Archiv der Kategorie: gelesen und nachgedacht

Rezensionen

Zwischen Inquisition und Rechtsstaat

Seit dem Frühjahr 2017 wird die öffentliche Wahrnehmung  der Bundeswehr durch Meldungen über rechtsextreme Umtriebe, sexuelle Übergriffe und andere unappetitliche Details bestimmt. Die Verteidigungsministerin nimmt das alles zum Anlaß, die Truppe unter Generalverdacht zu stellen und öffentlichkeitswirksam als Großinquisitorin zu agieren. Indessen mußte sie sich schon mehrfach anschließend von den zuständigen Staatsanwälten dahingehend belehren lassen, daß die erhobenen Vorwürfe keine reale Grundlage hatten. So stellten sich die sensationellen Nachrichten über sexuelle Übergriffe in der Pfullendorfer Kaserne als heiße Luft heraus. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft sparte auch nicht mit harschen Worten gegen die Bundeswehrführung, also die Ministerin.

Nun hat Anfang Januar dieses Jahres die Staatsanwaltschaft Hechingen erneut Ermittlungen eingestellt, diesmal wegen einer angeblich von einem Soldaten versandten E-Mail mit rechtsextremen Inhalt.

Die Hexenjagd der Ministerin auf Soldaten mit angeblich rechtsextremer Gesinnung hatte groteske Züge angenommen. Spinde wurden aufgebrochen, um nach einschlägigen Objekten zu suchen, in den Kasernen wurde nach Nazi-Symbolen, wozu selbstverständlich auch Wehrmachtsuniformen und Säbel aus napoleonischen Zeit gehörten, gefahndet. Vor allem die Vorgänge um den Oberleutnant Marco A. hielten die Medien in Atem und gaben der Ministerin reichlich Gelegenheit, sich als Nachfahrin des Herakles zu gerieren, die den Augiasstall der Bundeswehr von den rechtsextremen Fäkalien reinigt. Doch auch hier hat sich nun gezeigt, daß die mediale Aufregung weit übertrieben war. Die Ministerin wäre gut beraten gewesen, wenn sie erst einmal die disziplinarischen wie die strafrechtlichen Ermittlungen abgewartet hätte. Was das strafrechtliche Ermittlungsverfahren angeht, so ist jener Oberleutnant inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das bedeutet auf jeden Fall, daß mit einer langjährigen Freiheitsstrafe nicht zu rechnen ist. Ob überhaupt mehr herauskommt, als ein Verstoß gegen das Waffengesetz, sollte in Ruhe abgewartet werden.

Natürlich hat der Fall jenes Oberleutnants auch seine disziplinarrechtliche Seite. Der zuständige Wehrdisziplinaranwalt hatte seinerzeit unverzüglich Ermittlungen auch dahingehend aufgenommen, ob der Offizier sich rechtsextremistisch betätigt habe. Einen Anfangsverdacht dafür boten die Umstände um die Masterarbeit des Oberleutnants, die er seinerzeit an einer französischen Offizierschule vorgelegt hatte. Nach Auffassung des Kommandeurs dieser Offizierschule sei diese Masterarbeit von Rassismus und Verschwörungstheorien über das Aussterben der europäischen Rassen geprägt. Damit konfrontiert, wandte der junge Offizier ein, er habe sich nur in die Rolle eines Rechtsradikalen begeben wollen, um dessen Thesen durchzudefinieren. Es sei aber nicht seine Meinung gewesen. Diesen Umstand habe er zu wenig herausgearbeitet. Diese Erstfassung der Arbeit (die korrigierte Zweitfassung erfüllte die akademischen Anforderungen) wurde dem Wehrdisziplinaranwalt zur rechtlichen und disziplinarischen Bewertung zugeleitet. Dieser prüfte den Text der Arbeit und hörte den Verfasser an. Das Votum des Wehrdisziplinaranwalts lautete: aus juristischer Sicht könne dem Offizier eine rechtsradikale Gesinnung wegen seiner Einlassungen nicht gerichtsfest vorgeworfen werden. Disziplinarmaßnahmen, vor allem eine Entlassung, seien darauf nicht zu stützen. Erst später hat man dann im Zuge der Ermittlungen bei ihm weiteres rechtsradikales Schriftgut gefunden. Das aber war bei der Befassung des Wehrdisziplinaranwalts mit dem Fall noch nicht bekannt.

Als der Fall dann politisch hochkochte, wurde dem Wehrdisziplinaranwalt vorgeworfen, daß er nicht ausreichend ermittelt, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) weder befragt noch eingeschaltet und die Anhörung des Marco A. nicht als förmliche Vernehmung stattgefunden habe. Deswegen wurde am 16.5.2017 ein Disziplinarverfahren gegen den Juristen eingeleitet. Lange ruhte das Verfahren, das natürlich auch öffentlich wahrgenommen worden war. Damit entstand der Eindruck, daß sich der WDA falsch verhalten und damit eine Entlassung von Marco A. Aus der Bundeswehr verhindert habe. Formal lief ein Verfahren, welches das noch prüfen sollte. In der Öffentlichkeit wurden die Vorwürfe als bestätigt angesehen. Mehrere Eingaben des Wehrdisziplinaranwalts, dieses Verfahren – möglichst noch vor der Bundestagswahl im September – zu bescheiden, wurden nicht beachtet. Nun berichtet das dem Bundesministerium der Verteidigung sicherlich nicht ganz fernstehende Fachblatt „Europäische Sicherheit & Technik“, daß das Disziplinarverfahren gegen den Beamten am 9.1.2018, also immerhin nahezu acht Monate nach Verfahrenseinleitung, eingestellt worden sei. Nach dem Ergebnis der disziplinarischen Ermittlungen hätten sich die Vorwürfe nicht bestätigen lassen. Ein Dienstvergehen habe nicht festgestellt werden können. Aus dem Ministerium habe man dem Beamten lediglich vorgehalten, er habe möglicherweise beim MAD vorliegende Erkenntnisse nicht abgefragt. Das sei aber kein Dienstvergehen, sondern allenfalls eine „Schlechtleistung“. Damit ist nun klar, daß der Wehrdisziplinaranwalt seinerzeit das Disziplinarverfahren gegen den Oberleutnant Marco A. zu Recht eingestellt hat, was die Vorwürfe im Zusammenhang mit eben jener Masterarbeit angeht.

Ein fader Nachgeschmack bleibt jedoch. Die Einstellung des Verfahrens geschah unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Die Einleitung des Verfahrens indessen wurde öffentlich kommuniziert. Denn dabei ging es ja darum zu zeigen, wie konsequent „rechte“ Umtriebe in der Bundeswehr verfolgt werden. Dazu gehörte natürlich auch, den Juristen zu schurigeln, der sich nicht als gehorsamer Diener der Inquisition, ,sondern als alleine dem Recht verpflichteter Beamter erwiesen hatte. Sich pflichtgemäß als Dienstherrin vor den Beamten zu stellen, und den Makel des Ermittlungsverfahrens nun auch öffentlich von ihm zu nehmen, fällt der Großinquisitorin natürlich nicht ein.

Was bleibt ist der Eindruck, daß der Schatten der GroßInquisitorin auf dem Ministersessel bleischwer auf Truppe und Stäben lastet.

Vom Saulus zum Paulus

Wem Gott gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand. Dieses alte Sprichwort wird gemeinhin so verstanden, daß nicht selten mit der Übernahme eines Amtes sich bei der betreffenden Person in unerwartetem Maße Weisheit und Wissen, Übersicht und Urteilsfähigkeit einstellen. Das mag bisweilen im Sinne eines auch zeitlichen Zusammentreffens gelegentlich der Fall sein. Aber es gibt offensichtlich auch die Fälle, in denen zu unterschiedlichen Zeiten die Erleuchtung und die Übernahme eines Amtes stattfinden. Das kam mir in den Sinn, als ich von der Rede des Altbundespräsidenten Joachim Gauck am 31. Januar 2018 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hörte und die veröffentlichten Auszüge las. Ausgehend von Heines Gedanken über die Freiheit und der Unterdrückung derselben in dem Regime, in dem Gauck selbst aufgewachsen ist, kam er zu dem Thema, das die öffentliche Diskussion in Deutschland beherrscht wie kein zweites. Offenbar hat er erkannt, daß es die Nationen nicht nur gibt, sondern daß sie vor Überfremdung geschützt werden müssen. Konkret gilt dies natürlich auch für Deutschland, wenn er ausführt:

