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Die Gedankenburka

Es gibt Diskussionen, die niemand braucht. Dazu gehört ganz sicher die neueste gesellschaftliche Modetorheit. Kein Tag vergeht, an dem nicht eine mehr oder weniger prominente Dame enthüllt (darf man im Zusammenhang mit Frauen eigentlich noch die Vokabel enthüllen benutzen?), daß auch sie von Männern sexistisch angegangen worden ist, mindestens in verbaler Form. Ein unverschämter Kerl habe sich anerkennend über ihre Frisur, ihre Urlaubsbräune, ihr elegantes Kostüm, das sie so gut kleide, ja sogar über ihre ansehnliche Figur geäußert. Die Posse um jene Berliner Staatssekretärin, die sich statt der Komplimente eines Kavaliers alter Schule offenbar lieber Lobhudeleien bezüglich ihrer politischen Bedeutung angehört hätte, ist ja nun an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten.

Auslöser der ganzen Hysterie war ja nun offensichtlich, daß endlich an den Tag gekommen ist, in welchem Ausmaß ein Filmproduzent seine wirtschaftliche Machtposition ausgenutzt hat, um sich Schauspielerinnen sexuell gefügig zu machen. In normalen Zeiten hätte man das allgemein lediglich mit dem Wunsch zur Kenntnis genommen, daß die Justiz diesen Herrn seiner gerechten Bestrafung zuführt. Heute indessen wird daraus ein Medienereignis gemacht, an dem auf der Bühne möglichst viele mitwirken wollen. Und so twittert täglich ein Dutzend Damen # me too. Wie in unserer völlig durchgeknallten Gesellschaft inzwischen üblich, wird dabei weit überzogen und das sprichwörtliche Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Dabei merken diese wackeren Streiterinnen für die Rechte der Frauen überhaupt nicht, daß sie sich auch widersprüchlich verhalten. Man kann nicht auf der einen Seite jedes klassische höfliche Kompliment zur sexistischen Zumutung erklären, auf der anderen Seite jedoch seine körperlichen Vorzüge mit sorgfältigem Make Up und möglichst eleganter Kleidung, durchaus gelegentlich auch freizügig, herausstreichen. Der Wunsch, schön zu sein, und das auch aller Welt zu zeigen, ist doch seit Menschengedenken den Frauen von frühester Jugend an eigen. Die Natur hat das auch so eingerichtet, und zwar ganz ersichtlich auch aus dem Grund, daß die Männer darauf so reagieren, wie das die Natur nun einmal vorsieht. Altmodisch, wie ich bin, finde ich das auch schön. Konventionell, wie ich bin, finde ich auch, daß sexuelle Belästigungen und Übergriffe konsequent und streng bestraft werden müssen. Und ich finde auch, daß das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Und ich denke auch, daß der natürliche Anstand jedenfalls die allermeisten Männer davon abhält, sich unangemessen oder sogar beleidigend gegenüber Frauen zu verhalten. Man weiß im Allgemeinen doch, was sich gehört und was nicht.

Wenn man allerdings diese Hysterie über den angeblich verbreiteten Sexismus in der Gesellschaft ernst nimmt, dann muß man ja auch über Abhilfe nachdenken. Weil man nun einmal Männer nicht mittels politisch korrekter Erziehung zu Eunuchen machen kann, bleibt doch nur noch übrig, sie auf anderem Wege daran zu hindern, sündhafte Gedanken überhaupt erst zu entwickeln. Die Objekte der Begierde müssen also verhüllt werden. Sollen sich doch die Holden in Burka oder Niqab hüllen. Dann laufen sie garantiert nicht mehr Gefahr, lüsterne Blicke ertragen zu müssen oder gar sexistische Sprüche anhören zu müssen wie: „Sie sehen heute aber wieder hinreißend aus!“ Nach dem nicht zu erwarten ist, daß unsere vom Machogehabe und Sexismus gequälten Damen zur Vollverschleierung greifen und die Modeindustrie komplett in die Insolvenz treiben werden, wird es wohl bei der virtuellen Verhüllung, der Gedankenburka gewissermaßen, bleiben. Sauertöpfisch und miesepetrig wandeln sie durch die Fußgängerzonen und Büroflure, mit giftigen Blicken jedem Mann begegnend, der sie auch nur anzuschauen wagt. Schöne neue Welt!

Merkwürdig nur, daß von weiblichem Sexismus nie die Rede ist. Uns Männer stört es tatsächlich nicht, daß die Damen bei Junggesellinnenabschieden gerne auch mal begeistert zuschauen, wenn sich die Chippendales entblättern und im Fußballstadion anerkennende Kommentare von sich geben, wenn die Jungs auf dem Rasen beim Torjubel ihr Trikot ausziehen und ihre muskulösen Oberkörper präsentieren. Als seinerzeit Margot Werner mit „So ein Mann, so ein Mann, der zieht mich unwahrscheinlich an!“ die Hitparaden stürmte, hat sich niemand aufgeregt. Man fand es lustig. Hätte sie mir etwa auf den Fingern nachgepfiffen, wie sie das in ihrem Lied als ihre Gewohnheit schilderte, so hätte ich mich garantiert nicht sexistisch belästigt gefühlt. Doch ist vielleicht nicht nur grammatikalisch Humor männlich und Hysterie weiblich.

Wenn zwei das gleiche tun….

Die öffentliche Erregung ließ schon nichts Gutes ahnen. Albrecht Glaser, von seiner Fraktion für das Amt eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages vorgeschlagen, wurde prompt mit einem Zitat aus einer im Frühjahr gehaltenen Rede konfrontiert. Angesichts des Verhaltens islamischer Staaten und nicht weniger Muslime in Deutschland hatte er gesagt: „Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muß man das Grundrecht entziehen.“ Den letzten Satz mag man für eine harte Forderung halten. Bezieht man sie jedoch nur auf Menschen, die ihrerseits die Religionsfreiheit anderer nicht respektieren, wie das die voraufgegangenen Sätze nahe legen, ist das durchaus verständlich. Zwar kann man Grundrechte nicht im juristischen Sinne entziehen. Sie stehen jedoch durchaus in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.

Zur Illustration will ich folgenden Text zur Diskussion stellen: „Die mitunter hilflosen Debatten um Kopftuch tragende Bewerberinnen für das Lehramt oder die Frage, ob und wie Religionsunterricht zu geben ist, berühren einen Nerv, weil wir uns nicht entschließen können, den Weg der religionsfreundlichen Neutralität fortzusetzen, wenn wir nicht sicher sind, daß die Religionsgemeinschaften ihrerseits grundsätzlich in politischer Neutralität einen Beitrag zu den kulturellen Grundlagen der freiheitlichen Gesellschaft leisten. Naheliegend wäre insofern, die Rolle der Kirchen und religiösen Gemeinschaften bei der Erhaltung der kulturellen Grundlagen einer humanen Gesellschaft zu überdenken. Wir brauchen eine Diskussion über die Kooperationsofferten und die Bedingungen für den Islam als große, vielfältige und für die Staaten Europas überwiegend neu kennengelernte Religion. Die Leitlinie ist auch hier Neutralität, aber ebenso die Erwartung des Staates, daß die Religionsgemeinschaften ungeachtet ihrer Glaubensfreiheit und Autonomie einen Beitrag zur Pflege der kulturellen Grundlagen der freien Gesellschaft leisten. Wo das freiheitliche Wertesystem und das friedliche Zusammenleben der Menschen untereinander durch religiöse Intoleranz bekämpft werden, endet die Religionsfreiheit der westlichen Verfassungen. Staaten wie Deutschland stehen auch der Kooperation mit eigenwilligen, von der sozialen Norm abweichenden Religionsgemeinschaften offen, wenn sie sich nur selbst für eine integrierende Kooperation öffnen: Das Grundgesetz verlangt von Religionsgemeinschaften nicht vollständige Loyalität mit den weltlichen Mächten, aber eine Mindestakzeptanz der öffentlichen Werteordnung, der fundamentalen Verfassungsprinzipien, die indes nichts mit einer Gefolgschaft für den jeweiligen Zeitgeist der Republik zu tun hat. Auch hier also wirkt das Prinzip der Gegenseitigkeit. Es liegt nicht nur der ursprünglichen Alltagserfahrung zu Grunde, es ist in reicher Form kulturell veredelt worden und beherrscht deshalb nicht nur einfache Sozialbeziehungen zwischen Anwesenden, sondern auch die Architektur von Gemeinschaften und ihre Beziehungen untereinander bis hin zum Völkerrecht. Nicht nur das Handeln des Einzelnen, sondern auch das Verhalten von Gemeinschaften lassen sich nach dem Gegenseitigkeitsprinzip normativ bewerten. Wer als Einzelner oder als Gemeinschaft vom Staat eine privilegierte Rechtsstellung erstrebt, muß der staatlichen Gemeinschaft dafür etwas geben, muß sie wenigstens als Reflex seines legitimen Eigennutzes in ihrem Bestand fördern, ihr Nutzen bringen.“ *

