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Blutgeld

Nun will Griechenland also von Deutschland Schadensersatz wegen der Kriegsverbrechen, die deutsche Soldaten vor über 70 Jahren begangen haben. Der Krieg war in der Tat schrecklich und zeigte furchtbare Auswüchse wie die Auslöschung ganzer Dörfer als Reaktion auf mörderische Aktionen griechischer Partisanen. Es besteht nicht der geringste juristische Zweifel daran, daß es sich dabei in keinem Fall um Repressalien handelte, die vom damals geltenden Kriegsvölkerrecht auch nur annähernd gedeckt waren. Allerdings darf auch nicht vergessen werden, in welch grausamer Weise griechische Partisanen in nicht wenigen Fällen deutsche Soldaten umgebracht haben. Gefangenen die Kehle durchzuschneiden haben eben nicht die IS-Terroristen „erfunden“, nein auch griechische Partisanen haben solch scheußliche Morde begangen. Dennoch rechtfertigte auch das nicht die Massenmorde an griechischen Zivilisten einschließlich Frauen und Kindern. Bemerkenswert ist im übrigen, daß Griechenland wegen der Kriegsverbrechen, die Italien und Bulgarien in diesem Krieg begangen haben, keine Ansprüche erhebt, obgleich sie große Ausmaße hatten. Es gehört aber zum Wesen der Wahrheit, daß sie unteilbar ist. Betrachtet man im übrigen die Kriegsgeschichte, so findet man derartige Greueltaten bereits in der Antike.

Es mag auf den ersten Blick überraschend erscheinen, daß gerade die Griechen des klassischen Altertums in ihren Friedensverträgen ausdrücklich amnestia (Vergessen begangenen Unrechts) und adeia (Straflosigkeit) bezüglich der wechselseitig begangenen Greueltaten zu vereinbaren pflegten. Das kann oder muß man sogar mit der Philosophie erklären. Denn der Verzicht auf Rache oder Bestrafung ist wohl Ausfluß einer Kultur des Maßhaltens und der Besonnenheit. Über dem Eingang des Tempels von Delphi, in dem die Seherin Pythia ihr Orakel sprach, stand zu lesen: „meden agan“ (nichts im Übermaß). Aristoteles, den man wohl bis heute als einen der größten griechischen Philosophen bezeichnen kann, hat dem Thema Maß und Übermaß in seiner Nikomachischen Ethik breiten Raum gegeben und eingehend begründet, warum alle Maßlosigkeit schadet. Es ist deswegen auch ein Beleg bemerkenswerter Weisheit, daß die Vertragsparteien des Westfälischen Friedens in Art. II. des Vertrages vom 24.10.1648 festgelegt haben: „Beiderseits sei immerwährendes Vergessen und Amnestie alles dessen, was seit Anbeginn dieser Unruhen an irgendeinem Ort und auf irgendeine Weise vom einen oder anderen Teil hüben und drüben, feindlich begangen worden ist….Vielmehr sollen alle und jede hin und her, sowohl vor dem Kriege als auch im Kriege, mit Worten, Schriften oder Taten zugefügten Beleidigungen, Feindseligkeiten, Schäden und Unkosten ohne alles Ansehen der Personen dergestalt gänzlich abgetan sein, daß alles, was deshalb der eine vom anderen fordern könnte, in immerwährendem Vergessen begraben sein soll.“ Nun war der Dreißigjährige Krieg wahrlich von einer Art, die uns heute noch schaudern macht. Auch von den Menschen jener Zeit wurde das so wahrgenommen, weshalb sich gerade dieser unfaßbar grausame Krieg tief im kollektiven Gedächtnis der Europäer festgesetzt hat. Und dennoch hat man am Ende auf allen Seiten eingesehen, daß nur eine solche allgemeine Amnestie eine tragfähige Grundlage für das friedliche Zusammenleben der Völker sein kann. „In amnesia consistit substantia pacis“ (Das Vergessen ist die Grundlage des Friedens).

Die Weisheit und das Maßhalten sind den Menschen unserer Zeit offenbar abhanden gekommen. Nach dem Ersten, noch mehr aber nach dem Zweiten Weltkrieg ging man daran, den Verlierern Reparationen ungeheuren Ausmaßes aufzuerlegen und ihre Soldaten für ihre Taten zur Verantwortung zu ziehen, zu Recht oder Unrecht sei in diesem Zusammenhang einmal dahingestellt. Denn wir befassen uns nicht mit der Frage, ob sich der eine oder andere im Zweiten Weltkrieg schuldig im moralischen oder rechtlichen Sinne gemacht hat. Wir gehen vielmehr der Frage nach, ob es klug ist, über die Taten und Untaten der Vergangenheit zu rechten. Und wir prüfen, ob das Ansinnen der Griechen, Deutschland nun auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, juristisch überhaupt noch begründbar sein kann. Zwei Generationen nach dem Krieg noch solche Ansprüche zu erheben, kann nicht klug sein. Abgesehen davon, daß frühere Generationen das aus gutem Grund generell nicht getan haben, wie wir gesehen haben, sollte schon der schiere Zeitablauf entgegenstehen. Nicht umsonst kennen alle Rechtsordnungen den Grundsatz, daß zwischen dem Ereignis, das für jemanden einen Rechtsanspruch begründen kann und der Erhebung eines solchen Anspruchs nicht unendlich viel Zeit vergehen darf, sondern nach einer gewissen Zeit und bestimmten Umständen Rechtsfriede herrschen muß. Dann muß Vergangenes eben vergangen sein, alte Wunden müssen verheilen können. Deswegen kennt zum Beispiel das griechische Zivilrecht die Verjährung von Ansprüchen, im Falle der Schadensersatzforderungen kann die Verjährung nach 20 Jahren eingewandt werden. Das deutsche Zivilrecht sieht im Höchstmaß eine Frist von 30 Jahren vor. Und auch die Strafbarkeit des Mordes findet in manchen Staaten dieser Erde ihre zeitliche Befristung, endet jedoch in jedem Falle mit dem Tod des Mörders. Seine Nachkommen „erben“ eben nicht seine Schuld.