„Ein Nationalstaat darf sich nicht überfordern. Wer sich vorstellt, quasi als imaginierter Vertreter eines Weltbürgertums alle Grenzen des Nationalstaates wegzunehmen, überfordert nicht nur die materiellen, territorialen und sozialen Möglichkeiten eines jeden Staates, sondern auch die psychischen Möglichkeiten seiner Bürger. Sogar der weltoffene Mensch gerät an seine Grenzen, wenn sich Entwicklungen vor allem kultureller Art zu schnell und zu umfassend vollziehen. Einen großen Einfluß in der Integrationspolitik hat lange Zeit die Konzeption des Multikulturalismus gehabt: was sich auch immer hinter den einzelnen Kulturen verborgen hat – Vielfalt galt als Wert an sich. Die Kulturen der Verschiedenen sollten gleichberechtigt nebeneinander existieren, für alle verbindliche westlich-liberale Wertvorstellungen wurden abgelehnt. Ich verstehe, daß es auf den ersten Blick tolerant und weltoffen anmuten mag, wenn Vielfalt derart akzeptiert und honoriert wird. Wohin ein solcher Multikulturalismus aber tatsächlich geführt hat, das hat mich doch erschreckt. So finde ich es beschämend, wenn einige die Augen verschließen vor der Unterdrückung von Frauen bei uns und in vielen islamischen Ländern, vor Zwangsheiraten, Frühheiraten, vor Schwimmverboten für Mädchen in den Schulen. Wenn Antisemitismus unter Menschen aus arabischen Staaten ignoriert oder mit Verweis auf israelische Politik für verständlich erklärt wird. Oder wenn Kritik am Islam sofort unter den Verdacht gerät, aus Rassismus und einem Haß auf Muslime zu erwachsen. Sehe ich es richtig, daß in diesen und anderen Fällen die Rücksichtnahme auf die andere Kultur als wichtiger erachtet wird als die Wahrung von Grund- und Menschenrechten? Ja, es gibt Haß und Diskriminierung von Muslimen in unserem Land. Und sich diesem Ressentiment und dieser Generalisierung entgegenzustellen, sind nicht nur Schulen und Politik gefordert, sondern jeder Einzelne. Beschwichtiger aber, die kritikwürdige Verhaltensweisen von einzelnen Migranten unter den Teppich kehren, um Rassismus keinen Vorschub zu leisten, bestätigen Rassisten nur in ihrem Verdacht, die Meinungsfreiheit in unserem Land sei eingeschränkt. Und sie machen sich zum Verbündeten von islamisten, die jegliche, auch berechtigte Kritik an Muslimen abblocken, indem sie sie als rassistisch verunglimpfen. Zu viele Zugezogene leben noch zu abgesondert mit Werten und Narrativen, die den Gesetzen und Regeln und Denkweisen der Mehrheitsbevölkerung widersprechen, zu viele leben hier seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten, ohne die Geschichte dieses Landes kennen. Um das zu ändern und uns gemeinsam auf eine Zukunft in diesem Land zu verständigen, brauchen wir – wie einst zwischen einheimischen und vertriebenen Deutschen – vor allem eines: mehr Wissen über einander. Mehr Dialog. Mehr Streit. Mehr Bereitschaft, im jeweils Anderen unseren eigenen Ängsten, aber auch neuen Chancen zu begegnen.“

Eine so klare Kritik am Multikulturalismus hätten wir uns natürlich schon während seiner Amtszeit als Bundespräsident gewünscht. Indessen ist er auch als Altbundespräsident immer noch eine Autorität. Alle Kritik an der Zuwanderungspolitik der letzten Jahre kann sich nun auch auf ihn berufen.

Berufen kann man sich selbstverständlich auch auf Helmut Schmidt. Seine Äußerungen aus dem Jahr 2013 zu diesem Thema verdienen es, immer wieder zitiert zu werden:

„Ich bin sehr skeptisch, was die Einwanderung aus islamischen Kulturen angeht. Bei den  Türken, bei den Leuten aus dem Libanon und den islamischen Staaten insgesamt sehe ich ein Problem… Wir müssen eine weitere Zuwanderung aus fremden Kulturen unterbinden. Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder aus Schwarzafrika löst das Problem nicht, sondern schafft nur ein zusätzliches dickes Problem… 7 Millionen Ausländer in Deutschland sind eine fehlerhafte Entwicklung, für die die Politik verantwortlich ist…. Muslime in Deutschland stellen ein Problem dar und wollen sich nicht integrieren. Italiener, Spanier und Griechen hingegen sind da anders. Mit ihnen hat Deutschland keine Probleme. Ihre Kulturen sind kompatibel mit deutschen Traditionen und Werten.“

Auch hier stellen wir fest, daß ein bedeutender deutscher Politiker nach seiner Amtszeit die Probleme durchaus klar und deutlich anspricht. Manchmal ist das auch vor der Amtszeit der Fall, was man am Beispiel von Angela Merkel dokumentieren kann. Am 13.9.2002 hat sie im Deutschen Bundestag zu diesem Thema ausgeführt:

„Das Maß des Zumutbaren ist überschritten. Bevor wir neue Zuwanderung haben, müssen wir erst einmal die Integration der bei uns lebenden ausländischen Kinder verbessern.“

In ihrer Amtszeit scheinen ihr solche Einsichten abhandengekommen zu sein. Vielleicht werden wir aber auch bei ihr bald feststellen können, daß Politiker, befreit von Hast und Last des Amtes, klar zu denken vermögen.

Dabei liegt es doch auf der Hand, worum es eigentlich geht. Ausgangspunkt aller Überlegungen zu Nation und Zuwanderung kann zunächst einmal nur die Definition der Nation sein. Kein vernünftiger Mensch wird leugnen können, daß Nationen organisch gewachsene Gemeinschaften sind, deren Mitglieder Herkunft, Geschichte und gewachsene Kultur verbinden. Das ist im übrigen auch fern von biologistischen Vorstellungen, als die man alles sogenannte völkische Gedankengut qualifizieren muß, wonach die Zugehörigkeit zu einem Volk ausschließlich über die Abstammung definiert werden kann. Wer sich mit der Geschichte, insbesondere der deutschen Geschichte, mehr als oberflächlich beschäftigt, der wird solche Vorstellungen verwerfen müssen. Denn diese Nation hat sich neben der gewissermaßen vertikalen Reproduktion immer auch durch gewissermaßen horizontale Ergänzung entwickelt. Von der Völkerwanderung angefangen über den Durchzug von Heeren aus aller Herren Länder bis hin zur Arbeitsmigration der beiden letzten Jahrhunderte hat das „deutsche Blut“, um einmal die völkische Diktion zu benutzen, immer wieder Beimischungen in unterschiedlichen Mengen und von unterschiedlicher Herkunft erhalten. Vitalität, Leistungskraft und Innovationsfähigkeit der Nation hat das offenbar nicht beeinträchtigt, sondern begünstigt. Die kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Deutschen muß keinen Vergleich mit anderen Nationen scheuen, ganz im Gegenteil. Allerdings geschah dies nie im Übermaß, und es hat auch nie zu einer grundlegenden kulturellen Veränderung geführt. Die organische Entwicklung zu dem Volk, das wir heute sind, ist gerade dadurch gekennzeichnet, daß alle diese Einflüsse die Fließrichtung des großen Stroms nicht verändert haben, sondern ihn, um im gewählten Bild zu bleiben,wie die vielen Bäche und Nebenflüsse breiter und mächtiger werden ließen.

Worauf wir achten müssen, ist zweierlei. Wie bei Medikamenten kommt es auf die Wirkstoffe, aber auch auf die Dosis an. Unverträglich sind Zuwanderer, die unsere Art zu leben, unsere Kultur und unser Selbstverständnis nicht übernehmen, sondern vielmehr ihre Art zu leben, ihre Kultur und ihr Selbstverständnis beibehalten, allerdings von unserer Wirtschaftskraft profitieren wollen. Und das trifft auf einen großen Teil der Zuwanderer aus muslimischen Kulturen zu. Wer allerdings aus solchen Kulturen kommt, und sie hinter sich lassen will, um endgültig zu uns zu gehören, soll willkommen sein. Nach allen Erfahrungen der letzten Jahre ist hier Skepsis und Vorsicht angebracht. In untrennbaren Zusammenhang dazu steht das Problem der Dosis. Die Chance, daß Zuwanderer sich integrieren, ist umso größer, umso kleiner ihre Zahl ist. Es ist doch völlig einsichtig, daß wenige Menschen, egal woher sie kommen, sich in ihre neue Umgebung einfügen müssen, wenn sie dort auf Dauer glücklich werden wollen. Daß dies Menschen aus kompatiblen Kulturkreisen, wie etwa aus europäischen Ländern, sehr viel leichter fällt, als Menschen aus völlig komplementären Kulturkreisen, wie das bei den muslimischen Ländern der Fall ist, sollte auf der Hand liegen. Finden sie jedoch bei uns national und kulturell homogene „Communities“, besser gesagt, „Ghettos“ ihrer Landsleute vor, geschieht das genaue Gegenteil, wie ein Besuch in Berlin oder Duisburg zeigt. Daraus folgt, daß wir in der Tat darauf achten müssen, wer, in welchem Maße und worher zu uns kommt. Vor allem muß endlich darauf hingewirkt werden, daß der recht- und gesetzlose Zustand in diesem Bereich aufhört und nur noch zu uns kommen kann, wer sich ausweisen kann, gesetzliche Gründe für sein Hiersein aufweisen kann und die Gesetze unseres Landes respektiert. Es ist doch ein historisch wohl einmaliger Vorgang, wenn sich die Regierung dieses Landes von einem Gericht bescheinigen lassen muß, daß hier insoweit gesetzlose Zustände herrschen, wie dies in einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz aus dem Februar 2017 nachzulesen ist.

Natürlich ist auch zu berücksichtigen, was das alles kostet. Dies sei insbesondere den Zeitgenossen ins Stammbuch geschrieben, die uns weismachen wollen, unter humanitären Gesichtspunkten seien wir verpflichtet, wenn auch nicht alle, so doch nahezu unbegrenzt viele Fremde aufzunehmen. Wir können schlicht und einfach nicht auf Dauer jährlich rund 50 Milliarden € aufwenden, um Millionen von Zuwanderern aus dazu noch fremden Kulturen, die sich auch gar nicht einfügen wollen, und deswegen auch zu unserem Bruttosozialprodukt auf Dauer nichts beitragen, die soziale Hängematte aufzuspannen. Denn dieses Geld fehlt vor allem im sozialen Bereich für Wohnungsbau, Schulwesen und Gesundheitsfürsorge. Zu recht beklagen gerade unsere sozial schwächeren Landsleute, daß für „Flüchtlinge“ alles, für sie aber nichts getan wird.

