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Der Lackmustest

Man kann es mit Fug und Recht als merkwürdig bezeichnen, daß Deutschland den hier lebenden Türken mit und ohne zusätzlichen deutschen Paß 14 Tage lang Wahllokale zur Verfügung stellt, damit sie dort an einem Referendum teilnehmen können, das in ihrem Heimatland abgehalten wird. Merkwürdig deswegen, weil es ansonsten auf dieser Erde zwar möglich ist, im Ausland an den heimatlichen Wahlen teilzunehmen. Dazu muß man sich allerdings am Wahltag in die Botschaft oder ein Generalkonsulat begeben. Oder man macht von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch. Daß Deutschland seinen Türken eine so überaus großzügige Regelung angeboten hat, kann wohl nur mit der spezifischen Befindlichkeit der politisch-medialen Klasse dieses Landes erklärt werden. Die Xenophilie treibt nun einmal in unserem Lande die buntesten Blüten. Allerdings habe ich noch nicht feststellen können, daß derartige Möglichkeiten etwa Italienern oder Spaniern geboten worden wären, oder wir Deutsche sie in anderen Staaten vorfänden.

Doch man soll nicht beckmessern. denn das Ergebnis dieses Referendums in Deutschland hat doch Klarheit gebracht. Nicht nur der Sultan in Ankara hat allen Grund, das Wahlverhalten seiner sogenannten Deutschtürken, in Wirklichkeit Türken, die in Deutschland leben, zu begrüßen. Vielmehr haben auch wir allen Grund, dieses Ergebnis wegen seiner Klarheit zu begrüßen. Mehr als 60 % der Türken in Deutschland haben sich für die Einrichtung eines autoritären Präsidialsystems in ihrem Heimatland entschieden. Eines Systems, das näher an einer Diktatur als selbst an einer gelenkten Demokratie liegt. Dies wohlgemerkt als Bewohner – Bürger kann man schlechterdings nicht sagen – eines Landes, das hinsichtlich der Kriterien eines demokratischen Rechtsstaates weltweit einen der führenden Plätze einnimmt. Gerade weil hier die Systemfrage in aller Schärfe gestellt war, nämlich die Wahl zwischen demokratischem Rechtsstaat, der die Türkei jedenfalls nach ihrer bisherigen Verfassung noch war, und der kaum noch verhüllten Diktatur, konnten die Türken in unserem Lande endlich klar und eindeutig erklären, wo sie stehen und wie sie denken. Der Lackmustest aus dem Chemieunterricht kommt mir dabei wieder in den Sinn. Taucht man den präparierten Karton in eine klare Flüssigkeit, so zeigt dessen Verfärbung zweifelsfrei, ob es sich dabei um Säure oder Lauge handelt. Dieses Referendum war der Lackmustest nicht nur für die Haltung zu Demokratie und Diktatur. Es war vielmehr auch der Lackmustest für die Integration der Türken in die europäisch-abendländische Welt mit ihrer demokratischen Kultur. Wer jahrzehntelang in diesem Umfeld lebt, sogar in zweiter oder dritter Generation, der kennt nicht nur diese Kultur sehr genau, er hat sich auch eine Meinung dazu gebildet, ob er sie schätzt oder ablehnt. Und diese Meinung verbindlich zu äußern bestand nun die Gelegenheit. Die große Mehrheit der Türken in Deutschland hat sie dazu genutzt, ihre Ablehnung und Mißachtung der europäisch-abendländischen Kultur von Demokratie und Rechtsstaat verbindlich kund zu tun.

Wir sollten nun endlich wissen, woran wir sind. Die aus meiner Sicht schon immer naive Vorstellung, Einwanderer aus dem islamisch geprägten Orient könnten sich in ihrer großen Mehrheit dazu entschließen, diese Kultur und Tradition hinter sich zu lassen und sich in unsere Kultur und Gesellschaft zu integrieren, d.h. ganz bewußt Kultur, Lebensart und Rechtsvorstellungen, ja die nationale Tradition dieses Landes zu übernehmen, diese Vorstellung hat sich vorhersehbar als Illusion erwiesen. Gar nicht erst reden will ich von denen in unserem Lande, die alles begrüßen, was eben diese unsere Kultur, Lebensart und Rechtsvorstellungen verändert. Wer etwa wie die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt angesichts der massenhaften unkontrollierten Zuwanderung aus dem Orient und Nordafrika begeistert ausruft: „Ich freu mich drauf!“ sollte dafür an der Wahlurne die Quittung erhalten, und zwar in Gestalt eines desaströsen Wahlergebnisses. Aber auch die Traumtänzer, die bisher immer etwas von Toleranz, Integration und Willkommenskultur gefaselt haben, sollten endlich aus ihren Kleinmädchenträumen von der schönen bunten Welt erwachen. Wenn Deutschland überhaupt noch ernst genommen werden will, woran angesichts des aktuellen Gestammels der Kanzlerin und ihrer Paladine massive Zweifel angebracht sind, dann müßte umgehend der Türkei gesagt werden, daß ihre Mitgliedschaft in der EU undenkbar ist. Dann müßte den hier lebenden Türken mit und ohne deutschen Pass unmißverständlich klar  gemacht werden, daß wir solche Nachbarn nicht schätzen, die unsere Kultur und Lebensart verachten. Daß wir es durchaus begrüßen würden, wenn sie sich aufmachen würden in das Land, das die Staats- und Gesellschaftsordnung hat, die sie sich gewünscht haben.

 

Rechtsstaat Türkei und Leisetreter Deutschland

Anne Will hatte zu ihrer Talkrunde letzten Sonntagabend nur zwei Gäste eingeladen. Statt der üblichen 5-6 Gesprächspartner nahmen der deutsche Kanzleramtsminister und der türkische Sportminister auf den Sesseln im Studio Platz. Grundsätzlich ist diese Reduzierung auf nur zwei Gesprächspartner zu begrüßen. Denn dann hat jeder ausreichend Zeit, seine Gedanken auszuformulieren und stringent zu argumentieren. Bei dem üblichen Format indessen steht schon die schiere Zahl der Gesprächspartner in Verbindung mit der beschränkten Zeit einer Diskussion entgegen, die ihren Namen verdient. Soweit das Positive.

Der türkische Sportminister erwies sich sehr schnell als durchaus gefährlicher Politiker, weit ab von dem wackeren Sportfunktionär, der staatliche Fördermittel an ländliche Fußballklubs verteilen darf. Der deutsche Kanzleramtsminister hingegen erwies sich als treuer Diener seiner Herrin, die offensichtlich immer noch nicht dem türkischen Despoten die klare Kante zeigen will, von der unsere Politiker doch so gerne sprechen.