Im Falle Deutschlands und des Zweiten Weltkrieges ist das offenbar anders. Diese Vergangenheit soll wohl niemals vergehen und in die Obhut Klios, der Muse der Geschichte gegeben werden. Wie offene Wunden wirken Gedenkstätten wie etwa im griechischen Distomo. Die Schädel der Ermordeten und ihre Namen werden in gläsernen Vitrinen und auf Schautafeln präsentiert. Die Pietät, die allen Toten, auch diesen geschuldet ist, muß der ewigen Anklage weichen, die Sühne fordert und Geld generieren soll. Deutschland, dessen Soldaten und mehr noch Zivilisten ebenfalls den furor belli (Schrecken des Krieges) erdulden mußten, hat von solchen Forderungen abgesehen. Über die Gründe dafür kann man geteilter Meinung sein, im Ergebnis war es jedoch richtig, und wenn es aus den Gründen geschehen ist, die frühere Generationen von dem Ruf nach Genugtuung und Sühne abgehalten haben, dann war es auch weise.

Griechenland indessen scheint sich von allem weit entfernt zu haben, was gerade seine große Tradition ausmacht. Nicht die Weisheit der Philosophen, sondern die Wut der Rachegöttin Nemesis bestimmt das Denken seiner Politiker. Und nicht die mesotes (Mitte, rechtes Maß) bestimmt die Höhe der geltend gemachten Forderung. Nein, auf sage und schreibe 323 Milliarden Euro errechnen griechische Beamte die Reparationsforderungen gegen Deutschland. Das ist mehr als vier mal so viel, wie die Höhe der gesamten Staatseinnahmen Griechenlands im Jahre 2014, die sich auf ca. 80 Milliarden Euro belaufen haben. Der Staat könnte also gut vier Jahre seine Ausgaben bestreiten, ohne auch nur einen Cent Steuereinnahmen ausgeben zu müssen. Daß dies auch nicht entfernt den Gegenwert der im Krieg zerstörten Gebäude und der gern ins Feld geführten Zwangsanleihe ausmacht, liegt auf der Hand. Die ermordeten Zivilisten können in die Berechnung ohnehin nicht einfließen, es sei denn, man will nach archaischem Muster Blutgeld berechnen (wie viel eigentlich pro Person?). Dem Völkerrecht ist eine solche  Kommerzialisierung von Opfern kriegerischer Ereignisse fremd.

In rechtlicher Hinsicht muß unterschieden werden zwischen den Reparationszahlungen, die der Staat Griechenland von Deutschland als dem Rechtsnachfolger, mindestens aber Haftungsnachfolger des Deutschen Reiches verlangen konnte bzw. immer noch verlangen zu können glaubt, und den individuellen Ansprüchen griechischer Bürger gegen Deutschland auf Schadensersatz für den Verlust ihrer Eltern oder ihres Besitzes.

Beginnen wir mit den Reparationen. Da sind zunächst einmal die Kreditverträge von 1942, wonach Griechenland der deutschen Besatzungsmacht insgesamt 476 Millionen Reichsmark als zinsloses Darlehen gewähren mußte. Dazu muß man wissen, daß Art. 49 der Haager Landkriegsordnung der Besatzungsmacht das Recht einräumt, Geldmittel des besetzten Landes zum Unterhalt der Besatzungstruppe in Anspruch zu nehmen. Das ist später grundsätzlich ein reparationsfähiger Posten. Man hat auch im Pariser Reparationsabkommen vom 14.01.1946 diesen Punkt geregelt, indem Griechenland 2,7 % der gesamten Reparationen, die Deutschland zu zahlen hatte, zugesprochen wurden. Die erwähnten Kredite wurden ausdrücklich von diesem Abkommen erfaßt. Deutschland zahlte dann in Erfüllung dieser Verbindlichkeit im Laufe der nächsten Jahre 25 Millionen US-Dollar an Griechenland. Ob damit der Gegenwert von 476 Millionen Reichsmark (was war die Reichsmark eigentlich am Ende des Krieges oder auch bereits 1942 international noch wert?) bezahlt war, kann offen bleiben, denn im Jahre 1953 wurde im Rahmen des Londoner Schuldenabkommens ein Reparationsmoratorium vereinbart. Weitere Zahlungen sollten den Regelungen eines Friedensvertrages vorbehalten bleiben. Zu dem kam es bekanntlich nicht. Statt dessen schlossen die alliierten Sieger des Zweiten Weltkrieges USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich mit den beiden deutschen Staaten am 12. 09.1990 den sogenannten Zwei plus Vier Vertrag, in dem auch die Frage der Reparationen abschließend geregelt wurde, und zwar mit ausdrücklichem Mandat auch der seinerzeit von Deutschland besetzten Länder wie etwa Griechenland. Dieser Vertrag sieht keine weiteren Zahlungen Deutschlands an diese Länder vor. Damit können Reparationen nicht mehr gefordert werden.