Wir sollten also am Bewährten festhalten. Jahrtausendelang sind bei uns Menschen aus fremden Völkern und Ländern heimisch geworden. Zu einem nicht geringen Teil tragen die Deutschen heute noch ihre Familiennamen. Niemals in der Vergangenheit haben wir uns jedoch den Fremden angepaßt, die zu uns gekommen sind. Es war immer umgekehrt. So soll es auch bleiben. Daß wir uns nach den Irrungen und Wirrungen der letzten Jahre wieder dorthin bewegen, scheint eine nicht ganz unbegründete Hoffnung zu sein. Wenn schon eine Ikone des juste milieu wie Joachim Gauck derartige Erkenntnisse zum öffentlichen Bekenntnis erhebt, und Angela Merkel nebst ihren Paladinen den Eindruck zu erwecken sucht, die Zuwanderung in geordnete Bahnen lenken zu wollen, auch wenn an der Umsetzung erhebliche Zweifel bestehen, dann könnte es sein, daß sich die deutsche Politik gerade zu einer Kursänderung anschickt, wenn auch mit der Schwerfälligkeit, mit der ein Öltanker navigiert.

Qualitätsjournalismus

Tagelang überboten sich die Medien mit Meldungen über Menschenversuche im Auftrag der Automobil-Lobby. Man habe sogar Menschen als Versuchskaninchen benutzt und sie mit Gas traktiert. Die Aufregung, ach was, die Hysterie, steigerte sich täglich. Ausgerechnet die Branche, die den Diesel Skandal zu verantworten hat, und im großen Umfang Käufer wie Behörden betrogen hat, ließ Menschenversuche mit giftigem Gas durchführen, um den Nachweis zu führen, daß alles nicht so schlimm sei! Natürlich durften dann auch die mit erhobenem Zeigefinger vorgetragenen Mahnungen nicht fehlen, daß man ausgerechnet in Deutschland doch nicht Menschen zu Testzwecken ins Gas schicken dürfe. Menschenversuche, Gaskammern, geht’s noch?!

Seriöser Journalismus sollte doch vor allem bestrebt sein, Gerüchte von Fakten zu scheiden, und vor allem dort nachzufragen, wo sich der angebliche Skandal abgespielt hat. Am besten dann auch die Verantwortlichen direkt mit den Vorwürfen konfrontieren. Hätte man das gleich gemacht, und bei der Uni in Aachen nachgefragt, dann hätte man problemlos die Fakten ermitteln können. Inzwischen hat der verantwortliche Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Uniklinik erklärt, worum es tatsächlich gegangen war. Die Versuche haben zum einen geraume Zeit vor dem sogenannten Diesel Skandal stattgefunden, und zum anderen standen sie überhaupt nicht im Zusammenhang mit der Autoindustrie. Die sei auch gar nicht involviert gewesen. Vielmehr seien davon unabhängig Untersuchungen über die Belastung der Umwelt mit Stickoxid durchgeführt worden. Anlaß seien die veränderten gesetzlichen Stickoxid-Grenzwerte gewesen. Vier Kontrollgruppen von Probanden seien unterschiedlicher Belastung mit Stickoxid ausgesetzt worden. Eine Gruppe habe absolut saubere Luft, eine andere die einem normalen Arbeitsplatz entsprechende Luft, eine dritte die Luft am Arbeitsplatz gemäß neuem Grenzwert und die vierte schließlich eine Luft, die nur ein Drittel des Stickoxide nach altem Grenzwert enthalten habe, über einen definierten Zeitraum eingeatmet. Ziel der Studie sei es gewesen zu prüfen, ob eventuell auch unterhalb früherer oder existierender Grenzwerte – zum Beispiel ob auch bei Stickoxid-Belastungen aus dem Umweltbereich – schon Effekte nachweisbar sind, die früher mit gröberen Methoden vielleicht nicht verstehbar waren.

Leider wieder einmal ein Beispiel dafür, wie unsere Medien arbeiten. Man kann daher nur zum wiederholten Male die alte Weisheit zitieren: Wer die Zeitung gelesen hat, weiß was in der Zeitung steht.

Geht’s noch?

Spiegel-Leser wissen mehr. Mit diesem Werbespruch betrieb die Arroganzpostille aus Hamburg jahrzehntelang Leserwerbung. Das intellektuelle Lieschen Mueller der sechziger und siebziger Jahre kaufte denn auch brav jeden Montag das Blatt, um es nach bewußter Lektüre und unbewußter Indoktrination mit der Gewißheit aus der Hand zu legen, intellektuell doch dem gemeinen Volk überlegen zu sein. Nun sollten wir eigentlich schon immer wissen, daß Werbung die kommerzielle Ausprägung der Lüge ist. Indessen weiß der Spiegel-Leser morgen tatsächlich mehr.

In der Ausgabe 3/2018 berichtet „dieses Blatt“ (O-Ton Herbert Wehner, wer kennt ihn noch?) über einen an sich unglaublichen Vorgang. Die Europa-Parlamentarier haben einer Gesetzesinitiative zur Reform der sogenannten Dublin-Regeln zugestimmt. Dieser läuft darauf hinaus, daß Familienangehörige, und das sind bei Leibe nicht nur Vater, Mutter und Kinder, aus den Herkunftsländern der Asylsuchenden und sonstigen Migranten dorthin einreisen können sollen, wo ihre Angehörigen angekommen sind. Mit Masse also nach Deutschland.

Und diesem Irrsinn haben die Europapolitiker von Union und SPD im EU-Parlament zugestimmt. Jedenfalls einigen ihrer Kollegen im deutschen Parlament wird es dabei mulmig. Der Spiegel zitiert den Innenstaatssekretär Ole Schröder: „Wenn jeder der über 1,4 Millionen Menschen, die seit 2015 in Deutschland Asyl beantragt haben, zur Ankerperson für neu in der EU ankommende Schutzsuchende wird, reden wir über ganz andere Größenordnungen als bei der Familienzusammenführung.“ Die Innenexperten der Union weisen ferner darauf hin, daß nach den Vorschlägen des Europaparlaments „faktisch die bloße Behauptung einer Familienverbindung ausreichen“ soll. „Im Ergebnis wäre ein Mitgliedstaat, in dem sich bereits zahlreiche ‚Anker-Personen‘ befinden, für weitreichende Familienverbände zuständig.“ Naja, die Kopfzahlen von sogenannten Familienverbänden aus dem Orient erreichen regelmäßig die Stärke von Kompanien.

Nimmt man hinzu, daß die Bundesregierung auf Anfrage eines Parlamentariers der AfD zugegeben hat, daß seit 2015 ca. 45.000 Asylbewerber, Kriegsflüchtlinge und sonstige Migranten, selbstverständlich ohne eingehende Prüfung ihrer Personalien und valide Überprüfung ihrer angeblichen Gefährdung oder Verfolgung auf Veranlassung der Bundesregierung nach Deutschland eingeflogen worden sind, dann wird der Wahnsinn kaum noch größer. Wir machen es halt den Leuten, die es sich hier in unseren sozialen Hängematten bequem machen wollen, nur ein bisschen leichter. Statt unbequem im vollgepferchten Laderaum eines Kleintransporters, wofür man an den Schlepper auch noch Tausende von Euro zahlt, nach Deutschland zu kommen, wird man nun komfortabel eingeflogen.

Es fällt sehr schwer, dahinter keine Strategie zu sehen, die auf die Verwirklichung der Träume von Katrin Göring-Eckardt hinausläuft: „Dieses Land wird sich verändern. Und es wird sich ziemlich drastisch verändern. Und es wird ein schwerer Weg sein und es wird anschließend kein besseres Land mehr sein. Es wird vielleicht überhaupt kein Land mehr sein, so wie wir heute dieses Land denken und wie es Generationen vor uns gedacht haben.“ Wir wissen, daß KGE sich darauf freut. Ich selbst sehe da schon deswegen keine Strategie, weil ich der Masse unserer Politiker gar nicht zutraue, so etwas wie irgendeine Strategie zu verfolgen. Ich sehe nur Dummheit und parteipolitisches Taktieren in der Filterblase der politischen Welt.

Was ist zu tun? Wer kann, der muß seine örtlich zuständigen Politiker, ob er sie nun gewählt hat oder nicht, auf diesen Skandal ansprechen. Das mindeste ist jedoch, die Politiker der Parteien, die uns nun erneut mit einer sogenannten GroKo beglücken wollen, auf keinen Fall mehr zu wählen. Wer angesichts dieses Vorhabens der Europäischen Union noch von einer Vertiefung der EU faselt, und wer in einem sogenannten Sondierungspapier vom 12. Januar 2018 von jährlichen Zuwanderungszahlen in der Größenordnung von lediglich 180.000-220.000 daherschwätzt, der ist entweder unfähig, oder er streut den Wählern bewußt Sand in die Augen.

Unseren Politikern sollte man darüber hinaus empfehlen, hin und wieder ein Geschichtsbuch zur Hand zu nehmen. Da liest man dann etwas über einen Sturm auf die Bastille oder auf den Winterpalast in Sankt Petersburg. Vielleicht fördert solche Literatur die Einsicht oder generiert sogar Vernunft.