Besonders bemerkenswert waren zwei Aussagen des türkischen Ministers, der im übrigen in einer ganz speziellen Mischung von Arroganz und Selbstgefälligkeit stets zwischen der deutschen und der türkischen Sprache hin und her wechselte. Möglicherweise gehört auch das zu seinem Habitus und seiner Ideologie, wonach selbstverständlich Türken auch noch nach Generationen in Deutschland eben genauso gut Türken wie Deutsche sein sollen. Natürlich in erster Linie Türken. Und genau deswegen lobte er auch das Gefasel unserer Kanzlerin, wonach Deutsche alle Menschen sind, die in Deutschland leben. Auf die Bemerkung des deutschen Kollegen, wonach gewisse Dinge bei uns von den Gerichten entschieden werden, und die Regierung darauf keinen Einfluß hat, hatte er die Stirn zu erklären, dies sei in der Türkei genauso. „Wenn unsere Gerichte entscheiden, dann gilt das. Dann ist es nicht in der Macht der Regierung, zu sagen, das Gericht kann das nicht machen.“ Von seinem deutschen Kollegen kam darauf nichts. Dabei hätte er durchaus sagen müssen, worin die Unterschiede zwischen unabhängigen Gerichten in Deutschland und der Türkei jedenfalls derzeit liegen. Stand Ende Juli 2016 existierten in der Türkei gegen 2854 Richter und Staatsanwälte Haftbefehle, davon waren 1684 in U-Haft. Ja, hätte der deutsche Kanzleramtsminister antworten müssen, das war bei uns in Deutschland schon mal genauso wie bei Ihnen in der Türkei. Zwischen 1933 und 1945 haben Gerichte entschieden, wie es dem Regime gefiel. Zuvor waren natürlich eine Reihe von „unzuverlässigen“ Richtern ihres Amtes enthoben worden. Zudem hatte das Regime für die Rechtsgebiete, auf die es ihm besonders ankam, Sondergerichte installiert, die natürlich mit 150-prozentigen Nazis besetzt waren. Da konnte das Regime auch getrost sagen, daß die Regierung nicht sagen kann, das dürften die Gerichte nicht oder nicht so entscheiden. Einen signifikanten Unterschied zwischen der Situation damals in Deutschland und in der Türkei heute kann man wirklich nicht erkennen. In der DDR war das natürlich von 1949 bis 1989 genauso. Damit hätte Altmaier auch gleichzeitig die richtige Antwort auf die unsäglichen und unverschämten Nazivergleiche des Herrn Erdogan und seiner Paladine gegeben.

Der türkische Minister ging dann noch weiter. Den Vorhalt seines Kollegen, daß nach dem Putschversuch im Sommer 2016 viele Beamte entlassen worden seien, konterte er mit dem Hinweis darauf, daß ja auch nach der Wende viele ehemalige Beamte in den neuen Bundesländern entlassen worden seien, weil sie nicht als zuverlässig im Sinne des Grundgesetzes galten. Auch hier fehlte die angemessene Reaktion des deutschen Ministers. Denn es ist ja wohl ein fundamentaler Unterschied, ob Tausende von Beamten aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung einfach entlassen, teilweise auch inhaftiert werden, oder aber ob in einem rechtsstaatlichen Verfahren unter Beibringung belastbarer Beweismittel und der Ermöglichung einer sachgerechten Verteidigung  eine dazu noch gerichtlich anfechtbare Entscheidung steht, daß der betreffende Beamte wegen seiner Verstrickung in das Unrechtsregime der DDR nicht mehr weiter im öffentlichen Dienst beschäftigt werden kann. Also schlicht und einfach der Unterschied zwischen dem Wüten eines Despoten und einem rechtsstaatlichen Verfahren.

Dem türkischen Minister war im Laufe der Sendung auch anzusehen, wie sehr er das ganze genossen hat. Zu Recht fand er sich ganz prima und seinem Gegenüber weit überlegen. Es war halt der Unterschied zwischen Schlagstock und Waschlappen, zwischen Selbstbewusstsein und Leisetreterei.

Gehört Deutschland zur Türkei?

Seine treuesten Anhänger vermutet Erdogan nicht ganz zu Unrecht in Deutschland. Seine Türken sollen seiner Verfassungsreform zustimmen, damit er endlich die ganze Macht in seinen Händen vereinen kann. Deswegen schickt er seine Minister zu Wahlkampfauftritten nach Deutschland und behält sich vor, auch selbst die türkischen Massen in Almanya auf Linie zu bringen.

Doch nun haben deutsche Städte einfach verboten, daß türkische Minister hier Wahlkampf machen. Sie stützen sich auf sicherheitsrechtliche Bedenken, was ihr gutes Recht ist. Erdogan schäumt. Von der Bundesregierung indessen hört man nichts klares. Man eiert herum und erweckt den Eindruck, die grundgesetzlich geschützte Meinungs- und Versammlungsfreiheit stünde einem Verbot solcher Veranstaltungen durch den Bund entgegen. Das ist nicht nur erstaunlich, sondern schlicht falsch. Man könnte auch sagen, die Bundesregierung lügt uns an. Stellungnahmen von angesehenen Verfassungsrechtlern besagen nämlich das genaue Gegenteil. So etwa Prof. Christian Tomuschat (Bonn): „Der Auftritt eines Ministers ist nicht der Auftritt eines Privatmannes. Er erscheint hier als Organ eines fremden Staates und nimmt eine hoheitliche Handlung wahr, die auf dem Boden eines anderen Staates nicht stattzufinden hat:“ Ähnlich die Professoren Poscher und Gusy. Sie bewegen sich damit nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft, sondern auf dem Boden der Rechtsprechung. So hat erst jüngst das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluß vom 29.07.2016 eine solche Veranstaltung verboten. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt: „Art. 8 Abs. 1 GG ist kein Instrument dafür, ausländischen Staatsoberhäuptern oder Regierungsmitgliedern ein Forum zu eröffnen, sich auf öffentlichen Versammlungen im Bundesgebiet in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger amtlich zu politischen Fragestellungen zu äußern.“ Denn die Möglichkeit ausländischer Staatsoberhäupter oder Regierungsmitglieder zur Abgabe politischer Stellungnahmen im Bundesgebiet sei nach der Regelungssystematik des Grundgesetzes eben nicht grundrechtlich fundiert. Vielmehr sei das eine politische Angelegenheit. Dabei stützt sich das Gericht auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999. Ein Politiker ist auch niemals Privatmann, solange er im Amt ist und sich öffentlich zu politischen Dingen äußert.

Wie man mit dem Ansinnen Erdogans, Wahlkampf im Ausland zu machen, richtig umgeht, haben jüngst die Niederlande vorgemacht. Die dortige Regierung hat schlicht und einfach einen Auftritt des türkischen Präsidenten, der ersichtlich seinem Wahlkampf für die angestrebte Verfassungsreform dienen soll, für unerwünscht erklärt. Um in der diplomatischen Sprache zu bleiben: Wir sollten unsere Regierung so lange für unerwünscht erklären, als sie ihrer Pflicht nicht nachkommt, die Interessen ihres Volkes gegenüber einem größenwahnsinnigen ausländischen Potentaten zu verteidigen.