Griechenland fordert aber auch, daß die Nachkommen der Opfer von Kriegsverbrechen entschädigt werden sollen. Einschlägige Klagen dieser Menschen vor griechischen Gerichten waren und sind auch erfolgreich, vor deutschen Gerichten nicht, was auch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 15.02.2006 gebilligt hat. Denn dem steht der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen. Nach allgemeiner Ansicht im Völkerrecht können Staaten nicht vor den Gerichten eines anderen Staates verklagt werden. Gleichwohl von diesen Gerichten gegen einen fremden Staat erlassene Urteile können nicht vollstreckt werden. Das ist auch die Auffassung des Internationalen Gerichtshofs, der verbindlich völkerrechtliche Streitfragen entscheidet. Mit Urteil vom 03.02.2012 hat er in einem Rechtsstreit zwischen Deutschland und Italien festgestellt, daß Italien seine internationale Verpflichtung zur Respektierung der Immunität des deutschen Staates verletzt, wenn es erlaubt, daß vor seinen Gerichten Ansprüche auf Schadensersatz wegen Kriegsverbrechen gegen Deutschland eingeklagt werden können. Ebenso sieht er den Grundsatz der Staatenimmunität verletzt, wenn Italien es erlaubt, daß auf seinem Staatsgebiet Urteile griechischer Gerichte gegen Deutschland wegen solcher Ansprüche vollstreckt werden. Die Entscheidung des Gerichts ist zum ersten Punkt mit einer Mehrheit von 12 zu 3, und zum zweiten Punkt mit einer Mehrheit vom 14 zu 1 Richterstimmen ergangen. Es kann schlechterdings nicht erwartet werden, daß der Gerichtshof nun zu einem anderen Ergebnis kommen könnte, wenn etwa ein gleichartiges Verfahren zwischen Deutschland und Griechenland geführt würde. Dies auch vor dem Hintergrund, daß die Frage der individuellen Entschädigungen für griechische Staatsbürger bereits mit Vertrag vom 18.03.1960 zwischen beiden Ländern geregelt worden ist. Danach zahlte Deutschland an Griechenland einen Betrag von 115 Millionen DM zur Wiedergutmachung und erhielt im Gegenzug von Griechenland die Zusicherung, keine weiteren individuellen Ansprüche griechischer NS-Opfer geltend zu machen. Ergänzend ist auch hier auf den Zwei plus Vier Vertrag zu verweisen.

Selbst wenn entgegen der glasklaren Rechtslage noch irgendwelche Ansprüche offen sein könnten, so stünde deren Geltendmachung der Zeitablauf entgegen. Zwar gibt es kein internationales Zivilgesetzbuch mit Verjährungsregelungen, wie das in den nationalen Rechtsordnungen der Fall ist. Dennoch kann dies nicht dazu führen, daß Ansprüche auf Entschädigung für Kriegsverbrechen zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden können. Denn dann könnte Griechenland beispielsweise die Türkei für Vorgänge aus der Zeit in Anspruch nehmen, als Atatürk die Griechen aus Kleinasien vertrieben und in Massen hat umbringen lassen. Im deutschen Zivilrecht spricht man von der Verwirkung eines Anspruchs. Diese tritt unabhängig von der Verjährung ein. Zu prüfen ist zweierlei. Zum einen muß der Zeitablauf dafür sprechen, daß die Geltendmachung des Anspruchs unangemessen verspätet erscheint. Zum anderen müssen die Umstände dafür sprechen, daß der Schuldner des Anspruchs nicht mehr erwarten muß, daß der Gläubiger noch gegen ihn vorgeht. Das kann sich aus dem Verhalten des Gläubigers ergeben. Führen beide Prüfungsschritte dazu, daß die Geltendmachung des Anspruchs nunmehr unbillig erscheint, hat der Gläubiger sein Recht zur Geltendmachung verwirkt. Das kann als allgemeiner Rechtsgrundsatz angesehen werden, denn der Rechtsfriede ist in jeder Rechtsordnung ein hohes Gut. Im vorliegenden Falle sind nicht nur mehr als 70 Jahre seit den Ereignissen des Jahres 1944 verstrichen. Es sind daraus resultierende Ansprüche in verschiedenen völkerrechtlichen Abkommen erledigt worden. Dem Zwei plus Vier Vertrag von 1990 hat Griechenland seinerzeit, also auch schon vor einem Vierteljahrhundert, zugestimmt. Somit gehören diese Dinge endgültig in das Reich der Geschichte. Die Gerichte haben sich damit nicht mehr zu befassen.