Immer wieder: Meinungsfreiheit!

Woran es wirklich gelegen hat, daß  es diesmal zu Silvester in Köln auf der Domplatte einigermaßen zivilisiert zugegangen ist, wollen wir einmal offen lassen. Vor allem, ob dazu die Kölner Polizei mit ihrem Aufruf an das feierlustige Volk, doch bitte friedlich zu bleiben und sich ordentlich zu benehmen, maßgeblich beigetragen hat. Vor allem auch inwieweit es dazu wirklich hilfreich war, diesen Aufruf auch auf Arabisch zu verbreiten. Das wird auch vermutlich niemanden mehr interessieren, denn das Aufregerthema in diesem Zusammenhang ist heuer der Zornausbruch einer Politikerin, die über die sozialen Medien folgenden Text verbreitete:

„Was zur Hölle  ist in diesem Land los, wieso twittert eine offizielle Polizeiseite auf Arabisch? Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?“

Das hat nun einen Proteststurm der „guten“ Deutschen nach sich gezogen, der seinen Niederschlag in hunderten von Strafanzeigen gegen die Dame gefunden hat, wobei auch die Kölner Polizei selbst Strafanzeige erstattet haben soll. Denn es handle sich bei ihrer Äußerung um eine Straftat gemäß § 130 StGB – Volksverhetzung. Wie man inzwischen auch anderweitig lesen kann, sind sogar manche Juristen der Meinung, hier sei der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Wir wollen das einmal näher untersuchen.

Der Grundtatbestand des § 130 Abs. 1 StGB lautet:

„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

  1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Haß aufstachelt, zu Gewalt-oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

Es muß also zunächst einmal geprüft werden, ob die inkriminierte Äußerung sich auf eine abgrenzbare Gruppe oder einen Teil der Bevölkerung bezieht. Das ist hier zumindest sehr zweifelhaft. Objekt der Äußerung sind „Männerhorden“, die mit den Adjektiven „barbarisch, muslimisch und gruppenvergewaltigend“ gekennzeichnet werden. Wer das konkret sein könnte, ist aus der Äußerung selbst nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Natürlich kommt dem Leser dieser Zeilen dabei in den Sinn, daß  in der Silvesternacht 2016 in großem Umfang Sexualdelikte gegen eine Vielzahl von Frauen durch eine näher nicht eingrenzbare Zahl von Tätern vorwiegend aus dem nordafrikanischen Raum verübt worden sind. Darauf hebt die Politikerin auch ab. Nachdem aber offensichtlich auch nur ein Teil dieser Straftaten überhaupt angezeigt worden ist, und auch nur ein Teil der verdächtigen Personen überhaupt polizeilich überprüft werden konnte, von der Einleitung von Strafverfahren, noch mehr aber der rechtskräftigen Verurteilung ganz abgesehen, erscheint mir schon das Tatbestandsmerkmal eines abgrenzbaren Personenkreises bzw. eines abgrenzbaren Teiles der Bevölkerung nicht erfüllt zu sein.

Des weiteren verlangt das Gesetz, daß mit der inkriminierten Äußerung gegen diese abgrenzbare Gruppe zum Haß aufgestachelt oder gar zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert wird. Dabei ist jedoch schon wegen der notwendigen Bestimmtheit des erfüllten Tatbestandes (nulla poena sine lege stricta) die inkriminierte Äußerung restriktiv dahingehend auszulegen, daß ihr Sinn ermittelt wird und dann, wenn die Äußerung mehrdeutig ist, sie eben nicht in dem Sinne verstanden werden darf, der zur Strafbarkeit führt. Für für Meinungsäußerungen gilt dies im Lichte des Artikels 5 Abs. 1 des Grundgesetzes erst recht ( Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2010, Aktenzeichen 1 BvR 369-371/04). Im vorliegenden Falle ist die Äußerung der Politikerin zwanglos dahingehend auszulegen, daß sie den Aufruf der Polizei gerade an Täter aus dem Spektrum, welches ein Jahr zuvor in Köln derart negativ in Erscheinung getreten war, für ungeeignet hält, ausgerechnet solche Leute zu einem anständigen und vor allem straffreien Verhalten zu bewegen. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die zweite Alternative der Vorschrift, welche die Menschenwürde der angesprochenen Gruppen oder Teilen der Bevölkerung schützt.

Darüber, ob die Äußerung auch geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, muß nicht mehr gesprochen werden. Der ist sowieso heutzutage ziemlich gestört. Die Ursache dafür liegt weniger bei denen, welche die Zustände in unserem Land kritisieren, als bei denen, die diese Zustände zu verantworten haben, um einmal in das Sprachmuster unserer Kanzlerin zu wechseln. Als einer von denen, die schon länger hier leben, darf ich das doch?

Um auch an konkret entschiedenen Fällen einmal darzustellen, was alles nicht nach § 130 Abs. 1 StGB strafbar ist, will ich einige davon vorstellen:

Der oben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lag zugrunde, daß Demonstranten im Sommer 2002 mit Plakaten und Spruchbändern auftraten, auf denen unter anderem zu lesen war:  „Aktion Ausländer Rückführung: Aktionswochen 3. Juni bis 17. Juni 2002. Für ein lebenswertes deutsches Augsburg. Augsburger Bündnis – Nationale Opposition.“ Das fällt eben nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG – Meinungsfreiheit. Überhaupt läßt das Bundesverfassungsgericht in diesem Bereich auch überspitzte, abwertende und teils recht unappetitliche Äußerungen zu. Die Werteordnung des Grundgesetzes verlangt eben von jedem Bürger, auch Meinungen lesen und hören zu müssen, die ihm zuwider sind. Denn die Meinungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für eine Demokratie schlechthin konstituierend.

Der Bundesgerichtshof hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem der Angeklagte mit dem Aufruf an die Öffentlichkeit gegangen war: „Deutsche wehrt euch gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“ Anders als die Staatsanwaltschaft bewertete der Bundesgerichtshof das nicht als Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 StGB und sprach mit Urteil vom 20.9.2011 den Angeklagten frei (Az.: 4 StR 129/11).

Am Tatbestandmerkmal der Bestimmbarkeit der verbal angegriffenen Gruppe scheiterte die Anklage gegen einen Veranstalter, der das ganz sicher unappetitliche und ungehörige Lied „Ausländerhure“ einer rechtsextremen Musikgruppe namens „Kraftschlag“ abgespielt hatte. (BGH, Beschluß vom 14. April 2015, Az.: 3 StR 602/14)

Der Angeklagte des nun vorgestellten Falles hatte T-Shirts hergestellt und vertrieben, die unter der in weißen Großbuchstaben gehaltenen Überschrift „REFUGEES“ mittig ein Piktogramm zeigten, welches links eine auf dem Boden kniende Person zeigte. Rechts von dieser war eine stehende Person abgebildet, die ihre rechte Hand auf den Kopf der knienden Person ablegte und in der erhobenen linken Hand einen spitzen Gegenstand hielt. Neben der stehenden Person stand diagonal angeordnet weiter in roten Großbuchstaben das Wort „NOT“. Unterhalb des Piktogramms endete das Druckmotiv mit dem ebenfalls in weißen Großbuchstaben gehaltenen Wort „WELCOME“. Deswegen hatten Amtsgericht und Landgericht den Angeklagten wegen Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hob das Oberlandesgericht Celle mit Beschluß vom 27.10.2017 diese Entscheidungen auf sprach den Angeklagten frei. Es lohnt sich, aus der Entscheidung zu zitieren, die nach dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1 GG ausführt:

„Nach diesen Maßstäben liegt – entgegen der Wertung des Berufungsgerichts – kein Fall vor, in dem bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung der Äußerungsgehalt ausschließlich oder zumindest als unabweisbar aufdrängende Schlußfolgerung als ein Angriff auf unmittelbar gegen die in Deutschland lebenden Flüchtlinge gerichtet ist. Schon ungeachtet der weiteren Begleitumstände ist fraglich, inwieweit die gestalterische Darstellung des Motivs selbst einen eindeutigen Richtungsbezug erkennen läßt. So stellt das Landgericht zwar zutreffend darauf ab, daß die bildliche Darstellung eine unmittelbar bevorstehende Hinrichtungsszene verkörpert und eine anderweitige Deutung fernliegt. Gleichwohl läßt sich daraus nicht zwangsläufig die festgestellte Angriffsrichtung in Richtung des als „Refugees“ bezeichneten Personenkreises erkennen. So geht das Berufungsgericht schon nicht auf den Umstand ein, daß das neben dem Piktogramm befindliche Wort „NOT“ sich sowohl farblich als auch gestalterisch durch eine kursive sowie leicht diagonal angeordnete Schreibweise von der verbleibenden Textpassage abhebt. Hierdurch werden beim Betrachter zwangsläufig unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten eröffnet, die einem eindeutigen Aussageverständnis entgegenstehen. So läßt sich der Aussageinhalt auch dahin begreifen, daß Flüchtlinge dem Grunde nach willkommen geheißen werden, der Ausübung von Gewalt (beispielhaft angedeutet durch die vorbezeichnete Hinrichtungsszene) jedoch entgegengetreten werde. Der Aussageinhalt läßt dabei weiter Raum, ob die dargestellte Exekution einzelnen gewaltbereiten Flüchtlingen selbst oder Handhabung in ihren Herkunftsgebieten zugeschrieben wird..“