 

Popuschulzismus

Die SPD hat einen neuen Hoffnungsträger. Den Spesenritter Martin Schulz aus Brüssel. Der Mann weiß, woran es in Deutschland fehlt. Es geht eben nicht gerecht zu. Unter anderem muß endlich gleiche Bezahlung für Männlein und Weiblein erreicht werden. Das sei nämlich in Deutschland nicht der Fall. Nun kommt man eigentlich auch mit nur bescheidenen Geistesgaben und kurzem Nachdenken darauf, daß dies so nicht richtig sein kann. Überall da, wo der Staat auf die Entlohnung von Arbeitnehmern überhaupt Einfluß nehmen kann, sind ungleiche Löhne von Verfassungs wegen (Art. 3 GG) gar nicht möglich. Im öffentlichen Dienst ist das besonders augenfällig. Die Gehalts- und Lohngruppen sehen für männliche und weibliche Beschäftigte nicht einen Cent Unterschied vor. Aber auch die Tarifverträge, nach denen die weit überwiegende Zahl der Arbeitnehmer in der Wirtschaft entlohnt wird, sind exakt genauso strukturiert. Ein Tarifvertrag indessen, der tatsächlich unterschiedliche Löhne für Männer und Frauen vorsehen würde, hätte vor keinem Arbeitsgericht dieser Republik bestand. Das würde auch im außertariflichen Bereich gelten, falls es dort so gehandhabt würde. Was allerdings gelebte Wirklichkeit ist, ist die ungleiche Verteilung von Männern und Frauen in den jeweiligen Lohn- und Gehaltsgruppen. Das liegt allerdings im wesentlichen daran, daß Frauen eben Kinder bekommen und deswegen entsprechende Auszeiten im Erwerbsberuf nehmen (müssen). In der Zwischenzeit können ihre männlichen Kollegen natürlich beruflich aufsteigen und in höheren Lohn- und Gehaltsgruppen ankommen. Das wird im übrigen dadurch ausgeglichen, daß sie ja nun auch ihren Ehefrauen, die zu Hause auf die Geburt ihrer Kinder warten und sie anschließend eine Weile alleine groß ziehen, unterhaltspflichtig sind. Unter dem Strich haben beide Eltern, weil sie nun einmal Kinder haben, weniger als etwa die sogenannten Singles oder Dinks (double income no Kids). Wenn Herr Schulz das alles ändern will, dann muß er sich halt an den lieben Gott wenden. Vielleicht läßt er dann künftig auf Wunsch von Herrn Schulz und der SPD Männer und Frauen paritätisch schwanger werden und Kinder gebären. Herr Schulz gefällt sich im übrigen darin, anderen Leuten Populismus vorzuwerfen. Ich rege an, bei ihm künftig von Popuschulzismus zu sprechen.

Demokratie und Menschenrechte – exklusiv

Die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben mit Bedacht als erste und bedeutendste Festlegung den Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ an den Anfang des Verfassungstextes gesetzt. Art. 1 unserer Verfassung, die mit diesem Satz beginnt, ist auch mit verfassungsändernder Mehrheit nicht zu ändern oder gar abzuschaffen, ebenso wie das Demokratieprinzip, in welchem die essentialia einer demokratischen Staatsordnung festgeschrieben sind. Alle Gewalt geht vom Volke aus, die Staatsgewalt ist zwischen gesetzgebenden Parlamenten, Regierungen und Gerichten aufgeteilt. Aus dem Demokratieprinzip ergibt sich natürlich mit zwingender Logik, daß sich einerseits Minderheiten den Mehrheiten fügen müssen, andererseits aber Mehrheiten es hinnehmen müssen, durch das Ergebnis demokratischer Wahlen zur Minderheit zu werden.

Auf diese Dinge hinzuweisen, mag auf den ersten Blick als öde Steißpaukerei erscheinen. Mancher Leser wird zu Recht denken: „Habe ich solche Belehrungen überhaupt nötig?“ Nein, werte Leserschaft, unter Ihnen vermute ich keinen, der solcher Nachhilfe bedarf. Indessen bedürfen dieser Nachhilfe ganz offensichtlich eine Reihe von Leuten, die sich öffentlich als Verteidiger der Demokratie aufspielen, bei Lichte besehen jedoch die Demokratie gerade gegen sie verteidigt werden muß. Deswegen ist der Titel dieses Beitrages auch so gewählt. Exclusiv heißt nun einmal auf deutsch wörtlich „ausschließlich, nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich“, wie uns der Duden lehrt.

Spitzenpolitiker werden in diesen Tagen nicht müde, vor der Verrohung der Sitten in der öffentlichen Debatte, insbesondere in der Anonymität des Internets, zu warnen. Der gewählte Bundespräsident meinte ebenso wie der Präsident des Bundestages anlässlich der Bundesversammlung am 12. Februar dieses Jahres einschlägige Warnungen gewissermaßen ex cathedra aussprechen zu müssen. Doch müssen wir leider feststellen, daß gerade auch aus diesen Kreisen Töne klingen, die ganz und gar nicht dazu angetan sind, den respektvollen Umgang miteinander zu fördern. Wenn der nun gewählte Bundespräsident noch als Außenminister den gewählten Präsidenten eines anderen Landes als Hassprediger bezeichnet, dann disqualifiziert er sich nicht nur als erster Diplomat seines Landes, sondern trägt dazu bei, daß der sachliche politische Diskurs durch Pöbeleien ersetzt wird. Und dann darf man sich nicht wundern, wenn ein offenbar mit aller Macht nach oben drängender Nachwuchsjournalist während der Bundesversammlung twittert: „So, ich hoffe Olivia Jones boxt Frauke Petry jetzt auf der Empfangsparty um“, und ein durch ein mehr als eigenartiges Verständnis von Satire, nämlich die Formulierung von zügellosen Beleidigungen anstelle von witziger Kritik, aufgefallener Medienschaffender namens Böhmermann Kritik daran mit den Worten kommentiert: „Wir dürfen uns nicht von Schwangerenaugen erpressen lassen“, dann ist der Tiefpunkt politischer Kultur, menschlichen Anstandes und sogar medialer Pöbelei erreicht oder gar unterschritten. Wer öffentlich die Hoffnung äußert, eine ersichtlich schwangere Politikerin möge körperlich attackiert werden, der hat entweder von Menschenwürde noch nie etwas gehört, oder sie ist ihm völlig egal, wenn es um Menschen mit einer politischen Anschauung geht, die ihm nicht paßt. Wer sich freuen würde, wenn im Rahmen der Bundesversammlung, die nun einmal nach allgemeinem Verständnis gewissermaßen das Hochamt der parlamentarischen Demokratie darstellt, jemand niedergeschlagen  würde, der hat nicht nur keinen Anstand und keine Kinderstube, der hat auch nicht den mindesten Respekt vor den demokratischen Institutionen dieses Landes. Ausgerechnet Leute, die für sich in Anspruch nehmen, sich In Humanität und demokratischer Gesinnung von niemanden übertreffen zu lassen, treten die Menschenwürde und die demokratischen Institutionen mit Füßen, sobald es um Menschen geht, deren politische Einstellung ihnen nicht paßt. Der noch größere Skandal besteht allerdings darin, daß solche Figuren wie dieser Böhmermann  und dieser Huber ihre menschenverachtenden Pöbeleien munter durch die Gegend twittern können, ohne daß sie von den maßgeblichen Politikern und Chefredakteuren dieses Landes in die Schranken gewiesen werden. Es scheint darauf anzukommen, wer etwas tut, und sei es etwas ganz sicher Unrechtes. Man stelle sich einmal vor, ein Journalist aus dem nationalkonservativen Spektrum, vielleicht Thorsten Hinz oder Michael Klonovsky hätte gleiches oder ähnliches in Richtung einer schwangeren Politikerin aus den im Deutschen Bundestag derzeit vertretenen Parteien  öffentlich geäußert. Abgesehen davon, daß dies wirklich nur eine Fiktion ist, und zum Beispiel die beiden genannten Herren wohl nicht einmal unter stärkstem Alkohol- oder Drogeneinfluß zu einer solchen Entgleisung fähig wären, der Aufschrei in den Medien wäre in größtmöglicher Lautstärke umgehend zu hören gewesen. Die Staatsanwaltschaften unseres Landes hätten eine Flut von einschlägigen Strafanzeigen abzuarbeiten.