Das schreibt Udo di Fabio, Prof. für öffentliches Recht an der Universität Bonn und von 1999-2011 Richter des Bundesverfassungsgerichts. Mit wohlgesetzten Worten und in eleganter juristischer Gedankenführung in einem Buch die Problematik der Grundrechte im Gegenseitigkeitsverhältnis darzulegen, ist eine Sache. In einer Rede oder einem Interview das Thema in gebotener Kürze anzuschneiden, ist eine andere Sache. Inhaltlich gleichen sich die Aussage des Politikers und die Ausführungen des Professors. Doch gilt auch die uralte Erkenntnis: Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht das gleiche. Im Falle Glaser, der nun einmal nach politisch korrekter Auffassung für die Partei der politischen Schmuddelkinder im deutschen Bundestag sitzt, wird die böswilligste Auslegung des Zitats gefunden, um ihn zur politischen persona non grata zu machen, die man selbstverständlich nicht mit dem ehrenvollen Amt eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages betrauen darf. Im Falle des Rechtslehrers und ehemaligen Verfassungsrichters Di Fabio indessen handelt es sich selbstverständlich um eine seriöse und zutreffende Interpretation des Grundgesetzes, was ja auch tatsächlich so ist. Doch darüber mag sich jeder seine eigene Meinung bilden. Schließlich steht über dieser Website „sapere aude!“

*Udo di Fabio, Die Kultur der Dreiheit, Verlag C:H:BeckMünchen 2005, S. 174 f.

Hitler reloaded?

Drei Tage nach der Bundestagswahl muß der unbefangene Betrachter den Eindruck gewinnen, daß die Deutschen verrückt geworden sind. Gut 12 % haben die AfD gewählt. Fast 100 % der übrigen Politiker und der Journalisten laufen seither verbal Amok. Das begann schon am Wahlabend. Ob der geäußerten Besorgnisse, die sich bei manchen ins Panische gesteigert hatte, öffnete ich das Fenster, nicht der frischen Luft wegen, sondern um in die Nacht hinaus zu horchen. Doch es war still. Kein Marschtritt der SA-Kolonnen, kein Horst Wessel Lied, nicht einmal ein Fackelzug von jungen Männern in Springerstiefeln und schwarzen Bomberjacken. Nichts. Die Nazis, die doch angeblich drauf und dran waren, die Macht an sich zu reißen, sie hatten ihren Sieg offenbar verschlafen.

Haben wir Bürger vielleicht nicht mitbekommen, was da wirklich abläuft? Sind unsere Politiker tatsächlich klüger und wissen mehr als wir? Denn was da ins Parlament eingezogen ist, und zwar mit mehr als 90 Abgeordneten, das ist doch der „Bodensatz“ (Ministerpräsident Kretzschmar), das ist das „Pack“ (Außenminister Gabriel), das ist nach der Erkenntnis des SPD-Vorstandsmitgliedes Stegner die „rechtsextreme AfD Bande“, wahlweise auch handelt es sich um  die „AfD-Idioten“, und das ist eine „Schande für Deutschland“ (Martin Schulz, SPD-Vorsitzender), oder, um sich auch sprachlich proletarisch , tatsächlich aber proletenhaft zu geben,“ein Haufen rechtsradikaler Arschlöcher“ (Johannes Kahrs, SPD) bar jeder hanseatischen Zurückhaltung.

Der SPIEGEL, dieses selbsternannte Sturmgeschütz der Demokratie, fährt einen Sondereinsatz, pardon, erscheint mit einer Sonderausgabe zur Wahl, dessen Titelbild die Apokalypse suggeriert. Die Spitzenkandidaten Gauland und Weidel, darunter Merkel mit angewidertem Gesichtsausdruck, das ganze in einer Farbe wie von blau-weißem Halogenlicht angestrahlt. Unheil dräuend zieht die neue Zeit herauf, so künden die Hellseher aus dem Spiegel-Hochhaus.

Tatsächlich ist doch nichts anderes geschehen, als daß eine Partei in den Bundestag eingezogen ist, die schlicht und einfach die von den Unionsparteien jahrelang vernachlässigten, ja sogar ignorierten national-konservativen Wähler angesprochen hat. Sie hat vor allem die abenteuerliche Flüchtlingspolitik, aber auch andere Eigenmächtigkeiten der Kanzlerin wie die überstürzte Energiewende, die diversen Griechenland- und Eurorettungs Beschlüsse sowie die für konservative Wähler nicht vermittelbaren Entscheidungen wie die absurde „Ehe für alle“ oder die faktische Abschaffung der Wehrpflicht thematisiert. Was ihre Gegner ihr vorwerfen, etwa Demokratiefeindlichkeit, „Rassismus“, Europafeindlichkeit, Antisemitismus, das ist weder in ihrem Programm, noch in den Aussagen ihrer Spitzenpolitiker zu finden. Dem hysterischen Gezeter der deutschen Politiker und Journalisten – oder sollte man mit Peter Scholl-Latour besser von Skribenten sprechen – wollen wir einfach Stimmen aus dem Ausland gegenüberstellen:

„Israel Hajom“ (Israel): „Die AfD ist eine konservativ-nationale Protestpartei, welche erfolgreich den ansteigenden Ärger und die Empörung in verschiedenen Teilen der Gesellschaft in Deutschland für sich genutzt hat, die durch Masseneinwanderung ausgelöst wurden; durch Terrorismus, Kriminalität und Gewalt, die mit der Ankunft der muslimischen ‚Flüchtlinge‘ verbunden wurde; durch ihren Unwillen, weiter die Rechnung für scheiternde EU-Volkswirtschaften zu bezahlen, um diese zu stützen.“

„Lidove noviny“ (Tschechien): „Das ist die Strafe für die bisherige Regierungsarbeit und für das Experiment, die Grenzen zu öffnen und Deutschland zum ‚Licht für die Völker‘ zu machen. Um so mehr die Kritiker als Populisten und Extremisten verschrien wurden, desto mehr konnten sie bei den Wählern zulegen.“

„Der Standard“ (Österreich): „Wer jetzt noch glaubt, er könne weitermachen wie bisher, dem ist nicht zu helfen. Das gilt insbesondere für Merkel und Schulz. Beide haben im Wahlkampf nicht hingesehen oder das Ausmaß des Frustes nicht begriffen.“

Tatsächlich hat die AfD nur erkannt und dann auch ihren Wahlaussagen zu Grunde gelegt, was in Deutschland und im übrigen Europa, jedenfalls soweit es von der Migrationswelle in ähnlichem Ausmaß betroffen ist, wie Deutschland, außerhalb des politisch-medialen Milieus gefühlt und gedacht wird. Joachim Lottmann hat das im „Cicero“ recht gut umrissen: „Was sind nun die Widersprüche der Migrantenfrage? Es ist die nach dem Dritten Reich geradezu religiöse Gewißheit, daß es keine feindlichen Kulturen gebe. Alle Kulturen seien freundlich und gut, natürlich auch und gerade solche anderer Religionen. Die einfachen Leute wissen es leider besser. Auch Ideologien sind Kultur, und zwar in aller Regel feindlich gesinnte. Der Nationalsozialismus war feindlich und aggressiv gegen jede andere Weltsicht, und der zunehmend konservative Islam des 21. Jahrhunderts ist es auch. Das muß kein AfD-Hetzer behaupten, ein Blick in die Fernsehnachrichten genügt. Aus einer nur tiefenpsychologisch erklärbaren ständigen Verwechslung der beiden größten Gegensätze, nämlich Kultur und Rasse, erfolgt ein innerliches Verbot der Kulturkritik. Das haben wir alle. Jedenfalls alle, die noch alle Tassen im Schrank haben. Wer Kultur sagt, meint angeblich Rasse. Wer Islam sagt, meint angeblich Araber. Wer die Ideologie des Islam kritisiert, will angeblich und in Wirklichkeit die Araber als minderwertige Rasse beschreiben. So geht die falsche Logik unseres Mißverständnisses. In der Folge darf kein Politiker, der nicht medial geächtet werden will, etwas gegen Muslime sagen.“ Anzumerken bleibt nur, daß Lottmann AfD-Hetzer schon in Anführungszeichen hätte setzen müssen, zum einen der Wahrheit wegen, und zum anderen, um seinen Aussagen wirklich Stringenz zu verleihen.

