konstitutionelle Monarchie als künftige Gesellschaftsordnung vorschwebte. Seither gibt es neben der aussagekräftigen inhaltlichen Beschreibung einer Parlamentsfraktion bzw. der sie tragenden politischen Partei eben auch die von der Saaltopographie abgeleitete Bezeichnung als links, rechts und in neuerer Zeit Mitte. Was also ist an einer Bezeichnung wie „rechts“ so schlimm, außer ihrer Unschärfe, besser gesagt Inhaltslosigkeit?

Schuld daran sind zunächst die politischen Extreme, vor allem aber der Mißbrauch der Sprache durch die Linke, die ja nun einmal die Deutungshoheit über die politischen Begriffe usurpiert hat. Das konnte sie, weil nun einmal Journalisten und Publizisten in ihrer übergroßen Mehrheit im weitesten Sinne „links“ sind, und mit ihren Waffen für die Umgestaltung der Gesellschaft in ihrem Sinne kämpfen. Die Waffe des Intellektuellen ist das Wort. Wie bei den „richtigen“ Waffen gibt es auch hier solche, die man ehrlich nennen kann, weil sie offen getragen und angewandt werden, wie auch solche, die hinterhältig benutzt werden und wie ein schleichendes Gift wirken. Das Sachargument tritt offen auf und will am Gegenargument gemessen werden; es gleicht dem regelgerecht geführten Angriff des Fechters, der mit einer ebenso regelgerechten Abwehr beantwortet werden kann. In beiden Fällen obsiegt, wer das überzeugendste Argument bzw. die durchschlagendste Aktion in die Auseinandersetzung einführt. Die Manipulation der Sprache indessen setzt anders an. Sie will den redlichen Teilnehmer am Diskurs hintergehen, indem sie die Regeln ändert, ohne daß er es bemerkt. Wie der Fechter, dessen Florett kürzer ist, als das seines Gegners, ohne daß er davon weiß, kämpft er auf verlorenem Posten. Im Falle der politischen Topographie ist es nun so, daß den bloß die Sitzordnung im Parlament beschreibenden Begriffen eine moralische Wertung injiziert worden ist. Links ist demnach mit Begriffen wie sozial, gerecht, mitfühlend, demokratisch, international konnotiert, rechts hingegen mit national(istisch), kapitalistisch, privilegiert, kaltherzig, autoritär. Vor allem aber wird „rechts“ konsequent auch gleichbedeutend mit „rechtsradikal“ bzw. sogar „rechtsextrem“ gebraucht, was den Begriff vergiftet. Deutlich wird das in Deutschland am sogenannten „Kampf gegen rechts“. Es heißt eben nicht gegen Rechtsextremismus, nein es heißt gegen „rechts“. Das geschieht natürlich mit der Absicht, auch die politischen Positionen zu diffamieren, deren Vertreter in der klassischen Sitzordnung der Parlamente die vom Präsidium aus gesehen rechten Sitze einnehmen, und an deren demokratischer Überzeugung nicht der leiseste Zweifel bestehen kann. Denn das ist wirkungsvoller, als die mühselige Argumentation mit Fakten. Ich sage Absicht, weil den Virtuosen des Sprachgebrauchs, die Intellektuelle nun einmal sind, dergleichen nicht einfach unterläuft. Wer sich beruflich mit Sprache befaßt, wer darauf angewiesen ist, daß seine Gedanken verstanden und übernommen werden, der verschreibt sich nicht, der manipuliert, wenn er Begriffen Bedeutungen gibt, die sie ursprünglich nicht hatten.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß Intellektuelle und Politiker des klassischen rechten Spektrums, zu dem in Deutschland vor vielen Jahren auch einmal die Unionsparteien gehört haben, diese Zuordnung meiden wie der Teufel das Weihwasser. Statt dessen verortet man sich in der Mitte. Die hat es ursprünglich nicht gegeben. Sie hat erst mit der zunehmenden Differenzierung innerhalb der klassischen Rechten und Linken Eingang in den Sprachgebrauch gefunden. In den meisten europäischen Ländern führt das seit langer Zeit auch zu Mitte-Bindestrich Koalitionen wie Mitte-Rechts-Regierung oder Mitte-Links-Opposition. In Deutschland indessen würden sich die ehemals „rechten“ Unionsparteien pikiert dagegen verwahren, wenn man sie so bezeichnen und etwa eine CDU-CSU/FDP Koalition als „Mitte-Rechts-Koalition“ bezeichnen würde. Das führt zu dem absurden Ergebnis, daß wir in unseren deutschen Parlamenten linke Parteien (Die Linke, Bündnis 90 – Die Grünen, SPD) und Parteien „der Mitte“ (CDU, CSU, FDP, Freie Wähler, AfD) haben, wobei letztere übrigens aus dem linken Spektrum heraus gerne als rechte, schlimmer noch „rechtspopulistische“ Partei bezeichnet wird. Dabei hilft es auch nicht, daß der Vorsitzende der SPD mit Blick auf die Pegida-Bewegung geäußert hat, es habe doch jeder das gute Recht, nationalkonservativ zu sein. Denn das Recht zu haben, eine bestimmte politische Meinung zu haben, heißt noch lange nicht, daß diese als gleichwertig neben anderen anerkannt wird. Etwas pointierter gesagt, man kommt nicht ins Gefängnis, wenn man zum Beispiel nationalkonservativ ist, man wird aber auch nicht akzeptiert.

Es ist an der Zeit, den politischen Sprachgebrauch zu entgiften. Der erste Schritt muß sein, sich als Konservativer und/oder Wirtschaftsliberaler nicht mehr ängstlich dem Sprachgebrauch des politischen Gegners anzupassen, besser, zu unterwerfen, sondern selbstbewußt zu sagen: Ich bin rechts, wenn es um die politische Gesäßtopographie geht. Im zweiten Satz folgt dann die Forderung, doch bitte inhaltlich zu diskutieren, statt bei der Sitzordnung stehen zu bleiben. Denn da kann man vielleicht nette Wortspielchen veranstalten wie „right is right and left is wrong“ (der Wortwitz geht im Deutschen verloren). In der Sachdiskussion hingegen kann man mit den besseren Argumenten aufwarten und obsiegen. Wer wagt, der winnt, sagt ein altes Sprichwort. Feigheit indessen hat noch nie zum Sieg geführt.