Auch das Blutgeld altertümlicher Rechtsordnungen wurde den Angehörigen des Ermordeten zeitnah gezahlt, denn es sollte sie für den Verlust entschädigen, den sie durch seinen Tod auch in materieller Hinsicht erlitten hatten. Bei Enkeln und Urenkeln ist er nicht mehr meßbar. Ob der Schaden meßbar ist, den die Herren Tsipras, Varoufakis und ihre Gesinnungsgenossen dem Ansehen ihres Volkes mit dieser wahnwitzigen Forderung zufügen, wird sich weisen.

Die gemeinsame europäische Armee

Wir haben Jean-Claude Juncker schon viel zu verdanken. Rettungspakete für Banken und europäische Schuldenstaaten im Wege der unbegrenzten Geldvermehrung, aber auch die Erkenntnis, daß man in der Politik lügen muß. Nun also die gemeinsame europäische Armee. Denn damit, so der Lordsiegelbewahrer des europäischen Friedensprojekts namens Euro, damit könne man den Russen doch endlich zeigen, was eine Harke ist. Dieses Sammelsurium europäischer Kleinarmeen macht doch niemandem Angst, eine Europäische Armee aber, das wäre doch was, da spielte man doch in der gleichen Liga wie die Russen, vielleicht sogar wie die Amerikaner oder die Chinesen! Und die politische Union Europas bekommt man da doch gleich mit, denn es bleibt ja von der Souveränität der Staaten praktisch nichts mehr übrig, wenn ihre Streitkräfte in einer gemeinsamen europäischen Armee aufgehen. Bei soviel Europaseligkeit können die deutschen Politiker natürlich nicht zurückstehen. Unisono verkünden die Verteidigungsministerin und der SPD-Verteidigungsexperte begeistert ihre Zustimmung. Es ist erreicht!

Oder doch nicht? Ja, eher doch nicht. Blicken wir zunächst einmal zurück und stellen mit Ben Akiba fest: „Alles schon mal dagewesen!“ Anfang der 50er Jahre entwickelte man in den Gründerstaaten der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – wer kann sich daran noch erinnern?) Benelux-Länder, Frankreich, Italien und Deutschland den Gedanken, eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) zu schaffen, selbstverständlich mit einer gemeinsamen Armee. Das hätte vor allem aus der Sicht der Franzosen den Vorteil gehabt, daß man zwar deutsche Soldaten, aber keine deutsche Armee bekommen hätte, natürlich alles unter vorwiegend französischer Führung. Das scheiterte dann 1954 in der französischen Nationalversammlung, der selbst diese Konstruktion noch zu viel Preisgabe französischer Souveränität bedeutete. Man beließ es dann bei der NATO, in die nun auch die Deutschen (west) mit einer eigenen Armee, allerdings in die Bündnisstruktur voll integriert, aufgenommen werden durften, aus der Sicht der USA aufgenommen werden mußten. Die NATO hat dann auch den Russen, pardon, Sowjets gezeigt was eine Harke ist. Das Ergebnis ist bekannt. Wir haben den kalten Krieg gewonnen, ohne daß wir auch nur einen Schuß abgeben mußten. Darauf dürfen wir stolz sein.

Warum wir nach diesen positiven Erfahrungen außer der NATO eine Neuauflage, neudeutsch wohl „relaunch“ der EVG brauchen, um den Russen zeigen zu können, was eine Harke ist, bleibt im Dunkeln. Zumal unsere braven europäischen Politiker in Sachen Rußland fest an der Seite der USA stehen, so fest wie damals, als es gegen die Sowjetunion ging. Die war bekanntlich deutlich größer und mächtiger als Rußland alleine, weil ja noch all die anderen „Sowjetrepubliken“ einschließlich der von den USA so heißgeliebten Ukraine dazugehörten, und man überdies noch seine sozialistischen Bruderarmeen in der DDR, Polen, CSSR usw. ins Treffen schicken konnte. Völlig außen vor bleibt, daß wir ja schon jetzt funktionierende europäische Verteidigungsstrukturen neben der NATO haben. Da wäre z.B. EUFOR. Diese militärische Organisation bewältigt Aufgaben wie Friedensmissionen im ehemaligen Jugoslawien und in Afrika. Da gibt es multinationale europäische Großverbände wie das Eurokorps oder das multinationale Korps Nord-Ost. Da gibt es in kleinerem Rahmen seit vielen Jahren die deutsch-französische Brigade. Die Reihe kann beliebig fortgesetzt werden. Gemeinsamer Nenner all dieser Organisationsformen ist, daß Kräfte gebündelt werden, um Aufgaben bewältigen zu können, die eine Nation alleine nicht oder nur sehr schwer bewältigen kann.

Allerdings unterscheiden sich all diese Formen der militärischen Zusammenarbeit und Integration von einer gemeinsamen europäischen Armee, wie sie bisher nur in den Träumen von Einheitseuropäern wie Juncker existiert, in einem entscheidenden Punkt: Es handelt sich jeweils um Truppenteile einer nationalen Armee, die einem multinationalen Kommando unterstellt oder in einen Großverband des Partnerstaates eingegliedert werden. Letzteres ist z.B. aktuell bei der deutschen Division Schnelle Kräfte (DSK) der Fall, der eine niederländische Brigade organisch eingegliedert worden ist. Allerdings könnte das jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Vor allem aber bleiben diese Soldaten niederländische Soldaten, sind also disziplinarisch und laufbahnrechtlich nach wie vor dem Verteidigungsministerium der Niederlande unterstellt und tragen demgemäß niederländische Uniformen, haben niederländische Dienstgradbezeichnungen und werden auf ihren König und nicht etwa Herrn Juncker vereidigt. Wie sollte es auch anders sein?