Doch wir werden in den nächsten Wochen und Monaten erleben, daß die Wut der politisch-medialen Klasse in diesem Lande sich ins unermessliche steigern wird. Das Vokabular führender Politiker, wie oben zitiert, läßt gar keine andere Erwartung mehr zu. Schon jetzt ist zu erwarten, daß man zu den absurdesten und lächerlichsten Ausgrenzungsmaßnahmen im Bundestag greifen wird.  Die Verweigerung des Amtes eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages wird dabei nur der Auftakt sein. Wer ein wenig die jüngste Geschichte kennt, der weiß ja, wie man seinerzeit mit den zwar bizarr auftretenden, aber doch gewählten Grünen umgegangen ist, ebenso mit der in der Wolle gefärbten SED, die als PDS aber in den Bundestag gewählt worden war. Bis hier Normalität eingekehrt ist, hat es mehrere Legislaturperioden gebraucht. Der AfD muß prophezeit werden, daß es ihr noch schlimmer ergehen wird. Denn bei Grünen und Linken handelte sich es ja nur um die Schmuddelkinder derselben Familie, die auf dem Wege des Fortschritts wandelte, Liberté, Egalité, Fraternité auf ihren Bannern trug und an die historische Gesetzmäßigkeit der Entwicklung vom Feudalismus zum Sozialismus unbeirrbar glaubte. Da verzeiht man schon mal, wenn einer aus der Reihe tanzt, wenn es denn nur in die richtige Richtung geht. Die AfD indessen wird den Deutschen als Wiedergeburt des Nationalsozialismus verkauft, weil man nicht mit Aussicht auf Erfolg konservative Politiker als Ausgeburt der Hölle darstellen kann. Denn auch die Umkehr zu einer mehr bürgerlich-konservativen Politik, auch eine Ablehnung allzu bunter europäischer Blütenträume, wird schon als Abfall vom linken Glauben verfolgt und ist deswegen mit Stumpf und Stiel auszurotten.

In solchen Zeiten treten stets auch Quislinge auf den Plan. Nicht nur daß das politische Piratenpärchen Petry und Pretzell aus durchsichtigen Gründen an der Legende von der untergründigen Nazifizierung der AfD strickt, es hat sich nun ein Gefolgsmann aus der Fraktion in ihr Lager begeben und ebenfalls von mangelnder Distanzierung der Parteiführung von Figuren wie Höcke gefaselt. Daß die Parteiführung, auch als ihr Frau Petry noch angehörte, ein Parteiausschlussverfahren gegen diesen Höcke eingeleitet hat, sie selbst aber noch im Frühjahr dieses Jahres ohne Absprache mit dem übrigen Vorstand Frau Le Pen und Herrn Wilders zu einer Großveranstaltung der europäischen Rechten eingeladen hat, spielt dabei offenbar keine Rolle. Und daß Pretzell auf dem Spaltungsparteitag in Essen 2015 das Parteivolk mit der Aussage vom Rednerpult „Wir sind die Pegida-Partei!“ für sich einnehmen wollte, paßt natürlich auch nicht zur Attitüde des Demokraten, der rechtzeitig den Weg zurück in die Bürgerlichkeit gefunden haben will. Doch dergleichen Scharaden werden wir sicher noch mehr erleben. Denn für das juste milieu dieses Landes gilt es einfach zu verhindern, daß die Geschichte zurückgedreht wird. Und da ist offenbar jedes Mittel recht. Doch gerade weil das mit einem solchen Furioso geschieht, und in den schrillsten Tönen aus den Lautsprechern tönt, werden die von Joachim Lottmann apostrophierten kleinen Leute auf der Straße wirklich aufmerksam werden und feststellen, daß es sich um falschen Alarm handelt. Denn Nazis sind weit und breit nicht zu sehen. Den politischen und medialen Veitstänzern ist zu wünschen, daß sich ihre schrille Kampagne gegen sie selbst kehren wird.

 

Ihr seid mer ja scheene Demogradn!

Ob König Friedrich August III. diesen Satz 1920 seinen ehemaligen Untertanen zugerufen hat, um damit sein Erstaunen über den überaus freundlichen Empfang ihres ehemaligen Herrschers zum Ausdruck zu bringen, wissen wir nicht. Aber es ist eine schöne Anekdote. In ganz anderem Sinne möchte man diesen Satz den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zurufen, die erklärt haben, den von der AfD-Fraktion für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten aufgestellten Abgeordneten Albrecht Glaser nicht wählen zu wollen. Denn der Mann habe sich ja in nicht hinnehmbarer Weise über den Islam geäußert und das Grundrecht auf Religionsfreiheit in Frage gestellt.

Der Vorgang ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist es guter parlamentarischer Brauch, daß jede Fraktion im Deutschen Bundestag einen Vizepräsidenten des Parlaments stellt. Natürlich wird diese Position mittels Wahl besetzt, so daß die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig ist, damit jemand auf dem Stuhl des Vizepräsidenten Platz nehmen kann. Bisher war es auch immer so, daß die jeweiligen Fraktionen eines ihrer Mitglieder zur Wahl durch das Hohe Haus aufgestellt haben, und diese Person dann einstimmig oder nahezu einstimmig gewählt worden ist. Die zuvor von der jeweiligen Fraktion getroffene Auswahl unter ihren Mitgliedern wurde von den übrigen Fraktionen niemals in Frage gestellt. Somit ist der erste bemerkenswerte Umstand die schiere Tatsache, daß Angehörige anderer Fraktionen sich überhaupt dazu äußern, wen die Fraktion der AfD für dieses Amt nominiert. Noch unerhörter ist es, daß jedenfalls die Fraktionen der SPD, der Grünen, der Linken und auch der FDP erklärt haben, Herrn Glaser auf keinen Fall wählen zu wollen. Ein Abgeordneter der CDU soll indessen zur Besonnenheit aufgerufen haben. Das werden ihm seine Oberen mit Rücksicht auf „Jamaika“ und die Muslime wohl auch noch verbieten. Eine solche Haltung wäre nur dann verständlich, wenn dem Abgeordneten ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte, etwa in der Qualität der Straftaten, für die der frühere Abgeordnete Edathy von der SPD rechtskräftig verurteilt worden ist.

Doch weit gefehlt. Nicht der Besitz von Kinderpornos, nicht Steuerhinterziehung, nicht einmal eine Trunkenheitsfahrt wird dem Abgeordneten vorgeworfen. Nein, in den Augen seiner politisch korrekten Kollegen ist er wegen der nachstehend zitierten Äußerung nicht wählbar:

„Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muß man das Grundrecht entziehen.“ Überdies, so hat er sich weiter eingelassen, sei der Islam keine Religion, sondern eine politische Ideologie.

In der Sache ist es natürlich richtig, daß der Islam jedenfalls auch eine politische Ideologie ist, die in der Tat überall dort, wo sie die politische Macht hat, andere Religionen mindestens benachteiligt, meistens aber bedrängt und verfolgt. Hier fordert Herr Glaser nichts anderes ein, als das Prinzip der Gegenseitigkeit. Nun kann man juristisch wohl darüber trefflich streiten, in welchem Umfange die Freiheit der Religionsausübung (nicht die Religionsfreiheit) in Deutschland eingeschränkt werden kann. Zwar garantiert Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes die Freiheit der Religionsausübung. Indessen gilt das nicht schrankenlos. Schon heute gibt es Beschränkungen, man denke nur an die Fälle, in denen Gerichte das Läuten der Kirchenglocken reglementiert haben. Und es ist in Deutschland bisher jedenfalls unstrittig, daß auch religiöse Vorstellungen von Muslimen nicht uneingeschränkt ausgelebt werden können. So kann ein Muslim in Deutschland nicht mehr als eine Frau heiraten, auch wenn Koran und Scharia ihm die Mehrfach-Ehe erlauben. So kann er sich auch nicht durch bloße Verstoßung nach islamischem Ritus von seiner Ehefrau trennen mit der Folge, daß er erneut heiraten darf. Und auch wenn die deutschen Politiker nicht den Mut hatten, den archaischen und barbarischen Brauch der Beschneidung von Knaben gänzlich zu verbieten, so haben sie doch allen ihren Mut zusammen genommen, und wenigstens die übliche Knabenbeschneidung durch medizinische Laien untersagt. Auch wenn gewisse Strömungen des Islam die Vollverschleierung der Frauen anordnen, so haben sich die deutschen Politiker wenigstens getraut, diesen Mummenschanz Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu untersagen. Von solchen Köstlichkeiten des Islam, wie der Pflicht zur Tötung vom Glauben abgefallener oder dem religiösen Gesetz, das eine Muslimin keinen „Ungläubigen“ heiraten darf, einmal ganz abgesehen, denn dies ist mit der öffentlichen Ordnung in Deutschland nicht vereinbar. in meinem Blog vom 10.8.2017 „Darf man vor dem Islam warnen?“ habe ich zu dem Thema ausführlich Stellung genommen.