In diesem Klima können auch unbeanstandet Hotels und Gasthöfe mit Boykottdrohungen, Androhung von physischen Angriffen oder einer Flut von Schmähanrufen traktiert werden, nur weil sie einer demokratischen Partei, die sich zu unserer Verfassung programmatisch bekennt, und die deswegen natürlich auch nicht Gegenstand der Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist, Veranstaltungsräume vermieten. In diesem Klima ist es möglich, daß die Lehrer eines Gymnasiums eine Schulveranstaltung im Saal eines Gasthofes absagen, weil dort zuvor eine Veranstaltung eben dieser Partei stattgefunden hat. Man ist versucht, diesen famosen Pädagogen Nachhilfeunterricht über die Grundlagen unserer Demokratie zu erteilen, selbstverständlich mit anschließender benoteter Leistungskontrolle. Schließlich sollten die Eltern dieser Schüler wissen, welchen pädagogischen Geisterfahrern ihre Kinder ausgeliefert sind.

In diesen Tagen hat offensichtlich der Wahlkampf begonnen. Der Wortbestandteil Kampf scheint hier in seiner unheilvollsten Bedeutung Wirklichkeit zu werden. Wir werden uns also darauf gefaßt machen müssen, daß Anstand, Höflichkeit, Sachlichkeit und die Achtung vor dem Menschen, gleichgültig welcher politischen Auffassung er ist, bis zum 27. September 2017 keinen Platz mehr in der öffentlichen Debatte haben werden. Man wird sich also am 27. September 2017 wohl auch zwischen Demokraten und Demokratieabschaffern entscheiden müssen.

Qualitätsmedien

Es ist 6:00 Uhr morgens. Die Morgennachrichten im Bayerischen Rundfunk. Der neue amerikanische Präsident hat erklärt, die NATO sei überflüssig. Man muß wohl damit rechnen, daß die USA die NATO verlassen werden. So klingt es jedenfalls. Nun weiß der informierte Bürger, also der, der sich aus verschiedenen Nachrichtenquellen unterrichtet, daß Donald Trump in der Tat in einem Interview mit Vertretern deutscher Medien gesagt hat: „I said a long time ago – that NATO had problems.  Number one ist was obsolete, because it was, you know, designed many, many years ago.“ 

Das ist natürlich etwas völlig anderes, als es den schlaftrunkenen Hörern des Bayerischen Rundfunks heute Morgen in die Gehörgänge fuhr. Einigermaßen vernünftig übersetzt heißt das: „Ich habe schon vor langer Zeit gesagt, daß die NATO Probleme hatte. Erstens war sie veraltet, weil sie, wie Sie wissen, vor vielen, vielen Jahren konzipiert wurde.“ Offenbar war man in der Redaktion des Bayerischen Rundfunks auch noch knapp eine Woche nach Bekanntwerden dieses Interviews nicht in der Lage, die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten korrekt zu übersetzen. Man hat die Vokabel „obsolete“ offensichtlich wie ein schlechter Schüler übersetzt und wie das deutsche Fremdwort „obsolet“ verstanden. Zwar bedeutet das nach dem Duden ebenso wie in der englischen Sprache veraltet, umgangssprachlich aber auch überflüssig. Falls man sich da nicht so ganz sicher ist, kann man ja ein gutes Wörterbuch schauen. Im Langenscheidt werden als Übersetzungen angeboten: veraltet, überholt, altmodisch, abgenutzt, verbraucht. Und wenn das nicht weiterhilft, muß man ja den Sinnzusammenhang beachten. Und der kann wohl nur so verstanden werden, daß Reformbedarf besteht, auch was die Aufgaben des Bündnisses zum Beispiel bei der Terrorbekämpfung angeht. Wer den zitierten Satz mit Verstand liest, stellt außerdem fest, daß die Beschreibung der NATO in der ersten Vergangenheitsform erfolgt ist. Somit ist ihr gegenwärtiger Zustand nicht gemeint. Aus alledem zu schließen, der amerikanische Präsident strebe einen Austritt seines Landes aus dem Bündnis an, ist schlicht und einfach abwegig.

Der Vorgang wäre eines Kommentars nicht wert, wenn er nur ein weiterer Beleg für die mangelnde fachliche Qualität nicht weniger Journalisten auch in den sogenannten Qualitätsmedien wäre. Sogenannte Qualitätsmedien, weil es sich dabei eher um eine Selbsteinschätzung als um einen objektiven Befund handelt. Beunruhigend an einem solchen Vorgang ist vielmehr, welche Wirkung solche Nachrichten haben. Ich habe mir dann bei der Morgentoilette überlegt, wie diese Nachricht nun von einem Menschen aufgenommen und verarbeitet wird, der infolge seiner beruflichen und familiären Belastung gar keine Zeit hat, mehr als die morgendlichen Nachrichten im Rundfunk zur Kenntnis zu nehmen. Das vielfache Angebot in den gedruckten wie gesendeten Medien, vor allem im Internet, kann ja nur nutzen, wer auch die Zeit dafür hat. Gerade die Menschen jedoch, die den größten Beitrag in Wirtschaft und Gesellschaft leisten, haben diese Zeit meistens nicht. Solche Menschen gehen eben dann mit diesem Kenntnisstand in den Tag. Sie müssen mit der Sorge leben, daß eine wesentliche Grundlage unserer äußeren Sicherheit brüchig geworden ist.