Von allen Bedenken gegen die gemeinsame europäische Armee dürfte zunächst einmal die damit notwendig verbundene Aufgabe der Souveränität das schwerwiegendste sein. Vor allem daran ist ja seinerzeit die EVG in der französischen Nationalversammlung gescheitert. Im deutschen Bundestag wäre sie nicht gescheitert, weil eben Deutschland im Gegensatz zu Frankreich damals nicht souverän war. Noch heute ist das leicht daran zu erkennen, daß diejenigen Artikel unserer Verfassung, die Regelungen über die Streitkräfte enthalten, offensichtlich nachträglich eingefügt sind, weil sie nach ihrer Ordnungszahl angehängte Buchstaben aufweisen (z.B. Art.  12a, 45a, 87a, 87b usw.). Seine Politiker und Meinungsfürsten legten infolge ihrer mentalen Kastration durch die Sieger des II. Weltkrieges auch gar keinen Wert mehr auf Souveränitätsrechte. Für Franzosen undenkbar, damals wie heute. Daß etwa Briten, Italiener oder Spanier auch nur daran denken könnten, einen Kernbereich der Staatssouveränität abzugeben, den die eigene Armee neben der eigenen Finanzhoheit und der  eigenen Polizei nun einmal darstellt, ist schlechterdings nicht vorstellbar. Jedenfalls nicht mehr in diesem Jahrhundert, und wohl auch nicht in einem der nächsten.

Kommen wir zum Praktischen. Eine gemeinsame europäische Armee müßte ja nun einmal alles einheitlich organisieren. Die Soldaten dieser Armee müßten ja in jeder Kompanie und auf jedem Kriegsschiff dienen können, egal aus welchem Land (oder schon aus welcher Region?) sie auch kämen. Also zuallererst eine gemeinsame Sprache im Dienst. Welche? In der NATO funktioniert das mit englisch in den Stäben. Ein aus Franzosen, Italienern, Polen, Esten und Deutschen bestehender Infanteriezug, in dem die Verständigung in englischer Sprache wirklich funktioniert, ist schwer , eigentlich gar nicht vorstellbar. Und überhaupt: Wieso englisch? Machen die Briten denn mit?  Und wenn, wie klein ist deren Anteil? Wieso nicht französisch? (Deutsch natürlich nicht. Könnten sich deutsche Politiker nicht vorstellen). Wieso nicht polnisch? Oder italienisch? Oder tschechisch? Oder spanisch? Vielleicht als Kompromiß Esperanto? Kann doch keiner! Halt! Gehen wir zu den europäischen Wurzeln. Latein! Die Römer haben doch eine prima Armee gehabt, den Drill erfunden und die Taktik. Ja, und wenigstens die europäischen Offiziere haben doch in der Schule Latein gelernt, jedenfalls manchmal. Darauf bauen wir dann auf: Statt eines harten, preußisch-metallischen: „Kompanie: Stillgestanden! Rechts um! Im Gleichschritt: Marsch!“ ertönt es klassisch-kultiviert: „Milites: state! ad dextram! aequatis passibus: pergite!“ Die nationalen Uniformen kommen ins Museum. Die gemeinsame europäische Uniform entwirft ganz im europäischen Geist der deutsch-französische Modezar Karl Lagerfeld. Die militärische Strenge des Uniformschnitts weicht der zivilen Eleganz. Die maskuline Erscheinung des Soldaten verschwindet endgültig, weil die natürlich endlich in angemessener Quote (50%) vorhandenen Soldatinnen in Uniformen, die endlich auch die weibliche Anatomie ausreichend berücksichtigen, für ein mehr feminines Erscheinungsbild der Armee sorgen. Nicht alles werden wir vom römischen Vorbild übernehmen. Der schwere Marschtritt der Legionen wird abgelöst von der tänzerischen Eleganz, mit der die SoldatInnen bzw. Soldat_innen, bzw. Soldatxxx sich ganz gendermainstreamig auf dem Gefechtsfeld bewegen. Natürlich wird auch das Durcheinander der Dienstgradbezeichnungen abgeschafft. Wer blickt denn da noch durch, wenn in der Luftwaffe der Major bei den  Franzosen Commandant und bei den Briten Squadron Leader heißt? Auch hier: Zurück zu den Wurzeln! Der Centurio erhält seine Befehle vom Tribunus und der vom Legatus.