Es ist doch ganz offensichtlich, daß die Äußerungen des Abgeordneten Glaser nicht einmal den Anfangsverdacht einer Straftat begründen, und er wird auch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Was bleibt, ist nur, daß der Abgeordnete eine Meinung vertritt, die von den meisten seiner Kollegen im Deutschen Bundestag nicht geteilt wird, ja, die ihnen ausgesprochen quer liegt. Aber genau das ist doch der Normalfall in der Demokratie. Ihr konstituierendes Grundrecht ist die Meinungsfreiheit. Von der Mehrheit abweichende Meinungen dürfen nicht unterdrückt, sondern müssen diskutiert werden. Die Demokratie lebt davon, daß über Meinungen gestritten wird, ein Konsens gefunden wird oder die Mehrheit die Minderheit überstimmt. Die Demokratie stirbt, wenn Meinungen nicht geäußert werden dürfen. Wenn man jedoch hört, was die Vertreter der etablierten Parteien in den letzten Wochen so alles von sich gegeben haben, dann muß man den Eindruck haben, ihre Vorstellung von Demokratie finde ihr Ideal im Parlament von Nordkorea. Das sind mir in der Tat schöne Demokraten.

 

Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Der massenhafte Missbrauch des Asylrechts und der Genfer Flüchtlingskonvention kostet den Steuerzahler viele, viele Millionen Euro jährlich. Daß ein Teil dieses Betrages auch in die Taschen besonders bemerkenswerter Anwälte fließt, ist nicht so allgemein bekannt. Was da tatsächlich abläuft, läßt sich anhand der nachstehend zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur erahnen. Vorweg bemerke ich, daß selbstverständlich jeder in Deutschland, auch derjenige, der in Deutschland den Status des Kriegsflüchtlings oder des Asylberechtigten auf dem Verwaltungsrechtsweg begehrt, einen Anspruch auf Entscheidung nach Recht und Gesetz und selbstverständlich auch auf Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts hat. Ist er mittellos, steht ihm natürlich auch die staatliche Prozeßkostenhilfe zur Verfügung. Das Anwaltshonorar ebenso wie die Gerichtskosten zahlt dann der Steuerzahler.

Zwischenzeitlich gibt es bereits den Fachanwalt für Migrationsrecht. Das liegt daran, daß einerseits die Gesetze, Rechtsvorschriften und darauf fußende Rechtsprechung so kompliziert und unübersichtlich geworden sind, daß in der Tat nur noch Spezialisten die Materie beherrschen können. Die Verwaltungsgerichte sind mit Rechtsstreitigkeiten auf diesem Gebiet überlastet, und zwar für Jahre, wie wir leider häufig von Gerichtspräsidenten vernehmen müssen. Gewisse Organisationen, die sich mit anmaßenden Bezeichnungen wie etwa „bayerischer Flüchtlingsrat“ schmücken und damit eine gewisse Seriosität vorspiegeln, aber auch die üblichen Verdächtigen aus dem politischen und vorpolitischen Raum streben ganz offen an, auch auf dem Rechtsweg so viele Einwanderer wie möglich, ob zu Recht oder zu Unrecht ( „legal, illegal, scheißegal“) auf Dauer in unserem Land sesshaft zu machen, selbstverständlich staatlich alimentiert. Diesem politischen Ziel haben sich natürlich auch nicht wenige Juristen mit Anwaltszulassung verschrieben. Sie können dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen das politische Ziel des linksgrünen Milieus, möglichst viele Einwanderer aus Afrika und dem Orient zwecks Herausbildung der multikulturellen Gesellschaft im Lande zu halten. Zum anderen kann damit ordentlich Geld verdient werden, denn die luxussanierte Altbauwohnung nebst mit Bordeaux und Chablis gefülltem Weinkeller müssen ja finanziert werden. Vertritt man finanziell gut gestellte Mandanten, die es auch unter den sogenannten Flüchtlingen durchaus gibt (wir wollen lieber nicht fragen, wo das Geld herkommt), dann ist pro Fall schon ein Honorar in der Größenordnung von 1.800,00 € netto fällig, und wenn der Mandant wirklich oder angeblich arm ist, die Hälfte. Vertritt man als Spezialist oder in einschlägigen Kreisen bekannter „Geheimtipp“ jährlich Hunderte solcher Mandanten, was bei solchen Massengeschäften ohne weiteres gehandhabt werden kann, dann ist der Lebensstandard gesichert. Da schreckt man dann auch vor Machenschaften nicht zurück, die zum Beispiel mir als seit über 40 Jahren bei den Gerichten tätigem Anwalt die Zornesader auf der Stirn anschwellen lassen.

Schauen wir uns den Sachverhalt an, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 14. September 2017 zu beurteilen hatte:

„Der am 31. Dezember 1992 geborene Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 5. August 2011 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. August 2011 einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. Februar 2013 ab. Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab; das Urteil ist seit dem 9. August 2013 rechtskräftig. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik wurde der Antragsteller wegen Diebstahls und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von insgesamt 70 Tagessätzen verurteilt. Am 10. März 2014 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, der mit Bescheid vom 16. Februar 2017 abgelehnt wurde. Er erhob hiergegen Klage, über die noch nicht entschieden ist. Am 31. März 2017 heiratete er nach islamischem Ritus eine deutsche Staatsangehörige; eine standesamtliche Trauung hat nicht stattgefunden. Die Ausländerbehörde hat am 6. und 8. September 2017 erfolglos versucht, den Antragsteller in Abschiebehaft zu nehmen. Der Antragsteller hat am 11. September 2017 bei dem Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verpflichten, die an die Ausländerbehörde ergangene Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG zu widerrufen…… Die Ankündigung der Bundesregierung, am 12. September 2017 ausschließlich Straftäter abschieben zu wollen, werde die Gefahr einer Verfolgung sowohl durch staatliche Behörden als auch durch die Taliban massiv erhöhen…… Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 11. September 2017 abgelehnt und den Beschluß dem Bevollmächtigten des Antragstellers an demselben Tag gegen 18:00 Uhr zugestellt……. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 12. September 2017 zwischen 15:20 Uhr und 18:45 Uhr an das Bundesverfassungsgericht per Fax einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit zahlreichen Anlagen (etwa 470 Seiten) übermittelt; allerdings waren weder der Bescheid vom 28. Februar 2013 (Asylerstverfahren) noch derjenige vom 16. Februar 2017 (Folgeverfahren) beigefügt. Eine Abschiebung stehe unmittelbar, noch am 12. September 2017, bevor…. Tatsächlich war der Antragsteller bereits am Morgen des 12. September 2017 untergetaucht. Sein Anwalt wußte das auch, als er den Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichte.“

Das Bundesverfassungsgericht hat bei dieser Sachlage natürlich den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Antragsteller weiterhin den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, zurückgewiesen. Bemerkenswert ist allerdings, daß das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, dem Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers eine Mißbrauchsgebühr aufzuerlegen, und zwar im gesetzlichen Höchstmaß von 2.600,00 €. Das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, daß ein solcher Missbrauch seiner Arbeitskraft natürlich die Entscheidung anderer Verfahren, in denen die Parteien in der Tat ein zumindest nachvollziehbares Interesse daran haben, daß ihr Anliegen vom höchsten deutschen Gericht behandelt und entschieden wird, verzögert. Dem Gericht wurde ja wirklich angesonnen, am frühen Abend des 12. September 2017 sich durch Hunderte von Seiten einer Antragsschrift mit Anlagen durchzuarbeiten und dann – möglichst im Sinne des Antragstellers – zu entscheiden. Daß jene Zierde der Anwaltschaft – das Wort Kollege möchte ich hier wirklich nicht in den Mund nehmen – das Gericht mit diesem Fall blockierte, obgleich er wußte, daß es einer Entscheidung schon deswegen nicht mehr bedurfte, weil sein Mandant untergetaucht war, ist ein Beispiel für die Verwilderung der Sitten auch in der Anwaltschaft. Man läßt sich politisch instrumentalisieren, ist vielleicht sogar „Überzeugungstäter“, und kassiert dabei ordentlich ab. Pfui Deibel!

Das eigentliche Problem ist natürlich der mangelnde politische Wille, diesen Saustall auszumisten. Herkules konnte ja den Augiasstall auch nur deswegen ausmisten, weil ihm weder Politiker noch Gesetze im Wege standen. Das ist natürlich heute auch keine Lösung, auch wenn man angesichts dieses Falles schon mal sagen könnte: leider.