Man könnte natürlich darüber spekulieren, wie solche Nachrichten zustande kommen, vor allem, ob dahinter eine Absicht steckt, und wenn ja, welche. An Spekulationen will ich mich nicht beteiligen. Ob eine solche Falschmeldung alleine der fachlichen Inkompetenz einer Redaktion geschuldet ist, oder eine politische Strategie dahinter steckt, über deren Inhalt ich auch nicht spekulieren will, kann offen bleiben. Was bleibt, ist das Unbehagen. Und dann klingt aus solchen Redaktionen auch noch das Lamento darüber, daß die Leute ihnen nicht mehr glauben wollen, weil sie von den bösen Rechtspopulisten aufgehetzt werden…

Es bleibt also dabei: sapere aude! (Selber denken!).

Dummheit, frisiert

Die heutigen Nachrichten über die Rede des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke zur Erinnerungskultur in Deutschland sind ein Lehrstück in zweierlei Hinsicht.

Höcke hat in einer Rede von etwa einer Dreiviertelstunde Dauer dem Umgang der deutschen Eliten mit der neueren Geschichte beklagt und unter anderem beanstandet, daß sich die Deutschen mit dem Holocaustdenkmal in Berlin ein Denkmal der Schande geschaffen hätten und überhaupt die Politik in Deutschland maßgeblich immer noch von einem Empfinden deutscher Schuld bestimmt werde. Wenn man in diese Rede hineinhört oder einzelne Passagen liest, dann fragt man sich schon, ob Höcke sich gedanklich nicht unerhebliche Schnittmengen mit der NPD und anderen Neonazis erlaubt, oder schlicht und einfach intellektuell damit überfordert ist, Geschichte und Gegenwart voneinander zu trennen. Denn selbst wenn man mit guten Gründen die geschichtspolitische Instrumentalisierung der Vergangenheit kritisieren kann, so verbieten sich zum einen jegliche Pauschalisierungen, und zum anderen haben kritische Auseinandersetzungen mit der Geschichtsschreibung ihren Platz in der Wissenschaft und im akademischen Diskurs auch in der Öffentlichkeit. In der Tagespolitik hat das im allgemeinen grundsätzlich nichts zu suchen, und die wissenschaftliche Debatte ist wegen ihrer Komplexität völlig ungeeignet für die Verwendung in parteipolitischen Zusammenhängen. Die Geschichte betrifft auch die Vergangenheit, die Politik kann auf sie grundsätzlich nicht einwirken. Was an den Hochschulen gelehrt wird, ist ebenfalls nicht Sache der Politik, sondern der hoffentlich auch weiterhin freien Wissenschaft. Auch wenn hier gerade hinsichtlich der neueren Geschichte eine gewisse Einförmigkeit, Eintönigkeit, ja Einfältigkeit zu beobachten ist, so ist es alleine Sache der Historiker, neuen Erkenntnissen zum Durchbruch zu verhelfen. Auch wenn es Herrn Höcke, dem Geschichtslehrer am Gymnasium, noch nicht aufgefallen sein sollte: was z.B. die Darstellung der Ursachen des Ersten Weltkrieges angeht, so hat sich hier in den letzten zehn Jahren ein fundamentaler Wandel vollzogen. Die sogenannte Alleinschuldthese Deutschlands wird jedenfalls an unseren Universitäten nicht mehr vertreten. Vor allem aber hat sich die Politik, wie gesagt, mit der Gegenwart, noch mehr aber mit der Zukunft zu befassen. Und da gibt es viel zu tun, und viel zu kritisieren, gerade für eine erst jüngst auf der politischen Bühne erschienene Partei. Euro-Krise, innere Sicherheit, Migrationsproblematik und eine verrückt gewordene europäische Zentralbank bieten gerade für einen politischen Newcomer Themen genug, um das Wahlvolk von den eigenen Vorstellungen zu überzeugen. Warum man da in der Tagespolitik und im Wahlkampf historische Vorlesungen und Proseminare anbietet, erschließt sich nicht.

Interessant ist allerdings, wie die Medien mit diesem Vorgang umgegangen sind. Jedenfalls ein Teil der Medien hat in seinen Internetmeldungen berichtet, daß die maßgeblichen Politiker seiner Partei Höcke für seine Äußerungen scharf kritisiert haben, allen voran die Parteivorsitzende Petry: Björn Hecke ist mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei geworden. Die Europa Abgeordnete von Storch: Höcke hat der Partei schweren Schaden zugefügt. Das Vorstandsmitglied Alice Weidel: Unsägliche rückwärts gewandte Debatte. Der Nordrhein-Westfälische Landesvorsitzende Pretzell: Fatal ist nicht, daß Höcke ständig mißverstanden wird, fatal ist, daß dies in einem Bereich deutscher Geschichte geschieht, bei dem es der Anstand verbietet. Nikolaus Fest: Die heutigen Probleme Deutschlands haben nichts mit der Schuldkultur zu tun.Der Sachsen-Anhaltinische Vorsitzende Poggenburg: unglücklich und nicht zielführend. Der bayerische Landesvorsitzende Bystron: völlig unnötig und Wasser auf die Mühlen unserer Gegner.  Lediglich der brandenburgische Vorsitzende Gauland meint, Höcke sei mißverstanden worden, was ja impliziert, daß er seine Äußerungen, so wie man sie verstehen kann, auch nicht für gut hält. Ganz anders die Tagesschau. Man zitiert zwar teilweise die Kritik der Vorsitzenden Petry an Höcke, erklärt im übrigen aber ohne dies zu quantifizieren, es habe in der Partei auch Zustimmung gegeben und weist ferner auf ein Strategiepapier hin, das generell ein provokantes Auftreten als zielführend, weil Wähler generierend, bezeichnet. Daß so eine Strategie natürlich völlig losgelöst vom jeweiligen Sachthema ist, wird nicht erwähnt. Vielmehr gewinnt der Tagesschau-Zuschauer den Eindruck, Höcke sei repräsentativ für die Partei, was in dem Interview mit einem natürlich ausgesuchten Politikwissenschaftler bestätigt wird.

Es gibt also ausgesprochen dumme Politiker. Und es gibt eine Tagesschauredaktion, die offensichtlich Halbwahrheiten verbreitet. Wem das nützen soll, und wahrscheinlich auch nützt, liegt auf der Hand. Wem die Intendanten, Fernsehdirektoren und Chefredakteure verpflichtet sind, nachdem ihre Aufsichtsgremien, denen sie Anstellung und Aufstieg verdanken, von den etablierten politischen Parteien und ihren Vorfeldorganisationen dominiert sind, liegt auch auf der Hand. Die Schlußfolgerung, daß die Berichterstattung dann auch interessegeleitet ist, liegt mindestens sehr nahe. „Wes Brot ich eß, des Lied ich sing.“

Weil das eigentlich auch Nachwuchspolitikern, und die Politiker einer gerade mal knapp vier Jahre existierenden Partei kann man nicht anders nennen, inzwischen geläufig sein müßte, kann man im Falle Höcke nur von Dummheit sprechen. Sollte er jedoch das meinen, was viele Leute aus seinen Äußerungen heraushören, dann gehört er jedenfalls nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts – und welche sollten denn sonst gelten? – nicht in die deutsche Politik. Seine Partei wäre jedenfalls gut beraten, wenn sie ihm den Rücktritt nahe legen würde und dies auch entsprechend kommunizierte. Wenn ihm seine Partei und ihre Ziele am Herzen liegen, dann kann er eigentlich nur zurücktreten.