Ach ja. Billiger soll es natürlich auch werden. Einheitliches Material. Einheitliche Ausrüstung. Wo konzentriert sich die Rüstungsindustrie? Natürlich in Frankreich. Schon wegen des Exports in Krisenregionen. Für die deutsche Politik wunderbar. Keine deutschen Waffen in Unterdrückerhände. Alles wird gut. Mit dem bißchen Monopol werden wir dann auch noch fertig werden. Die europäische Rüstungsindustrie lassen wir doch nicht die Preise diktieren! Lieber kaufen wir dann nicht so viel. Wird ja eh alles friedlicher, wenn wir dann den Russen gezeigt haben, was eine Harke ist. Die Personalkosten? Na ja. Europäisch eben. Wie in Brüssel. Soldat wird ein sehr attraktiver Beruf! Der Gefreite dürfte dann ca. 5.000,00 € monatlich bekommen. Der Porsche-Händler neben der Kaserne macht glänzende Geschäfte. Wer das nicht glaubt, der schaue sich einmal die Gehälter bei der Europäischen Union an. Aber das muß es uns doch wert sein, nicht wahr? Und wenn dann auch noch die Leistung der Europäischen Armee im Sternenkranz das Niveau der Europäischen Kommission erreicht haben wird, ist der Friede endgültig garantiert. Denn mit dieser Armee wird man keinen Krieg mehr führen können.

Zuletzt noch einmal Latein. Impossiblile erat, satiram non scribere. (Es war unmöglich, keine Satire zu schreiben.)

 

Der listenreiche Odysseus

Es war zu erwarten. Die europäischen Steuerzahler, allen voran die deutschen, werden Griechenland weiter mit Milliarden stützen. Nichts wird sich ändern. Die kleinen Leute in Griechenland werden wie bisher darauf bauen können, daß irgendein korrupter Politiker – eine hier angebrachte Tautologie – ihnen irgendeine Stelle bei einer der zahllosen Behörden verschafft, die keine Funktion hat, außer der, daß Wählerklientel alimentiert wird. Und die großen Schmarotzer werden wie bisher keine Steuern zahlen, außer dem Bruchteil der eigentlich geschuldeten Steuerlast, die als Bestechungsgeld an Politiker und Beamte fließt. Natürlich werden die Herren Tsipras und Varoufakis das vehement in Abrede stellen und ihre lauteren Absichten bekunden. Die europäischen Politiker, allen voran die deutschen, werden das auch nur zu gerne glauben. Denn sie sind von dem Glauben durchdrungen, daß nur die Gemeinschaftswährung Euro das „europäische Friedenswerk“ (Wolfgang Schäuble) vollenden kann. Ob ein Land die vertraglich festgelegten Voraussetzungen und Bedingungen der Mitgliedschaft in der Eurozone erfüllt oder nicht, ob seine Wirtschaftskraft auf dem Niveau Deutschlands, der Niederlande oder Österreichs liegt oder eher dem eines Landes der Dritten Welt entspricht, ist unwichtig. Denn wir brauchen angeblich nicht ein deutsches Europa, sondern ein europäisches Deutschland, mit anderen Worten: Ein vereintes Europa muß her, auch wenn das nur um den Preis zu haben ist, daß Deutschland finanziell und wirtschaftlich auf das Niveau der „Olivenländer“ hinabsinkt. Denn nur die Schaffung eines vereinten Europa, im Klartext: eines europäischen Staates, garantiert den ewigen Frieden.

Dagegen wirken keine rationalen Argumente, wie sie anerkannte Wirtschaftsfachleute immer wieder vorbringen. Nein, es handelt sich um eine quasireligiöse Überzeugung, weswegen Kritik an dieser „alternativlosen“ Politik auch folgerichtig als Ketzerei betrachtet wird. Nur daß eben der Ketzer nicht mehr real auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird, sondern das Autodafe´auf dem Marktplatz der Medien zelebriert wird. Ebensowenig wie man die Inquisitoren und Hexenverfolger des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit davon hätte überzeugen können, daß sie einem finsteren Aberglauben anhängen, ist es heute möglich, die politisch-mediale Klasse davon zu überzeugen, daß der Friede in Europa nicht etwa durch eine Einheitswährung und die Heilserwartung eines Einheitsstaates dauerhaft gesichert werden kann, sondern dadurch eher gefährdet wird. Die Einheitswährung wirkt als Prokrustesbett für die finanziell eher soliden und wirtschaftlich starken Länder und als Streckbank für die finanziell maroden und wirtschaftlich schwachen Länder. Die immer unverschämter zur Kasse gebetenen Steuerzahler der wohlhabenden Länder in Mittel- und Nordeuropa murren, das immer weiter wachsende und verarmende Prekariat der Länder im Süden entwickelt Haßgefühle gegen ihre Geldgeber; man möchte die Hand beißen, die einen füttert. Neben denjenigen Griechen (beileibe sind das nicht alle!), die auf diese Weise zu einem anstrengungslosen Wohlstand (Guido Westerwelle) kommen, profitieren davon vor allem die Banken, im Klartext: deren Großaktionäre. So haben sich die Visionäre eines vereinten Europas nach 1945 das nicht vorgestellt. Das liegt nicht etwa daran, daß zum Arzt muß, wer Visionen hat, wie das unser Altkanzler Schröder einmal formuliert hat, sondern daran, daß Visionen eben mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Tatsächlich wird der Friede in Europa durch etwas ganz anderes dauerhaft gesichert. Vertraglich natürlich durch die NATO, insbesondere den Grad ihrer Integration, der es unmöglich macht, daß ihre Mitglieder Krieg gegeneinander führen, was sich eindrucksvoll daran zeigt, daß nicht einmal ihre verfeindeten Mitglieder Griechenland und Türkei militärische Gewalt gegeneinander anwenden können, sondern sich auf Stellvertreterkriege ihrer zypriotischen Marionettenstaaten beschränken müssen. Vor allem aber ist es der Stand der Waffentechnik, der einen Krieg entwickelter Staaten gegeneinander völlig ausschließt. Es ist einfach nicht mehr möglich, ein militärisch und wirtschaftlich entwickeltes Land anzugreifen. Man hat nicht einmal den Hauch einer Chance auf irgendeinen Erfolg, vielmehr würde man mit Sicherheit nur ungeheure Verluste an Menschen und Sachwerten erleiden. Der Warschauer Pakt hat das während des kalten Krieges immer wieder in Planspielen und Übungen durchgespielt, jedes Mal mit dem ernüchternden Ergebnis, daß es einfach nicht geht. Dabei mußte der Atomkrieg erst gar nicht hinzugedacht werden. Allenfalls Stellvertreterkriege in wenig entwickelten Regionen dieser Erde sind noch möglich. Das garantiert den Frieden in Europa wirklich und nachhaltig, nichts anderes.