 

 

Kampagnenjournalismus

Der Bundestagswahlkampf erreicht seinen Höhepunkt. In der letzten Woche vor dem Tag, da die Wähler sich nun final entscheiden und mittels Stimmzettel ihr zentrales demokratisches Recht ausüben, in dieser Woche muß möglichst noch der letzte unwillige, unentschlossene, vielleicht auch uninteressierte Wähler (m/w, versteht sich) überzeugt werden zu wählen, natürlich „richtig“. Da will der erprobte Meinungsmacher keine Chance auslassen, die Leute vom Guten, Wahren und Schönen zu überzeugen und vor der Herrschaft des Satans zu warnen, die doch heraufziehen könnte, weil der Dummlack an der Wahlurne gar nicht begreift, was da in Deutschland abläuft. Und so wird dann gelogen und verleumdet, was das Zeug hält, denn der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. Ein besonders häßliches Beispiel dafür konnten die Nürnberger heute morgen beim Frühstück lesen. Das hat mich dann veranlaßt, der Redaktion dieser Postille folgendes ins Stammbuch zu schreiben:

„Der Kommentar von Wolfgang Schmieg kann als Musterbeispiel für Kampangnenjournalismus angesehen werden. Jedenfalls trifft diese Bewertung auf seine Ausführungen zur AfD zu. Ist schon die Charakterisierung als „Sammelsurium aus konservativen, nationalistischen und völkischen Elementen“ grenzwertig und polemisch, so sind die nächsten Zeilen nur noch als Hetze zu qualifizieren. Denn daß der Einzug dieser Partei in den Bundestag „den demokratischen Kern des Parlaments vor eine harte Probe stellen“ soll, ist in zweierlei Hinsicht verleumderisch. Zum einen, und das hat Herr Schmieg in seinem furor wohl gar nicht bemerkt, insinuiert er damit, nur der Kern, aber nicht die Masse der Abgeordneten sei demokratisch gesinnt. Jedenfalls kann das denknotwendig nicht anders verstanden werden. Und zum zweiten heißt das natürlich, die AfD sei keine demokratische Partei, wobei man schon fragen muß, ob es um die demokratische Gesinnung der Mitglieder oder die demokratische Wahl der Partei geht. Natürlich soll der Leser glauben, es mangele den Mitgliedern dieser Partei an demokratischer Überzeugung. Worauf dieses Urteil gegründet werden könnte, verschweigt er wohlweislich, denn weder das Partei- noch das Wahlprogramm geben dafür einen Anhaltspunkt. Die Hetze wird dann weiter verschärft mit persönlicher Verächtlichmachung von führenden Politikern der Partei, wenn es heißt, daß künftig zum Alltag der parlamentarischen Arbeit „die direkte Konfrontation mit unappetitlichen Figuren wie Gauland und Storch“ gehören werde. Das ist sprachlich unter der Gürtellinie und findet sein historisches Vorbild da, wo der Verfasser diese Partei und ihre Repräsentanten in verleumderische Absicht verorten will. Die Einstufung als „rechtsextrem“ schließlich ist entweder die bewußte Steigerung der Verleumdung oder der Ausweis mangelnder politischer Bildung, was man dem ehemaligen Chefredakteur einer deutschen Tageszeitung eigentlich kaum unterstellen kann. Denn im Unterschied zu „rechts“, was ein bloß relativer politischer Begriff ist, weil es zum Beispiel auch innerhalb der SPD einen „rechten“ Flügel gibt (Seeheimer Kreis), „rechtsradikal“, was als gerade noch innerhalb des Verfassungsbogens verordnet wird, weil es an der aktiv-kämpferischen Gesinnung gegen den demokratischen Rechtsstaat fehlt, ist  „rechtsextrem“ die gängige Bezeichnung für eine politische Gesinnung, die den demokratischen Rechtsstaat abschaffen will und daran mit allen Mitteln arbeitet. Das ruft zwingend die Verfassungsschutzbehörden auf den Plan, die jedoch ausdrücklich erklärt haben, es bestehe kein Anlaß, diese Partei auch nur zu beobachten. Mir ist auch nicht bekannt, daß irgend ein Inhaber eines Lehrstuhls für Politische Wissenschaften an einer deutschen Universität die AfD so einstufen würde. Wenn also ein Journalist wie Herr Schmieg jemanden als „rechtsextrem“ bezeichnet, dann ist die verleumderische Absicht zu unterstellen nach dem alten Grundsatz: „Audacter calumniare, semper aliquid haeret!“ Oder aber auch auf dieser journalistischen Höhe kuschelt man sich im Kokon der Unkenntnis ein, warm umspült vom mainstream der political correctness, im Wohlgefühl der Gewißheit, zur übergroßen Mehrheit der Medienschaffenden, Künstler, Geistlichen und Intellektuellen bzw. derjenigen, die sich für solche halten, zu gehören. Ein Verlag, der sich nicht entblödet, Anzeigen aller politischen Parteien zu veröffentlichen, solche der AfD jedoch unter Hinweis auf seine politische Linie abzulehnen, ist natürlich das Mistbeet, in dem solcher Kampangnenjournalismus wächst und gedeiht.“

Soweit der zitierte Brief. Solcher Kampangnenjournalismus ist nicht besser als das Pöbeln und Herumschreien von wohlwollend „Wutbürgern“ genannten Leuten, die sich schlichtweg nicht benehmen können. Ihnen kann man nur raten, die Klappe zu halten, wenn sie nicht imstande sind, sich auszudrücken wie ein kultivierter Mensch, auch wenn man den politischen Gegner hart ins Gebet nehmen will. Wenn solche Leute indessen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, dann ist das ihr demokratisches Recht, ja ihre demokratische Pflicht. Und dabei können sie auch, weil sie ja nur zwei Kreuzchen machen, sprachlich nicht ins sprichwörtliche Klo greifen. Das unterscheidet sie dann auch von Skribenten wie dem oben vorgestellten Herrn Schmieg.

Das Entsorgungsproblem

Der Aufreger der Woche scheint die Äußerung Alexander Gaulands zu sein, man könne Aydan Özoguz nach Anatolien entsorgen, nachdem sie sich in der Thüringer Provinz davon überzeugt habe, daß es doch etwas spezifisch Deutsches außer der Sprache gebe. In meinem letzten Beitrag über die Sendung von Frank Plasberg und sein peinliches Tribunal über eben diesen Vorgang habe ich schon meine Verwunderung darüber ausgedrückt, daß man diese Formulierung zwar Herrn Gauland vorhält, nicht jedoch anderen. So zum Beispiel dem von Gauland zitierten SPD-Politiker, der Frau Merkel entsorgen wollte.

Nun hat ja der iudex maximus des deutschen Strafrechts Thomas Fischer gewissermaßen ex cathedra verkündet, bei dieser Äußerung von Herrn Gauland handle es sich um Volksverhetzung. Er soll bereits dieserhalb Strafanzeige erstattet haben. Denn es muß ja erst einmal ein Strafverfahren geführt werden, an dessen Ende er zu seinem Leidwesen nicht mehr als oberster Richter die Verdammung des Angeklagten zu schwerem Kerker für mindestens zehn Jahre verfügen kann, bevor feststeht, daß es sich um eine Straftat gehandelt hat. Auch soll bereits irgendwo in unserem schönen Land eine Staatsanwaltschaft prüfen, inwieweit hier eine Straftat vorliegt.

Wenn der Großmeister des Strafrechts einen Vorgang öffentlich subsumiert und zur Straftat erklärt, dann reizt es mich als einen aus dem juristischen Fußvolk, darüber juristische Überlegungen anzustellen. Nun beginnt die Arbeit des Juristen am Sachverhalt, wie man als Referendar gelernt hat. Für unseren „Fall“ heißt das, daß wir zunächst einmal den Sprachgebrauch daraufhin zu überprüfen haben, was denn das eigentlich heißt. Wer seinen eigenen Sprachkenntnissen nicht so ganz traut, schaut ja im Duden nach. Unter dem Eintrag „entsorgen“ finden sich da zwei Definitionen, nämlich: 1.“ von Müll, Abfallstoffen befreien“ und 2. „(Abfallstoffe) beseitigen“. Würden wir es dabei belassen, dann könnte man in der Tat die Verwendung dieses Begriffes auf einen Menschen als rechtlich zumindest problematisch ansehen und in die Prüfung eintreten, ob § 130 StGB – Volksverhetzung – vorliegen könnte. Indessen kann man es dabei nicht bewenden lassen, sondern muß untersuchen, in welchem Kontext diese Vokabel umgangssprachlich, vielleicht sogar auch hochsprachlich benutzt wird. Letzteres, weil man ja Politikern und Medien unterstellen muß, sich für gewöhnlich beruflich der Hochsprache zu bedienen. Da hilft ein Blick in die Medien weiter.

Spiegel Online am 4.4.2015, Überschrift „Korrupte Politiker werden entsorgt“. Im Text weiter: „Natürlich gibt es korrupte Abgeordnete und Lobbyisten, aber die halten sich meist nicht lange in Brüssel und werden entsorgt.“ wird da ein Lobbyist zitiert.