Letztendlich zeigt sich hier wieder einmal, was bei Parteineugründungen immer wieder zu beobachten ist: Sie ziehen anfänglich allerhand seltsame Vögel an. Sobald man sich einigermaßen konsolidiert hat, muß man sich dieser Leute entledigen. Auch wenn man dann den ein oder anderen Wähler verliert. Doch es ist alle Mal besser, ein einigermaßen demokratisch homogenes Wählerpotential von sagen wir einmal 10 % zu haben, als ein Sammelsurium von Bürgern, die gerade aus ihrer demokratischen Gesinnung heraus Fehlentwicklungen korrigieren wollen einerseits, und allerhand Esoterikern, Spinnern und Radikalinskis andererseits mit einem Potenzial von 15 %. Ein kleines Haus, aus fehlerfreien Steinen gebaut, hält alle Mal länger als ein großes Gebäude aus minderwertigen Beton.

Das abgewogene und findige fundierte Urteil des Bürgers setzt voraus, daß er sich aus unterschiedlichen Quellen informiert. Nur so kann er trotz der offiziösen fake news ein mündiger Bürger sein. Bleiben wir aufmerksam!

Endlich! Wir bekommen das Wahrheitsministerium.

Zum politischen Neusprech unserer Tage gehören die Vokabeln fake news, hatespeech und natürlich das Wort des Jahres 2016 postfaktisch. Hinter all diesen Begriffen verbirgt sich die Sorge der politischen Klasse dieses Landes, daß die Bürger/Wähler die falschen Nachrichten bekommen, die falschen Meinungen haben und deswegen die falschen Kandidaten wählen. Empört führt unser Gesinnungsministerlein einen Kreuzzug gegen die Verbreiter angeblich falscher Nachrichten und falscher (politisch nicht korrekter) Meinungen in den sozialen Medien an. Facebook, Twitter und andere sollen fake news und hatespeech unverzüglich löschen, wenn firmeneigene Arbeitsgruppen und/oder die Maas’sche Gesinnungspolizei unter dem Kommando der Ex-Stasimitarbeiterin Annetta Kahane irgend einen Beitrag für falsch, hetzerisch, oder sonst wie politisch nicht korrekt halten. Da möchte nun auch das Bundesinnenministerium nicht nachstehen. Schließlich haben sogar Politiker aus den Reihen der CSU einschlägige Forderungen erhoben. Man schlägt also die Einrichtung eines „Abwehrzentrums gegen Desinformation“ vor. Das soll dafür sorgen, daß für unliebsame Beeinflussungen angeblich besonders anfällige Bevölkerungsgruppen (nach Meinung der Beamten Russlanddeutsche und Bundesbürger mit türkischen Wurzeln) künftig die Informationen erhalten, die sie aus der Sicht der Bundesregierung benötigen. Da darf auch der ebenso unvermeidliche wie unsägliche Martin Schulz nicht fehlen. Er ruft nach dem Gesetzgeber, damit der Verbreitung von falschen – genau genommen unerwünschten – Nachrichten über soziale Netzwerke ein Riegel vorgeschoben wird.

Zunächst einmal ist alles das juristisch nicht haltbar. Zwar dürfen Regierungen neben den Medien Nachrichten verbreiten und ihre Auffassung erläutern. Das gehört mit zu ihren Aufgaben. Nicht aber ist es Aufgabe der Exekutive, gegen tatsächliche oder vermeintliche Falschmeldungen vorzugehen. Es ist allein Sache der Gerichte, bei Vorliegen einschlägiger Straftatbestände oder über Klagen auf Unterlassung und Widerruf falscher Tatsachenbehauptungen zu entscheiden. Das genügt auch. Jede Art von staatlicher Zensur hingegen steht einer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung entgegen. Deswegen hat zum Beispiel der europäische Gerichtshof für die Menschenrechte in den Jahren 2013 und 2015 entschieden, daß die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern durch einen türkischen Politiker von der durch Art. 10 Abs. 1 der europäischen Menschenrechtskonvention geschützten Freiheit der Meinungsäußerung umfaßt ist. Selbstverständlich, muß man hinzufügen, gilt das auch für die Äußerung der gegenteiligen Auffassung. Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes schützt die Meinungsfreiheit. Soweit jemand diese mißbraucht, indem er wahrheitswidrige Behauptungen über Dritte aufstellt, haben darüber die Gerichte zu entscheiden. Soweit der Staat überhaupt gegen die Verbreitung nach Meinung seiner Regierung falsche Behauptungen vorgehen will, kann das in einem Rechtsstaat nur im Wege der öffentlichen Klage vor den Gerichten geschehen. Eine Zensur indessen, wie sie dem Bundesinnenministerium offenbar vorschwebt, ist dem Rechtsstaat fremd. Sie ist ein Merkmal von Diktaturen. Es ist auch einer Demokratie nicht angemessen.

Zu Recht erklärt dazu der Jurist Florian Albrecht (Legal Tribune online, 30.12.2016): „Die Fragwürdigkeit der Forderungen im Kampf gegen falsche Nachrichten wird durch einen Blick in unser Nachbarland Österreich noch verstärkt. Dort wurde der aus dem Jahr 1975 stammende und die Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte unter Strafe stellende § 276 StGB zum 31. Dezember 2015 außer Kraft gesetzt. Maßgeblich war für diesen Schritt einerseits die Erkenntnis, daß der unbestimmte Tatbestand, der der Verbreitung bekanntermaßen falscher Gerüchte entgegenwirken sollte, laut Standard in den vergangenen 20 Jahren zu keiner einzigen Verurteilung geführt hatte. Der Sektionschef für Strafrecht im österreichischen Justizministerium wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß auch rechtspolitische Bedenken gegen eine solche Strafnorm angeführt werden können. Demnach sei es sinnvoller, wenn fake news nicht mit Verboten, sondern vielmehr mit einer gesellschaftlichen Debatte sowie Widerrede begegnet würde. Diese Linie entspricht vollends der Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht der Meinungsfreiheit.
Es bedarf keiner eingehenden Analyse, erkennen zu können, daß den gegenwärtig hinsichtlich der Bekämpfung von fake news und hate speech geführten Debatten starke antidemokratische Tendenzen anhaften. Gesellschaftliche Debatten, die der Grundpfeiler unserer Demokratie sind, drohen dann erstickt zu werden, wenn sich der Staat seiner übermächtigen Ressourcen bedient und sich einer Art Wahrheitsministerium bedient, wie in George Orwells Dystopie 1984 geschildert. Der Verfassungsrechtler Sebastian Mueller-Franken folgert völlig zu Recht, daß ein Staat erst dann freiheitlich ist, wenn er keinen Anspruch auf die Festlegung der Wahrheit erhebt. Denn erst mit dem Verzicht auf den Wahrheitsanspruch überläßt er es den Bürgern, ob sie ihn und die von ihm ausgeübte Herrschaft bejahen oder verwerfen wollen.“