Diese Beispiele sollten genügen. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, daß gegen die zitierte Politikerin ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet wird. Allerdings ist es nun einmal in Deutschland so, daß wohl nicht jeder sagen darf, was er denkt, vorausgesetzt es handelt sich um Politiker der AfD, wie im vorliegenden Falle. Denn es handelt sich bei der angesprochenen Politikerin um die Abgeordnete des Deutschen Bundestages Beatrix von Storch, bekanntermaßen eine führende Politikerin jener Partei. Aus der Sicht des linken Spektrums in unserem Lande handelt es sich dabei ohnehin um eine Ausgeburt der Hölle. Aus der Sicht der Unionsparteien und der FDP zumindest um politische Schmutzkonkurrenz. Deswegen erhebt sich jedes Mal ein Geschrei, wenn Politiker dieser Partei sich zu kontroversen politischen Themen äußern. Vor allem, wenn es um die Flüchtlingspolitik geht, in welcher ja allein die AfD eine grundsätzlich andere Position vertritt, als die übrigen Parteien. Und das wird regelmäßig als mindestens unanständig, wenn nicht gar Volksverhetzung bewertet. Da wundert es dann nicht, wenn selbst bei manchen Juristen das Denkvermögen aussetzt und die Emotion die Oberhand gewinnt. Beispielhaft erinnern wir hier an den inzwischen pensionierten Vorsitzenden Richter des 2. Strafsenats beim Bundesgerichtshof, Prof. Dr. Thomas Fischer, seines Zeichens unter anderem Verfasser des Standardkommentars zum Strafgesetzbuch aus dem Beck-Verlag. Wegen der bekannten Äußerung des Herrn Dr. Gauland über die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Frau Özoguz, die man seiner Meinung nach erst nach Thüringen schicken und dann nach Anatolien entsorgen solle, hat Herr Fischer Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Hält man sich an seine Kommentierung des § 130 StGB, dann kann dieser Strafanzeige kein Erfolg beschieden sein. Doch wie gesagt, politische Leidenschaften beeinträchtigen das Denkvermögen.

Einen Maulkorb muß sich in Deutschland glücklicherweise bisher niemand anlegen lassen. Die einschlägigen Versuche des Zensurministerleins Heiko Maas, dies jedenfalls im Bereich der sozialen Medien zu tun, werden mit Sicherheit vom Bundesverfassungsgericht unterbunden werden. Dieser merkwürdige Jurist wird späteren Generationen ohnehin nur als Kuriosum der deutschen Rechtsgeschichte in einer Fußnote begegnen.

 

 

Freiheit ist auch Narrenfreiheit

und das muß auch so sein. Wir erinnern uns. Die ersten Auftritte von Pegida waren durchaus ein Novum. Die sogenannte schweigende Mehrheit ging in Dresden – ausgerechnet in Dresden – auf die Straße. Die angestaute Wut über die Verhältnisse in Deutschland brach sich auf teilweise sehr rustikale Art Bahn. Rustikal allerdings nicht in dem Sinne, daß die Demonstranten gewalttätig geworden wären. Nein, ganz im Gegenteil. Wenn es zu Gewalttaten kam, dann gegen die zumeist schweigend marschierenden und am Ziel angekommen den Rednern aufmerksam lauschenden Bürgern. Bürger offensichtlich aus der Mitte der Gesellschaft, wie eine beliebte Floskel lautet. Was sie sagen wollten, trugen sie in Schlagworten auf Plakaten vor sich her. Nachdem sie von den Medien und der Politik pauschal als Rechtsradikale diffamiert worden waren, schlugen sie verbal zurück, allerdings wie bei Leuten zu erwarten war, die eben nicht professionell die Zeitungsspalten füllen und die Rednerpulte in den Parlamenten besetzen, teils unbeholfen, teils geschmacklos.

Besonders hohe Wellen schlug ein Miniaturgalgen, der symbolisch für Angela Merkel und Sigmar Gabriel bestimmt war. Natürlich zog das diverse Strafanzeigen nach sich. Denn gerade das sich selbst für alleine staatstragend haltende Juste Milieu reagiert sehr empfindlich, wenn es aus dem Walde schallt, wie man hineingerufen hat. Von Volksverhetzung, mindestens Beleidigung war die Rede. Nicht nur das, in Form von Strafanzeigen wurde das auch zu Papier gebracht.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Dresden hat diese Vorgänge pflichtgemäß und umfassend zwei Jahre lang geprüft und ist nun zu dem Ergebnis gekommen, daß daran nichts strafwürdiges zu entdecken ist. Natürlich nicht, muß man als Jurist sagen. Das für unsere Demokratie grundlegende Recht, überall und jederzeit in Wort und Schrift seine Meinung sagen zu dürfen, läßt selbstverständlich auch drastische, unsinnige oder auch nur geschmacklose, ungehörige Meinungsäußerungen zu. Denn es würde zu einer unerträglichen Zensur führen, wenn die Gerichte Derartiges verbieten müßten. Damit die Meinungsfreiheit auch nicht im Ansatz gefährdet wird, hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und ihm folgend der ordentlichen Gerichte festgeschrieben, daß in Zweifelsfällen für die Meinungsfreiheit und gegen die Zensur zu entscheiden ist. Die jeweils beanstandete Äußerung ist auf ihren Sinngehalt zu untersuchen und in den Sachzusammenhang zu stellen, in dem sie gefallen ist. Wenn eine Äußerung mehrdeutig ist und damit interpretationsfähig, dann ist zu Gunsten des Beschuldigten diejenige Interpretation seiner Äußerung der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen, die keinen Straftatbestand erfüllt. Die Staatsanwaltschaft kam denn auch in diesem Falle zu dem Ergebnis, dem Beschuldigten sei nicht nachzuweisen, daß er mit diesem Galgen Dritte animieren wollte, die Kanzlerin oder den Außenminister zu töten. Denn bei der gebotenen objektiven Betrachtung könne das Verhalten auch dahingehend verstanden werden, den genannten Politikern symbolisch den politischen Tod zu wünschen. Darüber hinaus sei der Galgen auch nicht als Androhung einer Straftat zu sehen, weil der Beschuldigte weder die Tötung der Politiker in Aussicht gestellt noch vorgegeben habe, daß diese in seinem Einflußbereich liege. Dazu mußte die Staatsanwaltschaft das ganze nicht einmal als Kunst einstufen, wo ja noch wesentlich nachsichtiger zu urteilen ist, wie der Fall des sogenannten Kaberettisten Böhmermann in der Causa Erdogan zeigt.

Zwei Bemerkungen zu diesem für Juristen keineswegs überraschenden Ergebnis:

Der sogenannte Pegida-Galgen ist zweifellos von der Qualität, die politisch korrekt als „Hate-Speech“ eingeordnet wird. Meinungsäußerungen dieses Kalibers möchte unser Zensurministerlein nur zu gerne mit seinem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz – richtig: Meinungsfreiheitsbeschränkungsgesetz – an den Gerichten vorbei unterbinden. Anbieter von sozialen Netzwerken wie Facebook stellen deswegen jetzt schon Hunderte von Mitarbeitern ein, die selbstverständlich bar jeglicher Rechtskenntnis unerwünschte Meinungsäußerungen unterbinden sollen, indem sie erst gar nicht auf dem Bildschirm erscheinen. Ich gehe davon aus, daß unser Zensurministerlein die Entscheidung der Staatsanwaltschaft weder intellektuell noch juristisch zutreffend bewerten kann, wohl aber politisch den Vorgang als angeblichen Beleg dafür anführen wird, daß es einer Internetzensur nach seinen Vorstellungen durchaus bedarf. Es wird also wiederum einer rechtsstaatlichen Entscheidung, diesmal des Bundesverfassungsgerichts, bedürfen, um diesen Bonsai-Metternich in seine Schranken zu weisen.

Zum anderen kann man dem deutschen Wutbürger unserer Tage nur empfehlen, entweder sachlich zu argumentieren oder, um sich auf das Sprachniveau zu begeben, das jeder auch außerhalb der akademischen Welt versteht, einfach die Klappe zu halten. Zwischenzeitlich werden die berechtigten Anliegen der Montags-Spaziergänger qualifiziert sogar in den Parlamenten vertreten, von den zum Leidwesen des Juste Milieu immer mehr und immer schneller verbreiteten alternativen Medien, zum Beispiel auch diesem ganz unbedeutenden Blog, ganz abgesehen. Schlechter Geschmack, unangemessene Formulierungen und schlicht flegelhaftes Benehmen waren einer guten Sache noch nie förderlich.

Klare Kante gegen Nazi-Verbrecher, egal wie alt

Das Oberlandesgericht Celle hat entschieden, daß der nun 96-jährige Oskar Gröning ins Gefängnis muß. Haftunfähigkeit liege nicht vor, andere Gründe stünden dem Vollzug der zuerkannten Freiheitsstrafe auch nicht entgegen. Dazu einige Anmerkungen.