Die europäischen Politiker und ihre journalistischen Dienstboten sind jedoch von ihrer Heilserwartung derart durchdrungen, daß sie blind für alle Zeichen von Fehlentwicklungen und taub für alle Warnungen vor dem Beschreiten von Irrwegen sind. Sie gleichen vielmehr dem hoffnungslos in eine schöne, junge, aber skrupellose Frau verliebten alten Toren, der ihr jeden Wunsch von den Augen abliest und jeden Betrag für sie bezahlt, nur um ihre Gunst zu gewinnen, egal, wie oft sie ihn betrügt. Wer als Gläubiger Verhandlungen über die Verlängerung der Kredite mit der öffentlichen Erklärung einleitet, das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone müsse unter allen Umständen verhindert werden, der gibt damit seinem Schuldner unmißverständlich zu verstehen, daß er bereit ist, jeden Betrug zu verzeihen und jedes Geschenk zu machen, wenn ihm damit nur seine Freundschaft erhalten bleibt. Wer indessen seinen Schuldner zur Vertragstreue zwingen will, der macht ihm zunächst einmal klar, daß es nicht um seine wirtschaftliche Existenz, sondern um die seines Schuldners geht. Das gilt ganz besonders dann, wenn der Schuldner insolvenzreif ist und deswegen der Gläubiger kaum noch etwas zu verlieren hat, der Schuldner indessen alles gewinnen kann.

Das sollte eigentlich auch dem Dümmsten klar sein, den schlauen Griechen ist es seit langem klar. Die Nationalepen der Griechen sind bekanntlich Homers Ilias und Odyssee. Der listenreiche Odysseus ist wohl nicht von ungefähr die alles überragende Gestalt dieser großen nationalen Erzählung. Man mag den Rückgriff auf nationale Epen zur Charakterisierung eines Volkes für abwegig, zumindest weit hergeholt halten. Ich denke jedoch, daß die großen nationalen Erzählungen durchaus kollektive Befindlichkeiten und Eigenschaften abbilden, und sei es nur deswegen, weil sie Teil der prägenden kulturellen Überlieferung sind. Betrachten wir unter diesem Blickwinkel die großen Erzählungen Europas, so finden wir zum Beispiel Vergils Aeneis, die Gründungssage Roms, voller tragischer Helden des geschlagenen und zerstörten Troja, das Artuslied des alten England voller edler Ritter lauterster Gesinnung, das Rolandslied der Franzosen, diese Hymne an den selbstlosen Retter des Abendlandes und die Sage von El Cid, dem tapfersten der Tapferen Spaniens. In allen diesen Sagen werden uns edle, lautere und verehrungswürdige Charaktere vorgestellt, die alle guten Eigenschaften haben. Besonders raffiniert und verschlagen ist jedoch keiner von ihnen, allenfalls schon mal weise. Bei keinem von ihnen können wir uns das kennzeichnende Adjektiv „der listenreiche“ vorstellen. Das alles gilt erst recht für das Nibelungenlied, das uns Deutschen als nationale Identifikationsfigur nicht etwa den verschlagenen Hagen von Tronje, sondern den edlen Recken Siegfried überliefert, einen Helden, dem alle guten Eigenschaften beigemessen werden, Schlauheit oder gar Verschlagenheit ganz sicher nicht.

In der Ilias endet bekanntlich der trojanische Krieg mit der Eroberung und Zerstörung Trojas durch eine List der Griechen. Die gutgläubigen Trojaner fallen auf die Erzählungen des falschen Boten Sinon herein, den Odysseus mit dem Auftrag zu ihnen geschickt hat, sie davon zu überzeugen, daß sie das am Strande zurückgelassene riesige Standbild eines Pferdes in ihre Stadt verbringen müßten, denn dann würden die Götter Verderben und Tod in die Mauern der Städte ihrer griechischen Feinde tragen. Natürlich sind in der Sage die Götter mit den Griechen im Bunde und lassen den Priester Laokoon, der die Trojaner mit den klassischen Worten timeo Danaos et dona ferentes (ich mißtraue den Griechen, selbst wenn sie Geschenke bringen) samt seinen Söhnen von zwei riesigen Schlangen erwürgen (Vergil, Aeneis, II. Buch, Vers 49). Der Rest der Geschichte ist bekannt: In der Nacht steigen die schwer bewaffneten Griechen aus dem Bauch des hölzernen Pferdes, töten die trojanischen Wachen und öffnen die Stadttore für das heimlich zurückgekehrte griechische Heer. Trojas Schicksal ist besiegelt. Erleben wir gerade nicht die Wiederkehr des Odysseus in Gestalt von Herrn Tsipras und seines Boten Sinon in Gestalt von Herrn Varoufakis? Die Trojaner geben in dieser Tragödie die europäischen Politiker von Juncker bis Merkel, einen Laokoon haben sie jedoch nicht in ihren Reihen. Stünde er auf und erhöbe seine warnende Stimme, so schickten ihm zwar nicht die Götter, so doch die Gralshüter der europäischen Religion die Würgeschlangen der political correctness.