Welt 4.2.2015: Überschrift „Wenn Flachpfeifen in der Wirtschaft entsorgt werden“, Autor: Hans Zippert. „So konnte die FDP drei ihrer erfahrensten Flachpfeifen verklappen“. Naja, das Entsorgen von Altöl oder sonstigem Giftmüll auf hoher See nennt man verklappen. Und weiter: „Eigentlich ist es aber für die Parteien ein Segen, ausgebrannte oder unfähige Mitglieder diskret in der Wirtschaft entsorgen zu dürfen.“

Süddeutsche Zeitung 17.10.2010: Überschrift „Entsorgt in Brüssel“, Autor Martin Winter. „So trägt Oettingers Ernennung die klassischen Züge Merkel’scher Problementsorgung.“

Spiegel Online, 9.9.2014. Autor Christian Rickens. „Der polnische Ministerpräsident gibt sein Amt auf, um nach Brüssel zu wechseln. In Deutschland wäre so ein Schritt undenkbar. Wir entsorgen in der EU lieber unsere politische B-Prominenz.“ Es ging damals um den Wechsel des seinerzeitigen polnischen Ministerpräsidenten nach Brüssel als Ratsvorsitzender.

FOCUS Online 29. 7. 2002. Autor Michael Hilbig. „In Schröder-Manier haben die Grünen ihre Skandalfigur ruck, zuck entsorgt.“ Es ging dabei, mancher erinnert sich noch, um Cem Özdemir und seine Bonusmeilen, gerne auch an friends and family verteilt und seinen Kredit vom Rüstungslobbyisten.

FAZ Online 30.4.2014, Autor Peter Carstens: „Pädophiler LKA-Beamter – sanft entsorgt.“ Ein Bericht in der Edathy – Affäre, der aufzeigte, daß das Pädophilen-Milieu bis in die Reihen der Polizei reichen kann.

n-tv 18.12.2014, Bericht von Christian Rothenberg zur Edathy-Affäre. „Zurück bleibt das Bild einer Partei, die einen ihrer Genossen notfalls ohne Skrupel entsorgt.“

Report Mainz, 4.5.2009, Autor Ulrich Neumann. In diesem Artikel werden gleich alle entsorgt – Schröder, Steinmeier, Müntefering, und zwar in der Art „wie die Bayern den Klinsi“. Stoiber, Kohl und Merz hat die Merkel entsorgt. Die Grünen wollen gerne die Künast und den Trittin entsorgen und die ganze FDP gleich mit usw.

Der Tagesspiegel vom 12.11.2012: Siegmar Gabriel wird zitiert: „Es gebe jetzt das gemeinsame Ziel von SPD und Grünen, nicht nur die Regierung Merkel abzulösen, sondern rückstandsfrei zu entsorgen.“ Rückstandsfrei, das deutet nun auf Problemmüll hin. Auf das Bundeskabinett angewendet, sicherlich starker Tobak.

Wir sehen also, daß jedenfalls im politischen Sprachgebrauch fleißig entsorgt wird, und zwar nicht Müll aller Art, sondern Menschen. Ja, auch wenn es manchmal schwer fällt zu glauben: Politiker sind Menschen. Und beim entsorgen sind alle munter dabei, ob das „Sturmgeschütz der Demokratie“, wie sich der Spiegel gerne nennen ließ, als seine Leser noch wußten, was ein Sturmgeschütz ist. Oder ob es der Süddeutsche Beobachter, pardon, die Prantlhausener Nachrichten sind, ob hinter dem Blatt immer ein kluger Kopf steckt, wie die FAZ jahrzehntelang ganz unbescheiden für sich warb. Ob es die Volksbildungsanstalt öffentlich-rechtliches Fernsehen ist: Politiker werden entsorgt, sprachlich jedenfalls, wenn sachlich nichts anderes geschieht, als die Ablösung von ihren Ämtern.

Die philologische Prüfung der Vokabel ergibt also, daß sie ersichtlich zwei Bedeutungen hat. Zum einen die, welche der Duden zutreffend beschreibt. Da geht es eben um die Entsorgung von Abfall. Aber sie hat eine weitere Bedeutung. Sie wird offensichtlich metaphorisch benutzt, wenn Politiker und Journalisten einen Sachverhalt sprachlich aufpeppen wollen. Es will sich ja niemand nachsagen lassen, langweilig daherzureden oder zu schreiben. Somit komme ich in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, daß der Sprachgebrauch des Herrn Gauland betreffend Frau Özoguz sich im Rahmen des üblichen bewegt. Politik und Medien benutzen die Vokabel nun einmal metaphorisch. Daß dies dem iudex maximus emeritus des deutschen Strafrechts nicht aufgefallen ist, verwundert doch stark. Noch mehr, daß so kurz nach dem Verlassen des hohen Richterstuhls der juristische Scharfsinn des Großmeisters so nachgelassen hat. Daß Herrn Plasberg das nicht aufgefallen ist, wollen wir mal damit erklären, daß er von der Juristerei nichts versteht. Aber er hätte ja mal einen fragen können, der sich mit sowas auskennt. Doch dann hätte er ja sein politisch korrektes Tribunal nicht veranstalten können. Herr Gauland kann unbesorgt sein. Dem Tribunal des Herrn Plasberg wird kein wirkliches Tribunal nachfolgen.

Ein TV-Tribunal

„Hart aber fair“ von und mit Frank Plasberg ist eine politische Talkshow mit hohem Unterhaltungs- und wenigstens mittlerem Informationswert. Das hat sich am vergangenen Montag geändert. Vielleicht war es dem Wunsch des Moderators geschuldet, seine politische Zuverlässigkeit zu unterstreichen – schließlich verdient er sein Geld im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – die Gelegenheit zu nutzen, den eigentlich zur Diskussion von Wahlkampfthemen eingeladenen Alexander Gauland vorzuführen. Deswegen wurde das Studio kurzerhand zum Tribunal umfunktioniert. Statt die Diskussion zu beginnen, erdreistete sich der Moderator, den eingeladenen Gast erst einmal zum Thema Anstand zu befragen. Denn Gauland hatte wenige Tage zuvor auf einer Wahlkampfveranstaltung die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Frau Özoguz, hart kritisiert, weil sie öffentlich behauptet hatte, mit Ausnahme der deutschen Sprache könne Sie eine spezifisch deutsche Identität nirgends erkennen(!). Gauland gab kräftig heraus und empfahl ihr, in die thüringische Provinz zu reisen und sich umzuschauen, danach werde sie nie mehr wiederkommen, und man könne sie nach Anatolien entsorgen. Während die absolut unglaubliche Äußerung der Politikerin Özoguz, die immerhin Mitglied der deutschen Bundesregierung ist, völlig ohne Beanstandung blieb, meinte Plasberg Gauland wegen seiner Äußerung moralisch und juristisch maßregeln zu müssen. Die Verteidigung Gaulands, immerhin habe im vergangenen Wahlkampf ein SPD-Politiker danach gerufen, die deutsche Bundeskanzlerin Merkel zu entsorgen, ließ der Großinquisitor nicht gelten. Ebensowenig den Hinweis des Angeklagten, schließlich habe ein öffentlich-rechtlicher Komiker die AfD-Politikerin Weidel als Nazischlampe bezeichnet, ohne daß dies für ihn strafrechtliche Folgen gehabt habe.

Nun müssen wir in der Tat feststellen, daß die politische Kultur in Deutschland auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Auf der einen Seite können Grimassenschneider und Faxenmacher, die uns im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als Kabarettisten oder Satiriker präsentiert werden, rechtlich folgenlos Politiker und andere Zeitgenossen mit Kübeln von Schmutz überschütten und in kaum zitierfähiger Fäkalsprache gröbste Beleidigungen bundesweit verbreiten. Auf der anderen Seite zeigt man mit den Fingern auf einen Politiker, dessen Sprachgebrauch in dieser Hinsicht weit hinter dem zurückbleibt, was uns sonst so zugemutet wird. Natürlich liegt das alleine daran, daß im einen Falle im Sinne der herrschenden politischen Weltanschauung gepöbelt und gekübelt wird, was das Zeug hält, und im anderen Falle mal jemand von der Gegenseite hineingegrätscht ist. Wenn zwei das gleiche tun, ist das noch lange nicht das gleiche, wie jeder weiß. So muß man sich nur einen Augenblick vorstellen, ein konservativer Publizist oder ein Politiker der Partei des Herrn Gauland nenne etwa Frau Wagenknecht eine Kommunistenschlampe, oder etwa Frau Nahles eine Sozischlampe. Die öffentliche Entrüstung gäbe tagelang Stoff für die Medien ab. Der oder die betreffende hätte mit Sicherheit mit einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und mit großer Wahrscheinlichkeit auch mit einer Verurteilung zu rechnen. Denn hier hätte man es ja nicht mit Kunst in der Form der Satire zu tun, sondern mit einer strafbaren Äußerung. Daran zeigt sich im übrigen, wie falsch es ist, derartige Pöbeleien von Zeitgenossen, die sich als Künstler ausgeben, unter die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit zu rechnen. Ob indessen ein „rechter“ Satiriker sich in diesem Falle vor der Verfolgung durch die Strafjustiz sicher fühlen dürfte, wage ich zu bezweifeln. Denn nach der Befindlichkeit weiter Kreise in unserer Gesellschaft, die ja nun nicht ohne Einfluß auf das Denken von Juristen bleibt, ist es nicht ausgeschlossen, daß man in diesem Falle einer solchen Äußerung den Charakter der Satire und mithin der Kunst absprechen würde.