Gröning war von 1942 bis 1944 als SS-Unterscharführer (entspricht Unteroffizier) im KZ Auschwitz eingesetzt. Ihm oblagen buchhalterische Tätigkeiten hinsichtlich der Erfassung von Wertgegenständen der dort zur Vernichtung eingelieferten Juden. An den eigentlichen Vernichtungsmaßnahmen war er nicht beteiligt. Das genügte jedoch dem Landgericht Lüneburg im Jahre 2015 zur Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier jahren wegen Beihilfe zum Mord in wenigstens 300.000 Fällen. Denn er sei ja Teil des Lagersystems gewesen. Zur Ursächlichkeit seines Tatbeitrages sei nicht erforderlich, daß er an den Morden selbst beteilgt gewesen sei, etwa wenigstens dergestalt, daß er die Unglücklichen als Wachmann an der Flucht hinderte. Nach dieser Logik müßte man auch die damaligen Putzfrauen verurteilen, soweit sie nicht selbst Gefangene waren und man ihrer noch habhaft werden kann. In den sechziger Jahren des vergangegenen Jahrhunderts, als die Richter noch selbst das NS-Regime erlebt hatten, war das noch anders. In den berühmten Auschwitz-Prozessen wurden ausschließlich solche Angeklagte verurteilt, die selbst mit Hand angelegt hatten. Der Lagerzahnarzt indessen, dem es oblag, die Wachmannschaften zahnmedizinisch zu versorgen, wurde vom Vorwurf der Beihilfe zum Massenmord freigesprochen. Man hat den Eindruck, daß der Eifer, auch noch den allerletzten NS-Täter zu verurteilen, mit zunehmendem zeitlichen Abstand zu jener Zeit exponential zunimmt. Man will es, so scheint es, den Generationen der Eltern und Großeltern zeigen, wie man mit den Nazis umzugehen hat. Wenn man schon nicht mehr selbst Widerstand gegen Hitler leisten kann, weil man leider dazu reichlich verspätet geboren ist, so will man doch den Alten zeigen, was sie, verdammt noch mal, zu tun gehabt hätten.

Das gilt natürlich auch für die Strafvollstreckung. Alter schützt eben nicht vor dem Knast, jedenfalls nicht bei einem „SS-Schergen“. Ob man beispielsweise einen 96-jährigen Großbetrüger, der einen Schaden von, sagen wir einmal sechs Millionen Euro angerichtet hat, ebenfalls zum Haftantritt vorladen würde, wage ich zu bezweifeln. Zuständig dafür ist im übrigen die Staatsanwaltschaft, die den Weisungen des Justizministers Folge zu leisten hat. Wie das in einem solchen Fall abläuft, der von politischer Bedeutung ist, haben meine Kollegen und ich als Verteidiger des ehemaligen Wehrmachtsleutnants Scheungraber erlebt. Dieser Hinweis sollte genügen.

Nun ist die Frage nach Sinn und Zweck der Strafe so alt wie das Denken der Menschen über grundsätzliche Dinge des Lebens, also die Philosophie. Schon Platon und ihm folgend viele große Denker haben sich damit befaßt. Montesquieu sagte: „Jede Strafe, die sich nicht als absolute Notwendigkeit erweist, ist Tyrannei.“ Darauf aufbauend hat der italienische Jurist Cesare Beccaria (1738-1794) klassisch formuliert, das Recht zu strafen, beruhe allein auf der Notwendigkeit, das Gemeinschaftsgut des öffentlichen Wohls zu verteidigen. Alles andere sei Mißbrauch der Macht und keine Gerechtigkeit. Zweck der Strafe könne daher nur sein, den Täter zu hindern, seinen Bürgern erneut zu schaden und alle anderen abzuschrecken, es erstmals zu tun. Kurz und prägnant in Latein: „Punitur ne peccetur“, statt: „Punitur, qia peccatum est.“ Diese Erkenntnisse sind im Laufe der jahrhunderte von den Philosophen und Juristen fortgeschrieben worden und Allgemeingut geworden. Sie finden sich auch im Niedersächsischen Strafvollzugsgesetz, dessen § 5 – Vollzugsziele – lautet:

„In Vollzug der Freiheitsstrafe sollen die Gefangenen fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Zugleich dient der Vollzug der Freiheitsstrafe dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.“

Nun fragt man sich, ob es bei einem Mann von 96 Jahren, der sich gut sieben Jahrzehnte lang nichts hat zuschulden kommen lassen, nötig ist ihn zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Und man fragt sich weiter, ob die Allgemeinheit durch den Vollzug der Freiheitsstrafe an einem 96-jährigen Verurteilten vor weiteren Straftaten dieses alten Mannes geschützt werden muß. In diesen Fragen spiegelt sich die ganze Absurdität dieses Vorganges.

Der Fall zeigt wieder einmal, daß unsere ansonsten unbefangene und peinlich korrekte Justiz in politisch brisanten Verfahren – und was ist in Deutschland schon brisanter als ein Verfahren gegen NS-Täter? – sich der Macht des Zeit“geistes“ nicht entziehen kann. Anders gewendet: Der Ungeist des NS-Regimes, dem man so konsquent entgegen treten will, dieser Ungeist hat Spuren in der deutschen Psyche hinterlassen, die sich im Ergebnis ungewollt deutlich zeigen. Das ist die Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft, um die Worte Mephistos aus Goethes Faust einmal zu wenden. Wenn wir der politischen Klasse unseres Landes einmal das reine Herz des Toren Candide unterstellen, so sollte sie vielleicht ausnahmsweise einmal auf den Volksmund hören, der da sagt: „Gut gemeint ist selten gut!“

 

 

Preußen verläßt das Reich des Bösen

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges schien es international wie national einen Konsens darüber zu geben, daß Preußen insgesamt eine historische Fehlentwicklung sei, die den Charakter der Deutschen als autoritätsgläubig und militaristisch bestimmt und somit den Weg für Hitler gebahnt habe. Wenn die Deutschen in die Gemeinschaft der zivilisierten Nationen zurückkehren wollten, dann müßte ihnen alles Preußische ausgetrieben werden. Folgerichtig erließ der Alliierte Kontrollrat am 25. Februar 1947 sein Gesetz Nr. 46 zur Auflösung des preußischen Staates. Seine Präambel lautet:

„Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirklichkeit zu bestehen aufgehört. Geleitet von dem Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit der Völker und erfüllt von dem Wunsche, die weitere Wiederherstellung des politischen Lebens in Deutschland auf demokratischer Grundlage zu sichern, erläßt der Kontrollrat das folgende Gesetz:

Art. I Der Staat Preußen, seine Zentralregierung und alle nachgeordneten Behörden werden hiermit aufgelöst.“

Christopher Clark führt dazu in seinem Werk „Preußen, Aufstieg und Niedergang 1600-1947 “ aus: „Das Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats war weit mehr als ein bloßer Verwaltungsakt. Indem sie Preußen von der europäischen Landkarte tilgten, fällten die alliierten Behörden zugleich ihr Urteil über dieses Land. Preußen war kein deutsches Land wie jedes andere, auf einer Stufe mit Baden, Württemberg, Bayern oder Sachsen. Preußen war der eigentliche Ursprung der deutschen ‚Krankheit‘, die Europa ins Unglück gestürzt hatte. Preußen war der Grund, warum Deutschland den Pfad des Friedens und der politischen Moderne verlassen hatte. ‚Das Herz Deutschlands schlägt in Preußen‘, sagte Churchill am 21. September 1943 im britischen Parlament. ‚Hier liegt der Ursprung jener Krankheit, die stets neu ausbricht.‘ “

Generationen von Deutschen sind seither mit der Gewißheit aufgewachsen, daß das Preußentum ein Irrweg der Geschichte gewesen sei, ja daß der Gang der Geschichte die preußische Idee von Gesellschaft und Staat widerlegt habe. Folgerichtig ließen die Schulbücher ebenso wie Literatur und Film kein gutes Haar an Preußen. War dies schon in der Nachkriegszeit unübersehbar, so wurde dies nach 1968 noch verstärkt, soweit das überhaupt noch möglich war.

Um so erstaunlicher ist es, daß sich seit wenigen Jahren ein Sinneswandel andeutet. Historiker wie Christopher Clark, dessen zitiertes Buch 2007 erschienen ist, gehen vorsichtig an eine Neubewertung des Phänomens Preußen. Einen großen Schritt hin zu einer sachlichen Beurteilung, ja in Ansätzen sogar Wertschätzung Preußens geht nun der Historiker Frank-Lothar Kroll, Hochschullehrer und Vorsitzender der Preußischen Historischen Kommission. In dem monatlich erscheinenden populärwissenschaftlichen historischen Magazin „G/Geschichte“ aus dem Bayard Media Verlag, das mit einer gedruckten Auflage von 50.000 einen für diesen Gegenstand beachtlichen Leserkreis erreicht, bewertet er Preußen so:

„Es basierte auf Autorität, Hierarchie und Eliteformung ebenso wie auf dem typisch preußischen Stil der < Freiheit in der Gebundenheit des Dienstes> mit seinem Ethos bewußter Hinordnung auf ein überpersönliches Ganzes, auf den Staat und auf die Gemeiinschaft als Ausdruck des kollektiven Besten. Solche Charakterzüge stehen derzeit nicht unbedingt hoch im Kurs, sie wirken beinahe wie ein Kontrastprogramm zu unserer Gegenwart. Doch das ist nur die eine Seite. Zum Mythos Preußens und zu den lang andauernden Prägekräften seines Herrscherhauses gehörten auch andere Leitgrößen – allen voran eine äußerst tolerante Asylpraxis, die Flüchtlingen aus ganz Europa Aufnahme gewährte, Minderheiten jeglicher Art und Herkunft achtete und Preußen zu einem der beliebtesten Einwanderungsländer der frühen Neuzeit machte. Anders als in den meisten größeren Reichsterritorien lebten in Preußen seit dem frühen 17. Jahrhundert zahlreiche religiöse Kleingruppen auskömmlich miteinander, seit 1685 fanden nahezu 20.000 zumeist hochqualifizierte reformierte Glaubensflüchtlinge aus Frankreich den Weg nach Brandenburg-Preußen. Daß die Hohenzollern ihre sprichwörtlich gewordene Religionstoleranz dabei wesentlich aus Gründen des staatlichen Nutzens gewährten, verweist auf den spezifisch preußischen Charakter dieser Tugend.