Ein weiterer Gesichtspunkt sollte nicht unter den Tisch fallen. Wer im Glashaus sitzt, sollte bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Betrachtet man sich nämlich die amtliche Informationspolitik, die unter anderem auch durch das Statistische Bundesamt und die polizeilichen Kriminalstatistiken durchgeführt wird, dann entsteht häufig der Eindruck, daß die eigene Wahrnehmung der Wirklichkeit und deren Darstellung in den Statistiken voneinander abweichen. Michael Klonovsky hat das in seinem Internet Blog acta diurna vom 04.01.2017 ausführlich dargestellt. Dabei haben ihm aus gutem Grund nicht namentlich genannte Fachleute aus Behörden geholfen. Der Beitrag ist außerordentlich lesenswert. Die Methoden, mit denen Statistiken manipuliert werden können und tatsächlich manipuliert werden, sind vielfältig und sehr effektiv. Der Winston Churchill zugeschriebene Satz: „Traue keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast“, mag zwar tatsächlich nicht von ihm stammen, scheint aber offensichtlich das Motto derjenigen zu sein, welche diese amtlichen Statistiken erstellen lassen. Manchmal ist man sogar so unvorsichtig, daß man das auch offen zugibt. So hat sich der brandenburgische Ministerpräsident Woidke am 22. September 1916 dazu hinreißen lassen, in ein Mikrofon zu sagen: „Also erst mal was zur Statistik. Wir haben in Brandenburg die Statistik bei rechtsextremen Übergriffen geändert. D.h. bei der Polizei wird erst mal jeder Übergriff wo nicht erwiesen ist, daß er keine rechtsextreme Motivation hatte, wird in diese Statistik reingezählt.“ Einmal von diesem offenbar bewußt „volksnahen“ Sprachgebrauch abgesehen: Hier hat jemand die Maske fallen lassen. Wer selber postfaktisch fake news verbreitet, das aber gleichzeitig anderen verbieten lassen will, qualifiziert sich vielleicht für das Amt des Wahrheitsministers Orwell’scher Prägung. Als selbsternannter Verteidiger des demokratischen Rechtsstaats ist er jedoch eine glatte Fehlbesetzung.

Wir Bürger müssen wachsam sein. Wir wollen das in der Aufklärung vor rund 300 Jahren hart erkämpfte Recht, sagen und schreiben zu können, was wir wollen, auf keinen Fall preisgeben. Die einzige Sanktion desjenigen, der falsche Nachrichten verbreitet, soll weiterhin nur die sein, daß er sich damit blamiert. Gesinnungsschnüffler, Wahrheitsminister und Zensoren indessen brauchen wir nicht.

Nafris

Eines der beherrschenden Themen in der öffentlichen Debatte unseres Landes sind die Vorgänge in den Silvesternächten 2015 und 2016. Vor allem junge Männer aus Nordafrika wurden zu Hunderten wegen sexueller Übergriffe zwischen Hauptbahnhof und Dom zu Köln in der Silvesternacht 2015 angezeigt, jedoch mangels gerichtsfester Beweise kaum einmal verurteilt. Diese Übergriffe gab es auch in vielen anderen deutschen Städten, allerdings nicht in dieser Massierung wie in Köln. In der Silvesternacht 2016 wurden entsprechend umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, unter anderem die Polizeipräsenz in Köln um mehr als das Zehnfache hochgefahren. Nur deswegen gab es dann in dieser Nacht so gut wie gar keine sexuellen Übergriffe.

Erstaunlicherweise jedoch waren ca. 1.000 Nordafrikaner erneut nach Köln gekommen, bei deren Kontrolle sich häufig herausstellte, daß es sich um Männer handelte, die schon aus der vergangenen Silvesternacht bekannt waren. Offenbar hatte man sich auch verabredet, nach Köln zu fahren um sich ein weiteres Mal zu amüsieren wie gehabt. In anderen Städten, in denen die Polizeipräsenz nicht so dicht war wie zwischen Dom und Hauptbahnhof in Köln, gab es durchaus jeweils eine nennenswerte Zahl von solchen Übergriffen, etwa in Hamburg. Dennoch erklären uns Politik und Medien, in jener Nacht sei die Sicherheit gewährleistet gewesen. Zu Recht weisen unabhängige Kommentatoren darauf hin, daß davon keine Rede sein kann. Denn in einem sicheren Land können Frauen unbesorgt überall Silvester feiern. Einer massiven Polizeipräsenz wie auf der Kölner Domplatte, auf der schon räumlich wegen der ca. 1.500 Polizeibeamten und Dutzenden von Kamerateams kaum noch Platz für Besucher war, bedarf es in einem sicheren Land eben nicht. Festzuhalten ist also, daß Deutschland mindestens seit Silvester 2015 kein sicheres Land ist. Vor allem jungen Frauen kann nur geraten werden, abends entweder zu Hause zu bleiben, oder nur in wehrhafter männlicher Begleitung in die Stadt zu gehen.

Zu den Absurditäten unserer Zeit gehört, daß aus dem linken politischen Spektrum die Arbeit der Polizei massiv kritisiert worden ist. So hat die grüne Giftspritze aus dem Saarland gezetert, es sei völlig unangemessen, Personen nur aufgrund ihres Aussehens zu kontrollieren. Das sei ein unzulässiges „racial profiling“ und stelle Nordafrikaner unter Generalverdacht. Die Abwegigkeit dieses Vorwurfs wird vielleicht besonders deutlich, wenn man sich eine Lage vorstellt, in der die Polizei verhindern soll, daß schwedische Hooligans Zutritt zu einem Fußballstadion bekommen. Müssen die Beamten dann nicht ihr Augenmerk auf blonde, blauäugige junge Männer richten? Vermutlich würde eine solche Fanatikerin der political correctness wie Frau Peter das ganz in Ordnung finden. Rassismus kann für politische Geisterfahrer wie sie ja nur gegen Araber und Afrikaner gerichtet sein. Daß die Polizei im internen Sprachgebrauch für diese Leute dann auch noch die Abkürzung „Nafri“ benutzt hat, ist für linke und grüne Politiker erst recht ein Beleg für den Rassismus deutscher Polizeibeamter. Die Abkürzung steht wohl für „nordafrikanischer Intensivtäter“, was wegen des Verbrauchs von 30 Zeichen in einer auf 140 Zeichen begrenzten Twitternachricht (tweet) eben zu Kürzeln zwingt. Und sie ist offenbar angebracht, nachdem man bereits nach Silvester 2015 festgestellt hat, daß es sich bei den Festgenommenen regelmäßig um junge Männer aus Nordafrika handelte, die bereits mehrfach straffällig geworden waren. Der polizeiliche Begriff des Intensivtäters ist dann eben schlicht und einfach zutreffend.