Unabhängig davon, ob man die zitierte Äußerung des Herrn Gauland für angemessen, unhöflich, unmoralisch oder Wahlkampfgetöse hält: die Umfunktionierung einer politischen Talkshow zu einer Verhandlung vor dem Tribunal der politischen Korrektheit ist eine Zumutung sowohl für den eingeladenen Gast, als auch für den Zuschauer, soweit er noch nicht politisch indoktriniert ist. Angesichts der Zusammensetzung der Diskussionsrunde konnte sich Plasberg auch sicher sein, daß sie die Funktion des Tribunals zuverlässig wahrnehmen werde. Sie war ohnehin schon nach dem Muster fünf (mit Plasberg) gegen einen zusammengestellt worden. Röttgen von der CDU und Trittin von den Grünen vertraten die etablierte Politik, für die Gaulands Partei mindestens Schmutzkonkurrenz wenn nicht gar die getarnte Wiedergeburt der NSDAP ist. Eine langjährige ARD-Korrespondentin und eine unbedarfte, aber wegen ihrer Mitgliedschaft in einer Juso Hochschulgruppe in die Riege passende 22-jährige Politologiestudentin boten im Verbund mit den erwähnten Politikern die Gewähr dafür, daß Gauland zur Schnecke gemacht werden würde. Allein, der Gast tat dem Tribunal nicht den Gefallen, als reuiger Angeklagter aufzutreten. Vielmehr wies er selbstbewußt die sachlich unhaltbaren Anschuldigungen des Gerichtspräsidenten Plasberg und seiner Richterkollegen zurück. Auch ließ er in der anschließenden Debatte über die ursprünglich auf der Tagesordnung stehenden Sachthemen keinerlei Zerknirschung erkennen.

Die Annahme liegt nicht fern, daß ein nicht unerheblicher Anteil der Fernsehzuschauer erkannt hat, welches üble Spiel da inszeniert wurde. Herrn Gauland und seiner Partei dürfte die Sendung nicht geschadet haben, eher im Gegenteil.

 

Darf man vor dem Islam warnen?

Zunächst die Fakten:

Eine Politikerin aus dem Saarland hat öffentlich erklärt, der Islam sei schlimmer als die Pest. Ferner würden Muslime immer stärker und nähmen ein immer größeres Stück von Deutschland ein. Der Sprachgebrauch legt bereits nahe, daß diese Politikerin eine andere Muttersprache als deutsch spricht. Tatsächlich handelt es sich um eine vor 35 Jahren vor dem sogenannten Gottesstaat des Ayatollah Khomeini geflüchtete Dame namens Laleh Hadjimohamadvali. Es wird berichtet, die Staatsanwaltschaft in Saarbrücken ermittle nun gegen diese Politikerin wegen des Verdachts der Volksverhetzung, § 130 StGB. Nun wird man abwarten dürfen, ob politisch korrekt erzogene Jungjuristen dieser Behörde die zitierten Äußerungen tatbestandlich dieser Vorschrift zuordnen, und dann weiter eine rechtswidrige und schuldhafte Tatbestandsverwirklichung annehmen. Letzteres dürfte dann, wenn der Tatbestand bejaht wird, ein Selbstläufer sein, denn die Politikerin gehört einer Partei an, deren namentliche Erwähnung bei politisch korrekten Zeitgenossen mindestens ein leichtes Schaudern bewirkt, bei Christdemokraten, soweit sie noch in die Kirche gehen, eine spontane Bekreuzigung auslöst und im linken Lager von SPD bis Linkspartei vom Ruf nach weiteren Finanzmitteln im „Kampf gegen Rechts“ bis zu Verbotsphantasien alle Torheiten generiert, zu denen unser politisches Personal fähig ist.

Nun wird man bei einer sorgfältigen juristischen Prüfung des Sachverhalts und der Subsumtion unter die erwähnte Strafvorschrift schnell feststellen, daß die wackere Nachwuchspolitikerin sich zwar kritisch über eine Religion geäußert hat, nicht jedoch gegen eine religiöse Gruppe zum Haß aufgestachelt oder gar zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen hat, daß sie eine religiöse Gruppe, etwa die Muslime, beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet hat. Denn die Volksverhetzung muß sich eben gegen eine abgrenzbare Gruppe von Menschen richten. Nicht erfaßt von dieser Strafvorschrift sind Institutionen als solche, wie etwa Kirchen. Noch weniger kann das auf eine Weltanschauung oder Religion als solche zutreffen. Denn das sind keine Personenmehrheiten, insbesondere keine abgrenzbaren, sondern es handelt sich dabei um Gedankengebäude und Überzeugungen. Ob allerdings am Ende die apostrophierten politisch korrekt erzogenen Jungjuristen oder gar die nicht ganz ohne Zutun der etablierten politischen Parteien in ihre Ämter gelangten Bundesrichter das gegen den Wortlaut des Gesetzes anders sehen werden, muß natürlich offen bleiben, kann allerdings beim derzeitigen Zustand unserer Gesellschaft leider nicht ganz ausgeschlossen werden.

Doch wollen wir vom Juristischen einmal Abstand nehmen und uns der Frage zuwenden, ob und inwieweit es sich bei dem Islam überhaupt um eine Religion handelt. Natürlich spielt auch das eine gewisse Rolle für die Beantwortung der Frage, ob kritische Äußerungen über den Islam überhaupt unter § 130 StGB fallen. Doch unabhängig davon scheint es mir wichtig zu sein, diese Frage zu stellen und nach einer Antwort zu suchen. Unter einer Religion dürfte wohl allgemein eine Glaubensüberzeugung verstanden werden, nicht aber ein Gedankengebäude, das mit rationalem Anspruch auftritt. Hinzu kommen muß, damit von einer Religion im landläufigen Sinne gesprochen werden kann, eine transzendentale Ausrichtung. Es muß, einfach gesagt, ums Jenseits gehen. Natürlich vor allem um Eschatologie, also die Endbestimmung des Menschen, das Leben nach dem Tod. Dieses Kriterium erfüllt auch der Islam, denn er begründet eine Heilserwartung. Der Mensch wird nach seinem irdischen Dasein in das Paradies oder in die Hölle eingehen. Indessen erschöpfen sich die Lehren des Islam keineswegs in der Eschatologie. Vielmehr legt er den Menschen auf Erden eine Vielzahl von Geboten und Verboten auf, die weit über die traditionell in allen Religionen als gottgefällig und damit die Aufnahme in den Himmel/das Paradies garantierend angesehen werden. Sie sind in Kleidungs- und Speisevorschriften, Regelungen über Erb- und Kaufrecht, Zivilprozeßordnung und das Staatswesen niedergelegt und haben keinerlei transzendentale Wertigkeit. Noch viel weniger trifft das auf die Verpflichtung zur Tötung von Abtrünnigen und Ungläubigen zu, die der Koran an vielen Stellen postuliert. Es handelt sich hier eindeutig um weltliche Gesetzgebung und Staatsorganisation. Insbesondere kennt der Islam anders als alle anderen Religionen keine Trennung von geistlicher und weltlicher Herrschaft. Vielmehr haben die Regelungen des Koran grundsätzlich den Vorrang vor staatlichen Gesetzen und internationalen Abkommen. Das beste Beispiel ist die sogenannte islamische Erklärung der Menschenrechte, die zum einen von den weltweit anerkannten Menschenrechten meilenweit zu Lasten von Freiheit und Menschenwürde abweicht, und zum anderen ausdrücklich feststellt, daß im Kollisionsfall die Regeln des Koran immer vorgehen.

Diese wenigen Überlegungen zeigen bereits, daß es sich beim Islam jedenfalls nicht nur um eine Religion handelt. Vielmehr handelt es sich zum einen um eine Religion, zum anderen um eine Staatsideologie. Man könnte bildhaft gesprochen ein Gebäude sehen, dessen gemauerte Stockwerke den islamischen Staat und seine Gesetze darstellen, dessen Dach jedoch der Glaube an ein Jenseits und das Leben nach dem Tode bildet.