 

 

 

kritisch betrachtet

Eine alte Soldatenweisheit besagt, daß für die Truppe im Frieden der Stab den Feind ersetzt. Will heißen, daß die Soldaten im Frieden nicht den Feind zu bekämpfen haben, dafür aber mit „dem Stab“, hier als Synonym für die Bürokratie da oben im Nebel um die Gipfelhöhen der Führung gemeint, ihre täglichen und nicht selten frustrierenden Kämpfe auszufechten haben. Kaum ist der Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan zu Ende, wird die Truppe wieder mit dieser alten Weisheit konfrontiert. Die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt hat geruht, die Truppe vor eine völlig neue Herausforderung zu stellen. Die Frauenquote. Ja, dieses Produkt des Zeitgeistes steht auf Geheiß der Frau Ministerin nun auch vor den Toren der Kasernen und Dienststellen der Bundeswehr und  begehrt gebieterisch Einlaß. Weil die Kameradinnen nicht entsprechend ihrer Quote auch reüssieren, muß – Beurteilung hin, Beurteilung her – die Quote der leitenden SanOffz(w) unverzüglich dem Prozentsatz der weiblichen Angehörigen der SanTruppe angepaßt werden. Und den derzeit 14 % weiblichen Soldaten, was der IBUK (Inh. d. Befehls- und Kommandogewalt) natürlich ohnehin deutlich zu wenig erscheint, müssen natürlich 14 % Generale (w), auf allen 4 Stufen, versteht sich, in der Bundeswehr entsprechen. Um das weiter zu denken: Ist es nicht ein glatter Fall von Frauendiskriminierung, daß es bei den Kampfschwimmern der Marine und dem Kommando Spezialkräfte des Heeres immer noch keine Soldatinnen gibt? Ganz offensichtlich sind da die Auswahl- und Prüfungskriterien zu ändern, damit dieser unerträgliche Zustand beendet wird. Und überhaupt: Lernt man heutzutage nicht auf der Uni in den diversen Gender-Studies, daß die Einteilung der Menschen in zwei Geschlechter völliger Blödsinn ist, und alle übrigen 84 oder mehr Geschlechter ganz übel diskriminiert? Mindestens eine quotenmäßige Sortierung nach schwulen, lesbischen, bisexuellen, transgender und vielleicht doch auch noch heterosexuellen Frauen und Männern wäre mal für den Anfang notwendig. Nachdem dann das ebenso antiquierte wie fortschrittshindernde Leistungsprinzip endlich auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen ist, wird die Bundeswehr allein durch ihr glänzendes Beispiel diese sexistische, rassistische (natürlich muß das alles auch hautfarblich ausgewogen sein) Welt nachhaltig zum Guten verändern, ohne einen einzigen Schuß abzugeben. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an unsere Ursula feiern wir dann mit einem Regenbogenfest und singen glücklich lächelnd „we shall overcome“, bevor wir dann zur Amtsübergabe von Frau Merkel, Herrn Juncker und Herrn Ban Ki Moon an Frau Dr, von der Leyen eilen. Liebe Feinde von IS, Al Quaida, Boko Haram und wer das alles sonst noch nicht versteht: Bitte nicht schießen!

27. Januar 2015

 

kritisch betrachtet

Warum betrachten Politik und Medien Pegida, aber auch die AfD, nahezu einhellig als „igitt!“? Die programmatischen Inhalte können es nicht sein, jedenfalls wenn man sachlich bleibt. Darüber lasse ich auch gerne mit mir reden. Der tiefere Grund liegt woanders. Die Etablierten können es nicht ertragen, daß ihnen die Deutungs- und Erklärungshoheit langsam entgleitet. Daß da plötzlich Außenseiter aus der Mitte der Gesellschaft, im Falle der AfD vorwiegend aus dem akademischen Bereich, dazu noch häufig Fleisch vom eigenen Fleische, Gehör und Gefolgschaft finden. Daß die Grundlinien ihrer Politik nicht mehr „alternativlos“ sind. Deswegen werden Pedida und AfD ungeachtet ihrer großen Unterschiede beide einfach als Schmutzkonkurrenz behandelt. Gegen Schmutz ist natürlich jedes Mittel recht, auch das schärfste, wenn es den Schmutz nur zuverlässig beseitigt. Wir werden sehen, an wem der Schmutz dann kleben bleibt.

19. Januar 2015

Kreta 2010