Ein Aspekt indessen ist bislang jedenfalls noch nicht beleuchtet worden. Daß diese nordafrikanischen Intensivtäter auch dazu neigen, Sexualdelikte zu begehen, kann nicht überraschen, wenn man die Geschichte der letzten 100 Jahre betrachtet. Unter den französischen Truppenteilen, die nach dem Ersten Weltkrieg das linksrheinische Deutschland besetzten, befanden sich auch Regimenter aus den französischen Kolonien in Nordafrika, also aus Marokko, Algerien und Tunesien. Allgemein nannte man sie Spahis. So berichten zum Beispiel lokale Chronisten aus der Stadt Trier, daß damals nach der Stationierung dieser Soldaten Belästigungen und Überfälle auf Frauen und häufig auch auf Männer kaum zu vermeiden gewesen seien, obgleich das Militär harte Strafen dafür angedroht habe. Dies habe sich schlagartig verbessert, als für die Soldaten ein Bordell eingerichtet worden sei. Ethnologen haben darauf hingewiesen, daß es gewissermaßen zum Beuteschema der Krieger aus den nordafrikanischen Stämmen gehört habe, sich auch die Frauen des besiegten Feindes zu nehmen. Auch für die Zeit des Zweiten Weltkrieges gibt es eine Vielzahl von Berichten über dieses Verhalten der Soldaten aus den französischen Kolonien. Die Vergewaltigungsorgien etwa in Freudenstadt/Schwarzwald, aber auch in anderen Städten der französischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg sind nun einmal eben ein geschichtliches Faktum, auch wenn das in Deutschland zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten ist. Die historische Forschung geht von rund 50.000 Opfern dieser Verbrechen allein in Deutschland aus. In anderen Ländern haben sich diese nordafrikanischen Soldaten auch nicht anders verhalten. So ist in Italien durchaus noch die Erinnerung daran wach, wie derartige Truppenteile 1944 vergewaltigend durch die Dörfer der Aurunci-Berge nahe Monte Cassino zogen. Damals hat sich in die italienische Sprache die Vokabel „marocchinare“ als Begriff für vergewaltigen eingebürgert. Alberto Moravia hat diesen misshandelten Frauen in seinem Roman „La Ciociaria“ ein Denkmal gesetzt. Das Buch wurde dann Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auch mit prominenter Besetzung verfilmt (Regie Vittorio de Sica, weibliche Hauptrolle Sophia Loren).

Umso unverständlicher ist es, wenn die deutschen Behörden solche Intensivtäter nicht konseqent abschieben, obgleich sie samt und sonders kein Asyl erhalten, keine Bürgerkriegsflüchtlinge sind und dazu noch vielfach vorbestraft. Daß sie eine offenbar kulturell bedingte Neigung zu Sexualdelikten haben, verschärft das Problem, ist aber offenbar Politik und Behörden nicht oder nicht ausreichend bekannt. Und deswegen werden wir vermutlich auch in den nächsten Jahren immer wieder erleben, daß die „Nafris“ zu Hunderten irgendwo einfallen und ihren Spaß haben, falls nicht aufgrund besonderer Umstände punktuell eine massive Polizeipräsenz das unterbindet. Eine Lösung des Problems ist das jedoch nicht. Ein weiterer Beleg für die deutsche Krankheit indessen schon.

Ist irgend jemand überrascht?

Ein zwölfjähriger Junge aus Ludwigshafen –“Deutsch-Iraker“- steht unter dem dringenden Verdacht, zweimal einen offenbar dilettantisch gebastelten Sprengsatz an Orten deponiert zu haben, wo naturgemäß viele Menschen sind. Einmal am Rathaus, und ein andermal auf dem Weihnachtsmarkt. Die Reaktionen von Politik und Medien zeigen nun das erwartete Muster. Natürlich ist man zunächst entsetzt bzw. fassungslos. Wenigstens sucht man nach den Hintermännern des kindlichen Bombenbastlers. Die Auswertung seines Mobiltelefons hat dem Vernehmen nach eindeutige Ergebnisse erbracht: der verhinderte Attentäter wurde vom IS ferngesteuert.

Wer klar zu denken vermag, ist weder fassungslos noch entsetzt. Nebenbei bemerkt, möchte ich überhaupt nicht von Leuten regiert werden, die angesichts eines Terroranschlages, eines Mordanschlages oder sonstigen Gewaltausbruchs regelmäßig mit „Fassungslosigkeit“ und „Entsetzen“ reagieren. Denn von solchen Weicheiern kann ich nicht erwarten, daß sie entschlossen den Kampf gegen Verbrechen und Terror aufnehmen. Viel lieber wäre ich von Leuten regiert, die in solchen Situationen den Drahtziehern der Anschläge bedeuten: „Ihr werdet uns noch kennenlernen!“

Was wir gerade erleben, ist schlicht und einfach der Einsatz von Kindersoldaten auch bei uns. Im Orient und in den Bürgerkriegsgebieten Afrikas ist das seit Jahrzehnten völlig normal. Das Khomeini-Regime des Iran hatte seinerzeit im Krieg gegen den Irak massenhaft Kinder und Jugendliche an die Front geschickt. Die dreckigen Halsabschneider, die sich „Islamischer Staat“ nennen, setzen im Irak und in Syrien Kindersoldaten ein, auch und vor allem als Selbstmordattentäter. Nach ihrer Interpretation des Islam tun sie damit ein gottgefälliges Werk. Für unsere kultivierten, verständnisvollen und weltoffenen Politiker und Publizisten indessen hat das alles mit dem Islam natürlich nichts zu tun. Die gleichen Leute würden allerdings die Behauptung mit Empörung zurückweisen, die Hexenverbrennungen im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts oder gar die „heilige“ Inquisition mit ihren Autodafes des 14. und 15. Jahrhunderts hätten nichts mit dem Christentum zu tun gehabt. Gottlob hat das Christentum diese und andere Irrlehren unter der reinigenden Dusche der Aufklärung von sich abgewaschen wie der Bergmann den Kohlenstaub nach der Schicht. Dem Islam indessen muß man nach der Lektüre des Koran attestieren, daß ihm die Gewalttätigkeit wesensimmanent ist. Um in der Metapher zu bleiben, wird es da mit der äußerlichen Wäsche nicht getan sein, wenn diese Religion irgendwann einmal in der aufgeklärten zivilisierten Welt ankommen will.

Die Reaktionen der Politik sind vorhersehbar. Man wird zunächst natürlich von einem Einzelfall sprechen, und das Kind womöglich in eine Psychotherapie geben. Daß wir es hier schlicht und einfach mit einer Methode der Kriegführung des islamischen Terrorismus zu tun haben, die nun auch bei uns angewandt wird, wird man mit der Attitüde der berühmten drei Affen – nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – dröhnend beschweigen. Denn, so schloß Palmström messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.