Der Islam besteht also einerseits aus einem Glauben, der im Kern die Elemente enthält, die wir auch in anderen Religionen mit Ausnahme des Konfuzianismus, den man eher als Philosophie bezeichnen muß, vorfinden. Andererseits handelt es sich um eine Staatsideologie, wie etwa den Kommunismus oder die Lehre vom freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat. Solche Ideologien genießen nicht den Schutz der Religionsfreiheit. Sie müssen sich vielmehr dem Wettbewerb der Meinungen stellen, jedenfalls in einem freien Land. Um auf den Ausgangsfall zurückzukommen: Niemand wird annehmen, eine Ideologie wie etwa der Marxismus- Leninismus sei passiv beleidigungsfähig. Noch weniger wird man angesichts abfälliger Äußerungen und Bewertungen über eine solche Ideologie prüfen, ob hier der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt sein könnte. Wenn jedoch geäußert wird, der Islam sei schlimmer als die Pest, so ist das mindestens im Hinblick auf das staatsideologische Element dieser Religion/Ideologie von der Meinungsfreiheit gedeckt. Nachdem in rechtlicher Hinsicht Meinungsäußerungen stets dahingehend auszulegen ist, daß bei Mehrdeutigkeit die rechtskonforme Version zu unterstellen ist, muß zugunsten der eingangs genannten Politikerin angenommen werden, daß sie die staatsideologischen Elemente des Islam gemeint hat. Nebenbei bemerkt ist der zweite Teil der Äußerung, wonach die Muslime immer stärker werden und „ein immer größeres Stück von Deutschland einnehmen“ zwar eine Tatsachenbehauptung, doch auch mit einem starken Meinungselement. Den Wahrheitsbeweis kann die Politikerin sicherlich ohne weiteres antreten. Die rasante Zunahme des muslimischen Bevölkerungsanteils ist so offensichtlich, daß man von Allgemeinkundigkeit ausgehen muß. Denknotwendig nehmen Muslime damit auch „ein immer größeres Stück von Deutschland ein“, womit doch nur gemeint sein kann, daß sie immer größere Teile unseres Landes bewohnen. Was daran Volksverhetzung sein soll, erschließt sich nicht, selbst wenn man sich noch zu sehr bemüht, der Dame einen juristischen Strick zu drehen.

Bleibt noch zu sagen, daß es dringend notwendig ist, die Doppelnatur des Islam nicht nur zu erkennen, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit zu thematisieren. Nur dann wird künftig die reflexhafte Privilegierung aller noch so unsinnigen Verhaltensweisen wie Ganzkörperverhüllung, Frauenbadetage sowie Verweigerung der Aufnahme von Speis und Trank von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, egal ob man dehydriert oder vor Schwäche nicht arbeiten und lernen kann, von Schlimmerem ganz zu schweigen, vielleicht unterbleiben. Wir sind Deutschland, nicht Saudi-Arabien oder der Iran.

 

Der Fortschritt

„Gestern standen wir noch am Abgrund. Heute sind wir schon einen Schritt weiter.“ Diese gallige Definition des Begriffs „Fortschritt“ drängt sich dem unverbildeten Betrachter m/w (geschlechtsneutrale Bezeichnung gemäß AGG*) auf, wenn er/sie Nachrichten aus dem Bundesministerium der Verteidigung und seinen nachgeordneten Dienststellen (von Truppenteilen in diesem Zusammenhang zu schreiben, sträubt sich die Tastatur meines PC) in den Medien zur Kenntnis nimmt. Daseinszweck und Auftrag von Streitkräften ist es, militärische Gewalt möglichst effektiv anzuwenden, gleichgültig, welches politische Ziel der jeweilige Staat damit verfolgt. Der Krieg ist eben nach Clausewitz die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Diese Mittel bereitzuhalten und ggf. auf Befehl der zuständigen staatlichen Autoritäten einzusetzen ist Aufgabe der Streitkräfte. Allein darauf sind sie zu optimieren. Größtmögliche Effizienz auf diesem Gebiet muß angestrebt werden. Alles, was dem entgegensteht, muß unterbleiben. Das gilt im übrigen als Prinzip für jede Organisation, die in ihrem Umfeld bestehen will. Niemand würde es verstehen, wenn man z.B. in der Werkstoffkunde Forschungen und Experimente etwa aus politischen Rücksichten unterlassen oder in eine bestimmte Richtung lenken würde.

Die Bundeswehr leistet sich nun ein „Stabselement Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion“, angesiedelt direkt im Bundesministerium der Verteidigung. Was ein „Stabselement“ genau ist, bleibt im Dunkeln. Handelt es sich dabei um eine Abteilung, eine Unterabteilung, ein Referat? In das herkömmliche Organisationsschema deutscher Ministerien paßt das nicht. Der Begriff ist offenbar dem politisch korrekten Neusprech entnommen. Diese, sagen wir einmal Organisationseinheit, wird immerhin von einem Oberstarzt (w) geführt, was natürlich einen entsprechenden Unterbau mit sich bringt. Die Kosten hierfür dürften wohl demnächst aus dem Einzelplan 14 des Bundeshaushaltsplanes zu entnehmen sein. Man kann sich dann sicher auch leicht ausrechnen, was man mit diesem Geld bezahlen könnte, etwa im Rüstungs- oder Personalbereich. Ich gehe wohl kaum fehl in der Annahme, daß es sich um den finanziellen Gegenwert eines Zuges Panzergrenadiere handeln könnte.

Was das ganze soll, hat die Leiterin dieser Stabsstelle in einer „Keynote“ ( man lebt ja schließlich auch sprachlich auf Augenhöhe mit der internationalen Wirtschaft, der Wissenschaft sowieso) erläutert. Da heißt es zum Beispiel. „Vielfalt prägt das Bild der Gesellschaft und muß als Chance verstanden werden. Heterogene Gruppen mit unterschiedlichen Prägungen und Erfahrungshorizonten arbeiten effektiver, verfügen über mehr Innovationskraft und Kreativität. Der Umgang mit Vielfalt im Sinne von Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, kulturellem Hintergrund, Religion, Behinderung sowie sexueller Orientierung und die Schaffung eines inklusiven und förderlichen Arbeitsumfeldes mit der Möglichkeit zur chancengerechten Teilhabe an Karrieren, ist eine Frage der Organisationskultur, aber insbesondere auch Führungsaufgabe. Dazu gehört die Wertschätzung verschiedener individueller Lebensmodelle sowie die Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Familienpflichten, zum Beispiel mit Angeboten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, zu verschiedenen Arbeitsmodellen und zum ortsunabhängigen Arbeiten. Das Stabselement Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion wurde im Bundesministerium der Verteidigung eingerichtet, um strategische Ziele für die weitere Implementierung des Diversity-Managements in die Bundeswehr zu definieren, Handlungsfelder zu identifizieren und Maßnahmen im Hinblick auf ein strategisches Veränderungsmanagement zu initiieren sowie in der Durchführung zu begleiten.“

In diesem ganzen verschwurbelten Neusprech findet sich nicht ein einziges Mal das Wort Soldat. Dafür aber solches Kirchentagsvokabular wie „Teilhabe“ und das von den Gender-Lehrstühlen propagierte „Diversity Management“, bei dem es im Grunde genommen darum geht, gesellschaftlichen Mikro-Gruppen, vorwiegend solchen, die mit einer absurden Selbstwahrnehmung ihrer Sexualität geschlagen sind, eine weit überproportionale Bedeutung beizumessen. Die Bedeutung dieser Einrichtung wird aktuell dadurch unterstrichen, daß sie offensichtlich außerhalb des Dienstweges angesiedelt ist. So können Disziplinarermittlungen nicht durchgeführt werden, wenn sich Beschwerdeführer an dieses Stabselement wenden. Disziplinarvergehen können dann eben nicht verfolgt werden. Doch der gesellschaftliche Fortschritt kann doch nicht durch irgendwelche kleinlichen Rechtsvorschriften aufgehalten werden!

Vielleicht sollte die Ministerin ihre so definierten strategischen Ziele dadurch fördern, daß ihr famoses Stabselement nun künftig mit einem bunten Motivwagen am „Christopher Street Day“ teilnimmt. Gewährleistet wäre damit auf jeden Fall eine nachhaltige Abkehr von unerwünschter Traditionspflege. Ein größerer Gegensatz zu sogenannten Wehrmachtsdevotionalien in Kasernen ist schlechterdings kaum denkbar. Die „Bunte Republik Deutschland“ braucht eben auch eine zeitgemäße Militärkultur. Mit der Verfremdung des Eisernen Kreuzes hat die Ministerin ja schon die Richtung gewiesen. Über diesen Zwischenschritt werden wir sicherlich in absehbarer Zeit zur Umwandlung der Streitkräfte in eine staatliche Hilfsorganisation kommen. Der deutsche Militarismus wird dann endgültig auf den Müllhaufen der Geschichte entsorgt.

  • AGG: Allgemeines Gleichbehandlungs Gesetz