Neben dem Toleranzprinzip bildet der Komplex Militär und Krieg einen zweiten mythenschaffenden Bestandteil hohenzollerscher Politik. Forscher haben zwar gelegentlich errechnet, daß Preußen in der Teilnahme an allen seit dem 17. Jahrhundert geführten Kriegen signifikant weit hinter Frankreich, England, Russland und selbst Spanien zurückstand. Trotzdem gilt das Land bis heute als Hort des neuzeitlichen Militarismus. Richtig ist hieran, daß der Hohenzollernstaat 1740, im Todesjahr des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., das viertgrößte stehende Heer Europas unterhielt, obwohl das Land flächenmäßig damals nur den 10. Platz, an Einwohnerzahl gar nur die 13. Stelle einnahm. Das war nur möglich, weil alle Kräfte auf die Bedürfnisse der Armee ausgerichtet waren.

Daß militärische Verhaltensformen die Gesellschaft vollständig durchdrungen hätten und, wie oft behauptet, das gesamte Sozialgefüge militarisiert war – davon kann gleichwohl nur sehr bedingt die Rede sein. Vielmehr bot der Militärdienst, der die einfachen Soldaten sozialisierte, gerade für die unteren Bevölkerungsschichten mannigfache Möglichkeiten, sich von alten, ständisch gebundenen Abhängigkeiten zu befreien und Selbstbewußtsein zu sammeln. So gesehen besaß der Armeedienst im alten Preußen eine emanzipatorische Komponente. Auch wenn die vermeintliche Militarisierung des Hohenzollernstaates vielerorts gefürchtet oder verachtet wurde, so wußten viele ausländische Beobachter ein anderes Charakteristikum Preußens sehr zu schätzen, das woanders – namentlich in Frankreich und in Russland – lange Zeit schmerzlich vermißt wurde: die Rechtsstaatlichkeit. Sie band die Obrigkeit bereits im 18. Jahrhundert an Gesetz und Recht – Friedrich der Große begann seine Herrschaft 1740 nicht zufällig mit der Abschaffung der Folter als erster Schritt zu einer Justizreform.

Freilich ließ der König das willkürlich gehandhabte Instrument herrscherlicher Machtsprüche weiterhin bestehen, weil er – fälschlicherweise – glaubte, dadurch richterlichen Machtmißbrauch korrigieren zu können. Erst das 1794 in Kraft getretene ‚Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten‘ hat die Rechtsstaatsidee in allen Provinzen des Landes weitgehend realisiert.

Eine weitere Kontinuität in der Herrschaftsausübung der Hohenzollern ist das oft unterschätzte, tatsächlich jedoch beachtenswerte kulturpolitische Engagement. Förderung der Kunst und Wissenschaft, Ausgestaltung der Akademien und Universitäten – all das nahmen die Hohenzollern nach dem militärisch-politischen Zusammenbruch des alten Preußen 1806/1807 vermehrt in Angriff. Geprägt vom Kulturstaatsideal des deutschen Idealismus und der Romantik führte vor allem Friedrich Wilhelm IV. sein Land in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer nie da gewesenen künstlerisch-kulturellen Blüte. Dieser König trat nicht nur als großzügiger Mäzen hervor, sondern wirkte auch selbst als schöpferisch begabter, keineswegs dilettierender Baukünstler. Er hat das Erscheinungsbild vieler Orte und Regionen Preußens mit geformt. Das traf selbst für den letzten preußischen König, Kaiser Wilhelm II. zu. Sein Eifer für den Ausbau des preußisch-deutschen Kulturstaates galt zahlreichen Feldern wissenschaftlichen, akademischen und universitären Forschens und wurde in der Spannweite von keinem zeitgenössischen Monarchen übertroffen.

Toleranz, Rechts-und Kulturstaatlichkeit, Sozialisation durch militärische Disziplin, Bildungspflege und Wissenschaftsförderung: All diese Stichworte bezeichnen – neben manchen unleugbar vorhandenen Schattenseiten – herausragende Kontinuitäten im politischen Stil der Hohenzollern. Und diesem Stil kann, verglichen mit anderen deutschen und europäischen Fürstenhäusern, keineswegs Rang und Bedeutung abgesprochen werden.“

Daß inzwischen Friedrich der Große auch weithin nicht nur als Feldherr und Eroberer, sondern auch als Schöngeist, Komponist, Schriftsteller und Förderer der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung seines Staates gesehen wird, rundet das Bild ab. Es scheint nicht mehr unrealistisch und vermessen, wenn man erwartet, daß Preußen wieder zu einem selbstverständlichen Pfeiler der nationalen Identität wird. Der von Kroll apostrophierte typisch preußische Stil der Freiheit in der Gebundenheit des Dienstes mit seinem Ethos bewußter Hinordnung auf ein überpersönliches Ganzes, auf den Staat und auf die Gemeinschaft als Ausdruck des kollektiven Besten als kollektiver Charakterzug der Deutschen unserer Zeit könnte dazu beitragen, den Herausforderungen gerecht zu werden, vor denen sie nun stehen. Und nur dann haben sie die Chance, auch weiterhin in einem von Toleranz, Rechts- und Kulturstaatlichkeit geprägten Land zu leben.

Ihr seid mer ja scheene Demogradn!

Ob König Friedrich August III. diesen Satz 1920 seinen ehemaligen Untertanen zugerufen hat, um damit sein Erstaunen über den überaus freundlichen Empfang ihres ehemaligen Herrschers zum Ausdruck zu bringen, wissen wir nicht. Aber es ist eine schöne Anekdote. In ganz anderem Sinne möchte man diesen Satz den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zurufen, die erklärt haben, den von der AfD-Fraktion für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten aufgestellten Abgeordneten Albrecht Glaser nicht wählen zu wollen. Denn der Mann habe sich ja in nicht hinnehmbarer Weise über den Islam geäußert und das Grundrecht auf Religionsfreiheit in Frage gestellt.

Der Vorgang ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist es guter parlamentarischer Brauch, daß jede Fraktion im Deutschen Bundestag einen Vizepräsidenten des Parlaments stellt. Natürlich wird diese Position mittels Wahl besetzt, so daß die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig ist, damit jemand auf dem Stuhl des Vizepräsidenten Platz nehmen kann. Bisher war es auch immer so, daß die jeweiligen Fraktionen eines ihrer Mitglieder zur Wahl durch das Hohe Haus aufgestellt haben, und diese Person dann einstimmig oder nahezu einstimmig gewählt worden ist. Die zuvor von der jeweiligen Fraktion getroffene Auswahl unter ihren Mitgliedern wurde von den übrigen Fraktionen niemals in Frage gestellt. Somit ist der erste bemerkenswerte Umstand die schiere Tatsache, daß Angehörige anderer Fraktionen sich überhaupt dazu äußern, wen die Fraktion der AfD für dieses Amt nominiert. Noch unerhörter ist es, daß jedenfalls die Fraktionen der SPD, der Grünen, der Linken und auch der FDP erklärt haben, Herrn Glaser auf keinen Fall wählen zu wollen. Ein Abgeordneter der CDU soll indessen zur Besonnenheit aufgerufen haben. Das werden ihm seine Oberen mit Rücksicht auf „Jamaika“ und die Muslime wohl auch noch verbieten. Eine solche Haltung wäre nur dann verständlich, wenn dem Abgeordneten ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte, etwa in der Qualität der Straftaten, für die der frühere Abgeordnete Edathy von der SPD rechtskräftig verurteilt worden ist.

Doch weit gefehlt. Nicht der Besitz von Kinderpornos, nicht Steuerhinterziehung, nicht einmal eine Trunkenheitsfahrt wird dem Abgeordneten vorgeworfen. Nein, in den Augen seiner politisch korrekten Kollegen ist er wegen der nachstehend zitierten Äußerung nicht wählbar:

„Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muß man das Grundrecht entziehen.“ Überdies, so hat er sich weiter eingelassen, sei der Islam keine Religion, sondern eine politische Ideologie.

In der Sache ist es natürlich richtig, daß der Islam jedenfalls auch eine politische Ideologie ist, die in der Tat überall dort, wo sie die politische Macht hat, andere Religionen mindestens benachteiligt, meistens aber bedrängt und verfolgt. Hier fordert Herr Glaser nichts anderes ein, als das Prinzip der Gegenseitigkeit. Nun kann man juristisch wohl darüber trefflich streiten, in welchem Umfange die Freiheit der Religionsausübung (nicht die Religionsfreiheit) in Deutschland eingeschränkt werden kann. Zwar garantiert Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes die Freiheit der Religionsausübung. Indessen gilt das nicht schrankenlos. Schon heute gibt es Beschränkungen, man denke nur an die Fälle, in denen Gerichte das Läuten der Kirchenglocken reglementiert haben. Und es ist in Deutschland bisher jedenfalls unstrittig, daß auch religiöse Vorstellungen von Muslimen nicht uneingeschränkt ausgelebt werden können. So kann ein Muslim in Deutschland nicht mehr als eine Frau heiraten, auch wenn Koran und Scharia ihm die Mehrfach-Ehe erlauben. So kann er sich auch nicht durch bloße Verstoßung nach islamischem Ritus von seiner Ehefrau trennen mit der Folge, daß er erneut heiraten darf. Und auch wenn die deutschen Politiker nicht den Mut hatten, den archaischen und barbarischen Brauch der Beschneidung von Knaben gänzlich zu verbieten, so haben sie doch allen ihren Mut zusammen genommen, und wenigstens die übliche Knabenbeschneidung durch medizinische Laien untersagt. Auch wenn gewisse Strömungen des Islam die Vollverschleierung der Frauen anordnen, so haben sich die deutschen Politiker wenigstens getraut, diesen Mummenschanz Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu untersagen. Von solchen Köstlichkeiten des Islam, wie der Pflicht zur Tötung vom Glauben abgefallener oder dem religiösen Gesetz, das eine Muslimin keinen „Ungläubigen“ heiraten darf, einmal ganz abgesehen, denn dies ist mit der öffentlichen Ordnung in Deutschland nicht vereinbar. in meinem Blog vom 10.8.2017 „Darf man vor dem Islam warnen?“ habe ich zu dem Thema ausführlich Stellung genommen.

Es ist doch ganz offensichtlich, daß die Äußerungen des Abgeordneten Glaser nicht einmal den Anfangsverdacht einer Straftat begründen, und er wird auch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Was bleibt, ist nur, daß der Abgeordnete eine Meinung vertritt, die von den meisten seiner Kollegen im Deutschen Bundestag nicht geteilt wird, ja, die ihnen ausgesprochen quer liegt. Aber genau das ist doch der Normalfall in der Demokratie. Ihr konstituierendes Grundrecht ist die Meinungsfreiheit. Von der Mehrheit abweichende Meinungen dürfen nicht unterdrückt, sondern müssen diskutiert werden. Die Demokratie lebt davon, daß über Meinungen gestritten wird, ein Konsens gefunden wird oder die Mehrheit die Minderheit überstimmt. Die Demokratie stirbt, wenn Meinungen nicht geäußert werden dürfen. Wenn man jedoch hört, was die Vertreter der etablierten Parteien in den letzten Wochen so alles von sich gegeben haben, dann muß man den Eindruck haben, ihre Vorstellung von Demokratie finde ihr Ideal im Parlament von Nordkorea. Das sind mir in der Tat schöne Demokraten.

 

Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Der massenhafte Missbrauch des Asylrechts und der Genfer Flüchtlingskonvention kostet den Steuerzahler viele, viele Millionen Euro jährlich. Daß ein Teil dieses Betrages auch in die Taschen besonders bemerkenswerter Anwälte fließt, ist nicht so allgemein bekannt. Was da tatsächlich abläuft, läßt sich anhand der nachstehend zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur erahnen. Vorweg bemerke ich, daß selbstverständlich jeder in Deutschland, auch derjenige, der in Deutschland den Status des Kriegsflüchtlings oder des Asylberechtigten auf dem Verwaltungsrechtsweg begehrt, einen Anspruch auf Entscheidung nach Recht und Gesetz und selbstverständlich auch auf Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts hat. Ist er mittellos, steht ihm natürlich auch die staatliche Prozeßkostenhilfe zur Verfügung. Das Anwaltshonorar ebenso wie die Gerichtskosten zahlt dann der Steuerzahler.

Zwischenzeitlich gibt es bereits den Fachanwalt für Migrationsrecht. Das liegt daran, daß einerseits die Gesetze, Rechtsvorschriften und darauf fußende Rechtsprechung so kompliziert und unübersichtlich geworden sind, daß in der Tat nur noch Spezialisten die Materie beherrschen können. Die Verwaltungsgerichte sind mit Rechtsstreitigkeiten auf diesem Gebiet überlastet, und zwar für Jahre, wie wir leider häufig von Gerichtspräsidenten vernehmen müssen. Gewisse Organisationen, die sich mit anmaßenden Bezeichnungen wie etwa „bayerischer Flüchtlingsrat“ schmücken und damit eine gewisse Seriosität vorspiegeln, aber auch die üblichen Verdächtigen aus dem politischen und vorpolitischen Raum streben ganz offen an, auch auf dem Rechtsweg so viele Einwanderer wie möglich, ob zu Recht oder zu Unrecht ( „legal, illegal, scheißegal“) auf Dauer in unserem Land sesshaft zu machen, selbstverständlich staatlich alimentiert. Diesem politischen Ziel haben sich natürlich auch nicht wenige Juristen mit Anwaltszulassung verschrieben. Sie können dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen das politische Ziel des linksgrünen Milieus, möglichst viele Einwanderer aus Afrika und dem Orient zwecks Herausbildung der multikulturellen Gesellschaft im Lande zu halten. Zum anderen kann damit ordentlich Geld verdient werden, denn die luxussanierte Altbauwohnung nebst mit Bordeaux und Chablis gefülltem Weinkeller müssen ja finanziert werden. Vertritt man finanziell gut gestellte Mandanten, die es auch unter den sogenannten Flüchtlingen durchaus gibt (wir wollen lieber nicht fragen, wo das Geld herkommt), dann ist pro Fall schon ein Honorar in der Größenordnung von 1.800,00 € netto fällig, und wenn der Mandant wirklich oder angeblich arm ist, die Hälfte. Vertritt man als Spezialist oder in einschlägigen Kreisen bekannter „Geheimtipp“ jährlich Hunderte solcher Mandanten, was bei solchen Massengeschäften ohne weiteres gehandhabt werden kann, dann ist der Lebensstandard gesichert. Da schreckt man dann auch vor Machenschaften nicht zurück, die zum Beispiel mir als seit über 40 Jahren bei den Gerichten tätigem Anwalt die Zornesader auf der Stirn anschwellen lassen.

Schauen wir uns den Sachverhalt an, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 14. September 2017 zu beurteilen hatte:

„Der am 31. Dezember 1992 geborene Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 5. August 2011 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. August 2011 einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. Februar 2013 ab. Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab; das Urteil ist seit dem 9. August 2013 rechtskräftig. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik wurde der Antragsteller wegen Diebstahls und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von insgesamt 70 Tagessätzen verurteilt. Am 10. März 2014 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, der mit Bescheid vom 16. Februar 2017 abgelehnt wurde. Er erhob hiergegen Klage, über die noch nicht entschieden ist. Am 31. März 2017 heiratete er nach islamischem Ritus eine deutsche Staatsangehörige; eine standesamtliche Trauung hat nicht stattgefunden. Die Ausländerbehörde hat am 6. und 8. September 2017 erfolglos versucht, den Antragsteller in Abschiebehaft zu nehmen. Der Antragsteller hat am 11. September 2017 bei dem Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verpflichten, die an die Ausländerbehörde ergangene Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG zu widerrufen…… Die Ankündigung der Bundesregierung, am 12. September 2017 ausschließlich Straftäter abschieben zu wollen, werde die Gefahr einer Verfolgung sowohl durch staatliche Behörden als auch durch die Taliban massiv erhöhen…… Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 11. September 2017 abgelehnt und den Beschluß dem Bevollmächtigten des Antragstellers an demselben Tag gegen 18:00 Uhr zugestellt……. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 12. September 2017 zwischen 15:20 Uhr und 18:45 Uhr an das Bundesverfassungsgericht per Fax einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit zahlreichen Anlagen (etwa 470 Seiten) übermittelt; allerdings waren weder der Bescheid vom 28. Februar 2013 (Asylerstverfahren) noch derjenige vom 16. Februar 2017 (Folgeverfahren) beigefügt. Eine Abschiebung stehe unmittelbar, noch am 12. September 2017, bevor…. Tatsächlich war der Antragsteller bereits am Morgen des 12. September 2017 untergetaucht. Sein Anwalt wußte das auch, als er den Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichte.“

Das Bundesverfassungsgericht hat bei dieser Sachlage natürlich den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Antragsteller weiterhin den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, zurückgewiesen. Bemerkenswert ist allerdings, daß das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers eine Mißbrauchsgebühr aufzuerlegen, und zwar im gesetzlichen Höchstmaß von 2.600,00 €. Das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, daß ein solcher Missbrauch seiner Arbeitskraft natürlich die Entscheidung anderer Verfahren, in denen die Parteien in der Tat ein zumindest nachvollziehbares Interesse daran haben, daß ihr Anliegen vom höchsten deutschen Gericht behandelt und entschieden wird, verzögert. Dem Gericht wurde ja wirklich angesonnen, am frühen Abend des 12. September 2017 sich durch Hunderte von Seiten einer Antragsschrift mit Anlagen durchzuarbeiten und dann – möglichst im Sinne des Antragstellers – zu entscheiden. Daß jene Zierde der Anwaltschaft – das Wort Kollege möchte ich hier wirklich nicht in den Mund nehmen – das Gericht mit diesem Fall blockierte, obgleich er wußte, daß es einer Entscheidung schon deswegen nicht mehr bedurfte, weil sein Mandant untergetaucht war, ist ein Beispiel für die Verwilderung der Sitten auch in der Anwaltschaft. Man läßt sich politisch instrumentalisieren, ist vielleicht sogar „Überzeugungstäter“, und kassiert dabei ordentlich ab. Pfui Deibel!

Das eigentliche Problem ist natürlich der mangelnde politische Wille, diesen Saustall auszumisten. Herkules konnte ja den Augiasstall auch nur deswegen ausmisten, weil ihm weder Politiker noch Gesetze im Wege standen. Das ist natürlich heute auch keine Lösung, auch wenn man angesichts dieses Falles schon mal sagen könnte: leider.